WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba -1

WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Inhaltsverzeichnis
Zum Geleit
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Landvorstellung
Landkarte
Kuba im Überblick
A Pesar de Todo – trotz alledem!
Zur Gleichstellung der Geschlechter
Mujeres en transito – Frauen im Übergang
Geschichte des WGT auf Kuba
Faltvorlage Butterfly-Jasmin
Rezepte
Liturgie
Bibelarbeiten
Predigtimpulse
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22 und 32
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Projektarbeit
Projektkooperation DACH
Interview mit der Leiterin des BCC, Dr.in Sandra Patterson
WGT Projekte 2016
Projektbericht
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WGT in Österreich
Rückblick WGT 2015/Finanzen
Aus dem Vorstand
Vorstellung
Pressetext
Kollektenbestätigung
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Der Weltgebetstag 2017 kommt aus den Philippinen.
Thema:
„Am I Being Unfair to You?“
Der deutsche Titel wird im Sommer 2016 bekannt gegeben.
Medieninhaberin und Herausgeberin: WELTGEBETSTAG DER FRAUEN – Ökumenisches Nationalkomitee Österreich,
Währingerstrasse 2-4/2/22, A – 1090 Wien, Tel. + Fax: 01/406 78 70 – Email: [email protected] – www.weltgebetstag.at
Bankverbindung: ERSTE Bank, IBAN: AT73 2011 1822 5964 1200, BIC: GIBAATWW
Layout: Maria Schachamayr; Druck: Buch- und Offsetdruck; Janetschek
DIESES ARBEITSHEFT IST NUR FÜR DEN INTERNEN KIRCHLICHEN GEBRAUCH VORGESEHEN
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Editorial
Zum Geleit
Es erwartetet Sie wieder eine spannende
Ausgabe unsere
Arbeitsheftes.
WELTGEBETSTAG 4. März 2016
Frauen
aus
Kuba
laden
ein
Nehmt Kinder auf und ihr nehmt mich auf
Die besondere Aktualität dieser Bibelstelle aus Mk.10, 13-16 konnte
wahrlich niemand vorausahnen, als diese für den Weltgebetstag 2016
beschlossen wurde!
Welchen Bezug hat sie zu uns, zu jedem einzelnen von uns, wie
gehen wir persönlich damit um. Weltweit ist Umbruch angesagt,
weltweit sind wir gefordert umzudenken… Kuba ist ein Beispiel, die
örtlichen Projekte werden von uns gezielt unterstützt…. und nicht nur
durch die Kollekte am Weltgebetstag!
Die Problematik in Kuba stellt sich in vielen Ländern: die
Veränderung der gesellschaftlichen Struktur, die damit verbundene
Geschlechterfrage, aber auch das Generationenproblem mit all
seinen Auswirkungen.
Der WGT hat auch diesmal die Chance, Zeichen zu setzen.
Gemeinsam kann es möglich sein, der weltumfassenden Unsicherheit
entgegenzuwirken. Nicht durch spektakuläre Vorhaben, sondern
durch beispielhaftes Miteinander im Sinne von Markus:
Nehmt Kinder auf und ihr nehmt mich auf!
Eine Aufforderung, offen zu sein, durch gelebte Toleranz
beispielgebend in die Zukunft zu schauen, zu helfen, wo andere
versagen und versuchen, eigene Grenzen zu sprengen.
Wir haben den Überblick über Kuba um
einige Themenbereiche
und Informationen
erweitert und zur Geschichte des Landes
und zur Chancengleichheit von Frauen
in Kuba Expertinnen
und Experten eingeladen, einen tieferen
Einblick zu vermitteln.
In der Bibelarbeit zum
„Kinderevangelium“
arbeitet die Theologin
den gesellschaftskritischen Tenor heraus, am Ende des
zweiten Textes werden
wir gefragt, wozu uns
die Vision des Jesaja
motiviert und der dritte
Text lädt ein, mit leeren
Händen und offenen
Herzen die Gegenwart
Gottes zu erwarten.
Der WGT ist immer in
Bewegung. In der
Projektarbeit haben die
Frauen konnten schon immer vieles bewegen, warum soll es
Komitees von Deutschuns diesmal nicht gelingen?
land, Österreich und
der Schweiz zu DACH
Eva Lochmann zusammengefunden,
Stellvertretende Vorsitzende
um Projekte im
Schwerpunktland gemeinsam zu unterstützen.
M. Schachamayr
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
LANDVORSTELLUNG KUBA
Flagge und Wappen:
Nationalsymbole: Palme und White Butterfly Jasmin
Landkarte:
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Kuba im Überblick
Ländername:
Republik Kuba (República Kuba)
Staatsform:
Sozialistische Republik, Einparteienherrschaft der Kommunistischen Partei
Kubas
Staatsoberhaupt:
Raúl Castro Ruz; Präsident des Staats- und Ministerrats sowie Erster
Sekretär der Kommunistischen Partei Kubas
Regierungschef:
Raúl Castro Ruz (Bei den Wahlen 2018 wird möglicherweise die Ära der
historischen Revolutionsführer zu Ende gehen.)
Parlament:
Nur eine Kammer – Nationalversammlung der Volksmacht; 614 Sitze; tagt
nur 2 Mal jährlich für 2 bis 3 Tage
Verwaltung:
Zentralistisch; 15 Provinzen sowie ein Gebiet mit Sonderstatus „Isla de la
Juventud“
Hauptstadt:
Havanna (La Habana); 2,2 Mio Einwohner
Landessprache:
Spanisch
Nationalfeiertag:
26. Juli (Tag des Anschlags auf die Moncada-Kaserne 1953)
1. Jänner (Jahrestag der Revolution 1959, Tag der Befreiung)
Der Begriff „Kubanische Revolution“ bezeichnet dreierlei:
Erstens versteht man darunter das historische Ereignis des Sturzes des
Kubanischen Diktators Fulgencio Batista durch die von Fidel Castros
Organisation „Bewegung des 26. Juli“ angeführte Widerstandsbewegung.
Das erklärte Ziel war die Wiederherstellung der seit 1952 teilweise außer
Kraft gesetzten Verfassung von 1940. Der bewaffnete Kampf wurde von
den städtischen Untergrundaktivisten und der vom Bergland aus
operierenden Guerillaarmee geführt und endete mit der Flucht Batistas am
1. Jänner 1959.
Zweitens wird darunter auch der Umbau von Staat, Wirtschaft und
Gesellschaft im Sinne der marxistisch-leninistischen Ideologie verstanden.
Drittens gilt der Begriff auch als Festschreibung der marxistischleninistischen Politik und des Führungsanspruches der Kommunistischen
Partei Kubas.
Unabhängigkeit:
1902 die formale Unabhängigkeit, nach dem Ende des SpanischAmerikanischen Krieges und folgende Besetzung durch die USA.
Klima:
Tropisch-feuchtheißes Meeresklima; Regenzeit Mai – Oktober;
durchschnittliche Luftfeuchtigkeit 80-90%; Durchschnittstemperatur von
25,5°C. Die geographische Lage und die längliche Form begünstigen den
Durchzug von Wirbelstürmen.
Lage:
Kuba ist ein Inselstaat in der Karibik und gehört zu den großen Antillen. Er
grenzt im Nordwesten an den Golf von Mexiko, im Norden an den
Atlantischen Ozean und im Süden an das Karibische Meer. Kuba besteht
aus der gleichnamigen Hauptinsel, der Isla de la Juventud und rund 4195
kleineren und kleinsten Inseln.
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Das Oberflächenbild von Kubas Hauptinsel wird von ausgedehnten
Tiefebenen, abgesehen von vier größeren Gebirgszügen, geprägt.
Dreiviertel des Territoriums sind Ebenen mit Höhenlagen zwischen
0 und 100 Metern. Der höchste Berg, der 1.974 m hohe Pico Turquino,
befindet sich im Osten Kubas in der Sierra Maestra. Weite Bereiche der
Nordküste sind felsige Steilküsten, während die Südküste eher flach ist, in
deren Verlauf sich die Sandstrände erstrecken.
Die Insel Isla de Juventud besitzt an ihren Küsten ausgeprägte Strandabschnitte, die aufgrund vulkanischen Ursprungs teilweise aus schwarzem
Sand bestehen.
Größe:
110.860 km2, Hauptinsel ist über 1200 km lang und zwischen 30 und
190 km breit.
Bevölkerung:
11,4 Mio Einwohner; rund 64,1% „Weiße“, 26,6% Mestizen, sowie 9,3%
„Schwarze“. Diese Angaben sind umstritten, da viele dunkelhäutige
Kubaner/innen bei Volkszählungen Wert darauf legen, zu den „Weißen“
gerechnet zu werden.
Ursprüngliche Bevölkerung (ca. 100.000 Menschen vor Ankunft der
spanischen Eroberer) wurde fast völlig ausgerottet. Ab 1762 reger
Sklavenhandel. In 100 Jahren wurden mehr als 750.000 Sklaven aus
Westafrika nach Kuba gebracht.
Lebensstandard: Durchschnittlich gibt eine kubanische Familie 70 - 90%
ihres Einkommens für Lebensmittel aus. Monatseinkommen (2011) rund
455 Pesos (rund 19 US$); Mindestrente rund 150 Pesos. Dazuverdient
wird im informellen Sektor bzw. durch Dollar-Überweisungen von
Verwandten aus dem Ausland.
Es existiert eine Art Bezugsscheinsystem, Libreta genannt, das den
rationierten Bezug von subventionierten Waren, hauptsächlich
Lebensmitteln, erlaubt. Diese reichen jedoch nur für ca. 2 Wochen. Der
Rest des täglichen Bedarfs muss auf dem freien Markt oder in
Devisenläden gekauft werden.
Menschenrechte:
Die Lage ist schwer einzuschätzen. Unabhängige NGOs dürfen seit 25
Jahren nicht mehr einreisen. Das Recht auf Meinungsfreiheit oder die
Versammlungsfreiheit bestehen nicht. Wer Kritik am politischen System
übt, muss mit massiven Repressionen rechnen.
Bildung:
In Kuba ist die Bildung kostenlos; es besteht eine 9-jährige Schulpflicht.
Einschulungsquote liegt bei 100%. Auch das Studium ist kostenlos,
allerdings müssen alle Studierenden nach ihrem Abschluss einen
dreijährigen Sozialdienst leisten. In den letzten Jahren herrscht jedoch ein
immer akuter werdender Lehrermangel, weil diese (wie auch Ärzte bzw.
andere Hochqualifizierte) lieber im Tourismus arbeiten, weil allein das
Trinkgeld ein Vielfaches eines kubanischen Gehalts beträgt. Zunehmend
wirkt sich das negativ auf die Qualität des Unterrichts aus.
Gesundheit:
Kubas Gesundheitssystem zeichnet sich durch eine gute Vorsorge aus.
Der kubanische Staat garantiert allen eine medizinische Versorgung und
die Behandlung ist für KubanerInnen grundsätzlich kostenlos. Die
Säuglingssterblichkeit ist eine der niedrigsten auf dem amerikanischen
Kontinent. Kuba hat eine hohe Ärztedichte. Es kommt in den Kliniken
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
trotzdem zu längeren Wartezeiten, weil etwa 40.000 Ärzte im Ausland
arbeiten und dem Staat damit Millionen an Devisen bringen.
Frauen:
Seit der Revolution den Männern gleichgestellt; im realen Alltag ist vom
Familiengesetz (1974), das die gleichmäßige Beteiligung von Männern
und Frauen an der Erziehungs- und Hausarbeit vorschreibt, eher weniger
zu spüren. Frauen haben gleichberechtigten Zugang zu Bildung; ihr Anteil
an Hochschulabsolventen beträgt 62%, bei technischer Berufsausbildung
43% und 53% des Lehrpersonals an Hochschulen sind Frauen (Daten
2005).
Kultur:
Museo Nacional de Bellas Artes in Havanna ist das bedeutendste
Kunstmuseum Kubas, gegründet 1913. Anziehungspunkt ist die
Sammlung europäischer Malerei.
Die kubanische Musik hat ihre Wurzeln in Spanien und Westafrika. Der
Zwang zum Synkretismus der afrikanischen Religionen mit dem röm.-kath.
Christentum führte zum Entstehen der Santeria. Diese beeinflusste mit
ihrer religiös motivierten Betonung der Schlaginstrumente (Bongó,
Maracas, Claves) die kubanische Musik.
Wirtschaft:
3,61% Landwirtschaft, 21,74% Industrie, 74,65% Dienstleistung;
In der Landwirtschaft ist der Zucker noch immer das wichtigste Exportgut,
gefolgt vom Tabak. Der Nahrungsmittelbedarf der eigenen Bevölkerung
kann nicht gedeckt werden, bedingt auch durch vermehrt auftretende
Hurrikane und Dürreperioden.
Tourismus hat eine Spitzenstellung in der Wirtschaft bekommen und ist
wichtigste Einnahmequelle für Devisen.
Nickelproduktion gewinnt an Bedeutung aufgrund der derzeit hohen
Stahlpreise. Folgende Rohstoffe werden in kleineren Mengen abgebaut:
Chrom, Kobalt, Kupfer, Eisen, Mangan, Gold.
Währung:
Duales Währungssystem; Kubanischer Peso (CUP und Konvertibler Peso
(CUC); 1 CUC = 25 CUP = 1 US$
Religionen:
Mehrheit der Bevölkerung offiziell ohne Religionszugehörigkeit. Der
Großteil ist röm.-kath., die nächst größere Gruppe ist protestantisch, ein
kleiner Teil jüdisch, muslimisch oder Mitglied einer Pfingstkirche. Daneben
gibt es noch die afrokubanische Naturreligion „Santeria“, mit zahlreichen
Anhängern auch unter der christlichen Bevölkerung.
Die Rolle der Kirchen:
Nach der Revolution 1959 herrschte ein jahrzehntelanges von Enteignung
und Unterdrückung belastetes Verhältnis zwischen Staat und Kirchen. Erst
1992 wurde Kuba im Rahmen einer Verfassungsreform zum Laizistischen
Staat deklariert, in dem die Religionsfreiheit garantiert wird. 1996 gab es
den ersten interreligiösen Dialog in Kuba zwischen Katholiken,
Protestanten und afrokubanischen Religionen. Für die Kirchen öffneten
sich immer mehr Spielräume für soziale Aufgaben. Auf protestantischer
Seite entstanden neben dem Kubanischen Kirchenrat verschiedene
christliche Zentren. Die kath. Kirche wurde zur Vermittlerin und Gestalterin
im Dialog zwischen Regierung und Opposition und spielte eine wichtige
Rolle bei der Annäherung zwischen Kuba und USA.
Quellen: Auswärtiges Amt/Deutschland/wikipedia
WDP-Komitee-Kuba
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
A Pesar de Todo – trotz alledem!
Die Geschichte und Gesellschaft Kubas ist in den letzten 200 Jahren von zwei
Faktoren entscheidend geprägt worden: sozio-ökonomisch vom Zucker und politisch
vom Verhältnis zu den USA.
Kuba war bis ins letzte Drittel des 18. Jahrhunderts eine „klassische karibische Subsistenzund Schmuggelkolonie“ (Michael Zeuske), die von nicht mehr als 300 Familien beherrscht
wurde. Die ursprüngliche indigene Bevölkerung, die bei der Ankunft von Columbus 1492 auf
der Insel etwa 100.000 Menschen betragen hat, war durch grausame Verfolgung, Versklavung und systematische Vernichtung sowie durch eingeschleppte Krankheiten bereits
um 1550 auf 2.000 geschrumpft. Die spanischen Kolonisatoren gründeten in rascher Folge
eine Reihe von Städten, wobei vor allem Havanna als gut beschützter Sammelhafen für die
spanische Handelsflotte von strategischer Bedeutung war. Die Plantagenökonomie blieb
nicht zuletzt aufgrund der geringen Einfuhr afrikanischer Sklaven unbedeutend, die wichtigsten Agrarsektoren waren bis 1760 die Viehwirtschaft und der Obst- und Gemüseanbau.
Selbst die Tabakproduktion stand trotz der Protektion durch die spanische Krone auf einem
niedrigen Niveau; Kaffee und Zucker spielten im karibischen Ensemble so gut wie keine
Rolle. Kuba erzeugte um 1760 etwa 5.000 Tonnen Zucker, ein Fünftel der Menge Jamaicas.
Dies sollte sich in der prosperidad británica, die nach der britischen Besetzung Havannas
1762 einsetzte, schlagartig ändern. Die Briten öffneten Havanna dem freien Handel und
erschlossen damit vor allem den Markt seiner nordamerikanischen Kolonien. Allein im Jahr
der Besetzung liefen über 100 Schiffe in den Hafen ein, während es davor nur durchschnittlich 15 pro Jahr waren.
Die Liberalisierung des Handels hatte zur Folge, dass ab 1776 der direkte Handel mit den
USA, die der wichtigste Abnehmer der kubanischen Plantagenprodukte und der wichtigste
Lieferant für Grundnahrungsmittel, für Pferde, Holz- und Eisenwaren werden sollte, erlaubt
war. 1789 war allen Nationen der Handel Kubas mit Sklaven freigegeben. Havanna wurde
die größte Hafenstadt der Neuen Welt und lag mit ihren 50.000 Einwohnern an dritter Stelle
hinter Mexiko Stadt und Lima.
In der Zeit um 1800 waren in Kuba die Rahmenbedingungen für eine prosperierende
Plantagenwirtschaft geradezu ideal: Fruchtbares Land war zur Genüge vorhanden, und ohne
Handelsbeschränkungen war der Zugang zu Kapital und der ungehinderte Zugriff auf
Arbeitskräfte über den internationalen Sklavenhandel gewährleistet. Zwar wurde Spanien
schließlich durch England gezwungen, den Sklavenhandel abzuschaffen, doch genügten
fünfzig Jahre, um eine enorme Zahl an Sklaven zu importieren. Zwischen 1774 und 1824
versechsfachte sich die Zahl der Sklaven von 45.000 auf 285.000. Um 1841 gab es bei einer
Einwohnerzahl von 1 Million bereits mehr Menschen afrikanischer als europäischer Herkunft.
In der Zeit von 1846 bis 1867, als überall in der Karibik - außer in Kuba - die Sklaverei abgeschafft war, wurde nochmals die stattliche Zahl von 169.000 Sklaven nach Kuba
geschmuggelt. Trotz der Intensivierung des Plantagensystems wies die spanisch-karibische
Gesellschaft nie eine so starke Segmentierung auf, wie etwa die britisch-karibische. Sklaven
wurden zwar vorwiegend, aber nicht nur auf Plantagen eingesetzt; die soziale und
„rassische“ Durchlässigkeit zwischen den Bevölkerungssegmenten war höher und die
Gruppe der freien Farbigen war wesentlich größer als anderswo. Außerdem nahm auch die
europäische Bevölkerung durch stetige Zuwanderung zu, sodass es weiterhin eine nicht
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
unbeträchtliche Zahl an Bauern europäischer Herkunft, die in traditionellen
landwirtschaftlichen Sektoren und im Tabakanbau beschäftigt war, gegeben hat.
Durch den Ausfall der Zucker- und Kaffeekonkurrenz Haitis war der Absatz zu Beginn des
19. Jahrhunderts gesichert. Viele Pflanzer aus der ehemaligen französischen Kolonie
St. Domingue zogen nach der Sklavenrevolution nach Kuba weiter und beteiligten sich
tatkräftig an der Expansion der Zucker- und Kaffeewirtschaft. Die jährliche Zuckerproduktion
verzehnfachte sich von 1760 bis 1820 auf über 55.000 Tonnen. Die Kaffeeproduktion stieg
zwischen 1791 und 1820 von 180 t auf über 10.000 t im Jahr.
