Zurzeit gibt es zwei Forschungsschwerpunkte, die

BA_D1
Diskussionsvorlage für Interview
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Lesen Sie nachstehenden Artikel und fassen Sie die wesentlichsten Punkte
zusammen.
Inwiefern können Sie von den Maßnahmen/Entwicklungen betroffen sein?
Aus welchen Gründen ist der angesprochene Politikbereich der EU für Sie ein
wesentlicher Bereich der EU Politik?
Bereiten Sie sich vor, zu den oben genannten Punkten 5 Minuten frei zu
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Jobs: EU erholt sich, Österreich nicht
Laut Eurostat verzeichnet die EU die niedrigste Arbeitslosenquote seit 2009.
Nur in zwei Ländern ist diese im vergangenen Jahr gestiegen: in Finnland und
in Österreich.
07.01.2016 | 17:34 | von Dominik Perlaki (Die Presse)
Wien. Das statistische Amt der EU, Eurostat, hat die Arbeitslosenquoten für
November 2015 bekannt gegeben. Für die EU ist das Ergebnis erfreulich: Insgesamt
liegt die Arbeitslosenquote in den 28 Mitgliedstaaten nach EU-Berechnung bei 9,1
Prozent. Das ist der niedrigste Wert seit Juli 2009. Mit 5,8 Prozent liegt Österreich
EU-weit auf Rang fünf hinter Deutschland, Tschechien, Malta und Großbritannien.
Anlass zu Freude bereitet das hierzulande aber nicht, denn noch vor einem Jahr
belegte das Land den zweiten Rang hinter Deutschland. Seither ist die
Arbeitslosigkeit fast überall in der EU gesunken. Österreich hingegen ist eines von
nur zwei Ländern, wo sie im selben Zeitraum gestiegen ist – sonst teilt nur Finnland
dieses Schicksal.
Aufatmen in der EU
Die EU findet langsam den Weg aus der Krise. Insgesamt liegt in den EU-28 die
Quote zwar noch immer weit über jener vor der Wirtschaftskrise – 2008 lag sie für die
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gesamte Union noch bei sieben Prozent. Aber seit 2013, als mit 10,9 Prozent das
höchste Jahresmittel bislang erreicht wurde, ist sie wieder gesunken. Zurückzuführen
ist
die
allgemeine
Verbesserung
stark
auf
eine
Stabilisierung
der
Arbeitsmarktsituation in Südeuropa. Den stärksten Rückgang bei der Arbeitslosigkeit
verzeichnen nämlich die Sorgenkinder Spanien (um 2,3 Prozentpunkte) und Italien
(um 1,8 Prozentpunkte).
Spanien startete allerdings Ende 2014 auf einem extrem hohen Niveau. Auch jetzt
hat das Land mit 21,4 Prozent noch die zweithöchste Arbeitslosigkeit in der Union
nach Griechenland. Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien (IHS) führt die
sinkende Arbeitslosenzahl in Spanien aber nicht nur auf das zuletzt stärkere
Wirtschaftswachstum des Landes zurück: Auch Abwanderung führe dort zu einer
Entspannung der Arbeitsmarktsituation.
Großes Arbeitskräfteangebot
Für Österreich stellt Hofer eine gegenteilige Diagnose. Das Steigen der Quote führt
er auf zwei entscheidende Gründe zurück: Österreich habe im Moment mit geringem
Wachstum zu kämpfen. Zugleich gebe es aber ein großes Arbeitskräfteangebot.
Denn im Gegensatz zu vielen anderen EU-Staaten erlebt Österreich seit Jahren eine
starke Zuwanderung, vor allem aus den Staaten, die seit 2004 der EU beigetreten
sind. Jedes Jahr kommen mehr Menschen aus diesen Ländern. 2014 kamen mit
rund 66.000 Personen etwa doppelt so viele wie noch 2010.
Auch den gesellschaftlichen Wandel führt Hofer als Ursache für das erhöhte
Arbeitskräfteangebot ins Treffen: Hausfrauen gebe es heute praktisch nicht mehr,
und die steigende Frauenerwerbsquote bringe auch mehr Menschen auf den
Arbeitsmarkt.
Hinzu
kommt
dann
noch
der
Versuch,
das
faktische
Pensionsantrittsalter zu erhöhen. Spätere Pensionierungen bedeuten zugleich auch
mehr Arbeitskräfte. Hier sieht Hofer auch einen entscheidenden Unterschied zu
Deutschland: Dort sei man beim demografischen Wandel schon weiter. Das heißt,
während unser Nachbarland die größte Pensionierungswelle schon hinter sich hat,
steht diese Österreich noch bevor. Danach werde sich der Arbeitsmarkt auch
hierzulande wieder beruhigen.
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Auch Finnland rutscht ab
Deutschland kann seine Position an der EU-Spitze weiterhin halten. Zwischen
November 2014 und der aktuellen Erhebung ist die Arbeitslosenquote dort sogar um
weitere 0,4 Prozentpunkte gesunken. Angesichts der guten Konjunkturlage ist dies
wenig überraschend.
Rang zwei hingegen geht an ein Land, das noch vor Kurzem gar nicht so gut
dagestanden ist: Tschechien. Noch 2013 lag die Arbeitslosenquote dort bei sieben
Prozent. Nach den Krisenjahren gibt es dort aber inzwischen einen kleinen
Wirtschaftsboom: In den neun Monaten bis September 2015 wuchs die tschechische
Wirtschaft nach Angaben von Eurostat um vier Prozent. Kein anderes EU-Land kam
in dem Zeitraum an unser nördliches Nachbarland heran. Im August des Vorjahres
gab es etwa 100.000 offene Stellen – und einen Fachkräftemangel.
