Kinder und Jugendliche im Sozialhilfeverfahren, Guggisberg

Luzerner Tagung zum Sozialhilferecht
Kinder und Jugendliche in der
Sozialhilfe
22. Oktober 2015
PowerPoint Präsentation
Kinder und Jugendliche im Sozialhilfeverfahren –
Praxisansätze und ausgewählte Fragestellungen
Matthias Guggisberg, lic. jur.
Rechtsdienst Sozialdepartement der Stadt Zürich
Die Unterlagen finden Sie auch unter: www.hslu.ch/fachtagung-sozialhilferecht
Kinder und Jugendliche
im Sozialhilfeverfahren
Praxisansätze und
ausgewählte Fragestellungen
Matthias Guggisberg
lic. iur. Rechtsanwalt
22.10.2015
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Übersicht
1.
Einleitendes Beispiel
2. Rechtliche Aspekte zum Thema
Kinder und Jugendliche im Sozialhilfeverfahren
2.1 Wie können Kinder und Jugendliche ihre Rechte geltend machen?
2.2 Wer vertritt Kinder und Jugendliche bei der Geltendmachung ihrer Rechte?
2.3 Was hat die Verwaltung bei Kindern und Jugendlichen zu beachten?
3. Praxisbeispiele
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
4.
Fazit
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© 2015 Matthias Guggisberg
Unterstützungsgesuch Minderjähriger
Geteilte faktische Obhut
Alleinerziehende Mutter in Ausbildung
Kürzung der wirtschaftlichen Hilfe
Einstellung der wirtschaftlichen Hilfe
Kinder und Jugendliche im Sozialhilfeverfahren
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1
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1. Einleitendes Beispiel
 Sachverhalt
•
•
•
Eine alleinerziehende Mutter schickt 17-Jährigen von Zuhause weg.
Dieser beantragt die Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe.
Die Gemeinde weist den Jugendlichen weg, ohne über das
Unterstützungsgesuch zu befinden.
 Fragestellung
•
•
•
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Wie können Kinder und Jugendliche ihre Rechte geltend machen?
Wer vertritt Kinder und Jugendliche bei der Geltendmachung
ihrer Rechte?
Was hat die Verwaltung bei Kindern und Jugendlichen besonders
zu beachten?
Kinder und Jugendliche im Sozialhilfeverfahren
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2. Rechtstellung von Kindern und Jugendlichen
im Sozialhilfeverfahren
StädteinitiativeSozialpolitik,Kennzahlenbericht2014,Grafik11
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Kinder und Jugendliche im Sozialhilfeverfahren
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 Begriff „Kinder und Jugendliche“
• Unter dem Begriff Kinder und Jugendliche werden im Folgenden Personen
verstanden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
 Rund ein Dritter der Sozialhilfebeziehenden sind Kinder und
Jugendliche – wo sind sie im Sozialhilfeverfahren?
• Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe (Art. 12 BV).
• Im Sozialhilfeverfahren treten sie in der Regel nicht als Partei auf.
• Wie können sie ihre Rechte geltend machen?
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2.1 Wie können Kinder und Jugendliche
ihre Rechte geltend machen?

Kinder und Jugendliche sind parteifähig.
Verfügungen, die den Kindern und Jugendlichen Leistungen zusprechen
oder ihnen Pflichten auferlegen, sind an diese zu richten.

Kinder und Jugendliche sind grundsätzlich nicht prozessfähig.
Kinder und Jugendliche sind grundsätzlich nicht fähig, einen Prozess
selber zu führen oder durch einen selbst gewählten Vertreter führen zu
lassen.
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Partei- und Prozessfähigkeit
Zivilrecht
Prozessrecht
… ist die Fähigkeit, Rechte und
Pflichten zu haben.
… ist die Fähigkeit, Partei in einem
Verfahren zu sein.
Rechtsfähig ist jedermann,
also auch Kinder und Jugendliche.
Parteifähig ist jedermann,
also auch Kinder und Jugendliche.
Handlungsfähigkeit2