Ab 1820 fraß sich der Zucker, ausgehend von Havanna und der Provinz Matanzas,
unaufhaltsam durch die fruchtbarsten Gebiete der Insel. Zunächst ging der Anstieg der
Zuckerplantagen zu Lasten des Kaffeeanbaus. Von den mehr als 2.100 Kaffeeplantagen in
den 1830er Jahren blieben 50 Jahre später nur noch 200 übrig. Allein der Tabak konnte dem
Zucker widerstehen und konnte von 1830 bis 1860 seinen Anteil am gesamten Ernteertrag
der Insel von 1,4% auf 15% steigern. Die Steigerungsraten der Zuckerproduktion waren trotz
zahlreicher Sklavenaufstände exorbitant: Von 1820 bis 1840 hatte sich der Ausstoß auf
192.000 Tonnen verdreifacht und machte bereits mehr als der französische und britische
zusammen aus. In den 1870er Jahren wurde erstmals die Marke von 600.000 t überschritten
und im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhundert erreichte die Zuckerproduktion die
durchschnittliche Jahresmenge von 1,65 Mio Tonnen. Dies machte nicht nur der intensive
Einsatz afrikanischer Sklaven (1868: 365.000) möglich, sondern auch die organisatorischtechnischen Veränderungen im Zeitalter der Industrialisierung. Um 1860 waren bereits 70%
der Zuckermühlen mit Dampfmaschinen ausgestattet; eine der ersten Bahnlinien SpanischAmerikas verkehrte ab 1837/39 zwischen Havanna und Matanzas. Die kleinen fincas, die mit
wenig Land und einigen wenigen Sklavenarbeitern ausgekommen waren, hatten den
riesigen, zumeist äußerst kapitalintensiven agroindustriellen ingenios centrales Platz machen
müssen. Die Zahl der Plantagen ging zwar gegen Ende des Jahrhunderts zurück, der
durchschnittliche Ausstoß der Mühlen verzehnfachte sich jedoch. Die industrialisierte
Plantagen-ökonomie hatte aber den Nachteil, dass gegen Ende des Jahrhunderts immer
mehr ausländisches Kapital in die Mühlen investiert werden musste. Die Mehrzahl der
Investitionen kam aus den USA, wohin auch der Großteil der Agrarexporte Kubas ging. Es ist
deshalb nicht verwunderlich, dass es immer wieder sowohl von kubanischer wie von USamerikanischer Seite Überlegungen gab, sich als Bundesstaat den USA anzuschließen.
Die Zuckerevolution zerstörte nicht nur einen erheblichen Teil der natürlichen Ressourcen
des Landes, sondern schuf auch eine extrem einseitige Volkswirtschaft, die lebenswichtige
Grundnahrungsmittel und Grundstoffe des täglichen Bedarfs ständig importieren musste und
eine zunehmend ungleiche Verteilung des Reichtums produzierte. Darin liegen auch die
sozialen Ursachen des ersten großen Unabhängigkeitskriegs von 1868-1878, der schließlich
die Abschaffung der Sklaverei im Jahr 1886 zur Folge hatte, und des
Unabhängigkeitskrieges von 1895-1898, der den Beginn des US-amerikanischen
Interventionismus in der Karibik markierte. Die politischen Ursachen des beinahe permanent
geführten Guerillakrieges gegen die spanische Krone, die Kuba unbedingt als letzte wichtige
Kolonie erhalten wollte, lagen darin, dass Spanien jeder Reform- und Autonomiebestrebung
der kubanischen Elite mit vehementer Ablehnung gegenüberstand. Die Initiatoren der
Unabhängigkeitsbewegung wie der Pflanzer Carlos Manuel de Céspedes, die militärischen
Führer wie Antonio Maceo und vor allem die Gallionsfigur der ersten revolutionären
Bewegung, José Martí, werden auch heute noch im Kuba Castros als Helden verehrt.
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Aber noch kurz zurück zum Zucker, der auch weiterhin das politische Schicksal der Insel
bestimmte: Kubas Wirtschaft blieb das gesamte 20. Jahrhundert hindurch extrem von den
Exporterlösen aus der Zuckerproduktion abhängig. Wie enorm die Kapazitäten gewachsen
waren, mag das Beispiel der gran zafra, die Fidel Castro 1969/70 verkündet hat,
veranschaulichen: Erstmals sollte die Jahresernte die magische Marke von 10 Millionen
Tonnen überschreiten. Auch der tatsächliche Ertrag der gran zafra von 8,35 Mio Tonnen war
immerhin das Fünffache des Ertrags zu Beginn des Jahrhunderts. Damit war die
Zuckerproduktion an eine ökonomische und ökologische Grenze gelangt, die politisch ihre
schmerzhafte Wirkung durch den Wegfall der sowjetischen Abnahmegarantien zu gestützten
Preisen nach 1990 zeigte. Die Produktion sank auf etwa 3 Mio Tonnen um 1995, die
aufgrund des US-Embargos kaum auf dem Weltmarkt gehandelt werden konnte, sodass
auch das Importvolumen auf ein Fünftel des Wertes vor der „Wende“ schrumpfte. Kubas
Bevölkerung durchlebte im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts seine schlimmste
ökonomische Krise, an der vor allem die Regierungen der USA seit der Revolution von 1959
einen nicht unbeträchtlichen Anteil hatte.
Ökonomisch waren die USA bereits im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts die dominierende
Macht in Kuba, mit der Verfassung von 1902 wurde im sogenannten Platt-Amendment auch
noch festgeschrieben, dass die USA jederzeit das Recht auf ein militärisches Eingreifen
hatte, wenn sie ihre Interessen bedroht sahen. In den ersten zwei Jahrzehnten machten sie
auch ausgiebig davon Gebrauch, sodass das Kuba dieser Epoche zu Recht als „SchattenRepublik“ bezeichnet werden kann. In der Zeit der grausamen Diktatur des Generals
Machado hatten die USA ab 1925 einen zuverlässigen Statthalter, der allerdings von einer
breiten Volksbewegung im August 1933 gestürzt wurde. Bereits ein Monat später war es mit
dem kurzen demokratischen Intermezzo vorbei: der „Aufstand der Unteroffiziere“ unter der
Führung des Sergeanten Fulgencio Batista brachte Kuba wieder auf autoritären Kurs. Seit
diesen Tagen bestimmte der selbsternannte „Führer der Revolution“ Batista, der sich zum
Oberbefehlshaber der Armee machte, das politische Leben auf der Insel. Im Jahr 1940
wurde er zum Präsidenten gewählt und als seine Wiederwahl mehr als ungewiss war, inszenierte er im März 1952 einen Militärputsch und setzte die Verfassung von 1940 außer
Kraft.
Daraufhin klagte ein junger Rechtsanwalt namens
Fidel Castro den Putschisten beim Obersten
Gerichtshof an und berief sich zur Legitimierung
bewaffneter Aktionen auf das in der Verfassung
verankerte Widerstandsrecht. Am 26. Juli 1953
verübte eine kleine Gruppe einen Überfall auf die
Moncada-Kaserne in Santiago, der allerdings
fehlschlug. Castro wurde verhaftet und musste für 2
Jahre ins Gefängnis. Nach seiner Begnadigung ging
er ins Exil nach Mexiko, um im Dezember 1956 mit 82 Foto: © Pfeisinger
Guerilla-Kämpfer – unter ihnen der argentinische Arzt Ernesto Che Guevara – nach Kuba
zurückzukehren und nach zweijährigen erbitterten Guerillakampf am 1. Jänner 1959 mit
einem triumphalen Einzug in Havanna die Macht zu übernehmen.
Die kubanische Revolution zielte von Anfang an auf die möglichst weitreichende Herstellung
sozialer Gerechtigkeit, auf Umverteilung der Besitzverhältnisse und umfassende Reformen
im Bildungs- und Gesundheitswesen ab. Die Ausgaben für Bildung erhöhten sich von 1959
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
bis in die 1970er Jahre um das 21-fache, die Säuglingssterblichkeit und die Lebenserwartung stiegen auf das durchschnittliche Niveau europäischer Länder. Als erste Maßnahme
der Umverteilung wurde eine Agrarreform umgesetzt, die den Landbesitz auf maximal 400
Hektar beschränkte, wovon vor allem US-Agrarbetriebe betroffen waren, die den Großteil der
Zuckerfabriken besaßen. Von da an verteilte das neugegründete Agrarinstitut INRA das
enteignete Land und sicherte sich das Monopol der Kreditvergabe. Außerdem wurden die
Mietpreise halbiert und die Telefongesellschaft verstaatlicht. Die kubanische Gesellschaft
sollte innerhalb weniger Monate von Grund auf umgestaltet werden, was geradezu
zwangsläufig auch zu politischen Spannungen führte - nicht nur mit den USA, sondern auch
mit jenen Kubanern, denen die Maßnahmen des zunehmend zentralistisch und autoritär
agierenden Fidel Castro zu radikal waren. Als sich die im Besitz der USA befindlichen
Ölraffinerien weigerten, sowjetisches Erdöl zu verarbeiten, antwortete die kubanische
Führung mit Enteignung. Daraufhin verhängten die USA ein Handelsembargo, das im Laufe
der Zeit immer mehr verschärft wurde, woraufhin Castro wiederum alle US- Gesellschaften in
Kuba enteignete und die Verstaatlichung aller Banken und Unternehmen mit mehr als 25
Mitarbeitern ankündigte.
Kuba drohte immer mehr zu einer weltpolitischen Krisenzone zu werden. Im April 1961
versuchten Exilkubaner mit militärischer Unterstützung der USA durch eine Invasion in der
„Schweinebucht“ einen Volksaufstand gegen Castro zu entfachen und ihn zu stürzen. Das
Unternehmen scheiterte kläglich und trieb Kuba nur noch stärker in die Arme der
Sowjetunion. Im Dezember 1961 erklärte Castro Kuba zur Sozialistischen Republik und
konzentrierte sämtliche Machtbefugnisse in einer Einheitspartei, aus der wenige Jahre später
die Kommunistische Partei Kubas nach sowjetischem Vorbild – mit der Konsequenz der
Bürokratisierung des Revolutionsprozesses - entstehen sollte. Um den Inselstaat auch
politisch zu isolieren, wurde Kuba auf Druck der USA aus der Organisation Amerikanischer
Staaten ausgeschlossen. Als einzige Handelspartner und politisch Verbündete verblieben
nun nur mehr die COMECON-Staaten Osteuropas. In der Logik des „Gleichgewichts des
Schreckens“ stationierte die UdSSR ab 1962 Atomraketen auf Kuba, die ohne Mühe New
York erreichen konnten. Für die USA war dies naturgemäß nicht hinzunehmen, worauf sie
eine totale Blockade verhängten und sowjetische Handelsschiffe auf dem offenen Meer
attackierten. Die Welt schien in den Oktobertagen 1962 vor dem „Dritten Weltkrieg“ zu
stehen. Nach 13 Tagen Nervenkrieg und Geheimverhandlungen zog die Sowjetunion die
Raketen schließlich ab.
Die zunehmende „Sowjetisierung“ der kubanischen Gesellschaft in den 1960er und 70er
Jahren brachte zwar einen bescheidenen Wohlstand für große Teile der Bevölkerung, aber
auch völlige Abhängigkeit von den Subventionen aus der Sowjetunion. Zur wirtschaftspolitischen Erstarrung, die sich vor allem in der Landwirtschaft fatal auswirkte, kam auch die
ideologische Versteinerung, die ihren Höhepunkt in der Verfassung von 1976 fand, die
sämtliche wichtige Ämter des Staates in der Person von Fidel Castro vereinigen sollte.
Politisch Andersdenkende und mit der schwierigen ökonomischen Situation Unzufriedene
hatten nun mit einer harten Linie zu rechnen. Die daraus folgenden Spannungen entluden
sich im April 1980 in der Besetzung der peruanischen Botschaft in Havanna. Die kubanische
Führung gestattete daraufhin die Landung von US-amerikanischen Schiffen, auf denen
vermutlich mehr als 100.000 KubanerInnen die Insel in Richtung Miami verließen.
Über die angespannte wirtschaftliche Situation und die politische Tristesse dieser Jahre
konnte auch nicht das internationalistische Engagement Kubas in Lateinamerika und vor
allem in Afrika hinwegtäuschen. Kubanische Truppen beteiligten sich vor allem in Angola
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
aktiv am Kampf gegen die vom südafrikanischen Apartheid-Regime und den westlichen
Staaten unterstützten Bewegungen. Schließlich sollte es 13 Jahre dauern, bis Kuba 1988
seine Militärpräsenz im südlichen Afrika endgültig beendete.
Der Zusammenbruch des Sowjetsystems löste in Kuba eine enorme Wirtschaftskrise aus,
die in einer Kriegswirtschaft ähnlichen Bewältigungsstrategie (período especial en tiempos
de paz) endete: die Versorgung mit Waren aller Art war zusammengebrochen, was eine
totale Rationierung zur Folge hatte, die Zuckerernte erreichte ihren Tiefststand und die USA
verschärften mit dem Toricelli Act von 1992 sowie dem Helms-Burton Act von 1996 das
Handelsembargo in der Hoffnung auf einen baldigen Sturz des unliebsamen Regimes. Diese
Maßnahmen wurden und werden von der internationalen Staatengemeinschaft keineswegs
gutgeheißen und hatten im Großen und Ganzen eher den Effekt den Zusammenhalt
zwischen der kubanischen Bevölkerung und ihrer Führung zu stärken. Um der krisenhaften
Entwicklung entgegenzusteuern, setzte die kubanische Regierung punktuell Maßnahmen
um, die einerseits eine gewisse wirtschaftliche Liberalisierung andererseits eine soziale
Spaltung der Gesellschaft bewirkten: 1994 wurde der US-Dollar als Zweitwährung und die
„Arbeit auf eigene Rechnung“ zugelassen, der Devisensektor wurde für ausländische
Investitionen geöffnet und die privaten Lebensmittelmärkte legalisiert. Der Sektor, der am
meisten von diesen Maßnahmen profitierte war und ist der Tourismus, allerdings um den
Preis der zunehmenden sozialen Ungleichheit, denn es ist durchaus möglich, dass eine
Prostituierte oder ein Kellner an einem Tag mehr verdient als ein Chirurg in einem Krankenhaus in einem Monat. Parallel dazu wurden auch einige – wie der jetzige Regierungschef
Raúl Castro meinte – „unsinnige Verbote“ wie der Kauf von Elektrogeräten oder der Abschluss eines Mobilfunkvertrages aufgehoben, Reisefreiheit gewährt und Familienbesuche
aus den USA zugelassen. Zudem ist Weihnachten seit dem Papstbesuch von 1998 wieder
ein offizieller Feiertag in Kuba und auch Mitglieder der Kommunistischen Partei konnten sich
von da an wieder zum Christentum bekennen ohne Sanktionen erwarten zu müssen.
Kuba hat vor allem durch die Deviseneinnahmen aus dem Tourismus und die Devisenüberweisungen aus dem Ausland (geschätzt 1-2,5 Milliarden US$) die Krise der 1990er
Jahre – auch in politischer Hinsicht überwunden. Die trotzige Blockadepolitik der USA wird
international als zunehmend anachronistisch empfunden und drängt heute eher die USA als
Kuba in die Isolation. Nach schwerer Krankheit gab Fidel Castro nach und nach zwischen
2006 und 2008 die Macht an seinen um nicht viel jüngeren Bruder Raúl ab. Seitdem ist
vieles für die 11½ Millionen KubanerInnen leichter geworden; mehr als die Hälfte von ihnen
sind unter 35 Jahre und haben nicht mehr die emotionale Bindung an die langsam
erodierenden Errungenschaften der Revolution wie die Eltern- und Großelterngeneration.
Der eigenständige „sozialistische“ Weg Kubas steht vor großen Herausforderungen. Die
Öffnung war überfällig und unabwendbar: die jungen Leute wollen etwas vom Leben haben,
wollen konsumieren, etwas von der Welt sehen und ihre eigenen Wege gehen. Gerade von
ihnen ging der vorbehaltlose Jubel über die von Castro und Obama im Dezember 2014
verkündete Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Kuba und den USA aus.
Aber ob sie sich genauso vorbehaltlos und weiterhin zur mühsam erkämpften Souveränität
und Integrität ihres Landes bekennen werden, wird in Zukunft die große Frage bleiben.
Univ. Doz. Dr. Gerhard Pfeisinger
Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Literaturhinweis: Michael Zeuske, Kleine Geschichte Kubas. C. H. Beck Verlag, München 2000.
-12-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Kubas Frauen zwischen sozialer Emanzipation und
Konvention – Zur Gleichstellung der Geschlechter
Von der Chancengleichheit im öffentlichen Leben, wie sie für Kubanerinnen selbstverständlich ist, können Frauen in vielen Ländern nur träumen. Während die politische Bewertung
des kubanischen Gesellschaftsmodells höchst unterschiedlich ausfällt, werden Kubas Anstrengungen zur Gleichstellung von Frauen weltweit anerkannt. So sind Frauen seit dem
Triumpf der Revolution im Jahr 1959 den Männern rechtlich gleichgestellt, Diskriminierung
und Ausbeutung aufgrund von Klassenzugehörigkeit, Rasse und/oder Geschlecht stehen
unter Strafe. Kuba hat 1979 als erstes Land weltweit die UN-Frauenrechts-Konvention
(CEDAW) unterzeichnet und als zweites Land ratifiziert. Das Statement der kubanischen
Frauenorganisation (FMC), Kuba sei eine „Oase für Frauenrechte“, hat durchaus seine Berechtigung: 2014 bestätigen gleich drei internationale Berichte der kubanischen Regierung
große Fortschritte in Sachen Chancengleichheit für Frauen und Gleichstellung der
Geschlechter.
Internationale Anerkennung für Gleichberechtigung von Frauen
Der UN-Bericht über die menschliche Entwicklung zählt Kuba zur Gruppe der Staaten mit
sehr hoher menschlicher Entwicklung und weist nach, dass Frauen und Männer in den
Bereichen reproduktive Gesundheit, Erwerbsbeteiligung und gesellschaftliche Teilhabe
gleiche Chancen bzw. Probleme haben (Gender Inequality Index 2014: Platz 44 von 182
Ländern). Auch der Jahresbericht des Davoser Weltwirtschaftsforums stellt Kuba ein gutes
Zeugnis in den Bereichen politische und wirtschaftliche Gleichstellung aus (Gender Gap
Index 2014: Platz 30 von 142 Ländern). Schließlich unterstreicht auch die Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD, das hohe Engagement des
kubanischen Staates in Sachen Gleichberechtigung. Dies zeigt, dass auf Kuba selbst unter
den äußerst schwierigen politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen der Verwirklichung von Frauenrechten Priorität eingeräumt wird (Social Institutions & Gender Index:
Platz 8 von 108 Ländern).
Formale Gleichstellung der Geschlechter – Problem gelöst?
Trotz dieser positiven Statements: Im
kubanischen Alltag klaffen nicht selten der
öffentliche Diskurs von Chancengleichheit und
die Erfahrung im Alltag himmelweit
auseinander. Wenn traditionelle
Überlebensstrategien im Großfamilienverbund
brüchig werden, bleiben auch auf Kuba – trotz
progressiver Rechtsprechung - Hausarbeit,
Krankenpflege, Kinderbetreuung und
Nahrungsbeschaffung (= stundenlanges
Schlange stehen!) an den Frauen hängen.
Man(n) geht davon aus, dass dies
„selbstverständlich“ zu den Pflichten der
weiblichen Familienangehörigen gehört.
Frauen fühlen sich, trotz jahrzehntelanger
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
formaler Gleichstellung, oft alleinverantwortlich für Haushalt und Familienleben, ungeachtet
ihrer beruflichen Verpflichtungen. Sie schaffen jeden Tag aufs Neue ein Stück Normalität –
trotz konstanter Versorgungsengpässe, wachsender Defizite im Gesundheits- und
Bildungswesen und dem Wegbrechen sozialer Netzwerke (Stichwort: Migration).
