Skript Prof. Dr. Rainer Wieler Fahrzeugtechnik und Verbrennungsmotoren Telefon +49 821 55 86-3158 Fax +49 821 55 86-3160 [email protected] Schwerpunktpraktikum BM6/7 Fahrzeugbremsen Prof. Dr. Rainer Wieler 12.06.2015 V2.1 1. Ziel des Versuchs Im durchzuführenden Versuch wird das Verhalten von Trommel- und Scheibenbremsen untersucht. Beide Bremsen stammen von einem Opel Rekord D (1972-1977). Dazu werden beide Bremsen entsprechend einer Fahrgeschwindigkeit von 50km/h mit unterschiedlichen hydraulischen Drücken beaufschlagt und das Drehmoment der Bremsen erfasst. Einen wesentlichen Einfluss auf das Bremsverhalten hat dabei die Temperatur der Reiboberfläche. Der Einfluss der Temperatur wird unter dem Begriff des „Bremsfading“ zusammengefasst. 2. Aufbau der Anlage 2.1 Beschreibung der Versuchanlage Antrieb Drucksensor Getriebe Kraftaufnehmer Hebelarm Infrarotsensor Trommelbremse Scheibenbremse Differenzial Bild 1: Versuchsaufbau Seite 2/14 Praktikum Fahrzeugbremse V2.1 Ein Asynchronmotor treibt über eine Kardanwelle, ein PKW-Schaltgetriebe und ein Hinterachsdifferential jeweils eine Scheiben- und eine Trommelbremse an (Bild 1). Da das Differential gesperrt ist, drehen beide Bremsen immer mit der gleichen Drehzahl. Über zwei getrennte Hauptbremszylinder (Bild 2) können die Radbremszylinder getrennt voneinander mit Druck beaufschlagt werden. Das Bremsmoment stützt sich über einen Hebelarm jeweils auf einem Kraftaufnehmer ab. Neben dieser Momentenmessung erlauben Infrarot-Temperaturmesssensoren die Messung der Oberflächentemperatur der Bremsscheibe bzw. der Bremstrommel. Bildschirm des Messcomputers Scheibenbremse Trommelbremse Temperaturanzeige Druckanzeige Bremshebel Hauptbremszylinder Stellschraube Bild 2: Messpult Seite 3/14 Praktikum Fahrzeugbremse V2.1 2.2 Funktion des Frequenzumrichters und Asynchronmotors Ein Drehstrom-Asynchron-Motor treibt den Prüfstand mit konstanter Drehzahl an. Die Drehzahl wird durch einen Frequenzumrichter im Keller vorgegeben. Der Frequenzumrichter wandelt das feste 50Hz-Drehstromspannung zunächst über Gleichrichter in eine Gleichspannung eines Zwischenkreises. Aus dieser Gleichspannung wird über die Ansteuerfrequenz von IGBT-Transistoren die Ausgangsnetzfrequenz, die für die Drehzahl der Asynchronmaschine verantwortlich ist, eingestellt. Über eine Pulsweitenmodulation (PWM) der Ansteuerung der IGBT wird die Höhe der Ausgangsnetzspannung beeinflusst und damit die elektrische Leistung der Asynchronmaschine zur Verfügung gestellt. Über eine Pulsweitenmodulation wird das Zeitverhältnis hoher Spannung zu Spannung 0V innerhalb einer Takt-Periode des Ausgangsnetzes festgelegt. Bei der hier verwendeten Anlage handelt es sich um eine sogenannte Vier-QuadrantenMaschine. Die 4 Quadranten ergeben sich aus einem Koordinatensystem Drehmoment über Drehzahl. Vier-Quadranten-Maschine heißt nichts anderes, als das alle vier Quadranten dieses Koordinaten-Systems genutzt werden können (positive wie negative Drehzahlen, positive wie negative Drehmomente). Es kann also in beiden Drehrichtungen angetrieben wie auch gebremst