20. August 2015 Im Blickpunkt Stand der US-Kubapolitik und Auswirkungen von Dr. Thomas Zielke und Dr. Christoph Schemionek Die USA haben am Freitag, den 14. August 2015, dem Helm s-Burton Act. Im Wesentlichen sehen die ihre Botschaft in Havanna formell wiedereröffnet. Gesetze vor, das Embargo so lange aufrechtzuer- Damit sind hohe Erwartungen der amerikanischen halten, bis Kuba freie und faire Wahlen abhält und Politik, der Exilkubaner und auch der kubanischen die dann demokratisch gewählte Regierung durch Bevölkerung verbunden. Kubanische Dissidenten keinen der Castros vertreten sein wird. Raul Cast- zeigten sich enttäuscht über eine ihrer Auffassung ro kündigte an, bis 2018 im Amt zu bleiben. nach unangemessene Nicht-Berücksichtigung ihrer Vertreter. Die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen bedeutet noch keine Normalisierung des Verhältnisses beider Staaten. Weite und wichtige Teile des Embargos bleiben nach wie vor in Kraft und müssen in den USA durch Gesetz aufgehoben werden. Es ist damit zu rechnen, dass entsprechende Kompromisse im US-Kongress mit dem geplanten Nuklear-Agreement mit Iran verbunden werden und/oder Gegenstand des Wahlkampfes in den USA werden könnten. Dies kann in beiden Fällen eine Lösung erheblich verzögern. Entwicklung der Sanktionen Die Beziehungen zwischen den USA und Kuba waren bis vor wenigen Wochen weiterhin dadurch belastet, dass die USA seit 1982 Kuba als Terror finanzierenden und unterstützenden Staat auflisteten, insbesondere wegen der Unterstützung der ETA und FARC (Kolumbien). Seit dem 14. April lief eine 45 Tage-Frist, in der der Kongress gegen die Entfernung von der Liste Einspruch einlegen konnte. Da dies nicht erfolgt ist, könnten demnächst auch Bankgeschäfte erleichtert möglich werden, falls seinerseits Kuba sie zulässt. Der LIBERTAD Act knüpft die Aufhebung von Sanktionen an die Erfüllung von 5913 Rückgabe- Das Embargo basiert auf den unter der Kennedy forderungen enteigneter Firmen im Wert von rund Administration 1961/62 initiierten Vorgaben, Kuba 7 Milliarden US$ nach heutiger Schätzung. wirtschaftlich und diplomatisch zu isolieren. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR, die Kuba wäh- Die Stimmen der Opposition in Kuba rend des Kalten Krieges subventionierte, erneuer- Kubanische Gegner der Botschafts- (Wieder-) ten und verstärkten die USA ihr Handelsembargo Eröffnung in Havanna, wie die Cuban Patrio tic 1992 mit dem Cuba De m o cracy Act und 1996 mit Union (UNPACU), zählten Anfang des Jahres rund Im Blickpunkt Seite 2 180 politische Festnahmen im Monat, die Haftdauer Reiseerleichterungen für US-Bürger, insbesondere habe sich aber verkürzt. Es gab allerdings größere für Regierungsangehörige, Kirchen- und Bildungs- Freilassungsaktionen von politischen Gefangenen in gruppen, Mitarbeiter humanitärer, demokratieför- den Jahren 2013 und 2014. Internet und Mobiltelefon- dernder und von Entwicklungshilfe-Projekten. nutzung seien aus Kapazitätsgründen und tatsächlich (Reisegenehmigungen für den reinen Tourismus beschränkt. Die kirchennahe Organisation Cuba Po - werden auch weiterhin nicht ausgestellt). sible hält weiterhin beschränkte Dialoge mit der Regierung über Wirtschafts- und Verfassungsreformen ab. Andere Organisationen wie State o f SATS, gegründet Reisenden ist es ab sofort gestattet, US-Kredit- und Scheckkarten in Kuba zu nutzen. Reiseanbieter und Fluggesellschaften dürfen ge- von zurückgekehrten Exilkubanern, kritisieren, dass nehmigte Reisen und Verbindungen nach Kuba die US-Regierung und Kuba niemanden von der Op- anbieten, ohne die bisher notwendig gewesene position über die vorangegangenen Gespräche infor- Sondererlaubnis des Offi ce o f Fo reign Assets Co n- miert habe. Die USA nähmen die Opposition gar nicht zur Kenntnis, so äußerten sich die