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Private Secretary – Geschichte einer Leibeigenschaft
Teil 4
Wieder fiel mein Blick auf Hansen. Soeben steckte er das Handy in die Tasche seines
Sakkos und schaute sich nach mir um. Seine Miene wirkte immer noch nicht freundlicher.
Doch gerade als ich ihn erneut fragen wollte, was denn nun eigentlich los sei, fuhr Angelo die
Limousine vor.
Sofort riss mein Herr den Schlag auf und knurrte: „Steig ein!“
In Anbetracht des zornigen Blitzens in seinen Augen schien es mir angeraten, schnell zu
gehorchen. So flink wie es mir mein enger Rock und meine hohen Absätze erlaubten,
kletterte ich auf den Rücksitz des Benz. Hansen stieg ebenfalls ein, und dann knallte er die
Tür so heftig zu, dass ich wie unter einem Schlag zusammenzuckte.
„Du hast deine Anweisungen“, sagte er zu Angelo. Der nickte kurz und warf einen prüfenden
Blick in den Rückspiegel. Während er anfuhr, drückte er einen Knopf am Armaturenbrett, und
sofort erklang Musik aus den im Wageninneren verborgen angebrachten Lautsprechern. Die
Anlage war so eingestellt, dass der Klang hauptsächlich aus den vorderen Boxen kam – was
bedeutete, dass es für Angelo fast unmöglich war, zu hören, was hier hinten geschah.
Die Sache gefiel mir ganz und gar nicht. Ich fühlte mich immer unbehaglicher. Ob Hansen
nicht wollte, dass Angelo die jetzt bestimmt fällige Standpauke mitbekam? Nein. Ich glaubte
keine Sekunde daran, dass er so rücksichtsvoll war. Es musste andere Gründe haben. Nur
welche?
Forschend sah ich meinen Herrn an, versuchte Stimmung und Lage abzuschätzen. Es war
mir unmöglich. Kühl hin sein Blick an mir, und er sagte kein Wort. Das machte mich so
nervös, dass sich meine Finger regelrecht um den Stiel der Rose verkrampften – was ich
aber erst bemerkte, als mich ein plötzlicher Stich zusammenfahren ließ.
„Verdammt!“, fluchte ich unterdrückt, weil ich mich an einem Dorn gestochen hatte.
Missmutig leckte ich mir den kleinen Blutstropfen von meinem Daumen.
Hansen streckte die Hand aus. „Gib sie mir!“, forderte er tonlos. Als ich ihm die Rose
überreicht hatte, nickte er mir seltsam emotionslos zu. „Und jetzt zieh dich aus!“
Ich traute meinen Ohren kaum. Für einen Moment huschte mein Blick fassungslos nach
vorne zu Angelo, dann wieder zurück zu Hansens ausdruckslosem Gesicht. Irgendetwas
warnte mich davor, jetzt ungehorsam zu sein – vielleicht eine Art Überlebensinstinkt. Denn
als ich nicht sofort reagierte, blitzte ein wahres Höllenfeuer in seinen Augen auf.
Blitzschnell schlüpfte ich aus den Ärmeln des Boleros und hielt ihn dann etwas hilflos in den
Händen, weil ich nicht wusste, wohin damit. Hansen nahm ihn mir wortlos ab und warf ihn
achtlos nach vorne, auf den Beifahrersitz. Mit einigen Verrenkungen gelang es mir, den
Reißverschluss des Kleides zu öffnen. Ich streifte es ab. Nachdem ich gesehen hatte, wie
achtlos er den Bolero behandelt hatte, legte ich das Kleid selbst vorsichtig auf den
Vordersitz. Ebenso den Büstenhalter.
„Die Strümpfe und die Schuhe auch, Herr?“, fragte ich dann mit belegter Stimme.
„Nein, die kannst du anbehalten!“ Er lehnte sich zurück. Wieder traf mich sein kühler Blick.
„Sklavin, gegen welche Regel verstößt du gerade?“
Verwirrt überlegte ich, was ich falsch gemacht haben könnte. Ich hatte ihm gerade gehorcht
– gegen welche Regel sollte ich dabei verstoßen haben? Wirklich, er sprach in Rätseln!
„Es ist eine von denen, die ich dir schon am ersten Tag mitgeteilt habe.“
„Ich habe keine Ahnung, Herr. Ich weiß es wirklich nicht“, wisperte ich unglücklich. Die
Situation kam mir immer bizarrer vor.
