Grafik: Merian (Originaldruck) Übergang von Burg zur Festung – als im Mittelalter die Pulvergeschütze aufkamen, reichten die Befestigungsmauern von Burgen nicht mehr aus Foto: Pierre Dietz online lesen Festung Editorial Burgen und ihre Entstehung Seite 4 Der schönste Spielplatz Festung Rüsselsheim Seite 8 In meiner Kindheit war die Festung Rüsselsheim den wenigsten bekannt. Zugewuchert mit allerlei Pflanzen fristete sie das Dasein einer Ruine. Lediglich der äussere Wehrgraben gab Gelegenheit zum Spazierengehen und der kleine Spielplatz mit der Drachenschaukel (gibt es leider nicht mehr) war Magnet für Grossväter mit ihren Enkeln. Interessant wurde die Festung noch einmal in meiner frühen Jugend, als das Gerücht in Umlauf kam, man würde hier Bernsteine finden. Also zogen wir los und wühlten an verschiedenen Stellen, jedoch ohne irgendein Ergebnis. Später, Historie des Westwalls Seite 12 Manieren im Festungsbau Seite 14 Begriffe aus dem Festungswesen Seite 16 Adieu Herr Maginot Seite 17 Impressum VERNA • online lesen • www.verna-online.de pdz Verlag Pierre Dietz (Herausgeber) • ISSN 1864-2896 Thüringer Strasse 26 • 65428 Rüsselsheim Tel.: 0 61 42 / 83 64 12 • Fax: 0 61 42 / 83 64 14 [email protected] • www.pdz-verlag.de Lektorat: Petra Pirlich • Layout: Pierre Dietz Für namentlich gekennzeichnete Beiträge übernehmen wir keine Haftung. Burgen und Ihre Entstehung Pierre Dietz, Herausgeber als das Museum dort Einzug gehalten hatte, wurden die Wälle gesperrt. Somit fiel die Festung als solche erneut in einen Dornröschenschlaf. Nun wird das Bauwerk als besondere Attraktion der Stadt ausgebaut. Wir haben uns gefragt, in welchem Kontext stand die Festung damals und was macht sie heute so besonders? y Foto: Pierre Dietz Inhalt Burg Rheinstein bei Anzeige: Bevor wir uns der Festung Rüsselsheim zuwenden, wollten wir zunächst wissen, was der Unterschied zwischen Burgen und Festungen ist. Zunächst fragten wir die Experten Mike und Annett Holzemer zumema Burgen, wie sie entstanden sind und welche Funktion sie erfüllten. Als Menschen die Erde besiedelten, schützten sie sich vor Angriffen feindlicher Stämme oder wilder Tiere durch Erdwälle und Palisadenbauten aus Holz. Die ersten, die diese Art von Befestigung strategisch und militärisch nutzten, waren die Römer. Das römische Reich erstreckte sich zu seiner Glanzzeit von Konstantinopel (heute Istanbul) bis nach Dänemark. Der grösste ihrer Wehrbauten war der Limes, der in der Zeit ca. 100 n. Chr. erbaut 3 • VERNA • online lesen • www.verna-online.de • © 2007 wurde und der die linke von der rechten Rheinseite über 545 km Länge trennte. Damit schützten sich die Römer unter anderem vor den Kelten, Germanen und Alemannen, die immer wieder Beutezüge in römisches Gebiet unternahmen. 260 n. Chr. überrannten die Alemannen den Limes und läuteten damit den langsamen Niedergang der römischen Dynastie ein. 375 folgten Ihnen die Hunnen aus dem Osten und 406 n. Chr. fielen die Gallier in Spanien ein. Chlodwig I. schlug die römische Armee 486 in Gallien vernichtend und so wurde erstmals ein Franke König über das Gebiet, was die Römer fast 400 Jahre unterjocht hatten. Die Zeit der Merowinger brach an, das Römische Reich aber sah seinem Untergang entgegen. Vom Limes sprach zu dieser Zeit freilich keiner mehr. Trotzdem hatte sich das System verschiedenster Wehrbauten erfolgreich durchgesetzt. Doch nicht jeder konnte oder wollte es sich leisten, einen riesigen 4 • VERNA • online lesen • www.verna-online.de • © 2007 Trechtingshausen in dem zum Weltkulturerbe der UNESCO benannten Rheintal „Gartenzaun“ aufzustellen und diesen zu bewachen. Deshalb waren es am Anfang Gruppen von Siedlern, die für Ihre Ansiedlungen den Schutz einer Wehranlage suchten. Zudem erwählte man Örtlichkeiten, die von vorne herein schwer zugänglich, deshalb aber auch gut zu verteidigen waren. Zum Beispiel einen Bergkamm, der nach 3 Seiten sehr abschüssig war, brauchte man nur an der Zugangsseite zu bewehren. Mit dem Beginn des Deutsch-RömischenReiches (Kaiserkrönung Karl der Grosse 800 n. Chr.) begann auch die Entwicklung der Höhenbefestigungen. Denn mit den Slawen und Awaren fielen Foto: Ingrid Ruch Die Festung von Rhodos mit Foto: Pierre Dietz immer wieder barbarische Völker von Osten herein, raubten und plünderten, und verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren. Um diesen Anstürmen zu begegnen, baute man ein Netz von Burgen auf. Bis zu den Karolingern und Ottonen (9.