Nr. 37 / Februar 2016
LIEBES MITGLIED DER AHK SPANIEN
LIEBER LESER UNSERES NEWSLETTERS
Aufgrund verschiedener Ereignisse der vergangenen Wochen möchte ich heute mein
Vorwort den Beamten widmen. Doch vorab berichte ich kurz, dass Spanien nun endlich
die EU Richtlinie über Energieeffizienz umgesetzt hat, Real Decreto 56/2016. Im vorigen
Newsletter hatte meine Kollegin Melanie Gierth noch hierzu geschrieben. Wenn in Spanien
aufgrund der Immobilienkrise nicht neu gebaut wird, so wird die Bauwirtschaft wenigstens
durch diese Vorschriften wiederbelebt werden, denn jetzt wird es Nachrüsten heißen für
manches Unternehmen.
Nicht unerwähnt seien auch die neuesten Aktivitäten im Rahmen der Initiative “Law - Made
in Germany”. In Madrid wird hierzu eine Veranstaltung am 21.4.2016 im Goethe Institut
stattfinden, organisiert vom Deutschen Anwaltverein. Ob Ausländer deutsches Rechtsgut
- German Law - so gerne importieren werden wie deutsche Konsum- und Industriegüter Autos, Werkzeugmaschinen und ein langes Etcetera - ob die Freude am HGB und an deutscher
Gerichtsbarkeit sich mit der Freude an deutscher Technik wird messen lassen können?
Aber auch auf den Bereich Compliance möchte ich kurz eingehen. Compliance ist derzeit für
Unternehmen, was Cholesterin für die Gesundheit. Fällt der Begriff, und derzeit kann man ihm
kaum entgehen, entsteht unverzüglich eine leise Unruhe beim Betroffenen und er fragt sich,
ob im Unternehmen bzw. der Ernährung alles so läuft, wie es soll, oder ob er beim nächsten
Termin beim Rechtsanwalt bzw. Arzt mit ernster Miene begrüßt werden wird. In der Ausgabe
des Creifelds (ein Rechtswörterbuch) aus dem Jahre 1996 tauchen die Begriffe Compliance,
Regeltreue oder Regelkonformität, übrigens noch nicht auf. Ist Ursache hierfür, dass
Unternehmen sich innerbetrieblich damals nicht um die Beachtung von Recht und Ordnung
kümmerten, oder vielmehr, dass es sich hierbei im Grunde um eine Selbstverständlichkeit
handelt, die ohne eine besondere Begrifflichkeit auch unternehmensintern beachtet wurde?
Mit Interesse erwarte ich Ihre Stellungnahme hierzu. Ganz neu ist die Sorge um Qualität und
eine angemessene Verwaltung im Unternehmen und der Wunsch, dies auch darzustellen,
natürlich nicht. Wir erinnern uns, dass vor einigen Jahren alle Unternehmen ISO 9000
zertifiziert werden, also Qualitätsstandards der Rüstungs- und Raumfahrtindustrie erfüllen
wollten, ein anspruchsvolles Unterfangen. Was damals die ISO Zertifizierung, ist heute die
Ernennung des Compliance-Beauftragten? Compliance hat aber durchaus ihr Gutes: Dank
Compliance ist das Unwort Nachhaltigkeit etwas in den Hintergrund getreten.
Nun bleibt – das gilt nur für mein Vorwort – kein Platz mehr für die Beamten. Zu diesen dann
ein andermal!
Und was wirklich unternehmensrelevant ist, dass stellen auf den folgenden Seiten, wie
immer in exzellenter Art und Weise, die Autoren des Newsletter dar.
In Madrid, am 29. Februar 2016
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Annette Sauvageot
Leiterin
Recht und Steuern
Nr. 37 / Februar 2016
inhaltsverzeichnis
ZIVIL- UND HANDELSRECHT
04
05
spanien:
deutschland:
Die Annahme der Erbschaft in Spanien
Handelsvertreterausgleich – ein unausweichliches Übel?
GESELLSCHAFTSRECHT
06
07
spanien:
deutschland:
Die strafrechtliche Haftung der juristischen Personen & Compliance-Programme
Neue Anforderungen an den Rangrücktritt
UNLAUTERER WETTBEWERB
08
spanien:
Werbekontrolle durch die zuständigen Gesundheitsbehörden und die
Verlagsunternehmen in Bezug auf die Werbung der Medizinprodukte
KARTELLRECHT
09
spanien:
Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Bereich
Rundfunkunternehmen
ÖFFENTLICHES RECHT, VERGABERECHT
10
spanien:
11
deutschland:
Die gesetzliche Verstreuung der Regelung zur technischen Untersuchung von
Gebäuden
Mindestlohnanforderungen im Vergaberecht
INTERNATIONALES RECHNUNGSWESEN
12
spanien:
Neue Entscheidung des ICAC zu Ansatz- und Bewertungsvorschriften für
Ertragsteuern
WIRTSCHAFTSSTRAFRECHT
13
spanien:
Präzisierung der Rechtsprechung zur Anklageberechtigung in
Wirtschaftsstrafsachen
DIREKTE STEUERN
14
15
02
spanien:
deutschland:
Steuerliche Abzugsfähigkeit von Verzugszinsen
Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung des Abzugs von
Finanzierungsaufwendungen? (II)
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Nr. 37 / Februar 2016
UMSATZSTEUER UND ZÖLLE
16
spanien:
17
deutschland:
Änderungen betreffend die Regelungen für andere Lager als Zolllager
mit Inkrafttreten ab dem Jahr 2016
Neuregelung der Besteuerung von Unternehmensgruppen bei der Umsatzsteuer
PROZESS- UND SCHIEDSVERFAHRENSRECHT
18
spanien:
19
deutschland:
Änderung des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen
und des europäischen Mahnverfahrens
Tücken der Auslandszustellung
INSOLVENZ UND RESTRUKTURIERUNG
20
21
spanien:
deutschland:
SWAP Verträge im Insolvenzverfahren
Unterkapitalisierung einer GmbH und ihre Folgen
ARBEITSRECHT
22
23
spanien:
deutschland:
Die solidarische Übertragung von Urlaubstagen an Kollegen
Der Versetzungsvorbehalt im Arbeitsrecht – eine Gestaltungsmöglichkeit
ohne Risiko?
IMMOBILIENRECHT
24
spanien:
25
deutschland:
26
DIE KAMMER INFORMIERT
Die Auswirkungen der Versagung einer Hypothekenübernahme durch
die Bankinstitute
Alternative Flüchtlingsunterkünfte
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
03
Nr. 37 / Februar 2016
zivil- und handelsrecht - spanien
Die Annahme der Erbschaft in Spanien
Das spanische Recht sieht im Gegensatz zum deutschen Recht vor, dass
niemand Erbe wird, ohne zuvor die Erbschaft angenommen zu haben.
Auch deutsche Erben, die bereits über einen Erbschein verfügen, müssen
eine notarielle Urkunde erstellen lassen, in der sie die Erbschaft über den
in Spanien hinterlassenen Nachlass des Erblassers annehmen.
Ohne Erteilung einer Urkunde über die Erbschaftsannahme in Spanien,
kann nicht über Bankkonten verfügt werden und es können keine
Eigentumsumschreibungen im Grundbuch vorgenommen werden.
Folgende Unterlagen müssen dem spanischen Notar zur Erteilung der
Urkunde für die Erbschaftsannahme zur Verfügung gestellt werden:
Das Testament oder der Erbschein versehen mit einer Apostille nach
dem Haager Übereinkommen und einer vereidigten Übersetzung ins
Spanische, Personalausweis und wenn es sich um Ausländer handelt, die
Ausländeridentifikationsnummer (NIE) der Erben und des Erblassers,
Sterbeurkunde, Bescheinigung des spanischen Registers über letztwillige
Verfügungen, Bankbescheinigung über die Salden der Bankkonten des
Erblassers zum Zeitpunkt des Erbfalls, notarielle Kaufurkunde und letzter
Beleg über die Zahlung der Grundsteuer der in Spanien vorhandenen
Immobilien des Erblassers.
