Livesport à discrétion

Sport
Tages-Anzeiger – Freitag, 9. Oktober 2015
31
Nachrichten
Eishockey
Ambri mit happigem Verlust
Die HCAP SA, die den Spielbetrieb der
ersten Mannschaft von Ambri-Piotta
leitet, fuhr in der letzten Saison ein
Defizit von 1,86 Millionen Franken ein.
Um die Jahre bis zum Bezug der neuen
Valascia 2018 zu überbrücken, will der
Club mit einer Kapitalerhöhung sieben
Millionen Franken auftreiben. (Si)
NHL. Erste Saisonspiele: Calgary (ohne Hiller/
Ersatz) - Vancouver (mit Bärtschi und Sbisa, ohne
Weber) 1:5. Chicago - NY Rangers 2:3. Toronto - Montreal 1:3. Los Angeles - San Jose 1:5.
Fussball
Jürgen Klopp zu Liverpool
Wie erwartet übernimmt Jürgen Klopp
(48) die Nachfolge von Brendan Rodgers
als Trainer des FC Liverpool. Gemäss
«Guardian» hat der Deutsche einen Dreijahresvertrag unterschrieben, der ihm
pro Saison 7,4 Millionen Franken einbringt. Heute wird er offiziell vorgestellt. Klopps einstige BVB-Assistenten,
Zeljko Buvac und Peter Krawietz, stossen
ebenfalls zu Liverpool. (TA)
Messi muss doch vor Gericht
Lionel Messi muss wegen Verdachts des
Steuerbetrugs nun doch auf die Anklagebank, das entschied der zuständige Ermittlungsrichter. Die Staatsanwaltschaft
hatte dafür plädiert, nur Vater Jorge anzuklagen und das Verfahren gegen den
Fussballer einzustellen. Den Messis wird
zur Last gelegt, 2007, 2008 und 2009
das Finanzamt um 4,1 Millionen Euro an
Steuern betrogen zu haben. (Si)
Tennis
Wawrinka trifft auf Krajicek
Das Kabel wird gekappt: Der Livestream auf dem Computer ersetzt immer mehr das herkömmliche Fernsehbild. Foto: Urs Jaudas
Im Viertelfinal von Tokio spielt Stan
Wawrinka heute erstmals gegen den
Amerikaner Austin Krajicek, einen entfernten Cousin von Richard Krajicek,
dem Wimbledonsieger 1996. (Si)
Livesport à discrétion
Peking. ATP-Turnier (3,9 Mio. $/Hart). Achtelfinals:
Djokovic (1) s. Zhang (China) 6:2, 6:1. Isner (USA/6) s.
Millman (Au) 4:6, 7:6 (7:5), 6:4. Fognini (It) s. Goffin
(Be/7) 6:2, 2:6, 6:2. – Viertelfinals : Djokovic (1) - Isner
(6), Ferrer (4) - Lu; Sock - Nadal (3), Fognini - Cuevas.
Tokio. ATP-Turnier (1,26 Mio. $/Hart). Achtelfinals:
Cilic (Kro/6) s.Johnson (USA) 6:3, 6:3. Krajicek (USA)
s. Sousa (Por) 2:6, 6:4, 6:3. – Viertelfinals: Wawrinka
(1) - Krajicek, Simon (3) - Muller; Paire - Kyrgios, Cilic
(6) - Nishikori (2).
Peking. WTA-Premier-Turnier (4,74 Mio. $/Hart).
Achtelfinals: Pawljutschenkowa (Russ) s. Pennetta
(It/3) 3:6, 6:4, 6:3. Muguruza (Sp/5) s. Lucic-Baroni
(Kro) 1:6, 6:2, 6:1. Ivanovic (Ser/6) s. Kusnezowa
(Russ) 7:5,4:6,6:2.Mattek-Sands (USA) s.Vinci (It/15)
6:1, 3:6, 6:2. – Viertelfinals: Mattek-Sands - Muguruza
(5), Agnieszka Radwanska (4) - Kerber (10); Ivanovic
(6) - Pawljutschenkowa,Bacsinszky (12) - Errani.
