Neues aus den VAAM-Fachgruppen

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Neues aus den VAAM-Fachgruppen: Fachgruppe Mikrobiologische Qualitätssicherung
Mikrobiologische g mit Hilfe der
FTIR-Spektroskopie
Eine der zentralen Aufgaben in der mikrobiologischen Qualitätssicherung ist die
Identifizierung von Mikroorganismen. Um
die Qualität und die Sicherheit von Produkten zu gewährleisten, müssen sie frei von
Verderbnis-erregenden und pathogenen Mikroorganismen sein. Durch eine zuverlässige Identifizierung der Mikroorganismen
können Produktionsprozesse optimiert und
die Ursache von Kontaminationen festgestellt werden.
Die Fourier-Transform-Infrarot(FTIR)Spektroskopie wird bereits in vielen Berei-
auf Agarplatten kultiviert. Etwas Zellmaterial wird aus dem konfluenten Zellrasen der
Agarplatte entnommen und in destilliertem
Wasser suspendiert. Diese Suspension wird
auf spezielle, wiederverwendbare Mikrotiterplatten (96-iger oder 384-iger Format) aufgetragen und nach Trocknen der Proben (15
min) mit dem Lesegerät HTS-XT (Bruker
Optik GmbH, Ettlingen) auf der Mikrotiterplatte gemessen und identifiziert (Abb. 2).
Eine weitere zeitaufwändige Kultivierung,
wie sie beispielsweise für die Typisierung
anhand von biochemischen Reaktionen not-
Abb. 1: Probenpräparation: Zellmaterial wird geerntet und in etwas destilliertem Wasser suspendiert.
Diese Suspension wird auf die Mikrotiterplatte aufgetragen und getrocknet.
chen der Qualitätssicherung als schnelle und
kostengünstige Untersuchungsmethode genutzt. Sie kann dabei für die Identitäts- und
Reinheitsprüfung von Stoffen aber auch für
die quantitative Bestimmung von Inhaltsstoffen verschiedener Proben eingesetzt
werden.
Die unterschiedlichen Biomoleküle der
Mikroorganismen (Proteine, Lipide,
DNA/RNA, Kohlenhydrate, Speicherstoffe
usw.) zeigen ein charakteristisches InfrarotSpektrum. Dieser spektrale „Fingerabdruck“ spiegelt die biochemische Zusammensetzung der Zellen wider. Unter
standardisierten Kultivierungs- und Präparationsbedingungen können Mikroorganismen aufgrund der hohen Messgenauigkeit
und der Spezifität ihrer Spektren sogar bis
auf Stammebene identifiziert werden. Die
Methode ist universell für die Identifizierung von Bakterien, Hefen und Schimmelpilzen einsetzbar.
Die Probenpräparation zeichnet sich
durch eine einfache Handhabung und einen
geringen Zeitbedarf (etwa eine Minute pro
Probe) aus (Abb. 1). Reinkulturen von Mikroorganismen werden unter standardisierten
Bedingungen typischerweise für 24 Stunden
wendig ist, entfällt. Für die Messung und
Auswertung sind weder Reagenzien noch
andere Verbrauchsmaterialien erforderlich.
Das Mikrotiterplatten-Lesegerät HTS-XT
wird von einer bedienerfreundlichen Software gesteuert, das die Messung, Auswertung, Dokumentation und Archivierung der
Messdaten automatisch durchführt. Die
Messzeit pro Probe beträgt typischerweise
30 Sekunden. Anschließend werden die
Mikrotiterplatten gereinigt, um für die nächste Auftragung verwendet zu werden.
Die Identifizierungsergebnisse werden in
einer Tabelle aufgeführt, wobei der identifizierte Stamm oder die Spezies angezeigt
wird. Aufgrund des geringen Zeitbedarfs für
die Präparation und Messung und den sehr
niedrigen laufenden Kosten ist diese
Schnellmethode besonders bei hohem Probenaufkommen interessant.
Um unbekannte Mikroorganismen zu
identifizieren, werden deren FTIR-Spektren mit den Referenzspektren der Datenbanken verglichen. Die Qualität dieser Datenbanken ist für eine zuverlässige Identifizierung von entscheidender Bedeutung.
Eine gute Bibliothek muss nicht nur alle relevanten Spezies, sondern auch die spektrale Variabilität der verschiedenen Stämme einer Spezies enthalten. In den beste-
Abb. 2: Messung und Auswertung: Die Messung mit dem Mikrotiterplattenlesegerät HTS-XT dauert
etwa 30 Sekunden. Es können verschiedene wieder verwendbare Mikrotiterplatten eingesetzt werden.
Die Identifizierungsergebnisse werden in einer Tabelle dargestellt. Die Ähnlichkeiten der Mikroorganismenspektren können auch grafisch in Form von Dendrogrammen dargestellt werden.
BIOspektrum · 2/05 · 11. Jahrgang
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henden Datenbanken sind daher die Spektren von Stämmen verschiedener Stammsammlungen sowie Spektren von Isolaten
unterschiedlicher Produktionsstätten aufgenommen. Die Datenbanken decken dabei
ein breites Spektrum von Verderbnis-erregenden und pathogenen Bakterien und Hefen ab. Alle Stämme, die in den SpektrenBibliotheken enthalten sind, wurden mit zuverlässigen Methoden identifiziert.
Die bestehenden Datenbanken wurden
am Zentralinstitut für Ernährungs- und Lebensmittelforschung
Weihenstephan
(ZIEL), Institut für Mikrobiologie, TUMünchen bei Siegfried Scherer und Herbert
Seiler erstellt und validiert.
Die Analyse und Charakterisierung von
mikrobiellen Populationen ist ein weiterer
wichtiger Bestandteil des Qualitätsmanagements. Die Vorteile der FTIR-Spektroskopie bei der Identifizierung von Mikroorganismen sind die einfache Durchführung, eine hohe Kosteneffizienz sowie die schnellen
und zuverlässigen Messergebisse. Da mit
dieser Methode eine Differenzierung bis auf
Stammebene möglich ist, eignet sie sich
auch für die Überwachung der betriebseigenen „Hausflora“ und für die Analyse von
Kontaminationsrouten. Eine Bibliothek mit
den Spektren der Hausflora-Mikroorganismen ermöglicht die:
– Spezifische Kontrolle der Kulturen
– Frühzeitige Erkennung von Florenveränderungen
– Erleichterte der Fehlersuche bei Problemfällen (Finden der Ursache der Verunreinigung und Klärung von Verantwortlichkeiten)
– Verbesserte Hygieneüberwachung
Alexander Piry,
Bruker Optik GmbH, Ettlingen
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