Die Erbschaftssteuer muss innerhalb von 6 Monaten nach dem Erbfall
unter Verwendung des Steuermodels 650 per Selbstveranlagung abgeführt
werden.
Seit dem Urteil des EuGH vom 3.9.2014 gelten Freibeträge und
Steuerermäßigungen der spanischen Autonomien auch dann, wenn
der Erbe und/oder der Erblasser nicht in Spanien ansässig ist bzw. war.
In Katalonien beträgt z.B. der Freibetrag für Ehepartner und Kinder je
100.000 € und bei einer Erbschaft von 500.000 € wird die anfallende
Erbschaftssteuer um 94,20 % ermäßigt.
04
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Dr. Carlos Wienberg
Abogado
[email protected]
Nr. 37 / Februar 2016
zivil- und handelsrecht - deutschland
Handelsvertreterausgleich – ein unausweichliches Übel?
Für viele Unternehmen ist der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters ein
rotes Tuch. Der Handelsvertreter soll hierdurch dafür entschädigt werden,
dass er infolge der Vertragsbeendigung keine Provisionen mehr für von ihm
geworbene Kunden erhält, während das Unternehmen im Zweifel von den
Kundenbeziehungen weiter profitiert. Der Anspruch besteht gleichgültig, ob
der Vertrag vom Unternehmer gekündigt oder einvernehmlich aufgehoben
wird. Er ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Handelsvertreter selbst
kündigt oder wenn der Unternehmer aus wichtigem Grund fristlos kündigen
kann. Vertragliche Regelungen, die den Handelsvertreterausgleichsanspruch
ausschließen oder den Anspruch unterhalb des gesetzlichen Minimums
fixieren, sind unwirksam. Nur im Verhältnis zu Schifffahrtsvertretern,
d. h. Handelsvertreter mit Vermittlungsaufträgen für die Befrachtung,
Abfertigung und Ausrüstung von Schiffen oder die Buchung von
Schiffspassagen, kann der Ausgleichsanspruch im Voraus ausgeschlossen
werden.
Dr. Thomas Rinne
Rechtsanwalt / Abogado
[email protected]
Grundlegend anders ist die Rechtslage jedoch, wenn ein Unternehmen einen
Handelsvertretervertrag für ein Vertragsgebiet außerhalb der EU und des
Europäischen Wirtschaftsraums abschließt. Denn wenn das Vertragsgebiet
- beispielsweise - in der Türkei liegt, ist ein vertraglicher Ausschluss
des Ausgleichsanspruchs zulässig und sollte bei den Verhandlungen
in Erwägung gezogen werden. Vorsicht ist geboten, wenn ein Vertrag
einem ausländischen Recht unterstellt werden soll; denn obwohl der
Handelsvertreterausgleich auch europarechtlich verankert ist, gibt es doch
zum Teil erhebliche Unterschiede im Hinblick auf die Höhe des Anspruchs.
Das EU-Recht setzt nur Mindeststandards, der nationale Gesetzgeber kann
den Handelsvertreter stärker schützen, als es die EU-Richtlinie vorsieht.
Dies ist z.B. in Frankreich der Fall.
Wenn ein Handelsvertretervertrag erst einmal beendet ist, können sich die
Parteien übrigens frei über den Ausgleichsanspruch vereinbaren. Dies ist
bei Auseinandersetzungsverhandlungen wichtig zu wissen.
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
05
Nr. 37 / Februar 2016
gesellschaftsrecht - spanien
Die strafrechtliche Haftung der juristischen
Personen & Compliance-Programme
Seit dem Jahr 2010 kann sich die strafrechtliche Haftung in Spanien auch auf
juristische Personen erstrecken, deren Arbeitnehmer oder Geschäftsführer
Straftaten begangen haben. Durch ein kürzlich verabschiedetes Gesetz
können sich juristische Personen jedoch durch die Einrichtung und
Durchführung von Compliance-Programmen, die geeignete Überwachungsund Kontrollmechanismen zur Vorbeugung vor Straftaten beinhalten, von
der strafrechtlichen Haftung befreien.
Demzufolge hat insbesondere bei großen und mittleren spanischen
Unternehmen das Interesse an Rechtsberatung zur Implementierung
wirksamer Compliance-Programme zugenommen.
Dr. Luis Miguel
de Dios Martínez
Abogado, Partner
[email protected]
Die vom spanischen Gesetzgeber vorgesehenen Compliance-Programme
müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, wie beispielsweise (i) die
Feststellung und Bewertung von strafrechtlichen Risiken bezüglich des
Geschäftsgegenstandes der juristischen Person; (ii) die Aufstellung von
Protokollen und Verfahren; (iii) die Einrichtung von WhistleblowingKanälen; (iv) die Einführung von Disziplinarverfahren zur Sanktionierung
der Begehung von Verstößen und Delikten; als auch (v) die regelmäßige
Überprüfung der Compliance-Programme.
Darüber hinaus fordert der spanische Gesetzgeber die Ernennung eines
Compliance-Officers zur Überwachung des einwandfreien Funktionierens
und der Wirksamkeit der Compliance-Programme. Dieser muss als Organ
der juristischen Person mit eigenständigen Initiativ- und Kontrollbefugnissen sowie ausreichenden wirtschaftlichen und personellen Mitteln ausgestattet sein.
Die spanische Generalstaatsanwaltschaft (Fiscalía General del Estado) hat
kürzlich ein Rundschreiben mit ihrer Auslegungsweise der gesetzlichen Anforderungen an die Compliance-Programme und die Figur des ComplianceOfficers veröffentlicht. Die Auslegung durch die Rechtsprechung bleibt derweil noch abzuwarten.
06
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Daniel Gutberlet
Rechtsanwalt
[email protected]
Nr. 37 / Februar 2016
gesellschaftsrecht - deutschland
Neue Anforderungen an den Rangrücktritt
Vor einem Jahr hat der BGH zu den Anforderungen an
Rangrücktrittsvereinbarungen Stellung bezogen (BGH-Urteil vom
5.3.2015), mit denen gemäß § 19 Abs. 2 InsO die Passivierungspflicht von
Verbindlichkeiten im Überschuldungsstatus vermieden werden soll. In
der Praxis spielen Rangrücktrittsvereinbarungen eine große Rolle, weil
damit eine rechtliche Überschuldung vermieden und ggf. eine positive
Fortbestehensprognose erreicht werden kann. Der Rangrücktritt darf
allerdings nicht dazu führen, dass die Verbindlichkeit (gewinnerhöhend)
ausgebucht werden muss, weil das zu einer steuerlichen Last für die
Gesellschaft führen würde. Deshalb muss eine Rückzahlung aus sonstigem
freien Vermögen möglich sein.
Dr. Katharina Haneke M.A.
Rechtsanwältin
[email protected]
Der BGH hat nun entschieden, dass ein Rangrücktritt, der erst im Insolvenzverfahren eingreift, nicht ausreicht, um die Insolvenzantragspflicht zu
vermeiden. Vielmehr entfällt die Passivierungspflicht nur bei Erstreckung
des Rangrücktritts auf den Zeitraum vor der Insolvenz, weil andernfalls
die Schuldendeckungsfähigkeit nicht korrekt abgebildet würde. Darüber
hinaus gilt eine Durchsetzungssperre vor der Insolvenz, also ein Rückzahlungsverbot während einer Krise/Insolvenzreife. Zeitlich muss der Rangrücktritt unbeschränkt sein. Indes ist keine Gleichstellung mehr mit den
Einlagenrückgewähransprüchen der Gesellschafter erforderlich. Während
der Krise/Insolvenzreife ist eine Aufhebung praktisch ausgeschlossen, weil
dafür laut BGH die Zustimmung sämtlicher Gläubiger des Schuldners eingeholt werden müsste.
