Momo und die geraubte Zeit FASTENEXERZITIEN Donnerstag. - Dritte Fastenwoche: Umgang mit der Zeit in der Literatur Momo und die geraubte Zeit „Momo“ ist die seltsame Geschichte von den Zeit-Dieben und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbringt. Michael Ende schrieb dieses Buch, das von sehr vielen Menschen gelesen wurde. 1986 hat Johannes Schaaf Michael Endes Märchen „Momo“ verfilmt. Eine gespenstische Gesellschaft „grauer Herren“ veranlasst immer mehr Menschen, Zeit zu sparen. Aber in Wirklichkeit betrügen sie die Menschen um diese ersparte Zeit. Momo ist ein kleines Mädchen, das in den Ruinen eines kleinen, römischen Amphitheaters am Rande der Stadt wohnt. Momo versteht es, anderen zuzuhören. So gewinnt sie das Vertrauen der Menschen, die ihr Herz dem kleinen Mädchen ausschütten, weil keiner mehr Zeit hat, wirklich zuzuhören. Das ist vergeudete Zeit. Die Zigarre rauchenden, aschgrauen Herren mit bleigrauen Aktentaschen verstehen sich auf die Zeit, „so wie Blutegel sich aufs Blutsaugen verstehen“. Sie reden den Menschen ein, sie dürften nur noch Nützliches tun, um Zeit zu sparen. Der Friseur zum Beispiel hört auf, mit seinen Kunden zu plaudern, und schneidet ihnen nun die Haare in 20 statt in 30 Minuten. Seine alte taube Mutter, für die er sich bisher jeden Tag Zeit nahm, bringt er in ein Altenheim. Ein grauer Herr spricht auch mit Momo: „Man muss nur immer mehr und mehr haben, dann langweilt man sich niemals“, behauptet er. Doch Momo fragt ihn, ob ihn jemand lieb hat. Da verrät er ihr, dass die grauen Herren nicht ohne das von den Menschen angesparte „Zeitguthaben“ existieren können. Momo und ihre Freunde rufen zu einer großen Versammlung auf, um die Wahrheit über die grauen Herren zu verbreiten, aber kein Erwachsener folgt ihrer Einladung. Da führt die Schildkröte Kassiopeia Momo zu Meister Hora, der die Zeit verwaltet. Als die Not am größten ist und die Welt den grauen Herren schon endgültig zu gehören scheint, entschließt sich Meister Hora, der geheimnisvolle „Verwalter der Zeit“, zum Eingreifen. Doch dazu braucht er die Hilfe eines Menschenkindes. Die Welt steht für eine Stunde still und Momo, die kleine Heldin der Geschichte, kämpft ganz allein, mit nichts als einer Blume in der Hand und einer Schildkröte unter dem Arm, gegen das riesige Heer der grauen Herren – und siegt auf wunderbare Weise. Momo kann den Menschen die geraubte Zeit zurückgeben. Die Welt gewinnt dadurch wieder an Farbe. Die Fantasiewelt der Erzählung wird viele Leser an Probleme unserer Tage erinnern. Die Menschen sollen Zeit sparen. Sie werden aber in Wahrheit um ihre Zeit betrogen. Zeitersparnis ist wie ein Zauberwort auch in unserer Gesellschaft. Viele wollen Zeit gewinnen, verpassen aber, im Jetzt zu leben. Im Märchen werden die Tage deshalb immer kürzer. Das Buch ist eine Allegorie auf das, was Michael Ende als „unsere heutige Kultur“ empfindet. Unser ganzes Leben ist dem Streben nach Nützlichkeit und Wachstum untergeordnet. Wir opfern unsere Zeit dafür. Die grauen Männer, die die ersparte Zeit der Menschen verschlingen, symbolisieren unser Gewinnstreben. Diese Kultur ist eng mit dem heutigen Zeitbegriff verbunden. Nicht für die Zeitsparkasse, wo wir für die Zukunft ein glückliches Leben versprochen bekommen, dürfen wir unsere Zeit opfern, sondern Zeit ist uns jetzt geschenkt, damit wir wirklich leben. Dann wird die Welt bunt und schön und die Liebe kehrt zurück in unser Leben. Wort in den Tag Heute pflücke oder kaufe ich mir einen Blumenstrauß und stelle ihn in mein Zimmer. Meine Welt muss bunter werden. Vielleicht verschenke ich einige Blumen an einen Bekannten, den der „graue“ Alltag plagt. Foto oben: © Christiane Herholz / Domino: fotolia.com FastEx_W3-4.docx – zusammengestellt von Aribert Vögl Aus: http://www.internetseelsorge.de/temporalia-container/fasten2009 Seite 1 / 1
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