Am anderen Ende der Statistik steht Finnland. Dort ist die Arbeitslosigkeit im
vergangenen Jahr um 0,4 Prozent gestiegen, und die Aussichten sind weiterhin
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düster. Denn auch die Wirtschaft ist in den ersten drei Quartalen 2015 nur um 0,1
Prozent gewachsen. Seit dem Niedergang des früheren Handy-Weltmarktführers
Nokia kommt das Land nicht aus der Krise.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2016)
http://diepresse.com/home/wirtschaft/international/4899836/Jobs_EU-erholt-sichOsterreich-nicht?_vl_backlink=/home/wirtschaft/international/index.do
(download 13.Jänner 2016)
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TTIP: Nichts zu gewinnen, viel zu verlieren
Andras Szigetvari 17. Jänner 2016, 18:59 DerStandard
Das Freihandelsabkommen stand im Burgtheater im Zentrum einer hitzigen Debatte
zwischen Gegnern und Befürwortern Wien – Zwei Stunden und 55 Minuten benötigte
der Serbe Novak Djokovic am 12. Juli 2015 dazu, sich im Finale von Wimbledon
gegen Roger Federer den ersten Matchball zu erspielen. Für die Zuschauer wird es
nicht von Interesse gewesen sein. Aber der Ball, den Djokovic in jenem Augenblick
servierte, hatte eine besondere Reise hinter sich. Forscher an der Warwick Business
School haben errechnet, dass der Tennisball 80.400 Kilometer zurücklegt, ehe er in
Wimbledon ankommt. Der Produzent, eine britische Firma namens Slazenger, lässt
die Bälle seit einigen Jahren auf den Philippinen herstellen. Die dort verarbeiteten
Einzelteile werden aus elf Ländern geliefert, darunter Neuseeland, China, Taiwan,
Indonesien, Japan, Griechenland und die USA. Der Wimbledon-Ball spielte am
Sonntag im Burgtheater in der Diskussion zu der Frage "Wozu brauchen wir TTIP?"
eine nicht unwesentliche Rolle. Denn für Lutz Güllner, den Vertreter der EUKommission in der Debatte vor rund 800 Zuhörern, ist der Tennisball ein perfektes
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Beispiel dafür, dass die EU vom geplanten Freihandelsabkommen mit den USA stark
profitieren könnte. foto: cremer TTIP ist besonders in Österreich umstritten. Rund 800
Zuhörer lauschten der Diskussion über das Abkommen am Sonntag im Wiener
Burgtheater. Der Ball ist tatsächlich repräsentativ für die veränderte Realität in der
internationalen Warenproduktion. Während früher vor allem mit Fertigprodukten
gehandelt wurde, bestehen heute 70 Prozent des Welthandels aus der Verschiffung
von Einzelteilen. Es haben sich regionale Wertschöpfungsketten gebildet – in Asien,
Südamerika und Europa -, an denen immer mehr Staaten beteiligt sind. Zugleich
aber fehlt, wie Güllner ausführte, jede internationale Ordnungsmacht für den
Freihandel.
In
der
Welthandelsorganisation
WTO
stecken
entsprechende
Verhandlungen seit Jahren fest. Deshalb erproben immer mehr Länder regionale
Partnerschaften. In diesen werden Produktnormen festgelegt und Standards für
Umweltschutz und Arbeitsrecht definiert. Wenn die EU bei dieser Entwicklung nicht
nur "passiv" zusehen wolle, müsse sie selbst aktiv werden, so Güllner. TTIP werde
Europa in seinen Augen nicht nur mehr Wohlstand bringen. Das Abkommen sorge
zusätzlich dafür, dass die EU künftig die Marschrichtung für den Handel
mitbestimmen kann. foto: cremer Éva Dessewffy von der Arbeiterkammer befürchtet
Deregulierung. Diese Thesen provozierten bei der von Shalini Randeria, der Rektorin
des Instituts für die Wissenschaften vom Menschen (IWM), geleiteten Diskussion
jede Menge Widerspruch. Und das belebte die ohnehin recht kurzweilige Debatte
umso mehr. Vehement gegen TTIP argumentierten am Podium im Burgtheater Éva
Dessewffy von der Arbeiterkammer und die Autorin und Zeit-Journalistin Petra
Pinzler. Beide beklagten, dass die EU trotz aller Lippenbekenntnisse wenig dafür tue,
um
höhere
Standards
im
Vertrag
mit den
USA
durchzusetzen.
Beispiel
Arbeitnehmerschutz: Die Vereinigten Staaten haben nur zwei von acht wichtigen
Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) unterzeichnet. So
haben die USA nie jenen ILO-Vertrag angenommen, der Arbeitnehmern ein Recht
auf Kollektivverträge zuspricht. Doch die EU übe an diesem Punkt auch keinen Druck
aus, so Dessewffy. Die Autorin Petra Pinzler: Bürger haben kein Mitspracherecht bei
TTIP. Dabei führen weniger Kollektivverträge und der in den USA geringere Einfluss
von Gewerkschaften dazu, dass bestimmte Sektoren billiger als in Europa
produzieren können. Sollte TTIP in Kraft treten, werde Europa deshalb die eigenen
Standards absenken müssen, weil man ansonsten nicht konkurrenzfähig bleibe.
