G. Urheberrecht und gewerbliche Schutzrechte I. Allgemeines Der Schutzgegenstand sowohl beim Urheberrecht als auch bei gewerblichen Schutzrechten liegt auf geistigem Gebiet. Neben dem Urheberrecht gibt es noch sog. gewerbliche Schutzrechte, die da sind: Patentrecht, Gebrauchsmuster sowie Geschmacksmuster. Das Urheberrecht schützt geistige Leistungen im Bereich der Kultur, der Kunst und der Wissenschaft. Das Geschmacksmuster dient dem Schutz der ästhetischen gewerblichen Leistung. Das Patent schützt geistige Leistungen auf dem Gebiet der Technik. Auch das Gebrauchsmuster schützt geistige Leistungen auf dem Gebiet der Technik. Die Schutzrechte lassen sich also in zwei Bereiche unterteilen: Schutzrechte auf dem Gebiet der Technik: Patent- und Gebrauchsmuster. Schutzrechte auf kulturellem-ästhetischem Gebiet: Urheberrecht und Geschmacksmuster. Dabei stehen das Gebrauchsmuster und das Patent sowie das Geschmacksmuster und das Urheberrecht in einem gewissen Rangverhältnis. Das Gebrauchsmuster wird „landläufig“ auch als „kleines Patent“ bezeichnet, das Geschmacksmuster als „kleines Urheberrecht“. II. Patent und Gebrauchsmuster Das Patent ist im Patentgesetz, das Gebrauchsmuster im Gebrauchsmustergesetz geregelt. § 1 Abs. 1 Patentgesetz verlangt für die Erteilung eines Patents - eine Erfindung, die - neu, - gewerblich anwendbar ist, - und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. § 1 Abs. 1 Gebrauchsmustergesetz erfordert - eine Erfindung, die - neu, - gewerblich anwendbar ist, - und auf einen erfinderischen Schritt beruht. 2 In dem Wortlaut der jeweiligen Gesetze zeigt sich, dass zwischen Patent und Gebrauchsmuster ein Unterschied besteht: Das Patent verlangt eine erfinderische Tätigkeit, das Gebrauchsmuster „nur“ einen erfinderischen Schritt. Sowohl die erfinderische Tätigkeit als auch der erfinderische Schritt setzen zunächst eine Erfindung voraus. Eine Erfindung ist nach allgemeiner Definition in der Rechtsprechung eine Lehre zum technischen Handeln. Diese besteht in einer Anweisung zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolgs. Welche „Naturkräfte“ eingesetzt oder ausgenutzt werden, spielt keine Rolle: Es können die der Physik, der Biologie oder der Chemie sein. Eine Erfindung geht also von einer technischen Aufgabe oder einem technischen Problem aus und führt dieses einer Lösung mit technischen Mitteln und unter Zuhilfenahme der Naturkräfte zu. Ob dann eine erfinderische Tätigkeit oder „nur“ ein erfinderischer Schritt vorliegt, bestimmt sich danach, wie nahe die Lösung der vorgegebenen technischen Aufgabe anhand des Standes der Technik zu beurteilen ist. Kommt ein Fachmann auf dem entsprechenden Gebiet nicht ohne Weiteres auf die Lösung der gestellten technischen Aufgabe, muss er also eine erhebliche geistige Leistung zur Lösung aufwenden, so liegt eine erfinderische Tätigkeit vor. Ansonsten kann nur ein erfinderischer Schritt gegeben sein, wobei auch hier die Lösung der technischen Aufgabe nicht für den Fachmann auf der Hand liegen darf. Sowohl die Erteilung eines Patentes als auch eines Gebrauchsmusters ist davon abhängig, dass der Erfinder das Patent bzw. Gebrauchsmuster beim Deutschen Patent- und Markenamt anmeldet. Das Patent und das Gebrauchsmuster entsteht dann durch Eintragung in das entsprechende Register. Das heißt: Ohne formelle Eintragung des Patentes oder Gebrauchsmuster existiert dieses gewerbliche Schutzrecht nicht. Beim Eintragungsverfahren sowie der Rechtsbeständigkeit bestehen erhebliche Unterschiede: Das Patent wird von dem Sachbearbeiter beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) ausführlich geprüft. Das heißt: Der Sachbearbeiter beim DPMA prüft, ob alle Voraussetzungen, insbesondere die Neuheit und auch die erfinderische Tätigkeit gegeben sind. Hierzu werden umfangreiche Recherchen betreffend dem Stand der Technik durchgeführt. Beim Gebrauchsmuster wird dagegen nicht geprüft, ob die Voraussetzungen Neuheit und erfinderischer Schritt gegeben sind. Sind die Anmeldeunterlagen korrekt ausgefüllt, wird das Gebrauchsmuster erteilt. Ob das Gebrauchsmuster letztendlich rechtsbeständig ist, entscheidet sich dann in einem eventuellen Verletzungsprozess vor Gericht. Dabei kommt dem Inhaber des Gebrauchsmusters eine 3 Beweiserleichterung zugute: Die Eintragung des Gebrauchsmusters bewirkt, dass der andere Teil beweisen muss, dass das Gebrauchsmuster nicht besteht, also die Voraussetzungen Neuheit und erfinderischer Schritt nicht gegeben sind. Sonderproblem Software: Wie vorstehend dargelegt, muss eine Erfindung ihrem Wesen nach technisch sein, sog. TechnikErfordernis. Bei Software stellt sich die Frage, wann eine Software dieses Technik-Erfordernis erfüllt, also eine Software patentierbar ist. Der derzeitige Stand in Europa ist unklar: In einem Punkt besteht Einigkeit: Dass Software auf einem Computer abläuft genügt noch nicht, um Software als Erfindung auf technischem Gebiet zu beurteilen. Patentierbar ist Software dann, wenn gerade die Umsetzung eines bestimmten technischen Problems durch Software eine erfinderische Tätigkeit begründet. Beispiel nach einer Entscheidung des Europäischen Patentamtes: Ein Software-Entwickler hatte für ein Versicherungsunternehmen eine Software entwickelt, die Rentenansprüche von Versicherten neu und effektiv berechnet, so dass die Kosten für die Versicherten gesenkt werden konnten. Die Patentierbarkeit dieser Software wurde abgelehnt, da die „Erfindung“ hier nicht auf technischem Gebiet lag, sondern vielmehr in der Umsetzung einer versicherungsmathematischen Formel in einem Computerprogramm. III. Urheberrecht 1. Schutzfähige Werke. a. Grundlage urheberrechtlichen Schutzes ist das Urheberrechtsgesetz (UrhG). Nach § 1 UrhG erstreckt sich der Schutz auf Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Der Katalog ist insoweit abschließend; Werke, die nicht unter diese drei Kategorien fallen, werden nicht vom UrhG umfasst. § 2 Abs. 1 UrhG enthält dann einen Beispielskatalog geschützter Werke, der allerdings nicht abschließend, sondern für künftige technische Entwicklungen offen ist. Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere: - Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden sowie Computerprogramme; - Werke der Musik; - pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst; 4 - Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke; - Lichtbildwerke (z.B. Fotografien) einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden; - Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden; - Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen. b. Gemäß § 2 Abs. 2 UrhG sind Werke – auch die in § 2 Abs. 1 UrhG beispielhaft aufgezählten – nur dann urheberrechtlich geschützt, wenn sie persönliche geistige Schöpfungen des Urhebers sind. Das Gesetz verweist mit dem Erfordernis der „Schöpfung" auf die sog. Gestaltungshöhe, die für jedes Werk im Einzelfall nachgewiesen sein muss. Nicht jedes Werk ist geschützt, sondern nur solche, deren Formgestaltung ein ausreichendes Maß an kreativer Schöpfung beinhaltet. In der Rechtsprechung wird bei dem Erfordernis der Gestaltungshöhe häufig zwischen Werken der sog. schönen und der angewandten Kunst unterschieden. Die schönen Künste gehören zu den traditionellen Schutzgütern des Urheberrechts. Hier reicht es daher aus, dass die Auswahl oder Anordnung des Stoffes individuelle Eigenart aufweist; sog. kleine Münze des Urheberrechts. Für Werke der angewandten Kunst, einschließlich von Gebrauchstexten, ist wiederum ein erhöhtes Maß an Gestaltungshöhe erforderlich. Der BGH gewährte in der Vergangenheit stets nur dann Urheberrechtsschutz, wenn die Form dieser Werke deutlich Durchschnittsgestaltungen übersteigt. Die individuellen Eigenarten müssen auf ein überdurchschnittliches Können verweisen. Erst jenseits des Handwerklichen und Durchschnittlichen liegt hier die notwendige Gestaltungshöhe vor. Hauptgrund für diese strengen Schutzvoraussetzungen im Bereich der angewandten Kunst ist die Abgrenzung zwischen Urheberrecht und Geschmacksmuster. c. Das UrhG schützt aber immer nur die Form eines Werkes, also die Art und Weise seiner Dar- und Zusammenstellung, die Gedankenführung, die Strukturierung und Präsentation. Die Idee, die einem Werk zugrunde liegt, wird nicht geschützt. Zu den freien Ideen gehören z. B. Geschäfts- und Werbemethoden und –ideen und wissenschaftliche Erkenntnisse. Bei Computerprogrammen bestimmt § 69a Abs. 2 S. 2 UrhG ausdrücklich, dass Ideen und Grundsätze, auf denen ein Element des Computerprogramms basiert, sowie die den Schnittstellen zugrunde liegenden Grundsätze nicht geschützt sind. Das bedeutet, dass die Verfahren zur Lösung eines Problems und die mathematischen Prinzipien in einem Computerprogramm grundsätzlich nicht vom urheberrechtlichen Schutz erfasst werden. In vielen Fällen bereitet die Abgrenzung zwischen geschützter Form und nicht geschützter Idee erhebliche Schwierigkeiten. In der Praxis führt dies zu Problemen bei der Frage, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt oder nicht; also ob nur die Idee oder auch die Form des Werkes übernommen wurde. Als Faustformel lässt sich allenfalls festhalten: Je konkreter und detaillierter einzelne Gestaltungselemente übernommen werden, desto eher liegt eine Urheberrechtsverletzung vor. 5 d. Das Urheberrecht entsteht mit Vollendung des Werkes. Es bedarf also keiner Formalien, wie etwa einer Registrierung. Auch der Anbringung eines Copyright-Vermerkes bedarf es ebenfalls nicht. e. Das Urheberrecht setzt sich zusammen aus den wirtschaftlichen Verwertungsrechten sowie den Urheberpersönlichkeitsrechten. Das Urheberrecht ist als Ganzes außer durch Erbschaft nicht übertragbar und erlischt 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. 2. Leistungsschutzrechte Neben den Rechten des Urhebers bestehen noch die sog. Leistungsschutzrechte (§§ 70 - 87e UrhG). Schutz durch das UrhG genießen auch Leistungen, wenn sie selbst keine persönlich-geistigen Schöpfungen beinhalten, diese Leistung aber in der Interpretation urheberrechtlich geschützter Werke (z.B. ausübende Künstler) oder in der Herstellung/Verbreitung solcher Werke (z.B. Tonträger- oder Filmhersteller, Veranstalter) liegt. Allerdings ist der Schutz gegenüber urheberrechtsfähigen Werken durch Umfang und Dauer beschränkt. Wichtig sind vor allem fünf Arten von Leistungsschutzrechten, nämlich: - der Schutz des Lichtbildners (§ 72 UrhG), - der Schutz der ausübenden Künstler (§§ 73 - 84 UrhG), - der Schutz der Tonträgerhersteller (§§ 85, 86 UrhG), - der Schutz der Filmhersteller (§§ 88 - 94 UrhG), - der Schutz für Datenbankhersteller (§§ 87a - 87e UrhG). Alle Leistungsschutzberechtigten genießen einen im UrhG verankerten Schutz ihrer Leistungen. Die Leistung des Lichtbildners (z.B. Fotograf) besteht z. B. darin, Fotografien herzustellen. Der ausübende Künstler (z.B. Schauspieler, Musiker) genießt Schutz für die Art und Weise, in der er ein Werk vorträgt, aufführt oder an einer Aufführung bzw. einem Vortrag künstlerisch mitwirkt (§ 73 UrhG). Der Tonträgerhersteller erbringt die technisch-wirtschaftliche Leistung der Aufzeichnung und Vermarktung von Werken auf Tonträger (§ 85 UrhG). Der Filmhersteller erbringt die wirtschaftlich und organisatorischen Voraussetzungen für die Produktion eines Films und überträgt Filmwerke und Laufbilder auf Filmstreifen (§§ 94, 95 UrhG). Ein Hersteller von Datenbanken wird schließlich aufgrund der investitionsintensiven Beschaffung, Überprüfung und Darstellung des Inhalts seiner Datenbank geschützt. Das Leistungsschutzrecht erlischt 50 Jahre nach Veröffentlichung bzw. Darbietung (Veranstalter: 25 Jahre). Der Schutzumfang der Leistungsschutzrechte ist dem des Urheberrechts angenähert. 3. Beispiele a. Schriftwerke: 6 Ein Schriftwerk ist ein durch Zeichen äußerlich erkennbar gemachter sprachlicher Gedankenausdruck. Hierher gehören beispielsweise Romane, Erzählungen, Gedichte, Liedertexte, Hörspiele, Drehbücher, Abhandlungen mit wissenschaftlichem, politischem oder religiösem Inhalt, Aufsätze und Artikel in Zeitungen oder Zeitschriften, aber auch Listen. Ob diese schutzfähig sind, hängt davon ab, ob die Schöpfungshöhe gegeben ist. Diese kann entweder in der Darstellungsform oder im Inhalt liegen. Nach der Rechtsprechung führt eine durch die individuelle Gedankenführung geprägte sprachliche Gestaltung ebenso zum Urheberrechtsschutz wie eine individuelle Auswahl oder Darstellung des Inhalts. Letzteres ist z.B. bei wissenschaftlichen Sprachwerken das entscheidende Merkmal. Der Inhalt des wissenschaftlichen Werkes ist frei, nicht jedoch die Gliederung, Wortwahl, der Aufbau des Textes. Bei Romanen kann darüber hinaus auch