–11. Jh.) geschah dies in der gewohnten Holzbauweise. Zusätzlich hob man Gräben aus und schichtete Wälle auf, um Die spanische Festung Alhambra (die Rote) gehört sicherlich zu den berühmtesten Wehrbauten der Welt damit ein weiteres Hindernis für einen etwaigen Angreifer aufzubieten. Die Angreifer konnten nun nicht mehr ihre Hau-Ruck-Taktik anwenden, sondern mussten sich in Belagerungstechniken üben. Für Reitervölker, wie die Slawen und Awaren, ein ungewohntes und, wie sich zeigen sollte, auch ein unpraktikables System. Ihre Stärke lag eindeutig in der Schnelligkeit. Belagerungswaffen wie Rammböcke oder grosse Steinkatapulte waren zu schwerfällig. Sie wurden dadurch unbeweglich und handelten sich bei einigen Belagerungen schwere Niederlagen ein, als sie vom Nachschub aus anderen Burgen im Rücken gepackt und auseinander getrieben wurden. Mit den Saliern (Kaiser Heinrich II., 11. Jahrhundert ) stellte sich die Steinbauweise ein. Die Staufer (Friedrich I., Barbarossa und Friedrich II.) brachten mit der Auskleidung der Anlagen in der Buckelquadertechnik im 12. und 13. Jahrhundert einen weiteren Fortschritt. Gegen grosse Steingeschosse waren die- dem Grossmeisterpalast zählt zu den imposantesten Wehrbauten der Welt se Wehrbauten nun ausreichend gerüstet. In dieser Epoche entstanden die meisten Burgen in Europa. Die Blütezeit der Burgen setzte sich auch im 14. untern den Habsburgern weiter fort. Ein Edelmann ohne Burg hatte zu dieser Zeit kaum etwas zu melden. Selbst die Kirche, deren Würdenträger überwiegend weltlichen Dingen fronten, befestigten ihre Kirchen oder errichteten gewaltige Ordensburgen. Diese Herrschaften waren keineswegs friedlich und fromm, sondern eher gierig und machthungrig. Man kann sogar sagen, dass sie die meisten Kriege Ihrer Zeit angefacht haben. D a s Vo l k w a r d i e s e n deshalb nicht immer hold und auch die Kaiser und Könige hatten oft genug Auseinandersetzungen mit ihnen. Nicht selten wurde einer Burg, die zum Beispiel zum Schutze einer Handels- oder Heerstrasse errichtet wurde, zum „Trutze“ eine andere auf dem gegenüberliegenden Berghang aufgebaut. Auf diese Weise kennz e i c h n e t e n d i e K a i s e r, Könige, Kurfürsten, Erzbischöfe, Herzöge und Gaugrafen ihr Territorium mit entsprechenden Burgen. Eine logische Folge, dass es damit fast täglich zu Konflikten kam, die nicht selten in Kriegen endeten. Doch nicht nur als sichtbares Zeichen ihres Territoriums, sondern auch zur Sicherung von Heer- und Handelsstrassen dienten diese Anlagen. Burgen an grossen Flüssen hatten zudem die Funktion einer Zollstation. Zölle waren eine äussert wichtige Einnahmequelle für die hohen Herrschaften. Das Ende von Burgen Wenn man sich die Geschichtsdaten von Burgen anschaut, so fällt auf, dass die Franzosen im Verlauf des pfälzischen Erbfolgekrieges 1688 bis 1692, speziell im Raum Rheingau, Pfalz, nördliches Baden-Würthemberg und Rheinhessen, sehr stark gewütet und über 100 Burgen dem Erdboden gleich gemacht 6 • VERNA • online lesen • www.verna-online.de • © 2007 haben, so auch die Festung Rüsselsheim im Jahr 1689. Jetzt könnte man daraus schliessen, dass durch diese unheimliche Zerstörungswut viele Zeitzeugen und Kulturdenkmäler ausgemerzt wurden. Dieser Eindruck trügt: Die meisten Burgen hatten zu dieser Zeit bereits ihre ursprüngliche Funktion verloren und verfielen ohnehin. Einige waren zuvor schon im 30-Jährigen Krieg (1618 bis 1648) oder während des Bauernaufstands (1525) so stark beschädigt worden, dass man sie als Ruinen liegen liess. Die wenigsten dienten noch als angemessene Unterkünfte. Der Burgadel hatte sich im 16. und 17. Jh. längst in die Niederungen auf Schlösser und Pfalzen zurückgezogen. Warum baute man die Burgen nicht wieder auf ? Im 15. Jh. entdeckte man das Schwarzpulver und mit ihm entwickelten sich die ersten Explosionsgeschosse. Musketen und Büchsen lösten Bogen und Armbrust ab, Katapulte wurden durch weitreichende Mörser und Kanonen ersetzt. 