Doppel. Viertelfinal: Hingis/Mirza (Sz/Ind/1) s.
Görges/Pliskova (De/Tsch) 7:6 (7:5), 6:4.
Handball
Champions League. Gruppenphase. Gruppe D.
Kadetten Schaffhausen - Saporoschje (Ukr) 30:27
(15:8). – Rangliste: 1. Skjern Handball 3/4 (95:82).
2. Metalurg Skopje 3/4 (74:73). 3. Saporoschje 4/4
(118:115). 4. Baia Mare 3/3 (94:93). 5. Kadetten 4/3
(115:117). 6. Elverum 3/2 (73:89). – Modus: Top 2 qualifiziert für das Playoff um einen Achtelfinal-Platz.
Kadetten - Motor Saporoschje 30:27 (15:8)
1410 Zuschauer. – SR Mazeika/Gatelis (Lit). – Torfolge: 2:0, 2:2, 3:2, 3:3, 5:3, 6:4, 7:5, 9:6, 11:7, 15:8; 16:9,
18:10, 19:11, 21:12, 21:14, 22:15, 24:15, 25:16, 25:18,
27:18 (50.),27:24 (55.),28:25,29:26,30:27.– Strafen:
7-mal 2 Min. gegen Kadetten, 5-mal 2 Min. inklusive
Disqualifikation (Schewelew) gegen Saporoschje.
Kadetten: Marinovic (für 1 Penalty Portner); Küttel
(3), Csaszar (14/3), Luka Maros (8), Koch (2), Muggli
(1), Tominec (1); Meister, Cvijetic (1), Graubner, Pendic, Brännberger, Stojanovic,Alili, Markovic.
Bemerkungen: Kadetten ohne Liniger (krank) und
Richwien (verletzt). – 1:3 verschossene Siebenmeter.
Sport am TV
9.00
Formel 1
live Euro
GP Russland: 1. Freies Training
13.00 2. Feies Training
13.15 Rad
1. Abu Dhabi Tour: 2. Etappe
live Euro
17.45 Fussball
live Euro
U-21-EM-Qualif.: Deutschland - Finnland
19.25 Eishockey
NLA: Biel - SCL Tigers
ZSC Lions - Davos
Fribourg - Zug
live TC 1
live TC 2
live TC 3
20.00 Fussball
live SRF 2
EM-Qualifikation: Schweiz - San Marino
20.45 Rugby-WM
live Euro
Gruppe C: Neuseeland - Tonga
23.15 Sportaktuell
SRF 2
Von Eisklettern bis Unihockey: Immer mehr wird im Internet via Livestream übertragen. Vor allem
Randsportarten versuchen sich selbst in Szene zu setzen, weil sie für das Fernsehen uninteressant sind.
Christian Zürcher
Das Livestreaming in der Schweizer
Sportwelt steckt noch in Kinderschuhen: Da steckt beim Anpfiff einer FutsalPartie einmal der Co-Kommentator im
Stau. Er komme daher ein bisschen später, sagt sein Kollege. Ein andermal fehlt
an einem Unihockeyspiel das richtige
Kabel, nur der Ton wird übertragen.
Und doch, es tut sich was.
Es gibt Wochenenden, da werden
17 Schweizer Sportanlässe per Stream
übertragen, abseits von SRF, direkt auf
den Computer, weitestgehend gratis.
Handball, Judo, Telemark, Unihockey,
Futsal, Eisklettern – die Zahl der Sportarten ist gross, eines ist ihnen gemein:
Ihre Popularität ist klein, das grosse
Publikum anderswo. Doch auch sie
wollen Aufmerksamkeit. Am liebsten
vom grossen Sender, dem SRF. Dieser
verwehrt ihnen jedoch die Berichterstattung, wegen zu tiefer Quoten. Also
werden Veranstalter und Sportverbände
selbst aktiv.