Die Formulierung von Rangrücktrittserklärungen gemäß den vom BGH
aufgestellten Anforderungen gehört in der Beratungspraxis zum alltäglichen
Geschäft. Bei bestehenden Rangrücktrittsvereinbarungen entfällt der Schutz
nicht per se wegen inzwischen überholter, abweichender Formulierungen.
Gleichwohl empfiehlt sich auch hier eine Überprüfung.
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
07
Nr. 37 / Februar 2016
unlauterer wettbewerb - spanien
Werbekontrolle durch die zuständigen Gesundheitsbehörden
und die Verlagsunternehmen in Bezug auf die Werbung
der Medizinprodukte
Am 25. Januar 2015 wurde in der Zeitschrift “Hoy Corazón” eine
Werbeanzeige mit folgendem Inhalt veröffentlicht: „Wir haben nun einen
Kaffee, durch den wirklich abgenommen werden kann. Cafe Minceur
Forte wirkt in allen Fällen“. Die Verbrauchervereinigung der Medien (AUC)
hat gegen das Unternehmen VILOSA PREMIUM, S.L.U und den Verlag
TALLERES DE EDITORES, S.A. eine Unterlassungsklage eingereicht und
gefordert, dass diese Werbung nicht mehr veröffentlicht wird. Bereits im
Juni 2014 hatte ein Handelsgericht einer ähnlichen Unterlassungsklage
der Verbrauchervereinigung stattgegeben. Aufgrund dieses Urteils wurde
nicht nur der Werbetreibende, sondern auch der Verlag, der diese Werbung
veröffentlicht hatte, verurteilt. In diesem Zusammenhang hat der Richter
daran erinnert, dass „... die Werbeagenturen, Zeitungen, Zeitschriften, Radiound Fernsehsender und alle anderen Medien keine Werbung akzeptieren
dürfen, die gegen den Königlichen Erlass über Werbung und Vermarktung
der Produkte, Aktivitäten und Dienstleistungen mit gesundheitlichen
Zielen, verstößt.“ Dies bedeutet, dass zusammen mit der Werbekontrolle der
Gesundheitsbehörden auch eine spezifische Pflicht der Verlagsunternehmen
zur Überwachung und Kontrolle der Werbeanzeigen in Bezug auf
Medizinprodukte, zu denen die Schlankheitsmittel gehören, besteht. Die
verklagten Parteien werden zur Unterlassung der Veröffentlichung dieser
Werbung und zur Veröffentlichung des Urteils in der selben Zeitschrift, in
der die unerlaubte Werbeanzeige, veröffentlicht wurde, verurteilt.
Gerhard W. Volz
Abogado & Rechtsanwalt,
Partner
[email protected]
Patricia Ayala Jiménez
Abogada
[email protected]
08
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Nr. 37 / Februar 2016
kartellrecht - spanien
Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im
Bereich Rundfunkunternehmen
Die spanische Kartellbehörde hat ein Bußgeld in Höhe von insgesamt 2,79
Mio € gegen zwei Unternehmen (Sociedad de Artistas Intérpretes o Ejecutantes de España (SAIEE) und Asociación de Gestión de Derechos Intelectuales (AGDI)) wegen Missbrauchs ihrer marktbeherrschenden Stellung
bei der Verwaltung der Rechte des geistigen Eigentums im Bereich Rundfunkunternehmen verhängt. Nach Einschätzung der Kartellbehörde haben
beide Unternehmen unterschiedliche Tarife für die Nutzung von Musik erhoben, je nachdem, ob es sich bei den Rundfunksendern um private oder
öffentlich-rechtliche Einrichtungen handelte, wobei nicht dem spanischen
Verband des kommerziellen Rundfunks (Asociación Española de Radiodifusión Comercial (AERC)) angehörende Unternehmen diskriminiert wurden. Private, nicht dem Verband angehörende Sendeanstalten erfuhren gegenüber privaten, jedoch dem Verband angehörenden Unternehmen eine
stärkere Benachteiligung, indem erstere bis zu 5fach höhere Tarife zu entrichten hatten. Ebenso wurden bestimmten öffentlich-rechtlichen Sendern
willkürliche Preisnachlässe gewährt. Nach Meinung der Kartellbehörde
hat das sowohl von der SAIEE als auch von der AGDI angewandte diskriminierende System die Wettbewerbsstruktur des Marktes der Rundfunkunternehmen beeinf lusst, indem ein eindeutiges Ungleichgewicht hinsichtlich der Kostentragung seitens der verschiedenen Unternehmen verursacht
wurde, was ein in keinster Weise gerechtfertigtes Vorgehen darstelle. Ein
Rechtsbehelf gegen den Beschluss der Kartellbehörde ist auf dem Verwaltungsrechtsweg nicht möglich. Es besteht die Möglichkeit der Einlegung
einer Anfechtungsklage vor der Audiencia Nacional (span. Gerichtshof) innerhalb einer Frist von zwei Monaten beginnend ab dem auf die Zustellung
des Sanktionsbeschlusses folgenden Tag.
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Mónica Weimann
Abogado
[email protected]
09
Nr. 37 / Februar 2016
öffentliches recht, vergaberecht - spanien
Die gesetzliche Verstreuung der Regelung zur technischen
Untersuchung von Gebäuden
Die technische Gebäudeuntersuchung ist ein Instrument zum Nachweis
der Erfüllung der dem Eigentümer obliegenden Erhaltungspflichten.
Einige Autonome Regionen und Gemeinden hatten dieses Instrument
bereits reguliert als im Jahre 2011 eine Norm auf staatlicher Ebene
erlassen wurde. Diese sah die technische Untersuchung für Gebäude vor,
die ein Alter von mehr als 50 Jahren aufweisen und Gemeinden mit mehr
als 25.000 Einwohnern angehören, es sei denn die Rechtsvorschriften
der Autonomen Regionen legten andere Maßstäbe für das Gebäudealter
oder die Einwohnerzahl fest. Diese staatliche Regelung wurde
vom Verfassungsgerichtshof durch Urteil vom 21. Januar 2016 für
verfassungswidrig und nichtig erklärt. Dabei wird davon ausgegangen,
dass die Regelung Kontrollmaßnahmen über die Erfüllung der rechtlichen
Erhaltungs- und Sanierungspflichten der Eigentümer berührt und es sich
daher um eine städtebauliche Regelung handelt, für die es dem Staat an
der Zuständigkeit fehle und er mit dessen Erlassung in die den Autonomen
Regionen eigene Zuständigkeit eingreife. Das genannte Urteil stellt des
Weiteren die Verfassungsmäßigkeit des Bewertungsberichts über Gebäude
infrage, welcher durch das Gesetz 8/2013 zur städtischen Sanierung,
Regenerierung und Renovierung (heute neugefasster Text des Gesetzes
über Boden und Stadterneuerung) festgelegt wurde, da das Gericht bekräftigt, dass dieses Gesetz - weit davon entfernt die technische Untersuchung
von Gebäuden zu beseitigen - diese durch ein weitergefasstes Instrument
- der Gebäudebewertung - ersetzt hat. Die Verstreuung der gesetzlichen
Regelungen zur technischen Gebäudeuntersuchung im Hinblick auf Anforderungen, Alter und Inhalt ist somit gesichert und damit auch die
Unterschiedlichkeit in der Behandlung hinsichtlich Gebäuden desselben
Baujahres, in Abhängigkeit von der Autonomen Region in welcher Sie sich
befinden.