der Inhalt geschützt sein, so z.B. verschiedene Charaktere aus dem Roman oder die einem Roman zugrunde liegende Fabel. Alltags-Briefe, Juristische Texte und Schreiben, auch AGB, müssen nicht zwingend geschützt sein, ebenso alltägliche Formulare, Tabellen, Vordrucke u. ä., deren Texte nur ausnahmsweise urheberrechtlich geschützt sind. b. Software Das UrhG zählt Computerprogramme auch zu den Schriftwerken, wobei es hier eine Besonderheit gibt: § 69a Abs. 3 UrhG bestimmt, dass Computerprogramme schutzfähig sind, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, dass sie das Ergebnis der eigenen persönlichen Schöpfung ihres Urhebers sind. Alle anderen Kriterien zur Bestimmung der Schutzfähigkeit, insbesondere qualitative oder ästhetische Kriterien, sind nicht erforderlich, es ist hier also keine Schöpfungshöhe notwendig. Mit anderen Worten: Nahezu jedes – auch banales – Computerprogramm ist urheberrechtlich geschützt. Dafür beschränkt sich der Schutz in aller Regel auf eine unmittelbare Übernahme des Quellcodes des Computerprogramms. Gemäß § 69a Abs. 2 UrhG erstreckt sich nämlich der Schutz auf Ausdrucksformen eines Computerprogramms, wobei Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, nicht geschützt sind. Mit anderen Worten: „Nachprogrammieren“ einer Software ist i.d.R. keine Urheberrechtsverletzung. Vom Schutz des Quellcodes zu unterscheiden ist zudem das durch das Programm erzeugte und auf dem Bildschirm abgebildete Ergebnis, das von § 69a UrhG nicht geschützt ist. Das OLG Düsseldorf sowie das OLG Hamburg haben deshalb entschieden, dass sich der Schutz des § 69a UrhG nicht auf Bildschirmmasken erstreckt. c. Musikwerk Werke der Musik werden durch Töne ausgedrückt. Der Begriff des Musikwerkes wird weit ausgelegt. 7 Die Töne können auf jede erdenkliche Weise erzeugt werden. Sie können durch die menschliche Stimme, Musikinstrumente, elektronische oder mechanische Geräte, Tiergeräusche, Naturgeräusche oder andere Schallquellen geschaffen werden. Ein Musikwerk ist dann als persönliche geistige Schöpfung geschützt, wenn das Musikstück eine individuelle Komposition darstellt. Die schöpferische Leistung bei Musikwerken kann sich dann aus der Gestaltung der Melodie, dem Aufbau der Tonfolgen, der Rhythmisierung, der Instrumentierung und der Orchestrierung. Auf die künstlerische Bedeutung des Musikstückes kommt es für die Beurteilung der Schutzfähigkeit nicht an. d. Pantomime / Ballett / Tanztheater Bei choreographischen Werken sowie Werken der Tanzkunst handelt es sich um die Darstellung eines bewegten Geschehensablaufs, wobei Ausdruckmittel die Bewegung ist, und der Sinn und geistige Inhalt durch Körperbewegungen und Gebärden, insbesondere durch Tanz, ausgedrückt wird. Choreographische Werke und Werke der Tanzkunst sind bühnenmäßige Darstellungen; eine körperliche Festlegung ist nicht erforderlich. Schutzfähig ist dann die konkrete choreographische Formgestaltung, nicht dagegen der mit den Mitteln des Tanzes dargestellte Handlungsinhalt. e. Werke der bildenden Kunst Werke der bildenden Kunst sind Werke, die keinem funktionellen Gebrauchszweck dienen. Der ästhetische Ausdruck des Werkes steht im Mittelpunkt. Die Zweckfreiheit des Werkes gibt dem Urheber einen großen Spielraum, einem Werk individuelle Züge zu verleihen. Die meisten Werke der bildenden Kunst sind deshalb urheberrechtlich geschützte Werke. Abzugrenzen sind Werke der angewandten Kunst, auch des Designs. Diese sind häufig „nur“ als Geschmacksmuster schutzfähig. Bei Werken der angewandten Kunst stellt die Rechtsprechung deshalb höhere Anforderungen an die urheberrechtliche Schutzfähigkeit als bei Werken der „reinen“ Kunst. Grund hierfür ist, dass für Werke der angewandten Kunst in aller Regel Geschmacksmusterschutz bestehen kann. Da sich bereits die geschmacksmusterfähige Gestaltung von der nicht geschützten Durchschnittsgestaltung, dem rein Handwerksmäßigen und Alltäglichen abheben muss, ist für die Urheberrechtschutzfähigkeit ein noch weiterer Abstand, d.h. ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung zu fordern; hieraus folgt, dass für den Urheberrechtsschutz ein höherer schöpferischer Eigentümlichkeitsgrad als bei nur geschmacksmusterfähigen Gegenständen bzw. Gestaltungen zu verlangen ist, wobei die Grenze zwischen beiden nicht zu niedrig angesetzt werden darf. Das Design von Gebrauchsgegenständen, wie z.B. Möbel, Schmuck etc., ist daher in aller Regel nur ausnahmsweise urheberrechtlich geschützt. 8 Auch bei Logo-Gestaltungen gilt: Die Rechtsprechung spricht häufig grafischen Gestaltungen, wie etwa einem Logo, in aller Regel keinen Urheberrechtsschutz zu. So wurde Urheberrechtsschutz verneint für - die „ARD 1“; - eine BTX-Grafik, bestehend aus einfach gestalteten architektonischen Gebäuden; - das Logo der Fußballweltmeisterschaft in Mexiko; - der Illustration eines Rinderkopfes ; - sowie der Gestaltung von Handy-Logos. Anders bei Comic-Figuren: Comic-Figuren zählen in aller Regel zu den Werken der bildenden Kunst und sind damit urheberrechtlich geschützt, wenn Comic-Figuren durch eine unverwechselbare Kombination äußerer Merkmale sowie von Eigenschaften, Fähigkeiten und typischen Verhaltensweisen zu einer besonders ausgeprägten Comic-Persönlichkeit ausgeformt sind, also einen typischen, unverwechselbaren Charakter aufweisen. Dabei neigt die Rechtsprechung zur Gewährung von Urheberrechtsschutz für ComicFiguren (bejaht für: Asterix, Bambi, Schlümpfe, Mecki-Igel). Bei Werken der Baukunst gilt: Nicht jeder Bau ist ein Werk der Baukunst. Hier fordert die Rechtsprechung vom Architekten ebenfalls das Vorliegen der „Schöpfungshöhe“. Letztere ist nicht gegeben bei „einfachen“ Entwürfen von Wohnhäusern, wie etwa Doppelhaushälften. Diese Unterscheidung führt beim Schutzumfang von Plänen für Bauten zu unterschiedlichen Ergebnissen: Liegt ein Werk der Baukunst vor, ist bereits der Entwurf des Bauwerks, also der Plan des Architekten geschützt. Wird daher der Plan des Architekten in die Tat umgesetzt, so kann in der Umsetzung, also im Bau des Werks, eine Urheberrechtsverletzung liegen, wenn die Umsetzung ohne Zustimmung des Architekten erfolgt. Anders, wenn der geplante Bau nicht als Bauwerk urheberechtsschutzfähig ist, z.B. bei einer „einfachen Doppelhaushälfte“. Dann ist der Plan des Architekten zwar als Darstellung technischer Art i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG geschützt, nicht jedoch nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG als Bauwerk. Damit wäre zwar das „Kopieren“ des Planes eine Verletzung, nicht aber der Bau des Hauses. f. Lichtbildwerke / Fotografien Für Fotografien gibt es eine Besonderheit: Diese sind immer nach UrhG geschützt: Entweder als Lichtbildwerk i.S.d. § 2 Abs. Nr. 5 UrhG oder als Lichtbild nach § 72 UrhG. Auch das noch so einfache „Knipserbild“ ist geschützt. 