Dessewffy kritisierte zudem, dass die EU auch öffentliche Dienstleistungen nicht aus
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dem Anwendungsbereich des Abkommens ausnehmen wolle. Das brachte ihr
wütende Zwischenrufe Güllners ein: "Das stimmt nicht. Sie können nicht einfach
etwas behaupten, was nicht den Fakten entspricht." Druck aus Übersee Die Kritik der
TTIP-Gegner provozierte den streitbaren Chef des Thinktanks Agenda Austria, Franz
Schellhorn. "Haben Sie wirklich das Gefühl, dass in Amerika alles so schrecklich
ist?", fragte er Dessewffy. Es sei doch ein völliger Irrglaube, dass die Standards in
Europa um so vieles höher seien. Der VW-Skandal, von dem Europas Pkw-Aufseher
jahrelang nichts mitbekommen habe, sei der beste Beleg dafür. Mit TTIP habe die
EU nicht unbedingt etwas zu gewinnen. Aber ohne den Vertrag werde die Zukunft
des globalen Welthandels an Europa vorbeilaufen, die Union habe also viel zu
verlieren, so Schellhorn. Der Jurist Peter-Tobias Stoll. Lutz Güllner von der EUKommission Peter-Tobias Stoll merkte dazu an, dass die EU-Kommission zu hohe
Erwartungen schüre. Es gebe weltweit mehr als 400 Freihandelsabkommen. Wer
davon wie profitiert, sei serös gar nicht abschätzbar. Wenn die globalen
Produktionsketten immer mehr Länder einbeziehen, sei auch uneinsichtig, warum die
EU ihr Heil ausgerechnet in bilateralen Abkommen wie TTIP suche. Die Autorin
Pinzler kritisierte, dass bei den TTIP-Verhandlungen von Anfang an vieles falsch
gelaufen sei: So wurden die Gespräche unter großer Geheimhaltung geführt. Nicht
einmal das Verhandlungsmandat der EU-Kommission sei zunächst veröffentlicht
worden. Aber nicht nur die Verhandlungen liefen intransparent. Wenn es einmal ein
Ergebnis gibt, hätten die Bürger kein Mitspracherecht. So wurde tatsächlich im
vergangenen Jahr das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (Ceta)
ausverhandelt. Die EU-Kommission will den Vertrag als Ganzes durch die nationalen
Parlamente und das EU-Parlament durchwinken und warnt davor, Änderungen
hineinzuverhandeln, weil dies Begehrlichkeiten bei den Kanadiern wecken könnte.
Pinzler: "Dadurch bekommen die EU-Bürger aber das Gefühl, dass solche Verträge
überhaupt nicht mehr rückgängig gemacht werden können." Franz Schellhorn, Chef
der Agenda Austria. Gegen Ende der Diskussionsveranstaltung, die in Kooperation
mit dem IWM, dem Burgtheater, der Erste-Stiftung und dem STANDARD stattfand,
wurde es dann noch einmal hitzig, als die Sprache auf die Investorenschiedsgerichte
kam. Schellhorn kritisierte, dass die TTIP-Gegner gern falsche Argumente aus dem
Hut zaubern: Da werde ständig behauptet, dass Länder wegen der Klagen von
Firmen vor Schiedsgerichten ihre Gesetze ändern müssen. Als Beleg dafür werde
etwa die Klage des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall angeführt, das
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Unternehmen geht ja gegen die Bundesrepublik Deutschland nach deren
Atomausstieg vor. Tatsächlich wolle der Konzern aber nicht die Gesetze ändern,
sondern
eine
Entschädigung,
weil
Atomkraftwerke
entgegen
früheren
Versprechungen der Politik abgedreht werden. "Schlimm genug", sagte Dessewffy.
Warum soll die Allgemeinheit für legitime politische Anliegen eine Strafe bezahlen?
Gewonnen hat übrigens Novak Djokovic, also nicht in der Diskussion, sondern beim
Wimbledon-Finale.
(András Szigetvari, 18.1.2016) http://derstandard.at/2000029234489/TTIP-Nichts-zugewinnen-viel-zu-verlieren
(Download 18.Jänner 2016)
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Brodelndes
Wachstum
für
Europa
gesucht
Kommentar
der
anderenKarl Aiginger 8. Jänner 2016, 17:02, DerStandard
Der Euro, ein niedriger Ölpreis – die Chancen stehen gut für die EU, die Finanzkrise
endgültig hinter sich zu lassen. Dafür allerdings müssen wir uns von Mythen
verabschieden und Ambitionen zeigen Europa befindet sich in einer langsamen
Erholungsphase. Die Wirtschaftsleistung hat aber 2015 im Euroraum gerade das
Vorkrisenniveau erreicht, während es in den USA um zehn Prozent darüber liegt.
Gemessen an den Verlusten gegenüber dem bisherigen Wachstumspfad, angesichts
des niedrigen Euro und der gefallenen Erdölpreise müsste das europäische
Wachstum viel höher sein. Fünf falsche Lösungsvorschläge ("Mythen") haben die
Erholung bisher behindert: Mythos 1: Wachstum kehrt zurück und senkt die
Arbeitslosigkeit Die Finanzkrise sei nun endlich überwunden, und das mittelfristige
Wachstum werde ausreichen, um die Arbeitslosigkeit von heute zehn auf fünf
Prozent zu senken. Ein höheres Wachstum sollte angestrebt werden. Das Wachstum
muss allerdings anders sein ("Reprogrammierung") als in der Vergangenheit. Und ein
Wachstum im Ausmaß der Vergangenheit ist unwahrscheinlich. Erstens folgt nach
Finanzkrisen immer eine Phase niedrigen Wachstums. Zweitens prognostiziert die
"Theorie der säkularen Stagnation" einen Mangel an radikalen neuen Technologien.
