Neue Denkansätze zur Verwertbarkeit von Eisen

Tier
BAUERNBLATT | 5. März 2016 ■
Erfolgreich füttern: Grassilagen
Neue Denkansätze zur Verwertbarkeit von Eisen
Im einen früheren Beitrag (Ausgabe vom 26. September 2015) wurde bereits kurz darauf hingewiesen, dass in der Fütterungspraxis
Grassilagen mit teils sehr hohen
Eisengehalten eingesetzt werden.
Dies ist einerseits nicht weiter verwunderlich, da Gras im allgemeinen höhere Anteile an Mineralstoffen gegenüber zum Beispiel Maispflanzen aufweist, andererseits
werden in Grassilagen immer wieder beträchtliche Anteile erdiger
Verschmutzungen gefunden, die
als Sand die Differenz zwischen
Rohaschegehalt und der Menge
an Mineralstoffen im Analysenattest anzeigen. Im folgenden Beitrag soll es nun darum gehen, zu
erörtern, woher diese Mengen
stammen und welche Auswirkungen diese in der Fütterung von Rindern haben können.
Bewertung der daraus hergestellten Silage berücksichtigt werden.
In der Vergangenheit wurde davon ausgegangen, dass das im Boden befindliche Eisen als Oxid gebunden vorliegt und demzufolge sehr schlecht löslich ist. Somit
wurde das Risiko hoher Eisenmengen aus dem Boden hinsichtlich
antagonistischer (gegensätzlicher)
Wirkungen im Tier als gering eingestuft. Vor einigen Jahren wurde
nun aber ein Versuch veröffentlicht, der genau diese allgemeingültige Annahme auf den Kopf
stellt. In den Untersuchungen von
Hansen und Spears (2009) wurden
Silagen hergestellt, die einerseits
vor dem Silierprozess mit 5 % Erde
verunreinigt wurden (das heißt, die
Erde wurde mit einsiliert), zum anderen wurde die Silage normal siliert und 5 % Erde direkt vor den
Messungen zugesetzt. Unter simulierten Verdauungsbedingungen
wurde dann festgestellt, dass infolge des Silierprozesses und der
damit verbundenen langen Lagerdauer bei niedrigem pH-Wert ein
Großteil des Bodeneisens löslich
wurde (Grafik). Dieser neue Sachverhalt muss deshalb zukünftig
für die Bewertung in Futterrationen für Rinder unbedingt mit herangezogen werden.
Verschmutzte Grassilagen stellen
vielfach ein hausgemachtes Problem des landwirtschaftlichen Betriebes dar, da immer noch zu häufig beobachtet wird, das bei der
Grasernte das Hauptaugenmerk
auf dem aktuellen Ertrag und nicht,
wie ökonomisch sinnvoll, auf dem
Ertrag je Hektar und Jahr liegt.
Erdige Verschmutzungen
sind problematisch
Grünlandexperten berichten immer wieder davon, dass infolge einer größeren Schnitthöhe (zirka
7 cm) die Vegetation des Grases
nach der Ernte wieder viel schneller als bei (zu) tiefer Schnitthöhe
einsetzt und infolgedessen leicht
ein oder sogar zwei Schnitte mehr
pro Jahr geerntet werden können.
Der wesentliche Vorteil dieser Erntestrategie ist aber das deutlich geringere Risiko, dass Erde am (meist
feuchteren unteren) Gras haften
bleibt und somit ins Siliergut eingetragen wird. Hierbei muss auf
jeden Fall auch beachtet werden,
dass die höchsten Eisengehalte bei
Rohfasergehalten unter 200 g/kg
TM auftreten (Resch et al., 2013),
also vor allem die Schnitte betreffen, die gerade wegen einer guten
Verdaulichkeit und hoher Nährstoff- und Energiedichte sehr frühzeitig geerntet werden. Neueren
wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge muss diese Erde in erheblichem Umfang für die spätere
Silagen ohne oder mit nur geringfügigem Schmutzanteil werden besser gefressen.