Frauen als „Notnagel“ zur Behebung gesellschaftlicher Versäumnisse
Eine gleichstellungsorientierte Wirtschafts- und Sozialpolitik schafft erst die materiellen
Grundlagen für die Verwirklichung von Frauenrechten. Umgekehrt gilt auch: die Defizite im
staatlichen Wirtschafts- und Sozialsystem treffen in der Regel als erstes die Frauen. Diese
verschärfen sich in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Umbruchssituation. Jahrzehntelang
selbstverständliche Leistungen im Sozialsystem werden gekürzt oder fallen ganz weg.
Anstelle sozialer Emanzipation bestimmen so oft Doppel- und Dreifachbelastungen das
Leben vieler Frauen jeden Alters. Ohne Zweifel hält die Krise auch Anfragen an das
traditionelle Rollenverständnis kubanischer Männer bereit. Da jedoch die gesellschaftlichen
Erwartungen bezüglich ihres Engagements in der Sorgearbeit eher bescheiden sind, haben
sie größere Handlungsspielräume, um sich den zusätzlichen Belastungen zu entziehen.
Dass Sorgearbeit (Care) nicht eine genuin weibliche, sondern eine gesamtgesellschaftliche
Verantwortung darstellt – diese Einsicht beginnt sich erst ganz langsam durchzusetzen!
„Kultur sticht Politik“
Was läuft also schief bei der Gleichstellung der Geschlechter? Beim genaueren Hinsehen
zeigt sich, dass es die soziokulturellen Prägungen sind, welche die progressive Gesetzgebung und die jahrzehntelangen politischen Anstrengungen höchst effizient untergraben. Im
Alltag ist der legendäre kubanische machismo mit seiner ins Absurde reichenden
Überbewertung alles Männlichen bis heute ebenso präsent und wirkmächtig wie ein
Frauenbild, das in der aufopfernden Mutterschaft die Krönung eines Frauenlebens sieht ungeachtet aller Versuche, alternative Rollenbilder zu etablieren. Beides zusammen nährt
einen an die Marienverehrung angelehnten Mutter- und Familienkult: es ist einzig die Mutter,
der Fels in der Brandung, auf deren bedingungslose Loyalität die Familie bauen kann, um in
den Widrigkeiten des Alltags zu bestehen. Und derer gibt es angesichts der ungewissen
Zukunftsaussichten der kubanischen Gesellschaft immer mehr!
Ideologische Scheuklappen
Wie konnte sich diese konservative Sicht jahrzehntelang halten - trotz Rahmenbedingungen,
die ein wesentlich progressiveres Rollenverständnis nahelegen? Eine plausible Antwort
darauf mag auf den ersten Blick überraschen: die Zähigkeit, mit der traditionelle
Geschlechterbilder das gesellschaftliche Miteinander prägen, ist u.a. ein unerwarteter
„Nebeneffekt“ des massiv ausgeweiteten Bildungsangebots seit Beginn der Revolution. Nach
der Verstaatlichung des Erziehungswesens waren dort überwiegend Frauen und Männer aus
der Mittelschicht und dem Bildungsbürgertum beschäftigt. Sie standen zwar der Revolution
ideologisch nahe, bewahrten aber weiterhin die traditionell konservativen Werte und
Überzeugungen ihrer Herkunft, wie den alltäglichen Rassismus („Bring mir bloß keinen
Neger heim“) und eben auch sehr konservative Überzeugungen in Geschlechterfragen (u.a.
Sexualität als Tabu und Homophobie). Dazu kommt, dass erst in jüngeren Jahren am
ideologischen Dogma gerüttelt wird (werden darf!), das bisher die Lösung der Frauenfrage
dem Kampf um die soziale Emanzipation der unterdrückten Klassen unterordnete.
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Das Private wird politisch!
Dies zeigt: Für ein geschlechtergerechtes Miteinander sind die formalen Rahmenbedingungen zwar sehr wichtig, aber nicht ausreichend. Ohne eine Veränderung der traditionellen
Rollenbilder gelingt es kaum, Frauenrechte in der Alltagskultur zu verankern. Es geht also
darum, das öffentliche und private Zusammenleben neu zu denken und auszuhandeln.
Gelebte Geschlechtergerechtigkeit ist, so die Überzeugung einer Partnerorganisation des
Weltgebetstags, sowohl Indikator als auch Katalysator für die Herausbildung einer demokratischen Praxis. Daraus folgt: sie ist unverzichtbar für ein Gesellschaftsmodell, dessen
Selbstverständnis konstitutiv an das Verbot von Diskriminierung und Ausbeutung gebunden
ist. Kurz: Soziale Gerechtigkeit ist ohne Geschlechter-gerechtigkeit nicht zu haben!
a
Mag. Cornelia Marschall
Projektreferat WGT-Deutschland
Foto: WDPIC-New York
Mujeres en transito – Frauen im Übergang
In einer Atmosphäre zwischen Aufbruchsstimmung, Resignation und offiziell verordneter
Feierstimmung zum 100 Geburtstag des Feminismus in Kuba hat die Autorin mit drei
kubanischen Feministinnen verschiedener Generationen und politischer Motivationen über
ihre Einschätzung der Situation der Frauen in Kuba gesprochen.
Isabel Moya, eine der führenden akademischen Feministinnen Kubas und Herausgeberin
der offiziellen Frauenzeitschrift “Mujeres” (Frauen) erkennt zwar eine Verbesserung der
Situation der Kubanerinnen in den letzten Jahrzehnten, zeigt aber andere Dauerthemen
im feministischen kubanischen Diskurs auf: Das Fehlen von Frauen in Entscheidungspositionen und Gewalt gegen Frauen. Auch die Diskriminierung von Lesben und
Afrokubanerinnen ist in einer - trotz Revolution nach wie vor - von Machismo, Sexismus und
Rassismus geprägten Gesellschaft immer mehr ein zentrales Thema der feministischen
Bewegung. Nicht von ungefähr organisieren sich Lesben und Afrokubanerinnen abseits der
offiziellen Frauenbewegung stärker in eigenen Räumen. Die staatlichen Reformen der
letzten Monate, die u.a. auch eine größere Akzeptanz für Initiativen der Zivilgesellschaft mit
sich brachten, kommen nicht zuletzt diesen mehrfach diskriminierten Gruppen zugute.
Musik und Humor
„Auf Gesetzesebene haben wir viel erreicht, aber Gesetze werden innerhalb von Monaten
gemacht, das Umdenken in der Gesellschaft, das Abschaffen von Stereotypen dauert
Generationen” meint Isabel Moya realistisch. In Kuba ist der Einfluss der Medien gut
kontrolliert, Werbung als Instrument der kapitalistischen Welt kaum präsent. In Kuba werden
die Geschlechterstereotypen v. a. durch Musik und Humor, auf der Straße oder im Theater,
reproduziert.” Und diese Stereotypen sind so klassisch wie im Rest von Lateinamerika:
Junge kubanische Rapper heizen ihr Publikum unverhohlen mit sexueller Gewalt
tolerierenden und Frauen verachtenden Texten auf.
Kulturschaffen hat in Kuba einen sehr hohen Stellenwert. Neben der staatlichen Propaganda
werden vor allem über Kulturschaffende Werte vermittelt. Noch vor Literatur und Theater
spielt dabei Musik die wichtigste Rolle. Die Mainstream-Musik sowohl für die kubanische
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Bevölkerung als auch für den Export, ist fest in männlicher Hand. Aber es gibt auch einige
positive Beispiele von Künstlerinnen in der offiziellen und der alternativen Kulturszene.
Hip-Hop gegen Rassismus
Magia Lopez, afrokubanische Rappmusikerin, ist eines davon. Seit mehr als 15 Jahren
verleiht sie durch Gedichte und Rappmusik ihren Gefühle und vor allem ihrem Protest gegen
Sexismus, Rassismus und Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung musikalischen
Ausdruck, seit einigen Jahren zusammen mit ihrem Mann Alexey im Duo „Obsession“.
Die Hip-Hop Bewegung hat vor einem Jahrzehnt auch in Kuba Fuß gefasst. Frauen wie
Magia Lopez oder die Gruppe “Las Crudas” sind Einzelfälle in der männlich dominierten
Szene. Seit Beginn ihrer Musikerinnenkarriere waren Frauen, insbesondere schwarze
Frauen, ihr Hauptthema. Vom Alltagsleben kubanischer Frauen über Gewalterfahrungen und
intime Themen spricht sie in konstruktiv kritischer Art alles an. Zensur vom Staat hat sie
schon einige Male erfahren, aber nach eigenen Angaben lässt sie sich nicht einschränken.
Karibik-Phantasien
Ebenso wie Isabel Moya sieht auch Magia positive Veränderungen für Frauen in der
kubanischen Gesellschaft, aber die Benachteiligung insbesondere von schwarzen Frauen ist
nach wie vor ein eklatantes Problem. “Speziell schwarze Frauen haben viel weniger Geld zur
Verfügung, denn die Geldüberweisungen aus dem Ausland gehen meistens an die Männer,
und afrokubanische Familien haben generell weniger oder gar keine Verwandten im
Ausland, die Geld schicken“. Auch sind kaum Afrokubanerinnen in Entscheidungspositionen
in der Politik oder in den Medien anzutreffen. Der gleichberechtigte Zugang zu Bildung
existiert in der Theorie, in der Praxis lässt der tägliche härtere Überlebenskampf
Afrokubanerinnen weniger Perspektiven für Weiterbildung und Karriere.
In der Tourismusbranche, wo Afrokubanerinnen vergleichsweise leicht eine Arbeit finden,
weil ihr Erscheinungsbild die Karibik-Phantasien der UrlauberInnen zufrieden stellt, leiden die
dunkelhäutigen Frauen wiederum besonders stark unter Rassismus und Sexismus der
eigenen Landsleute und der Urlauber.
Sandra Alvarez, afrokubanische Autorin des Blogs “Negra Cubana tenia que ser” (Schwarze
Kubanerin musste es sein), schreibt seit 2006 über die Diskriminierung schwarzer Frauen in
Kuba. “In akademischen feministischen Kreisen und in den staatlichen Frauenorganisationen
gibt es wenig Schwarze. In den Schulen werden schwarze Frauen und ihre Anliegen nicht
sichtbar gemacht, auf der Universität beschäftigt sich keine Vorlesung mit der Geschichte
und Situation schwarzer Frauen in Kuba, auch in Studien und Untersuchungen werden sie
ignoriert,” erzählt sie. Gleich wie Magia plädiert sie dafür, dass sich schwarze Frauen nicht
als Opfer akzeptieren, sondern ihr Schwarzsein zelebrieren.
a
Mag. Nela Perle
Sie hat im Februar 2012 am Postgraduate-Kurs „Frauen und Medien“ an der Universidad José Martí in Havanna
teilgenommen. Derzeit lebt sie Straßburg und arbeitet für den Europarat.
(Artikel gekürzt)
-16-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Geschichte des Weltgebetstags in Kuba
Der erste Hinweis auf eine Feier des WGT in Kuba betrifft das Jahr 1930.
Die Reformierte Presbyterianische Kirche von Kuba feierte ihn nach einem Text, den
Frauen aus den USA zugeschickt hatten. (Vgl. Histor. Bericht d. Nat. Union der
Presbyterian. Frauen von Kuba - in Spanisch verfasst).
Die Methodistische Kirche feierte den WGT erstmals am 20. Februar 1931. (Vgl. El
Evangelista Cubano Nr 21,1931); ebenfalls dank der Zusendung aus den USA.
Nach mündlichem Zeugnis feiert die Heilsarmee mindestens seit 1972.
Immer wieder wird über die bereichernden Erfahrungen dank dieser Texte und
Feiern berichtet.
1975, im "Internat. Jahr der Frau" (UNESCO) gründete der damalige "Rat der
Evangelischen Kirchen Kubas" seine Frauenabteilung. Dank der dadurch gestärkten
Frauenarbeit konnte der WGT 1981 erstmalig ökumenisch gefeiert werden.
Eine Menge einzelner - auch röm.-kath. - besonders aktiver Frauen aus den
verschiedensten Denominationen erreichten, unterstützt von einem sehr hilfreichen
Ökumenischen Rat der Kirchen in Kuba, dass inzwischen an jedem ersten Freitag im
März Frauen und Männer aus über 30 Konfessionen an über 20 Gottesdienstorten
über ganz Kuba verteilt zusammenkommen, um miteinander zu beten,
nachzudenken und zu handeln.
(Zusammenfassung der Informationen vom WDP Komitee Kuba)
in
OStR. Monika Heitz
Kubanisches
WGT-FrauenKomitee, das
die Liturgie
geschrieben
hat.
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Butterfly Jasmin - Faltvorlage

Wussten Sie, dass
„Granma“
 die offizielle Zeitung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas ist
 der Name der Yacht Fidel Castros war, mit der er 1956 in Kuba landete
 eine Provinz ist, die für ihre Geschichte und atemberaubende Schönheit bekannt
ist.
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Rezepte
Gebratenes Huhn, kubanische Art
Zutaten :
6 große Hühnerbeine oder 8
Hühnerbrustfilet (ca 700 g)
Marinade: 50 ml Limettensaft - 100 ml
Bitterorangensaft (oder von
selbstgepressten Orangen) - 1/2 TL
Kreuzkümmel, gemahlen - 1/2 TL Aceto
Balsamico - 1/2 TL Oregano - 1/4 TL
Pfeffer, frisch gemahlen - 3/4 TL Salz - 2
Knoblauchzehen, feingehackt
1 große Zwiebel, in dünne Scheiben
geschnitten
50 ml Pflanzenöl zum Abbraten
Zubereitung:
Vorbereitung: Die Hühnerteile nebeneinander in eine Glas- oder Porzellanschüssel mit
Deckel legen.
Knoblauch, Salz, Pfeffer, Oregano, Kreuzkümmel und den Saft vermischen und über das
Fleisch geben.
Die Zwiebelscheiben darauflegen und die Form für mindestens 2 Std. oder über Nacht in den
Kühlschrank stellen. Dabei die Hühnerteile mehrmals wenden.
Fertigstellen: Die Schüssel 1 Stunde vor dem Garen aus dem Kühlschrank nehmen.
Die Hühnerteile abtropfen lassen und mit Küchenkrepp trocken tupfen, die Marinade beiseite
stellen.
In einer großen Pfanne das Öl bei mittlerer Temperatur erhitzen. Die Hühnerteile hinzufügen
und von jeder Seite etwa 5 Min. bräunen. Marinade und Zwiebeln dazugeben. Die Hitze
reduzieren und das Fleisch noch einmal 25 Min. garen.
Dazu passt gut Reis.
Kubanisches Geflügelgericht
Zutaten:
500 g Hähnchenbrust oder Putenbrust in
mundgerechte Stücke genschnitten
2 Zucchini, in Streifen geschnitten (ca. 6 cm
lang)
1 roter Zwiebel, in Ringe geschnitten, 1 Bund
Frühlingszwiebeln, in Ringe geschnitten
2 EL Öl, 200 ml Kokosmilch, 200 ml Gemüseoder Hühnersuppe
100 ml Weißwein, 1 TL Curry – ½ TL Paprikapulver, edelsüß – ¼ TL Cayennepfeffer – Salz
(2 Kochbananen, in Scheiben)
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Zubereitung:
Das Fleisch im Öl scharf anbraten, dann Zucchini und Zwiebeln dazu geben. Alles
zusammen 5 Minuten braten. Dann Kokosmilch, Gemüsesuppe und Wein dazu geben, mit
Salz, Curry, Paprika und Cayennepfeffer würzen und alles 10- 15 Minuten köcheln lassen.
Eventuell zum Schluss die Bananenscheiben unterheben, mit Salz abschmecken und
weitere 5 Minuten köcheln lassen. Dazu passt gut Reis.
Kubanischer Eintopf
Zutaten:
2 große Zwiebeln, gewürfelt
2 Paprikaschoten (1x grün, 1x rot), gewürfelt
2 Paradeiser, blanchiert und enthäutet, gewürfelt
2 Knoblauchzehen
1 Dose Kidneybohnen (240 g Abtropfgewicht)
1 kleine Dose Mais (140 g)
2 Tassen (Langkorn)Reis (180 g)
Salz – Pfeffer - Currypulver
Zubereitung:
Zwiebel in einer Pfanne goldbraun anrösten. Die Paprika- und Tomatenwürfel dazugeben
und kurz andünsten. Gepresste oder gehackte Knoblauchzehe dazugeben. Flüssigkeit aus
der Dose abgießen und die Bohnen und den Mais mit den 2 Tassen Reis in die Pfanne
geben, mit 3 Tassen Wasser ablöschen. Mit Salz, Pfeffer und etwas Currypulver würzen. Ca.
20 Minuten garen lassen, bis das Wasser vollständig verschwunden ist.
Schwarze Bohnen-Suppe
Die Kubaner verstehen es meisterlich schwarze Bohnen zuzubereiten. Diese Suppe ist ein
gutes Beispiel dafür.
Zutaten :
370 g schwarze Bohnen, am Vorabend
eingeweicht und abgetropft
500 ml Wasser + 500 ml Hühnerbrühe (bzw. 1l
Wasser + 1 Hühner-Suppenwürfel)
1 EL Salz
1/2 grüner Paprika, entkernt, fein gehackt
2 Stengel frischer Koriander, fein gehackt (oder
Petersil)
1 kleine rote Zwiebel, fein gehackt
1 TL schwarzer Pfeffer aus der Mühle
1 TL gemahlener Kümmel
1 Knoblauchzehe, zerdrückt
1 EL Oregano frisch oder 1 TL getrocknet
1 kleine Orange mit 5 Nelken gespickt
Garnitur: 1 hart gekochtes Ei, fein gehackt oder gehackte rote Zwiebel
Zubereitung :
Die Bohnen mit Wasser und Brühe bei mäßiger Hitze zum Kochen bringen, umrühren und
bei reduzierter Hitze kochen bis die Bohnen weich sind.
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Eine Tasse Bohnen herausnehmen und pürieren. Mit den Gewürzen in die Suppe
zurückgeben.
Die Orange mit den Nelken ebenfalls in den Topf geben.
Gut umrühren und bei mäßiger Hitze zugedeckt 30 min köcheln lassen.
Die Orange entfernen und servieren.
Mit gehacktem Ei oder gehackter roter Zwiebel garnieren.
Kubanischer Reissalat
Zutaten:
100 g Reis
400 g Faschiertes gemischt
1 Glas Weinbrand
50 g geschälte Mandeln, zerkleinert
100 g Gewürzgurken
4 EL Olivenöl, 1/2 Becher Joghurt
1 Stange Porree, Salz, (Zucker,) Pfeffer,
Knoblauch gehackt, Senf (Estragon)
Zubereitung :
Den Reis nicht zu weich kochen. Er sollte noch
etwas Biss haben.
Das Faschierte mit wenig Olivenöl anbraten. Mit Salz und Pfeffer würzen, mit dem
Weinbrand ablöschen und mit einer Gabel zerkrümeln.
Nach dem Erkalten mischt man es mit dem Reis, mit den in feine Würfel geschnittenen
Gewürzgurken, dem kleingeschnittenen Porree, den gehackten Mandeln und der Joghurt,
mit Senf, (Zucker,) Knoblauch und dem Rest des Öls.
Wie bei den meisten Salaten - ca. 1 bis 2 Stunden ziehen lassen und dabei öfter mal
vorsichtig umrühren.
Rumschnitten
Zutaten:
120 g Zucker, 3 Eier, 200 g Mehl, 120 g
geriebene Mandeln, 50 g Brösel, 40 g
geriebene Schokolade, 1/8 l Milch, ½ P
Backpulver, 1 P Vanillezucker, etwas Rum
Zubereitung:
Schnee schlagen; Zucker, Vanillezucker und
Dotter gut abtreiben. Dann die Mandeln,
Schokolade und Brösel dazugeben. Das Mehl
rührt man gemeinsam mit Milch und Rum ein.