Kampf um Aufmerksamkeit
Beispiele gibt es zuhauf: Die Leichtathleten etwa übertrugen ihre Schweizermeisterschaften im Internet, ebenso das
internationale Meeting in Bellinzona.
Die Unihockeyclubs der Nationalliga A
produzieren ihre Spiele selber, abrufbar
im Internet.
Die Ziele sind überall ähnlich. «Das
ist ein Dienst an allen Leichtathletikinteressierten», sagt Beat Freihofer vom
Verband, «und natürlich, wir wollen
mehr wahrgenommen werden.» 2500
Personen hätten etwa die Übertragung
aus Bellinzona geschaut. Beim Unihockeyverband spricht man von ein
paar Hundert Zuschauern pro Spiel und
einem jungen Zielpublikum: «Dieses ist
sehr empfänglich für Online-Inhalte»,
sagt Petra Kropf. Geld verdienen wollen
und können beide Verbände damit
nicht. «Falls wir aber den Sponsoren
einen Mehrwert bieten und beispielsweise eine Werbung einblenden können, dann nutzen wir diese Chance
gern», sagt Freihofer. Kropf fände es
schön, wenn daraus irgendwann ein
Markt entstehen würde.
Einer, der dieser Bewegung auf die
Beine hilft, ist Dominik Meier von der
Produktionsfirma Upstream Media. Vor
acht Jahren hat er begonnen, Anlässe zu
übertragen, heute bietet er Interessenten das komplette Paket an: Aufnahme,
Schnitt, Livestream. Damit ist Upstream
Media in der Schweiz der einzige private Produzent, der die ganze Palette
abdeckt.
Trifft Meiers Firma an einem Anlass
auf das Kamerateam von SRF, arbeiten
die beiden Crews zusammen, Bilder
werden voneinander übernommen –
Upstream Media blendet dafür auch
einmal das Logo von SRF ein.
5000 Franken für einen Stream
«Noch immer haben viele Leute – gerade
Sport-Funktionäre – das Gefühl, es müsse
Kabel-TV sein», sagt Meier. Doch es finde
ein Umdenken statt, das merke er. Früher musste er Veranstalter für Streams
anfragen, heute kommen sie auf ihn zu.
Wichtigstes Gesprächsthema: der Preis.
Weil es möglichst wenig kosten soll, bietet die Firma verschiedene Angebote an.
Eine hochwertig produzierte, dreistündige Live-Sendung mit vier Kameras kostet knapp 5000 Franken, den Kommentator muss der Veranstalter selbst stellen.
Für die Schweizer Unihockeyclubs
war das zu viel, also zeigte man sich
innovativ. Upstream stellt das Material,
die Streaming-Infrastruktur und bildet
die Leute aus. Produziert wird aber die
Sendung von den Vereinen selbst. So
kommt es, dass Köniz eine überaus professionelle Sendung mit mehreren Kameras produziert – samt Vorprogramm,
Spielkommentar und technischen Einblendungen. Andere Clubs wiederum
beschränken sich auf eine Schmalspurvariante: eine Kamera, kein Kommentar.
Daher muss der Unihockeykonsument
je nach Aufwendigkeit der Produktion
3 oder 6 Franken zahlen – das Spiel der
Runde ist jeweils gratis.
Auch das SRF setzt darauf
Dass im Übertragen von Randsportarten
Potenzial steckt, zeigt ein Blick über die
Grenze: In Deutschland hat kürzlich die
Pro-Sieben-Sat-1-Gruppe die Mehrheit
des Online-Senders sportdeutschland.tv
übernommen. Dieser konzentriert sich
auf jene Sportarten, zu denen sich nur
selten Kamerateams verirren.
Das Ziel ist klar: Geld verdienen. Die
Übernahme sei eine logische Fortsetzung der Onlinestrategie, schreibt die
Mediengruppe. Geld soll «über Werbung
und Abozahlungen» hereinkommen.
Etwas, das sich auch Meier vorstellen
kann: Auf www.swiss-sport.tv sind alle
Übertragungen abrufbar, die Seite
könnte sich zum Treffpunkt der Randsportarten entwickeln.