Gruppen gegenüber amerikanischen Medien wie der Zeitung trol (OFAC). Möglichkeit, Reiseversicherungen für Kuba abzuschließen. US-Bürger, die eine Reisegenehmigung nach Kuba Washington Post. Kuba hat dagegen im April 2015 am 7.Gipfeltreffen der 35 Staaten Amerikas teilgenommen, und erstmals seit 59 Jahren haben sich die aktuellen Präsidenten beider Länder getroffen. erhalten haben, dürfen Güter im Wert von bis zu 400 US$ aus Kuba in die USA einführen. Der Gesamtwert der importierten Tabak- und Alkoholprodukte darf allerdings 100 US$ nicht überschreiten. Welche Sanktionen wurden aufgehoben bzw. er- Allgemein sollen die Telekommunikationsverbindungen (Telefon und Internet) zwischen den USA leichtert ? Die Hoffnungen auf bessere Beziehungen zwischen beiden Nationen erlitten 2009 mit der Verhaftung des US-amerikanischen Entwicklungshelfers, Alan Gross, in Havanna einen Rückschlag. Mit Hilfe des Vatikans als Mediator und mit der Einigung, Häftlinge auszutauschen, gab es seit 2014 erneut deutliche Anzeichen der Annäherung. Gross ist zwischenzeitlich frei. Am 17. Dezember 2014 veröffentlichte das Weiße Haus eine Liste geplanter Sanktionserleichterungen, die von Präsident Obama in seiner Rede zur Lage der und Kuba sowie in Kuba ausgebaut und verbessert werden. US-Firmen dürfen nun am Ausbau partizipieren. Der kommerzielle Verkauf sowie Spenden von Mobiltelefonen, PCs und anderen Kommunikationsgeräten an kubanische Bürger ist gestattet. Finanztransaktionen sind gestattet, und USFinanzdienstleister dürfen hierfür mit kubanischen Banken kooperieren und Netzwerke aufbauen. Der Höchstbetrag der vierteljährlichen Rücküber- Nation am 20. Januar 2015 bekräftigt wurden. Die weisungen (rem ittances) an kubanische Bürger Aufsicht über die gelockerten US-Sanktionen fällt in (ausgenommen sind kubanische Regierungsange- den Zuständigkeitsbereich des U.S. Dep artm ent o f hörige sowie Angehörige der kommunistischen the Treasury sowie des U.S. Department of Commerce. Die Partei) werden von 500 auf 2.000 US$ aufgestockt. Änderungen gelten seit dem 16. Januar 2015. Bereits Reisende nach Kuba dürfen bis zu 10.000 US$ für 2009 lockerte Obama einige der von seinem Vorgän- Familienangehörige oder religiöse/humanitäre ger George W. Bush eingeführten Restriktionen. Unter die Lockerungen der Obama Administration fallen: Einrichtungen einführen. Projekte zur Förderung von Kleinunternehmen sind gestattet. A Publication of The Representative of German Industry and Trade Washington, DC Im Blickpunkt Seite 3 Der Import von Produkten kubanischer Kleinunternehmen ist teilweise gestattet. Im Allgemeinen gilt, dass Reisen nach und Aktivitäten in Kuba von US-amerikanischer Seite gestattet sind, wenn sie in Kuba die Eigenständigkeit der kubanischen Bevölkerung sowie Demokratiebemühungen fördern. Entspannung, was einen signifikanten Umschwung bedeutet. Derzeit sind mindestens sechs Gesetzentwürfe im Repräsentantenhaus eingebracht, die zum Ziel haben, die Sanktionen teilweise oder ganz aufzuheben, oder nur die Reisebeschränkungen oder Exportbeschränkungen aufzuheben oder Kombinationen daraus zu- Welche Sanktionen können nicht erleichtert wer- zulassen. Mit einer Verabschiedung ist vor der Präsi- den? - Die Lage im Kongress dentschaftswahl im November 2016 wegen der Mehr- Alle Sanktionen, die durch Gesetz eingeführt wurden, müssen auch wieder durch Gesetz, also mit der Zustimmung des Kongresses, aufgehoben werden. Wich- heitsverhältnisse und der Kandidatenkür der Republikaner (z.B. wegen Ted Cruz oder Marco Rubio) nicht zu rechnen. tig sind Trad e Mark Sanctio ns, wie der Fall des Unter- Gegenwärtiger Stand der Wirtschaftsbeziehungen nehmens Perno d -Ricard zeigt, das die (verstaatlichte) USA/Kuba und Aussichten Marke Havana Club von Kuba gekauft hatte. Bacard i Ltd./Bermuda