Sauna & Bäderpraxis 3/15

AUFGUSS-WM
AUFGUSS-WM 2015
3 – 2 –1 Aufguzzz!
Nach der AUFGUSS-WM ist vor der
­AUFGUSS-WM: Die Vorbereitungen
für den internationalen Top-Event im
­nächsten Jahr sind bereits angelaufen.
Ort und Datum stehen aber noch nicht
fest. In der THERMEN & BADEWELT
­SINSHEIM konnten Teilnehmer und ­Gäste
Mitte September einen ­qualitativen
Quantensprung bei den gezeigten
Showauf­güssen erleben.
Ein Beleg für die allgemein registrierte
Leistungssteigerung und zunehmende
Leistungsdichte bei den Teilnehmern besonders
auf den ersten drei Plätzen – im Vergleich zur
­AUFGUSS-WM im Vorjahr – sind die vergebenen
Mehrpunkte der 13-köpfigen internationalen
Fachjury (darunter auch der Geschäftsführer des
Deutschen Sauna-Bundes, Rolf-A. Pieper) und
der Publikumsjury (20 jeweils zufällig ausgewählte Teilnehmer aus dem Publikum). Noch
einmal seine eigene Messlatte deutlich höher
legen konnte der neue und alte Champion,
„opgieter” Rob Keijzer. Mit seiner frei interpretierten Geschichte „Sons of Anarchy“ (angelehnt
an die beliebte US-Dramaserie, die wiederum
Bezüge zu Shakespeares‘ Hamlet aufweist)
zog er alle Zuschauer in der „weltgrößten“
(166,10 qm) Sauna in seinen Bann. Ein Auftritt
von hoher Professionalität trotz nicht einfacher
Raumverhältnisse, ein brillant choreografiertes
Meisterstück, das von dem mitgereisten niederländischen Team helfend unterstützt und vom
Publikum begeistert aufgenommen wurde.
In gehörigem Abstand zu Keijzer, aber nur
einen Wimpernschlag entfernt bei den
Punkten auf die Plätze zwei und drei, kamen
im Einzelwettbewerb: der aus Afghanistan
stammende, in Deutschland lebende Farid
Atai mit „Rocky“ (bezugnehmend auf die
US-amerikanische Boxlegende Rocky Balboa
und den gleichnamigen Film mit dem USSchauspieler Sylvester Stallone) und der
Italiener Alberto Dissegna, der sich thematisch
mit dem griechischen Mythos „Eolo – God of
20
Sauna & Bäderpraxis 3/2015
Champions 2015
the winds“ auseinandersetzte. Im Vorjahr hatte
der Drittplatzierte eine weniger gute Bewertung
nach Punkten erhalten.
Nicht ganz so stark war – bezogen auf das
Vor­­jahr – die Punktesteigerung im Teamwett­
bewerb: Dort machten – angefeuert vom über-­
wiegend deutschen Publikum – Janina Lindner
& Sabine Quäschning aus dem bran­den­
burgischen Wendisch Rietz als souveräne Sieger­
innen das Rennen. 2014 waren die beiden be­reits
auf Platz zwei gelandet. Ihr positiv be­setztes
Thema „Love your life“ ließ sich als wohlmeinende
Botschaft interpretieren, dass Lebensqualität sich
nicht in der Arbeit erschöpfen sondern mit anderen sozialen Komponenten – wie etwa Familie
und Freundschaften – in eine zufriedenstellende
Balance gebracht werden sollte.
Luca Baggio & Matteo Garbossa belegten nach
Punkten weit dahinter Platz 2 mit „The Aufguss
is magic“. Mit allerlei Zaubertricks brachten die
beiden italienischen Kleinkünstler das Publikum
und die Jury zum Staunen, wie intensiv die
Magie eines Aufgusses erlebt werden kann.
Etwas zuvor noch nie so Gesehenes zeigten die
beiden Gewinner des dritten Platzes: Sebastian
Dziurski & Lukasz Stajno aus Polen traten sehr
synchron auf und zeigten ihr beeindruckendes
clowneskes Kammerschauspiel „Marionette“,
in dessen Verlauf das Drehen eines Wedeltuches
auf einem Finger, das Zuwerfen über mehrere
Meter – und das Auffangen mit einem Stab! –
erfolgreich demonstriert wurden. Diesmal
lagen die gegebenen Punkte für Platz 3 im
Vorjahresvergleich um einiges höher, die für
Platz 2 blieben in etwa gleich.
