Layout pol3-3-rt rt/pol3/01.07.2015 - FC Bayern Fanclub Rot

DIE SEITE 3
Mittwoch, 1. Juli 2015
Nummer 148
Aufstiegsrennen statt Abstiegskampf
An seinen Fans sollte sich der oft im sportlichen
Chaos befindliche TSV 1860 München ein
Beispiel nehmen: Diese halten den Verein
nämlich ganz oben – auf den Gipfeln dieser Welt.
Dass die wanderbegeisterten „Berglöwen“
Hunderte Gipfelbücher in blau-weiße Tüten
verpackt haben, ruft nun aber den Lokalrivalen
auf den Plan: Traunsteiner Bayern-Fans kontern
mit der Aktion „Chiemgauer Gipfelstürmer“.
Von Thomas Thois
M
ehr als fünf Jahre lang haben die Bayern-Fans dem
Höhenflug des ungeliebten Lokalrivalen relativ tatenlos
zugesehen. Auf Hunderten Bergen
– erst in den Chiemgauer Alpen,
dann immer weiter hinein in den
Hauptkamm bis in die Ötztaler-,
die Zillertaler Alpen und nach
Südtirol – hat eine anonyme, lose
organisierte Gruppe von SechzgerFans Gipfelbücher in blau-weiße
Plastiktüten mit dem TSV-1860Logo verpackt. Die „Chiemgauer
Tütencrew“ – zwei Bergfexe aus
den Landkreisen Traunstein und
Mühldorf und ihre immer zahlreicher werdenden Mitstreiter – treiben die Gipfel-Mission seit 2008
buchstäblich auf die Spitze und
ernten damit in Internetforen wie
überregionalen Medien großes
Echo.
„Ganz oben, das ist
das Revier der Bayern“
Seit einem Jahr gehen nun aber
auch die Anhänger des FC Bayern
steil und antworten mit einigen gut
organisierten Kontern auf die alpine Großoffensive des Münchner
Erzrivalen. Denn: „Ganz oben, das
ist nun mal das angestammte Revier der Bayern und nicht der Löwen“, rückt Maxi Burghartswieser
die in den Bergen aus den Fugen
geratene Fußballwelt zurecht. Der
Vorsitzende des Traunsteiner Fanclubs „Rot-Weiße Traun“ (RWT)
hat vor einem Jahr die Aktion
RWT-Gipfelstürmer ins Leben und
alle Bayern-Fans dazu aufgerufen,
möglichst viele Gipfelbücher aus
der blauen Umklammerung zu lösen und die Sechzger- gegen Bayern-Tüten auszutauschen.
Rund 80 „Aus-blau-mach-rot“Expeditionen – unter anderem am
Sonntagshorn, am Geigelstein und
der Hochplatte – seien schon erfolgreich gewesen, sagt Maxi Burghartswieser, der die fleißigsten
Gipfelstürmer bei der FanclubWeihnachtsfeier sogar mit Fanartikeln belohnt hat.
Eine Aktion, die für Berni Nagelschmidt aber schon fast der
Gipfel der Unverschämtheit ist.
„Das ist wieder typisch BayernSchönwetter-Fans: Einfach die
Ideen der anderen nachmachen,
aber dann nicht mal mithalten
können“, schimpft der eingefleischte Löwe aus Kirchweidach,
der selbst ein passionierter Bergsteiger ist und seit den ersten gegnerischen Berggehversuchen der
Roten neben Proviant immer auch
eine 1860-Tüte in seinen Rucksack
packt. „Bei den Choreografien im
Stadion kupfern die Bayern ja auch
gerne ab. Jetzt dackeln sie uns beim
Eintüten hinterher – und sind
chancenlos“, sieht der 33-Jährige
sein Lager klar im Vorteil.
„Die Blauen sind da tatsächlich
sehr ehrgeizig und hängen sich voll
rein“, zollt Maxi Burghartswieser
den umtriebigen „Berglöwen“ sogar Respekt, fügt aber mit einem
Augenzwinkern hinzu: „Sie haben
ja auch mehr Zeit, ganz ohne Europapokalspiele unter der Woche.