10
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Eva Arrébola
Rechtsanwältin
[email protected]
Nr. 37 / Februar 2016
öffentliches recht, vergaberecht - deutschland
Mindestlohnanforderungen im Vergaberecht
Seit dem 01.01.2015 gilt in Deutschland ein bundeseinheitlicher Mindestlohn
(Mindestlohngesetz MiLoG). Für nicht tarifgebundene Parteien galten
bislang nur bundesweite Tarifverträge, die nach den Bestimmungen
des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemeinverbindlich erklärt,
bzw. die durch Rechtsverordnung für bestimmte Branchen festgesetzt
wurden. In vielen Bundesländern gibt es darüber hinaus Vorgaben zum
Mindestlohn in den Landesvergabegesetzen – den vergabespezifischen
Mindestlohn. Er verpflichtet Bieter und öffentlichen Auftraggeber, nicht
Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Dies aber auch, wenn der Mindestlohn
den Bundesmindestlohn von € 8,50 übersteigt. Ein Verstoß gegen das
MiLoG kann eine Vergabesperre wegen Unzuverlässigkeit nach sich ziehen
(§19 Abs.1). Soweit im Verfahren gefordert, muss sich der Bieter dazu
erklären. Mindestlohn für Nachunternehmer regelt das MiLoG nicht. Die
Umgehung einer Vergabesperre als “eigener” Nachunternehmer ist so nicht
ausgeschlossen. Die Landesvergabegesetze erstrecken die Mindestlöhne
auch auf Nachunternehmer. Konkrete Sanktionen (z.B. Vertragsstrafen) bei
Verstöße nach Zuschlag bedürfen einer vertraglichen Grundlage. Fraglich
war, ob die Landesvergabegesetze mit Unionsrechts vereinbar sind. In den
Entscheidungen “Bundesdruckerei” und “Rüffert”, sah der EuGH einen
Verstoß gegen Unionsrecht. In seiner Entscheidung “RegioPost” vom
17.11.2015 ist der EuGH bezüglich des Landesvergabegesetzes RheinlandPfalz (LTTG) von dieser Rechtsprechung abgewichen. Es sah das LTTG als
eigene Rechtsvorschrift an, auch wenn nur öffentliche Auftraggeber in
Vergabeverfahren verpflichtet werden (anders in der Entscheidung “Rüffert”). Der EuGH sah nun auch den Arbeitnehmerschutz als Rechtfertigungsgrund. Das LTTG gilt nämlich anders als die niedersächsiche Regelung in
der Entscheidung “Rüffert” branchenübergreifend und nicht nur für den
Baubereich.
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Folker Schönigt
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Bau- und Architektenrecht
[email protected]
11
Nr. 37 / Februar 2016
internationales rechnungswesen - spanien
Neue Entscheidung des ICAC zu Ansatz- und Bewertungsvorschriften
für Ertragsteuern
Mit Datum vom 16. Februar 2016 hat der Staatsanzeiger die
Entscheidung des spanischen ICAC vom 9. Februar 2016 über Ansatzund Bewertungsvorschriften für Ertragsteuern und deren Ausweis im
Jahresabschluss veröffentlicht.
Damit wird die vorherige Entscheidung vom 30. Abril 1992 überarbeitet, die
noch am gewinnorientierten Ansatz des Kontenrahmens von 1990 (PGC90)
für die Betrachtung von Unterschieden zwischen dem handelsrechtlichen
Michael Lochmann
Gewinn und der steuerlichen Bemessungsgrundlage ausgerichtet war.
Partner
Demgegenüber führte der Allgemeine Kontenrahmen von 2007 (PGC2007)
[email protected]
in seiner Ansatz- und Bewertungsvorschrift Nr. 13ª zu Ertragsteuern bereits
die sogenannte bilanzorientierte Betrachtungsweise (Betrachtung der
Unterschiede von Aktiva und Passiva) für die latenten Steuern ein.
Die neue Entscheidung entwickelt die Ansatz- und Bewertungsvorschrift
Nr. 13ª des Kontenrahmens und berücksichtigt gleichzeitig die vielfältigen
Rechtsauskünfte, die das ICAC zu dieser Materie veröffentlicht hat. Neben
der Begründung, die aufgrund ihres Umfangs und Inhalts bereits selbst
als Rechtsnorm angesehen werden kann, enthält die Entscheidung 22
Paragraphen, eine Aufhebungsbestimmung und eine Schlussbestimmung.
Die wesentlichen Punkte der Entscheidung sind: tatsächliche und
latente Steuerforderungen und –verbindlichkeiten, Periodenabgrenzung
von permanenten Differenzen und sonstige Steuervorteile, besondere
Besteuerungsverfahren, Kapitalisierungsrücklage, Nivellierungsrücklage,
Beschränkung der abzugsfähigen AfA auf 70%, ausländische Ertragsteuern
sowie Rückstellungen und Eventualverbindlichkeiten, die sich aus der
Ertragsteuer ergeben.
Die Entscheidung ist von allen Unternehmen ungeachtet ihrer Rechtsform
sowohl für die Aufstellung von Einzelabschlüssen als auch von konsolidierten Jahresabschlüssen für Geschäftsjahre ab dem 1. Januar 2015 anzuwenden.
12
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Nr. 37 / Februar 2016
wirtschaftsstrafrecht - spanien
Präzisierung der Rechtsprechung zur Anklageberechtigung in
Wirtschaftsstrafsachen
Die Audiencia Provincial de Baleares hat am 29.01.2016 per Beschluss
entschieden, die Acción popular gegen die Infantin Cristina de Borbón
zuzulassen.
Abgesehen von der herausgehobenen Stellung der beteiligten
Persönlichkeiten scheint es sich bei dem zugrunde liegenden Sachverhalt
um eine Standardkonstellation der unrechtmäßigen Entnahme von
Geldern aus einer Non-profit Einrichtung zu handeln. Juristisch ist der Fall
jedoch auf Grund einer Besonderheit des spanischen Strafprozessrechts
interessant: Zusätzlich zur Anklagebefugnis der Staatsanwaltschaft und
des Geschädigten ist in der Verfassung mit der Acción popular auch eine
Popularklage vorgesehen.
Jonas Sturies
Referendar
[email protected]
Das Tribunal Supremo hatte zunächst mit dem Botín Urteil von 2007
entschieden, dass eine Acción popular abgewiesen werden muss, wenn weder
Staatsanwaltschaft noch Geschädigter Anklage erheben. Diese Auslegung
hatte das Gericht allerdings bereits in dem Atutxa Urteil 2008 dahingehend
präzisiert, dass bei Fehlen eines konkreten Geschädigten eine Acción popular
nicht nur deswegen abgewiesen werden kann, weil die Staatsanwaltschaft
nicht ebenfalls Anklage erhebt.
Im gegenwärtigen Verfahren hat die Audiencia Provincial de Baleares
(vergleichbar mit einem OLG) die Botín Entscheidung kritisiert und die
Atutxa Rechtsprechung fortgeführt. Zudem wurde entschieden, dass die
Geschädigte von Steuerdelikten keineswegs lediglich die Steuerbehörde,
sondern vielmehr die Allgemeinheit sei. Im aktuellen Fall seien Steuerdelikte
möglicherweise mitverwirklicht und die Acción popular gegen die Infantin
folglich zuzulassen.