„Wenn das so ist …“ Arrogant hoben sich seine Augenbrauen. „Nun, dann wirst du gleich
morgen einen Termin bei deinem Friseur machen und dich kahl scheren lassen!“
Der Satz schlug mit der Wucht einer Wasserstoffbombe ein. Ich starrte ihn mit offenem Mund
an. Ich setzte an, etwas zu sagen, aber mir fehlten erstens die Worte und zweitens wollte mir
meine Stimme auch nicht gehorchen.
Ich spürte,w ie mir schlagartig schwindlig wurde. Allein die Vorstellung brachte mich an den
Rand einer Ohnmacht. Hilflos schüttelte ichd en Kopf. Er konnte doch nicht wirklich wollen,
dass ich mir eine Glatze … Nein. Das konnte er nicht machen! Nein!
Ich stöhnte unterdrückt, krampfhaft die Tränen zurückdrängend. „Bitte, Herr“, krächzte ich
mühsam. „Bitte nicht! Nicht das!“ Wie kläglich das klang, wie flehend. Aber das war mir in
diesem Moment egal. „Bitte nicht meine Haare!“, bettelte ich weiter.
„Komm her!“, forderte er nach einer Weile knapp.
Da er bei diesen Worten die Beine spreizte, war klar, was er von mir erwartete. Obwohl das
Heck des Benz sehr geräumig bemessen war, musste ich mich doch ziemlich verrenken, als
ich mich zwischen seine Schenkel schlängelte. Er dirigierte mich, bis ich mit dem Rücken zu
ihm kauerte, und dann drückte er mich hart auf die Knie hinunter.
Eine Gänsehaut, wie ich sie noch nie in meinem Leben gehabt hatte, jagte mir über den
Rücken, während er mit grimmiger Miene die Kämmchen und Nadeln aus meiner
Hochsteckfrisur entfernte, bis die langen Locken schließlich über meinen nackten Rücken
fielen. Mit allen zehn Fingern fuhr er durch meine Mähne, wobei er nicht sehr zartfühlend
vorging. Ich biss die Zähne zusammen, um nicht zu jammern. Doch als er meine langen
Haare mit einer Hand im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammenfasste und mir den
Kopf daran nach hinten in den Nacken zog, bis ich den Rücken durchbog, musste ich leise
wimmern.
„Wem gehörst du?“, knurrte er.
„Ihnen, mein Herr!“, winselte ich. „Ich bin Ihr Eigentum!“
„Und wessen Regeln hast du zu befolgen, Sklavin?“, fragte er lauernd.
„Ihre, mein Herr!“, stöhnte ich, als er den Zug an den Haaren noch weiter verstärkte.
„Und wie lautet meine Regel bezüglich deiner Frisur?“
„Ich soll meine Haare in Gegenwart meines Herrn immer offen tragen. Nur im geschäftlichen
Bereich darf ich sie zusammenbinden oder hochstecken“, keuchte ich tonlos.
Hansen nickte. „Dann weißt du ja, was du jetzt zu erwarten hast.“
„Aber, mein Herr, bitte! Es war doch ein Geschäftsessen!“, versuchte ich, mich zu
verteidigen.
„Ja, bis wir das Restaurant verlassen haben“; beschied er mir knapp. „Du hattest die
Möglichkeit, dich an die Situation anzupassen, während wir auf den Wagen gewartet haben.“
Er schüttelte den Kopf. „Irgendwie glaubst du wohl immer noch, meine Regeln je nach Lust
und Laune, wie es dir gerade passt, abändern und zurechtbiegen zu können! So funktioniert
das aber nicht mit uns!“ Unvermittelt ließ er meinen Schopf los. „Ich will aber mal nicht so
sein und dir die Wahl lassen: Morgen die Kahlrasur beim Friseur oder hier und jetzt durch
mich – was ist dir lieber?“
Gar nichts!, schrie es panikerfüllt in mir, aber kein Ton kam über meine Lippen.
Mit gesenktem Kopf kniete ich zwischen seinen Beinen und spürte kaum, wie mir die Tränen
über die Wangen liefen. Auch das fieberhafte Zittern, das mich befallen hatte, registrierte ich
nur nebenbei. Ich stand zu sehr unter Schock, um überhaupt etwas anderes richtig
wahrzunehmen, als diese Panik.