In die große Saunalandschaft der „Badewelt“,
eine der Partner-Thermen der privatwirtschaftlichen WUND-Gruppe, kamen 68 teilnehmende
Master of Aufguss (MoA) aus 14 Nationen:
38 Personen hatten sich im Vorfeld in nationalen Wettkämpfen – beispielsweise bei der
­Deutschen Aufguss-Meisterschaft in der bora
sauna am Bodensee – für den Einzelwettbewerb
Gewinner Einzel
Einzelwettbewerb
1.Rob Keijzer/Thermen Bussloo/Niederlande
Sons of Anarchy
565,475 Punkte
2.Farid Atai/SATAMA Saunapark/Deutschland
Rocky
539,100 Punkte
3.Alberto Dissegna/Centro Nuoto Rosà/Italien
Eolo – God of the winds
538,075 Punkte
Gewinner Team
Teamwettbewerb
1.Janina Lindner & Sabine Quäschning/
SATAMA Saunapark/Deutschland
Love your life
645,808 Punkte
2.Luca Baggio & Matteo Garbossa/
beide Centro Nuoto Rosà/Italien
The Aufguss is magic
625,125 Punkte
3.Sebastian Dziurski/Fitness Academy
3 Stawy & Lukasz Stajno/
Termy Krakowskie/Polen
Marionette
614,467 Punkte
Fotos THERMEN & BADEWELT SINSHEIM
qualifiziert. Das gleiche Procedere hatte für die
angemeldeten 21 Teams gegolten. Insgesamt
wurden 84 Showaufgüsse während des
Wettbewerbs gezeigt. Bis auf den kanadischen
Teilnehmer leben alle MoA in Europa.
AUFGUSS-WM
Derzeit dominieren Deutschland, die
Niederlande, Italien und Polen das Geschehen
bei der AUFGUSS-WM. Hervorstechend sind
dabei vor allem zwei privatwirtschaftliche
Sauna­anlagen, in denen die Kultur des
Showaufgusses intensiv gelebt und besonders
stark von den Eigentümern gefördert wird:
der SATAMA Saunapark Wendisch Rietz – wo
auch Ende Oktober eine ausgebuchte „WMAftershow-Party stattfand“ –, Austragungsort
der Weltmeisterschaft 2013, und das WellnessResort Thermen Bussloo aus dem niederländischen Voorst, Austragungsort im Jahr
2014. Deshalb verwundert es nicht, dass die
beiden Betriebe die Siege ihrer Mitarbeiter – in
Pressemitteilungen – auch als ihre eigenen
verbuchten: „‘Sons of Anarchy‘ bringen
Thermen Bussloo den Sieg“ und „SATAMA
ist Weltmeister“.
Damit werden die Champions zu Aushänge­
s­childern und Werbeträgern erklärt. Als
authentische Markenbotschafter fördern sie
das Anlagen-Image und – natürlich – ihr
eigenes. In der europaweiten, transnationalen Aufguss-Szene („Saunafamilie“)
haben ihre (Vor)Namen und die anderer
Kollegen einen sehr positiven Klang,
der durch Auftritte in befreundeten
Saunabetrieben und Verbundenheit unter­
einander noch verstärkt wird. Konkurrenz­
denken – außer bei Wettbewerben – tritt
zu­gunsten der gemeinsamen Passion
Showaufguss in den Hintergrund, das
Zusammengehörigkeitsgefühl im derzeit
weiter expandierenden Netzwerk überwiegt
bei weitem. Fakt ist aber auch, dass der Erfolg
auf der internationalen „Showbühne“ oft
monatelang hart erarbeitet werden muss,
von der Idee bis zu deren Realisierung.
Das Wichtigste dabei: eine ausgeprägte
Motivation, körperliche Fitness, permanentes
Training wie im Top-Sport („üben, üben,
üben“) und eine gute Planung beziehungsweise Organisation. Dennoch könnte die
wachsende Popularität manchen MoA dazu
verleiten, euphorisch „abzuheben“. Rob
Keijzer (50), zum zweiten Mal hintereinander
auf dem Gipfel des Erfolgs angekommen, ist
sich dessen voll bewusst: „Es ist sehr wichtig,
normal zu bleiben.“
Damit ist in erster Linie gemeint, das die
MoA die eigene Person und ihre Fähigkeiten
realistisch einschätzen und den speziellen
Marketing-Stellenwert von Showaufgüssen
in den Sauna­anlagen sowie das nach wie vor
doch eher begrenzte Interesse ihrer Gäste – und
auch der Medien – an solchen inszenierten
Darbietungen im Blick behalten. ­Showaufgüsse
mögen mancherorts zwar populär sein, von
einem wirtschaftlichen „Selbstläufer“ bei der
Bindung und Gewinnung von Gästen zu sprechen wäre (noch) verfrüht. Außerdem: Für die
gesundheitlichen Wirkungen des Saunabadens
Jury-Bewertungskriterien
•Professionalität & Gesamteindruck des
Aufgießers
•Hitze-Steigerung
•Wedeltechnik und Verteilung der Hitze
•verwendete Düfte und deren richtiger
Einsatz
•Thema und Umsetzung
•Showelement
•Team-Spirit (nur für den
Teamwettbewerb)