Da haben sie endlich mal eine Sache gefunden, bei der sie erfolgreich sind.“ Alles in allem werde
man wohl nicht ganz mithalten
können, dem „Turn- und Sportverein 59 + 1“ die Gipfelhoheit aber sicher nicht kampflos überlassen.
Unter dem hämischen Motto „Haltet unsere Berge sauber“ will der
37-jährige
„Rot-Weiße-Traun“Chef zumindest immer wieder Nadelstiche setzen, den ein oder anderen Gipfel vom „blau-weißen
Unrat“ befreien und die gegnerische „Tütencrew“ auf Trab halten.
„Bei unseren regelmäßigen
Großeinkäufen im Fanshop haben
wir uns mit etwa 100 Bayern-Tüten
eingedeckt“, berichtet Burghartswieser. „Die sind aber alle schon
verteilt.“ Hier habe der „Vierzahlen-Bergsportverein“ den Vorteil,
von Vereinsseite mit riesigen Mengen an Plastiksackerln in unterschiedlichen Größen versorgt zu
werden. „Das ist bei uns nicht der
Fall.“ Auch weil der FC Bayern
fortschrittlicherweise schon größtenteils auf umweltschonende Papiertüten umgestellt habe, die als
Wetterschutz für die in Holz- oder
Metallkästen aufbewahrten Gipfelbücher ungeeignet seien.
„Wieder nur eine faule Ausrede“,
kontert Berni Nagelschmidt und
verweist auf den „erbärmlichen
Bettelbrief“, mit dem eine BayernAnhängerin aus Rosenheim via Facebook Stürmer Thomas Müller
um eine Tüten-Großlieferung „angeschnorrt“ habe. „Uns ist das
egal“, hält Maxi Burghartswieser
dagegen. „Zur Not nimmt man halt
eine andere, neutrale Plastiktüte
mit. Hauptsache, man kann damit
die Löwen-Hülle ersetzen.“
Wobei die Tüten-Guerilla der
60-er nicht müde wird, ihre Markenzeichen, die sie sogar schon
auf Gipfeln in Norwegen und den
Anden gesetzt hat, zu hegen und
zu pflegen. „Tüten, die zu verschlissen sind, tauschen wir regelmäßig aus“, erklärt der Hauptaktivist aus dem nördlichen Landkreis
Traunstein, der statt seines richtigen Namens lieber seinen Bergnamen in der Zeitung stehen haben
will. Wenn er sich in Gipfelbücher
einträgt – was bei im Jahr rund 90
Touren mit etwa 80 000 Höhenmetern hunderte Male vorkommt –
unterschreibt der 38-jährige Einzelhandelskaufmann Sätze wie
„Alle Gipfel san genau wia da Himme drüber: Weiß-blau!“ mit seinem
Pseudonym „William Wallace“, in
Anlehnung an den Kinofilm
Blau-weiße Gipfel-Hoheit: Sechzger-Plastiksackerl schützen Gipfelbücher vor Regen – und bringen die Vereinsfarben hoch hinaus. Mittlerweile dürfte
die Tütencrew eine vierstellige Anzahl von TSV-1860-Tüten in den gesamten Alpen in Umlauf gebracht haben. Das große Bild entstand im Bereich
Zellerwand mit dem Chiemsee und der Kampenwand im Hintergrund. Kleine Bilder von oben: Auch im Winter – hier im Karwendel – wird fleißig eingetütet. An unzugänglichen Gipfeln ohne Kreuz setzen die Löwen-Fans ihr Markenzeichen gerne in Form von Gläsern, die als Gipfelbuchschutz dienen –
hier am Kaserkopf nördlich des Sonntagshorns. Dass die alpine Vereinswerbung – wie hier durch einen „1860“-Schriftzug auf einem Felsen am Hochgern – manchmal über das Gipfelbuch-Eintüten hinausgeht, stößt bei Bergfreunden auch auf Kritik.
− Fotos: Stephan Hölzlwimmer (2)/privat (3)
Auch die Roten gehen seit kurzem steil: Werner Seehuber, einer der
Gipfelstürmer vom Traunsteiner Fanclub „Rot-Weiße Traun“, beim Gipfelbuch-Eintüten auf dem Sonntagshorn.
