Nr. 37 / Februar 2016 LIEBES MITGLIED DER AHK SPANIEN LIEBER LESER UNSERES NEWSLETTERS Aufgrund verschiedener Ereignisse der vergangenen Wochen möchte ich heute mein Vorwort den Beamten widmen. Doch vorab berichte ich kurz, dass Spanien nun endlich die EU Richtlinie über Energieeffizienz umgesetzt hat, Real Decreto 56/2016. Im vorigen Newsletter hatte meine Kollegin Melanie Gierth noch hierzu geschrieben. Wenn in Spanien aufgrund der Immobilienkrise nicht neu gebaut wird, so wird die Bauwirtschaft wenigstens durch diese Vorschriften wiederbelebt werden, denn jetzt wird es Nachrüsten heißen für manches Unternehmen. Nicht unerwähnt seien auch die neuesten Aktivitäten im Rahmen der Initiative “Law - Made in Germany”. In Madrid wird hierzu eine Veranstaltung am 21.4.2016 im Goethe Institut stattfinden, organisiert vom Deutschen Anwaltverein. Ob Ausländer deutsches Rechtsgut - German Law - so gerne importieren werden wie deutsche Konsum- und Industriegüter Autos, Werkzeugmaschinen und ein langes Etcetera - ob die Freude am HGB und an deutscher Gerichtsbarkeit sich mit der Freude an deutscher Technik wird messen lassen können? Aber auch auf den Bereich Compliance möchte ich kurz eingehen. Compliance ist derzeit für Unternehmen, was Cholesterin für die Gesundheit. Fällt der Begriff, und derzeit kann man ihm kaum entgehen, entsteht unverzüglich eine leise Unruhe beim Betroffenen und er fragt sich, ob im Unternehmen bzw. der Ernährung alles so läuft, wie es soll, oder ob er beim nächsten Termin beim Rechtsanwalt bzw. Arzt mit ernster Miene begrüßt werden wird. In der Ausgabe des Creifelds (ein Rechtswörterbuch) aus dem Jahre 1996 tauchen die Begriffe Compliance, Regeltreue oder Regelkonformität, übrigens noch nicht auf. Ist Ursache hierfür, dass Unternehmen sich innerbetrieblich damals nicht um die Beachtung von Recht und Ordnung kümmerten, oder vielmehr, dass es sich hierbei im Grunde um eine Selbstverständlichkeit handelt, die ohne eine besondere Begrifflichkeit auch unternehmensintern beachtet wurde? Mit Interesse erwarte ich Ihre Stellungnahme hierzu. Ganz neu ist die Sorge um Qualität und eine angemessene Verwaltung im Unternehmen und der Wunsch, dies auch darzustellen, natürlich nicht. Wir erinnern uns, dass vor einigen Jahren alle Unternehmen ISO 9000 zertifiziert werden, also Qualitätsstandards der Rüstungs- und Raumfahrtindustrie erfüllen wollten, ein anspruchsvolles Unterfangen. Was damals die ISO Zertifizierung, ist heute die Ernennung des Compliance-Beauftragten? Compliance hat aber durchaus ihr Gutes: Dank Compliance ist das Unwort Nachhaltigkeit etwas in den Hintergrund getreten. Nun bleibt – das gilt nur für mein Vorwort – kein Platz mehr für die Beamten. Zu diesen dann ein andermal! Und was wirklich unternehmensrelevant ist, dass stellen auf den folgenden Seiten, wie immer in exzellenter Art und Weise, die Autoren des Newsletter dar. In Madrid, am 29. Februar 2016 Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Annette Sauvageot Leiterin Recht und Steuern Nr. 37 / Februar 2016 inhaltsverzeichnis ZIVIL- UND HANDELSRECHT 04 05 spanien: deutschland: Die Annahme der Erbschaft in Spanien Handelsvertreterausgleich – ein unausweichliches Übel? GESELLSCHAFTSRECHT 06 07 spanien: deutschland: Die strafrechtliche Haftung der juristischen Personen & Compliance-Programme Neue Anforderungen an den Rangrücktritt UNLAUTERER WETTBEWERB 08 spanien: Werbekontrolle durch die zuständigen Gesundheitsbehörden und die Verlagsunternehmen in Bezug auf die Werbung der Medizinprodukte KARTELLRECHT 09 spanien: Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Bereich Rundfunkunternehmen ÖFFENTLICHES RECHT, VERGABERECHT 10 spanien: 11 deutschland: Die gesetzliche Verstreuung der Regelung zur technischen Untersuchung von Gebäuden Mindestlohnanforderungen im Vergaberecht INTERNATIONALES RECHNUNGSWESEN 12 spanien: Neue Entscheidung des ICAC zu Ansatz- und Bewertungsvorschriften für Ertragsteuern WIRTSCHAFTSSTRAFRECHT 13 spanien: Präzisierung der Rechtsprechung zur Anklageberechtigung in Wirtschaftsstrafsachen DIREKTE STEUERN 14 15 02 spanien: deutschland: Steuerliche Abzugsfähigkeit von Verzugszinsen Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung des Abzugs von Finanzierungsaufwendungen? (II) Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Nr. 37 / Februar 2016 UMSATZSTEUER UND ZÖLLE 16 spanien: 17 deutschland: Änderungen betreffend die Regelungen für andere Lager als Zolllager mit Inkrafttreten ab dem Jahr 2016 Neuregelung der Besteuerung von Unternehmensgruppen bei der Umsatzsteuer PROZESS- UND SCHIEDSVERFAHRENSRECHT 18 spanien: 19 deutschland: Änderung des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen und des europäischen Mahnverfahrens Tücken der Auslandszustellung INSOLVENZ UND RESTRUKTURIERUNG 20 21 spanien: deutschland: SWAP Verträge im Insolvenzverfahren Unterkapitalisierung einer GmbH und ihre Folgen ARBEITSRECHT 22 23 spanien: deutschland: Die solidarische Übertragung von Urlaubstagen an Kollegen Der Versetzungsvorbehalt im Arbeitsrecht – eine Gestaltungsmöglichkeit ohne Risiko? IMMOBILIENRECHT 24 spanien: 25 deutschland: 26 DIE KAMMER INFORMIERT Die Auswirkungen der Versagung einer Hypothekenübernahme durch die Bankinstitute Alternative Flüchtlingsunterkünfte Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 03 Nr. 37 / Februar 2016 zivil- und handelsrecht - spanien Die Annahme der Erbschaft in Spanien Das spanische Recht sieht im Gegensatz zum deutschen Recht vor, dass niemand Erbe wird, ohne zuvor die Erbschaft angenommen zu haben. Auch deutsche Erben, die bereits über einen Erbschein verfügen, müssen eine notarielle Urkunde erstellen lassen, in der sie die Erbschaft über den in Spanien hinterlassenen Nachlass des Erblassers annehmen. Ohne Erteilung einer Urkunde über die Erbschaftsannahme in Spanien, kann nicht über Bankkonten verfügt werden und es können keine Eigentumsumschreibungen im Grundbuch vorgenommen werden. Folgende Unterlagen müssen dem spanischen Notar zur Erteilung der Urkunde für die Erbschaftsannahme zur Verfügung gestellt werden: Das Testament oder der Erbschein versehen mit einer Apostille nach dem Haager Übereinkommen und einer vereidigten Übersetzung ins Spanische, Personalausweis und wenn es sich um Ausländer handelt, die Ausländeridentifikationsnummer (NIE) der Erben und des Erblassers, Sterbeurkunde, Bescheinigung des spanischen Registers über letztwillige Verfügungen, Bankbescheinigung über die Salden der Bankkonten des Erblassers zum Zeitpunkt des Erbfalls, notarielle Kaufurkunde und letzter Beleg über die Zahlung der Grundsteuer der in Spanien vorhandenen Immobilien des Erblassers. Die Erbschaftssteuer muss innerhalb von 6 Monaten nach dem Erbfall unter Verwendung des Steuermodels 650 per Selbstveranlagung abgeführt werden. Seit dem Urteil des EuGH vom 3.9.2014 gelten Freibeträge und Steuerermäßigungen der spanischen Autonomien auch dann, wenn der Erbe und/oder der Erblasser nicht in Spanien ansässig ist bzw. war. In Katalonien beträgt z.B. der Freibetrag für Ehepartner und Kinder je 100.000 € und bei einer Erbschaft von 500.000 € wird die anfallende Erbschaftssteuer um 94,20 % ermäßigt. 