Drittens stößt Wachstum an "natürliche Grenzen". Ein Wachstum der Weltwirtschaft
von drei Prozent bedeutet eine Verdreifachung des Outputs bis 2050 und mehr als
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eine Verzehnfachung bis 2100. Alle internationalen Prognosen gehen für
Industrieländer von einem Wachstum unter zwei Prozent aus, für Europa meist noch
weniger. Mythos 2: Öffentliche Schulden müssen rasch und ohne Wenn und Aber
zurückgeführt werden Defizite in vielen europäischen Ländern sind hoch, ebenso die
Staatsschulden. Diese müsse rasch unter 60 Prozent der Wirtschaftsleistung gesenkt
werden. In allen Länden gleichzeitig. Die Empirie zeigt, dass der Erfolg einer
Schuldensenkung von ihrem Zeitpunkt, den Prioritäten und von der Entwicklung bei
den Nachbarn abhängig ist. Erfolgreiche Konsolidierungen müssen als fair betrachtet
werden, sie benötigen eine Aktivkomponente und eine Vision über die Stärken eines
Landes nach der Konsolidierung. Gleichzeitige und perspektivenlose Konsolidierung
gelingt nicht. Eine Vergemeinschaftung der Schulden bis zu einer gewissen Grenze
ist wichtig. Die Zukunftsinvestitionen müssen allerdings auch während der
Konsolidie-rung finanziert werden, niedrige Einkommen müssen entlastet werden.
Mythos 3: Öffentliches Geld ist knapp, alle Ausgaben müssen gekürzt werden Die
Zwischenevaluierung der EU-2020-Strategie hat gezeigt, dass Forschungs- und
Armutsziele krass verfehlt werden. Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare
Energie liegen weit unter den Notwendigkeiten, wie sie beim Paris-Gipfel definiert
wurden. Die Knappheit der öffentlichen Mittel ist nicht nachvollziehbar, denn: Europa
leistet sich auch Subventionen für fossile Energie und beschränkt damit die Chance
erneuerbarer Energien. Große Budgets werden für Agrarsubventionen ausgegeben,
damit werden Großbetriebe ohne relevante Auflagen finanziert. Europa verzichtet auf
die Besteuerung spekulativer Finanztransaktionen, erlaubt die Verschiebung der
Gewinne in Steueroasen und lässt Steuerbetrug zu. Die 28 Mitgliedsländer haben
höhere Militärausgaben als China und Russland zusammen und können damit weder
Fluchtwege
kontrollieren,
Grenzen
überwachen
oder
zur
Stabilität
in
der
Nachbarschaft beitragen. Alle vier Ineffizienzen zusammen würden eine erhebliche
Senkung der Steuern auf Arbeit und die Finanzierung von Zukunftsinvestitionen
ermöglichen. Mythos 4: Fehlende Gewinne behindern private Investitionen
Investitionen haben sich seit der Finanzkrise nicht erholt. Gewinne sind niedrig,
Kredite knapp. Unternehmen nutzen ihre Gewinne zur Schuldenrückzahlung. Das
liegt an der pessimistischen Beurteilung der Wachstumschancen und fehlenden
Anreizen, in neue Technologien zu investieren. Investitionsanreize, anspruchsvolle
Standards
und
Kreditfinanzierung
Unterstützung
ist
nicht
für
knapp,
neue
Technologien
allerdings
würde
wären
notwendig.
Crowdfinancing
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eine
Investitionsoffensive stützen. Mythos 5: Die Arbeitsproduktivität steigt zu langsam
Viele Studien beklagen den zu geringen Anstieg der Arbeitsproduktivität. Dieser ist
niedriger als in anderen Erholungsphasen. Allerdings ist der Anstieg der
Arbeitsproduktivität kein Ziel, sondern es sollte die Gesamtproduktivität steigen.
Wenn die Arbeitsproduktivität steigt, sinkt der Beschäftigungsgehalt des Wachstums,
und ein höheres Wachstum ist nötig, um Arbeitslosigkeit abzubauen. Priorität wäre
ein Anstieg der Ressourcen und der Energieproduktivität. Diese steigt viel schwächer
als die Arbeitsproduktivität, weil die Energiepreise niedrig und die Besteuerung der
Arbeit hoch ist. Ziele wie die Steigerung der Energieeffizienz um 20 Prozent in 30
Jahren bedeuten einen Effizienzgewinn von weniger als ein Prozent p. a. Eine
Steuerreform zur Umschichtung der Steuern von Arbeit und zu Energie würde
Beschäftigung
reduzieren.
und
Europas
Wachstum
Chancen
ankurbeln
liegen
und
vielmehr
klimaschädliche
in
einer
Emissionen
anspruchsvollen
Positivstrategie zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit ("High Road"-Strategie). Sie
muss auf Ausbildung, Innovation und anspruchsvollen Umweltstandards und einer
aktvierenden Sozialpolitik ("soziale Investitionen") beruhen. Lohnsenkungen, Abbau
des Sozialnetzes und geringe Umweltstandards ("Low Road"-Strategie) verhindern
die Erreichung der Wohlfahrtsziele und sind von Ländern mit niedrigen Löhnen leicht
kopierbar. Die Strategie muss auf einer Vision aufbauen, mit welchen Stärken
Europa in der globalisierten Weltwirtschaft konkurrenzfähig ist. Diese Strategie wird
in dem Projekt "WWWforEurope – ein neuer Wachstumspfad für Europa" entwickelt.