Nach einer zunächst weitgehenden Einschränkung der Acción popular kehrt
die Strafrechtsprechung damit wieder zu einem weiten Anwendungsbereich
der Möglichkeit zurück, die Strafbarkeit von Handlungen auch ohne den
Willen der Staatsanwaltschaft und anderer Staatsvertreter gerichtlich
überprüfen zu lassen.
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
13
Nr. 37 / Februar 2016
direkte steuern - spanien
Steuerliche Abzugsfähigkeit von Verzugszinsen
Die Zentrale Rechtsbehelfsbehörde in Verwaltungssachen (“Tribunal
Económico-Administrativo Central”, kurz “TEAC”) erklärte in ihrer
Entscheidung 7/05/2015, dass aufgrund eines Prüfungsberichts angefallene
Verzugszinsen steuerlich nicht abzugsfähig sind, da Kosten, die sich
aufgrund eines Verstosses gegen eine Rechtsvorschrift ergeben, nicht
zwingend erforderlich sind.
Die Generaldirektion für Abgaben („DGT“) erkennt allerdings in
ihrer Rechtsauskunft Nr. V4080/15 vom 21. Dezember den „Entschädigungscharakter“ des Verzugszinses an, unterscheidet aber strikt zwischen
diesem Verzugszins und jenem, der aufgrund einer verhängten Sanktion
anfällt.
Die DGT erkennt die rechnungslegungstechnische Eignung der Verzugszinsen als finanzielle Aufwendungen an, auf welche die Einschränkung der
Abzugsfähigkeit derselben, nach Artikel 16 des Körperschaftsteuergesetzes,
Anwendung findet, und ebenso deren Abzugsfähigkeit, weil es sich bei denselben nicht um Aufwendungen handelt, die sich aus der Bilanzierung der
Körperschaftsteuer ergeben, und auch nicht die Eigenschaft einer Schenkung oder Freigebigkeit inne haben, und, weil es keine Aufwendungen sind,
die gegen die geltende Rechtsordnung verstossen.
14
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Ignacio del Val
Steuerberater
und Rechtsanwalt
[email protected]
Nr. 37 / Februar 2016
direkte steuern - deutschland
Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung des Abzugs von
Finanzierungsaufwendungen? (II)
In der Ausgabe Juni 2012 dieses Newsletters hatten wir bereits auf Zweifel
des Bundesfinanzhofs (BFH) an der Verfassungsmäßigkeit der sog.
Zinsschranke hingewiesen. Nach § 4 h des Einkommensteuergesetzes (EStG)
und § 8 a des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sind Zinsaufwendungen
eines Betriebs in einem Steuerjahr nur in Höhe des sog. verrechenbaren
EBITDA, d.h. in Höhe von 30 % des um Zinsaufwendungen und
bestimmte Abschreibungen erhöhten Einkommens abziehbar. Die in
diesem Steuerjahr nicht abziehbaren Zinsaufwendungen sind auf die
folgenden Jahre vorzutragen und in diesen im Rahmen der gesetzlichen
Beschränkungen steuerlich abzugsfähig. Der BFH hatte seine Zweifel an der
Verfassungsmäßigkeit dieser Abzugsbeschränkungen in einem weiteren
summarischen Verfahren mit Beschluss vom 18.12.2013 (I B 85/13) geäußert,
auf welchen jedoch das Bundesfinanzministerium (BMF) am 13.11.2014 in
einem sog. Nichtanwendungserlass (IV C 2 - S 2742-a/07/10001 :009) verfügt
hatte, diesen Beschluss über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht
anzuwenden, da die Auffassung des BFH zu „Gefahren für die öffentlichen
Haushalte“ führe. Mit einem jüngst veröffentlichten Beschluss vom
14.10.2015 hat der BFH nunmehr in einem Revisionsverfahren (I R 20/15)
dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die Zinsschranke
aufgrund eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des
Grundgesetzes (Art. 3 GG) verfassungswidrig ist. Die Zinsschranke missachte
das verfassungsmäßig geschützte sog. objektive Nettoprinzip, wonach die
Ertragsbesteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit zu erfolgen
habe, die nach dem erzielten Nettoeinkommen zu bemessen sei. Auf Antrag
ist daher unter Hinweis auf den Beschluss von der Finanzverwaltung
Aussetzung der Vollziehung von Steuerbescheiden zu gewähren.
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Frank Behrenz
Rechtsanwalt und
Steuerberater
Partner Spanish Desk
München
[email protected]
15
Nr. 37 / Februar 2016
umsatzsteuer und zölle - spanien
Änderungen betreffend die Regelungen für andere Lager als
Zolllager mit Inkrafttreten ab dem Jahr 2016
Das Gesetz 28/2014 vom 27. November führte - neben anderen - auch
Änderungen des Gesetzes 37/1992 herbei, das die spanische Umsatzsteuer
(im Folgenden IVA) regelt. Konkret erfolgte eine Änderung des Artikels 65
des spanischen Gesetzes zur IVA, der sich auf die Umsatzsteuerbefreiung von
Einfuhren bezieht, die unter die Regelungen für andere Lager als Zolllager
fallen. Bei anderen Lagern als Zollagern (im Folgenden DDA), für die sich
im fünften Anhang des Gesetzes über die IVA eine Legaldefinition findet,
handelt es sich um einen Befreiungstatbestand (im Regelfall basierend
auf dem Gebrauch von Lagern), der es gestattet, Waren von außerhalb der
EU einzuführen, wobei bei diesen Einfuhren zwar entsprechende Zölle
anfallen. Es findet aber eine Befreiung von der IVA statt.
Die erfolgte Gesetzesänderung betrifft die Strukturierung der Anwendung
dieser besonderen Regelungen. Die Steuerbefreiung für die Einfuhr von
Waren, die unter die besonderen Regelungen fallen, wird auf die Einfuhren
der folgenden Waren beschränkt:
•
•
•
Verbrauchssteuerpflichtige Waren unter Steueraussetzung;
Waren, die aus Zollgebieten der Gemeinschaft stammen;
Waren, die durch die Umsatzsteuerrichtlinie ausgewiesen sind.
Auf diese Weise wird - gerade auch im Vergleich mit der vorherigen Fassung
des Art. 65 - der Anwendungsbereich der Befreiung von der IVA bei der
Einfuhr von Waren, die sich nach den Regelungen des DDA richten, genauer
bestimmt. Das DDA stellt eine Regelung dar, die sich besonders gut für nach
Spanien importierende Unternehmen eignet, deren Waren in einem Lager
verarbeitet werden müssen und für die es erforderlich ist, die Zahlung der
IVA auf den Zeitpunkt der Einfuhr zu verschieben. Damit entstehen positive
Wirkungen in finanzieller Hinsicht.
16
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Víctor Manzanares
Economista y asesor fiscal
[email protected]
Nr. 37 / Februar 2016
umsatzsteuer und zölle - deutschland
Neuregelung der Besteuerung von Unternehmensgruppen bei der
Umsatzsteuer
Ist eine juristische Person (z.B. eine GmbH) nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein
anderes Unternehmen (sog. Organträger) eingegliedert, so gilt diese nach §
2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nicht als eigenständiges Unternehmen sondern
als unselbständiger Unternehmensteil des Organträgers (sog. Organgesellschaft). Steuersubjekt für die Umsatzsteuer ist in einem solchen Fall lediglich der Organträger, der für alle unselbständigen Unternehmensteile
(sog. Organkreis) steuerpflichtig ist. Geschäftsbeziehungen zwischen dem
Organträger und den Organgesellschaften sowie der Organgesellschaften
untereinander unterliegen als sog. Innenumsätze nicht der Umsatzsteuer.