Parteifähigkeit

Rechtsfähigkeit1

Prozessfähigkeit

… ist die Fähigkeit, durch seine
Handlungen Rechte und Pflichten
zu begründen.
… ist die Fähigkeit, einen Prozess
selber zu führen oder durch einen
selbst gewählten Vertreter führen
zu lassen.
Handlungsfähig ist, wer volljährig
und urteilsfähig ist.
Prozessfähig ist, wer volljährig
und urteilsfähig ist.
1 Art.
11 ZGB
2 Art.
18 ZGB
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Beschränkte Prozessunfähigkeit
Zivilrecht

Verwaltungsrecht
Beschränkte
Handlungsunfähigkeit
Urteilsfähige Kinder und Jugendliche
•
können Vorteile erlangen, die
unentgeltlich sind,
•
können höchstpersönliche
Rechte ausüben1
•
und sind zivilrechtlich
deliktsfähig.
1
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
Beschränkte
Prozessunfähigkeit
Urteilsfähige Kinder und Jugendliche
•
können höchstpersönliche Rechte
ausüben, also auch das Recht auf
Hilfe in Notlagen gemäss Art. 12 BV,
die ihnen aufgrund ihrer Persönlichkeit zustehen, geltend machen.
Art. 19c Abs. 1 ZGB
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4
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2.2 Wer vertritt Kinder und Jugendliche
bei der Geltendmachung ihrer Rechte?
 Eltern
- Die Eltern vertreten Kinder und Jugendliche von Gesetzes wegen (Art. 304 ZGB).
- Urteilsunfähige Kinder und Jugendliche sind prozessunfähig.
- Urteilsfähige Kinder und Jugendliche sind beschränkt prozessunfähig.
 Mandatsträger
- Sind die Eltern nicht in der Lage, die Interessen der Kinder zu vertreten, handeln
Mandatsträger (Vormund / Beistand). Besteht zwischen Eltern und Kindern ein
Interessenkonflikt, kann eine Vertretungsbeistandschaft errichtet werden.
 Gewählte Vertretung
- Eltern und Mandatsträger können sich (anwaltlich) vertreten lassen.
- Urteilsfähige Kinder können selber eine Vertretung bestellen, soweit es sich
um Rechte handelt, die ihnen aufgrund ihrer Persönlichkeit zustehen.
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2.3 Was hat die Verwaltung bei Kindern und
Jugendlichen besonders zu beachten?
Grundsätzliches
 Legalitätsprinzip (Art. 5 Abs. 1 BV)
„Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.“
 Verhältnismässigkeitsprinzip (Art. 5 Abs. 2 BV)
„Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.“
 Einschränkungen von Grundrechten (Art. 36 BV)
1.
2.
3.
4.
Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage.
Rechtfertigung durch öffentliches Interesse oder Schutz Grundrecht Dritter
Einschränkung von Grundrechten ist verhältnismässig.
Kerngehalt des Grundrechts ist nicht tangiert.
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Verwaltungsverfahren wirtschaftliche Hilfe
 Einleitungsphase
• Verfahren eröffnen auf Antrag oder bei Kenntnis der Bedürftigkeit von Amtes wegen
• Prüfen der Zuständigkeit (vgl. Praxisbeispiel 3.2 geteilte faktische Obhut)
 Klärungsphase
• Sachverhaltsabklärung von Amtes wegen
• Fallzusammensetzung (Unterstützungseinheit oder Kind als eigener Unterstützungsfall)
• Kindsvermögen: Antrag an KESB (vgl. Art. 320 Abs. 2 ZGB)
• Kindseinkommen: Übersteigen Einnahmen des Kindes dessen Bedarf, ist dieses aus der
Unterstützungseinheit zu nehmen.
 Entscheidphase
• Adressat (Partei) sind Kinder und Jugendliche – Zustellung an Vertreter
• Entzug aufschiebende Wirkung nur, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit davon
auszugehen ist, dass keine Bedürftigkeit besteht (Interesse des Kindes berücksichtigen)
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Unterstützungseinheit (UE)
Rückerstattung vom Gesuchsteller
oder Ehegatten über Gesamtbetrag
UE = Antragssteller + Ehegatte
+ Kinder im gemeinsamen Haushalt
KM
KV
Kürzung und Einstellung erfolgt
grundsätzlich für die gesamte UE
Gemeinsame Berechnung und
Auszahlung an UE als Ganze
S
T
Gesamtpauschale unabhängig
der Verbraucherstruktur von
Kindern und Erwachsenen
Verwaltung hat Interessen der Kinder
und Jugendlichen zu beachten
-> Kinder in einer UE sind abhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Eltern.
-> Übersteigt das Einkommen des Kindes dessen Bedarf, ist diese aus der UE zu nehmen (SKOS-Richtlinien E.1.1.3.).
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3.
Praxisbeispiele
3.1
Gesuch Minderjähriger
 Sachverhalt
• Eine alleinerziehende Mutter schickt 17-Jährigen von Zuhause weg.
• Dieser beantragt die Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe.
• Die Gemeinde weist den Jugendlichen weg, ohne über das Unterstützungsgesuch zu befinden.