Zum Schluss den Schnee unterheben. Nun die Masse auf ein mit Backpapier belegtes Blech
streichen und backen (ca. 30 Minuten, 170 Grad Heißluft). Nach dem Erkalten mit
Marmelade (säuerlich) bestreichen und mit einer Rumglasur (50 g Staubzucker, ein Schuss
Rum und heißes Wasser rühren bis die Masse dicklich ist) mit einem Pinsel glasieren.
Wer es gern sehr süß hat wie die Kubaner – die Staubzuckermenge für die Glasur
verdoppeln
Rezepte zusammengestellt v. Brigitte Zinnburg
Für uns erprobt von Angela Homolka, Purkersdorf
Fotos:© A. Homolka
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Bibelarbeit zu Mk 10,13-16
Lucas Cranach der Jüngere (ca. 1540)
13
Und sie brachten Kinder zu ihm, damit er sie berühre.
Die Jünger aber herrschten sie an.
14
Als aber Jesus das sah, wurde er zornig und sagte zu ihnen:
„Lasst die Kinder zu mir kommen,
hindert sie nicht,
denn solchen gehört das Reich Gottes.
15
Amen, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein
Kind,
der wird nicht hineinkommen.“
16
Und er umarmte sie und legte die Hände auf sie und segnete sie .
Eine spannende Wahl, die das kubanische Weltgebetstags-Komitee da getroffen hat: Jede
und jeder kennt das „Kinderevangelium“, wie Mk 10,13-16 genannt wird – von Bildern, aus
Kinderbibeln, Kindergottesdiensten, dem Religionsunterricht. Es ist der Lesungstext bei
Tauffeiern (obwohl Mk 10,13-16 in neutestamentlicher Zeit nichts mit der Kindertaufe zu tun
hatte). Aber in den sonntäglichen Gemeindegottesdiensten der Kirchen ist der Text marginal;
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
er ist weder in der römisch-katholischen Lese- noch in der evangelisch-lutherischen
Perikopenordnung als selbständiger Text vorgesehen.1 Das verwundert, schließlich wendet
sich Jesus nicht nur liebevoll den Kindern zu, sondern richtet sich mit seinen mahnenden
Worten in V. 14-15 eindeutig an Erwachsene (nämlich an die Jünger). Und Martin Luther
hielt die Perikope für so wichtig, dass er empfahl, sie wie Fürstenbriefe bei Hofe zu
behandeln und dreimal zu lesen.
Auch aus feministischer Perspektive ist die Wahl von Mk 10,13-16 interessant: Einerseits
könnte man die Augen verdrehen. Müssen sich Frauen denn am Weltgebetstag mit dem
Thema Kinder beschäftigen? Das tun sie doch ohnedies ständig! Andererseits will die
Tatsache, dass nach wie vor hauptsächlich Frauen für Kinder sorgen, ernst genommen und
die Sorge-Arbeit der Frauen anerkannt werden. Und der Text, der erzählt, dass sich der
Mann Jesus Kindern zuwendet, birgt auch die Möglichkeit, die traditionelle Zuordnung von
Frauen und Kindern aufzubrechen.
Was aus feministischer Perspektive noch hinzu kommt: Die Aufforderung Jesu, das Reich
Gottes anzunehmen wie ein Kind, wurde lange und wird immer noch gerne so verstanden,
als ginge es darum, zu werden wie die Kinder: freudig, selbstverständlich, unbefangen, offen,
naiv, fromm, einfach, bescheiden, dankbar, keusch, auf andere Kräfte als die eigenen
vertrauend. Die kindlichen Eigenschaften, die der androzentrische Blick der Exegeten
imaginiert hat, sind allesamt Eigenschaften, die Reinheit und Unschuld insinuieren, ein
Moment der Passivität in sich tragen und symbolisch mit Weiblichkeit in Verbindung gebracht
werden.
Gegen süßlich-frömmlerische, verniedlichende und romantisierende Lesarten von Mk 10,1316 arbeitet diese Bibelarbeit den gesellschaftskritischen Tenor des Kinderevangeliums
heraus. In unserer Perikope ist nämlich das Kind in seiner gesellschaftlichen Stellung
angesprochen. Das zeigt schon die Wortwahl: Mk 10,13-16 verwendet nicht den Begriff
teknon, der für das Kind in seinem Verwandtschafts-, Zugehörigkeits- und ErziehungsVerhältnis zu den Eltern steht, sondern rückt mit dem Wort paidion, das auch „Sklave“
bedeuten kann, Abhängigkeitsverhältnisse aller Art in den Blick.
Sozialgeschichtlicher Hintergrund: Kinder in neutestamtlicher Zeit
Auch in der Antike liebten Eltern ihre Kinder und sorgten sich um sie, wie Briefe,
Grabinschriften und bildliche Darstellungen bezeugen. Dennoch waren die Anschauungen
und Vorstellungen von Kindheit ebenso wie die realen Lebensbedingungen von Kindern
andere als heute.
Die Kindheit war eine Vorstufe des eigentlichen Lebens als Erwachsener, die es durch
geeignete Erziehung zu überwinden galt. Kinder wurden als unmündig und nicht vollwertig
betrachtet. Diese Sicht der Kinder zeitigte eine doppelte Konsequenz: Zum einen gab es in
der römisch-hellenistischen Gesellschaft ein entwickeltes Bildungswesen2, andererseits
1
Am 20. Sonntag nach Trinitatis (Ehe- und Familiensonntg) ist Mk 10,13-16 als Verlängerungsmöglichkeit der
Perikope Mk 10,2-9 beigefügt. Die Leseordnung sieht für das Lesejahr B Mk 10,2-10 für den 27. und Mk 10,1730 für den 28. Sonntag im Jahreskreis vor; unser Text ist ausgelassen.
2
Die frühkindliche Erziehung fand für Jungen und Mädchen gleichermaßen im Haus statt. Während Mädchen
unter der Obhut der Mutter blieben, bekamen Jungen ab dem 7. Lebensjahr schulische Bildung. Für Mädchen
-23-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
waren Kinder der so genannten patria potestas unterworfen. Diese väterliche Gewalt ging
weit über das Züchtigungsrecht hinaus. Sie umfasste auch das Recht, Kinder zu verheiraten,
in Adoption zu geben, als billige Arbeitskräfte zu nutzen, sie Dritten für Dienstleistungen zur
Verfügung zu stellen, sie zu verpfänden, zu verkaufen, ja Neugeborene auszusetzen und zu
töten. Dass Kindesaussetzung und -tötung (als nachträgliche Geburtenregelung mit sozialer
bzw. wirtschaftlicher Indikation bzw. wenn die Kinder schwach, behindert oder Mädchen
waren) eine weit verbreitete Praxis war, zeigt die Selbstverständlichkeit, mit der viele antike
Texte davon berichten.
Anders als im römisch-hellenistischen Kulturkreis war das Aussetzen und Töten von Kindern
im Judentum nicht erlaubt. Kinder galten als Segen Gottes. Daraus resultierte ein starkes
Interesse an Bildung, in deren Mittelpunkt die Vorbereitung auf ein Leben gemäß der Tora
stand und die allen Kindern, nicht nur jenen der Oberschicht, zugedacht war. Trotz dieser
prinzipiellen Achtung der Tora lernenden Kinder wurde Kindern auch im Judentum mit
gesellschaftlicher Geringschätzung begegnet. Auch der jüdische Vater konnte seine Kinder
verpfänden oder als Schuldsklaven verkaufen. Kinder waren von der allgemeinen sozialen
Not – den Hungersnöten im Land Israel, der hohen Abgaben- und Steuerlast, der im 1. Jh. n.
Chr. im gesamten römischen Reich verbreiteten Bettelarmut – massiv und als erstes
betroffen; und auch von den Ereignissen und Folgen des Jüdischen Kriegs (70 n. Chr.),
welche die Zeit, zu der das Markus-Evangelium abgefasst wurde, mit geprägt haben. Kinder
gehörten zu den schwächsten Gliedern in den wirtschaftlichen Strukturen der antiken
Gesellschaften. Krass ausgedrückt: Sie waren „Nicht-Personen“.
Solche Kinder umarmt und segnet Jesus, solchen Kindern spricht er das Reich Gottes zu.
Exkurs: Mk 10,13-16 im Kontext
Um das Kinderevangelium besser verstehen zu können, ist es – auch wenn das aufs erste
Lesen ein wenig trocken wirkt – hilfreich, einen kurzen Blick auf den Zusammenhang zu
werfen, in dem unser Text innerhalb des Markus-Evangeliums sowie innerhalb der so
genannten synoptischen Evangelien3 steht.
Mk 10,13-16 ist Teil des dritten Erzählbogens des Markus-Evangeliums (Mk 8,27-10,52), der
auf dem Weg nach Jerusalem spielt. Innerhalb dieses Erzählbogens gehört das
Kinderevangelium wiederum zu einem Abschnitt4, der die Kreuzesnachfolge und ihre
gesellschaftlichen Konsequenzen thematisiert. Der gesamte Abschnitt kreist um das Thema
„Erste/Letzte“ und um das Thema Statusverzicht.
aus der römischen Oberschicht durfte es doch auch ein gewisses Maß an Schulbildung gegeben haben. Einige
Quellen legen nahe, dass Frauen lesen und schreiben konnten. Ein Sklavenkind konnte Unterricht erhalten, wenn
man sich von den Fähigkeiten, die es dadurch erwarb, Nutzen erwartete. Umgekehrt konnten freie Kinder nicht
zur Schule gehen, wenn die finanziellen Mitteln fehlten.
3
Das Markus-, Matthäus- und Lukas-Evangelium beinhalten ähnliche Geschichten und sind weitgehend parallel
aufgebaut. Deshalb kann man die entsprechenden Abschnitte aus den verschiedenen Evangelien nebeneinander
stellen. Eine solche Zusammenstellung nennt man „Synopse“ (wörtlich Zusammenschau); deshalb bezeichnet
man die drei Evangelien als Synoptiker. Das Markus-Evangelium ist das älteste der drei synoptischen
Evangelien.
4
Manche Exegeten meinen, der Abschnitt umfasse Mk 9,30-10,52, andere meinen, er umfasse nur Mk 9,3010,31.
-24-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Das Kinderevangelium ist eng bezogen auf die Erzählung vom Rangstreit der Jünger in
Mk 9,33-37:
Und sie kamen nach Kapernaum. Und als er daheim war, fragte er sie: Was habt ihr auf
dem Weg verhandelt? Sie aber schwiegen; denn sie hatten auf dem Weg miteinander
verhandelt, wer der Größte sei. Und er setzte sich und rief die Zwölf und sprach zu ihnen:
Wenn jemand will der Erste sein, der soll der Letzte sein von allen und aller Diener. Und er
nahm ein Kind, stellte es mitten unter sie und herzte es und sprach zu ihnen: Wer ein
solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der
nimmt nicht mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.
Sowohl Mk 9,33-37 als auch Mk 10,13-16 haben Parallelstellen im Lukas- und im MatthäusEvangelium (Mt 18,1-5 und Mt 19,13-19; Lk 9,46-48 und Lk 18,15-17).
Für uns interessant ist, dass Matthäus Mk 10,16 „Amen ich sage euch, wer das Reich Gottes
nicht annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen“ in seiner Version des
Kinderevangeliums nicht aufnimmt. Er nimmt den Vers vielmehr in seiner Version des
Rangstreits der Jünger auf und formuliert ihn um: „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie
die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen. Wer nun sich selbst erniedrigt und
wird wie dies Kind, der ist der Größte im Himmelreich.“ (Mt 18,3f) Hier liegt mit ein Grund für
die eingangs erwähnte Interpretation von Mk 10,13-16, die auf das Annehmen einer kindlichdemütigen Frömmigkeit zielt. Markus wird sozusagen durch die Brille des falsch
verstandenen Matthäus gelesen – denn auch bei Matthäus geht es um Niedrigkeit als soziale
Frage und nicht um demütige Frömmigkeit.
Auslegung
Das Kinderevangelium beginnt mit einem Konflikt: Menschen bringen Kinder zu Jesus. Wer
genau die Kinder zu Jesus bringt, ihre Eltern oder andere Personen, wird nicht gesagt.
Vermutlich hatte Markus nicht in erster Linie Eltern und ihre Kinder im Blick, sonst hätte er
von tekna (s.o.) gesprochen, er spricht aber von paidia und damit von Kindern als denen, die
ganz unten auf der gesellschaftlichen Stufenleiter stehen. Jesus soll die Kinder anrühren.
Das Wort hapto gehört zum Vokabular der Wundergeschichten. Anrühren ist heilend. Mit
dem Wunsch nach heilend-heilvoller Berührung bringen also Menschen Kinder zu Jesus –
und was passiert? Die Jünger herrschen sie an, wollen sie vertreiben. Epitiman bezeichnet
im NT auch das Austreiben von Dämonen. Wenn die Jünger also die Leute anherrschen so
wie man einen Dämon anherrscht, um ihn auszutreiben, dann missbrauchen sie ihre
Machtbefugnis. Sie setzen die Macht, die Jesus ihnen verliehen hatte, um Menschen zu
heilen, ein, um Menschen auszugrenzen. Entsprechend zornig reagiert Jesus.
An dieser Stelle müssen wir kurz fragen, was Markus mit dieser Erzählung über das
Verhalten der Jünger sagen will. Wie wir in Mk 9,33-37 erfahren haben, wissen die Jünger ja
um die Bedeutung, die Jesus Kindern gibt. Sie kennen die Aufforderung Jesu, Kinder in
seinem Namen aufzunehmen. Haben sie diese wichtige Lektion nicht gelernt? Markus setzt
das Unverständnis der Jünger wiederholt als erzählerisches Mittel ein, um den LeserInnen
des Evangeliums ein bestimmtes Thema einzuschärfen. Es geht also weniger um die
Jünger, als um die Belehrung der markinischen Gemeinde bzw. die Behandlung eines
aktuellen Problems in der Gemeinde. Und nach Mk 9,36 heißt dieses Problem: Kinder um
Gottes Willen aufzunehmen. Von Mk 9,36 her müssen wir die Jüngerbelehrung in Mk 10,1415 lesen:
-25-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Lasst die Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht, denn solchen gehört das Reich
Gottes. Amen, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind, der wird
nicht hineinkommen.
Mit Reich Gottes (basileia tou theou) bringt das NT das Heil, das Jesus verkündet und das
mit ihm angebrochen ist, auf den Begriff: die uneingeschränkte Liebe Gottes zu den
Randständigen. Das Reich Gottes ist keine Idee oder Gegenstand jesuanischer Lehre. Es ist
ein zukünftiges Ereignis, das in Jesus bereits angebrochen ist. Jesu Nachfolger und
Nachfolgerinnen sind zum Leben in dieser Liebe hier und jetzt gerufen.
Solchen wie den Kindern, den paidion, denen, die auf der untersten Stufe der Gesellschaft
stehen, gehört das Reich Gottes. Markus greift hier auf die Überlieferung eines JesusWortes zurück, die ihm bereits vorgelegen hat; BibelwissenschafterInnen meinen, dass sie
auf Jesus selbst zurückgehe. Von niemandem sonst wird im Markus-Evangelium gesagt, ihm
oder ihr gehöre das Reich Gottes. Alle anderen werden aufgefordert, etwas zu tun, um das
Reich Gottes zu erlangen (z.B. umkehren in Mk 1,15; Besitz verkaufen in Mk 10,25ff).
„Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind“ kann grammatikalisch auf zwei Arten
gelesen werden:
a) Wie ein Kind das Reich Gottes annimmt: Ins Reich Gottes kann nur eingehen, wer die
Haltung eines Kindes annimmt (nominativische Lesart).
b) Wie man ein Kind annehmen soll: Ins Reich Gottes kann nur eingehen, wer Kinder
aufnimmt und für sie sorgt (akkusativische Lesart).
Oft werden die beiden Lesarten als Entweder-Oder gesehen. Hier soll offen bleiben, welche
die richtige Lesart ist und ob es überhaupt eine richtige Lesart gibt. Liest man das
Kinderevangelium aus der Perspektive „ gesellschaftliche Konsequenzen der
Kreuzesnachfolge“, so erweisen sich die beiden Lesarten ohnedies als zwei Seiten einer
Medaille: Die nominativische Lesart, das Reich Gottes so anzunehmen wie ein Kind es
annimmt, fordert zum Statusverzicht auf: sich vom Wunsch, der Erste und Größte zu sein,
verabschieden; Standesdünkel ablegen; die Position des „Letzten“ und die Rolle des
„Dienenden“ einnehmen. Derartiger Statusverzicht ist ein Grundthema der synoptischen
Evangelien, formuliert als Kritik an den Mächtigen und in bewusstem Kontrast zu den
inhumanen politischen Herrschern. Statusverzicht ist eine grundlegende ethische Haltung im
Urchristentum. Die akkusativische Lesart zielt stärker auf das konkrete Handeln, man könnte
sagen auf die angewandte Ethik: Es geht um Kindesannahme. Dechomai steht an anderen
Stellen im Markus-Evangelium für „gastlich aufnehmen“. Gastlich aufnehmen bedeutet zu
allererst Versorgung mit dem täglichen Brot und ein Dach über dem Kopf. Welche Kinder das
Markus-Evangelium genau im Blick hat, Waisenkinder oder von ihren Eltern verlassene
Kinder, lässt sich 2000 Jahre später schwer sagen. Es scheint jedenfalls nicht
selbstverständlich gewesen zu sein, dass alle Kinder versorgt waren – sonst müsste die
markinische Gemeinde nicht zu ihrer Versorgung aufgerufen werden. Mit der Aufforderung
an Erwachsene, unversorgte Kinder gastlich aufzunehmen, wird auch die Bedeutung von
Sorge und Fürsorge für Kinder in den Blick gerückt – Tätigkeiten, die vorrangig Frauen
erledigen und die bis heute wenig gesellschaftliche Anerkennung finden. Kinder brauchen
täglich Fürsorge und Pflege, damit sie wachsen können. Genauso braucht das Reich Gottes
Fürsorge und Pflege, damit es wachsen kann. In der Frage der Versorgung von Kindern
steht das Reich Gottes auf dem Spiel. Damit ist auch gesagt: Kinder aufzunehmen und zu
versorgen heißt nicht, sich zu einem Bedürftigen herabzulassen. Sondern: Kinder
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
aufnehmen und versorgen geht Hand in Hand mit einem Statusverzicht. Wer ein Kind
aufnimmt, erweist sich als Gastgeber/in für das Reich Gottes. Kinder aufzunehmen und zu
versorgen, entscheidet über das Christsein.
Jesus jedenfalls tut, wozu er die Jünger auffordert: Er umarmt die Kinder. Eine Geste der
Sorge und der Nähe. Das Wort enagkalizomai heißt wörtlich „in den gekrümmten Arm
nehmen“. Um Kinder in den gekrümmten Arm zu nehmen, muss Jesus in die Knie gehen.
Hier wird der Statusverzicht sinnenfällig, körperlich greifbar. Solche Zeichen der Nähe erwies
man ansonsten nur Leuten mit gleichem Status. Vor den Augen derer, die um den höchsten
Rang streiten, begibt sich also Jesus auf eine Ebene mit Kindern, die auf der untersten Stufe
der Gesellschaft stehen. Er legt ihnen die Hand auf und kommt damit dem eingangs
formulierten Wunsch derer, die die Kinder gebracht haben, nach. Und er segnet die Kinder.
Reichtum wurde zur Zeit Jesu als Segen verstanden. Jesus segnet die, die keinen Besitz
haben – dafür aber den Reichtum der Gottesherrschaft.