Kernelemente sind: Eine stärkere Dynamik auf Basis von Innovation, Ausbildung und
neuen Technologien. Einkommensdifferenzen müssen reduziert, Beschäftigung
muss erhöht werden. Europa soll die Führungsrolle in Energieeffizienz, erneuerbaren
Energien und Umwelttechnologie übernehmen und diese Leistungen weltweit
vermarkten. Der Finanzsektor muss stabiler werden und der Realwirtschaft dienen.
Europa muss in dieser Strategie vorausschauend die Nachbarn einbeziehen, nicht
unter deren Problemen leiden. Europa hat die Chance, aus seiner Midlife-Crisis
herauszukommen, indem es sein eigenes Modell verbessert. Dazu ist es notwendig,
das Wohlfahrtsmodell von der Schutzfunktion zum Investitionsmodell umzubauen.
Der Staat darf keine Wohnungen bauen, die dann wegen hoher Betriebskosten
"saniert" werden müssen. Neue Antriebe in den Bereichen Pkw, Lkw, Busse müssen
forciert werden, indem gegebene Vorschriften auch kontrolliert werden und
alternative Investitionen gefördert werden. 2016 ist die letzte Chance Europas, aus
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der Finanzkrise herauszuwachsen. Der niedrige Ölpreis und der Euro bieten eine
Chance, allerdings muss sie zu einer ambitionierten Strategie genützt werden – mit
sozialen Investitionen und ökologischen Innovationen. (Karl Aiginger, 8.1.2016)
Karl Aiginger (Jahrgang 1948) leitet seit 2005 das Österreichische Institut für
Wirtschaftsforschung (Wifo) in Wien. Der Text basiert auf Forschungsergebnissen
von WWWforEurope, eines EU-Projektes, in dem sich 34 Partnerinstitute unter
Führung des Wifo Gedanken über einen neuen Wachstumspfad für Europa machen.
http://derstandard.at/2000028708636/Brodelndes-Wachstum-fuer-Europa-gesucht
(download 18. Jänner 2016)
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Atomabkommen : USA und EU heben Sanktionen gegen Iran auf
Die Islamische Republik hat laut der Atomenergiebehörde alle Auflagen des
Abkommens erfüllt. Nun hofft die deutsche Wirtschaft auf Aufträge im Iran.
Von Martin Gehlen
16. Januar 2016, 22:04 Uhr / Aktualisiert am 16. Januar 2016, 23:09 Uhr / Die
Zeit
Sieben Monate nach dem Atomvertrag von Genf ist das Atomabkommen mit dem
Iran in Kraft getreten. Die Atombehörde IAEA teilte in Wien mit, die Islamische
Republik habe ihren Teil des Vertrages erfüllt und vollständig umgesetzt. Daraufhin
hoben die USA und die EU die Wirtschaftssanktionen gegen den Iran auf. Für die
nicht gerade von Erfolg verwöhnte internationale Nahost-Diplomatie war das ein
historischer Tag.
"Da der Iran seine Verpflichtungen erfüllt hat, werden heute die multilateralen und
nationalen wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen im Zusammenhang mit Irans
Atomprogramm aufgehoben", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini
auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Irans Außenminister Mohammed
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Dschawad Sarif in Wien. "Das ist ein guter Tag für das iranische Volk und ein guter
Tag für unsere Region", beteuerte Sarif.
Das
US-Außenministerium
teilte
mit,
die
in
dem
Abkommen
genannten
Verpflichtungen der USA seien "in Kraft getreten". Waffen und Raketenteile wollen
die Vereinten Nationen hingegen weitere fünf beziehungsweise acht Jahre lang nicht
in den Iran importieren oder von dort exportieren.

Steinmeier würdigt "historischen Erfolg der Diplomatie"
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nannte die Umsetzung des Abkommens einen
Meilenstein. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) würdigte die
Einigung als "historischen Erfolg der Diplomatie". "Seit heute haben wir die
Gewissheit, dass der Iran alle in Wien getroffenen Vereinbarungen eingehalten und
in vollem Umfang umgesetzt hat", sagte Steinmeier in Berlin. Auch für ihn persönlich
sei das ein großer Moment. Steinmeier hatte selbst an vielen Verhandlungsrunden
teilgenommen. Mit dem Inkrafttreten des Abkommens bestehe trotz anhaltender
Meinungsverschiedenheiten und Interessenkonflikte die Chance für eine neue Phase
der Beziehungen mit dem Iran.
Erst vor wenigen Tagen hatte die Islamische Republik den Nuklearkern des
Schwerwasserreaktors in der Stadt Arak abmontiert, die Brennkammer mit Beton
ausgefüllt und damit faktisch unbrauchbar gemacht. In den Wochen zuvor hatte das
Land nahezu seine kompletten Vorräte an angereichertem Uran an Russland
übergeben, wo sie zu Brennstäben für den Atomreaktor in Bushehr verarbeitet
werden sollen. Der Restbestand soll 15 Jahre lang auf maximal 300 Kilogramm mit
einem Anreicherungsgrad von 3,67 Prozent beschränkt bleiben.