Fotos: Dr. Detlef Kampf
Grafik: Der Silierprozess beeinflusst die Verfügbarkeit von
Eisen (Hansen und Spears, 2009)
350
* P < 0,0001
*
300
250
lösliches Fe, mg/kg
48
200
nicht
siliert
150
50
0
Siliert
*
100
*
Pansen
Labmagen
Abschnitt des Verdauungstraktes
Dünndarm
Zu viel Eisen
schadet
Dass Eisen in antagonistischer
Beziehung zu anderen Spurenelementen wie Zink, Kupfer oder
Mangan steht, ist den meisten bekannt, Fragen stellen sich meist
nur in Richtung der entsprechenden Gehalte beziehungsweise Verhältnisse zueinander, die hinsichtlich dieses Aspektes beachtet werden müssen. Der andere Umstand
dagegen, dass die Spurenelementlöslichkeit auch einen Einfluss auf
den sogenannten oxidativen Stress
im Tier hat, stellt eine neue Herausforderung für die Beratung und die
daran anknüpfende Tiergesundheit dar. Oxidativer Stress im Tier
bedeutet, dass bei einer löslichen
Spurenelementquelle das Spurenelement an einer bestimmten Stelle
im Verdauungstrakt des Tieres (abhängig von der Lösungsgeschwindigkeit) in Ionenform vorliegt. In
diesem Moment fungiert das Spurenelemention dann auch als Oxi-
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Tabelle 1: Asche- und Eisengehalte der Grassilagen aus
Schleswig-Holstein (Agrolab, 2015)
1. Schnitt
Mittelwert
Anzahl Proben
Trockensubstanz
Rohasche
Sand
Anzahl Proben
Eisen
%
% in TM
% in TM
mg/kg TM
981
32,7
10,1
2,3
40
453
Min*
2. Schnitt
MittelMax* wert
26,5
5,7
0,6
38,8
14,2
4,1
110
1.500
515
39,9
10,1
2,4
10
239
Min*
Max*
31,9
5,9
0,8
47,9
12,6
4,1
86
450
* Werte zeigen Standardabweichung, zwischen Unter- und Obergrenze liegen ca. 68 % der Proben
Tabelle 2: Klassifizierung des Verschmutzungsgrades
von Grassilagen anhand des Eisengehaltes
(nach Resch et al. 2013)
Klasse
Verschmutzungsgrad
Eisen (mg/kg TM)
Sandanteil (g/kg TM)
1
2
3
4
5
sauber
leicht
mäßig
stark
sehr stark
unter 400
400 bis 800
800 bis 1.500
1.500 bis 3.000
über 3.000
unter 13
13 bis 19
19 bis 30
30 bis 53
über 53
dationsmittel und kann als solches
empfindliche Moleküle in der Zellmembran (zum Beispiel Fettsäuren) der Darmwand angreifen und
oxidieren. Dadurch wird diese für
Mikroben oder deren Metabolite
durchlässig und somit empfänglicher für Entzündungen. Als Resultat können die Schädigung des Immunsystems, eine höhere Inzidenz
für (Folge-)Erkrankungen sowie
eine verminderte Absorption der
Nährstoffe genannt werden.
Im Tierversuch sind diese Einflüsse noch nicht so häufig getestet worden. Erste wissenschaftliche Arbeiten deuten aber an, dass
dem oxidativen Stress in Zukunft
mehr Beachtung geschenkt werden muss. Beispielhaft soll hier
eine Arbeit erwähnt werden, in
der durch den Austausch der Spurenelementquellen (Zink, Kupfer, Mangan) bei Milchkühen signifikante Effekte auf das Auftreten von oxidativem Stress und von
Entzündungsreaktionen gemessen
werden konnten (Yasui et al. 2012).
Hier zeigte sich ein klarer Vorteil
der Spurenelementquellen, die am
Anfang des Verdauungstraktes relativ stabil blieben und sich erst im
weiteren Verlauf des Verdauungstraktes lösten. Dieser Umstand
wird auch für die Bewertung hoher Eisenmengen aus Grassilagen
an Bedeutung gewinnen, wenn infolge des Silierprozesses die Tiere
mehr lösliches Eisen aufnehmen.