werden. In dem Fall des Fahrzeugbremsen-Prüfstandes wird nur ein Quadrant genutzt (eine Drehrichtung und ein antreibendes Moment). Daten der Asynchronmaschine Hersteller: Anfahrmoment: maximales Moment (100-5.000 min-1) Nennleistung Maximaldrehzahl AVL Graz 78 Nm 105 Nm 55 kW 10.000 min-1 Angesteuert wird der Prüfstand durch ein Automatisierungssystem, dessen Bedienpult in Bild 3 dargestellt ist. Automatisierungssystem Messcomputer Bild 3: Steuerpult Seite 4/14 Praktikum Fahrzeugbremse V2.1 2.3 Daten der Zwischengetriebe Fahrzeugschaltgetriebe: Differential: i1.Gang = i2.Gang = i3.Gang = i4.Gang = iDifferential= 3,428 2,156 1,366 1,000 3,231 2.4 Aufbau der Bremsanlagen Am Messpult (Bild 2) neben dem Automatisierungs-Steuerpult befinden sich zwei Tandem-Hauptbremszylinder (HBZ), von denen jeweils nur 1 Kreis verwendet wird. Der rechte HBZ ist über Bremsschläuche und starre Leitungen mit der Trommelbremsanlage und der linke mit der Scheibenbremse verbunden. Über Stellschrauben kann jeweils der Kolben im HBZ belastet werden. Der sich einstellende Druck kann jeweils an Digitalanzeigen abgelesen werden. Über rastbare Bedienhebel kann der Leitungsdruck schnell auf Null gebracht werden. Der so eingestellte Druck wird über Leitungen auf die jeweiligen Kolben der Radbremsen übertragen. Entsprechend der Kolbenfläche der Radbremszylinder (RBZ) ergibt sich die Zuspannkraft für die Bremsbeläge, die wiederum ein Reibmoment an der Bremsfläche erzeugen. Daten der Bremsanlagen Hersteller: Opel Typ: Rekord D, 100 PS Hauptbremszylinder: Kolbendurchmesser: Kolbenfläche: Scheibenbremse: (je Kolben) Kolbendurchmesser: 48 mm Kolbenfläche: ASBZ = 1809,6 mm² Lüftweg: sSB = 0,15 mm Lüftvolumen: VSB = 271,44 mm³ (Vorspannung der Kreuzfeder vernachlässigbar) Trommelbremse: (je Kolben) Kolbendurchmesser: Kolbenfläche: Lüftweg: Lüftvolumen: Federvorspanndruck: 13/16“ = 20,64 mm AHBZ = 334,6 mm² 3/4“ = 19,05 mm ATBZ = 285 mm² sTB = 0,3 mm VTB = 85,5 mm³ pFeder= 5,0 bar 2.5 Fahrzeugdaten Rekord D Gewicht, fahrbereit mit Fahrer: Achslast vorn: Achslast hinten: Radstand: Schwerpunkthöhe: Reifengröße: Seite 5/14 m = 1170 kg mVA= 630 kg mHA= 540 kg l= 2668 mm hS = 500 mm 175 HR 14 rdyn= 308 mm Praktikum Fahrzeugbremse V2.1 3. Messeinrichtungen 3.1 Fahrgeschwindigkeit Zur Ermittlung der zur eingestellten Drehzahl gehörenden Fahrgeschwindigkeit ist die Kenntnis der Übersetzung iges, des dynamischen Reifenrollhalbmessers rdyn sowie der Drehzahl der Pendelmaschine erforderlich. Die Drehzahl der Pendelmaschine wird mit einem Tachogenerator ermittelt und am Steuerpult angezeigt. Der Tachogenerator ist ein permanent erregter Gleichstromgenerator, dessen Ausgangsspannung proportional der Drehzahl ist. Die Anzeige ist in der Einheit [min-1] kalibriert. Die Fahrgeschwindigkeit ergibt sich zu: v = n /iGetr. / iDiff * 2 rdyn = 0,016668 [min km ] n [min-1] h 3.2 Bremsdruck Der Bremsdruck wird mit einem Absolutdruckaufnehmer (Bild 2) erfasst. Dieser Sensor enthält einen Rohrfederkörper, welcher mit 4 Dehnungsmessstreifen (DMS) ausgerüstet ist (Bild 4). Kommt es durch eine Druckänderung