04 Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Dr. Carlos Wienberg Abogado [email protected] Nr. 37 / Februar 2016 zivil- und handelsrecht - deutschland Handelsvertreterausgleich – ein unausweichliches Übel? Für viele Unternehmen ist der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters ein rotes Tuch. Der Handelsvertreter soll hierdurch dafür entschädigt werden, dass er infolge der Vertragsbeendigung keine Provisionen mehr für von ihm geworbene Kunden erhält, während das Unternehmen im Zweifel von den Kundenbeziehungen weiter profitiert. Der Anspruch besteht gleichgültig, ob der Vertrag vom Unternehmer gekündigt oder einvernehmlich aufgehoben wird. Er ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Handelsvertreter selbst kündigt oder wenn der Unternehmer aus wichtigem Grund fristlos kündigen kann. Vertragliche Regelungen, die den Handelsvertreterausgleichsanspruch ausschließen oder den Anspruch unterhalb des gesetzlichen Minimums fixieren, sind unwirksam. Nur im Verhältnis zu Schifffahrtsvertretern, d. h. Handelsvertreter mit Vermittlungsaufträgen für die Befrachtung, Abfertigung und Ausrüstung von Schiffen oder die Buchung von Schiffspassagen, kann der Ausgleichsanspruch im Voraus ausgeschlossen werden. Dr. Thomas Rinne Rechtsanwalt / Abogado [email protected] Grundlegend anders ist die Rechtslage jedoch, wenn ein Unternehmen einen Handelsvertretervertrag für ein Vertragsgebiet außerhalb der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums abschließt. Denn wenn das Vertragsgebiet - beispielsweise - in der Türkei liegt, ist ein vertraglicher Ausschluss des Ausgleichsanspruchs zulässig und sollte bei den Verhandlungen in Erwägung gezogen werden. Vorsicht ist geboten, wenn ein Vertrag einem ausländischen Recht unterstellt werden soll; denn obwohl der Handelsvertreterausgleich auch europarechtlich verankert ist, gibt es doch zum Teil erhebliche Unterschiede im Hinblick auf die Höhe des Anspruchs. Das EU-Recht setzt nur Mindeststandards, der nationale Gesetzgeber kann den Handelsvertreter stärker schützen, als es die EU-Richtlinie vorsieht. Dies ist z.B. in Frankreich der Fall. Wenn ein Handelsvertretervertrag erst einmal beendet ist, können sich die Parteien übrigens frei über den Ausgleichsanspruch vereinbaren. Dies ist bei Auseinandersetzungsverhandlungen wichtig zu wissen. Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 05 Nr. 37 / Februar 2016 gesellschaftsrecht - spanien Die strafrechtliche Haftung der juristischen Personen & Compliance-Programme Seit dem Jahr 2010 kann sich die strafrechtliche Haftung in Spanien auch auf juristische Personen erstrecken, deren Arbeitnehmer oder Geschäftsführer Straftaten begangen haben. Durch ein kürzlich verabschiedetes Gesetz können sich juristische Personen jedoch durch die Einrichtung und Durchführung von Compliance-Programmen, die geeignete Überwachungsund Kontrollmechanismen zur Vorbeugung vor Straftaten beinhalten, von der strafrechtlichen Haftung befreien. Demzufolge hat insbesondere bei großen und mittleren spanischen Unternehmen das Interesse an Rechtsberatung zur Implementierung wirksamer Compliance-Programme zugenommen. Dr. Luis Miguel de Dios Martínez Abogado, Partner [email protected] Die vom spanischen Gesetzgeber vorgesehenen Compliance-Programme müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, wie beispielsweise (i) die Feststellung und Bewertung von strafrechtlichen Risiken bezüglich des Geschäftsgegenstandes der juristischen Person; (ii) die Aufstellung von Protokollen und Verfahren; (iii) die Einrichtung von WhistleblowingKanälen; (iv) die Einführung von Disziplinarverfahren zur Sanktionierung der Begehung von Verstößen und Delikten; als auch (v) die regelmäßige Überprüfung der Compliance-Programme. Darüber hinaus fordert der spanische Gesetzgeber die Ernennung eines Compliance-Officers zur Überwachung des einwandfreien Funktionierens und der Wirksamkeit der Compliance-Programme. Dieser muss als Organ der juristischen Person mit eigenständigen Initiativ- und Kontrollbefugnissen sowie ausreichenden wirtschaftlichen und personellen Mitteln ausgestattet sein. Die spanische Generalstaatsanwaltschaft (Fiscalía General del Estado) hat kürzlich ein Rundschreiben mit ihrer Auslegungsweise der gesetzlichen Anforderungen an die Compliance-Programme und die Figur des ComplianceOfficers veröffentlicht. Die Auslegung durch die Rechtsprechung bleibt derweil noch abzuwarten. 06 Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Daniel Gutberlet Rechtsanwalt [email protected] Nr. 37 / Februar 2016 gesellschaftsrecht - deutschland Neue Anforderungen an den Rangrücktritt Vor einem Jahr hat der BGH zu den Anforderungen an Rangrücktrittsvereinbarungen Stellung bezogen (BGH-Urteil vom 5.3.2015), mit denen gemäß § 19 Abs. 2 InsO die Passivierungspflicht von Verbindlichkeiten im Überschuldungsstatus vermieden werden soll. In der Praxis spielen Rangrücktrittsvereinbarungen eine große Rolle, weil damit eine rechtliche Überschuldung vermieden und ggf. eine positive Fortbestehensprognose erreicht werden kann. Der Rangrücktritt darf allerdings nicht dazu führen, dass die Verbindlichkeit (gewinnerhöhend) ausgebucht werden muss, weil das zu einer steuerlichen Last für die Gesellschaft führen würde. Deshalb muss eine Rückzahlung aus sonstigem freien Vermögen möglich sein. Dr. Katharina Haneke M.A. Rechtsanwältin [email protected] Der BGH hat nun entschieden, dass ein Rangrücktritt, der erst im Insolvenzverfahren eingreift, nicht ausreicht, um die Insolvenzantragspflicht zu vermeiden. Vielmehr entfällt die Passivierungspflicht nur bei Erstreckung des Rangrücktritts auf den Zeitraum vor der Insolvenz, weil andernfalls die Schuldendeckungsfähigkeit nicht korrekt abgebildet würde. Darüber hinaus gilt eine Durchsetzungssperre vor der Insolvenz, also ein Rückzahlungsverbot während einer Krise/Insolvenzreife. Zeitlich muss der Rangrücktritt unbeschränkt sein. Indes ist keine Gleichstellung mehr mit den Einlagenrückgewähransprüchen der Gesellschafter erforderlich. Während der Krise/Insolvenzreife ist eine Aufhebung praktisch ausgeschlossen, weil dafür laut BGH die Zustimmung sämtlicher Gläubiger des Schuldners eingeholt werden müsste. Die Formulierung von Rangrücktrittserklärungen gemäß den vom BGH aufgestellten Anforderungen gehört in der Beratungspraxis zum alltäglichen Geschäft. Bei bestehenden Rangrücktrittsvereinbarungen entfällt der Schutz nicht per se wegen inzwischen überholter, abweichender Formulierungen. Gleichwohl empfiehlt sich auch hier eine Überprüfung. Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 07 Nr. 37 / Februar 2016 unlauterer wettbewerb - spanien Werbekontrolle durch die zuständigen Gesundheitsbehörden und die Verlagsunternehmen in Bezug auf die Werbung der Medizinprodukte Am 25. Januar 2015 wurde in der Zeitschrift “Hoy Corazón” eine Werbeanzeige mit folgendem Inhalt veröffentlicht: „Wir haben nun einen Kaffee, durch den wirklich abgenommen werden kann. Cafe Minceur Forte wirkt in allen Fällen“. Die Verbrauchervereinigung der Medien (AUC) hat gegen das Unternehmen VILOSA PREMIUM, S.L.U und den Verlag TALLERES DE EDITORES, S.A. eine Unterlassungsklage eingereicht und gefordert, dass diese Werbung nicht mehr veröffentlicht wird. Bereits im Juni 2014 hatte ein Handelsgericht einer ähnlichen Unterlassungsklage der Verbrauchervereinigung stattgegeben. Aufgrund dieses Urteils wurde nicht nur der Werbetreibende, sondern auch der Verlag, der diese Werbung veröffentlicht hatte, verurteilt. In diesem Zusammenhang hat der Richter daran erinnert, dass „... die Werbeagenturen, Zeitungen, Zeitschriften, Radiound Fernsehsender und alle anderen Medien keine Werbung akzeptieren dürfen, die gegen den Königlichen Erlass über Werbung und Vermarktung der Produkte, Aktivitäten und Dienstleistungen mit gesundheitlichen Zielen, verstößt.“ Dies bedeutet, dass zusammen mit der Werbekontrolle der Gesundheitsbehörden auch eine spezifische Pflicht der Verlagsunternehmen zur Überwachung und Kontrolle der Werbeanzeigen in Bezug auf Medizinprodukte, zu denen die Schlankheitsmittel gehören, besteht. Die verklagten Parteien werden zur Unterlassung der Veröffentlichung dieser Werbung und zur Veröffentlichung des Urteils in der selben Zeitschrift, in der die unerlaubte Werbeanzeige, veröffentlicht wurde, verurteilt. Gerhard W. Volz Abogado & Rechtsanwalt, Partner [email protected] Patricia Ayala Jiménez Abogada [email protected] 08 Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Nr. 37 / Februar 2016 kartellrecht - spanien Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Bereich Rundfunkunternehmen Die spanische Kartellbehörde hat ein Bußgeld in Höhe von insgesamt 2,79 Mio € gegen zwei Unternehmen (Sociedad de Artistas Intérpretes o Ejecutantes de España (SAIEE) und Asociación de Gestión de Derechos Intelectuales (AGDI)) wegen Missbrauchs ihrer marktbeherrschenden Stellung bei der Verwaltung der Rechte des geistigen Eigentums im Bereich Rundfunkunternehmen verhängt. Nach Einschätzung der Kartellbehörde haben beide Unternehmen unterschiedliche Tarife für die Nutzung von Musik erhoben, je nachdem, ob es sich bei den Rundfunksendern um private oder öffentlich-rechtliche Einrichtungen handelte, wobei nicht dem spanischen Verband des kommerziellen Rundfunks (Asociación Española de Radiodifusión Comercial (AERC)) angehörende Unternehmen diskriminiert wurden. Private, nicht dem Verband angehörende Sendeanstalten erfuhren gegenüber privaten, jedoch dem Verband angehörenden Unternehmen eine stärkere Benachteiligung, indem erstere bis zu 5fach höhere Tarife zu entrichten hatten. Ebenso wurden bestimmten öffentlich-rechtlichen Sendern willkürliche Preisnachlässe gewährt. Nach Meinung der Kartellbehörde hat das sowohl von der SAIEE als auch von der AGDI angewandte diskriminierende System die Wettbewerbsstruktur des Marktes der Rundfunkunternehmen beeinf lusst, indem ein eindeutiges Ungleichgewicht hinsichtlich der Kostentragung seitens der verschiedenen Unternehmen verursacht wurde, was ein in keinster Weise gerechtfertigtes Vorgehen darstelle. Ein Rechtsbehelf gegen den Beschluss der Kartellbehörde ist auf dem Verwaltungsrechtsweg nicht möglich. Es besteht die Möglichkeit der Einlegung einer Anfechtungsklage vor der Audiencia Nacional (span. Gerichtshof) innerhalb einer Frist von zwei Monaten beginnend ab dem auf die Zustellung des Sanktionsbeschlusses folgenden Tag. Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Mónica Weimann Abogado [email protected] 09 Nr. 37 / Februar 2016 öffentliches recht, vergaberecht - spanien Die gesetzliche Verstreuung der Regelung zur technischen Untersuchung von Gebäuden Die technische Gebäudeuntersuchung ist ein Instrument zum Nachweis der Erfüllung der dem Eigentümer obliegenden Erhaltungspflichten. Einige Autonome Regionen und Gemeinden hatten dieses Instrument bereits reguliert als im Jahre 2011 eine Norm auf staatlicher Ebene erlassen wurde. Diese sah die technische Untersuchung für Gebäude vor, die ein Alter von mehr als 50 Jahren aufweisen und Gemeinden mit mehr als 25.000 Einwohnern angehören, es sei denn die Rechtsvorschriften der Autonomen Regionen legten andere Maßstäbe für das Gebäudealter oder die Einwohnerzahl fest. Diese staatliche Regelung wurde vom Verfassungsgerichtshof durch Urteil vom 21. Januar 2016 für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Regelung Kontrollmaßnahmen über die Erfüllung der rechtlichen Erhaltungs- und Sanierungspflichten der Eigentümer berührt und es sich daher um eine städtebauliche Regelung handelt, für die es dem Staat an der Zuständigkeit fehle und er mit dessen Erlassung in die den Autonomen Regionen eigene Zuständigkeit eingreife. Das genannte Urteil stellt des Weiteren die Verfassungsmäßigkeit des Bewertungsberichts über Gebäude infrage, welcher durch das Gesetz 8/2013 zur städtischen Sanierung, Regenerierung und Renovierung (heute neugefasster Text des Gesetzes über Boden und Stadterneuerung) festgelegt wurde, da das Gericht bekräftigt, dass dieses Gesetz - weit davon entfernt die technische Untersuchung von Gebäuden zu beseitigen - diese durch ein weitergefasstes Instrument - der Gebäudebewertung - ersetzt hat. Die Verstreuung der gesetzlichen Regelungen zur technischen Gebäudeuntersuchung im Hinblick auf Anforderungen, Alter und Inhalt ist somit gesichert und damit auch die Unterschiedlichkeit in der Behandlung hinsichtlich Gebäuden desselben Baujahres, in Abhängigkeit von der Autonomen Region in welcher Sie sich befinden. 