9 Die Unterscheidung – Lichtbildwerk oder bloßes Lichtbild – spielt nur dann eine Rolle, wenn es um Motivschutz geht: Ist das Foto ein Lichtbildwerk, kann Motivschutz gegeben sein, bei einem Lichtbild nicht. Wird aber ein Foto – egal ob Lichtbildwerk oder Lichtbild – ohne Zustimmung des Fotografen oder über den eigentlichen Zweck hinausgehend verwendet, liegt eine Urheberrechtsverletzung vor. g. Datenbank Ähnliches gilt für Datenbanken. In § 4 Abs. 2 UrhG ist das Datenbankwerk, in § 87a UrhG die Datenbank geregelt. § 4 Abs. 2 UrhG setzt voraus zunächst, dass es sich um eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen handelt. Bei den in der Datenbank enthaltenen Elementen kann es sich sowohl um urheberrechtlich geschützte Werke als auch um ungeschützte Daten handeln. Die erforderliche schöpferische Leistung kommt dann in der Auswahl und in der Anordnung der Elemente zum Ausdruck, wobei auch die sog. kleine Münze schutzfähig ist. Hat sich also der Datenbankersteller (auch) Gedanken gemacht in Bezug auf die Anordnung und Gliederung der einzelnen Daten, kann ein Datenbankwerk vorliegen. So hat das OLG Hamburg die Schutzfähigkeit eines im Internet abrufbaren medizinischen Lexikons als Datenbankwerk bejaht. Als Leistungsschutzrecht ist die Datenbank noch in § 87a UrhG geschützt. Datenbank im Sinne dieser Vorschrift ist eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert. Die §§ 87 a bis e UrhG sind im Wesentlichen als Investitionsschutz zu verstehen, so dass das Kriterium der wesentlichen Investition das Pendant der Schöpfungshöhe beim Schutz der Urheber ist. Der Datenbankhersteller muss also Zeit, Mühe und Geld in den Aufbau der Datenbank investiert haben. Datenbanken können daher Sammlungen von Daten aller Art sein, so z.B. Telefonbücher, Fernsprech- und Teilnehmerverzeichnisse, in elektronischer und nichtelektronischer Form, Kataloge, Rundfunk- oder Fernsehprogramme, Enzyklopädien, Kochbücher, Zeitungsund Zeitschriftenarchive, Museumsführer, Sammlungen von Vertragsentwürfen, Kleinanzeigenmärkte im Internet, selbst eine Linksammlung mit 251 Links im Internet. 4. Der Urheber Urheber ist derjenige, der einen eigenen schöpferischen Beitrag leistet. Urheber kann also immer nur eine natürliche Person, nicht aber eine juristische Person (GmbH, AG) sein. Wurde von mehreren Personen ein Werk geschaffen, so ist zu unterscheiden: 10 Lassen sich die Anteile der jeweils Tätigen nicht gesondert verwerten, sind die Beteiligten Miturheber (§ 8 UrhG). Aber: Die reine Hilfstätigkeit macht den Beteiligten noch nicht zum Miturheber. Es genügt ebenfalls nicht, wenn bloße Anregungen gegeben werden. Der Miturheber muss also auch schöpferisch tätig geworden sein. Abzugrenzen von der Miturheberschaft ist die sog. Werkverbindung, § 9 UrhG: Haben mehrere Urheber ihre Werke zu gemeinsamer Verwertung miteinander verbunden, so kann jeder vom anderen die Einwilligung zur Veröffentlichung, Verwertung und Änderung der verbundenen Werke verlangen, wenn die Einwilligung dem anderen nach Treu und Glauben zuzumuten ist. Beispiel aus der Musik: Miturheber an einer Komposition kann nur der sein, der ebenfalls eigene schöpferische Leistung erbringt, eine - wenn auch professionelle - „Hilfestellung“ bei der Aufnahme, gegebenenfalls bei der Mithilfe des Arrangements eines Liedes genügen hierfür nicht. Mitkomponist kann also nur derjenige werden, der nicht nur handwerklich sondern ebenfalls schöpferisch tätig ist. Der Tontechniker im Tonstudio ist also in aller Regel „nur“ Hilfsperson, nicht aber Miturheber der Komposition. Komponist und Texter eines Liedes sind üblicherweise nicht Miturheber. Text und Musik stellen eine Werkverbindung dar: Musik und Text lassen sich gesondert verwerten: Die Komposition als reines Instrumental oder als Klingelton eines Handys, der Text zum Abdruck in einem Songbook oder in einer Musikzeitschrift. 5. Die Verwertungsrechte des Urhebers. Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfasst insbesondere - das Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG), - das Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG), - das Ausstellungsrecht (§ 18 UrhG). Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe); das Recht umfasst insbesondere - das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19 UrhG), - das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG -> „Onlinerecht“), - das Senderecht (§ 20 UrhG), 11 - das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21 UrhG), - das Recht der Wiedergabe von Funksendungen (§ 22 UrhG). Die Wiedergabe eines Werkes ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Personen bestimmt ist, es sei denn, dass der Kreis dieser Personen bestimmt abgegrenzt ist und sie durch gegenseitige Beziehungen oder durch Beziehung zum Veranstalter persönlich untereinander verbunden sind. Schließlich darf eine Bearbeitung oder Umgestaltung des Werkes ohne Zustimmung des Urhebers nicht vervielfältigt oder verbreitet werden (sog. Bearbeitungsrecht, § 23 UrhG). 