Die Wirkung dieser sog. Organschaft beschränkt sich auf Innenumsätze
zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen, so dass etwa die
deutsche Zweigniederlassung eines spanischen Handelsunternehmens als
eigenständige Unternehmerin der deutschen Umsatzsteuer unterliegt, unter einer deutschen Steuernummer Steuererklärungen nach gesetzlicher
Vorschrift abzugeben hat und bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
und Leistungen als deutsches Unternehmen eine deutsche USt-IDNr. zu verwenden hat. Personenhandelsgesellschaften (wie z.B. eine GmbH & Co. KG)
sind in Deutschland – anders als in Spanien – keine juristischen Personen,
so dass diese nach bisheriger Rechtsauffassung zwar Organträger, nicht jedoch Organgesellschaften im oben genannten Sinn sein konnten. Mit mehreren Urteilen vom 02.12.2015 hat nun der Bundesfinanzhof erstmalig auch
eine umsatzsteuerliche Organschaft mit Tochterpersonengesellschaften
zugelassen, zwischen Schwesterpersonengesellschaften bleibt diese auch
weiter ausgeschlossen. Aufgrund der weitreichenden Folgen dieser Rechtsprechungsänderung sollten Unternehmensgruppen daher dringend erforderlichen Anpassungsbedarf prüfen.
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Frank Behrenz
Rechtsanwalt und
Steuerberater
Partner Spanish Desk
München
[email protected]
17
Nr. 37 / Februar 2016
prozess- und schiedsverfahrensrecht - spanien
Änderung des europäischen Verfahrens für geringfügige
Forderungen und des europäischen Mahnverfahrens
Am vergangenen 24.12.2015 veröffentlichte das Amtsblatt der Europäischen
Union die Verordnung 2015/2421 zur Änderung der Verordnung für
geringfügige Forderungen und der Verordnung zur Einführung eines
europäischen Mahnverfahrens.
Die Änderungen betreffen hauptsächlich den Streitwert, bis zu dem das
Verfahren für geringfügige Forderungen anwendbar ist und das Verfahren
selbst, mit dem Ziel es zu vereinfachen und somit Zeit und Kosten zu sparen.
In diesem Sinne erhöht sich der maximale Streitwert von 2.000,- € auf
5.000,- €, so daß zu erwarten ist, daß in Zukunft häufiger Gebrauch gemacht
wird von diesem Verfahren, welches auf jeden Fall unkomplizierter ist, als
ein ordentliches Verfahren. Andererseits ist das persönliche Erscheinen
der Parteien nur in Ausnahmefällen vorgesehen. Als Grundregel gilt die
schriftliche Form; eine mündliche Verhandlung findet nur dann statt, wenn
eine Partei es beantragt oder das Gericht es für erforderlich hält, weil es
die schriftlichen Beweismittel als nicht für den Urteilsspruch ausreichend
ansieht.
Ferner soll die neue Verordnung die Nutzung der neuen Technologien
im Verfahren fördern und sieht deswegen vor, daß z.B. für mündliche
Verhandlungen technologische Mittel, wie die Video- oder Telefonkonferenz
eingesetzt werden, um den Parteien unnötige Kosten zu ersparen.
Die Zustellung von Dokumenten kann per Post oder auf elektronischem
Weg erfolgen, wenn die erforderlichen technischen Mittel zur Verfügung
stehen und sie gemäß den prozeßrechtlichen Verordnungen des jeweiligen
Staates zulässig sind.
Schließlich sei noch erwähnt, daß die Mitgliedsstaaten sicherstellen
müssen, daß die Parteien praktische Unterstützung für die Ausfüllung der
Formulare erhalten, sowie allgemeine Information über das europäische
Verfahren für geringfügige Forderungen.
18
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Enrique Castrillo
de Larreta-Azelain
Abogado
ecastrillo@bertramruland. .com
Nr. 37 / Februar 2016
prozess- und schiedsverfahrensrecht - deutschland
Tücken der Auslandszustellung
Die Zustellung einer Klage oder eines sonstigen gerichtlichen Schriftstücks
im oder aus dem europäischen Ausland ist durch eine eigene EU-Verordnung
geregelt. Die Verordnung sieht verschiedene Zustellungswege vor, sowohl
ganz förmliche (über die Gerichte der beiden betroffenen Staaten) wie auch
die Zustellung auf dem Postwege. Bei der Zustellung ist aber besondere
Vorsicht geboten.
Der Empfänger hat nämlich das Recht, die Annahme zu verweigern,
wenn das Dokument weder in der Sprache verfasst ist, die er versteht
noch in eine Amtssprache seines Landes übersetzt ist. Dies gilt auch
für die Zustellung durch Postdienste. Es kommt jedoch immer wieder
vor, dass die zuzustellenden Unterlagen insgesamt oder teilweise nicht
übersetzt sind. Insbesondere dann, wenn die Belehrung über das Recht zur
Annahmeverweigerung fehlt oder diese nicht in die Sprache des Empfängers
übersetzt ist, ist die Situation besonders kritisch. Denn dann weiß der
Empfänger ja gar nicht, dass er die Klage einfach zurückweisen könnte. Die
Frist, ein nicht ordnungsgemäß übersetztes Schriftstück zurückzuweisen,
beträgt nach der Verordnung nur eine Woche. Eine gerichtliche Entscheidung dazu, ob die Frist auch bei fehlender Belehrung zu laufen beginnt,
steht noch aus. Deshalb ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Wochenfrist selbst dann gilt, wenn eine ordnungsgemäße Belehrung über das Recht
zur Annahmeverweigerung fehlte. Die Wochenfrist ist so zu verstehen, dass
die Klage vom Empfänger innerhalb einer Woche nach Zustellung an das
Gericht zurückgeschickt werden muss. Wann sie dann bei dem zustellenden
Gericht tatsächlich wieder eintrifft, ist nicht relevant. Es ist unbedingt zu
empfehlen, vor der Rücksendung von dem Schriftstück selbst sowie von
allen Begleitdokumenten Kopien anzufertigen, damit die Fehlerhaftigkeit
der Zustellung nachträglich noch dargelegt werden kann – beispielsweise
dann, wenn im Ausland aufgrund einer fehlerhaften Zustellung einer Klage
gleichwohl ein Versäumnisurteil erlassen wird.
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Dr. Thomas Rinne
Rechtsanwalt / Abogado
[email protected]
19
Nr. 37 / Februar 2016
insolvenz und restrukturierung - spanien
SWAP Verträge im Insolvenzverfahren
Sind die Ansprüche von Banken aus einem SWAP Vertrag gegen einen
insolventen Schuldner Insolvenzforderungen oder Masseforderungen?
Mit dieser Frage hat sich der Tribunal Supremo („TS“) in zwei aktuellen
Entscheidungen vom 17. und 18. November 2015 erneut auseinandergesetzt
und nunmehr hoffentlich Klarheit geschaffen:
Sofern der Schuldner nur einen einzigen SWAP Vertrag mit einer Bank
geschlossen hat, sollen die Sondervorschriften des RDL 5/2005, welches
eine Reihe von Privilegien für bestimmte Finanzgeschäfte enthält, nicht
zur Anwendung kommen. Das RDL 5/2005 sei u.a. geschaffen worden, um
den Ausgleich von Ansprüchen aus verschiedenen Verträgen (sog. „netting“)
zu ermöglichen und um ein insolvenzrechtliches Sonderkündigungsrecht
für bestimmte Verträge zu schaffen. Sofern aber nur ein SWAP Vertrag
geschlossen wurde und insbesondere wenn der Vertragspartner der Bank
ein Kleinkunde sei, handele es sich um gewöhnliche Bankverträge, die
keinen Sonderstatus genießen können.