zu einer Krafteinwirkung auf die Rohrfeder, ändern sich die Widerstände der DMS. Die DMS sind zu einer Wheatstone’schen-Brücke (Bild 5) geschaltet. Die Druckänderung ist proportional der Brückenspannung der Wheatstone’schen-Brücke. Dieser Drucksensor weist eine vergleichsweise hohe Empfindlichkeit gegenüber anderen Methoden auf. Allerdings zeigen die zur Druckmessung eingesetzten Materialien eine sehr starke Temperaturabhängigkeit, so dass die Wheatstone’sche Brücke zur Vollbrücke geschaltet sein muß. RZug R + UMess R RDruck Bild 5: Wheatstone’schenBrückenschaltung Bild 4: Absolutdrucksensor Seite 6/14 Praktikum Fahrzeugbremse V2.1 3.3 Bremsmoment Schneidenlager F F DMS Biegefeder Querkraftabstützung Bild 7: Kraftaufnehmer Bild 6: Messung des Bremsmomentes Das von der Bremse erzeugte Drehmoment stützt sich über einen Hebelarm (Bild 6) auf einem Kraftaufnehmer ab. Das Messelement ist ein rautenförmiger Biegefederkörper aus nicht rostendem Stahl (in Bild 7 nur eine Hälfte dargestellt), auf dem auf der Oberund Unterseite Dehnungsmessstreifen (DMS) appliziert sind. Die DMS sind so angeordnet, dass vier von ihnen gedehnt und die vier anderen gestaucht werden, wenn auf den Aufnehmer eine Kraft einwirkt. Die DMS sind wie beim piezoresistiven Druckaufnehmer zu Wheatstone’schen Vollbrücken verschaltet, deren Brückenspannung proportional der Kraft ist. Das Bremsmoment ergibt sich mit der Hebelarmlänge von 761 mm zu: M [Nm] = F [N] * 0,761 [m] Zur Kontrolle der Kalibrierung werden definierte Gewichte an den Schneidenlagern (Bild 5) auf den Hebelarmen eingehängt. 3.4 Belagtemperatur Die Belagtemperatur wird je Bremse indirekt an einer Stelle des Metallreibpartners durch Infrarot-Temperaturmesssensoren gemessen. Dazu sind die Sensoren mit Halterungen an den entsprechenden Stellen angebracht. Bei der Trommelbremse ist der Sensor nach unten durch die Bremsankerplatte im Inneren der Bremse gerichtet (Bild 8). Bei der Scheibenbremse wird der Sensor nicht direkt auf eine Reibfläche gerichtet, da es hierbei wegen der blanken Fläche und umliegenden Lichtquellen zu Fehlmessungen kommen kann. Es wird auf die zylindrische, matten Außenfläche der Bremsscheibe gemessen (Bild 9). Seite 7/14 Praktikum Fahrzeugbremse V2.1 Bild 8: Temperatursensor Trommelbremse Bild 9: Temperatursensor Scheibenbremse Das Prinzip der Infrarot-Temperaturmessung erklärt sich wie folgt. In Abhängigkeit von der Temperatur T sendet jeder Körper auf der Messfläche A eine bestimmte Leistung P infraroter Strahlung aus. Mit einer Temperaturänderung des Objekts geht eine sich ändernde Intensität der Strahlung einher. P A T 4 mit Stefan-Boltzmann-Konstante Der für diese Infrarotmesstechnik genutzte Wellenlängenbereich der Wärmestrahlung liegt zwischen etwa 8m und 14m. Die Intensität der emittierten Strahlung ist materialabhängig. Die materialabhängige Konstante wird als Emissionsgrad bezeichnet und ist für die meisten Stoffe bekannt. Infrarot-Thermometer sind optoelektrische Sensoren. Sie ermitteln die von einem Körper abgegebene Infrarotstrahlung und berechnen auf dieser Grundlage