6. Übertragung von Rechten durch Lizenzverträge. a. Gemäß § 31 Abs. 1 UrhG hat der Urheber die Möglichkeit, einem Dritten am Werk Nutzungsrechte einzuräumen. Das Gesetz unterscheidet zwischen ausschließlichen und einfachen Nutzungsrechten. Das einfache Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber neben dem Urheber oder anderen Nutzungsrechtsberechtigten, das Werk auf die ihm eingeräumte Art zu nutzen. Bsp. für die Einräumung von einfachen Nutzungsrechten: Download von Free- oder Shareware. Gemäß § 33 UrhG wirkt das einfache Nutzungsrecht weiter, wenn der Urheber zu einem späteren Zeitpunkt einem anderen Dritten ein ausschließliches Nutzungsrecht einräumt. Das ausschließliche Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, unter Ausschluss aller anderen Personen einschließlich des Urhebers selbst das Werk auf die ihm gestattete Art zu nutzen. b. Weiter können sowohl einfache als auch ausschließliche Nutzungsrechte inhaltlich, räumlich und zeitlich beschränkt werden. Inhaltlich kann das Recht auf einzelne Nutzungsmöglichkeiten beschränkt werden. Bsp.: A ist Autor und damit Urheber einer Kurzgeschichte. A räumt dem Verlag X das ausschließliche Recht ein, die Kurzgeschichte als Buch in Deutschland zu veröffentlichen. Damit ist nur X berechtigt, die Kurzgeschichte in Buchform zu veröffentlichen; allerdings ist das Nutzungsrecht eben inhaltlich auf die Nutzungsart “Buch” beschränkt; räumlich beschränkt ist das Nutzungsrecht auf Deutschland. A darf damit in Deutschland weder selbst noch einem Dritten gestatten, die Kurzgeschichte in Buchform zu veröffentlichen. Es bleibt A aber die Möglichkeit, dem Verlag Y ein ausschließliches Recht einzuräumen, die Kurzgeschichte beispielsweise in Italien als Buch zu veröffentlichen. A kann weiter dem Internet-Magazin Z das ausschließliche Recht einräumen, die Kurzgeschichte im Internet zu veröffentlichen. Ein Urheber hat es demnach selbst in der Hand, durch geschickte Lizenzpolitik sein Werk mit Hilfe mehrerer Lizenznehmer so umfangreich wie nur möglich zu verwerten. Selbstverständlich kann der Urheber, im obigen Beispielsfall A, auch nur einen Lizenznehmer mit der gesamten Verwertung seines Werkes betrauen; im Beispielsfall könnte A dem X das weltweite, zeitlich unbeschränkte und ausschließliche Nutzungsrecht einräumen, die Kurzgeschichte in Medien aller Art zu vervielfältigen, zu verbreiten, öffentlich wiederzugeben, sowie öffentlich zugänglich zu machen. 12 c. Sind in einem Lizenzvertrag die Nutzungsrechte nicht einzeln bezeichnet, so bestimmt sich der Umfang des Nutzungsrechts nach dem mit der Einräumung verfolgten Zweck, sog. Zweckübertragungsregel. Dabei gilt: Im Zweifel verbleiben die Rechte beim Urheber. Daraus folgt, dass derjenige, der sich von einem Urheber Nutzungsrechte einräumen lässt, die einzelnen Rechte so genau wie möglich im Lizenzvertrag bezeichnen sollte. In einem Rechtsstreit trägt nämlich derjenige, der sich auf eine Rechtseinräumung beruft, die Beweislast dafür, dass ihm die Rechte auch tatsächlich eingeräumt wurden. Dabei genügt es nicht, dass man sich alle Nutzungsrechte in pauschaler Form einräumen lässt, etwa mit dem Satz “Hiermit räumt A dem X sämtliche Nutzungsrechte an der Kurzgeschichte mit dem Titel ... ein”. In diesen Fällen hat die Rechtsprechung wiederholt entschieden, dass eine Nutzungsrechtseinräumung in dieser pauschalen Form die Zweckübertragungsregel nicht aushebelt. Veröffentlicht im obigen Beispielsfall X die Kurzgeschichte des A nicht nur als Buch sondern auch als Fortsetzungsgeschichte in einer Zeitung, so müsste X im Prozess mit A beweisen, dass er hierzu berechtigt ist. Sollte sich X in einem Lizenzvertrag nicht ausdrücklich das Recht eingeräumt haben lassen, die Geschichte auch in Zeitungen zu veröffentlichen, so stünden seine Erfolgsaussichten im Prozess denkbar schlecht: Geht z.B. aus dem Schriftverkehr etc. nur hervor, dass eine Veröffentlichung als Buch geplant war, und berücksichtigt man den Grundsatz, dass im Zweifel die Rechte beim Urheber verbleiben, so wird ein Gericht zur Auffassung gelangen, dass X das Urheberrecht des A verletzt hat, da die Veröffentlichung in einer Zeitung gegenüber der Veröffentlichung in Buchform eine eigenständige Nutzungsart ist. Für Veröffentlichungen im Internet gilt deshalb: Der Inhaber der Printrechte ist nicht berechtigt, das betreffende Werk auch im Internet zu veröffentlichen, wenn er sich nicht auch das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung - die Internet- oder Online-Rechte - hat einräumen lassen. In zwei kürzlich veröffentlichten Entscheidungen, u.a. vom BGH, wurde bereits entschieden, dass Verlage nicht berechtigt sind, Fotografien, die in einer Zeitschrift oder Zeitung erschienen sind, auch in einem OnlineArchiv im Internet oder in einer Gesamtausgabe der Zeitung/Zeitschrift auf CD-Rom zu verwenden; den Klagen der jeweiligen Fotografen wurde deshalb statt gegeben. Entsprechendes kann im Bereich der Werbung gelten: Ein Unternehmen, das sich von einer Werbeagentur einen Werbeprospekt hat erstellen lassen, ist nicht ohne entsprechende Rechtseinräumung gleichzeitig berechtigt, den Prospekt auch online auf der Website des Unternehmens zu präsentieren. d. Für Rechtseinräumungen für die Nutzung im Internet ist noch § 31 Abs. 4 UrhG zu beachten. Diese Bestimmung besagt, dass sich Lizenzverträge nicht auf (zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses) unbekannte Nutzungsarten beziehen können; eine in einem Lizenzvertrag vorgesehene Nutzungsrechtseinräumung wäre unwirksam. Zur Frage, ab wann das Internet, CD-Rom etc. eine bekannte Nutzungsart darstellt, gibt es noch keine abschließende Klärung in der Rechtsprechung. Man kann davon ausgehen, dass das Internet ca. ab dem Jahr 1995, die CD-ROM ab 1990, die DVD Ende der 90er Jahre bekannte Nutzungsarten waren. Daraus folgt aber auch: Selbst wenn sich im obigen Beispielsfall X die Online-Rechte im Jahre 1980 ausdrücklich hätte einräumen lassen, so wäre diese Nutzungsrechtseinräumung unwirksam gewesen. 13 e. Durch eine Gesetzesänderung im Jahr 2002 wurde in das UrhG der Anspruch des Urhebers auf Zahlung einer angemessenen Vergütung durch den Verwerter eingefügt. Ist die vereinbarte Vergütung nicht angemessen, so kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in eine entsprechende Änderung des Vertrages verlangen. Angemessen ist die Vergütung dann, “wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist” (§ 32 Abs. 2 S. 2 UrhG). Laut Gesetzesbegründung soll die angemessene Vergütung in Form einer Beteiligung an den Auswertungserlösen stattfinden. Damit stellt sich die Frage, ob die in der Filmbranche weit verbreiteten “BuyOuts” angemessen und damit nach wie vor möglich sind. Abgeändert wurde zugunsten des Urhebers noch der sog. „Bestseller-Paragraf: Besteht zwischen der vertraglich festgelegten Vergütung des Urhebers im Verhältnis zum erwirtschafteten Ertrag aus der Verwertung ein „auffälliges Missverhältnis”, so steht dem Urheber ein zusätzlicher Vergütungsanspruch zu. Laut Gesetzesbegründung soll bei einem Abweichen von der üblichen Vergütung um mehr als 100% ein „auffälliges Missverhältnis” gegeben