Glatze … Glatze … Glatze …Das Wort dröhnte in meinem Kopf und machte jeden anderen
Gedanken zunichte.
„Wenn du dich nicht bald entscheidest, entscheide ich für dich!“, knirschte er gereizt hinter
mir.
Wieder schluckte ich krampfhaft an meiner Übelkeit und schüttelte dann resigniert den Kopf.
„Bitte, Herr, es ist mir lieber, wenn … wenn …“, ich stöhnte verzweifelt, brachte es kaum
über die Lippen. „… wenn Sie es tun“, flüsterte ich erstickt.
„Die absolute Hingabe einer Sklavin an ihren Herrn! So lobe ich mir das!“, höhnte er.
Fast hätte ich ihn gehasst, weil er mich auch noch verspottete, obwohl er doch genau
wusste, dass er mir gar keine Wahl gelassen hatte. Keine wirkliche jedenfalls, nur die
zwischen Pest und Cholera …
Hansen neigte sich vor, über mich hinweg, und klopfte Angelo auf die Schulter. Der hatte
wohl schon mit so etwas gerechnet. Ich wunderte mich nicht einmal mehr darüber, dass er
anscheinend Mittäter in diesem Komplott war. Zumindest war er vorbereitet, denn er holte
ein kleines Kästchen aus dem Handschuhfach und reichte es nach hinten. Mein Herr legte
es neben sich auf die Rückbank, außerhalb meines Blickfeldes, und öffnete es. Dann wandte
er sich wieder mir zu.
„Ich werde es kurz und schmerzlos machen!“, verkündete er, während er meine Haare
wieder zu einem Pferdeschwanz zusammenfasste.
Als Angelo den Wagen plötzlich abbremsen musste, kam Hansen für einen Augenblick aus
dem Gleichgewicht. Er stützte sich kurz in meinem Rücken ab, und dabei berührte mich für
ein paar Sekunden das kühle Metall der Schere. Ich konnte ein entsetztes Aufschluchzen
nicht verhindern.
Der Zug an meinen Haaren verstärkte sich. Wimmernd biss ich mir auf die Lippen, in dem
verzweifelten Bemühen, ihm mein Entsetzen nicht ganz so deutlich zu zeigen. Aber es
gelang mir nicht, das Zittern zu unterdrücken, das in Schüben immer wieder durch meinen
angespannten Körper jagte. Auch die Tränen konnte ich nicht mehr zurückhalten.
Ich spürte, wie er die Schere in meinem Nacken ansetzte, direkt am Haaransatz, über seiner
Faust.
„Wem gehörst du?“, fragte er erneut.
„Ich gehöre Ihnen, mein Herr!“ Ich konnte kaum sprechen.
„Was bedeutet es, dass du mir gehörst?“, hakte er nach.
Ich rang um Atem, kaum in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Aber ich wusste,
worum es ihm ging und was er jetzt von mir hören wollte.
„Es bedeutet, dass ich ihr absolutes Eigentum bin, mein Herr“, antwortete ich mit kaum
hörbarer Stimme. Er neigte sich leicht über mich, damit er mich besser verstehen konnte. „Es
bedeutet, dass ich nach Ihren Regeln zu leben habe und dass Sie über mich verfügen, wie
Sie wollen. Es bedeutet, dass Sie das Recht haben, mich nach Ihrem Ermessen zu
bestrafen, wenn ich nicht gehorche oder eine Ihrer Regeln breche.“
„Ja, das bedeutet es!“ Ich erschauderte, als sein Atem heiß über mein Ohr und meinen
Nacken strich, und spürte sein Nicken mehr, als dass ich es sah. „Es bedeutet, dass ich mit
dir machen kann, was ich will. Du hast mir das Recht dazu gegeben, als du den Vertrag
unterschrieben hast. Den Vertrag mit all diesen Regeln, die dich an mich binden!“ Er machte
eine Pause. „Und heute hast du gegen eine dieser Regeln verstoßen. Ich hatte dich gewarnt,
was passieren würde, wenn ich dich noch einmal mit hochgesteckten Haaren erwische!“
Unter Tränen nickte ich. Ja, das hatte er wirklich. Ich erinnerte mich daran. Doch war es nun
zu spät. Jetzt nützte es überhaupt nichts mehr, dass mir diese Regel wieder eingefallen war.
