Makruk, Shogi, Xiangqi - Berliner Schachverband

Makruk, Shogi, Xiangqi – Schachtourismus in Richtung Asien
Schach wird weltweit gespielt und uns allen ist bekannt, daß es regionale Varianten gibt, die
andernorts den gleichen Stellenwert genießen wie das Internationale Schach bei uns, oder einen
noch höheren. Dazu gehören das thailändische Makruk, das japanische Shogi und das
chinesische Xiangqi. In den jeweiligen Ländern gibt es Verbände, Profi-Ligen und Spielstätten so
wie bei uns. In Parks und auf der Straße wird ebenfalls „geholzt“. Die mediale Begleitung von
Turnieren, die regelmäßige Berichterstattung und die öffentliche Aufmerksamkeit sind sogar
umfassender.
Man macht sich kaum bewußt wie sehr die Schachvarianten von der Kultur des jeweiligen
Schachbiotops geprägt sind.
Schach
„Unser“ Schach bildet sehr genau die mittelalterliche
Gesellschaft ab. Man ziehe ggf. die englischen Bezeichnungen
der Spielfiguren zu Rate. Neben König und Königin sind Bischöfe
(Bishop, Läufer) und Ritter (Knight, Springer) plaziert. In den
Ecken stehen (Eck-)Türme einer Burg. Natürlich darf der
Bauernsturm nicht fehlen. Wir finden also die mittelalterlichen
Stände Adel, Kirche, Ritter und Bauern wieder.
Die Rochade, den Bauerndoppelschritt und en passant-Schlagen
gibt es nur im Schach.
Makruk
หมากรก
Das in Thailand und Kambodscha populäre Makruk versetzt einen an die Flüsse Mekong oder
Meping. Auf dem ebenfalls 8x8 Felder großen einfarbigen Spielbrett finden sich jeweils rechts
neben dem Feudalherren ein Reissetzling anstelle der Dame, gefolgt von Notabeln (Nobleman im
engl. Wiki, Bäume im dt. Wiki), Pferden und Booten. Kaurimuscheln stehen anstelle der Bauern.
Zusatzregeln zu unserem Schach geben vor, daß, sobald alle Muscheln geschlagen oder
promoviert sind, der im Materialvorteil befindliche Spieler innerhalb einer festgesetzten Anzahl von
Zügen Matt setzen muß. Ansonsten kann die im Nachteil befindliche Partei Remis reklamieren.
Gegen den blanken Feudalherren kann sich die verbleibende Zugzahl je nach Materialvorteil bis
auf acht Züge reduzieren. Ob das nun eine Reverenz an den friedliebenden Buddha ist, oder
einfach nur praktisch, damit die Partien nicht endlos dauern?
Die Zugweisen der Figuren haben bemerkenswerte Bezüge zu den übrigen Schachvarianten: Das
Boot fährt wie der Turm (Schach) oder der Wagen (Xiangqi, Shogi), das Pferd entspricht dem
Springer, die Notabeln dem Silber-General (Shogi), der Reissetzling zieht wie die Leibwache
(Xiangqi). Die Muschel zieht und schlägt wie der Bauer (Schach) und sie promoviert durch
Umdrehen des Spielsteins wie im Shogi. Lediglich das Pferd hat eine erkennbare Form, die
übrigen Figuren unterscheiden sich hauptsächlich durch die Größe.
Schachweltmeister Vladimir Kramnik über Makruk: "Makruk Thai is more strategic than
International Chess. You have to plan your operations with total care since Makruk Thai can be
compared to an anticipated endgame of International Chess."
Es wird angenommen, daß Makruk sich aus einer über Java (im 1. Jahrtausend gab es dort
indisch koloniesierte Königreiche) eingeführten Schachvariante entwickelt hat, die dem indischen
Chaturanga sehr nahe stand.
Internet-Ressourcen:
Regeln von Makruk bei Wikipedia: Makruk
Makruk online spielen auf PlayOK: Makruk spielen
Makruk in Deutschland:
http://www.songkran.eu/Makruk-_-thail.ae.ndisches-Schach.htm
Shogi
将棋
Auf dem 9x9 Felder großen Spielfeld stehen sich zwei mittelalterliche japanische Armeen
gegenüber bestehend aus König, Goldenen und Silbernen Generalen, Reitern bzw. Pferden,
Lanzenreitern (eigentlich wohlriechende Streitwagen) und Fußsoldaten. Fliegender Streitwagen
und Schrägläufer kamen im Lauf der Zeit hinzu.