Ideen für die Praxis / Arbeit mit dem Text
„Wir sollen die Bibeltexte so genau anschauen, dass das Fremde ein wenig vertrauter und
das Vertraute ein wenig fremder wird.“ (Jürgen Ebach)
1. Persönliche Vorerfahrungen mit dem Text – und der Text selbst
Der Begriff „Kinderevangelium“ oder die Phrase „Lasset die Kinder zu mir kommen“ wird in
den Raum gestellt. Assoziationen und Erinnerungen dazu werden gesammelt. Anschließend
wird Mk 10,13-16 gelesen: Welche Assoziationen/Erinnerungen haben Anhaltspunkte im
Text? Welche Teile des Textes finden in den Assoziationen/Erinnerungen keine Resonanz?
Gibt es etwas im/am Text, das fremd ist? (z.B. zorniger Jesus). Woher sind uns bestimmte
Passagen vertraut?
2. Bildervergleich:
Das Titelbild, das die kubanische Künstlerin Ruth Mariet Trueba Castro für
den WGT 2016 gestaltet hat und das eine hellhäutige Erwachsenenhand,
die eine dunkelhäutige Kinderhand hält, im Zentrum eines Kirchenfensters
zeigt, wird verglichen mit der Darstellung des Kinderevangeliums von
Lucas Cranach (s.o.).
3. Aktualisierung des Textes: Kinder aufnehmen in Österreich – unbegleitete minderjährige
Flüchtlinge
Die Frauen aus Kuba verbinden das Kinderevangelium mit gesellschaftlichen
Problemen in ihrem Kontext; auch das Bild von Ruth Mariet Trueba will darauf
verweisen. Die weiße Erwachsenenhand, die eine dunkle Kinderhand hält, kann aber
auch als Anregung verstanden werden, sich mit einem aktuellen Problem in
Österreich auseinanderzusetzen, das der Aufforderung Jesu, Kinder aufzunehmen,
brennende Aktualität verleiht: unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Dazu im
Folgenden zwei Geschichten und einige Hintergrundinformationen.
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Tipp zur Arbeit mit den Geschichten: Die Schicksale unbegleiteter minderjähriger
Flüchtlinge sind mehr als schwer. Dennoch ist ihre Situation nicht hoffnungslos. Die
Aufnahme und die Unterstützung, die sie durch kirchliche Einrichtungen (der
Diakonie, der Caritas, von Ordensgemeinschaften) erfahren, gibt ihnen Hoffnung.
Diese Hoffnung ist, wie die aktuelle Kampagne „Hoffnungsträger“ der Diakonie
Österreich zeigt und betont, keine Einbahnstraße: Die Diakonie ist (ebenso andere
kirchliche Hilfsorganisationen) Hoffnungsträgerin für ihre KlientInnen. Und die
KlientInnen sind HoffnungsträgerInnen für uns. Die folgenden Geschichten von
unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen können durch diese Hoffnungs-Brille
gelesen und besprochen werden: Warum ist die Diakonie Hoffnungsträgerin für
Hadi? Warum ist Don Bosco Hoffnungsträger für Mostafa? Warum sind Hadi und
Mostafa Hoffnungsträger für uns?
Kinder aufnehmen: unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in
Österreich
Mostafa Noori hat Aufnahme erfahren beim Don Bosco Flüchtlingswerk
https://www.donbosco.at/de/startseite/news/details/das-los-unbegleiteter-minderjaehrigerfluechtlinge.html
Mostafa Noori ist letztes Jahr 18 geworden. Die meisten jungen Menschen verbinden den
Überstieg ins Erwachsenenalter mit mehr Rechten und Freiheiten, mit Autofahren und dem
Abschluss der Schulausbildung. Mostafa brachte sein 18. Geburtstag nur noch mehr
Unsicherheit und Not. Der junge Afghane ist mit 16 nach Österreich geflohen und in der
Jugendwohngemeinschaft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umF) Noemi des Don
Bosco Flüchtlingswerks in Wien untergekommen. Sein Status als umF hatte ihm, verglichen
mit volljährigen Asylwerbern, eine umfassendere Betreuung gesichert. Mit seinem 18.
Geburtstag endete die umF-Versorgung und Mostafa musste von einem Tag auf den
anderen die Jugendwohngemeinschaft verlassen. So wie dem jungen Afghanen geht es
tausenden Flüchtlingen in Österreich. (...)
In den beiden Wohnheimen des Flüchtlingswerks, im Haus Abraham im 23. Bezirk und im
Haus Noemi im 4. Wiener Bezirk, leben zurzeit insgesamt 26 männliche umFs. Die jungen
Burschen sind zwischen 14 und 18 Jahre alt und kommen aus Afghanistan, Somalia, Syrien
und dem Irak. Gemeinsam ist ihnen die oft gefährliche, Wochen andauernde Flucht aus ihren
Heimatländern.
Mostafas Flucht begann 2011 in seiner Heimatstadt Herat im Westen von Afghanistan.
Schutzgelderpressungen und die Entführung des Vaters durch die Taliban hatten die Flucht
der Familie nötig gemacht. Von Herat aus floh er mit Mutter und Geschwistern in den Iran,
von dort aus weiter in die Türkei. In Istanbul habe seine Mutter entschieden, in den Iran
zurückzukehren und bei Verwandten Unterschlupf zu suchen. Zu beschwerlich war die
Reise, die sie oft tagelang ohne Essen und zu Fuß über staubige Landstraßen führte. Bis
heute leben sie illegal in Maschad. Mittlerweile hätten die Taliban auch seinen Vater wieder
freigelassen. „Ich bin erleichtert, dass die ganze Familie jetzt im Iran zusammen ist, auch
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
wenn sie dort illegal sind, ist es sicherer als in Afghanistan.“ Skype ermöglicht ihm, den
Kontakt zu halten.
Im Iran zu bleiben, war für Mostafa nie eine Option, er wollte nach Europa. Von der Türkei
aus gelang ihm die Überfahrt in einem kleinen Schlauchboot nach Griechenland. Die
gefährliche Überfahrt beschere ihm auch heute noch Alpträume. Nach seiner Ankunft in
Österreich vermittelte ihn der Fonds Soziales Wien (FSW) in das Haus Noemi. An seine Zeit
in dem Jugendwohnheim denke er gern zurück; an die Sprachkurse, die gute Betreuung und
den Zusammenhalt unter den Burschen.
Alleine werden die jungen Flüchtlinge in den Wohnheimen nie gelassen - mindestens einer
der 15 sozial-pädagogischen Betreuerinnen ist für die jungen Männer da - zu jeder Tagesoder Nachtzeit. Probleme gebe es aber kaum, zumindest nicht mehr als in anderen
Jugendwohnheimen, erzählt die pädagogische Leiterin des Hauses Abraham, Beatrix Peichl:
„Im Grunde sind das ganz normale Jugendliche, mit Bedürfnissen, wie sie andere
Jugendliche auch haben.“
Grundpfeiler des Betreuungsprogramms ist neben der Organisation einer geregelten
Tagesstrukturierung auch die Bildungsarbeit. Alle Jugendlichen besuchen eine
Bildungsmaßnahme wie beispielsweise Deutschkurse, eine Basisbildung oder
Hauptschulabschlusskurse, eine Lehre oder auch eine weiterführende Schule. Einige weisen
aufgrund ihrer Vergangenheit auch große Lücken in ihrer Bildungslaufbahn auf, so Peichl.
Mit dem Bildungs-Kontingent, das Teil der umF-Versorgung ist, sei man oft schnell am Ende.
Was umFs an Geld- und Sachzuwendungen tatsächlich zusteht, stehe im krassen Kontrast
zur oft kritisierten vermeintlichen „Luxus-Behandlung“ von Flüchtlingen. Fünf Euro
Essensgeld pro Tag, 40 Euro Taschengeld pro Monat, 150 Euro im Jahr für Kleidung,
maximal 200 Euro für den Schulbesuch und die Krankenversicherung bekomme jeder umF
von der Stadt Wien, rechnet Peichl vor. Ohne zusätzliche Geld- und Sachspenden sei das
tägliche Leben für die jungen Burschen kaum bestreitbar. Die "Wiener Tafel" schicke immer
wieder Lebensmittel, Privatpersonen spenden Kleidung und einmal pro Woche wird in den
beiden Häusern gemeinsam gekocht.
Mit dem 18. Geburtstag müssen die jungen Flüchtlinge die Jugendwohnheime verlassen. (...)
Mostafa hat das am eigenen Leib erlebt. Im Moment lebt er in einer Wohngemeinschaft mit
zwei Österreichern in Wien. Vermittelt hat ihm die Wohnung seine Patenfamilie. Seit
September 2014 besucht er die Handelsakademie. Einen Asylbescheid habe er bis jetzt
noch nicht, eine Entscheidung ist aber bis 1. Juli zu erwarten. Von der Zukunft wünscht er
sich, seine Ausbildung abzuschließen, einen Job zu finden und eine Familie zu gründen - wie
viele andere junge Erwachsene eben auch.
Hadi Nazari hat Aufnahme erfahren im BACH Bildungszentrum des Diakonie
Flüchtlingsdiensts
http://blog.diakonie.at/blog/habe-jetzt-vertrauen-dass-ich-viel-lernen-kann
https://fluechtlingsdienst.diakonie.at/einrichtung/bach-bildungszentrum
Hadi stammt aus Afghanistan, ist 19 Jahre alt und seit 2 1/2 Jahren in Österreich. Erst in den
letzten neun Monaten konnte er endlich einen Deutschkurs machen und hat es geschafft,
seinen Hauptschulabschlusskurs mit Bestnoten abzuschließen. Er wohnt in Mödling und
möchte gerne eine Lehre finden. Wenn Hadi allein zuhause ist, hört er gerne Musik, und er
kocht auch gerne. Aber Hadi ist ein sehr nachdenklicher und auch oft trauriger junger Mann.
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
„Früher habe ich ein Ziel gehabt. Jetzt habe ich kein Ziel, keine Zukunft“, sagt er. Hadi ist
ganz allein aus Afghanistan geflohen. Er ist nach einer langen und schweren Reise über den
Iran nach Österreich gekommen. Sein sehnlichster Wunsch ist es, seine Familie, die im Iran
lebt, zu sich zu holen. Aber es erscheint ihm aussichtslos, ist doch auch sein dauerhafter
Aufenthalt in Österreich noch immer nicht gesichert. Und trotzdem: „Jetzt will ich Arbeit
finden. Ich muss Geld verdienen und möchte meine Familie schützen“, sagt er. „Ich sag
ihnen oft: Ihr seid wichtig für mich. Ich mache alles, ich bleibe stark. Mir ist egal, wie viele
Stunden ich arbeiten muss. Ich will ihnen helfen. Aber ich kann nicht viel helfen. Deshalb bin
ich oft traurig.“
Hadi hat zwei Freunde, die ähnliches erlebt haben. Wenn die anderen auch ihre Geschichte
erzählen, weiß er: Er ist nicht alleine. „Es geht meinem Freund auch so. Er sagt oft: Egal …
wir müssen weiterleben. Deswegen sind die Freunde wichtig. Reden hilft immer. Wenn du
böse, glücklich, traurig bist… kann man das mit Freunden teilen“.
Stolz ist Hadi auf seinen Schulabschluss, den er mit sehr guten Noten geschafft hat. „Bei der
Hauptschulabschlussprüfung war ich gut. In Mathe 1, in Deutsch 2, Biologie und die anderen
Fächer alles 2er, nur Englisch finde ich schwierig. In neun Monaten hab ich das geschafft,
ich war sehr stolz auf mich. Ich habe jetzt Vertrauen, dass ich viel lernen kann.“
Auszug aus: Kinder- und Jugendanwaltschaft Österreichs, Kinder ohne Rechte. Position zur
Situation der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, Juni 2015:
„Die UN-Kinderrechtskonvention (KRK) und andere völkerrechtliche Dokumente sehen für
diese jungen Menschen, die aus Kriegs- und Krisengebieten unter besonders
traumatisierenden Bedingungen, ohne ihre Eltern, flüchten mussten, besondere
Schutzbestimmungen vor. Österreich hat sich 1992 zur Einhaltung der Kinderrechte
verpflichtet und 2011 Teile davon in der Bundesverfassung verankert. Die Richtlinie des UNKinderrechte Ausschusses Nr. 6 (2005) normiert, „dass das Prinzip des
Diskriminierungsverbots jegliche Benachteiligung eines [...] unbegleiteten minderjährigen
Flüchtlings untersagt“. Im Gegenteil, aufgrund ihrer erhöhten Schutzbedürftigkeit, haben sie
sogar Anspruch auf verstärkte Hilfe und Beistand. Außerdem wird festgehalten, dass sie in
vollem Umfang Rechtsanspruch auf alle Menschenrechte, die einheimischen Kindern
zustehen, haben.
Tatsächlich werden in Österreich jedoch die Kinderrechte und andere völkerrechtliche
Verpflichtungen gegenüber diesen besonders schutzbedürftigen jungen Menschen
missachtet und sie werden im Lebensalltag massiv diskriminiert. Unter anderem widerspricht
eine monatelange Anhaltung in ungeeigneten und überfüllten Erstaufnahmezentren – ohne
Obsorge und Betreuung, Schulbesuch oder Tagesstruktur - allen fachlichen,
sozialpädagogischen, kinderrechtlichen und humanistischen Prinzipien. Darüber hinaus
besteht hinsichtlich der Leistungen und Angebote eine Ungleichbehandlung je nach
Bundesland. Die Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs sind höchst besorgt über
die Zukunft dieser Kinder und Jugendlichen und fordern einen Paradigmenwechsel, der die
Gleichstellung von Flüchtlingskindern und -jugendlichen in sämtlichen Lebensbereichen
beinhaltet!“
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Fakten und Zahlen zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (umF) in
Österreich:
 2014 haben 2.260 umF in Österreich Asyl beantragt, 129 von ihnen waren unter 14 Jahre.
 Anfang Juli 2015 waren laut Innenministerium 41.000 AsylwerberInnen in
Grundversorgung, darunter 3.384 umF. NGO-Angaben zufolge sind 1.500 umF in nicht
kindgerechten Massenquartieren untergebracht, wie z.B. im Erstaufnahmezentrum
Traiskirchen oder der Zeltstadt Erdberg. Manche haben nicht einmal ein Bett und müssen
auf dem Boden oder in der Wiese schlafen. Von psycho-sozialer Betreuung keine Rede.
 UmF sollten möglichst rasch aus Erstaufnahmezentren in kinder- und jugendgerechte
Unterkünfte übersiedeln. Dies passiert nicht, weil erstens ein akuter Mangel an adäquaten
Plätzen herrscht. Zweitens wird bei fast allen umF eine Altersfeststellung durchgeführt, auch
wenn klar ersichtlich ist, dass sie minderjährig sind. Das ist zum einen widerrechtlich (eine
Altersfeststellung ist nur bei begründetem Zweifel über die Minderjährigkeit durchzuführen),
zum anderen führt das zu langen Wartezeiten, da nur zwei Stellen in ganz Österreich
Altersfeststellungen durchführen.
 In Bundesbetreuung kommen momentan auf einen Betreuer/in 100 Jugendliche. In der
Grundversorgungsvereinbarung ist für umF ein Betreuungsverhältnis von 1:10 bis 1:20
vorgesehen.
 Organisationen, die umF adäquate Unterkunft und Betreuung bieten, bekommen einen
Tagsatz von 39 € bis 77 € pro Kind/Jugendlichem. Zum Vergleich: In der Österreichischen
Kinder- und Jugendhilfe beginnen die Tagsätze bei 120 €, für betreuungsintensive
österreichische Jugendliche werden bis zu 400-500 € pro Tag aufgewendet.
 Mit dem Erreichen der Volljährigkeit (18) bekommen jugendliche Asylwerber nur mehr den
Tagsatz für Erwachsene (19,- €). Einrichtungen, die auf die besonderen Bedürfnisse der
umF abstellen, können sich deren Unterbringung dann nicht mehr leisten; die Jugendlichen
müssen die Einrichtung verlassen.
 Dem Recht auf Schulbildung für AsylwerberInnen im schulpflichtigen Alter wird
grundsätzlich entsprochen. Allerdings ist der Schulbesuch während des Aufenthalts im
Erstaufnahmezentrum nur sehr eingeschränkt möglich. Nach der Schulpflicht haben
jugendliche Schutzsuchende (bis zu einem Alter von 25 Jahren) die Möglichkeit, eine Lehre
in einem der so genannten Lehre-Mangelberufe anzutreten. Dies ist jedoch mit
bürokratischen Hürden verbunden und nur in Einzelfällen möglich (im Mai 2015 hatten 107
Flüchtlinge eine Lehrstelle). Eine andere theoretische Möglichkeit ist, eine weiterführende
Schule zu besuchen. Der Arbeitsmarkt steht ihnen nicht offen. Eine wichtige Bildungschance
für umF, die nicht mehr schulpflichtig sind, ist der zweite Bildungsweg, auf dem sie einen
Schulabschluss nachholen können.
Geschichten der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen von Don Bosco Flüchtlingswerk übernommen lt.
Absprache mit C. Hölbling.
in
Dr Maria Katharina Moser
Vikarin in der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Wien-Simmering
-31-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Das heilbringende Zeichen für alle Völker und Nationen –
(Jes 11,1-10)
1
Der Prophet Jesaja und das Buch Jesaja
Der Prophet Jesaja wirkte im Südreich Juda (Hauptstadt Jerusalem) im 8. Jh. v. Chr. Die
Herrscher seiner Zeit waren die Könige Jotam, Ahas und Hiskija. Zur Zeit Jesajas
verschärfte sich die Situation in den beiden Reichen. Das Nordreich Israel ging durch die
assyrische Macht 722 v. Chr unter und die Folge war die assyrische Gefangenschaft. 136
Jahre später (586 v. Chr.) wurde auch das Südreich durch die babylonische Macht zerstört
und seine Bevölkerung in die babylonische Gefangenschaft verbannt.
Der Personenname Jesaja bedeutet „JHWH / Gott ist Heil / Rettung“. Dieser Name bringt
zum Ausdruck sowohl das hoffnungsvolle Programm des Wirkens des Jesaja in seiner
schweren Zeit als auch die zentrale Botschaft und den roten Faden des gesamten
Jesajabuches, obwohl dieses umfangreiche Buch aus mehreren Teilen besteht (traditionelle
Gliederung: Proto-, Deutero- und Tritojesaja), eine lange Entstehungsgeschichte hat und
nicht wie „aus einem Guss“ ist. Wie aussagekräftig die Botschaft des Jesajabuches ist, zeigt
auch die Tatsache, dass dieses Buch neben Psalter und Deuteronomium die im Neuen
Testament meistzitierte Schrift der hebräischen Bibel ist und oft in Verbindung zur Person
Jesu rezipiert wird.
2
Ein heilbringendes Reis aus dem Baumstumpf Isais – (Jes 11,1-10)
Aufgrund der negativen Erfahrungen mit politischer Macht im vorexilischen Israels wird nun
schon in den ersten Kapiteln des Jesajabuches wiederholt jemand (ein Kind mit Namen
Immanuel [Gott mit uns] / ein Heils- und Friedensbringer / ein Herrscher) angekündet und
erwartet, der ganz von JHWH her regiert und seine Macht zur Rettung der Armen einsetzt
(vgl. Jes 7,14-15; 9,5-6; 11,1-10). Im Folgenden wird Jes 11,1-10, die alttestamentliche
Lesung beim WGT 2016, in den Blick genommen und Vers für Vers interpretiert.
1 Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor,
ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht.