die Oberflächentemperatur. Die wohl wichtigste Eigenschaft von Infrarot-Thermometern liegt in der berührungslosen Messung. So lässt sich die Temperatur schwer zugänglicher oder sich bewegender Objekte ohne Schwierigkeiten bestimmen. Seite 8/14 Praktikum Fahrzeugbremse V2.1 4. Versuchsaufgabe 4.1 Theoretische Grundlagen 4.1.1 Eigenschaften der Reibpaarungen Der Reibbeiwert des Belagmaterials gegenüber der speziellen Gusslegierung der Trommel bzw. Scheibe beträgt zwischen 0,3 bis 0,5, um einerseits eine ausreichende Bremswirkung zu erhalten, andererseits aber den Verschleiß in Grenzen zu halten. Dieser Reibbeiwert sinkt prinzipiell mit zunehmender Temperatur. Diese Veränderung des Reibwertes sollte sich möglichst wenig auf das Bremsmoment der Radbremse auswirken, da während des Bremsvorganges die Reibpaarung stark erwärmt wird und die Bremswirkung nicht nachlassen soll (Vermeiden von Bremsfading). Zerlegt man die gesamte Belagoberfläche in kleine Flächenelemente, die von einem Teil der Normalkraft angepresst wird, ergibt sich eine diesem Teil zugehörige Reibkraft. Die Aufsummierung dieser Reibkraftteile multipliziert mit ihrem Reibhebelarm ergibt das Bremsmoment der Bremse. Werden alle Flächenelemente gleichmäßig angepresst, ergibt sich an jedem Element die gleiche Reibkraft und damit die gleiche Reibwärme. Daraus resultiert, dass in erster Näherung überall die gleiche Temperatur und damit der gleiche Reibwert vorhanden ist. Liegt jedoch ein Teil der Belagfläche nicht oder nur unzureichend an, steigt die Pressung der Restfläche und damit die Temperatur an. Über den abnehmenden Reibwert sinkt das Gesamtreibmoment. Moderne organisch-mineralische Reibbeläge weisen häufig zunächst einen Anstieg des Reibbeiwertes mit der Temperatur auf. Der Fadingeffekt erfolgt erst bei höheren Temperaturen. Das Verhalten der verschiedenen Bremstypen wird im Versuch durch den C*-Wert beurteilt. Dieser ist definiert zu: C* M S 4.1.2 Trommelbremse Die Trommelbremse (Bild 10) besteht aus einer drehenden Trommel, die innen die Reibfläche aufweist. Auf der feststehenden Bremsankerplatte sind die Bremsbacken mit den Belägen radial beweglich angeordnet. Ein hydraulischer Doppelzylinder spreizt die Enden der Backen mit der Spannkraft ST ST = pLeit. * ATBZ auseinander. Die beiden anderen Backenenden stützen sich dabei auf dem gleitsteinartigen Widerlager ab. Eine Haltefeder sorgt für eine sichere Anlage auch bei nicht betätigter Bremse. Die stärkere Rückzugfeder zieht die Beläge nach der Betätigung von der Trommel zurück. Als Anlage dienen die Einstellexzenter (in Bild 10 nicht dargestellt). Mit ihnen wird ein Lüftweg sTB von ca. 0,3 mm je Backe eingestellt. Dies bedeutet, dass bei erneuter Bremsung das Doppelte des Lüftvolumen VTB = sTB * ATBZ in den Radbremszylinder (Bild 11) einströmen muss, bis es zur Anlage der Backen an der Trommel kommt. Dies Volumen muss vom Kolben im Hauptbremszylinder verdrängt werden und bestimmt damit den Bremspedalweg. Seite 9/14 Praktikum Fahrzeugbremse V2.1 Die Rückzugfeder muss vom hydraulischen Zylinder bis zur Anlage der Bremsbacken