hat ein (Show-)Aufguss bekanntermaßen auch
keinerlei Bedeutung. An den sechs Tagen der
­AUFGUSS-WM wurden nach Angaben der
THERMEN & BADEWELT SINSHEIM knapp
5.000 Saunagäste im Saunabereich gezählt.
Der Finaltag war komplett ausgebucht: Jeder
der sechzehn Aufgüsse in der speziell dafür
hergerichteten, abgedunkelten Koi-Sauna
(ohne die empfindlichen Kois) hatte an die 180
Gäste. Diese konnten für jeweils 15 Minuten in
ein großes Kaleidoskop von kreativ erzählten
Geschichten blicken, vornehmlich aus den
Bereichen Film, Fantasy, Literatur, Musik und
Natur. Der Applaus dafür kam prompt und
gipfelte zeitweilig in „standing ­ovations“ bei
besonders gelungenen Aufführungen. Die
MoA – manche danach sichtbar am Rande
ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit – nahmen
das Lob des Publikums mit großer Genugtuung
auf. Champion Rob Keijzer: „Es motiviert
ungemein, den Leuten mit unseren Shows
eine Freude zu machen.“ Die ausgelobten
Geldpreise für die ersten acht Plätze im Einzelund im Teamwettbewerb in Höhe von 14.250
Euro (Keijzer bekam 1.500 Euro Siegprämie,
Lindner & Quäschning erhielten 3.000) sind als
Anerkennung für den beträchtlichen Aufwand
zu werten, der mit thematisierten professionellen
Showauf­güssen heutzutage verbunden ist.
Rob Keijzer glaubt, „dass die Entwicklung im
Showaufguss immer weitergeht“ und dass viele
neue Talente dazukommen werden. Allerdings
gehört seiner Meinung nach viel Erfahrung und
Können beim MoA dazu, alle Anforderungen auf
höchstem Niveau zu erfüllen und das Publikum
so miteinzubinden, damit der interaktive „Flow“
entsteht: das einzigartige emotionale Erlebnis
mit Erinnerungswert und Wiederholungswunsch.
Keijzer: „Innovative Wedeltechniken sollten in
Zukunft stärker gewichtet werden. Aufguss muss
Aufguss bleiben.“
Veranstaltet wird die AUFGUSS-WM von der
gleichnamigen Interessengemeinschaft (IG),
einem Zusammenschluss von derzeit 16 Mit­
gliedern, zu denen auch der Deutsche SaunaBund gehört. Von einem „enthusiastischen
Feedback“ sprach sehr zufrieden die THERMEN
& BADEWELT SINSHEIM, die in diesem Jahr
das mehrtägige „Saunafest mit Freunden“
mit ­großem Einsatz und Geschick organisierte
und dabei auf die Unterstützung zahlreicher
Sponsoren zählen konnte. Ein attraktives,
abwechslungsreiches Vital- und EventRahmenprogramm in der Saunalandschaft und
im Palmenparadies rundete den gelungenen
internationalen TOP-Event harmonisch ab.
Dem Verfasser dieser Zeilen im Einzel­
wettbewerb gefiel der Showaufguss „Vincent
van Gogh“ (Platz 5) von Hans Barendse aus
den Niederlanden wegen des atmosphärisch
dichten „storytelling“ aus dem tragischen Leben
des niederländischen Malers Vincent van Gogh
(125. Todestag in diesem Jahr) am besten. Im
Teamwettbewerb überzeugten ihn (das Paar)
Helene Notebaert & Martijn Vanhoorelbeke
aus Belgien mit ihrer emotional berührenden
Interpretation des Kunstmärchens „Der
standhafte Zinnsoldat“ (Platz 6) des ­dänischen
Dichters Hans-Christian Andersen am meisten.
Diese beiden subjektiven Wertungen sollen
Anregung sein, bei der nächsten AUFGUSS-WM
auch einen Publikumspreis „Champion/s
of hearts“ in den beiden Kategorien Einzel
und Team zu vergeben. ■
Hans-Jürgen Gensow
Sauna & Bäderpraxis 3/2015
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