In dem hochkomplexen und detaillierten Vertragswerk verpflichtet sich der Iran
zudem, zwei Drittel seiner 19.000 Uranzentrifugen abzubauen und unter IAEAAufsicht zu stellen. Bis 2030 darf eine Anreicherung nur in der Stadt Natanz
stattfinden, nicht in der zweiten unterirdischen Anlage von Fodor, die zu einer
Forschungseinrichtung umgebaut wird. Zudem erhält die IAEA für das nächste
Vierteljahrhundert außerordentliche Kontrollrechte.
Ruhani verspricht Iranern Wohlstand
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Präsident Hassan Ruhani hatte seine 78 Millionen Landsleute schon in der
vergangenen Woche auf eine neue Phase der internationalen Beziehungen
eingestimmt und ihnen "ein Jahr mit wirtschaftlichem Wohlstand" in Aussicht gestellt.
Als Teil der Sanktionen waren mehr als 100 Milliarden Dollar iranischer Öleinnahmen
auf ausländischen Konten eingefroren; das Geld soll in den kommenden Jahren
zurückfließen.
Mit dem Motto "Außenpolitik ist Innenpolitik" hatte Ruhani bei seiner Wahl 2013 die
absolute Mehrheit seiner Landsleute überzeugt. Damals versprach er den Iran wieder
zu einem weltweit respektierten Partner zu machen und die Willkürmacht der
islamischen Staatsherrschaft durch eine Grundrechtecharta für alle Bürger zu
ersetzen.
Zwei Jahre lang hielten seine Anhänger still und ertrugen das Treiben der Hardliner,
wohl wissend, dass ihr Präsident zunächst das Atomproblem lösen muss. In dieser
Zeit kletterte die Zahl der Hinrichtungen auf Rekordniveau. Politische Aktivisten
wurden zu drakonischen Haftstrafen verurteilt, Journalisten verhaftet sowie Frauen
drangsaliert
und
diskriminiert.
Seit
einigen
Wochen
läuft
eine
massive
Einschüchterungskampagne von Justiz und Revolutionären Garden gegen kritische
Intellektuelle, Filmemacher, Künstler und Musiker – all das angeblich, "um die
revolutionären Prinzipien zu schützen".
So wurde vor wenigen Tagen auf dem Teheraner Flughafen die Dichterin Hila
Sedighi verhaftet, wie eine Kriminelle in einem Käfig zum Gefängnis gefahren und
dort 48 Stunden lang wie eine Mörderin behandelt, wie sie anschließend auf ihrer
Facebook-Seite berichtete. Zuvor waren die beiden Lyrikerinnen Fatemeh Ekhtesari
und Mehdi Moosavi von einem Revolutionsgericht zu neun und elf Jahren Haft sowie
jeweils 99 Peitschenhieben verurteilt worden.
Ruhani und seine Mitstreiter hoffen, bei den Parlamentswahlen am 26. Februar für
ihre Entspannungspolitik belohnt zu werden. Denn die ausländischen Investoren
geben sich in Teheran mittlerweile die Klinke in die Hand – allen voran die
Energiebranche, Autohersteller, Kommunikationsunternehmen und Pharmakonzerne.
Nach Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) reiste im Januar auch Gerhard
Schröder in die iranische Hauptstadt.
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Deutsche Wirtschaft hofft auf Aufträge
"Deutsche Firmen und Geschäftsleute stehen bereit, sich auf allen wirtschaftlichen
und industriellen Feldern zu engagieren", sagte der deutsche Altkanzler. Der
Siemens-Konzern hofft, eine 925 Kilometer lange Hochgeschwindigkeitstrasse
zwischen Teheran und der Pilgermetropole Maschhad im Osten bauen und 500 Züge
liefern zu können.
Obendrein fehlen dem Iran mindestens 100 neue Passagierflugzeuge. Seine Öl- und
Gasindustrie hat einen Investitionsrückstau von 50 bis 100 Milliarden Dollar. Die
Hälfte der 20 Millionen Autos ist inzwischen mehr als 25 Jahre alt. "Iran wird ein
Riesengeschäft", frohlockt ein westlicher Wirtschaftsexperte. "Die Islamische
Republik ist eine Goldgrube."
http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-01/iran-atomvertrag-sanktionen-iaea-wien
(download 18. Jänner 2016)
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BA_D5
Diskussionsvorlage für Interview
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Lesen Sie nachstehenden Artikel und fassen Sie die wesentlichsten Punkte
zusammen.
Inwiefern können Sie von den Maßnahmen/Entwicklungen betroffen sein?
Aus welchen Gründen ist der angesprochene Politikbereich der EU für Sie ein
wesentlicher Bereich der EU Politik?
Bereiten Sie sich vor, zu den oben genannten Punkten 5 Minuten frei zu
sprechen!
"Wir brauchen einen europäischen Finanzminister"
Wolfgang Schäuble will die Macht der EU-Kommission beschneiden. Dabei war
sie in der Griechenland-Krise eher zu schwach, findet Wirtschaftsprofessor
Henrik Enderlein.
Interview: Nadine Oberhuber
August 2015, 11:28 Uhr
ZEIT ONLINE: Herr Enderlein, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble fordert, der
EU-Kommission einen Teil ihrer Aufgaben zu entziehen. Ist sie ihm zu politisch
geworden?