macht geltend, weiter Markeninhaber zu sein. Abschnitt 211 der 1998 Fiscal Year 1999 Om nibus Bill verhindert die Annahme von Lizenzgebühren des Patent- und Markenamtes durch Kubaner, z.B. bei Anträgen auf Eintragung von Marken durch kubanische Staatsfirmen. Die EU griff dies bei der WTO an, bisher ungelöst. Befürworter der Aufhebung machen geltend, dass, wenn Marken durch Kuba an Dritte verkauft werden, über 5.000 Marken, bei denen rund 500 US-Unternehmen Eigentumsrechte geltend machen, gefährdet seien. Andere wollen die Vorschrift auf alle Dritte (also auch Erwerber) ausdehnen. Generell hat es nicht immer nur Verschärfungen der Sanktionen gegeben. So galten zwischen 1977 und 1982 laut dem Co ngressio nal Research Service gar keine Reisebeschränkungen. BIP Kuba 2012: 63,8 Milliarden US$ realer Zuwachs 3,1% Arbeitslosigkeit 2012: 3,8% Außenhandel: Import: 14,5 Mrd. US$ Güter: v.a. Brennstoffe, Schmierstoffe, Maschinen, Fahrzeuge, Nahrungsmittel, Pharmazie Länder: v.a. Venezuela, VR China, Spanien, Brasilien, Kanada, Mexiko, USA (5 Mrd. US$ seit 2001 aus USA) Export: 6 Mrd. US$, davon 712 Mio. nach USA (2008), danach wieder fallend. Grund hauptsächlich Devisenmangel und kein Zugang zu Programmen der US Export-Import Bank Verschiedene Umfragen zeigen, dass 2014 mehr als 50 Prozent der US Bürger allgemein und mehr als 60 Prozent der in Florida ansässigen Einwohner die Entspannung gut heißen. Im Januar 2015 erreichte der Wert über 60 Prozent US-weit. Unter den sogenannten Cuban Am ericans (Nachkommen der Flüchtlinge) Güter: v.a. Erze, medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse, Zucker, Tabakprodukte Länder: v.a. Venezuela, VR China, Kanada, Niederlande, Spanien Tourismus (2013): 2,6 Mrd. US$ Einnahmen; 2,9 Mio. internationale Ankünfte waren 48 Prozent dagegen und 44 Prozent für eine A Publication of The Representative of German Industry and Trade Washington, DC Im Blickpunkt Seite 4 Die USA sind seit 2007 trotz allem der fünftgrößte bank BNDES 802 Mio. der 957 Mio. US$ Gesamtkos- Handelspartner Kubas. Dies geht im Wesentlichen auf ten für den Bau des Containerhafens von Mariel. Wei- eine Entscheidung der Bush-Administration im Jahr tere 290 Mio. US$ stellte Brasilien für die benachbarte 2003 zurück, den US-Export von landwirtschaftlichen Entwicklungszone in Aussicht. Produkten nach Kuba wieder zu erlauben. USUnternehmen aus den Sektoren Landwirtschaft und Telekommunikation werden von einem erweiterten Handel mit Kuba die größten Geschäftsmöglichkeiten erwarten dürfen. Wichtige Deviseneinnahmen brachte die Entsendung kubanischer Ärzte ins Ausland. Zwischen August 2013 und März 2014 entsandte Kuba rund 7.400 Ärzte nach Brasilien. Nach Regierungsangaben waren rund 40.000 Ärzte und medizinisches Fachpersonal im Aus- Das Wirtschaftswachstum blieb 2013 nach Regie- land tätig, davon zirka 30.000 in Venezuela. Sie sollen rungsangaben mit 2,7% unter der Zielsetzung von geschätzte 6 Mrd. US$ an Devisen ins Land bringen. 3,6%. Die Wachstumsprognose für 2014 fiel mit 2,2% (Fischer Weltalmanach 2015) noch geringer aus. Kuba ist auf Druck der USA von zinsgünstigen Krediten des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank ausgeschlossen. Dagegen fließen venezolanische, chinesische und brasilianische Investitionen in Infrastrukturprojekte. So übernahm die staatliche brasilianische Entwicklungs- Abschließend sieht die U.S. Internatio nal Trad e Co m mission die Steigerung des Tourismus als Grund für weiteres Potential beim Import von hochwertigen Lebensmitteln durch Kuba, zum Beispiel für Ferienresorts und deren hohe Ansprüche an Lebensmittel, die derzeit in Kuba nicht verfügbar sind. A Publication of The Representative of German Industry and Trade Washington, DC
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