1523, im sogenannten Reichsritterkrieg, geschah etwas, was europaweit das Ende der Burg als sichere Befestigungsanlage markierte. Die von Franz von Sickingen mit Festungswerken und einer riesigen Bastion (4-stöckiger Kanonenturm mit 5 m Wandstärke ) verstärkte Burg Nanstein wird durch die alliierten Truppen von Kurfürst Ludwig V. von der Pfalz, dem Trierer Erzbischof Richard von Greifenclau und dem Landgrafen Philipp von Hessen in Schutt und Asche gelegt. Im konzentrischen Ge- Die Saalburg wurde um das Jahr 1900 vollständig wieder aufgebaut. Als mittelgrosses Kohorten-Kastell diente sie zu �������� ����� ������ ��������� ������� ������� ��������������� ������ ����� ���������� �������� � ����� �� �� �� ������� ���������������� schützfeuer der schweren Feldhaubitzen bricht der mächtige Kanonenturm binnen weniger Stunden zusammen. Ab dieser Zeit baute man Burgen entweder im grossem Stil in Reichsfestungen um oder verliess sie einfach. In den meisten Fällen geschah letzteres. Denn zu der ständigen Gefahr angegriffen zu werden, kam noch hinzu, dass es sich auf einer Burg zu kalt, nass und ungemütlich wohnte. Der Wind pfiff praktisch durch jede Ritze. Burgherren, die ihre Anlagen weiterhin hielten und nicht mit Festungswerken verstärken wollten, versuchten den repräsentativen Charakter ihrer Burg aufzuwerten und bauten diese im Stil der jeweiligen Epoche um. Renaissance und Rokoko hielten Einzug. Während der Limes aus Holz-Palisaden und Erdwällen bestand, waren die Kastelle ursprünglich verputzt. Die Quader wurden aufgemalt, um das Mauerwerk stabiler erscheinen zu lassen. Besonders reiche Häuser liessen durch berühmte Architekten ihre Burgen in fürstliche Schlösser umbauen. Kaiser und Könige machten es sich zum Hobby, alte Burgen in prunkvolle Jagdschlösser 7 • VERNA • online lesen • www.verna-online.de • © 2007 umzuwandeln. Unter dem Mantel vieler Schlösser stecken noch heute die Grundmauern vergangener Burgen. y Von Mike & Annett Holzemer www.burgenreich.de Foto: Pierre Dietz Anzeigen: Fotos (2): Pierre Dietz Verteidigung des Limes war wohl in Form einer Demi-lune angelegt - diese ist bis heute jedoch nicht wieder freigelegt worden) und der Innenbereich enthält noch eher Strukturen einer Burg. Erst in späterer Zeit wurde sie dann zu allen möglichen Zwecken genutzt: Champignonzucht, N Sehr gut versteckt liegt die Festung Rüsselsheim zwischen Maindamm und den umgebenen Häusern verborgen. Sie ist eine von nur noch vier erhaltenen Festungsanlagen in Hessen und wird dennoch nur ganz selten erwähnt. Erst vor kurzem wurden die Wälle für Besucher begehbar gemacht. Handelt es sich hier um eine romantische Burg oder lapidar um eine Kriegsanlage? D as Besondere an der Festung Rüsselsheim ist der Umstand, dass sie nie in Kampfhandlungen verwickelt wurde und daher nach dem Umbau von einer Burg in eine Festung nicht weiter modifiziert wurde. Daher hat diese Festung recht wenig Manieren (gerade Wälle und eine Handvoll Bastionen, lediglich der Platz vor dem Eingang achdem die Festung die Schweden heil überstanden hatte, wurden die Verteidigungsanlagen und die Bastionen von den Franzosen gesprengt Damit war sie für den Krieg völlig unbrauchbar geworden. Viele andere Städte, wie Frankfur t, wo man heute noch auf Luftbildern die Kontur der Stadtfestung (Taunusanlage) erkennt, haben ihre Festungsanlagen oft unter begeisterter