Der Textabschnitt beginnt mit dem hoffnungsvollen Bild vom fruchtbringenden Spross aus
dem Baumstumpf Isais. Mit Isai, dem Vater Davids, wird an die Anfänge des Könighauses in
Juda erinnert. Denn wegen des Ungehorsams des Saul ergreift Gott die Initiative, erwählt
das Geschlecht Isais und beauftragt Samuel, den jüngsten Sohn Isais, David, zum König zu
salben (vgl. 1 Sam 16,1-13). Nun fällt im Jesajatext auf, dass die Begriffe „König“,
„Königtum“ und „Davids Thron“ fehlen, demgegenüber aber Termini aus der Landwirtschaft
verwendet werden. Das weist darauf hin, dass die Daviddynastie zur Zeit der Entstehung von
Jes 11 nicht mehr besteht und nicht mehr zukunftsträchtig ist. So kann es sich bei dem
Spross aus dem Baumstumpf Isaias nicht um eine gewöhnliche davidische Fortsetzung
-32-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
handeln. Gott wird jedoch nochmals einen Neuanfang setzen, einen Spross aus dem
Baumstumpf Isais. Er gewährt eine bestimmte Kontinuität, aber zugleich zeigt sich auch
eine Diskontinuität zwischen dem einstigen davidischen Königtum und dem erwarteten
Heilsbringer.
2 Der Geist des Herrn lässt sich nieder auf ihm:
der Geist der Weisheit und der Einsicht,
der Geist des Rates und der Stärke,
der Geist der Erkenntnis und der Gottesfurcht.
Die Ausrüstung des „Reises aus dem Baumstumpf Isais“ mit Gottes Geist wird
hervorgehoben. Der Geist JHWHs wird „ruhen“ auf ihm (EÜ: sich niederlassen auf ihm). Es
fällt auf, dass das Wort „Geist“ (hebräisch rûaḥ) nur in diesem Vers 4mal vorkommt, wie
sonst in keinem anderen Vers in der Bibel. Dadurch wird seine Präsenz auf dem
angekündigten „Sprössling“ deutlich hervorgehoben. Er steht dadurch unter der Leitung
Gottes. In der Heilsgeschichte Israels wurden bereits Mose, Josua, Saul und David, Elija und
Elischa und auch andere Seher, Richter, Propheten und Weisen für ihre Aufgabe zugunsten
des Volkes mit dem Geist Gottes ausgerüstet.
„Der Geist des Herrn“ wird in Jes 11,2 in drei Wortpaaren dargestellt: (1) Weisheit und
Einsicht; (2) Rat / Planung und Stärke; (3) Erkenntnis und Gottesfurcht. Gemeinsam mit dem
Hauptbegriff („der Geist des Herrn“) entsteht eine Art Siebener-Reihe. Die Septuaginta und
die Vulgata kommen zu dieser Siebenzahl auch unabhängig vom Hauptbegriff weil sie in V.
3a hinzufügen: „Er erfüllt ihn mit dem Geist der Gottesfurcht.“ Auf diese Siebener-Reihe aus
dem Jesajabuch geht auch die bis in unsere Gegenwart bekannte christliche Tradition von
den sieben Gaben des Heiligen Geistes zurück.
3 Er richtet nicht nach dem Augenschein,
und nicht nur nach dem Hörensagen entscheidet er,
4 sondern er richtet die Hilflosen gerecht
und entscheidet für die Armen des Landes, wie es recht ist.
Er schlägt den Gewalttätigen mit dem Stock seines Wortes
und tötet den Schuldigen mit dem Hauch seines Mundes.
5 Gerechtigkeit ist der Gürtel um seine Hüften,
Treue der Gürtel um seinen Leib.
Das erste Merkmal des angekündigten Geistträgers ist das Richten bzw. das Recht
Sprechen in Gerechtigkeit. Diese Tätigkeit übt sonst nur Gott selbst unter den Völkern aus
(vgl. Jes 2,4). Dabei fällt die Art und Weise der Rechtsprechung auf: Der Geistträger wird zu
gerechten Entscheidungen kommen aufgrund der Ausrüstung mit dem Geist Gottes, und
nicht aufgrund des „Augenscheins“ und des „Hörensagens“. Das Ziel seines Richtens ist der
Schutz der Hilflosen bzw. „Geringen“ (im hebräischen Text), wie auch die Bestrafung der
Frevler und des Landes (anders EÜ: die Gewalttätigen), das auch in den Verfall einbezogen
ist. Sie werden vom Geistträger „geschlagen“ und „getötet“, jedoch nicht im wörtlichen Sinn,
sondern mit seinem „Wort“ (mit dem „Stock seines Wortes“) und mit dem Geist Gottes (mit
dem „Hauch seines Mundes“). Die Waffenausrüstung und -bekleidung des Geistträgers sind
Gerechtigkeit und Treue (keine Waffe oder Gewaltmittel im wörtlichen Sinn!). Gerechtigkeit
und Treue ist sonst nur Gott bzw. seinem Tun eigen.
-33-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
6 Dann wohnt der Wolf beim Lamm,
der Panther liegt beim Böcklein.
Kalb und Löwe weiden zusammen,
ein kleiner Knabe kann sie hüten.
7 Kuh und Bärin freunden sich an,
ihre Jungen liegen beieinander.
Der Löwe frisst Stroh wie das Rind.
8 Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter,
das Kind streckt seine Hand in die Höhle der Schlange.
Der politischen Neuordnung folgt auch die Neuordnung der Geschöpfe. VV. 6-8 stellen die
Vision des allumfassenden Friedens und der Harmonie unter allen Lebewesen dar. Sie sind
parallel aufgebaut:
V. 6
Wolf und Lamm
Panther und Böcklein
Kalb und Löwe
VV. 7-8
Kuh und Bärin
ihre Jungen
Löwe und Rind
ein kleiner Knabe hütet sie
der Säugling beim Natternloch
das Kleinkind bei der Schlangenhöhle
Jeweils gibt es drei harmonische Bilder aus der Tierwelt und dann noch ein Friedensbild
zwischen Mensch und Tier. Ein Kind kann gefahrlos mit der Schlange spielen, die
Feindschaft zwischen Mensch und Schlange ist beendet (vgl. Gen 3,14f). Das Verhalten der
Tiere ist ein einmaliges Bild für die Harmonie innerhalb der Schöpfung und zwischen der
Tierwelt und dem Menschen, für das Aufhören von Gefährdung und für die Heilung der
bestehenden Welt. Die ursprüngliche Harmonie in der Schöpfung wird wieder hergestellt.
VV. 3-8 zeigen, was die Voraussetzung für den allumfassenden Frieden ist. Das ist das Ende
von jeglicher Gewalt, Unterdrückung, Ungerechtigkeit und dem gewaltsamen Tod. Wie bei
der Erschaffung der Welt kann diese neue und geheilte Welt nur durch das Wirken Gottes
und seines Geistes und durch den angekündigten Geistträger entstehen.
9 Man tut nichts Böses mehr
und begeht kein Verbrechen auf meinem ganzen heiligen Berg;
denn das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des Herrn,
so wie das Meer mit Wasser gefüllt ist.
Das Böse und das Verbrechen haben keinen Platz mehr. Das ganze Land ist nicht mehr der
Macht des Bösen und der Sünde ausgeliefert, sondern von der Erkenntnis Gottes erfüllt und
wieder ein Teil von Gottes beständigem Kosmos.
10 An jenem Tag wird es der Spross aus der Wurzel Isais sein,
der dasteht als Zeichen für die Nationen;
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
die Völker suchen ihn auf;
sein Wohnsitz ist prächtig.
Der abschließende Vers bildet den Rahmen mit V. 1. Wieder wird der Spross aus der
Wurzel Isais erwähnt. Dieser Heilbringer wird beim ganzen Geschehen zum universalen
Zeichen für alle Nationen und Völker (und nicht nur für Israel). Sie werden nach ihm fragen,
ihn aufsuchen. Sein Wohnsitz bzw. seine Ruhestätte wird die Herrlichkeit – der Ort der
Gegenwart Gottes – sein.
3 Fragen zum persönlichen Nachdenken und zum Gespräch
* Wo erfahren wir in der heutigen Welt das Böse und Verbrechen wie Gewalt,
Unterdrückung, Ungerechtigkeit, gewaltsamen Tod?
* Wo erleben wir die Unversöhntheit und Konflikte unter den Menschen, unter verschiedenen
Generationen, ethnischer und religiöser Zugehörigkeit usw.?
* Wo ist die Beziehung von Menschen zu anderen Geschöpfen und zur Schöpfung verletzt?
* Wie kann heute die Versöhnung und der Friede unter den Menschen in all ihrer
Verschiedenheit gelebt werden? Wer ist der Heilbringer und der Geistträger in unserer Welt?
* Wozu motiviert uns die Vision des Jesaja vom allumfassenden Frieden und von der
Harmonie unter allen Lebewesen? Zu welchen Veränderungen?
Literatur
Beuken, Willem André Maria, Jesaja 1 - 12 (Herders theologischer Kommentar zum Alten Testament), Freiburg
im Breisgau [u.a.] 2003.
Stuttgarter Altes Testament. Einheitsübersetzung mit Kommentar und Lexikon. Herausgegeben von Erich Zenger,
Stuttgart 2004.
Zenger, Erich u.a. (Hg.), Einleitung in das Alte Testament (Kohlhammer-Studienbücher Theologie 1,1), Stuttgart
7
2008.
Wellmann, Bettina, Eine biblische Vision vom Frieden. Bibelarbeit zu Jes 11,1-16. In: Bieberstein, Sabine (Hg),
Frauen schaffen Frieden (FrauenBibelArbeit 17), Stuttgart 2006, 53-61.
in
Dr . Mira Stare
Senior Scientist am Institut für Bibelwissenschaften und Historische Theologie an der Katholisch-Theologischen
Fakultät Innsbruck und Pastoralassistentin in der Diözese Innsbruck

Wussten Sie, dass
die fünf, prachtvollen alten Städte aus der Kolonialzeit,
Havanna, Trinidad, Cienfuegos, Santiago de Cuba und Camagüey
zum Unesco-Weltkulturerbe gehören?
-35-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Predigtimpuls
„Receive children. Receive me“ (Mk 10,13-16)
Wer die Kinder aufnimmt, nimmt mich auf.
Meine Kinder gehen sehr gerne mit mir auf den Wochenmarkt. Ein Grund dafür ist, dass sie
dort immer etwas von den Früchten, dem Gemüse oder sogar eine Blume geschenkt
bekommen. Je nachdem, was wir besorgen, an welchem Stand wir einkaufen. Bei der
Obstbäuerin unseres Vertrauens darf mein Sohn sich immer selbst einen Apfel aussuchen.
Er liebt Äpfel und nimmt sehr gerne das Geschenk an. Allerdings sucht er stets nach dem
größten. Als Mutter ist mir das natürlich unangenehm und ich versuche, sanft Appelle der
Bescheidenheit an ihn zu richten, jedoch bisher erfolglos. Der Obstbäuerin entlockt diese
Szene jeweils ein Lächeln.
Im Evangeliumstext hören wir, wie Kinder zu Jesus gebracht werden. Die Szene spielt
offensichtlich im Haus. Jesus und seine Jünger sind dort. Sie hatten ein Gespräch, bei dem
die Jünger einiges nachgefragt haben, was Jesus vorher als Antwort auf die Frage eines
Pharisäers gegeben hatte (10,2-12). Es bleibt nicht verborgen, wo Jesus ist. Nicht näher
bestimmte Leute kommen, um ihre Kinder zu Jesus zu bringen. Sie möchten, dass er sie
berührt. Wenn Markus davon berichtet, dass Menschen Jesus berühren wollen, ist das mit
der Absicht verbunden, Anteil an Jesu heilender Kraft zu erhalten. Es geht also um den
Wunsch, dass die Kinder Anteil an Jesu göttlicher Kraft für ihr Leben erhalten.
Die Jünger verhalten sich sehr eigenartig. Sie werden zornig und wollen sowohl die Leute als
auch die Kinder von Jesus fern halten. Sie wurden offensichtlich als Störung oder sogar als
Bedrohung des Wirkens Jesu empfunden.
Jesus bemerkt das und reagiert entsprechend heftig. Was ist ihnen da eingefallen? Natürlich
können die Kinder zu ihm kommen! Sie sollen nicht gehindert werden.
Spannend die Aussage, die Kinder sollen nicht gehindert werden. Immer wieder geht es
darum, Menschen zu Jesus zu bringen. Hier geht es darum, es nicht zu verhindern.
Jesus erklärt seine Aussage auch: Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes. Es geht
also nicht nur um die Kinder. Genauso gemeint sind alle, die wie Kinder sind. Eine Aussage,
die vielleicht etwas schwer zu verstehen ist auf den ersten Blick. Wenn wir uns aber vor
Augen führen, wem das Reich Gottes in erster Linie gilt, dann wird es klar. Jesus hat sich
den Armen5, den Rechtlosen, den Kindern zugewandt. Also all jenen, die benachteiligt sind,
die nicht für sich selbst sorgen können, die im Grunde des Schutzes bedürfen und genauso
auch der Ermächtigung, der Wertschätzung. Jesu Wirken, seine Lehre, sein Leben zeigen
das. Diejenigen, die Gott und seine Nähe brauchen, sie sucht Jesus auf. Sie haben Teil an
Gottes Reich. Für sie ist Gottes Herrschaft da. Ihnen soll respektvoll begegnet, Würde und
Wert zugesprochen werden.
5
Für den Evangelisten Lukas gehören die Kinder zu den Armen (Parallelstelle Lk 18, 15-17), weil sie
nicht viel wert waren, herumgestoßen wurden und in verschiedener Hinsicht unerwünscht waren. Sie
wurden auch nicht ernstgenommen, solange sie nicht die Vorschriften des Gesetzes erfüllen, noch
keine „Leistung“ erbringen konnten.
-36-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
In der Liturgie der Frauen aus Kuba wird genau davon oft gesprochen. Es geht ihnen um die
Rechte der Kinder. Sie sprechen davon, dass wir von den Kindern lernen können. Dass ihre
unmittelbare Freude am Dasein und an der Schöpfung ein Beispiel für uns ist. Sie wollen
sich einsetzen gegen die tägliche Gewalt gegenüber Kindern, Frauen, älteren Menschen.
Ihnen, die sich nicht wehren können, gehört das Reich Gottes, sagt Jesus. Sie, die
schutzbedürftig, arm, mittellos, rechtlos sind und die deshalb eine besondere Gabe
mitbringen, ihnen gehört das Reich Gottes.
Diese besondere Gabe formuliert Jesus so: Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein
Kind (ein Geschenk annimmt), wird nicht in es hineinkommen. Die Stelle meint also nicht
allgemein wie ein Kind zu werden. Sie weist auf eine besondere Gabe der Kinder hin: sie
können ein Geschenk annehmen. Sie öffnen die leeren Hände und lassen sich beschenken.
Sie wählen auch den größten aus allen Äpfeln aus, wenn er ihnen angeboten wird. So sollen
wir sein, wenn uns das Heil angeboten wird! So sollen wir Gottes Herrschaft annehmen! Mit
leeren Händen und mit offenem Herzen sollen wir die Wirklichkeit der heilvollen Gegenwart
Gottes an- und aufnehmen!
Ein Kind hält sich instinktiv für das Wichtigste auf Erden. Es möchte gehört werden, wenn es
ruft. Es möchte Beachtung und Annahme. Und es hat auch das Recht darauf, ob es dieses
Recht bekommt oder nicht. Es wird geliebt, weil es da ist (in der Regel). Ein Säugling wird
geliebt, ohne dass er wüsste, was er tun könnte, diese Liebe zu erringen (brav sein,
Bedürfnisse anderer erfüllen, Leistung erbringen etc.). Die Liebe ist da, weil das Kind da ist.
Es wirft sich in die Arme, die sich voller Liebe ausbreiten. So dürfen und sollen wir uns auch
Gott in die Arme werfen. Weil wir bedingungslos geliebt sind. Dass wir das glauben, ist
Gottes Wunsch. Und dass wir diese Liebe erwidern.
Jesus segnet die Kinder dann. Eine berührende Szene. Er nimmt sie in den Arm, setzt sie
sich auf den Schoß, legt ihnen die Hände auf und segnet sie. Von der alttestamentlichen
Bedeutung her bedeutet segnen, schöpferische Lebenskraft, Lebensfülle, lebenswirkende
und -erhaltende Kraft weiterzugeben. Neben dem täglich Lebensnotwendigen braucht auch
die Seele Nahrung. Gottes Gegenwart bedeutet Leben. Gottes Gnade und Liebe soll die
Kinder begleiten. In diesem Raum der Liebe und der Annahme sollen sie aufwachsen, sich
entfalten, groß werden. Was verletzlich ist, gehört geschützt, damit es wachsen kann. Das
gilt für die Kinder, aber auch für alle, die keine Rechte und Möglichkeiten haben. Die sollen
die Stimme erheben, die es können. Die sollen sich stark machen, die die Macht dazu
haben.
Was die Geschichte auch zeigt: Kinder gehören in die Mitte. Sie sind selbstverständlicher
Teil der Gemeinde und Kirche. Sie sind nicht weniger wert, auch nicht als Glaubende. Sie
müssen nicht erst „was werden“, um es in die Gemeinschaft zu schaffen. Gerade der Glaube
der Kinder kann eine große positive Herausforderung für die Erwachsenen sein! Wie sehr
glauben wir, dass Gott Großes vollbringen kann? Wir sind doch oft in dem Machbaren, dem
Möglichen verhaftet. Damit begrenzen wir auch Gott in unserem Denken. Wir schränken
unsere Erwartungen ein. Wir stutzen unsere Hoffnungen auf die (scheinbare) Realität
zurecht.
Dorothee Sölle erzählte von ihrer Enkeltochter, dreieinhalb Jahre war sie, als sie alle ihre
Tassen aus dem Schrank nahm und sich ein Café aufbaute. Sie schenkte imaginären Kaffee
an imaginäre Gäste aus. Nach einer Weile sagte ihre Mutter: „Jetzt musst du aufräumen, wir
-37-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
wollen zu Abend essen.“ Die Dreieinhalbjährige blickte ihre Mutter nachdenklich an und
sagte: „Mama, du, du denkst nur in echt!“.6
Ein wunderbarer Satz! Ein Satz, der uns nachdenklich machen kann. Für Kinder in der
imaginären Phase gibt es eine andere Welt in der sie mit imaginären Personen leben. Und in
einer Welt, in der alles möglich scheint. Superkräfte und Wunder sind da kein Problem. Auch
Gott wird alles zugetraut. Ich erinnere mich noch an den Sohn einer Freundin, der mit 4
Jahren eine Bindehautentzündung bekam. Er wollte sich nicht die Augen auswaschen und
behandeln lassen. Seine Mutter war verzweifelt und besorgt und ließ sich zu dem Satz
hinreißen: „Wenn du deine Augen nicht behandeln lässt, wirst du blind!“ Er erwiderte in aller
Gemütsruhe: „Dann kommt Jesus und heilt mich.“
Beziehen wir Erwachsene uns nicht manchmal zu sehr auf das, was möglich und real, was
„echt“ ist? Und machen wir dadurch nicht auch unsere Welt und Gottes Möglichkeiten sehr
klein? Nicht dass wir jetzt einem Wunderglauben anhängen sollen. Aber vielleicht ist es gut,
Gott immer mal wieder mehr zuzutrauen, als wir uns trauen, weil wir ja so vernünftig und
realistisch sind.
Nehmt das Reich Gottes an, wie ein Kind ein Geschenk annimmt! So voller Erwartung und
(Vor-)Freude möchte ich sein! So selbstverständlich das Größte für mich, für die Menschen,
für die Welt beanspruchen, weil es mir ja (mit großer Freude) angeboten wird! Ich kann
wählen, welche Größe das Geschenk für mich hat. Ist es der kleine runzlige Apfel, der schon
viel zu lange in der Kiste liegt? Oder der mittlere, der auch gut ausschaut und sicher gut
schmeckt. Oder doch der größte, saftigste, roteste Apfel, der mir ins Auge springt und nur
auf mich wartet!