Fragestellungen:
•
•
•
•
Kann eine minderjährige Person ein Leistungsgesuch einreichen?
Welche Ansprüche kann der 17-Jährige geltend machen?
Hat die Gemeinde eine Verfügung zu erlassen?
An wen hat sie diese zu adressieren?
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3.
Praxisbeispiele
3.1
Gesuch Minderjähriger - Lösungsansatz
 Urteilsfähige Jugendliche können das Recht, das ihnen aufgrund ihrer
Persönlichkeit zusteht, selbständig geltend machen.
 Auch ohne Gesuch hat die Gemeinde aufgrund der Kenntnis der Sachlage
einen allfälligen Leistungsanspruch zu prüfen.
 Zu prüfen ist der Anspruch auf ein Obdach und Verpflegung, allenfalls auf
medizinische Grundversorgung oder situationsbedingte Leistungen.
 Nach Prüfung des Sachverhalts hat die Gemeinde über den
Leistungsanspruch zu entscheiden.
 Die Verfügung ist der gesetzlichen Vertretung zuzustellen.
 Der Jugendliche kann abweisenden Entscheid selber weiterziehen,
weshalb ihm der Entscheid ebenfalls zu eröffnen ist.
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3.
Praxisbeispiele
3.2 Geteilte faktische Obhut
 Sachverhalt
•
•
•
•
Die Eltern haben die gemeinsame elterliche Sorge.
Das Kind hält sich je zur Hälfte bei Kindsmutter / Kindsvater auf.
Die Kindsmutter erhält von der Gemeinde X,
der Kindsvater von der Gemeinde Y wirtschaftliche Hilfe.
Das Kind ist gemäss Personenmeldeamt bei der Kindsmutter
gemeldet. Beim Kindsvater hat es den Status «Wochenaufenthalter».
 Fragestellungen
•
•
Wo ist das Kind zum Bezug wirtschaftlicher Hilfe anzumelden?
Wie bemisst sich die wirtschaftliche Hilfe?
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3.
Praxisbeispiele
3.2 Geteilte faktische Obhut - Lösungsansatz
•
Im Sozialhilferecht gibt es nur eine Zuständigkeit / einen Unterstützungswohnsitz.
•
Das Kind hat seinen zivilrechtlichen Wohnsitz in der Gemeinde X.
•
Haben die Eltern keinen gemeinsamen zivilrechtlichen Wohnsitz, teilt das Kind
Unterstützungswohnsitz jenes Elternteils, bei dem es wohnt (Art. 7 Abs. 2 ZUG).
•
Teilen sich die Eltern auch die Betreuung des Kindes, befindet sich sein
Unterstützungswohnsitz dort, wo es sich mehrheitlich aufhält.
•
Hält es sich je zur Hälfte bei Mutter und Vater auf, kommen weitere Indizien wie
Meldeadresse des Kindes oder der Schulort zum Tragen.
•
Unterstützungswohnsitz des Kindes ist aufgrund der Meldeadresse in der Gemeinde X.
•
Gemeinde X hat der Mutter und dem Kind wirtschaftliche Hilfe zu erbringen.
•
Gemeinde Y hat lediglich für Mehrauslagen aufgrund des Aufenthalts des Kindes beim
Vater aufzukommen.
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3. Praxisbeispiele
3.3 Alleinerziehende Mutter in Ausbildung