Unterstützung der Bürger geschleift. Der Rüsselsheimer Festung ist dieses Schicksal erspart geblieben. Lazarett, Spielplatz, Invalidenheim, Jugendherberge, Museum und zu guter letzt als Kulisse für Konzertveranstaltungen. Leider wurde bereits Ende der 1960er Jahre damit begonnen, die Festung wieder „aufzubauen“ und zwar nach „Manier dieser Zeit“, nämlich mit Beton. Kaum zu glauben, aber mittlerweile steht der Beton heute unter Denkmalschutz, sodass dieser Schandfleck noch nicht einmal wieder abgerissen werden darf. E inen der schönsten Orte in der Festung ist die Brunnenstube, welche besonders aufwendig restauriert wurde und in welcher die Fundstücke aus dem inneren Festungswall ausgestellt sind. Leider ist dieser Raum nur nach vorheriger Anmeldung zugänglich, da er sich im sonst unzugänglichen Innenwall befindet. 50 Grad nördlicher Breite Ein Fenster im Wall Fotos (6): Pierre Dietz Blick auf die Brunnenstube im inneren Festungswall Beim Abzug der französischen Truppen 1689 wird die Festung durch Sprengungen zerstört. Zurück bleibt eine kriegsuntaugliche Ruine 9 • VERNA • online lesen • www.verna-online.de • © 2007 Bis vor kurzem noch ein Erdhaufen. Nun ist das Fundament der Ostbastion für Besucher zugänglich 10 • VERNA • online lesen • www.verna-online.de • © 2007 Der einzige Weg nach draussen stellung Exponate aus der Konsumgesellschaftszeit, als man noch sparte, um sich etwas Grösseres leisten zu können. Nach dem E gezeichnete Museum zeigt Stücke von der Steinzeit bis zur Industrialisierung und in einer weiteren Aus- Historie des Westwalls Von Pierre Dietz Dank der Bauwut doch noch auf den Beton gekommen Fotos (2): Pierre Dietz in Besuch lohnt sich dennoch. Das mit dem Museumspreis des Europarates aus- Aus Festungen wurden Bunker Besuch der Festung lohnt ein Spaziergang, vorbei an den sogenannten Opelvillen, durch den Vernapark. y Blick in die restaurierte Brunnenstube mit Fundstücken aus der Festung. Bedauerlicherweise ist diese nicht immer zugänglich Doch Hitler wollte uneingeschränkte Wehrhoheit für das ganze Reich, ignorierte die Auflagen der Engländer und besetzte kurzerhand das Rheinland.Nachdem hierauf keine weitere Reaktion der Westmächte erfolgte, sieht sich Hitler in seiner Überzeugung bestätigt, dass durch eine Politik der vollendeten Tatsachen weitere Erfolge zu erzielen seien, wie der Bau einer hochmodernen Westbefestigung. Der Vertrag von Versailles schrieb zwingend vor, dass entlang des Rheins keine Befestigungen angelegt werden durften. Gleich nach der Rheinlandbesetzung wurde das „Reichsbefestigungsprogramm“ auf 10 Jahre verkürzt und der Schwerpunkt der Arbeiten vom Osten, wo der Bau einer leichten Befestigung von den Westmächten genehmigt worden war, in den Westen verlegt. Die aussenpolitischen Gegebenheiten im Frühjahr 1938 - Besetzung Österreichs und zunehmende Schwierigkeiten mit der Tschechoslowakei - führten zu einer erneuten Verkürzung der Bauzeit. Um gegenüber den osteuropäischen Staaten möglichst handlungsfrei zu sein, wollte man sobald als möglich die Sicherheit einer starken Westgrenze haben. Unmittelbar nach der Mobilmachung der Tschechoslowakei befahl Hitler am 28. Mai 1938 den beschleunigten und verstärkten Ausbau der Westbefestigung. Propagandistisch nicht ungeschickt war der ständige Hinweis auf eine deutsche Antwort zu der gewaltigen Maginotlinie, deren Existenz insbesonders der saarländischen Bevölkerung bekannt war. Dies resultierte daher, weil während ihrer Hauptbauzeit infolge der damals noch bestehenden Währungsund Wirtschaftsunion des Saargebietes mit der www.das-originelle-geschenk.de Allesfinder • Lichtspiele • Turbo-Chili • Wurstbrief Himmelslaternen • Ex Libris • MusikinstrumentenBausätze • Drivemocion • Ecosphere • Pilzzucht Powershocker • Sanftwecker • SchnupftabakMaschine • Katzensessel • Hanf-Lollies Flammenfresser • Rasensessel • DDR-Pappbauten Schokostifte • Baby-Toupets • Socken-Abo Siebenmeilen-Stiefel • Zigarettenzähler • Glücksklee Kühlschrank-Murmelbahn • Sandpendel Gartenschach • Automatisches Katzenklo • TassenTalk • Wachträume • Nachtlicht-Slipper • Federkiel Wandaufkleber • Love-Reminder • Silberne Pommesgabeln • Sonnenuhr-Ring • 3D-Kamera Vergoldete Erinnerungen • Picknick-Checkliste Ausgefallene Geschenkideen und mehr 11 • VERNA • online lesen • www.verna-online.de • © 2007 Der Westwall entstand entgegen der Auflagen der Westmächte Im Jahr 1936 beginnt der deutsche Diktator ein riskantes Pokerspiel, das bewusst die Verletzung bestehender Staatsverträge in Kauf nahm. Die Planung der Wiederbesetzung des linken Rheinufers verstiess gegen das Abkommen von Locarno, das eine militärische Präsenz Deutschlands hier ausschloss. Als im Februar deutsche Truppen das Rheinland besetzten, versuchte Grossbritannien Deutschland auf die Begrenzung seiner Streitkräfte auf 20 Bataillone und 12 Batterien zu verpflichten und jede Befestigung des linken Rheinufers zu unterlassen. Französischen Republik und des sich daraus ergebenden unkomplizierten Grenzübertritts zahlreiche Saarländer die Grossbaustellen im benachbarten Lothringen gesehen hatten. Der ungeheure Baudruck ab Mitte 1938 brachte nach kurzer Zeit das gesamte Bauprojekt in ernsthafte Schwierigkeiten. Als Folgen von ständig wechselnden Bauplänen, permanenten Materialschwierigkeiten und der Mangel an qualifiziertem Personal, verschoben sich die Fertigstellungstermine immer weiter nach hinten. In dieser Situation überträgt Hitler das Gesamtprojekt seinem „Generalinspekteur für das deutsche Strassenwesen“, Dr. Ing. Fritz Todt, der sich als einer der wenigen technischen Spezialisten der Partei 12 • VERNA • online lesen • www.verna-online.de • © 2007 schon lange Hitlers Ver trauen erworben hatte. Mit seinem bewährten technischen Stab des Reichsautobahnbaues erhält nun der Befestigungsbau eine völlig neue Qualität. To d t t e i l t e z u n ä c h s t die gesamte Westgrenze in 22 Abschnitte mit je einer Oberbauleitung ein und gemeinsam mit Pioniereinheiten und der privaten Bauindustrie gelingt es ihm unter beeindruckendem Einsatz seiner „Organisation Todt“ bis zum Kriegsbeginn 8.800 von 12.500 geplanten Anlagen fertig zu stellen. y Von Ingo Stähly Mehr zum Thema finden Sie unter www.westwall-imsaarland.de 1 Zitadelle Die gängigsten 2 Tenaille (Zange) Manieren* im 3 Hornwerk Festungsbau 4 Festungsgraben 3 5 Gedeckter Weg 6 Waffenplatz 7 7 Demi-lune (Halbmond) 7 10 8 Contregarde 12 9 9 (Gegensicherung) 9 Bastion 10 11 2 10 Ravelin 10 11 Pfaffenmütze 8 12 Kronwerk 7 14 13 Doppelte Tenaille 9 7 14 Bastion mit runder Flanke 8 6 5 10 13 14 1 6 4 7 4 3 3D-Illustration: Pierre Dietz 2 * Französisch la manière: >>Art und Weise << 14 • VERNA • online lesen • www.verna-online.de • © 2007 Begriffe aus dem Festungswesen Approche Annäherungsgraben bei der Belagerung einer Festung Bankett Schützenauftritt auf dem Wall Barbakane Eine zum Teil oder gänzlich von der Ringmauer abgesonderte Wehranlage, die das Tor einer Burg oder einer Stadtmauer schützt Barbette Aufschüttung hinter der Brustwehr, um Geschütze aufzustellen Barrièren Schlagbäume und Gattertore Bastei Veraltete Bezeichnung für ein Rondell mit uförmigem Grundriss Bastion Aus dem Wall herausragendes, nach hinten offenes Werk mit fünfeckigem Grundriss Batterie Gruppenaufstellung von Geschützen innerhalb eines Werkes Bollwerk Veralteter Begriff für ein aus dem Wall herausragendes Werk Bresche Gewaltsam gerissene Lücke im Wall Brückenkopf Eigenständiges Werk vor einer Brücke, welches sich auf dem jenseitigen Ufer befindet Bunker Stark befestigter Raum, teilweise unter Panzerung Casemate de Bourges Kleinerer, zweistockiger, französischer Artilleriebunker Casemate Pamard Kleiner, zweistockiger, MG Kampfraum im Umfeld französischer Forts und Ouvragen Defenslinien Feuerlinien für die Grabenverteidigung von der benachbarten Flanke einer Bastion Demi-lune (siehe Grafik