Weiterhin hat der TS erneut bestätigt, dass nach den allgemeinen Regeln
des spanischen Insolvenzrechts SWAP Verträge grds. keine gegenseitigen
Verträge im Sinne der insolvenzrechtlichen Sondervorschriften sind. Auch
wenn sich aus einem SWAP Vertrag Leistungspflichten sowohl für die
Bank als auch für den Vertragspartner ergeben können, fehle es an der für
einen gegenseitigen Vertrag notwendigen gegenseitigen Abhängigkeit der
Leistungspflichten. Wenn der Vertrag kein gegenseitiger Vertrag ist, können
Ansprüche aus diesen Verträgen nicht als Masseforderungen anerkannt
werden, unabhängig davon, ob die Zahlungspflichten aus dem SWAP Vertrag
vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen.
20
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Philipp von Wolffersdorff
Abogado & Rechtsanwalt
[email protected]
Nr. 37 / Februar 2016
insolvenz und restrukturierung - deutschland
Unterkapitalisierung einer GmbH und ihre Folgen
Das Gesellschaftskapital einer deutschen GmbH (sog. Stammkapital) muss
mindestens 25.000 Euro betragen. Hiervon ausgenommen ist lediglich die
UG (haftungsbeschränkt) als sog. Mini-GmbH. Das Stammkapital hat nach
der ursprünglichen Konzeption des GmbH-Gesetzes eine zentrale Bedeutung
für den Gläubigerschutz. Diese Vorstellung gilt heute als überholt. Zum einen
handelt es sich hierbei nicht um ein Garantiekapital, da das Stammkapital
nach Gründung der GmbH im operativen Geschäft eingesetzt wird und kann
damit verloren gehen. Zum anderen ist nicht gesagt, ob das Stammkapital
für die Unternehmensfinanzierung tatsächlich ausreicht. So sehen die
gesetzlichen Bestimmungen kein Gebot vor, die Gesellschaft mit einem für
ihren Betrieb ausreichenden Eigenkapital auszustatten. Sie legen lediglich
eine Mindestkapitalziffer im Sinne einer „Seriositätsschwelle“ für die
Rechtsform der GmbH fest. Das Vorliegen materieller Unterkapitalisierung
kann jedoch eine konkrete Gefahr für den nachhaltigen Bestand der
Gesellschaft und damit für die Gläubiger bedeuten. Von materieller
Unterkapitalisierung spricht man, wenn das Stammkapital nicht ausreicht,
um den nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit bestehenden mitteloder langfristigen Finanzbedarf zu befriedigen, der auch nicht durch
Kredite Dritter gedeckt werden kann. Gesetzlich ist keine allgemeine
Durchgriffshaftung der Gesellschafter in Fällen der Unterkapitalisierung
normiert. Und auch nach der überwiegenden Auffassung in der Rechtsliteratur
führt allein der Umstand, dass eine GmbH mit einer Eigenkapitalausstattung
betrieben wird, die in keinem angemessenen Verhältnis zu den Risiken
ihrer Geschäftstätigkeit steht, nicht zu einer persönlichen Haftung ihrer
Gesellschafter. Nur in Extremfällen erscheint eine solche Haftung wegen
sittenwidriger Schädigung der Gesellschaftsgläubiger denkbar.
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Florian Roetzer, LL.M
Rechtsanwalt & Abogado
[email protected]
21
Nr. 37 / Februar 2016
arbeitsrecht - spanien
Die solidarische Übertragung von Urlaubstagen an Kollegen
In Frankreich häufen sich die Fälle der solidarischen Übertragung
von Urlaubstagen. So haben Mitarbeiter einer Glasfabrik 350, einer
Transportfirma 262 und der Verkehrsbetriebe Nizza 362 ihrer eigenen
Urlaubstage jeweils auf einen Kollegen übertragen. Dies ist nach einer
umstrittenen Gesetzesreform vom 9. Mai 2014 dem sog. „Loi Mathys“
rechtens. Das neue Gesetz sieht vor, dass Mitarbeiter auf eigene Initiative,
im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber, anonym und ohne Gegenleistung
zugunsten eines Kollegen, mit einem schwer erkrankten, pflegebedürftigen
Kind (unter 20 Jahren), ihre übergesetzlichen Urlaubsansprüche übertragen
können. Vorteil dieser Regelung ist, dass der Kollege seinen vollen
Lohnanspruch beibehält.
Karl H. Lincke
Rechtsanwalt & Abogado
[email protected]
In Spanien sieht das Gesetz nur ein Wechsel in Teilzeitarbeit sowie eine
Beurlaubung vor. Beide Optionen sind jedoch mit Lohneinbußen verbunden.
Ein Verzicht auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch ist rechtswidrig und
könnte mit den gesetzlichen Mindestruhezeiten und dem Arbeitsplatzschutz
kollidieren. Möglich sollte jedoch die Übertragung von übergesetzlichen
Urlaubsansprüchen sein, die neben den gesetzlichen Urlaubsansprüchen
von 30 Tagen bestehen.
In Deutschland besteht, wie in Spanien, neben Teilzeitarbeit oder Freistellung, mit den entsprechenden Lohneinbußen, keine entsprechende gesetzliche Regelung. Gem. § 4 Abs.1 TVG sind auch die Regelungen des Tarifvertrags zwingend, sodass der tarifliche übergesetzliche Urlaubsanspruch nicht
disponibel ist. Demnach scheidet die Übertragung von übergesetzlichen Urlaubsansprüchen in den meisten Fällen aus. Möglich sollte jedoch eine Verzichtsvereinbarung auf übergesetzlichen Urlaub unter der Bedingung der
Gewährung von bezahlter Freistellung für einen Kollegen sein.
22
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Monika Bertram
Rechtsanwältin
[email protected]
Nr. 37 / Februar 2016
arbeitsrecht - deutschland
Der Versetzungsvorbehalt im Arbeitsrecht
– eine Gestaltungsmöglichkeit ohne Risiko?
Viele Arbeitsverträge enthalten sog. Versetzungsvorbehalte, die dem
Arbeitgeber die Möglichkeit verschaffen, seine Mitarbeiter für die geeignete
Tätigkeit im Unternehmen einzusetzen. Wenn auch das Bundesarbeitsgericht
(BAG) den Arbeitgebern einen bedeutenden Spielraum im Rahmen dieser
Versetzungsklauseln einräumt, haben diese Vor- und Nachteile. Positiv
wirken sich Versetzungsvorbehalte aus, wenn der Arbeitgeber gegenüber
einem nicht mehr geschätzten Mitarbeiter Druck aufbauen möchte. Ist
eine Kündigung rechtlich nicht möglich und ist auch der Abschluss einer
Aufhebungsvereinbarung nicht zu erwarten, so kann der Arbeitgeber dem
Mitarbeiter einen anderen „geeigneten“ Einsatzort einseitig zuweisen.
Ob die Versetzung rechtmäßig ist, bedarf einer Einzelfallbetrachtung.
So vorteilhaft diese Flexibilität im laufenden Arbeitsverhältnis ist, so
nachteilig wirkt sich das umfassende Direktionsrecht im Rahmen einer
betriebsbedingten Kündigung aus. Denn eine solche Kündigung setzt
unter anderem voraus, dass der betroffene Arbeitnehmer nicht auf einem
anderen freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann. Sind mehrere
vergleichbare Mitarbeiter betroffen, ist der Arbeitgeber angehalten, die
zu kündigenden Arbeitnehmer nach bestimmten sozialen Kriterien
auszuwählen (sog. Sozialauswahl). Ist der Tätigkeitsbereich des Mitarbeiters
und die Versetzungsklausel weit gefasst, so steigt die Chance, dass er
seinen Arbeitsplatz behält oder jedenfalls eine gute Ausgangsbasis für die
Verhandlung einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung unter Zahlung
einer großzügigen Abfindung hat. Denn aufgrund seines weitreichenden
Direktionsrechts muss der Arbeitgeber all die Arbeitsplätze mit den darauf
beschäftigten Mitarbeitern, auf die er den zu kündigenden Arbeitnehmer
einseitig versetzen könnte, in die Sozialauswahl einbeziehen. Der Arbeitgeber
hat hier oft das Nachsehen.
