Geistlicher Hunger

Geistlicher Hunger
9. August 2015
Einmal hatte sich eine große Menschenmenge um ihn versammelt. Aus allen Orten waren sie
herbeigeströmt. (Lukas 8,4)
Jesus der Menschenmagnet
Jesus wirkte auf viele Menschen wie ein Magnet. Es zog sie in seine Nähe. Stell dir das einmal vor. Die
Leute legten ihre Arbeit beiseite. Sie unterbrachen einfach ihren Alltag. Einige mussten ihre Kinder
bei Nachbarn unterbringen. Für den Fussweg, der vielleicht mehrere Stunden dauerte, musste
Proviant und Wasser bereit gemacht werden. Und in einer Zeit ohne gedruckte Infos und Handys
musst auch eine Menge palavert werden. Sie hatten zumindest alle erfahren, wo und wann Jesus zu
finden war. Und ich vermute, dass noch viel mehr ausgetauscht wurde. Was Jesus an einem anderen
Ort getan hat. Eigene Geschichten. Eigene Nöte. - Hat dich auch schon ein Treffen mit einer wichtigen
Person derart mobilisiert?
Gott weckt geistlichen Hunger
Was war an Jesus so anziehend? Die Wunder? Seine Reden? Beides? Es fällt beim Lesen der
Evangelien-Berichte auf, dass Jesus mindestens so viel tat, wie er redete. Oft hat er zuerst Leute
geheilt. Er ist Gescheiterten begegnet, die sich danach positiv verändert hatten. Das blieb nicht
geheim. Wenn ein psychisch Kranker auf einmal unbelastet und aufgestellt an die Arbeit zurückkehrt,
dann merkt man das. Es gab einen Grund für die magnetische Anziehungskraft Jesu und die
Aufmerksamkeit der Menschen: Jesus tat Dinge, die Hunger weckten. Hunger nach der Kraft Gottes.
Hunger nach Geheilt-Werden. Hunger nach Vergebung von Schuld. Hunger nach einem Neuanfang
nach dem Scheitern. Hunger nach Befreiung vom Bösen - in Gedanken und Taten.
Appetithäppchen zum ewigen Leben
Forscher haben untersucht, was es mit den berühmten „Appetithäppchen“ auf sich hat. Kleine
Nahrungsmengen vergrössern den Hunger, statt ihn zu verringern (Appetithäppchen-Effekt)1.
Schlecht für die Diätwilligen, die statt einer Mahlzeit nur noch zwischendurch gegessen haben. Leute,
das verstärkt den Hunger! Aber die Erkenntnis kann auch hilfreich sein, wenn es darum geht, wieder
ein gesundes Gewicht aufzubauen. Das ist auch geistlich vergleichbar: Gott gibt Appetithäppchen und
weckt damit den Hunger. Wer Jesus interessiert zuhört, in dessen Leben hat Gott zuvor schon auf
irgendeine Art eingewirkt. „Es kann niemand zu mir kommen, ohne dass der Vater, der mich gesandt
hat, ihn zu mir zieht (Joh 6,44). Gott steht hinter dem Hunger. Er zieht Menschen in die Nähe von
Jesus. Hast du darüber schon einmal nachgedacht, dass es ein Geschenk ist, wenn du Sehnsucht nach
Gott spürst?
Ist dein Hunger geweckt?
Wie ist es bei dir? Du sitzt heute im Gottesdienst und hörst zu, was die Glaubenshungrigen vor 2000
Jahren aus dem Mund von Jesus gehört haben. Das ist etwas Besonderes! Zieht es dich in die Nähe
1
Quelle: spektrum.de, Artikel "Hunger"
der Worte Jesu? Was hat dich auf Jesus aufmerksam gemacht? Hat Gott in dein Leben eingegriffen?
Hat jemand dir von Jesus erzählt, und du willst mehr wissen? Hat Gott etwas im Innern deiner Seele
bewegt, dass du sagst: „Ich suche nach Antworten. Und ich habe den Eindruck, dass ich bei Jesus
mehr erfahren kann.“ Das ist ein Hunger, den Gott weckt. Und er weckt ihn, um dich satt zu machen!
Das predigte Jesus: „Wie glücklich sind die, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten! Gott macht
sie satt.“ (Mt 5,6) Die Frage ist: „Gehörst du auch zu den Hungrigen?“
Was ist, wenn man unter Appetitlosigkeit leidet?
Eine wichtige Frage ist noch zu erklären. Was ist, wenn du empfindest: „Ich habe diesen
sehnsüchtigen Hunger nicht. Ich weiss, ich sollte näher bei Gott sein. Aber es bewegt mich nicht
wirklich. Ich bin unruhig. Ich kann mich nicht konzentrieren auf göttliche Dinge. Ich fühle mich leer
und - appetitlos.“ Ich kannte einen Theologiestudenten, der berichtete, wie das Bibellesen zu einer
rein sachlichen Übung für ihn wurde. Er las, aber es hatte keinen persönlichen Bezug zu seinem
Leben. Nicht mehr. Darunter litt er. - Man hätte sagen können, dass er keinen Hunger nach Gottes
Wort hatte. Aber das Leiden daran, war sein geistlicher Hunger. Ich weiss, dass er später wieder
begeistert in der Bibel las. Dieses Erlebnis war nötig, um einige falsche fromme Erwartungen über die
Art, wie Gott redet, zu korrigieren.
Oder das fehlt, was einen früher satt gemacht hat?