Seite 11–12) Demolution Zerstörung einer Festung Detachiertes Werk Vorgeschobenes Werk, das nicht mehr mit der Festung in Verbindung steht und deshalb für eine selbständige Kampfführung eingerichtet ist. In den Befestigungssystemen des 19. Jahrhunderts waren diese von zentraler Bedeutung Escalade Überwindung der Wälle und Bastionen mit Hilfe von Sturmleitern Escarpe Innere Mauer oder Böschung des Festungsgrabens. Hier befindet sich meist ebenfalls eine Galerie Esplanade Freier Platz zwischen einer Festungsstadt und ihrer Zitadelle Fallgatter Teil der Torkonstruktion, die einen eingedrungenen Gegner am Rückzug hindern sollte Flanke Seite einer Bastion, die zwischen der Feldseite und der übrigen Wallmauer liegt Fort Selbständiges, vorgeschobenes Werk, das strategisch wichtige Orte im Vorfeld einer Festung sichert. In der alt- und neupreussischen Manier des 18. beziehungsweise 19. Jahrhunderts wurden Festungsstädte systematisch von Forts umgeben Front Hauptangriffsseite des Feindes bei einem Werk Galerie Eingewölbter Gang hinter einer Escarpeoder Contre-Escarpemauer Gedeckter Weg (siehe Grafik Seite 11–12) Graben (siehe Grafik Seite 11–12) Hornwerk (siehe Grafik Seite 11–12) 15 • VERNA • online lesen • www.verna-online.de • © 2007 Kapitale Die gedachte Mittellinie durch die Spitze einer Bastion Kaponniere Auch „Grabenkoffer“ oder „Grabenwehr“ genannt. Frei im Graben stehendes Werk, von dem aus der Graben in zwei Richtungen unter Feuer genommen werden kann Kasematte Früher auch Mordgrube genannt. Schusssicherer Raum in einer Festung, entweder unter der Erde, im Wall oder in besonders sicheren Gebäuden Kastell Feldmässig oder auch ständig befestigtes Lager, vor allem in der Antike gebräuchlich gewesen Katze Erhöhte Geschützstellung Kavalier Geschützstellung, welche die benachbarten Werke deutlich überragt Kreneliert Ergänzende Bezeichnung für mit Schiessscharten versehene Mauern oder Kasematten Kehle Rückseite eines Werkes. Kontergarde Aussenwerk einer Festung. Kontregarde (siehe Grafik Seite 11–12) Kordon Befestigungsanlage mit grosser Ausdehnung in der Länge. Die französische Maginot-Linie und der deutsche Westwall entsprachen diesem Konzept Kronwerk (siehe Grafik Seite 11–12) Kurtine Abschnitt des Walles, der zwei Bastionen, Geschütztürme oder Rondelle miteinander verbindet Landwehr Üblicherweise aus Erdwall und Graben bestehende Befestigungsanlage mit grosser Ausdehnung in der Länge, die zum Schutz eines Territoriums und zur Grenzmarkierung errichtet wurde Lünette Eigenständiges Werk, dessen Grundriss dem einer Bastion ähnelt. Die Bezeichnung Lünette wird mitunter fälschlicherweise als Synonym für Demi-lune verwendet Manier (siehe Grafik Seite 11–12) Maschikuli Senkrechte Wurf- oder Gussöffnung an einer Befestigungsanlage. Der Maschikuli diente der Verteidigung des toten Winkels am Mauer- fuss durch Bewurf des Angreifers mit Steinen oder den Ausguss von siedenden Flüssigkeiten Neupreussische Befestigungsmanier Neuartige preussische Methode zur Anlage von Festungssystemen im 19. Jahrhundert Ouvrage französischer Begriff für „Werk“, er meint eher ein neuzeitliches (Ende 19.-20. Jh.) Befestigungswerk, das als Einzelglied einer Kette eines ganzen Befestigungssystemes zu sehen ist, wie zum Beispiel die „Ouvrages“ der Maginot-Linie Panzerung Im 19. Jahrhundert aufkommender Schutz von Werken durch Formteile aus Hartguss und später aus legiertem Gussstahl Palisade Dichte Reihe aus angespitzten, in die Erde gerammten Holzstämmen mit der Funktion eines Walles (römischer Limes) Ravelin (siehe Grafik Seite 11–12) Réduit Rückzugswerk, das üblicherweise innerhalb eines anderen Werkes errichtet wurde und nach dessen Erstürmung einen letzten Widerstandskern bildete Redute Im neuzeitlichen Festungsbau eine Schanze mit meist viereckigem Grundriss Rondell Ein besonders massives Werk mit gerundetem Grundriss, das so hoch oder nur unwesentlich höher als der angrenzende