sein. Neu ist, dass sich der Anspruch des Urhebers immer gegen denjenigen Verwerter richtet, der vom wirtschaftlichen Erfolg der Verwertung profitiert. Bsp.: Autor A räumt Produzent P die Verfilmungsrechte an einem Buch ein. Vorgesehen ist zunächst die Verfilmung für das TV. P produziert den Film für X, der den Film vor Ausstrahlung im TV ins Kino bringt, wo er zu einem Überraschungshit wird. Der Autor A muss sich bei der Geltendmachung seines Anspruchs auf weitere Vergütung aus § 32a UrhG n.F. an X halten; die Haftung des Vertragspartners von A, also Produzent P, entfällt. Da der Letztverwerter, X im obigen Beispiel, oftmals keine Kenntnis von der Vergütungshöhe des oder der eigentlichen Urheber(s) hat, muss sich dieser nunmehr im Vertrag mit seinem Vertragspartner, im obigen Beispiel P, eventuelle Rückgriffsmöglichkeiten vorbehalten. Anwendungsbereich des allgemeinen Vergütungsanspruchs im Verhältnis zum “BestsellerParagraphen”: Maßgeblich wird auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen sein: War bei Vertragsschluss die Vergütung angemessen, so kommt ein (zusätzlicher) Vergütungsanspruch nur unter den Voraussetzungen des “Bestseller-Paragraphen” in Betracht. Gemeinsame Vergütungsregeln, 36 UrhG: Diese Vorschrift sieht vor, dass repräsentative Vereinigungen von Urhebern und ausübenden Künstlern mit Vereinigungen von Verwertern entsprechender Werke oder mit einzelnen Verwertungsunternehmen, z.B. einem TV-Sender, sog. gemeinsame Vergütungsregeln aufstellen können. Diese sollen 14 “die Umstände des jeweiligen Regelungsbereichs berücksichtigen, insbesondere die Struktur und Größe der Verwerter” (§ 36 Abs. 1 S.2 UrhG n.F.). Verlangt der eine Teil die Aufnahme von entsprechenden Verhandlungen und kommt der andere Teil diesem Verlangen innerhalb einer Frist von 3 Monaten nicht nach, so kann derjenige, der die Aufnahme von Verhandlungen verlangt hat, den anderen Teil zu einem entsprechenden Verfahren vor eine Schiedsstelle zwingen. Der Vorschlag dieser Schiedsstelle wird dann wirksam, wenn keine der Parteien innerhalb von 3 Monaten nach Spruch der Schiedsstelle widerspricht. Selbst im Falle des Widerspruchs wird man wohl davon ausgehen können, dass einem Vorschlag der Schiedsstelle in einem Rechtsstreit um die Angemessenheit einer Vergütung eines Urhebers erhebliche präjudizielle Wirkung zukommen wird. 7. Gesetzliche Schranken des Urheberrechts. a. Urheber und Leistungsschutzberechtigte können die ihnen zustehenden ausschließlichen Verwertungsrechte nicht unbeschränkt geltend machen. Zum Schutz der (grundgesetzlich geschützten) Presse-, Rundfunk- und Informationsfreiheit (Art. 5 GG) sieht das UrhG in den §§ 45 - 63 UrhG sog. Schranken vor. Der Eingriff in das Recht des Urhebers besteht in den Formen der zustimmungs- und vergütungsfreien Nutzung, der gesetzlichen Lizenzen, Zwangslizenzen und Verwertungsgesellschaftspflichtigkeiten. Zwangslizenzen spielen in der Praxis keine Rolle. Verwertungsgesellschaftspflichtigkeiten, also die Festlegung, dass ein bestimmter Anspruch nur durch eine sog. Verwertungsgesellschaft (VG; die bekannteste VG: GEMA) geltend gemacht werden kann, finden sich dagegen sehr häufig, oft in Kombination mit einer gesetzlichen Lizenz. Zum großen Teil wird mit letzteren operiert: Der Urheber kann in diesen Fällen die Nutzung seines Werkes nicht reglementieren, behält jedoch einen Vergütungsanspruch und dem Nutzer wird eine exakt umrissene, gesetzliche Lizenz eingeräumt. Diese Schranken gelten nicht nur im Verhältnis zum Urheber, sondern auch für Lichtbildner (§ 72 Abs. 1 UrhG), ausübende Künstler (§ 84 UrhG), Tonträger- (§ 85 Abs. 3 UrhG) und Filmhersteller (§ 94 Abs. 4 UrhG). Die wichtigsten Schranken sind: - Zugriff auf (aktuelle) Zeitungsartikel; sog. Pressespiegelbestimmung (§ 49 UrhG); - Zitierfreiheit (§ 51 UrhG); - Unentgeltliche öffentliche Wiedergabe (§ 52 UrhG); - Vervielfältigungen zum eigenen privaten oder wissenschaftlichen Gebrauch (§ 53 UrhG). b. Zitatrecht, § 51 UrhG: Gesetzestext: Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe, wenn in einem durch den Zweck gebotenen Umfang 15 1. einzelne Werke nach dem Erscheinen in ein selbständiges wissenschaftliches Werk zur Erläuterung des Inhalts aufgenommen werden, 2. Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden, 3. einzelne Stellen eines erschienenen Werkes der Musik in einem selbständigen Werk der Musik angeführt werden. § 51 UrhG erlaubt also die vergütungsfreie Übernahme und Entlehnung von einzelnen Werken insgesamt (sog. Großzitat, Nr. 1), Teilen von Werken (sog. Kleinzitat, Nr. 2) und Teilen eines Musikwerkes (sog. Musikzitat, Nr. 3) im Interesse der geistigen Auseinandersetzung, da der Urheber bei seinem Schaffen auf den kulturellen Leistungen seiner Vorgänger aufbauen können muss. Insoweit dient die Zitierfreiheit dem allgemeinen kulturellen und wissenschaftlichen Fortschritt. § 51 Nr. 1 UrhG gestattet die unveränderte Aufnahme eines Werkes in ein selbständiges wissenschaftliches Werk zur Erläuterung des Inhalts. Nr. 1 unterscheidet sich von Nr. 2 und Nr. 3 dadurch, dass die Entlehnung eines gesamten Werks erlaubt wird, während Nr. 2 und 3 grundsätzlich nur die Übernahme von Teilen eines Werkes erlauben. Weil diese Vorschrift einen erheblichen Einschnitt in die Rechte des Urhebers darstellt, ist sie nur dann einschlägig, wenn ein besonderer Zitatzweck vorliegt: In Nr. 1 die Aufnahme in ein wissenschaftliches Werk zur Erläuterung des Inhalts. Beispiel: Abdruck eines Bildes in einer Doktorarbeit über Kunstgesichte. Nicht umfasst wäre der Abdruck des Bildes in einem Bildband über den Maler, weil kein wissenschaftlicher Zweck vorläge. § 51 Nr. 2 UrhG erlaubt im Rahmen des Zitatzweckes das Anführen von Stellen eines Werkes, wobei die Werkgattung nicht beschränkt ist, also beispielsweise auch Multimediawerke und Filmwerke in den Anwendungsbereich fallen. Stellen eines Werkes sind eigentlich kleine Ausschnitte, wobei (ausnahmsweise) auch größere Entnahmen gerechtfertigt sein können. Entscheidend für die Zulässigkeit ist immer, ob ein „Zitatzweck" vorliegt. Allgemeine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Zitats ist nämlich, dass es als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen dient und eine innere Verbindung zu den eigenen Gedanken hergestellt wird. Unzulässig ist es daher, Werk oder Werkteile in das zitierende Werk nur zur Ausschmückung aufzunehmen oder mit Zitaten eigene Ausführungen zu ersetzen. Allerdings gilt: Im Hinblick auf die durch das Grundgesetz geschützte Kunstfreiheit kann es im Rahmen einer eigenständigen künstlerischen Gestaltung nach § 51 Nr. 2 UrhG auch zulässig sein, urheberrechtlich geschützte Texte nicht nur zur Verdeutlichung übereinstimmender Meinungen, zum besseren Verständnis der eigenen Ausführungen oder zur Begründung oder Vertiefung des Dargelegten zu entlehnen. 