Grassilage als mögliche Quelle einer übermäßigen Eisenzufuhr anzusehen, ist inzwischen auch Gegenstand wissenschaftlicher Dis-
kussionen und Untersuchungen
(Humann-Ziehank, 2015).
Parameter für den
Verschmutzungsgrad
Bei Betrachtung der durchschnittlich ermittelten Rohaschegehalte als Grundlage für die qualitative Bewertung der Grassilagen
lässt sich feststellen, dass die mittleren Rohaschegehalte des ersten
und zweiten Schnittes der Grassilagen in Schleswig-Holstein mit
101 g/kg TM an der Obergrenze des
bisher verwendeten Rohascheorientierungswertes von 100 g/kg TM
liegen. Die schlechteren Qualitäten
weisen hier sogar deutlich höhere
Werte aus, bei diesen Silagen liegen auch die Sandgehalte viel höher als bei niedrigeren Rohaschegehalten (Tabelle 1). Außerdem
zeigen die Silagen zum Teil sehr
hohe Gehalte an Eisen. Publizierte
Analysenwerte verdeutlichen darüber hinaus, dass die Eisengehalte
auch extrem hohe Werte von weit
mehr als 3.000 mg/kg TM annehmen können (Zentek, 1996).
Wichtig zu erwähnen ist an dieser Stelle auch, dass eine viel zu
große Diskrepanz zwischen der
Anzahl an Gesamtanalysen und
der Anzahl der Analysen auf Spurenelemente (zum Beispiel 981 gegenüber 40 Analysen beim ersten
Schnitt) vorliegt. Dies verdeutlicht
sehr klar, dass das Untersuchungsspektrum, das von Laboren angeboten beziehungsweise für eine
umfassende Beratung benötigt
wird, nicht ausreichend und vor
Der Umfang der Verschmutzung ist auf den ersten Blick nicht sichtbar.
allem zielführend ausgeschöpft
wird. An anderer Stelle sollte dies
noch einmal im Speziellen diskutiert werden, um für die Zukunft
eine umfangreichere und besser
nutzbare Datenbasis für die optimale Beratung der landwirtschaftlichen Betriebe zu gewährleisten.
Wissenschaftliche Untersuchungen von Resch und Steiner (2013)
und Resch et al. (2013) zeigen zudem, dass der Eisengehalt eine sehr
starke Korrelation mit dem Sand­
anteil (salzsäureunlösliche Asche)
des Futters aufweist. Aufgrund
dieser Tatsache kann vom Eisengehalt eine sehr enge Verbindung
zum Verschmutzungsgrad des Futters abgeleitet werden (Tabelle 2).
Dies stellt für die praktische Handhabung von Grassilagen in ausgewogenen Futterrationen ein sehr
wichtiges (neues) Bewertungskriterium dar und ist somit aus einer zukunftsorientierten und auf
bestmögliche Tiergesundheit abzielenden, fundierten Rationsberechnung und Beratung nicht mehr
wegzudenken.
Dr. Detlef Kampf
Landwirtschaftskammer
Tel.: 0 43 81-90 09-49
[email protected]
FAZIT
Es bleibt festzuhalten, dass
dem Gehalt an Eisen vor allem
in Grassilagen eine bedeutende Rolle hinsichtlich der Einschätzung des Verschmutzungsgrades der Silage zuteilwird, da
dieser einen wesentlich besseren Indikator zur Beschreibung
des Verschmutzungsgrades darstellt als der bisher verwendete
Rohascheorientierungswert von
100 g/kg TM. Außerdem muss zu-
künftig darauf geachtet werden,
dass der Eisengehalt in Grassilagen bei der Bewertung der Gesamtration hinsichtlich antagonistischer Wechselwirkungen
und möglicher Effekte in Bezug
auf oxidativen Stress berücksichtigt wird. Somit kann dieser Parameter in Zukunft helfen, Rationen besser planen und bezüglich potenzieller Risiken abschätzen zu können.
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