Wall ist Schanze Eine hauptsächlich aus Erde bestehende Befestigungsanlage Scharte Öffnung eines Werkes, durch die heraus eine Schusswaffe geführt werden kann. Beim Nichtgebrauch wird die Scharte mit einem Verschluss gesichert Scharwachttürmchen Auf der Spitze oder den Schultern einer Bastion errichtetes Wachtürmchen, von dem aus das Vorfeld überblickt werden konnte Schleifung Friedensmässige Beseitigung einer Festung. Mittelwort: geschleift (nicht geschliffen!) Sturmfreiheit Höhe eines Werkes über seinem Fundament. Ursprünglich wurde mit dieser Eigenschaft die Unerreichbarkeit des Werkes mit Sturmleitern bezeichnet Sturmreif Voraussetzung zum erfolgreichen Sturm eines Werkes durch Zerstörung seiner Wälle Tenaille (siehe Grafik Seite 11–12) Traverse Kleine Erdanschüttung quer zum Wall oder dem Gedeckten Weg, die als Kugel- und Splitterfang dient Waffenplatz (siehe Grafik Seite 11–12) 16 • VERNA • online lesen • www.verna-online.de • © 2007 Wall (lat. Vallum) Erhebung der Festung über ihre Umgebung in Form einer Mauer oder Erdanschüttung. Die obere Fläche trägt in Richtung Feind die Brustwehr, hinter ihr den Wallgang zur Aufstellung von Geschützen und zum Verkehr Werk Ab dem 16. Jahrhundert wird dieser Begriff verwendet als Überbegriff für eine einzelne isolierte Befestigungsanlage, oft als Teil einer Festung und kann unter anderem eine Schanze, eine Bastion, ein Blockhaus oder ein Ravelin sein Wolfsgrube Eine Grube und ein darin mit einer Spitze nach oben eingesetzten Holzpfahl Zinne Pfeilerartiger Aufsatz auf der Mauerkrone als Zinnenkranz. Sie dienen der Deckung der Verteidiger gegen Angriffe aus der Flanke Zitadelle (siehe Grafik Seite 11–12) Zugbrücke Bewegliche Brücke über einen Graben, die im Falle einer Belagerung hochgezogen werden kann Zwinger (Architektur) Das Gelände zwischen der Ringmauer und einer zusätzlichen, vorgeschobenen Mauer (Zwingermauer) Quelle: wikipedia.de Adieu Herr Maginot Vo m E n d e d e r Fe s t u n g s b a u t e n Vor 1871 sah man das Gebiet des lösten Heiligen Römischen Reiches reicher wohl eher als ideales Ge- Deutschen Bundes (ab 1815 Nach- Deutscher Nation) aus der Sicht biet für die Fortsetzung ausgereiz- folgeinstitution des 1806 aufge- der Franzosen, Russen und Öster- ter diplomatischer Beziehungen M mussten zudem das Elsass und Teile Lothringens an das nun gegründete Deutsche Reich, mit Kaiser Wilhelm I an der Spitze, abgeben. Ausgerechnet hier hatten die Franzosen eine nicht unerhebliche Menge an Verteidigungsanlagen gebaut, die nun den Deutschen in die Hände gefallen waren. Anlass für Frankreich, im Jahr 1874 Vorkehrungen zutreffen, die neue Grenzlinie zu sichern. Man beauftragte auf französischer Seite den General-Ingenieur Séré de Rivières (1815–1895) eine, noch spärlich, bestehende Verteidigungslinie aus ver- einzelten Festungen und Forts zu einer Gesamtbefestigung auszubauen. 1885 war man mit der Fertigstellung der Anlage, trotz ständig leerer Staatskasse, soweit zufrieden und war der irrigen Meinung, sollte der Feind kommen, würde er diese Linie nicht überwinden können. Doch gleichzeitig begann die Epoche der Industrialisierung und damit ging der technische Fortschritt einher, der auch nicht vor militärischen Entwicklungen halt machte. Längst wurden Artilleriegranaten mit Stahlmantel gefertigt Foto: Thomas Philipp an traf sich hier, um die Armeen auf geeignetem Feld aufzustellen, vereinbarte einen Schlachtbeginn und dann wurde nach vereinbartem Schlachtende gezählt, wer dann noch die meisten stehenden Soldaten hatte – naja, und diese Partei hatte dann gewonnen. Dann zogen die Uniformierten wieder ab, jedoch nicht ohne sich gewisser Erinnerungsstücke aus den Besitzungen der Anwohner habhaft zu machen. Da diese nicht unbedingt ihr Hab und Gut verlieren wollten, kam es zu unschönen Gewaltakten, was dazu führte, dass Otto von Bismarck die deutschen Fürstentümer zu einem deutschen Reich zusammenschloss, indem