„Braveheart“. „Das passt. Da zieht
Mel Gibson als schottischer Freiheitskämpfer ja auch für die Unterdrückten in den Kampf – mit blauweißer Gesichtsbemalung.“
Der 38-Jährige will zudem anonym bleiben, weil er bei aller positiver Resonanz – etwa von befreundeten Fans österreichischer Vereine wie dem SV Ried, die beim Löwen-Tüten-Verteilen Schützenhilfe leisten – auch negative
Reaktionen bekommt. Damit
meint „William Wallace“ nicht nur
Frotzeleien oder Anfeindungen
von Bayern-Fans. „Es sind eher
Bergsteiger, die mit Fußball nichts
am Hut haben und sich in Gipfelbucheinträgen darüber aufregen,
dass Fußballaktionen und Werbung für einen Verein generell in
den Bergen nichts verloren haben.“ Deshalb ist der blaue Braveheart darauf bedacht, nicht zu
stark an die Öffentlichkeit zu treten und den Ball eher flach zu halten. Er und sein Tütencrew-Mitgründer, ein 43-jähriger Entwicklungsingenieur aus dem Landkreis
Mühldorf, verzichten zum Beispiel
darauf, die vielen entlegenen,
schwer zugänglichen Nebengipfel
preiszugeben, auf denen sie blauweiß verzierte Gipfelgläser und
Steinmandln hinterlassen – „nicht,
dass dann die Nachmach-Fans der
Bayern auch noch dorthin stiefeln“. Zahlenmäßig seien die Roten zwar der Goliath, aber hier dominiere eindeutig der David. „Wir
haben in den letzten Jahren sicher
eine vierstellige Zahl von Gipfeln
in blau-weiße Hand gebracht.“
Eine Einsatzbereitschaft, die der
Traunsteiner Bayern-Fanclub-Präsident Maxi Burghartswieser mit
einem weiteren Seitenhieb kommentiert: „Ihre Mannschaft befindet sich im Abstiegskampf, aber die
Fans wollen mit allen Mitteln ein
Aufstiegsrennen gewinnen.“
So sehr der Flachs auf beiden
Seiten blüht – einig sind sich der
rote Burghartswieser und der
blaue Nagelschmidt, dass der Gipfelwettstreit nicht, wie schon geschehen, in Schmierereien oder
Sachbeschädigung ausarten sollte:
„Die Tüten erfüllen als Schutzhülle
einen sinnvollen Zweck. Aber
wenn die Vereinsnamen in Gipfelkreuze geritzt oder auf Wegweiser
geklebt und gesprüht werden, ist
das nicht mehr lustig.“
Löwen klar im Vorteil –
Rauf geht’s, Ihr Roten!
Fest steht, dass der zuletzt im
sportlichen Chaos versunkene
Zweitligist im Gipfelwettstreit gegen den Rekordmeister aktuell
klar die Vormachtstellung behauptet: Laut Facebook-Fotos und Forumseinträgen haben die Löwen
jüngst Hörndlwand, Kienberg,
Haaralm und Rabensteinhorn
„eingetütet“. Um da Schritt zu halten und dem Volkslied „Von den
blauen Bergen kommen wir“ nicht
zu wörtlicher fußballerischer Bedeutung zu verhelfen, bleibt den
Bayern-Fans nur eins: Kraxeln und
siegen! Frei nach dem Allianz-Arena-Schlachtruf: Rauf geht’s, Ihr
Roten!
Ein völlig neues Telefonier-Erlebnis
Kilohertz wiedergegeben – nicht
einmal ein Fünftel des vom Menschen wahrnehmbaren Audiospektrums, das von 20 Hertz bis 20
Kilohertz reicht. „Auch modernere
Verfahren wie HD-Voice machen
bei 7 kHz Schluss“, sagt Lutzky.