Mit leeren Händen und offenen Herzen dürfen wir Gottes Gegenwart in unserem Leben und
dem Leben der Welt erwarten. Realitätssinn und Wirklichkeitsverständnis sind gut. Wir
brauchen sie fürs tägliche Leben. Sie helfen uns weiter, wenn wir uns in etwas versteigen,
was keine Zukunft hat. Sie weisen uns manchmal einen alternativen Weg, der vielleicht der
bessere ist oder werden kann. Was wäre aber das Leben ohne (große) Erwartungen? Von
Gott mehr zu erwarten, dazu werden wir ermutigt. Das große und großartige Geschenk
anzunehmen, das uns hingehalten wird, dazu sind wir ausdrücklich eingeladen! Wir dürfen
uns mit hineinnehmen lassen in Gottes Umarmung der Güte und mit leeren Händen und
offenem Herzen annehmen, was er für uns bereithält.
Pastorin Anke Neuenfeldt,
Evangelisch-methodistische Kirche Graz
Literatur: Walter Klaiber, Die Botschaft des Neuen Testaments, Das Markusevangelium, neukirchener theologie,
S. 187-190
Joachim Gnilka, EKK II/2, Das Evangelium nach Markus (Mk 8,27-16,20), Benziger/Neukirchener, S. 79-83
Eugen Drewermann, Das Markusevangelium, Zweiter Teil, Walter-Verlag, S. 104-114
6
in: Sölle/Steffensky, Löse die Fesseln der Ungerechtigkeit, Kreuzverlag, S.169
-38-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Projektinformationen
DACH - Gemeinsame WGT-Projekte – Stark und sichtbar
Die Recherche von Partnerorganisationen im Schwerpunktland der Liturgie stellt die
Projektreferentinnen von Deutschland (D) Österreich (A) und der Schweiz (CH) vor
ähnliche Herausforderungen und Aufgaben. Gleichzeitig haben wir festgestellt, dass
bei der Auswahl von überzeugenden Projektanträgen alle drei Länder die gleichen
Kriterien anwenden. Besonders bewusst wurde dies bei den Vorbereitungen zum
Weltgebetstag aus Frankreich (2013). Recht bald entstand dann die Idee einer
gemeinsamen Projektförderung in dem jeweiligen Schwerpunktland. Die
Zusammenarbeit DACH war geboren. Darüber hinaus fördern die WGT-Komitees
von Deutschland, Österreich und der Schweiz unabhängig voneinander viele weitere
Frauen- und Mädchenprojekte eigenverantwortlich.
Gemeinsame Projektfinanzierung für Projekte aus dem Land der Liturgie in der
WGT-Bewegung bringt viele Vorteile:
 Projektreferentinnen der drei WGT’s
bündeln ihre Kräfte in der
Antragsbearbeitung,
Partnerkommunikation,
Berichtswesen
 Gemeinsame Finanzierung von
öffentlichkeitswirksamen „WGTProjekten“
 Potentielle Partnerorganisationen
haben eine größere
Förderperspektive (zeitlicher Umfang Foto©WGT Schweiz
und Budgethöhe) und ihre
Berichtspflicht an nur ein WGT-Komitee
So wird WGT-DACH jeweils zwei, oder gegebenenfalls mehr, WGT-Länder parallel
bearbeiten.
Die erste gemeinsame Partnerorganisation war das „Bahamas Crisis Centre“ (BCC)
in Nassau, der Hauptstadt der karibischen Inselgruppe der Bahamas anlässlich des
Weltgebetstages 2015.
Nach diesen ersten guten Erfahrungen haben die Weltgebetstagskomitees
Deutschland, Österreich und der Schweiz beschlossen, auch im Weltgebetstagsland
2016, Kuba, gemeinsam Projekte zu unterstützen.
Seit vielen Jahren zeigt sich die Verbundenheit der drei Komitees im kollegialen
alltäglich Austausch z. B. bei der Übersetzung der Liturgie und der Erstellung der
Bildungsmaterialien. Durch die DACH-Kooperation wird diese nochmals verstärkt.
Maria Schachamayr
-39-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Einblicke in die Arbeit des Bahamas Crisis Centre
Interview, das die Projektverantwortliche des Deutschen
Weltgebetstages, Mag.a Cornelia Marschall mit der Leiterin des BCC
Dr.in Sandra Patterson geführt hat.
CM: Cornelia Marschall
SP: Sandra Patterson
CM: Liebe Sandra, seit 2014 unterstützen die Weltgebetstags-Bewegungen in Deutschland,
Österreich und der Schweiz das Bahamas Crisis Center. Worum geht es im Projekt?
SP: Wir haben mit WGT-Unterstützung durch eine Medienkampagne, die sich speziell an
Teenager richtet, auf das Thema sexualisierte Gewalt aufmerksam gemacht. In unserer
Gesellschaft ist Sexualität immer noch ein Tabuthema, wir müssen aber darüber sprechen,
wenn wir Kinder und Jugendliche schützen wollen. Daher auch der Slogan unserer
Kampagne „Lasst uns reden“. Die Radio-Spots wurden oft kommentiert.
Auch unsere offenen Diskussionsforen in den Stadtteilen zu geschlechterspezifischer Gewalt
waren erfolgreich. Wir wurden auch von verschiedenen Jugendorganisationen eingeladen,
für sie einen Austausch zu organisieren. So konnten wir statt der geplanten 5 Treffen
insgesamt 18 veranstalten. Die Gespräche dort haben uns noch einmal gezeigt, wie tief
gewaltfördernde Geschlechterstereotypen in Kultur und Tradition noch verankert sind und zu
sexualisierter Gewalt selbst gegen Kleinkinder führen. Dies war auch ein Grund, warum wir
das Angebot unseres Zentrums um eine Anlaufstelle für Kinder mit Gewalterfahrung
erweitert haben.
CM: Was hat dich besonders überrascht?
SP: Die Offenheit, mit der manche Jugendlichen ihre eigenen Erfahrungen als Opfer
sexualisierter Gewalt mit der Gruppe geteilt haben. Das ist einzigartig, wenn man bedenkt,
wie schnell dies zu gesellschaftlicher Stigmatisierung führt und wie weit verbreitet die
Vorstellung ist, sie seien selbst schuld. In vielen Gruppen war dies der Startschuss, die
bisherigen „Wahrheiten“, z.B. „sie hat’s ja darauf angelegt“ intensiv zu diskutieren.
CM: Wo hattet ihr 2014 besondere Erfolge bzw. Schwierigkeiten?
SP: Enttäuscht hat uns, dass wir nicht, wie geplant, genügend Jugendliche dazu motivieren
konnten, an den MultiplikatorInnen-Trainings teilzunehmen, um in Zukunft in den Stadtteilen
als AnsprechpartnerInnen zur Verfügung zu stehen. Dies zeigt uns, dass sexualisierte
Gewalt und kritische Anfragen an Geschlechterstereotypen weiterhin „heiße Eisen“ sind. Wir
müssen den Jugendlichen den Rücken stärken, bis sie sich genau dies zutrauen, es braucht
noch viel Aufklärungsarbeit.
Andererseits hat gerade unsere Medienkampagne zu mehr Sensibilität für den
Zusammenhang von Geschlechter-Stereotypen und geschlechterspezifischer Gewalt
beigetragen. Im Februar 2014 hat die Regierung eine wichtige Reform angekündigt: die
Gleichstellung der Geschlechter soll in die Verfassung aufgenommen werden. Dies hat im
Land ein Aufsehen erregt wie seinerseits der Versuch, Vergewaltigung in der Ehe als
Straftatbestand zu etablieren. Nachdem BCC im eklatanten Mangel an Gleichstellung eine
zentrale Ursache für geschlechterspezifische Gewalt sieht, haben wir uns umgehend einer
Koalition von Frauenorganisationen angeschlossen, um das Vorhaben der Regierung zu
unterstützen.
CM: Was hat sich durch das Projekt für das BCC als Organisation verändert?
-40-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
SP: Wir haben definitiv einen besseren Draht zu Jugendlichen. Intern haben wir jetzt eine
eigene Abteilung für Jugendarbeit eingerichtet. Darüber hinaus werden wir häufiger von
Sekundarschulen angefragt, in den Abschlussklassen zu Geschlechterbildern, Sexualität und
geschlechterspezifischer Gewalt zu arbeiten. Seit wir in einem Gottesdienst zu häuslicher
Gewalt gearbeitet haben, werden wir zunehmend von den Kirchen um Trainings für ihre
Frauenorganisationen angefragt.
CM: Sandra, ich danke dir für das Gespräch!
a
Mag. Cornelia Marschall
Projektreferentin WGT-Deutschland
WGT - Projekte 2016
Kuba, landesweit: Eigenes Einkommen und Beteiligung am sozialen Leben für die
Generation 55+
In dem Projekt, das in Kooperation mit dem WGT Deutschland und der Schweiz für 3 Jahre
gefördert wird, geht es darum, würdiges Leben im Alter durch wirtschaftliche Eigenständigkeit zu
fördern und das Negativbild der "unproduktiven Alten" zu verändern.
Nicht selten stehen ältere Menschen in Kuba nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben
wirtschaftlich und sozial vor dem Nichts: die staatliche Mindestrente reicht nicht zum Überleben
und familiäre Versorgungsnetze brechen weg.
Eine große Herausforderung bestehe darin, so die Partnerorganisation Caritas Cuba (CC), das
Negativbild von den „unproduktiven Alten“ zu verändern. CC bekämpft die wirtschaftliche Not der
Generation 55+ mit Einkommen schaffenden Maßnahmen, versucht die Gefahr der Ausgrenzung
durch die Stärkung sozialer Netze zu verringern und hinterfragt gängige Rollenbilder von Frauen
und Alten durch Bildungsarbeit. Im aktuellen Projekt wird der landesweite Aufbau von 150 sogenannten "produktiven Gruppen" gefördert. Dabei handelt es sich meist um Änderungsschneidereien, Kunsthandwerk und Gemüsezucht.
Dadurch erhalten ca. 700 ältere Menschen
(davon 2/3 Frauen) die Möglichkeit, sich ein
Existenzminimum zu erwirtschaften bzw.
einen Beitrag zum Familieneinkommen zu
leisten.
Caritas Cubana wurde 1991 von der kubanischen Bischofskonferenz gegründet und ist
bislang die einzige „echte“ Nichtregierungsorganisation in Kuba, da sie nicht von der
Regierung/Partei kontrolliert wird. Ihr Auftrag
lautet, „in Anerkennung der Würde jeder
einzelnen Person das Risiko der Ausgrenzung
minimieren“. Konkret bedeutet dies die Arbeit
mit Kindern, Jugendlichen, Familien, Alten,
Handarbeitenverkauf ©Caritas Cubana/WGT
Behinderten und HIV/Aidskranken sowie die
Deutches Komitee e.V.
Unterstützung von Opfern von
Naturkatastrophen.
Frauenförderung ist weniger Programm denn implizite Konsequenz der Realität: Frauen sind in
den Zielgruppen und beim Personal bzw. den Freiwilligen in der Überzahl.
Fördersumme für Österreich 21.000,-- Förderdauer: 2016 - 2017
-41-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Kuba, landesweit: Multiplikatorinnen-Schulung zu Gender
Frauen sind seit der Kubanischen
Revolution 1959 zwar rechtlich
gleichgestellt, davon ist im Alltag jedoch
wenig zu spüren. Während die berufliche
Gleichstellung gesellschaftlich akzeptiert ist,
sieht es im Privaten anders aus.
Ungezügelte männliche Sexualität und
verantwortungslose Vaterschaft wird
hingenommen, Verhütung und familiäre
Sorgearbeit obliegt der Frau. Auch die
Folgen von konstanten Versorgungsengpässen, das Auseinanderbrechen der
sozialen Netzwerke durch Migration,
wachsende Defizite der sozialen
Infrastruktur und die zunehmende
Arbeitslosigkeit werden den Frauen
aufgebürdet. Ebenfalls ist innerfamiliäre
Gewalt bzw. Gewalt gegen Frauen ein
Thema.
Workshop © Caritas Cubana/WGT Deutsches
Komitee e.V.
Der Kubanische Kirchenrat (Consejo de Iglesias de Cuba Àrea Diaconía) sieht Gender deswegen
als Querschnittaufgabe. 30 Promotorinnen setzen sich für die Förderung von Frauenrechten ein.
Der Fokus liegt auf der persönlichen Selbstbestimmung, gesellschaftlicher Teilhabe und
wirtschaftlicher Unabhängigkeit. Indirekte Zielgruppen sind die Funktionsträger in den Mitgliedskirchen sowie die Bevölkerung in den jeweiligen Gemeinschaften. Im Rahmen des Projektes
werden Fortbildungszyklen zu Genderperspektive und solidarischer Ökonomie bzw. Grundkenntnisse zum Aufbau von Kleinstbetrieben finanziert.
Die Partnerorganisation der Kubanische Kirchenrat, ist ein Zusammenschluss protestantischer
Kirchen und Bewegungen. 1977 gegründet, diente er als Plattform, um kirchliche Interessen mit
dem damals noch verfassungsmäßig atheistischen Staat zu verhandeln. Im Zuge der schweren
Wirtschaftskrise zu Beginn der 90er Jahre („Spezialperiode“) und den größeren Spielräumen, die
Kirchen seit der Verfassungsänderung zugunsten eines laizistischen Staates haben, weitete CIC
sein Aufgabenprofil aus und fördert seitdem in seinen Mitgliedskirchen Entwicklungsprojekte mit
Fokus auf nachhaltige Energie, Ernährungssicherung, Gesundheit und Sozialarbeit.
Fördersumme: 8.000,-- Förderdauer: 2016
…weitere aktuelle Projekte aus aller Welt
Uganda: HIV/AIDS Prävention durch das „Treue Haus“ Projekt
Derzeit sind rund 7 Prozent der Bevölkerung in Uganda mit HIV infiziert. Die Hälfte davon sind
Frauen. Ein hoher Prozentsatz davon wurde innerhalb der Ehe infiziert. Gründe dafür sind die
längere Abwesenheit einer der Lebenspartner durch die Arbeit oder unglückliches
Zusammenleben. Frauen sind stärker von einer Infektion betroffen als Männer, da sie allgemein
einen schlechteren sozialen Status haben und oft finanziell von ihrem Mann abhängig sowie von
häuslicher Gewalt betroffen sind. Die Krankheit verschlechtert die Situation.
Partnerorganisation ist die Kiyinda Mityana Diözese, sie versucht durch das „Treue Haus“ Projekt
die Situation der Frauen zu verbessern. Es wird auf das Fundament einer dauerhaften
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
partnerschaftlichen Beziehung aufmerksam gemacht, dadurch soll die Familie gestärkt werden.
Mittels Seminaren und Trainings wird Pärchen und jungen Erwachsenen, die sich auf die
Hochzeit vorbereiten, die Bedeutung der Familie
und die Verantwortung für andere vermittelt.
Insgesamt sollen 120 Pärchen und 80
junge Erwachsene erreicht werden. Mit
Seminaren, Gruppenformatierungen, HIV
Beratung und Testung sowie Aktivitäten zur
Gewinnung von Einkommen soll die Situation für
Männer und Frauen verbessert werden.
Behandelte Themen sind Alkoholismus, Gewalt,
HIV/AIDS Prävention sowie nachhaltige
landwirtschaftliche Praktiken. 150 Familien
werden mit 50 Bananenpflückern versorgt, 50
Familien erhalten Schweine oder Ziegen, deren
Nachwuchs erhalten weitere Familien.
Elternberatung © Kiyinda Mityana Diözese
Auf der gemeindebasierten Ebene, sollen 12
Personen trainiert werden, die ihr Wissen in ihrer Gemeinde weitergeben und eine
Vorbildfunktion einnehmen.
Fördersumme: 20.000,-- Förderdauer: 2016 - 2017
Österreich: Freizeitbeschäftigung für unbegleitete, minderjährige
Flüchtlingsmädchen
Die WoGe 18 ist eine betreute Wohngruppe für 9 unbegleitete minderjährige
Flüchtlingsmädchen in Hollabrunn, die in
Zusammenarbeit mit der Jugendwohlfahrt
Niederösterreich 2008 als Reaktion auf
den dringenden Bedarf der Unterbringung
von unbegleiteten minderjährigen Müttern
geschaffen wurde.
Als gemeinnütziger Verein stehen ihnen
Flüchtlingsmädchen © WoGe 18
jedoch nur sehr beschränkte finanzielle
Mittel zur Verfügung, die zum Großteil in Aus- und Weiterbildung der Mädchen fließen. Deswegen finanziert der WGT Österreich Freizeitangebote. Dadurch lernen die Mädchen, dass
sinnvolle Beschäftigung in der Freizeit ein guter Ausgleich ist und Möglichkeiten zum Stressabbau bietet. Durch die Kurse kommen sie in Kontakt mit anderen Frauen und Mädchen aus
Hollabrunn. Sie lernen neue Leute kennen und verlieren dadurch nach und nach ihre
Hemmungen.
Fördersumme: 3.000,-- Förderdauer: 2016
Österreich: Gemeinsam in einem Boot – Integrationswoche in der Natur mit
asylwerbenden und österreichischen Mädchen
Dieses Projekt des Vereins ROOTS wurde bereits 2015 gefördert. Aufgrund der positiven
Erfahrung und der derzeitigen Brisanz wird es 2016 erneut unterstützt. Jugendliche
Flüchtlingsmädchen verbringen gemeinsam mit Wiener Schülerinnen Zeit in einem OutdoorCamp. Die gemeinsame Auseinandersetzung mit den Anforderungen der Tage „draußen“
macht sie zu Gefährtinnen.
(siehe Bericht Seite 45)
Fördersumme: 5.000,-- Förderdauer: 2016
-43-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Ecuador, Cuenca: Wege in die
Selbstständigkeit
Das Frauenhaus „Maria Amor“ in Cuenca bietet seit
2004 verschiedene Programme an, um Frauen einen
Ausstieg aus der häuslichen Gewalt zu ermöglichen.
Der Weltgebetstag der Frauen in Österreich hat das
Projekt bereits in den Jahren 2011 bis 2012
gefördert und freut sich, dies in den kommenden
Jahren wieder zu tun.
In drei Kleinbetrieben (Wäscherei, Catering-Service
und nun neu – ein kleines Café) erhalten die Frauen
Frauen bei der Arbeit © Marion Burger
eine berufliche Ausbildung und verdienen dort ihr
erstes Geld. In fünf kleinen Wohnungen können
Frauen und deren Kinder zeitlich begrenzt unterkommen.
Fördersummer 35.000,-; Förderdauer 2015-2017
Indien, Rajpur,Gujarat - Ahmedabad: „Erreichen der Unerreichbaren“ –
Trainingsprogramme für benachteiligte
Frauen und Mädchen.
In Zusammenarbeit mit örtlichen NGOs bietet der
Schwesternorden der Dominikanerinnen
Trainings- und Bildungsprogramme für Frauen im
Bereich einkommensschaffende Maßnahmen,
psychosoziale Hilfe und Rechtsberatung an.
Fördersumme: 12.000,00; Förderdauer: 2015 2016
Frauen beim Nähkurs © St. Mary's Nursing
Home
Sierra Leone, Freetown/Newton: Bereitstellung von Nahrungsmittelsicherheit für
die benachteiligte Bevölkerung mithilfe von Getreideanbau und Geflügelzucht
Das langfristige Ziel dieses Projektes ist es, die Fähigkeit der Frauen zu stärken, wirtschaftlich
leistungsfähig zu sein und gesellschaftlich die
Abhängigkeit von ihren Männern zu
verringern. Sie sollen befähigt werden,
Führungsrollen zu übernehmen und an
Entscheidungsprozessen in den Gemeinden
teilzuhaben. Partnerorganisation ist Caritas
Freetown.
