Eine temperamentvolle Praktikantin bereichert den

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Konstanz
28.07.2015
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Kirsten Schlüter
Eine temperamentvolle
Praktikantin bereichert den
Hotelbetrieb
Die 16-jährige Lisa Hauber hilft in der Hotelküche und begrüßt Gäste auf
Englisch. Das Mädchen mit dem Down-Syndrom bereichert den Betrieb.
Selbstbewusst steht Lisa Hauber am Empfang des Ibis-Hotels und faltet
Schlüsselkarten für die Gäste. Sie hat keine Scheu, Neuankömmlinge zu begrüßen,
sich vorzustellen und ein Kompliment zu machen, wenn sie jemanden gut angezogen
findet. Lisa ist 16 Jahre alt, besucht die achte Klasse der Gemeinschaftsschule
Gebhard und arbeitet seit Januar jeden Mittwoch im Ibis. Hoteldirektor Thorsten
15.10.2015 22:37
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Rauber und seine Mitarbeiter haben dem fröhlichen Mädchen eine Chance gegeben
– und sie in ihr Herz geschlossen.
Jedes Jahr verlassen eine Handvoll Neuntklässler mit geistiger Behinderung die
Gebhardschule. Dass sie vorher ins Berufsleben hineinschnuppern, gehört zum
festen Programm. So hat auch Lisa im Hotel zunächst ein zweiwöchiges
Blockpraktikum absolviert. „Der Anfang war nicht leicht“, erzählt Direktor Thorsten
Rauber. „Die Mitarbeiter haben jeden Tag bei Null angefangen. Der Fünf-Liter-Eimer
mit Wasser war leer, nachdem Lisa zwei Tische gewischt hatte. Doch plötzlich hat sie
den Laden fast allein geschmissen.“ Lisa hat in viele Bereiche hineingeschnuppert.
Das Staubsaugen liegt ihr weniger. Lieber hilft sie, das Frühstücksbuffet abzubauen
oder Belege zu stempeln. „In der Küche poliere ich Besteck oder räume die
Spülmaschine ein und aus“, erzählt das Mädchen. „Das ist immer anstrengend.“
Dass auch die Hotel-Angestellten Stress haben, hat Lisa natürlich bemerkt. „Sie
wollte mich aus der Küche schmeißen, als ich dort geflucht habe“, sagt Thorsten
Rauber und lacht.
Das Hotel-Team war sich anfangs nicht sicher, ob die Zusammenarbeit mit einem
behinderten Mädchen funktionieren kann. „Wir wollten es aber ausprobieren, weil
diese Menschen nicht alle in Werkstätten gehören, wo sie Kugelschreiber
zusammenbauen“, sagt der Hoteldirektor. „Lisa jedenfalls kann viel mehr.“ Thorsten
Rauber kann sich vorstellen, dass sie im Ibis-Hotel eine Ausbildung zur Gehilfin im
Gastgewerbe macht. Doch so einfach ist das nicht. „Die Theorie ist für diese Schüler
sehr schwierig“, sagt Lisas Lehrerin Annette Cortes. Es gibt zwar theorie-reduzierte
Ausbildungen zum Fachwerker, doch die Arbeitsagentur stelle hohe Anforderungen,
bis sie dies bezahlt, sagt die Lehrerin. „Entscheidend ist für mich, dass die Schüler
mit einer bestimmten Fähigkeit überzeugen, dann schaffen sie es auch auf den
ersten Arbeitsmarkt“, meint sie.
Lisa hat auf diesem Weg schon einen großen Schritt gemacht. Laut Rauber
reagieren die meisten Gäste positiv auf die junge Mitarbeiterin. Und auch die
Angestellten profitieren von ihrer Anwesenheit. „Lisa sagt uns offen, wenn ihr was
nicht passt, und sie hat uns Geduld gelehrt“, sagt der Hoteldirektor. Lisa schaut auf
die Uhr. Eine halbe Stunde noch, dann ist Pause. „Schule ist bisschen langweilig“,
sagt sie. „Das Praktikum macht viel mehr Spaß.“
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