10 Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Eva Arrébola Rechtsanwältin [email protected] Nr. 37 / Februar 2016 öffentliches recht, vergaberecht - deutschland Mindestlohnanforderungen im Vergaberecht Seit dem 01.01.2015 gilt in Deutschland ein bundeseinheitlicher Mindestlohn (Mindestlohngesetz MiLoG). Für nicht tarifgebundene Parteien galten bislang nur bundesweite Tarifverträge, die nach den Bestimmungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemeinverbindlich erklärt, bzw. die durch Rechtsverordnung für bestimmte Branchen festgesetzt wurden. In vielen Bundesländern gibt es darüber hinaus Vorgaben zum Mindestlohn in den Landesvergabegesetzen – den vergabespezifischen Mindestlohn. Er verpflichtet Bieter und öffentlichen Auftraggeber, nicht Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Dies aber auch, wenn der Mindestlohn den Bundesmindestlohn von € 8,50 übersteigt. Ein Verstoß gegen das MiLoG kann eine Vergabesperre wegen Unzuverlässigkeit nach sich ziehen (§19 Abs.1). Soweit im Verfahren gefordert, muss sich der Bieter dazu erklären. Mindestlohn für Nachunternehmer regelt das MiLoG nicht. Die Umgehung einer Vergabesperre als “eigener” Nachunternehmer ist so nicht ausgeschlossen. Die Landesvergabegesetze erstrecken die Mindestlöhne auch auf Nachunternehmer. Konkrete Sanktionen (z.B. Vertragsstrafen) bei Verstöße nach Zuschlag bedürfen einer vertraglichen Grundlage. Fraglich war, ob die Landesvergabegesetze mit Unionsrechts vereinbar sind. In den Entscheidungen “Bundesdruckerei” und “Rüffert”, sah der EuGH einen Verstoß gegen Unionsrecht. In seiner Entscheidung “RegioPost” vom 17.11.2015 ist der EuGH bezüglich des Landesvergabegesetzes RheinlandPfalz (LTTG) von dieser Rechtsprechung abgewichen. Es sah das LTTG als eigene Rechtsvorschrift an, auch wenn nur öffentliche Auftraggeber in Vergabeverfahren verpflichtet werden (anders in der Entscheidung “Rüffert”). Der EuGH sah nun auch den Arbeitnehmerschutz als Rechtfertigungsgrund. Das LTTG gilt nämlich anders als die niedersächsiche Regelung in der Entscheidung “Rüffert” branchenübergreifend und nicht nur für den Baubereich. Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Folker Schönigt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht [email protected] 11 Nr. 37 / Februar 2016 internationales rechnungswesen - spanien Neue Entscheidung des ICAC zu Ansatz- und Bewertungsvorschriften für Ertragsteuern Mit Datum vom 16. Februar 2016 hat der Staatsanzeiger die Entscheidung des spanischen ICAC vom 9. Februar 2016 über Ansatzund Bewertungsvorschriften für Ertragsteuern und deren Ausweis im Jahresabschluss veröffentlicht. Damit wird die vorherige Entscheidung vom 30. Abril 1992 überarbeitet, die noch am gewinnorientierten Ansatz des Kontenrahmens von 1990 (PGC90) für die Betrachtung von Unterschieden zwischen dem handelsrechtlichen Michael Lochmann Gewinn und der steuerlichen Bemessungsgrundlage ausgerichtet war. Partner Demgegenüber führte der Allgemeine Kontenrahmen von 2007 (PGC2007) [email protected] in seiner Ansatz- und Bewertungsvorschrift Nr. 13ª zu Ertragsteuern bereits die sogenannte bilanzorientierte Betrachtungsweise (Betrachtung der Unterschiede von Aktiva und Passiva) für die latenten Steuern ein. Die neue Entscheidung entwickelt die Ansatz- und Bewertungsvorschrift Nr. 13ª des Kontenrahmens und berücksichtigt gleichzeitig die vielfältigen Rechtsauskünfte, die das ICAC zu dieser Materie veröffentlicht hat. Neben der Begründung, die aufgrund ihres Umfangs und Inhalts bereits selbst als Rechtsnorm angesehen werden kann, enthält die Entscheidung 22 Paragraphen, eine Aufhebungsbestimmung und eine Schlussbestimmung. Die wesentlichen Punkte der Entscheidung sind: tatsächliche und latente Steuerforderungen und –verbindlichkeiten, Periodenabgrenzung von permanenten Differenzen und sonstige Steuervorteile, besondere Besteuerungsverfahren, Kapitalisierungsrücklage, Nivellierungsrücklage, Beschränkung der abzugsfähigen AfA auf 70%, ausländische Ertragsteuern sowie Rückstellungen und Eventualverbindlichkeiten, die sich aus der Ertragsteuer ergeben. Die Entscheidung ist von allen Unternehmen ungeachtet ihrer Rechtsform sowohl für die Aufstellung von Einzelabschlüssen als auch von konsolidierten Jahresabschlüssen für Geschäftsjahre ab dem 1. Januar 2015 anzuwenden. 12 Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Nr. 37 / Februar 2016 wirtschaftsstrafrecht - spanien Präzisierung der Rechtsprechung zur Anklageberechtigung in Wirtschaftsstrafsachen Die Audiencia Provincial de Baleares hat am 29.01.2016 per Beschluss entschieden, die Acción popular gegen die Infantin Cristina de Borbón zuzulassen. Abgesehen von der herausgehobenen Stellung der beteiligten Persönlichkeiten scheint es sich bei dem zugrunde liegenden Sachverhalt um eine Standardkonstellation der unrechtmäßigen Entnahme von Geldern aus einer Non-profit Einrichtung zu handeln. Juristisch ist der Fall jedoch auf Grund einer Besonderheit des spanischen Strafprozessrechts interessant: Zusätzlich zur Anklagebefugnis der Staatsanwaltschaft und des Geschädigten ist in der Verfassung mit der Acción popular auch eine Popularklage vorgesehen. Jonas Sturies Referendar [email protected] Das Tribunal Supremo hatte zunächst mit dem Botín Urteil von 2007 entschieden, dass eine Acción popular abgewiesen werden muss, wenn weder Staatsanwaltschaft noch Geschädigter Anklage erheben. Diese Auslegung hatte das Gericht allerdings bereits in dem Atutxa Urteil 2008 dahingehend präzisiert, dass bei Fehlen eines konkreten Geschädigten eine Acción popular nicht nur deswegen abgewiesen werden kann, weil die Staatsanwaltschaft nicht ebenfalls Anklage erhebt. Im gegenwärtigen Verfahren hat die Audiencia Provincial de Baleares (vergleichbar mit einem OLG) die Botín Entscheidung kritisiert und die Atutxa Rechtsprechung fortgeführt. Zudem wurde entschieden, dass die Geschädigte von Steuerdelikten keineswegs lediglich die Steuerbehörde, sondern vielmehr die Allgemeinheit sei. Im aktuellen Fall seien Steuerdelikte möglicherweise mitverwirklicht und die Acción popular gegen die Infantin folglich zuzulassen. Nach einer zunächst weitgehenden Einschränkung der Acción popular kehrt die Strafrechtsprechung damit wieder zu einem weiten Anwendungsbereich der Möglichkeit zurück, die Strafbarkeit von Handlungen auch ohne den Willen der Staatsanwaltschaft und anderer Staatsvertreter gerichtlich überprüfen zu lassen. Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 13 Nr. 37 / Februar 2016 direkte steuern - spanien Steuerliche Abzugsfähigkeit von Verzugszinsen Die Zentrale Rechtsbehelfsbehörde in Verwaltungssachen (“Tribunal Económico-Administrativo Central”, kurz “TEAC”) erklärte in ihrer Entscheidung 7/05/2015, dass aufgrund eines Prüfungsberichts angefallene Verzugszinsen steuerlich nicht abzugsfähig sind, da Kosten, die sich aufgrund eines Verstosses gegen eine Rechtsvorschrift ergeben, nicht zwingend erforderlich sind. Die Generaldirektion für Abgaben („DGT“) erkennt allerdings in ihrer Rechtsauskunft Nr. V4080/15 vom 21. Dezember den „Entschädigungscharakter“ des Verzugszinses an, unterscheidet aber strikt zwischen diesem Verzugszins und jenem, der aufgrund einer verhängten Sanktion anfällt. Die DGT erkennt die rechnungslegungstechnische Eignung der Verzugszinsen als finanzielle Aufwendungen an, auf welche die Einschränkung der Abzugsfähigkeit derselben, nach Artikel 16 des Körperschaftsteuergesetzes, Anwendung findet, und ebenso deren Abzugsfähigkeit, weil es sich bei denselben nicht um Aufwendungen handelt, die sich aus der Bilanzierung der Körperschaftsteuer ergeben, und auch nicht die Eigenschaft einer Schenkung oder Freigebigkeit inne haben, und, weil es keine Aufwendungen sind, die gegen die geltende Rechtsordnung verstossen. 14 Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Ignacio del Val Steuerberater und Rechtsanwalt [email protected] Nr. 37 / Februar 2016 direkte steuern - deutschland Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung des Abzugs von Finanzierungsaufwendungen? (II) In der Ausgabe Juni 2012 dieses Newsletters hatten wir bereits auf Zweifel des Bundesfinanzhofs (BFH) an der Verfassungsmäßigkeit der sog. Zinsschranke hingewiesen. Nach § 4 h des Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 8 a des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sind Zinsaufwendungen eines Betriebs in einem Steuerjahr nur in Höhe des sog. verrechenbaren EBITDA, d.h. in Höhe von 30 % des um Zinsaufwendungen und bestimmte Abschreibungen erhöhten Einkommens abziehbar. Die in diesem Steuerjahr nicht abziehbaren Zinsaufwendungen sind auf die folgenden Jahre vorzutragen und in diesen im Rahmen der gesetzlichen Beschränkungen steuerlich abzugsfähig. Der BFH hatte seine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Abzugsbeschränkungen in einem weiteren summarischen Verfahren mit Beschluss vom 18.12.2013 (I B 85/13) geäußert, auf welchen jedoch das Bundesfinanzministerium (BMF) am 13.11.2014 in einem sog. Nichtanwendungserlass (IV C 2 - S 2742-a/07/10001 :009) verfügt hatte, diesen Beschluss über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden, da die Auffassung des BFH zu „Gefahren für die öffentlichen Haushalte“ führe. Mit einem jüngst veröffentlichten Beschluss vom 14.10.2015 hat der BFH nunmehr in einem Revisionsverfahren (I R 20/15) dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die Zinsschranke aufgrund eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 GG) verfassungswidrig ist. Die Zinsschranke missachte das verfassungsmäßig geschützte sog. objektive Nettoprinzip, wonach die Ertragsbesteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit zu erfolgen habe, die nach dem erzielten Nettoeinkommen zu bemessen sei. Auf Antrag ist daher unter Hinweis auf den Beschluss von der Finanzverwaltung Aussetzung der Vollziehung von Steuerbescheiden zu gewähren. Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Frank Behrenz Rechtsanwalt und Steuerberater Partner Spanish Desk München [email protected] 15 Nr. 37 / Februar 2016 umsatzsteuer und zölle - spanien Änderungen betreffend die Regelungen für andere Lager als Zolllager mit Inkrafttreten ab dem Jahr 2016 Das Gesetz 28/2014 vom 27. November führte - neben anderen - auch Änderungen des Gesetzes 37/1992 herbei, das die spanische Umsatzsteuer (im Folgenden IVA) regelt. Konkret erfolgte eine Änderung des Artikels 65 des spanischen Gesetzes zur IVA, der sich auf die Umsatzsteuerbefreiung von Einfuhren bezieht, die unter die Regelungen für andere Lager als Zolllager fallen. Bei anderen Lagern als Zollagern (im Folgenden DDA), für die sich im fünften Anhang des Gesetzes über die IVA eine Legaldefinition findet, handelt es sich um einen Befreiungstatbestand (im Regelfall basierend auf dem Gebrauch von Lagern), der es gestattet, Waren von außerhalb der EU einzuführen, wobei bei diesen Einfuhren zwar entsprechende Zölle anfallen. Es findet aber eine Befreiung von der IVA statt. Die erfolgte Gesetzesänderung betrifft die Strukturierung der Anwendung dieser besonderen Regelungen. Die Steuerbefreiung für die Einfuhr von Waren, die unter die besonderen Regelungen fallen, wird auf die Einfuhren der folgenden Waren beschränkt: • • • Verbrauchssteuerpflichtige Waren unter Steueraussetzung; Waren, die aus Zollgebieten der Gemeinschaft stammen; Waren, die durch die Umsatzsteuerrichtlinie ausgewiesen sind. Auf diese Weise wird - gerade auch im Vergleich mit der vorherigen Fassung des Art. 65 - der Anwendungsbereich der Befreiung von der IVA bei der Einfuhr von Waren, die sich nach den Regelungen des DDA richten, genauer bestimmt. Das DDA stellt eine Regelung dar, die sich besonders gut für nach Spanien importierende Unternehmen eignet, deren Waren in einem Lager verarbeitet werden müssen und für die es erforderlich ist, die Zahlung der IVA auf den Zeitpunkt der Einfuhr zu verschieben. Damit entstehen positive Wirkungen in finanzieller Hinsicht. 