16 Die Übernahme von urheberrechtlich geschützten Werkteilen kann auch ohne einen solchen Bezug zulässig sein, wenn die Zitate als solche Gegenstand und Gestaltungsmittel der eigenen künstlerischen Aussage des Zitierenden sind. Dies ist beispielsweise gegeben, wenn sich die Zitate funktional in die künstlerische Gestaltung und Intention des zitierenden Werkes einfügen und als integraler Bestandteil einer eigenständigen künstlerischen Aussage erscheinen. So hat das Bundesverfassungsgericht die Übernahme von Teilen von Werken Bertold Brechts in ein Werk Heiner Müllers im Rahmen der Kunstfreiheit noch als zulässig beurteilt. c. Vervielfältigung zum privaten Gebrauch, § 53 UrhG Auszug aus dem Gesetzestext: (1) Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte Vorlage verwendet wird. Der zur Vervielfältigung Befugte darf die Vervielfältigungsstücke auch durch einen anderen herstellen lassen, sofern dies unentgeltlich geschieht oder es sich um Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger photomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung handelt. (2) Zulässig ist, einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes herzustellen oder herstellen zu lassen 1. zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist, 2. zur Aufnahme in ein eigenes Archiv, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist und als Vorlage für die Vervielfältigung ein eigenes Werkstück benutzt wird, 3. zur eigenen Unterrichtung über Tagesfragen, wenn es sich um ein durch Funk gesendetes Werk handelt, 4. zum sonstigen eigenen Gebrauch, a) wenn es sich um kleine Teile eines erschienenen Werkes oder um einzelne Beiträge handelt, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen sind, b) wenn es sich um ein seit mindestens zwei Jahren vergriffenes Werk handelt. Dies gilt im Fall des Satzes 1 Nr. 2 nur, wenn zusätzlich 1. die Vervielfältigung auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger photomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung vorgenommen wird oder 2. eine ausschließlich analoge Nutzung stattfindet oder 17 3. das Archiv keinen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlichen oder Erwerbszweck verfolgt. Dies gilt in den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 und 4 nur, wenn zusätzlich eine der Voraussetzungen des Satzes 2 Nr. 1 oder 2 vorliegt. (5) Absatz 1, Absatz 2 Nr. 2 bis 4 sowie Absatz 3 Nr. 2 finden keine Anwendung auf Datenbankwerke, deren Elemente einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel zugänglich sind. Absatz 2 Nr. 1 sowie Absatz 3 Nr. 1 finden auf solche Datenbankwerke mit der Maßgabe Anwendung, dass der wissenschaftliche Gebrauch sowie der Gebrauch im Unterricht nicht zu gewerblichen Zwecken erfolgen. (6) Die Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Zulässig ist jedoch, rechtmäßig hergestellte Vervielfältigungsstücke von Zeitungen und vergriffenen Werken sowie solche Werkstücke zu verleihen, bei denen kleine beschädigte oder abhanden gekommene Teile durch Vervielfältigungsstücke ersetzt worden sind. § 53 Abs. 1 UrhG erlaubt die Herstellung einzelner Vervielfältigungsstücke von Werken zum privaten Gebrauch. Aber: § 53 Abs. 1 UrhG gestattet nur die Vervielfältigung, nicht die Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe. Unter „Vervielfältigungsstück“ fallen unter anderem Fotokopien, Ausdrucke, aber auch Aufnahmen auf Videokassetten, sonstigen Bild- oder Tonträgern sowie die Speicherung auf elektronischen Datenträgern wie CD-Rom oder DVD. Erlaubt wird die Herstellung von einzelnen Vervielfältigungsstücken, also nur von einigen wenigen. Eine genaue Festlegung der zulässigen Anzahl von Herstellungsstücken ist gesetzlich nicht festgelegt. In einer Entscheidung des BGH hielt dieser eine Anzahl von mehr als sieben Vervielfältigungsstücken für unzulässig. Die Faustformel lautet daher: Ist die Vervielfältigung zulässig, dürfen bis zu sieben Vervielfältigungsstücke angefertigt werden. Die Vervielfältigung muss nicht selbst vorgenommen werden. § 53 Abs. 1 S. 2 UrhG erlaubt, dass der zur Vervielfältigung Befugte die Kopie auch durch einen anderen herstellen lassen darf. Diese Regelung beruhte ursprünglich auf der Überlegung, dass Kopiergeräte sich wegen ihres hohen Preises regelmäßig nicht in Privathaushalten befinden, sondern in Copyshops, Bibliotheken etc. Dadurch, dass mittlerweile digitale Kopien durch CD- und DVD-Brenner praktisch für jedermann erschwinglich und auch weit verbreitet sind, will insbesondere die Musik- und Filmindustrie hier weitere Einschränkungen bei zukünftigen Gesetzesänderungen durchsetzen. Die Vervielfältigung darf nicht von einer offensichtlich rechtswidrigen Vorlage stammen. Diese Einschränkung der Privatkopie wurde erst im Jahre 2003 in das Gesetz aufgenommen und hatte zum Ziel, Raubkopien von CDs und DVDs sowie Internettauschbörsen wie das „alte“ Napster, Gnutella oder Kaaza in den Griff zu bekommen. Wer also ein mp3-file von einer Internettauschbörse herunterlädt, verletzt Urheberrechte, da die Vorlage – nämlich die Tauschbörse – offensichtlich rechtswidrig ist. 18 Eine weitere wesentliche Einschränkung der Privatkopie wurde ebenfalls im Jahre 2003 in das UrhG aufgenommen: Aufgenommen in das Gesetz wurden Regelungen zum Schutz technischer Maßnahmen. Ausgangspunkt ist dabei § 95a Abs. 1 UrhG, der ein Umgehen von wirksamen Kopierschutzmechanismen ohne Zustimmung des Rechtsinhabers verbietet. § 95a Abs. 2 UrhG enthält Definitionen von „technischen Maßnahmen“ und regelt wann diese als wirksam zu bewerten sind. Vor allem letztgenanntes beantwortet das Gesetz sehr ungenau. Maßgebend soll sein, ob durch Zugangskontrollen und Schutzmechanismen wie Verschlüsselung, Verzerrung oder sonstige Mechanismen zur Kontrolle der Vervielfältigung, die die Erreichung