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Florian Roetzer, LL.M
Rechtsanwalt & Abogado
[email protected]
23
Nr. 37 / Februar 2016
immobilienrecht - spanien
Die Auswirkungen der Versagung einer Hypothekenübernahme
durch die Bankinstitute
In seinem Urteil vom 30. Dezember 2015 hat sich der Oberste Gerichtshof
erneut zur Möglichkeit der Schuldübernahme einer hypothekengesicherten
Forderung durch den Käufer im Rahmen von Immobilienkaufverträgen
geäußert. In dem streitgegenständlichen Fall bot der Kaufvertrag dem
Käufer zwei Möglichkeiten zur Bezahlung des Kaufpreises zur Auswahl
an: Entweder durch die Schuldübernahme des Darlehens des Verkäufers
oder durch jedwedes andere Zahlungsmittel. Der Käufer entschied sich
für die erste Möglichkeit. Die Schuldübernahme wurde jedoch später von
dem kreditgebenden Bankinstitut abgelehnt. Die Parteien hatten in dem
Kaufvertrag keine Maßnahme vorgesehen, um einer solchen Situation
zu begegnen. Der Verkäufer verlangte logischerweise den Käufer zur
Erfüllung des Kaufvertrages und zur Bezahlung des Restkaufpreises zu
verurteilen. Der Oberste Gerichtshof folgt einer solchen Verurteilung nicht,
da der Vertrag vorsah, dass der Käufer im Hinblick auf die Auswahl der
Zahlungsweise absolute Freiheit habe und daher die Schuldübernahme des
hypothekengesicherten Darlehens nicht lediglich eine bloße, vom Verkäufer
angebotene Alternative sei. Der Oberste Gerichtshof geht davon aus, dass
die genannte Klausel eine echte Verbindlichkeit des Verkäufers gegenüber
dem Käufer darstelle, im Hinblick darauf, dass das Kreditinstitut die
Schuldübernahme genehmige. Nachdem er sich in diesem Sinne verpflichtet
hat und das Kreditinstitut die Genehmigung der Schuldübernahme
abgelehnt hat, habe der Verkäufer seine Pflicht nicht erfüllt und sei es
die Vertragsverletzung des Verkäufers selbst, die die Beanspruchung der
Vertragserfüllung durch den Käufer verhindere.
24
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
Marina Nicolás
Rechtsanwältin
[email protected]
Nr. 37 / Februar 2016
immobilienrecht - deutschland
Alternative Flüchtlingsunterkünfte
Die aktuelle Flüchtlingswelle stellt für alle, insbesondere für die deutschen
Behörden, eine große Herausforderung dar. Häufig gibt es keine
ausreichende Anzahl an geeigneten Unterkünften, so dass die Behörden
nach Alternativlösungen suchen müssen: Wohncontainer, Turnhallen oder
andere öffentliche Gebäude.
Wie wäre es mit Hotelzimmern? Die Idee klingt zunächst vielversprechend.
Eine Behörde kann auf einen Schlag eine Vielzahl an Flüchtlingen
Dr. Jochen Reuter, LL.M.
unterbringen, wenn sie bei einem Hotelbetreiber größere Zimmerkontingente
Rechtsanwalt
anmietet. Bei genauerem Hinsehen stößt man aber schnell auf rechtliche
[email protected]
Hindernisse. Der Hotelbetreiber ist häufig nicht gleichzeitig auch
Eigentümer des Grundstücks: zwischen Eigentümer und Betreiber besteht
in der Regel oft lediglich ein Pachtvertrag. Der Pachtvertrag berechtigt
den Betreiber, das Grundstück zum Betrieb eines Hotels zu nutzen. Bei der
Überlassung der Zimmer zur Unterbringung von Flüchtlingen dürfte es sich
jedoch um eine vertragswidrige Nutzung durch den Betreiber handeln, da
die Unterbringung von Flüchtlingen nicht dasselbe wie ein Hotelbetrieb ist.
Die Nutzung eines Hotelzimmers ist auf Kurzfristigkeit angelegt, während
Flüchtlinge langfristig untergebracht werden müssen. Der Hotelgast nutzt
das Zimmer ferner freiwillig, während Flüchtlingen von der Behörde eine
(Gemeinschafts-) Unterkunft zugewiesen wird. Darüber hinaus dürfte eine Nereida Sánchez Pérez, LL.M.
langfristige Überlassung einer Vielzahl an Zimmern an die Behörde die
Rechtsanwältin
Begründung eines Unterpachtverhältnisses darstellen. Hierzu bedarf es
[email protected]
aber in aller Regel der Zustimmung des Verpächters – also des Eigentümers.
Ohne den Eigentümer eines Hotelgrundstücks sollten Behörden deshalb
keinen Deal zur dauerhaften Anmietung von Hotelbetten zur Unterbringung
von Flüchtlingen schließen. Ist der Eigentümer nämlich nicht mit dieser
Nutzung einverstanden, ist der nur mit dem Betreiber abgeschlossene
Vertrag nichts wert.
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
25
Nr. 37 / Februar 2016
die kammer informiert
Law – Made in Germany
3. Symposium
Datum und Veranstaltungsort:
21.04.2016 in Madrid
Online-Anmeldung unter:
https://www.anwaltakademie.de/anmeldung/law-made-in-germany-de/register
Fachtagung
Steueranwalt International 2016
Datum und Veranstaltungsort:
28.04.2016 in Costa d´en Blanes (Mallorca)
Mehr Information unter:
https://www.anwaltakademie.de/product/21315
Jahreskongress der Deutsch-Spanische Juristenvereinigung E.V.
Datum und Veranstaltungsort:
25. – 29. Mai 2016 in Koblenz
Mehr Information unter:
http://dsjv-ahaj.org/2016/01/21/koblenz-2016-25-29-mai/
26
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26-28 | 28016 Madrid
Tel: +34 91 353 09 38
Fax: +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
NIF G85559573
IMPRESSUM
Herausgeber des Newsletters:
Deutsche Handelskammer für Spanien
Avda. Pío XII 26 - 28, 28016 Madrid
T. +34 91 353 09 38
F. +34 91 359 12 13
E-mail: [email protected]
www.ahk.es
Folgen Sie uns auf:
Inhalt und Links:
Die AHK Spanien hat die Informationen aufgrund zugänglicher Quellen sorgfältig zusammengestellt. Alle
Angaben erfolgen ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Eine Haftung für den Inhalt der Beiträge und/oder
der Webseiten, die mit den Links verbunden sind, gleich aus welchem Rechtsgrund, ist ausgeschlossen.
Zusendung der Informationen | Privacy:
Die Daten und Beiträge, die in diesem Dokument aufgeführt sind, haben ausschließlich den Zweck, den
Adressaten zu informieren. Die Daten werden elektronisch verwaltet gemäß den Vorschriften des spanischen Datenschutzgesetzes LPD. Falls der Adressat das Zusenden des Newsletters nicht erwünscht und/
oder seine Daten aus der Datenbank der AHK Spanien gelöscht haben möchte, so bitten wir, uns dies über
unsere WebSite mitzuteilen.
Bereits veröffentlichte Ausgaben unserer Newsletter können direkt von unserer Web runtergeladen werden.