Henrik Enderlein: Zu politisch wäre falsch formuliert. Die Kommission ist ja nicht nur
auf dem Papier eine politische Institution, sie muss auch politisch handeln. Ich finde
daher die Grundaussage von Präsident Jean-Claude Juncker eher positiv: "Wir sind
eine politische Kommission." Das heißt ja auch, dass sich dieses Gremium stärker
einmischt und endlich als Akteurin das europäische Interesse vertritt. Europa arbeitet
grundsätzlich
mit
zwei
Methoden:
Auf
der
einen
Seite
entscheiden
die
Mitgliedstaaten untereinander, was in Europa passieren soll. Auf der anderen Seite
gibt es auch ein gemeinschaftlich europäisches Interesse, das vertreten werden
muss. Das macht die Kommission.
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ZEIT ONLINE: Herr Schäuble findet aber anscheinend, dass die EU eine stärkere
Gewaltenteilung braucht, zwischen denen, die Gesetze machen und denen, die sie
überwachen.
Henrik Enderlein
Henrik Enderlein ist Politik- und Wirtschaftswissenschaftler und Professor für
Politische Ökonomie an der Hertie School of Governance in Berlin. 2014 wurde er
zudem Gründungsdirektor des Jacques Delors Instituts, das auf Initiative des Ex-EUKommissionschefs Jacques Delors gegründet wurde.
Enderlein: Es gibt von Wolfgang Schäuble noch keine detaillierte Ausformulierung
dessen, was er sich da vorstellt. Es wäre gut, wenn er sich bald erklären würde.
Einiges mag ja richtig sein. So kann man die Frage stellen, ob wir nicht ein
unabhängiges europäisches Kartellamt brauchen. Die eigentliche Frage von Herrn
Schäuble scheint mir aber zu sein, ob sich die Kommission bei den GriechenlandVerhandlungen zu stark eingemischt hat. Und wenn er das meint, würde ich ihm
widersprechen: ganz im Gegenteil. Ich glaube, es ist wichtig, dass die EUKommission
als
Vertreterin
des
gesamteuropäischen
Interesses
an
allen
Verhandlungen beteiligt ist und dann eben auch die Streithähne an einem Tisch
versammelt und Lösungen hervorbringt.
ZEIT ONLINE: Genau das war aber der Kritikpunkt: Die Kommission habe im Ringen
um das dritte Hilfsprogramm zu stark gefordert, Griechenland müsse im Euro
bleiben.
Enderlein: War das nicht genau ihre Aufgabe? Im Vertrag steht, dass eine
Mitgliedschaft im Euro unumkehrbar ist. Ich habe oft gesagt, ein Grexit würde allen
schaden. Die Kommission hat also richtig gehandelt. Was das Hickhack um
Griechenland aber gezeigt hat, ist, dass Europa stärkere und transparentere
Verfahren für Konfliktsituationen braucht. Wenn Europa nur noch über Ultimaten und
Drohungen funktioniert, ist das zu allererst ein Armutszeugnis für die Struktur der
Europäischen Union. Sie stolpert von Sondergipfel zu Sondergipfel, verhandelt
immer bis Mitternacht und am Ende gibt es kein Ergebnis. Starke Institutionen und
transparente Prozesse sind dafür da, so ein Durchwursteln zu verhindern.
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ZEIT ONLINE: Welche Institution müsste man einführen?
Enderlein: Für internationale Krisen gibt es den Internationalen Währungsfonds.
Europa sollte sich daran orientieren und den europäischen Stabilitätsmechanismus
ESM zu einem europäischen Währungsfonds ausbauen. Und an dessen Spitze
müsste
dann
auch
ein
europäischer
Finanzminister
stehen,
der
als
die
gesamteuropäische Stimme der Vernunft auftritt und die Verhandlungen mit den
Krisenländern führt. Warum muss unsere Bundeskanzlerin das tun?
ZEIT ONLINE: Den europäischen Finanzminister hat ja Schäuble selbst gefordert.
Enderlein: Deshalb bin ich auch nicht sicher, ob die Aussage stimmt, er wolle keine
stärkere Kommission. Herr Schäuble hat sich immer für ein politisch starkes Europa
eingesetzt. Und für den europäischen Finanzminister könnte ich mir eine Art
Doppelhut vorstellen, jemanden, der sowohl der Kommission angehört, aber auch
gleichzeitig Chef der Eurogruppe ist und damit als Mr. Euro den starken politischen
Counterpart bildet zum starken Chef der Europäischen Zentralbank EZB. EZBVorstand Benoît Coeuré sagte ja kürzlich im Interview: Die EZB braucht einen
stärkeren politischen Counterpart.
ZEIT ONLINE: Das heißt, die EZB macht, was sie will?
Enderlein: Nein: Die EZB wird in Entscheidungen gedrängt, für die sie kein Mandat
hat und die sie auch nicht treffen möchte. Mario Draghi hat sehr oft betont, dass die
EZB keine politische Institution ist. Die EZB fühlt sich eher unwohl mit den
Verantwortlichkeiten, die sie in der Krise an sich gezogen hat, weil es keine politische
Entscheidung gab. Fakt ist, seit diese Krise läuft, gibt es auf europäischer Ebene ein
politisches Vakuum, weil niemand klar entscheidet, in welche Richtung die Krise
gelöst wird – und am Ende springt die EZB ein, obwohl sie sich damit an der Grenze
ihres eigenes Mandats bewegt. Dieses Vakuum muss dringend gefüllt werden. Ich
bin überzeugt, dass Wolfgang Schäuble das auch so sieht. Ihm ist die
Unabhängigkeit der EZB ja sehr wichtig.