Fördersumme:20.000,00
Förderdauer 2015-2016
Frauen bei einem Workshop © Pater Konteh
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Syrien, Amude: Unterstützung zum Weiterbestehen des Frauenvereins Kolishina
Inmitten der dramatischen Kriegs- und
Versorgungssituation versucht der Verein Kolishina
Frauen Zugang zu Bildung zu ermöglichen und sie
handwerkliche und andere Fähigkeiten, die für die
Ausübung eines Berufs nötig oder sinnvoll sind, in
Form von Workshops beizubringen.
Besuch von Mary Kreutzer vom Verein
LeEZA im Frauenhaus © LeEZA
Fördersummer 15.000,-; Förderdauer 2015-2016
Ägypten, Kairo: Schulbildung für Mädchen aus dem Slum Haggana
WGT Österreich unterstützt das Projekt der Caritas Salzburg, bei dem die Privatschule der barmherzigen
Schwestern rund 20 christlichen und muslimischen
Mädchen im schulpflichtigen Alter aus dem Slum Haggana
eine gute Schulausbildung bietet.
Im Schulbus © Stefan Maier/Caritas
Salzburg
Fördersumme: 40.000,-; Förderdauer 2014-2016
Österreich: Freizeitgestaltung im Laura Gatner Haus für unbegleitete
minderjährige Flüchtlinge
Das Laura Gatner Haus der Diakonie bietet 44 Wohnplätze für männliche Jugendliche. Neben
den offensichtlich notwendigen Angeboten zur psychischen Unterstützung und zur Ausbildung,
legt das Team auch großen Wert auf eine aktive, geplante und positive Freizeitgestaltung. Die
Palette der Angebote durch die BetreuerInnen umfasst ein mehrmals wöchentlich stattfindendes Fußballtraining, aber auch Radausflüge, Theater- und Kinobesuche, Schwimmkurse und
vieles mehr.
Fördersumme: 1.000,-- Förderdauer: 2016
Projektbericht:
Gemeinsam Zeit in der Natur verbringen als Methode zu
Verständigung
Outdoorwoche mit asylwerbenden und österreichischen Mädchen
Beim Projekt „Gemeinsam in einem Boot“
verbrachten 4 unbegleitete minderjährige
Flüchtlingsmädchen und 9 Schülerinnen der
HBLA Herbststraße vom 20. bis 24. Juni eine
Outdoorwoche im ROOTS Camp in Stögersbach in Niederösterreich.
Foto ©Ursula Sova
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Ziel des Projekts war es, einen Raum
zu schaffen, in dem junge Mädchen
„mit Papieren“ und „ohne Papiere“
sich auf Augenhöhe begegnen und sie
gegen Vorurteile zu immunisieren.
Dem Camp-Aufenthalt ging der
Workshop „Sensibilisierung im
Umgang mit anderen Kulturen“ in der
Klasse der teilnehmenden
Schülerinnen voran.
Eigentlich hätten 8
Flüchtlingsmädchen mitkommen
sollen, vier haben jedoch kurzfristig
abgesagt. Die Mädchen, die
mitgekommen sind, stammen aus
Afghanistan, Syrien, Nigeria und dem
Iran.
Theaterstücke wurden improvisiert © Ursula Sova
Der gemeinsame Aufenthalt in der Natur,
das gemeinsame Kochen, Arbeiten,
Spielen und Reden ohne Ablenkung durch
Computer, Zeitzwängen und anderen
Einflüssen von außen, hatte positive
Auswirkungen auf die teilnehmenden
Personen. Vertrauen und Offenheit
entstanden leicht und natürlich. Schon
nach kurzer Zeit war das Eis gebrochen
und Freundschaften entstanden. In
Zusammenarbeit mit den Mädchen
entstand während dem Camp-Aufenthalt
auch ein Film, der in der HBLA Herbststraße sowie beim Südwind öffentlich präsentiert
wird.
Beim Geschirrspülen © Ursula Sova
Das Projekt wurde zu einem Großteil aus den
Spendengeldern des „Weltgebetstages der
Frauen“ finanziert und mit Beiträgen der neun
Schülerinnen, des Elternvereins der Schule,
der Institutionen Caritas Wien und Projekt
Caravan/Integrationshaus unterstützt. Südwind
stellte eine Mitarbeiterin als Begleiterin zur
Verfügung.
Das Integrationsprojekt „Gemeinsam in einem
Boot“ fand bereits das 5. Jahr statt. Es wurde
von Jürgen Schneider und Ursula Sova
entwickelt. Mehr Informationen auf:
www.rootscamp.at/angebote/gemeinsam-ineinem-boot
Gemeinsam Zeit in der Natur verbringen ©
Ursula Sova
a
Mag. Verena Bauer
Fotos und weitere Infos zu den Projekten können jederzeit im Büro angefordert werden.
-46-
WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Rückblick Weltgebetstag 2015
Der Weltgebetstag aus den Bahamas stand ganz im Zeichen der allumfassenden Liebe Jesu
mit der bekannten Bibelstelle - der Fußwaschung (Joh.13,1-17) und der Aufforderung es ihm
gleich zu tun. Mit dem von der Künstlerin Chantal Bethel gestalteten Titelbild – „blessed“
(gesegnet) und der Liturgie wollten die Bahamaischen Frauen allen rund um den Globus
mitteilen, dass ihr Land vielfältig gesegnet ist und doch auch dunkle Schatten auf dieses
Naturparadies fallen. Ein Teil dieses Schattens ist die hohe sexuelle und familiäre Gewalt
gegen Frauen und Mädchen. In den rund 370 WGT-Gottesdiensten in Österreich (wie in den
vergangenen Jahren, kreativ und vielfältig gestaltet) konnte man sich als „Beschenkte“
erfahren, um danach beizutragen, die dunklen Schatten im eigenen Umfeld, auf den
Bahamas,…. aufzuhellen.
Durch die Kollekte wurde wieder ein kräftiges Zeichen der Solidarität und des Teilens
gesetzt. Sie betrug rund 174.000,00 Euro.
Herzlichen Dank an alle Spenderinnen und Spender.
Maria Schachamayr
Weltgebetstag 2015 in Zahlen: vorläufiger Stand September 2015
Eingänge
Aufwendungen
Die unentgeltliche umfangreiche Leistung von vielen MitarbeiterInnen ist ein
wesentlicher Beitrag zur finanziellen Entlastung der Aufwendungen zugunsten der
Projektfinanzierung. Ein herzliches DANKE, auch im Namen der Frauen, denen der
WGT eine neue Lebensperspektive eröffnet hat.
Die Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH PROGRESS prüft die jährliche
Geschäftsgebarung des WGT und die ordnungsgemäße Verwendung der
Spendengelder entsprechend den Kriterien des österreichischen
Spendengütesiegels.
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Aus dem Vorstand
Im Vorstand des WGT – Österreich gab es im Frühjahr 2015 einige
Veränderungen.
Die Stelle der Projektbetreuerin mit 10 Wochenstunden konnten wir seit März mit
Mag.a Verena Bauer wieder besetzen. Wir wünschen ihr viel Freude für ihre
Aufgabe und freuen uns auf gute Zusammenarbeit.
An dieser Stelle möchte ich auch herzlich Dank sagen an Maria Schachamayr und
Elisabeth Papauschek (ehrenamtlich) für ihre Projektarbeit während der Zeit, als die
Stelle unbesetzt war.
Im April schieden Ingrid Härle (röm. kath. Delegierte) und Gerda Mlady (Vertreterin
der evang. H.B.-Kirche) auf eigenem Wunsch aus dem Vorstand aus. Wir danken
Ihnen beiden sehr herzlich für ihr langes, ehrenamtliches Engagement im Vorstand
und wissen sie weiterhin dem Weltgebetstag verbunden.
Herzlich begrüßen wir Mag.a Regina Maria Pendl (röm. kath.) in unserer Mitte. Sie
ist schon lange im WGT – Team in Tirol engagiert und wir hoffen, mit einer jungen
Frau auf neuen Schwung und neue Ideen im Vorstand. Gleichzeitig hoffen wir aber
auch, dass aus der evang. H.B. Kirche bald eine Nachfolgerin in den Vorstand
kommt.
In der Vorstandssitzung am 20.April 2015 wurden die Funktionsträgerinnen im
Vorstand für die Periode 2015 – 2018 neu gewählt:
Vorsitzende
Brigitte Zinnburg, evang. A.B.
Stellvertretende Vorsitzende
Eva Lochmann, altkath.
Eva-Maria Schaffer, röm. kath
Finanzreferentin
Elisabeth Papauschek, evang. method.
Stellvertr. Finanzreferentin
Monika Heitz, altkath.
Schriftführerin
Marianne Domby, evang. A.B.
Stellvertr. Schriftführerin
Eva Lochmann, altkath.
Weitere Vorstandsfrauen
Traude Ceyka, evang. H.B.
Laura Fairburn, anglikanische Kirche
Regina Maria Pendl, (röm.-kath.)
Der Vorstand hat sich nach eingehender Information und Beratung durch Frau
Dr. Messner-Wotschke (Wirtschaftsprüfung Steuerberatung GmbH) entschlossen,
um die Erlangung der Spendenabsetzbarkeit anzusuchen. Dazu war eine
Anpassung der Statuten, in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung notwendig Die Umformulierung wurde einstimmig angenommen. Die Einreichung an
das Finanzamt und die Vereinsbehörde konnte erfolgen und seit Mai sind wir auf
der Liste der spendenbegünstigten Organisationen und Einrichtungen des Finanzministeriums unter der Registrierungsnummer SO 2522 zu finden.
Spenden an den WGT können bei genauer Angabe von Name und Adresse ab
sofort geltend gemacht werden.
Brigitte Zinnburg; Vorsitzende
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Zwei „NEUE“ stellen sich vor:
Vorstandsfrau Regina Maria Pendl aus Tirol
Ich lebe in Axams, in der Nähe von Innsbruck und wurde im
Februar 46 Jahre alt. In Axams leite ich schon mehrere Jahre
den WGT und seit heuer bin ich die Verantwortliche in der
Diözese Innsbruck. Bernadette Fürhapter hat mich über den
WGT in den Vorstand der Kfb geholt.
Im Engagement für den WGT kann ich mehrere meiner
Interessen leben.
Frauenthemen, Flüchtlinge und ich interessiere mich sehr für
andere Kulturen. Meinen kleinen Beitrag in dieser Welt leiste
ich, indem ich mich sozial engagiere.
Das tue ich vor allem aus der Kraft meines Glaubens, der für
mich die Quelle meines Lebens ist. Menschen lernen bei der Feier des WGT ein Land aus
der Sicht von Frauen kennen und die Mitfeiernden können dadurch ihren Horizont erweitern.
Gemeinsam unterstützen wir mit der Kollekte Frauenprojekte und tragen damit zu einer
Verbesserung ihrer Lebenssituation bei.
Mein Leben ist geprägt von einem humanistischen Menschenbild und von der Überzeugung,
dass wir alle Kinder Gottes sind. Glaube der sich nicht im konkreten Leben ereignet, ist leer
und erreicht die Herzen der Menschen nicht. Deshalb gefällt mir der Leitgedanke des WGTinformiert beten – betend handeln.
Ich freue mich, mich durch die Arbeit im Vorstand des WGT noch mehr einbringen zu
können.
a
Mag. Regina Maria Pendl
Projektkoordinatorin Verena Bauer, gebürtige Südtirolerin
Liebe WGT-Frauen ich nutze das Arbeitsheft um mich vorzustellen. Ich bin seit März die
neue Projektkoordinatorin und stehe somit jeden Dienstag und
Donnerstag als Ansprechpartnerin für unsere ProjektpartnerInnen im In- und Ausland zur Verfügung. Als gebürtige
Südtirolerin bin ich für mein Studium der Kultur- und Sozialanthropologie nach Wien gekommen. Schon damals hat mich
speziell die Projektarbeit mit Frauen interessiert und ich freue
mich sehr darüber, dass mir WGT Österreich die Möglichkeit
bietet, in diesem Bereich zu arbeiten.
Meine ersten praktischen Erfahrungen im Bereich Frauen in der
Entwicklungszusammenarbeit sammelte ich in der Zentrale der
deutschen Entwicklungsorganisation Gemeinsame Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Frankfurt am Main und in
deren Außenstelle auf den Philippinen. In den Jahren 2012 und
2013 habe ich als Projektkoordinatorin der Radiosendung „Globale Dialoge“, einer
entwicklungspolitischen Sendereihe mit Schwerpunkt Frauen auf Radio ORANGE 94.0, viele
spannende und engagierte Frauen und deren Arbeit zur Verbesserung der Situation von
Frauen kennengelernt. Dieses weitverzweigte Netzwerk werde ich für den WGT Österreich
nutzen.
Am Weltgebetstag gefällt mir vor allem der internationale Charakter. Er verbindet Frauen aus
unterschiedlichen Ländern, mit unterschiedlichen Konfessionen mit dem Ziel, die Welt auf
der wir leben ein bisschen zu verbessern.
a
Mag Verena Bauer
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
Pressetext
Nehmt Kinder auf und ihr nehmt mich auf
Kuba ist die größte Karibikinsel am Eingang des Golf von Mexiko und wird daher "der
Schlüssel des Golfs" genannt. Mit dem subtropischen Meeresklima und den langen
Sandstränden ist das Land ein Natur und Urlaubsparadies. Christoph Kolumbus, der 1492
auch hier an Land ging, schwärmte von dieser Insel.
Kuba steht zur Zeit auch bei den Weltnachrichten öfter im Blickpunkt. Gesellschaftliche und
politische Veränderungsprozesse haben begonnen. Zwischen dem offiziellen Diskurs von
sozialer Gerechtigkeit und der Alltagsrealität klafft oft eine tiefe Lücke.
Aus diesem Land kommt nun die Liturgie, mit dem Titel: "Nehmt Kinder auf und ihr nehmt
mich auf", für den Weltgebetstag 2016, welches auf der Internationalen Konferenz der
Weltgebetstagsbewegung schon 2012 ausgewählt wurde.
Das kubanische WGT-Komitee stellt mit der Bibelstelle aus dem Markusevangelium
(Mk10,13-16) die besondere Beziehung Jesu zu den Kindern (und im übertragenem Sinne
wohl auch zu den in der Gesellschaftsstruktur am Rand bzw. unten Stehenden) und das
Zusammenleben der Generationen in den Mittelpunkt. In der Gottesdienstordnung sind die
Kinder eingebunden in ihre Familien und sozialen Gemeinschaften, die ihre Lebensperspektiven prägen.
Frauen aller Generationen, zugleich Vertreterinnen verschiedener Landesteile eröffnen die
Feier. Sie geben Einblicke in die Geschichte, Geographie, Kultur, den Alltag Kubas und
thematisieren indirekt auch das schwierige Verhältnis zwischen Staat und Kirche in der
jüngeren Geschichte.
Jede Generation bringt einen symbolischen Gegenstand für ihre Lebensrealität mit. Die
Überalterung der Gesellschaft, niedrige Geburtenraten und eine stetig anwachsende
Emigration junger Kubanerinnen, führen dazu, dass soziale Netzwerke brüchig werden.
Die kubanischen Weltgebetstagsfrauen berichten aber auch von den sozialpolitischen
Errungenschaften der Revolution, nämlich einer allen zugänglichen kostenlosen Bildung und
Gesundheitsversorgung. Wir erfahren, dass Kinder in Kuba geliebt und geschätzt werden
und kein Kind arbeiten muss, um das Überleben der Familie zu sichern.
Beten und feiern wir am ersten Freitag im März mit den kubanischen Frauen, wenn sie uns
von ihrem Heimatland, ihren Sorgen und Hoffnungen erzählen.
Maria Schachamayr
Quelle: Infos und Liturgie - WGT Komitee Kuba
Ihre Spende ist steuerlich absetzbar
Ihre Spende für ein Projekt des Weltgebetstages ist ab sofort steuerlich absetzbar. Seit 22.
Mai 2015 sind wir auf der Liste der spendenbegünstigten Organisationen und Einrichtungen
des Finanzministeriums unter der Registrierungsnummer SO 2522 zu finden.
Spenden können in einem Ausmaß von maximal 10 Prozent der steuerpflichtigen Einkünfte
oder des steuerpflichtigen Gewinns des Vorjahres abgesetzt werden. Anonyme Spenden
können nicht geltend gemacht werden, deshalb ist es wichtig bei den Einzahlungsbelegen
(Dauerauftrag, Kontoabbuchung, Erlagschein, etc..) Name und Adresse genau anzugeben.
Bei Barzahlungen am Weltgebetstag bitte in die vorgesehene Liste, Name, Adresse, Betrag
und Unterschrift eintragen und versehen mit den Unterschriften der verantwortlichen WGTFrauen die Gesamtsumme extra überweisen. Danke
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WGT-Arbeitsheft 2016- Kuba
KOLLEKTENBESTÄTIGUNG(KB) 2016
(Original für Österreichisches Nationalkomitee)
Die Kollektenbestätigungen sind für das Erlangen des Spendegütesiegels dringend
notwendig. Wir danken für die Zusendung und ersuchen, die Bestätigungen an die
Geschäftsstelle zu retournieren.
Bitte zu beachten: Die Kollektenbestätigung ist nur gültig, wenn sie mit zwei
(unterschiedlichen!) Unterschriften gezeichnet wurde. Der hier bestätigte Kollekteneingang
muss mit dem tatsächlich überwiesenen Betrag exakt übereinstimmen!
Bitte an WGT Otto-Mauer-Zentrum, Währingerstr. 2-4/2/22, 1090 Wien, senden.
Eingegangene Kollekte: EURO ..........................................
Adresse der Gemeinde:
Name:.............................................................
Strasse: .........................................................
PLZ/Ort: .........................................................
Unterschrift 1: ............................................Unterschrift 2: ……………………………
Bitte überweisen Sie die Kollekte so bald wie möglich (spätestens bis Ende April) auf das
ERSTE- Bank -Konto lautend auf Weltgebetstag der Frauen in Österreich.
IBAN: AT73 2011 1822 5964 1200, BIC: GIBAATWW
Bi tte be a c hte n: Auch bei TELEBANKING – ÜBERWEISUNGEN unbedingt den Ort der
Gemeinde angeben, da sonst keine Zuordnung zu einem Bundesland möglich ist!

............................................................................................................................. ...............
K O L L E K T E N B E S T Ä T I G U N G (KB) 2 0 1 6
(Kopie für Ihre Unterlagen)
Die Kollektenbestätigungen sind für das Erlangen des Spendegütesiegels dringend
notwendig. Wir danken für die Zusendung und ersuchen, die Bestätigungen an die
Geschäftsstelle zu retournieren.
Bitte zu beachten: Die Kollektenbestätigung ist nur gültig, wenn sie mit zwei
(unterschiedlichen!) Unterschriften gezeichnet wurde. Der hier bestätigte Kollekteneingang
muss mit dem tatsächlich überwiesenen Betrag exakt übereinstimmen!
Bitte an WGT Otto-Mauer Zentrum, Währingerstr. 2-4/2/22, 1090 Wien senden.
Eingegangene Kollekte: EURO ..........................................
Adresse der Gemeinde:
Name:….........................................................
Strasse: .........................................................
PLZ/Ort: .........................................................
Unterschrift 1: .........................................Unterschrift 2: ……………………………
Bitte überweisen Sie die Kollekte so bald wie möglich (spätestens bis Ende April) auf das
ERSTE- Bank-Konto lautend auf Weltgebetstag der Frauen in Österreich.
IBAN: AT73 2011 1822 5964 1200, BIC: GIBAATWW
Bi tte be a c hte n: Auch bei TELEBANKING – ÜBERWEISUNGEN unbedingt den Ort der
Gemeinde angeben, da sonst keine Zuordnung zu einem Bundesland möglich ist!
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