HochschulPerspektiven für alle. Interview mit Dr. Jens Schneider (ENESP) Der Verbund für interkulturelle Kommunikation und Bildung e.V. (Verikom) unter der Leitung von Dr. Jens Schneider gehört zum European Network for Educational Support Projects (ENESP) und ist Kooperationspartner von HoPe. Das ENESP bietet grundlegend die Möglichkeit, in einen interkulturellen Austausch zu treten und die verschiedensten Erfahrungen mit Mentoring und bilateralen Begegnungen auszutauschen. Das ENESP stellt durch jahrelange Erfahrung einen Experten im Bereich des Mentorings dar und kann durch das ausgebaute Netzwerk insbesondere methodisch für HoPe eine intensive Unterstützung bieten. Es gilt hauptsächlich Probleme im Projekt zu verhindern oder zu lösen. In erster Linie nimmt das ENESP also eine beratende Funktion in der Kooperation ein. Als in den 1990er Jahren deutlich wurde, dass auch weiterhin Migration nach Deutschland stattfinden würde und immer mehr ethnische Minderheiten ins Land kamen, entschloss sich Dr. Jens Schneider in Amsterdam ‘Ethnic Studies’ zu studieren. Anschließend arbeitete er in Hamburg mit jugendlichen Flüchtlingen zusammen und beschäftigte sich in seiner Dissertation mit deutschen Identitäten nach der Wiedervereinigung. Nach einem Studienaufenthalt in Brasilien startete er mit einem Kollegen ein europäisches Forschungsprojekt zum Thema „Zweite Generation von MigrantInnen“ in Amsterdam. Heute leitet Dr. Jens Schneider das Projekt Verikom in Hamburg und ist zudem als Wissenschaftler am IMIS tätig. „Pathways to success“ ist der Titel eines aktuellen Projektes, mit welchem er sich zurzeit intensiv beschäftigt. Erfolgreiche Berufskarrieren in der zweiten Generation stehen hier im Mittelpunkt. Untersucht werden vor allem Faktoren, die sich fördernd oder inhibierend auf einen erfolgreichen Bildungsweg auswirken können. Statistisch gesehen ist ein rascher Bildungserfolg bei Menschen mit Migrationshintergrund seltener bzw. unwahrscheinlicher als bei Menschen ohne Migrationshintergrund. Die Förderung bei dem Übergang in die Hochschule sieht Schneider als elementaren Grundbaustein an. Aber auch die Empfehlungen zum Schulwechsel nach der Grundschule sind richtungsgebend für den weiteren Bildungsweg. Bildungsübergänge stehen auch im Fokus der Initiative ArbeiterKind.de, und stellen die Schnittmenge der Initiativen und Projekte dar. HochschulPerspektiven für alle. Der eingetragene Verein Verikom ist lokal in Hamburg tätig. Dort haben sich vor allem in bildungsbenachteiligten Stadtteilen Integrationszentren gebildet, die sich mit der Sozialberatung und verschiedenen Sprachkursen für Migrantinnen und Migranten beschäftigen. In diesen Aufgaben liegt auch der Schwerpunkt von Verikom - die Förderung der gesellschaftlichen Partizipation von MigrantInnen. Über die Hälfte aller MitarbeiterInnen haben selbst einen Migrationshintergrund und können daher vor allem aus einem breiten Erfahrungsschatz schöpfen. Aktuelle Projekte sprechen verschiedenste Problemfelder an. So gibt es seit einigen Jahren eine interkulturelle Beratungsstelle für häusliche Gewalt oder auch ein Mentoringprogramm namens „Junge Vorbilder“. Dieses Projekt arbeitet ausschließlich mit jungen MentorInnen, die selbst einen Migrationshintergrund aufweisen. Derzeit steht ebenfalls ein neues Projekt „Dialog macht Schule“ in den Startlöchern. Der Fokus liegt hier auf einer Verbesserung der Kommunikation und Kooperation zwischen SchülerInnen und LehrerInnen. Dialogmediatoren sollen als Verbindung zwischen beiden Parteien fungieren und übernehmen zwei Jahre lang den gesellschaftspolitischen Unterricht in der achten Klasse, um die gegenseitige Akzeptanz zu fördern. Das Faszinierende am Mentoring ist, so Dr. Jens Schneider, wie natürlich und schnell sich dieser Prozess entwickelt und funktioniert. Besonders im peer-Mentoring sei die rasche Entwicklung einer gewissen Vertrauensbasis ausschlaggebend für eine funktionierende Beziehung. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, sei die Erfolgswahrscheinlichkeit hoch. Wenn Mentees mit multiplen Problemlagen belastet sind, stoßen allerdings die Kapazität und die Verantwortlichkeit eines Mentors oder einer Mentorin irgendwann an ihre Grenzen. Um solche Problemlagen zu verhindern, muss auf eine gute Vorbereitung der MentorInnen geachtet werden. Eine entsprechende seminaristische Vorbereitung ist unabdinglich, um die Grundidee zu verinnerlichen und eine Empathie gegenüber dem Mentee zu entwickeln. Jeder Mentor und jede Mentorin hat eine eigene Rolle, die reflektiert werden muss. Auch das Loslassen von einer Mentoringbeziehung nach ca. einem Jahr stellt einen wichtigen Faktor dar. Die Zeitspanne eines Mentoringprogrammes sollte ein Jahr möglichst nicht unterschreiten und kann sogar bis zu zwei Jahre andauern. Dr. Jens Schneider ist davon überzeugt, dass das Projekt und allgemein die Universität Osnabrück noch viel Potenzial in diesem Themengebiet haben. Beispielsweise könnte man noch andere Studiengänge ansprechen, insbesondere solche, die durchschnittlich mehr MigrantInnen anziehen, wie beispielsweise Jura oder Wirtschaftswissenschaften, um dort die Zahl der StudienabbrecherInnen zu minimieren. In diesem Kontext könnte auch der elitäre Ruf dieser Studiengänge in den Schulen korrigiert werden, um die Angst vor diesen Fachrichtungen zu nehmen. Die allgemeinbildenden Schulen müssen ebenfalls mit einbezogen werden, damit der Zugang zur Hochschule ohne Barrieren für benachteiligte Gruppen ermöglicht wird. Interview vom 29.04.2015 Interviewerinnen: Marlene Ackermann und Christina Hesse, studentische Mitarbeiterinnen im Projekt HoPe Kontakt: [email protected]
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