Ich denke auch an einen Freund, der nach einem Herzinfarkt eine Zeit der Orientierungslosigkeit
erlebte. Früher war er immer in der vordersten Reihe aktiv gewesen. Jetzt fühlte er sich visionslos, in
der Zuschauerrolle. Er hasste es besonders, dass er in Gedanken oft eine kritische Rolle einnahm,
wenn andere das taten, was er früher aktiv tat. Er war halt ein Stück weit immer noch voll Ideen –
konnte sie aber wegen der medizinischen Einschränkungen selbst nicht mehr tun. War er nicht auch
hungrig? Er hätte es vielleicht nicht so bezeichnet. Aber er war es.
Geistlicher Hunger hat verschiedene Formen
„Geistlicher Hunger“ kann ganz unterschiedliche Gesichter haben: Leere, Lähmung, Stillstand, offene
Fragen, keine Bewegung in Prozessen – gepaart mit der Ahnung, dass es so nicht sein sollte. Das ist
schon genug, um geistlich hungrig zu sein. Das war es, was die Hörer von Jesus auszeichnete. Sie
wussten, dass sie etwas brauchten. Heilung. Vergebung. Sicht. Freude. Gebrauchtsein. Und als sie
hörten, dass Jesus wirklich etwas bewegte, heilte, eine Sicht vermittelte, da strömten sie los, um den
Hunger zu stillen.
Wie kannst du heute den Hunger bei Jesus stillen?
Jesus sagte zu denen, die hungrig waren: „Kommt alle zu mir, die ihr geplagt und mit Lasten
beschwert seid! Bei mir erholt ihr euch. Unterstellt euch mir und lernt von mir! Denn ich bin gütig und
von Herzen zum Dienen bereit. Dann kommt Ruhe in euer Leben. Denn mein Joch trägt sich gut und
meine Last ist leicht“ (Mt 11,28-30). Wie kommt man zu ihm, heute? Das ist einfacher als du vielleicht
denkst. Es ist überall möglich. Wenn du – wie heute Morgen – zum Gottesdienst kommst, dann sag
nicht: „Ich gehe jetzt zur Kirche“. Sag: „Ich gehe jetzt zu Jesus“. Das trifft zu, denn Jesus ist dort, wo
man sich in seinem Namen versammelt und ihn verkündet. Und es macht einen grossen Unterschied,
so über die Treffen der Christen zu denken. Wir erwarten dann nicht zu viel von Menschen und mehr
von Gott. Wenn du allein zuhause bist, dann sag nicht: „Ich brauche jetzt unbedingt Ruhe und Zeit für
mich nach all dem Stress.“ Sag: „Ich gehe jetzt zu Gott in die Ruhe“. So lehrte Jesus die Leute beten:
„Geh in dein Zimmer, schließ die Tür, und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Dann wird
dein Vater, der ins Verborgene sieht, dich belohnen“ (Mt 6,6). Es ist ein grosser Unterschied, allein mit
seinen Gedanken und dem Hunger zu sein, oder Gott Einblick in die persönlichen Dinge zu geben.
Dafür steht das Bild vom geschlossenen Zimmer, in das Gott eingelassen wird. Lass die leeren
Momente, die ungelösten Fragen, die fehlende Begeisterung, die unruhige Seele, die Sehnsucht nach
echter Veränderung, nach Heilung – Hunger zu Gott sein. Es ist geistlicher Hunger, wenn du unter
einem dieser Dinge leidest. Hunger ist eine Einladung, keine Krankheit. Auch wenn wir sagen: „Ich
leide gerade Hunger !“ kommt doch niemand auf die Idee, zwei Tabletten Panadol gegen die
Bauchschmerzen zu nehmen! Nein, Hunger treibt zum Essen. Und danach ist man satt, geheilt vom
Hunger.
Den Hunger ausblenden?
Es gibt nur eine Gefahr im Zusammenhang mit dem geistlichen Hunger, die wir kennen müssen. Wer
den Hunger unterdrückt, kann sterben. Hast du gewusst, dass keine Essstörung Wissenschaftlern
mehr Rätsel aufgibt als die Magersucht? Eine Kernfrage der Forschung ist: Wie können Menschen
den Urtrieb Hunger derart ausblenden?2 Wenn das natürliche Hungergefühl erfolgreich verdrängt
und ignoriert wird, wird es lebensgefährlich.
Leider waren unter den Zuhörern des Rabbi Jesus auch solche, die nicht wirklich hungrig waren. Die
zwar da waren, aber nicht wirklich zu Jesus kamen. Sie hatten unterschiedliche Motive. Einige waren
nur sensationsgierig. Andere später wetterwendisch. Und ein Teil suchte nach Anklagepunkten, weil
sie Jesus als Feind sahen. Von ihnen sagte Jesus, dass sie hören ohne wirklich zu hören. Und in der
Folge „nicht glauben und deshalb auch nicht gerettet werden“. Wenn du das hörst und denkst: „Das
will ich nicht. Ich will gerettet werden“, dann atme auf. Du hörst den Wecker Gottes noch! Hör ihm
wirklich zu! Bleib aufmerksam! Lass den geistlichen Hunger zu. Er ist von Gott.
Gebet
Vater im Himmel! Danke, dass du uns den Hunger geschenkt hast, damit wir essen, versorgt
sind und leben. Du hast noch mehr für uns, als dass nur unser Körper genährt wird. Dein
Wort ist Nahrung und Kraft für das innere Leben und die Ewigkeit. Dein Wort ruft die Toten
zum Leben. Und es hat Kraft, gute Früchte in unserem Leben wachsen zu lassen. Zu deiner
Ehre. Weil dein Plan herrlich und gut ist. Hilf uns mit deinem Heiligen Geist, dass der Hunger
nach deiner Gegenwart und deinem Reden uns immer wieder neu zu dir bewegt und satt
macht. Amen.
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Quelle: substanzmagazin.de, Artikel "Das gestörte Bild"