Auch die SRG ist sich der zunehmenden Digitalisierung bewusst. Seit 2013
darf sie zusätzlich Sport im Internet live
übertragen: Erst waren es gemäss «NZZ
am Sonntag» rund 100 Anlässe, im
vergangenen Jahr 360 – darunter Tennismatches, weil etwa die Nationalmannschaft gleichzeitig spielte, oder neuerdings auch Fussball-Cupspiele, die ohne
Kommentar laufen. So entwickelt sich
die Online-Plattform neben SRF 2 immer
mehr zu einem zweiten Sportkanal.
Etwas, das die Verantwortlichen nie
sagen würden. SRF-Sportchef Roland
Mägerle erklärt, man habe «in den vergangenen Monaten im Bereich Livestreaming sehr wichtige Erfahrungen
gemacht». Wie viele Leute diese Dienste
benutzten, was die Erkenntnisse waren;
ja, wie überhaupt die Strategie aussieht,
ob etwa vermehrt in die Breite gegangen
wird, dazu will und kann Mägerle nichts
sagen: Wegen der Sparmassnahmen und
der noch unklaren Sportausrichtung
«benötigen wir noch etwas Zeit».
So müssen die kleineren Verbände
und Veranstalter vorerst für sich selbst
schauen. Risiken gibt es für sie kaum. Ab
und an wird die Qualität bemängelt – eine
Folge des rigiden Kostenmanagements.
Und manchmal, da lauert die Gefahr der
Kannibalisierung: Als 2014 die FaustballEM in der Schweiz stattfand und ein Livestream geschaltet wurde, rümpfte der
Organisator die Nase: «Viele haben sich
deswegen die Anreise erspart.»
Livestream
Entsteht das Netflix des Sports via Schweiz?
Es ist eine Tendenz, die mit dem Begriff
«Cord Cutting» beschrieben wird: Das
Fernsehkabel wird gekappt. Die jüngere
Generation wächst mit Youtube auf,
Serien und Filme werden auf Netflix
gestreamt, Fernsehprogramme bleiben
unbeachtet – auch in der Sportwelt: Das
NHL-Gamecenter ist beispielsweise
hochprofessionalisiert, für 115 Dollar
können alle NHL-Spiele via Livestream
geschaut werden. Nicht nur das: Der
Konsument entscheidet, ob er den
Heim- oder Gästekommentar hört; ob er
die Kamera nur auf den Goalie gerichtet
haben will; ob das Resultat ausgeblendet
wird. Ähnliches bieten die NBA, die NFL
oder auch die Tennistour an.
In Europa blieben die Kabelbetreiber
in der Welt des Sports bislang grösstenteils unbedrängt. Das könnte sich ändern: Die Firma Perform wähnt sich vor
einem Coup, sie will sich als Netflix des
Sports positionieren. Ab 2016 sollen in
Japan, Deutschland, Österreich und der
Schweiz via Livestream Sportsendungen
aus aller Welt übertragen warden. Verträge mit der deutschen, spanischen,
italienischen und französischen Fussballliga wurden bereits abgeschlossen,
ebenso mit der NFL. Preis für das
Monatsabo: rund 10 Franken.
Vorerst gilt das Projekt als Versuchsballon, 2017 sollen weitere Länder dazukommen. «Es muss möglichst einfach
sein – zum Zahlen und Schauen, unabhängig von der Tageszeit», sagt
Geschäftsführer Juan Delgado dem
Nachrichtensender CNBC. Die Sendungen werden in-house produziert, Sportgrössen agieren als Experten, wie man
das kennt von Sky oder ITV.
Weshalb die Schweiz? Wegen der
deutschen Sprache. Denn Delgado ist
hauptsächlich an Deutschland interessiert. Dort hat Platzhirsch Sky nur eine
mässige Verbreitung, da liege viel
Potenzial brach. In Japan wiederum sei
es für die Bevölkerung schwierig, einen
Anbieter zu finden, der verschiedene
Sportligen abdeckt. Das wolle man
ausnützen. (czu)