16 Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Víctor Manzanares Economista y asesor fiscal [email protected] Nr. 37 / Februar 2016 umsatzsteuer und zölle - deutschland Neuregelung der Besteuerung von Unternehmensgruppen bei der Umsatzsteuer Ist eine juristische Person (z.B. eine GmbH) nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes Unternehmen (sog. Organträger) eingegliedert, so gilt diese nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nicht als eigenständiges Unternehmen sondern als unselbständiger Unternehmensteil des Organträgers (sog. Organgesellschaft). Steuersubjekt für die Umsatzsteuer ist in einem solchen Fall lediglich der Organträger, der für alle unselbständigen Unternehmensteile (sog. Organkreis) steuerpflichtig ist. Geschäftsbeziehungen zwischen dem Organträger und den Organgesellschaften sowie der Organgesellschaften untereinander unterliegen als sog. Innenumsätze nicht der Umsatzsteuer. Die Wirkung dieser sog. Organschaft beschränkt sich auf Innenumsätze zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen, so dass etwa die deutsche Zweigniederlassung eines spanischen Handelsunternehmens als eigenständige Unternehmerin der deutschen Umsatzsteuer unterliegt, unter einer deutschen Steuernummer Steuererklärungen nach gesetzlicher Vorschrift abzugeben hat und bei innergemeinschaftlichen Lieferungen und Leistungen als deutsches Unternehmen eine deutsche USt-IDNr. zu verwenden hat. Personenhandelsgesellschaften (wie z.B. eine GmbH & Co. KG) sind in Deutschland – anders als in Spanien – keine juristischen Personen, so dass diese nach bisheriger Rechtsauffassung zwar Organträger, nicht jedoch Organgesellschaften im oben genannten Sinn sein konnten. Mit mehreren Urteilen vom 02.12.2015 hat nun der Bundesfinanzhof erstmalig auch eine umsatzsteuerliche Organschaft mit Tochterpersonengesellschaften zugelassen, zwischen Schwesterpersonengesellschaften bleibt diese auch weiter ausgeschlossen. Aufgrund der weitreichenden Folgen dieser Rechtsprechungsänderung sollten Unternehmensgruppen daher dringend erforderlichen Anpassungsbedarf prüfen. Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Frank Behrenz Rechtsanwalt und Steuerberater Partner Spanish Desk München [email protected] 17 Nr. 37 / Februar 2016 prozess- und schiedsverfahrensrecht - spanien Änderung des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen und des europäischen Mahnverfahrens Am vergangenen 24.12.2015 veröffentlichte das Amtsblatt der Europäischen Union die Verordnung 2015/2421 zur Änderung der Verordnung für geringfügige Forderungen und der Verordnung zur Einführung eines europäischen Mahnverfahrens. Die Änderungen betreffen hauptsächlich den Streitwert, bis zu dem das Verfahren für geringfügige Forderungen anwendbar ist und das Verfahren selbst, mit dem Ziel es zu vereinfachen und somit Zeit und Kosten zu sparen. In diesem Sinne erhöht sich der maximale Streitwert von 2.000,- € auf 5.000,- €, so daß zu erwarten ist, daß in Zukunft häufiger Gebrauch gemacht wird von diesem Verfahren, welches auf jeden Fall unkomplizierter ist, als ein ordentliches Verfahren. Andererseits ist das persönliche Erscheinen der Parteien nur in Ausnahmefällen vorgesehen. Als Grundregel gilt die schriftliche Form; eine mündliche Verhandlung findet nur dann statt, wenn eine Partei es beantragt oder das Gericht es für erforderlich hält, weil es die schriftlichen Beweismittel als nicht für den Urteilsspruch ausreichend ansieht. Ferner soll die neue Verordnung die Nutzung der neuen Technologien im Verfahren fördern und sieht deswegen vor, daß z.B. für mündliche Verhandlungen technologische Mittel, wie die Video- oder Telefonkonferenz eingesetzt werden, um den Parteien unnötige Kosten zu ersparen. Die Zustellung von Dokumenten kann per Post oder auf elektronischem Weg erfolgen, wenn die erforderlichen technischen Mittel zur Verfügung stehen und sie gemäß den prozeßrechtlichen Verordnungen des jeweiligen Staates zulässig sind. Schließlich sei noch erwähnt, daß die Mitgliedsstaaten sicherstellen müssen, daß die Parteien praktische Unterstützung für die Ausfüllung der Formulare erhalten, sowie allgemeine Information über das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen. 18 Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Enrique Castrillo de Larreta-Azelain Abogado ecastrillo@bertramruland. .com Nr. 37 / Februar 2016 prozess- und schiedsverfahrensrecht - deutschland Tücken der Auslandszustellung Die Zustellung einer Klage oder eines sonstigen gerichtlichen Schriftstücks im oder aus dem europäischen Ausland ist durch eine eigene EU-Verordnung geregelt. Die Verordnung sieht verschiedene Zustellungswege vor, sowohl ganz förmliche (über die Gerichte der beiden betroffenen Staaten) wie auch die Zustellung auf dem Postwege. Bei der Zustellung ist aber besondere Vorsicht geboten. Der Empfänger hat nämlich das Recht, die Annahme zu verweigern, wenn das Dokument weder in der Sprache verfasst ist, die er versteht noch in eine Amtssprache seines Landes übersetzt ist. Dies gilt auch für die Zustellung durch Postdienste. Es kommt jedoch immer wieder vor, dass die zuzustellenden Unterlagen insgesamt oder teilweise nicht übersetzt sind. Insbesondere dann, wenn die Belehrung über das Recht zur Annahmeverweigerung fehlt oder diese nicht in die Sprache des Empfängers übersetzt ist, ist die Situation besonders kritisch. Denn dann weiß der Empfänger ja gar nicht, dass er die Klage einfach zurückweisen könnte. Die Frist, ein nicht ordnungsgemäß übersetztes Schriftstück zurückzuweisen, beträgt nach der Verordnung nur eine Woche. Eine gerichtliche Entscheidung dazu, ob die Frist auch bei fehlender Belehrung zu laufen beginnt, steht noch aus. Deshalb ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Wochenfrist selbst dann gilt, wenn eine ordnungsgemäße Belehrung über das Recht zur Annahmeverweigerung fehlte. Die Wochenfrist ist so zu verstehen, dass die Klage vom Empfänger innerhalb einer Woche nach Zustellung an das Gericht zurückgeschickt werden muss. Wann sie dann bei dem zustellenden Gericht tatsächlich wieder eintrifft, ist nicht relevant. Es ist unbedingt zu empfehlen, vor der Rücksendung von dem Schriftstück selbst sowie von allen Begleitdokumenten Kopien anzufertigen, damit die Fehlerhaftigkeit der Zustellung nachträglich noch dargelegt werden kann – beispielsweise dann, wenn im Ausland aufgrund einer fehlerhaften Zustellung einer Klage gleichwohl ein Versäumnisurteil erlassen wird. Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Dr. Thomas Rinne Rechtsanwalt / Abogado [email protected] 19 Nr. 37 / Februar 2016 insolvenz und restrukturierung - spanien SWAP Verträge im Insolvenzverfahren Sind die Ansprüche von Banken aus einem SWAP Vertrag gegen einen insolventen Schuldner Insolvenzforderungen oder Masseforderungen? Mit dieser Frage hat sich der Tribunal Supremo („TS“) in zwei aktuellen Entscheidungen vom 17. und 18. November 2015 erneut auseinandergesetzt und nunmehr hoffentlich Klarheit geschaffen: Sofern der Schuldner nur einen einzigen SWAP Vertrag mit einer Bank geschlossen hat, sollen die Sondervorschriften des RDL 5/2005, welches eine Reihe von Privilegien für bestimmte Finanzgeschäfte enthält, nicht zur Anwendung kommen. Das RDL 5/2005 sei u.a. geschaffen worden, um den Ausgleich von Ansprüchen aus verschiedenen Verträgen (sog. „netting“) zu ermöglichen und um ein insolvenzrechtliches Sonderkündigungsrecht für bestimmte Verträge zu schaffen. Sofern aber nur