Sachverhalt
•
Alleinerziehende Mutter, 45 Jahre, beantragt für sich und ihre 5-jährige
Tochter wirtschaftliche Hilfe.
Aufgrund des Alters der Mutter fallen die Stipendienleistungen weg, die bis
anhin den Bedarf von Mutter und Kind gedeckt haben.
Die Mutter verfügt über eine abgeschlossene Erstausbildung.
Sie absolviert derzeit an der Universität ein Studium.
•
•
•
 Fragestellungen
•
•
Hat die Sozialhilfe für die Finanzierung einer Zweitausbildung aufzukommen?
Hat das Kind Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe, wenn die alleinerziehende
Mutter eine Zweitausbildung absolviert und deshalb keine wirtschaftliche Hilfe
erhält?
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3. Praxisbeispiele
3.3 Alleinerziehende Mutter in Ausbildung - Lösungsansatz
 Kindsmutter:
• Kindsmutter erhält nur wirtschaftliche Hilfe, wenn mit der Erstausbildung kein
existenzsicherndes Einkommen erzielt werden kann und dieses Ziel mit der
Zweitausbildung erreicht werden kann (SKOS-Richtlinien H.6).
• Ist die Mutter aufgrund ihrer Erstausbildung in der Lage, ein existenzsicherndes
Einkommen zu erzielen, hat sie keinen Anspruch.
 Kind:
• Kind hat grundsätzlich einen eigenen Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe, wenn die
Einnahmen von Mutter und Kind den Bedarf der Unterstützungseinheit nicht decken.
• Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich verneinte in diesem Fall einen Anspruch
für die ganze Unterstützungseinheit.1
• Sofern Kindsmutter effektiv keine Einnahmen erzielt, darf jedoch kein solches bei der
Berechnung des Anspruchs des Kinds eingerechnet werden (Tatsächlichkeitsprinzip).
• Meines Erachtens hat das Kind vorliegend Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe, sofern die
weiteren Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
1
Entscheid Verwaltungsgericht des Kantons Zürich vom 26. März 2014, VB.2013.00827, E. 3.3 und 3.7
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3. Praxisbeispiele
3.4 Kürzung der wirtschaftlichen Hilfe
 Sachverhalt
•
•
•
•
Ehepaar wird mit ihren beiden Kindern unterstützt.
Kindsvater verweigert Teilnahme an Arbeitsintegration
Gemeinde erteilt die Auflage zur Teilnahme mit der Androhung von
Sanktionen.
Gemeinde kürzt den Grundbedarf für den Lebensunterhalt (GBL)
für die Dauer eines Jahres um 15 %.
 Fragestellungen
•
•
•
Welche Sanktionen sind zulässig?
Was ist in Bezug auf die Interessen der Kinder zu berücksichtigen?
Wer kann sich in welcher Form gegen die Sanktion wehren?
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Kinder und Jugendliche im Sozialhilfeverfahren
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3. Praxisbeispiele
3.4 Kürzung der wirtschaftlichen Hilfe - Lösungsansatz

Weigert sich der Kindsvater, an der Arbeitsintegrationsmassnahme teilzunehmen,
kann sein Anteil am Grundbedarf für den Lebensunterhalt (GBL) unbestrittenermassen um maximal 15 % gekürzt werden.

Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich erachtete eine Kürzung des GBL der
gesamten Unterstützungseinheit um 15 % als zulässig, soweit unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse die Verhältnismässigkeit gewahrt wird.1

•
•
•
Kritik aus der Lehre:
Bei der Kürzung handelt es sich um einen administrativen Rechtsnachteil.
Diese verfolgt sowohl einen exekutorischen als auch einen pönalen Zweck.
Die repressive Sanktionierung für ein pflichtwidriges Verhalten hat eine pönale
Funktion, die ein Verschulden voraussetzt.
Kindsmutter und Kinder trifft kein Verschulden, weshalb die Sanktionierung der
gesamten Unterstützungseinheit meines Erachtens nicht zulässig ist.
•
1
Entscheid des Verwaltungsgerichts Zürich vom 3. März 2015, VB.2014.00412, E. 3.6, hängig vor Bundesgericht.
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3. Praxisbeispiele
3.5 Einstellung der wirtschaftlichen Hilfe

Sachverhalt
•
Mutter und Vater reichen trotz mehrfacher Mahnung keine Unterlagen ein.
•
Wirtschaftliche Hilfe für Eltern und zwei Kinder wird eingestellt.

Fragestellungen
•
Darf die wirtschaftliche Hilfe für die Kinder eingestellt werden?
•
Was ist in Bezug auf die Interessen der Kinder zu berücksichtigen?
•
Was gilt es aus prozessualer Sicht zu berücksichtigen?
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Kinder und Jugendliche im Sozialhilfeverfahren
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3. Praxisbeispiele
3.5 Einstellung der wirtschaftlichen Hilfe - Lösungsansatz

•
•
Eltern:
Reichen Eltern trotz Mahnung keine Unterlagen ein und kann dadurch die Bedürftigkeit
nicht geprüft werden, kann die wirtschaftliche Hilfe eingestellt werden (SKOS-RL A.8.3).
Die Gemeinde kann somit die Einstellung des Anspruchs verfügen, so lange die
notwendigen Unterlagen nicht vorliegen und der Sachverhalt nicht von Amtes wegen
geprüft werden kann.

•
Kinder:
Bedarf für die gesamte Unterstützungseinheit ist nicht belegt, weshalb auch die Kinder
keinen Anspruch haben.

•
•
Formell:
Entscheid ist den Eltern als gesetzliche Vertreter zuzustellen.
Sofern die Kinder urteilsfähig sind, können sie im eigenen Namen ein Rechtsmittel
ergreifen.
Der Entzug der aufschiebenden Wirkung ist vorliegend nicht zulässig; der Sachverhalt ist
nicht liquide und die Bedürftigkeit entsprechend unklar.
Reichen die Eltern vor der Rechtskraft des Einstellungsentscheids neue Unterlagen ein und
ist der Bedarf nachgewiesen, erfolgt rückwirkend eine ununterbrochene Unterstützung.
•
•
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Kinder und Jugendliche im Sozialhilfeverfahren
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4. Fazit
Kinder und Jugendliche…
 sind im Sozialhilfeverfahren parteifähig, grundsätzlich aber nicht prozessfähig.
 werden grundsätzlich von den Eltern, dem Beistand oder den Vormund vertreten.
 sind im Falle der Urteilsunfähigkeit prozessunfähig,
weshalb sie ihre Ansprüche immer durch ihre gesetzlichen Vertreter geltend machen.
 sind im Falle der Urteilsfähigkeit beschränkt prozessunfähig,
weshalb sie Rechte, die ihnen aufgrund ihrer Persönlichkeit zustehen, selbständig
geltend machen können, aber nicht müssen.
 haben einen eigenen Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe,
sind aber im Falle einer Unterstützungseinheit abhängig von den Einkommens- und
Vermögensverhältnissen der Eltern.
 haben Interessen, die von der Verwaltung von Amtes wegen und im Rahmen der
Verhältnismässigkeit ausreichend zu berücksichtigen sind.
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Fragen & Anregungen an
[email protected]
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Kinder und Jugendliche im Sozialhilfeverfahren
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