Ich hätte daran denken sollen, als es darauf ankam.
„Bist du bereit für deine Strafe, Sklavin?“
Obwohl dies eine rhetorische Frage war – schließlich war es völlig unerheblich für sein
Vorhaben, ob ich nun einverstanden war oder nicht – nickte ich bedrückt. Wieder jagte ein
Zittern durch meine sämtlichen Nervenbahnen. Alles in mir wollte sich krümmen, wollte
protestierend aufschreien und voller Panik vor ihm und der Schere in seiner Hand flüchten.
„Ich akzeptiere Ihre Strafe, mein Herr!“, schluchzte ich leise, an jedem einzelnen Buchstaben
fast erstickend.
So viele Jahre lebte ich nun meine Neigung aus, und noch nie hatte ich etwas gemacht, was
auch nur im Entferntesten nach Bitten um eine Strafe aussah – und jetzt? Ich bat zwar nicht
direkt darum, erklärte mich aber brav einverstanden damit. Und das auch noch bei so einer
Strafe! Gott, meine Haare! Ausgerechnet meine Haare!
Erschüttert schlang ich die Arme um mich in dem lächerlichen, verzweifelten Versuch, Halt in
mir selbst zu finden. Ich konnte kaum mehr atmen, so sehr zitterte ich mittlerweile. Wilde,
entsetzliche Bilder spukten vor meinem geistigen Auge herum. Bilder, auf denen ich mich mit
kahlem Kopf sah. Ohne Haare. Ich konnte es mir kaum vorstellen …
Mir fielen plötzlich all die Witze ein, die ich immer über meine lange Mähne gemacht hatte,
wenn ich gefragt wurde, warum ich sie nicht kürzer trug, weil das doch viel praktischer sei,
als die lockigen Zotteln bis zum Steißbein hinunter. Meine Antwort war immer dieselbe
gewesen: dass ich wie Samson sei, dessen Kraft an den Haaren hing.
Und jetzt wollte mich mein Herr dieser „Kraft“ – also meines weiblichen Aussehens –
berauben, indem er mich kahl schor. Wie schrecklich würde ich ohne Haare aussehen?
Wieder wimmerte ich leise und kniff die Augen ganz fest zusammen.
Bestimmt fand er mich danach auch schrecklich. Was würde dann geschehen? Würde er
mich überhaupt noch ansehen wollen? Und die Leute? Wie sollte ich meinen Alltag
bewältigen? Bei einem Mann mochte eine Glatze ja noch angehen, aber bei mir als Frau?
Ich könnte mich dann doch monatelang nirgendwo mehr sehen lassen, mich nicht mehr ohne
Kopfbedeckung auf die Straße trauen! Soviel ich wusste, dauerte es mindestens sechs
Monate, bis überhaupt wieder etwas auf dem Kopf war, das man auch nur annähernd Haare
nennen konnte!
Jahre hatte es gebraucht, viele Jahre, bis sie auch nur annähernd so lang wie jetzt waren,
Jahre voller Pflege und Hege, voller Spülungen, Packungen und konsequentem
Spitzenschneiden …
Und jetzt wollte er … Gott, ich hielt das einfach nicht aus! Das war so schrecklich! Warum
machte er dem grausamen Spiel nicht endlich ein Ende? Wie lange wollte er mich denn noch
quälen?
„Bitte …“, wimmerte ich kläglich, obwohl ich gar nicht wusste, worum ich eigentlich bat. Das
Zittern war so heftig geworden, dass meine Zähne klappernd aufeinanderschlugen. Mit
einem Ächzen kniff ich die Augen ganz fest zusammen, um wenigstens mein kostbares Haar
nicht fallen sehen zu müssen.
„Gemach, meine kleine Sklavin!“, grinste er hämisch.
Und dann schnappte die Schere das erste Mal zu! In maßlosem Grauen winselte ich – ein
Laut, wie ich ihn selbst noch nie von mir gehört hatte, der Laut eines gepeinigten Tieres, das
keinen Ausweg aus der Falle sah. Entsetzt drückte ich meine Augen noch fester zu, doch
auch wenn ich nicht sah, was mir angetan wurde, ich wusste es ja und konnte es nicht
aussperren.