Die Lösung könnte das Verfahren „Enhanced Voice Services“
Schaltungen (IIS) in Erlangen hat (EVS) sein. Lutzky spricht auch
eine neue Audiotechnologie mit- von Full-HD-Voice. Mit EVS ist es
entwickelt, die schon bald für ein zum ersten Mal möglich, die komvöllig anderes Telefonier-Erlebnis plette vom Menschen wahrnehmsorgen könnte.
bare Audiobandbreite zu übertraEigentlich klingt es verrückt: gen. „Telefongespräche hören sich
Smartphones nehmen hochauflö- dann so an, als stünde man im selsende Videos auf und machen bes- ben Raum“, sagt Lutzky. Im Mosere Fotos als manche Digitalka- ment arbeiten die Chiphersteller
meras. Nur beim Telefonieren ge- daran, die neue Technik zu inteben wir uns mit vergleichsweise grieren. Der Fraunhofer-Forscher
schlechter Sprachqualität zufrie- rechnet damit, dass es im nächsten
den. Mit herkömmlicher Technik Jahr die ersten Smartphones, die
wird bei einem Telefongespräch ge- EVS nutzen, zu kaufen gibt. Einen
rade mal eine Bandbreite von 3,5 genauen Termin konnten Geräte-
Handys können heute hochauflösende Videos
aufnehmen und Musik in brillantem Sound
wiedergeben. Nur Telefongespräche klingen
häufig so dumpf und blechern wie vor 100
Jahren. Das dürfte sich bald ändern.
Von Simon Ribnitzky
T
elefonieren kann ganz schön
anstrengend sein. Dumpfe, verzerrte Stimmen, laute Hintergrundgeräusche. Da werden gerade lange Gespräche oder Konferenzen mit mehreren Teilnehmern
schnell zur Qual. Denn an der
Sprachqualität von Telefongesprächen hat sich seit 100 Jahren wenig
verändert. „Die Qualität ist eigentlich stehengeblieben“, sagt Manfred Lutzky. Der Forscher vom
Fraunhofer-Institut für Integrierte
hersteller wie etwa Samsung noch
nicht nennen.
Bei den Netzbetreibern stößt das
neue Verfahren auf großes Interesse. „Gute Sprachqualität ist ein
wichtiges Argument beim Verkauf“, erklärt Dirk Ellenbeck von
Vodafone. Lange hätten die Verbraucher beim Handykauf auf andere Dinge geachtet. Bessere Prozessoren oder größere Displays etwa. Inzwischen rückten Kernthemen wie eine gute Sprachqualität
stärker in den Fokus. „Der Kunde
erwartet das“, sagt Ellenbeck.
Videotelefonie-Dienste über das
Internet wie Skype oder Facetime
bieten Full-HD-Qualität schon
länger - und dazu meist kostenlos.
Nur die heutigen mobilen Datennetze verhindern häufig ein stabiles
Gespräch. Die vierte Mobilfunkgeneration LTE kann nun auch zur
Übertragung von normalen Handygesprächen genutzt werden. Vo-
„Full-HD Voice“-Technik überträgt das gesamte wahrnehmbare
Audiospektrum von rund 20 kHz
und bietet damit mehr als die vierfache Bandbreite verglichen mit regulären Telefondiensten. − Foto: dpa
dafone und O2 bieten „Voice over
LTE“ bereits, die Telekom will in
Kürze nachziehen. „Genau dafür
wurde EVS entwickelt“, sagt Lutzky. Bis jetzt ist auch mit „Voice over
LTE“ bei 7 Kilohertz Schluss. Wird
der neue Codec integriert, ist die
volle Audiobandbreite möglich.
Weil es sich um einen kombinierten Sprach- und Audiocodec handelt, sind weitere Anwendungen
möglich: Das Live-Ständchen zum
Geburtstag klingt glasklar, Radiomoderatoren können ohne Qualitätsverlust direkt ins Studio senden. Persönlich freut sich der
Fraunhofer-Forscher noch auf etwas anderes: „Was mich wahnsinnig nervt, ist diese Warteschleifenmusik, wo man doch zuhören muss
und die so grausam klingt“, erzählt
Lutzky. Bald sei es möglich, diese
Musik in CD-Qualität wiederzugeben.
− lby