des Schutzziels sicherstellen, die Nutzung eines Werks von dem Rechtsinhaber unter Kontrolle gehalten wird. Vorsätzliche Verstöße sind sogar nach § 108b UrhG strafbar, allerdings nur, wenn die Tat nicht ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch des Täters oder mit ihm persönlich verbundener Personen erfolgte. Dabei genügt es, dass z.B. Software hergestellt und verkauft wird, die dazu dient, die Kopierschutzmechanismen zu überwinden. Erfasst ist dadurch Software wie z.B. Clone-CD oder Any-DVD. Der Verkauf dieser Software kann also sogar strafbar sein. Selbst der Verweis oder die Verlinkung auf Internetseiten, auf denen solche Software beworben oder verkauft wird, kann zumindest zivilrechtlich problematisch sein. Derzeit ist folgender Fall aktuell: Der Heise Verlag, der täglich über heise-online.de, News verbreitet, hatte in redaktioneller Form auf eine Software hingewiesen, die geeignet ist, Kopierschutzmechanismen zu „knacken“. In der Meldung fand sich zudem ein Link auf die Internetseite des Herstellers. Die Musikindustrie hat daraufhin den Verlag gerichtlich in Anspruch genommen. In einem einstweiligen Verfügungsverfahren entschied das OLG München, dass die Berichterstattung zulässig, die Verlinkung dagegen unzulässig war. 8. Urheberpersönlichkeitsrecht. Das Urheberpersönlichkeitsrecht ist das ideelle Gegenstück zu den wirtschaftlich ausgerichteten Verwertungsrechten. Es schützt den Urheber in seiner besonderen Beziehung zu seinem Werk. Das Urheberpersönlichkeitsrecht umfasst die Befugnisse des Veröffentlichungsrechts (§ 12 UrhG), des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft (§ 13 UrhG) und des Rechts auf Schutz gegen Entstellung oder Beeinträchtigung des Werkes (§ 14 UrhG). Hinzu kommt das Recht des Urhebers zum Zugang zum Original des Werkstücks (§ 25 UrhG). Im weiteren Sinne versteht es sich als der das gesamte Urheberrecht prägende Gedanke des Schutzes der geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers. 19 IV. Geschmacksmuster Das Geschmacksmuster schützt Gegenständer der sog. angewandten Kunst. Das Geschmacksmuster ist also ein „Design-Recht“. Seit 2004 gibt es ein neues Geschmacksmustergesetz (GeschmMG), das das alte Gesetz reformierte, mit dem Zweck, die Schutzvoraussetzungen für Geschmacksmuster innerhalb der EU zu harmonisieren. Zudem gibt es das sog. Gemeinschaftsgeschmacksmuster, das für die gesamte EU Schutz genießt (Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung, GGVO). Ein Geschmacksmuster ist schutzfähig, wenn ein - Muster vorliegt, - das neu ist und - eine Eigenart aufweist. Ein Muster liegt bei zwei- oder dreidimensionalen Erscheinungsformen vor. Ein Muster gilt als neu, wenn vor dem Anmeldetag kein identisches Muster offenbart worden ist. Für den Designer gilt dabei: Hat er selbst das Design vor Anmeldung auf einer Messe etc. präsentiert, hat er zwölf Monate Zeit, nach dieser eigenen Offenbarung das Muster anzumelden (§ 6 GeschmMG). Ein Muster hat Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Muster hervorruft, das bereits offenbart wurde. Es ist also keine Aussage getroffen, über welche Qualität das Design verfügen muss, auch eine Schöpfungshöhe wie beim Urheberrecht benötigt man nicht. Gem. § 2 Abs. 3 GeschmMG wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Musters berücksichtigt. D.h.: Sind nur wenig Gestaltungsmöglichkeiten – weil etwa bereits zahlreiche Muster vorhanden sind oder lässt das Produkt z.B. aufgrund seiner Technik wenig Spielraum beim Design zu – so soll der Designer nicht deshalb vom Geschmacksmusterschutz ausgenommen werden. Weil das Gesetz noch neu ist, gibt es zur Anforderung an die Eigenart noch keine richtungweisenden Entscheidungen. Deutsche Geschmacksmuster müssen beim DPMA angemeldet und eingetragen werden. Das DPMA prüft – wie beim Gebrauchsmuster – nicht, ob alle Voraussetzungen – hier Neuheit und Eigenart – vorliegen. Ebenso wie beim Gebrauchsmuster führt dies dazu, dass sich die Rechtsbeständigkeit erst im Prozess herausstellt. Der Schutz besteht zunächst 5 Jahre und kann dann bis zu einer Gesamtdauer von 25 Jahren verlängert werden. 20 Beim Gemeinschaftsgeschmacksmuster gibt es noch eine Besonderheit: Es bedarf hier keiner Eintragung, es genügt eine Offenbarung. Dies ist der Zeitpunkt der ersten öffentlichen Zugänglichmachung. Öffentlich zugänglich machen bedeutet, das Muster im Verkehr zu verwenden oder sonst bekannt zu machen. Dies muss in der Weise erfolgen, dass die in der Gemeinschaft tätigen Fachkreise davon im normalen Geschäftsverkehr Kenntnis erlangen könnten. Der Zeitpunkt und der Anteil der erreichten Öffentlichkeit sind entscheidend. Beweise diesbezüglich können durch datierte Nachweise der Veröffentlichung erbracht werden. Die Offenbarung in nur einem Mitgliedstaat genügt, wenn auch die Fachkreise der anderen Mitgliedstaaten Kenntnis davon erlangen können. Die Veröffentlichung im Internet dürfte die Fachkreise ausreichend in Kenntnis setzen. Unterschiede gibt es zwischen einem eingetragenen und einem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster bei der Schutzdauer und beim Umfang der gewährten Rechte: Die Schutzdauer eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters beträgt zunächst fünf Jahre und kann einmal oder mehrmals um einen Zeitraum von jeweils fünf Jahren bis zu einer maximalen Schutzdauer von 25 Jahren verlängert werden. Die Schutzdauer beträgt nach Art. 11 Abs. 1 GGMV drei Jahre ab dem Tag der Offenbarung. Unterschiede bestehen auch bezüglich der gewährten Rechte. Das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster gewährt seinem Inhaber das ausschließliche Recht, es zu benutzen und Dritten zu verbieten, es ohne seine Zustimmung zu benutzen. Dieses Verbietungsrecht umfasst insbesondere das Anbieten, das Inverkehrbringen, die Einfuhr, die Ausfuhr, oder die Benutzung eines Erzeugnisses, in das das Muster aufgenommen wird und das keinen anderen Gesamteindruck erweckt, sowie den Besitz eines solchen Erzeugnisses zu den genannten Zwecken. Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster gewährt seinem Inhaber nur dann das Recht, die Benutzung des Geschmacksmusters zu gewerblichen Zwecken zu verbieten, wenn die Benutzung das Ergebnis einer Nachahmung des geschützten Musters ist.
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