Die vierzig Shogi-Spielsteine sind keiner Farbe zugeordnet: Ihre Zugehörigkeit zu einem Spieler
wird durch die Richtung, in der sie auf dem Spielfeld stehen, angezeigt; wenn sie geschlagen
werden, können sie vom Gegner wieder eingesetzt werden. Erreicht eine Figur den Startbereich
des Gegners, kann sie befördert werden: der flache, fünfeckige Spielstein wird umgedreht, und die
neue Figur mit erweiterten Zugmöglichkeiten erscheint auf der Rückseite. Geschlagene
Umwandlungsfiguren reduzieren sich auf ihren Ausgangswert, es können also keine beförderten
Figuren eingesetzt werden.
Shogi verläuft in der ersten und mittleren Partiephase langsamer als Schach. Es gibt eigentlich nur
zwei langschrittige Spielsteine: Wagen und Läufer. Aufgrund des Fehlens der Rochade erfordert
der Festungsbau für den König wie im Makruk seine Zeit, die nur bedingt einem Vorwärtsspiel
zugute kommt. Ausgeglichen wird dieser Umstand durch eine erhebliche Beschleunigung in der
Endphase des Spiels. Zum einen gewinnen beide Seiten durch beförderte Spielsteine einen
Zuwachs an Kampfkraft, zum anderen erhalten Truppenteile durch das Wiedereinsetzen von der
Hand oder direkt im Zug nach einem Schlagen nahezu unbegrenzte Mobilität. Die Möglichkeit des
Wiedereinsetzen begünstigt auch Materialopfer, die ansonsten nicht infrage kämen.
Das Wiedereinsetzen soll auf den Kaiser Go-Nara (geboren 1497; regierte von 1526 bis 1557)
zurückgehen. Zu dieser Zeit war es japanische Kriegstradition, daß viele tapfere Samurai als
Söldner kämpften, die ab und zu auch mal die Seite für bessere Bezahlung oder sonstige
Befriedigung von Begehrlichkeiten wechselten.
Im Jahre 1612 beauftragte der Shogun Tokugawa Ieyasu (1543-1616) den besten Go- und ShogiSpieler seiner Zeit, Kano Sansa Honinbo, eine professionelle Akademie für diese beiden Spiele zu
gründen. Das Shogunat setzte gesetzlich einen Sold für Profis fest, die damit praktisch
Staatsbeamte wurden. Diese Profi-Familien pflegten die Tradition von Go und Shogi indem sie
Spieler ausbildeten und regelmäßig Wettkämpfe austrugen. Die Partien wurden anschließend vor
dem Shogun nachgespielt.
Internet-Ressourcen:
Regeln von Shogi bei Wikipedia:
Shogi online spielen auf PlayOK:
Shogi in Deutschland:
Shogi
Shogi spielen
http://www.shogideutschland.de/
Xiangqi
象棋
Ebenfalls geschichtsträchtig mutet das in China und Vietnam beliebte Xiangqi bzw. CờTướng an. Das
9x10 Kreuzungspunkte große Schlachtfeld wird durch einen Fluß geteilt, an dem die Han im Norden
und die Chu im Süden Stellung bezogen haben. Die in einem Palast wohnenden Feldherren sind von
Leibwachen und Elefanten umgeben, die sie gegen Angriffe verteidigen. Befehligt werden Armeen mit
Streitwagen, Kavallerie (Pferde), Artillerie (Kanonen) und Infanterie (Soldaten). Die Kanone ist ein
einzigartiger Spielstein, der in anderen Schachvarianten keine Entsprechung hat. Sie entfaltet ihre
Feuerkraft über einen anderen Spielstein hinweg. Wie im Shogi werden die Truppen durch flache,
beschriftete aber runde Spielsteine repräsentiert.
Verglichen mit Schach ist Xiangqi von Beginn an dynamischer und taktischer, weil keine geschlossene
Bauernphalanx auf der zweiten Reihe existiert und sich die Figuren daher schneller entwickeln können.
Geprägt wird Xiangqi durch den Umstand, daß der Feldherr seinen 3x3-Palast nicht verlassen kann.
Das macht Xiangqi sehr direkt: Es geht um Matt. Materialopfer gegen die Palastverteidigung sind
wesentlich häufiger als im Schach gegen die Rochade. Sind die Truppen erschöpft und keine gegen
den Feldherren gerichteten kombinatorischen Schläge mehr möglich, beginnt ein diffiziles Endspiel. Da
sich die den Bauern entsprechenden Soldaten nie umwandeln, sondern nach Überschreiten des
Flusses lediglich promovieren, muß mit dem in der Ausgangsstellung vorhandenen Material das Matt
(oder siegbringendes Patt) mit ausgefeilten Endspieltechniken erzwungen werden.