ZEIT ONLINE: Nun soll die EU-Kommission die Exekutive sein und über die Gesetze
wachen, aber nicht selber die Gesetze auf den Weg bringen. Hält sie sich denn an
diese Rolle?
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Enderlein: Die Kommission spielt tatsächlich die Rolle eines Exekutivorgans. Sie
übernimmt aber auch oft die Rolle einer europäischen Regierung. Initiativen, die in
Europa ergriffen werden, gehen in der Regel von der Kommission aus, deshalb hat
sie ganz natürlich ein starkes politisches Mandat. Dass bei der letzten Europawahl
Spitzenkandidaten aufgestellt waren, von denen einer heute Kommissionspräsident
ist, zeigt, dass diese Kommission auch ein immer direkter von den Bürgern
legitimiertes Organ wird oder zumindest in diese Rolle hineinwächst.
ZEIT ONLINE: Ist das wirklich so? Der Hauptkritikpunkt ist doch, die Kommission sei
nicht direkt gewählt, werde aber auch von keinem wirklich überwacht.
Enderlein: So etwas muss wachsen. Die Barroso-Kommission, mit der ich persönlich
eher unzufrieden war, hat nur noch als technokratischer Hintergrundmotor agiert, in
dem sich weder die Bevölkerung wiedergefunden hat, noch die europäische
Öffentlichkeit. Die Barroso-Kommission war in der Finanzmarkt- und Eurokrise doch
sehr, sehr abwesend. So stelle ich mir eine Europäische Kommission nicht vor. Auch
in der Außen- und Sicherheitspolitik ist sie nicht mit einer starken Stimme sichtbar
geworden. Die Juncker-Kommission setzt sich das richtige Ziel, stärker politisch zu
agieren, aber sie muss sich das Vertrauen der Bürger noch erarbeiten. Sie muss
zeigen, dass sie für Europa spricht. Ich erinnere gern an die auch sehr aktive
Kommission unter Jacques Delors, durch die Europa zum Binnenmarkt geführt
worden ist. Alles, was viele von uns heute als sehr positiv wahrnehmen, ist damals
entstanden,
von
den
offenen
Grenzen
über
die
Reisefreiheit
bis
zur
Ansiedlungsfreizügigkeit.
Brüssel muss in vielen Bereichen deutlich stärker werden
ZEIT ONLINE: Muss es trotzdem neue Kontrollbehörden für die Kommission geben?
Enderlein: Das Europäische Parlament kontrolliert die EU-Kommission bereits. Ich
sehe überhaupt keinen Bedarf für eine Veränderung der Zuständigkeiten. Manche
Funktionen wie die Wettbewerbsbehörde kann man unabhängiger machen, das halte
ich für vertretbar. Aber der Kern der Debatte ist: Wenn es politische Entscheidungen
gibt, sei es bei Asyl oder Währungsunion, dann braucht man eine starke europäische
Stimme. Das Flüchtlingsproblem kann man nicht nationalstaatlich lösen und sagen:
Jeder behält seine Flüchtlinge. Da muss eine europäische Lösung her, in der man
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regelt, wie man die Flüchtlinge und die Finanzierung der Unterbringung auf die
einzelnen Länder aufteilt.
ZEIT ONLINE: Kritiker im Ausland sagen, Schäubles Vorschlag sei eine "sehr
deutsche Lösung".
Enderlein: Wolfgang Schäuble ist ein ausgesprochener Pro-Europäer, der oft
vertreten hat, Europa solle durch eine starke europäische Stimme gesteuert werden.
Es geht hier nicht um die Frage: deutsch oder nicht-deutsch? Sondern darum, wie
viel Vertrauen man in die europäischen Institutionen hat. Natürlich ist das Vertrauen
in den letzten Jahren beschädigt worden. Aber wenn wir jetzt eine Kommission
bekommen, die Europa stärkt, dann muss das zumindest für diejenigen, die an
Europa glauben, im deutschen Interesse sein.
ZEIT ONLINE: Auch im europäischen Interesse?
Enderlein: Wenn Sie die Politik nationalstaatlich denken, ist eine starke Kommission
natürlich nicht in Ihrem Interesse. Wenn Sie aber daran glauben, dass wir schon
lange auf dem Weg in eine Mehr-Ebenen-Politik sind, in der lokale, landes- und
bundesstaatliche und die europäische Ebene miteinander agieren, dann ist es in
unser aller Interesse, eine starke EU-Kommission zu haben. Natürlich müssen wir
auch fragen: Wo ist Politik auf europäischer Ebene überzogen? Wo müsste man
einschränken? Der europäische Haushalt zum Beispiel ist völlig dysfunktional und
könnte sogar kleiner sein, wenn man diese merkwürdigen Agrarhilfen endlich
streichen könnte. Umgekehrt muss Brüssel in vielen Bereichen deutlich stärker
werden: Stichwort europäischer Finanzminister, EU-Steuer, Asylpolitik, TTIP und
Außenhandel. Aber ich glaube nicht, dass Glühbirnen und ähnliche Themen
unbedingt von Europa aus entschieden werden müssen.
http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-08/eu-griechenland-krise-reform-eukommission/komplettansicht
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