ein SWAP Vertrag geschlossen wurde und insbesondere wenn der Vertragspartner der Bank ein Kleinkunde sei, handele es sich um gewöhnliche Bankverträge, die keinen Sonderstatus genießen können. Weiterhin hat der TS erneut bestätigt, dass nach den allgemeinen Regeln des spanischen Insolvenzrechts SWAP Verträge grds. keine gegenseitigen Verträge im Sinne der insolvenzrechtlichen Sondervorschriften sind. Auch wenn sich aus einem SWAP Vertrag Leistungspflichten sowohl für die Bank als auch für den Vertragspartner ergeben können, fehle es an der für einen gegenseitigen Vertrag notwendigen gegenseitigen Abhängigkeit der Leistungspflichten. Wenn der Vertrag kein gegenseitiger Vertrag ist, können Ansprüche aus diesen Verträgen nicht als Masseforderungen anerkannt werden, unabhängig davon, ob die Zahlungspflichten aus dem SWAP Vertrag vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen. 20 Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Philipp von Wolffersdorff Abogado & Rechtsanwalt [email protected] Nr. 37 / Februar 2016 insolvenz und restrukturierung - deutschland Unterkapitalisierung einer GmbH und ihre Folgen Das Gesellschaftskapital einer deutschen GmbH (sog. Stammkapital) muss mindestens 25.000 Euro betragen. Hiervon ausgenommen ist lediglich die UG (haftungsbeschränkt) als sog. Mini-GmbH. Das Stammkapital hat nach der ursprünglichen Konzeption des GmbH-Gesetzes eine zentrale Bedeutung für den Gläubigerschutz. Diese Vorstellung gilt heute als überholt. Zum einen handelt es sich hierbei nicht um ein Garantiekapital, da das Stammkapital nach Gründung der GmbH im operativen Geschäft eingesetzt wird und kann damit verloren gehen. Zum anderen ist nicht gesagt, ob das Stammkapital für die Unternehmensfinanzierung tatsächlich ausreicht. So sehen die gesetzlichen Bestimmungen kein Gebot vor, die Gesellschaft mit einem für ihren Betrieb ausreichenden Eigenkapital auszustatten. Sie legen lediglich eine Mindestkapitalziffer im Sinne einer „Seriositätsschwelle“ für die Rechtsform der GmbH fest. Das Vorliegen materieller Unterkapitalisierung kann jedoch eine konkrete Gefahr für den nachhaltigen Bestand der Gesellschaft und damit für die Gläubiger bedeuten. Von materieller Unterkapitalisierung spricht man, wenn das Stammkapital nicht ausreicht, um den nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit bestehenden mitteloder langfristigen Finanzbedarf zu befriedigen, der auch nicht durch Kredite Dritter gedeckt werden kann. Gesetzlich ist keine allgemeine Durchgriffshaftung der Gesellschafter in Fällen der Unterkapitalisierung normiert. Und auch nach der überwiegenden Auffassung in der Rechtsliteratur führt allein der Umstand, dass eine GmbH mit einer Eigenkapitalausstattung betrieben wird, die in keinem angemessenen Verhältnis zu den Risiken ihrer Geschäftstätigkeit steht, nicht zu einer persönlichen Haftung ihrer Gesellschafter. Nur in Extremfällen erscheint eine solche Haftung wegen sittenwidriger Schädigung der Gesellschaftsgläubiger denkbar. Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Florian Roetzer, LL.M Rechtsanwalt & Abogado [email protected] 21 Nr. 37 / Februar 2016 arbeitsrecht - spanien Die solidarische Übertragung von Urlaubstagen an Kollegen In Frankreich häufen sich die Fälle der solidarischen Übertragung von Urlaubstagen. So haben Mitarbeiter einer Glasfabrik 350, einer Transportfirma 262 und der Verkehrsbetriebe Nizza 362 ihrer eigenen Urlaubstage jeweils auf einen Kollegen übertragen. Dies ist nach einer umstrittenen Gesetzesreform vom 9. Mai 2014 dem sog. „Loi Mathys“ rechtens. Das neue Gesetz sieht vor, dass Mitarbeiter auf eigene Initiative, im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber, anonym und ohne Gegenleistung zugunsten eines Kollegen, mit einem schwer erkrankten, pflegebedürftigen Kind (unter 20 Jahren), ihre übergesetzlichen Urlaubsansprüche übertragen können. Vorteil dieser Regelung ist, dass der Kollege seinen vollen Lohnanspruch beibehält. Karl H. Lincke Rechtsanwalt & Abogado [email protected] In Spanien sieht das Gesetz nur ein Wechsel in Teilzeitarbeit sowie eine Beurlaubung vor. Beide Optionen sind jedoch mit Lohneinbußen verbunden. Ein Verzicht auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch ist rechtswidrig und könnte mit den gesetzlichen Mindestruhezeiten und dem Arbeitsplatzschutz kollidieren. Möglich sollte jedoch die Übertragung von übergesetzlichen Urlaubsansprüchen sein, die neben den gesetzlichen Urlaubsansprüchen von 30 Tagen bestehen. In Deutschland besteht, wie in Spanien, neben Teilzeitarbeit oder Freistellung, mit den entsprechenden Lohneinbußen, keine entsprechende gesetzliche Regelung. Gem. § 4 Abs.1 TVG sind auch die Regelungen des Tarifvertrags zwingend, sodass der tarifliche übergesetzliche Urlaubsanspruch nicht disponibel ist. Demnach scheidet die Übertragung von übergesetzlichen Urlaubsansprüchen in den meisten Fällen aus. Möglich sollte jedoch eine Verzichtsvereinbarung auf übergesetzlichen Urlaub unter der Bedingung der Gewährung von bezahlter Freistellung für einen Kollegen sein. 22 Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Monika Bertram Rechtsanwältin [email protected] Nr. 37 / Februar 2016 arbeitsrecht - deutschland Der Versetzungsvorbehalt im Arbeitsrecht – eine Gestaltungsmöglichkeit ohne Risiko? Viele Arbeitsverträge enthalten sog. Versetzungsvorbehalte, die dem Arbeitgeber die Möglichkeit verschaffen, seine Mitarbeiter für die geeignete Tätigkeit im Unternehmen einzusetzen. Wenn auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) den Arbeitgebern einen bedeutenden Spielraum im Rahmen dieser Versetzungsklauseln einräumt, haben diese Vor- und Nachteile. Positiv wirken sich Versetzungsvorbehalte aus, wenn der Arbeitgeber gegenüber einem nicht mehr geschätzten Mitarbeiter Druck aufbauen möchte. Ist eine Kündigung rechtlich nicht möglich und ist auch der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung nicht zu erwarten, so kann der Arbeitgeber dem Mitarbeiter einen anderen „geeigneten“ Einsatzort einseitig zuweisen. Ob die Versetzung rechtmäßig ist, bedarf einer Einzelfallbetrachtung. So vorteilhaft diese Flexibilität im laufenden Arbeitsverhältnis ist, so nachteilig wirkt sich das umfassende Direktionsrecht im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung aus. Denn eine solche Kündigung setzt unter anderem voraus, dass der betroffene Arbeitnehmer nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann. Sind mehrere vergleichbare Mitarbeiter betroffen, ist der Arbeitgeber angehalten, die zu kündigenden Arbeitnehmer nach bestimmten sozialen Kriterien auszuwählen (sog. Sozialauswahl). Ist der Tätigkeitsbereich des Mitarbeiters und die Versetzungsklausel weit gefasst, so steigt die Chance, dass er seinen Arbeitsplatz behält oder jedenfalls eine gute Ausgangsbasis für die Verhandlung einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung unter Zahlung einer großzügigen Abfindung hat. Denn aufgrund seines weitreichenden Direktionsrechts muss der Arbeitgeber all die Arbeitsplätze mit den darauf beschäftigten Mitarbeitern, auf die er den zu kündigenden Arbeitnehmer einseitig versetzen könnte, in die Sozialauswahl einbeziehen. Der Arbeitgeber hat hier oft das Nachsehen. Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Florian Roetzer, LL.M Rechtsanwalt & Abogado [email protected] 23 Nr. 37 / Februar 2016 immobilienrecht - spanien Die Auswirkungen der Versagung einer Hypothekenübernahme durch die Bankinstitute In seinem Urteil vom 30. Dezember 2015 hat sich der Oberste Gerichtshof erneut zur Möglichkeit der Schuldübernahme einer hypothekengesicherten Forderung durch den Käufer im Rahmen von Immobilienkaufverträgen geäußert. In dem streitgegenständlichen Fall bot der Kaufvertrag dem Käufer zwei Möglichkeiten zur Bezahlung des Kaufpreises zur Auswahl an: Entweder durch die Schuldübernahme des Darlehens des Verkäufers oder durch jedwedes andere Zahlungsmittel. Der Käufer entschied sich für die erste Möglichkeit. Die Schuldübernahme wurde jedoch später von dem kreditgebenden Bankinstitut abgelehnt. Die Parteien hatten in dem Kaufvertrag keine Maßnahme vorgesehen, um einer solchen Situation zu begegnen. Der Verkäufer verlangte logischerweise den Käufer zur Erfüllung des Kaufvertrages und zur Bezahlung des Restkaufpreises zu verurteilen. Der Oberste Gerichtshof folgt einer solchen Verurteilung nicht, da der Vertrag vorsah, dass der Käufer im Hinblick auf die Auswahl der Zahlungsweise absolute Freiheit habe und daher die Schuldübernahme des hypothekengesicherten Darlehens nicht lediglich eine bloße, vom Verkäufer angebotene Alternative sei. Der Oberste Gerichtshof geht davon aus, dass die genannte Klausel eine echte Verbindlichkeit des Verkäufers gegenüber dem Käufer darstelle, im Hinblick darauf, dass das Kreditinstitut die Schuldübernahme genehmige. Nachdem er sich in diesem Sinne verpflichtet hat und das Kreditinstitut die Genehmigung der Schuldübernahme abgelehnt hat, habe der Verkäufer seine Pflicht nicht erfüllt und sei es die Vertragsverletzung des Verkäufers selbst, die die Beanspruchung der Vertragserfüllung durch den Käufer verhindere. 24 Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 Marina Nicolás Rechtsanwältin [email protected] Nr. 37 / Februar 2016 immobilienrecht - deutschland Alternative Flüchtlingsunterkünfte Die aktuelle Flüchtlingswelle stellt für alle, insbesondere für die deutschen Behörden, eine große Herausforderung dar. Häufig gibt es keine ausreichende Anzahl an geeigneten Unterkünften, so dass die Behörden nach Alternativlösungen suchen müssen: Wohncontainer, Turnhallen oder andere öffentliche Gebäude. Wie wäre es mit Hotelzimmern? Die Idee klingt zunächst vielversprechend. Eine Behörde kann auf einen Schlag eine Vielzahl an Flüchtlingen Dr. Jochen Reuter, LL.M. unterbringen, wenn sie bei einem Hotelbetreiber größere Zimmerkontingente Rechtsanwalt anmietet. Bei genauerem Hinsehen stößt man aber schnell auf rechtliche [email protected] Hindernisse. Der Hotelbetreiber ist häufig nicht gleichzeitig auch Eigentümer des Grundstücks: zwischen Eigentümer und Betreiber besteht in der Regel oft lediglich ein Pachtvertrag. Der Pachtvertrag berechtigt den Betreiber, das Grundstück zum Betrieb eines Hotels zu nutzen. Bei der Überlassung der Zimmer zur Unterbringung von Flüchtlingen dürfte es sich jedoch um eine vertragswidrige Nutzung durch den Betreiber handeln, da die Unterbringung von Flüchtlingen nicht dasselbe wie ein Hotelbetrieb ist. Die Nutzung eines Hotelzimmers ist auf Kurzfristigkeit angelegt, während Flüchtlinge langfristig untergebracht werden müssen. Der Hotelgast nutzt das Zimmer ferner freiwillig, während Flüchtlingen von der Behörde eine (Gemeinschafts-) Unterkunft zugewiesen wird. Darüber hinaus dürfte eine Nereida Sánchez Pérez, LL.M. langfristige Überlassung einer Vielzahl an Zimmern an die Behörde die Rechtsanwältin Begründung eines Unterpachtverhältnisses darstellen. Hierzu bedarf es [email protected] aber in aller Regel der Zustimmung des Verpächters – also des Eigentümers. Ohne den Eigentümer eines Hotelgrundstücks sollten Behörden deshalb keinen Deal zur dauerhaften Anmietung von Hotelbetten zur Unterbringung von Flüchtlingen schließen. Ist der Eigentümer nämlich nicht mit dieser Nutzung einverstanden, ist der nur mit dem Betreiber abgeschlossene Vertrag nichts wert. Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 25 Nr. 37 / Februar 2016 die kammer informiert Law – Made in Germany 3. Symposium Datum und Veranstaltungsort: 21.04.2016 in Madrid Online-Anmeldung unter: https://www.anwaltakademie.de/anmeldung/law-made-in-germany-de/register Fachtagung Steueranwalt International 2016 Datum und Veranstaltungsort: 28.04.2016 in Costa d´en Blanes (Mallorca) Mehr Information unter: https://www.anwaltakademie.de/product/21315 Jahreskongress der Deutsch-Spanische Juristenvereinigung E.V. Datum und Veranstaltungsort: 25. – 29. Mai 2016 in Koblenz Mehr Information unter: http://dsjv-ahaj.org/2016/01/21/koblenz-2016-25-29-mai/ 26 Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid Tel: +34 91 353 09 38 Fax: +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] NIF G85559573 IMPRESSUM Herausgeber des Newsletters: Deutsche Handelskammer für Spanien Avda. Pío XII 26 - 28, 28016 Madrid T. +34 91 353 09 38 F. +34 91 359 12 13 E-mail: [email protected] www.ahk.es Folgen Sie uns auf: Inhalt und Links: Die AHK Spanien hat die Informationen aufgrund zugänglicher Quellen sorgfältig zusammengestellt. Alle Angaben erfolgen ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Eine Haftung für den Inhalt der Beiträge und/oder der Webseiten, die mit den Links verbunden sind, gleich aus welchem Rechtsgrund, ist ausgeschlossen. Zusendung der Informationen | Privacy: Die Daten und Beiträge, die in diesem Dokument aufgeführt sind, haben ausschließlich den Zweck, den Adressaten zu informieren. Die Daten werden elektronisch verwaltet gemäß den Vorschriften des spanischen Datenschutzgesetzes LPD. 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