Wie im Makruk gibt es auch hier Zusatzregeln. Aber sie sind dazu gedacht einen Spielausgang ohne
Sieger zu verhindern und einen Kampf bis zum Letzten zu fordern. Wer versucht, ewiges Schach zu
geben, oder permanent einen höherwertigen oder ungedeckten Stein verfolgt, der wird zum Verlierer
erklärt.
Konfuzius schimmert im Xiangqi nicht so stark durch wie Sun Tzu (544 - 496 BC), von dem das
historische Militärhandbuch „Die Kunst des Krieges“ stammt.
Um den Ursprung des Xiangqi ranken sich Legenden:
Die lang andauernde Auseinandersetzung zwischen den Chu und den Han fand durch die denkwürdige
Schlacht von GaiXia 202 BC ein Ende. Diese Schlacht und ihre Listen sind eine geniale Demonstration
von Sun Tzus Kriegsstrategemen. Der siegreiche General HanXin wird von einigen Schachhistorikern
für den Erfinder des Xiangqi/Schach-Spiels gehalten.
Der Volksmund erzählt dagegen, der Chu-General XiangYu habe anläßlich eines Friedensvertrags
zwischen den Han und den Chu das Chinesische Schach erfunden. Alle zukünftigen Schlachten
zwischen den Han und den Chu sollten nur noch auf dem Schachbrett ausgetragen werden, auf daß
kein Volk mehr Kriegstote zu beklagen habe.
Das Friedensabkommen wurde gebrochen und nicht wenig später nahm sich XiangYu das Leben,
nachdem seine Truppen in der entscheidenden Schlacht von GaiXia aufgerieben wurden. Eine
faszinierende in den Annalen festgehaltene Geschichte mit Betrug, Weibern, Schluchten, Sümpfen und
Hinterhalten wie sie Shakespeare und Karl May zusammen nicht hätten besser erdichten können.
Leseprobe aus Wikipedia - Battle of Gaixia:
„Xiang Yu then threatened to kill Liu Bang's captured father and wife and have them cooked over a fire,
to force Liu Bang to surrender. Liu Bang simply replied that since the two had been named 'brothers'
(during the earlier years of the revolt against Qin Dynasty) he would be effectively cooking his own
father, and that Xiang Yu should not forget to send him a cup of 'their' father's flesh to share as good
brothers.“
Keine Angst, den Eltern geschieht nichts.
Die Historizität der Schacherfindung mag bezweifelt werden.
Internet-Ressourcen:
Regeln von Xiangqi bei Wikipedia:
Es existiert sogar eine englische
Xiangqi online spielen auf PlayOK:
Xiangqi in Deutschland:
Xiangqi
Xiangqi-Einführung speziell für Schachspieler (WXF) !
Xiangqi spielen
http://www.chinaschach.de/
Nach einem Vergleich verhält sich Schach zu Xiangqi, Shogi und Makruk wie Boxen zu Kung Fu,
Karate und Thai Boxing.
Ist etwas vergessen? Ja, in Korea wird Janggi gespielt und Teakwon Do praktiziert. Janggi ähnelt
sehr stark dem Xiangqi. Kein Wunder, ist Korea doch eine China nordöstlich vorgelagerte
Halbinsel.
Mit etwas online-Spielpraxis ist für den nächsten Thailand-, Japan- oder China-Urlaub zumindest
schachlich gut vorgesorgt.
Für eine Schach-Weltreise sei diese interaktive Weltkarte empfohlen:
http://history.chess.free.fr/variety.htm !!!
Kiebitz
Bildnachweis:
Schach: EurivisionNim
Makruk: B20180
Shogi: Andre Engels
Xiangqi: Endrjuch
PlayOK:
http://en.wikipedia.org/wiki/Chess#/media/File:Large_chess_set.JPG (2014)
http://en.wikipedia.org/wiki/Makruk#/media/File:Makruk_Thai_1.JPG (2012)
http://de.wikipedia.org/wiki/Sh%C5%8Dgi#/media/File:Shogi.jpg (2004)
http://en.wikipedia.org/wiki/Xiangqi#/media/File:Xiangqi-Chinese-chess.jpg (2010)
http://www.playok.com/en/