er die meisten einfach annektierte, um endlich für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Da sich die Franzosen scheinbar schon im Vorfeld nicht so recht mit dem Gedanken anfreunden konnten, dass nun noch eine weitere Grossmacht entstehen sollte, kam es 1870/71 zum sogenannten DeutschFranzösischen Krieg. Doch statt die „alte Ordnung“ wieder herzustellen, verloren die Franzosen den Krieg und und die Rohre der Kanonen wurden bei der Herstellung gezogen. um mit Hilfe der durch diese Verfahren entstehenden Rillen im Rohr, die Granaten in eine Drallbewegung zu bekommen. Damit erreichte man eine höhere Treffsicherheit und Durchschlagkraft, denen die aus Stein und Mörtel gebauten Anlagen nicht stand halten konnten. Über Nacht waren die Anlagen auf beiden Seiten fast wertlos geworden. Die Entdeckung des Betons als wehrtauglichem Werkstoff, gab wieder Mut zur Hoffnung. Als der erste Weltkrieg ausbrach, zeigte sich, dass die Mühen auf französischer Seite nicht umsonst waren. Die Deutschen versuchten über Belgien nach Frankreich einzumarschieren, um sich erst gar nicht mit dem Séré de Rivières-Abschnitt auseinandersetzen zu müssen. Das gab Frankreich Zeit, Truppen zu mobilisieren und die Eindringlinge konnten an der Marne gestoppt werden. André Maginot gelang es, Gelder vom Parlament für das Bauvorhaben bewilligen zu lassen, dafür erhielt Die Festung Simserhof ist heute ein Museum. Aus Sicherheitsgründen wird man mit einer Bahn durch das Gelände gefahren 17 • VERNA • online lesen • www.verna-online.de • © 2007 die Linie seinen Namen 18 • VERNA • online lesen • www.verna-online.de • © 2007 Der Grossunterstand bei Hatten diente als geschützte Kaserne hinter der Hauptverteidigungslinie und war D ie neue mörderische Kriegsführung hiess nun „Stellungskrieg“, der sich überwiegend in Gräben abspielte. Die neuen Festungen befanden sich zunehmend unter der Erde - das Zeitalter der Bunker brach an. Nach fünf verlustreichen Jahren endete der erste Weltkrieg am 11.November 1918. Elsass und Lothringen gingen wieder an Frankreich zurück und damit auch die deutschen Festungen in diesen Regionen. Schon wenige Jahr e danach dachten die französischen Militärs über die Einrichtung defensiver Anlagen zum Schutz der industriestarken Regionen in Nord- und Ostfrankreich nach. Das Finanzministerium sah die Sache jedoch anders, sodass das Vorhaben bis November 1929 auf Eis lag. Erst dem französischen Verteidigungsminister André Maginot gelang es, dem französichen Parlament das Bauvorhaben schmackhaft zu machen und die Finanzierbarkeit darzulegen. Dies war sein einziger Beitrag zum Bau der neuen Verteidigungslinie, die seinen Namen trägt: Die Maginotlinie. Der Beginn des zweiten Weltkriegs zeigte jedoch, wie sinnlos die Festungsanlage unterdessen geworden war. Flugzeugen und Panzern hatten diese nichts entgegen zu setzen. Die wenigsten Festungen wurden überhaupt Mehr zum Thema finden Sie unter www.festungswelt.de in Kampfhandlungen verwickelt. Erst gegen Ende des Krieges, als die Deutschen auf der Flucht vor den, in der Normandie gelandeten, alliierten Truppen waren, nutzten diese die Festungen ein letztes Mal. Nur für kurze Zeit konnten die Deutschen den Vormarsch stoppen, aber nicht wirklich aufhalten. Kaum zu glauben, aber bereits kurz nach dem zweiten Weltkrieg begannen die Franzosen aus Angst vor dem Warschauer Pakt mit der Instandsetzung der Maginotlinie. Erst mit der Einführung nuklearer Waffen und dem Entstehen des geeinten Europas, hatte die Maginotlinie ihre strategische Bedeutung verloren - wir hoffen endgültig! y Von Pierre Dietz 19 • VERNA • online lesen • www.verna-online.de • © 2007 Fotos (2): Thomas Philipp gasdicht aufgebaut. Kampfblock 1 der kleinen Festung Casso in der Nähe von Rohrbach. Deutlich sind noch die Spuren von Kampfhandlungen zu sehen 20 • VERNA • online lesen • www.verna-online.de • © 2007
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