gespreizt werden. Dazu ist die Vorspannkraft der Feder mit einem Druck von pFeder zu überwinden. Die tatsächliche Spannkraft an den Bremsbacken lautet dann: ST = (pLeit. – pFeder ) * ATBZ Bei der im Versuch verwendeten Simplex-Bremse arbeitet je eine Backe auflaufend und eine ablaufend (Bild 12). Unter einer auflaufenden Bremsbacke Bild 10: Aufbau der Trommelbremse versteht man die Backe, bei der die hydraulisch erzeugte Spannkraft dieselbe Richtung wie die Drehrichtung der Trommel aufweist. Wie das Bild zeigt, wird in diesem Falle die Spannkraft von der wirkenden Reibkraft verstärkt. Damit steigt mit der höheren Anpresskraft die Reibkraft wiederum an (Selbstverstärkung). Bei der ablaufenden Backe wirkt die Reibkraft der Spannkraft Bild 11: Radbremszylinder entgegen und reduziert damit die Anpressung und die Reibkraft Drehrichtung p (Selbstschwächung). S S Durch einen vereinfachten mathematischen Ansatz lässt sich dieser Zusammenhang an dem auflaufenden Backen nachfolgend verdeutlichen. Am Widerlager muss sich die Spannkraft S und die Reibkraft R abstützen. Diese Kraft ist wiederum für die Anpressung N des Backen an die Trommel verantwortlich. Nach dem Coulombschen Reibgesetz ergibt sich daraus die Reibkraft: N SR R N S R auflaufend ablaufend Reibkraft Bild 12: Wirkung der Trommelbremse Durch Umstellen nach der Reibkraft ergibt sich für den auflaufende Backen R S Seite 10/14 1 1 Praktikum Fahrzeugbremse V2.1 und analog für den ablaufenden Backen N SR R N S R R S 1 1 Der Bruchterm am Ende der Formeln drückt die Selbstverstärkung des auflaufenden und die Selbstschwächung des ablaufenden Backen aus. Durch Einsetzen eines Reibbeiwertes von =1 wird deutlich, dass die Reibkraft des auflaufenden Backen gegen Unendlich strebt, auch wenn gar keine Spannkraft vorhanden ist, während der Term der Selbstschwächung lediglich auf 0,5 sinkt. Damit wird deutlich, dass die Reibung am auflaufenden Backen stark progressiv verstärkt wird, während die Wirkung am ablaufenden Backen degressiv ist. In der Summe bleibt eine starke Selbstverstärkung übrig: der sogenannte Servoeffekt der Trommelbremse. Auf Grund dieser Servowirkung werden bei geringer Spannkraft bereits hohe Reibmomente erzeugt. Da diese jedoch von der Höhe des Reibbeiwertes abhängt, nimmt das Bremsmoment mit steigender Temperatur bei konstanter Spannkraft überproportional ab. Zusätzlich weitet sich die Bremstrommel bei Erwärmung konisch auf, da die Nabenseite in der Ausdehnung behindert ist. Durch die schlechtere Pressungsverteilung wächst das Bremsfading weiter an. 4.1.3 Scheibenbremse Im Gegensatz zur Trommelbremse werden die Bremsbeläge hier axial an die Seitenflächen einer rotierenden Scheibe angepresst. Da die Reibkräfte senkrecht zu den Spannkräften stehen, kann keine Servowirkung entstehen. Die offenlaufende Scheibe wird vom Fahrtwind besser gekühlt, allerdings weist die Bremsscheibe eine kleinere aufzuheizende Masse auf und wird damit bei gleicher Bremsleistung heißer. Die geringere Masse ist jedoch auch schneller abgekühlt. Ferner ist die Belagtemperatur höher, da dessen Fläche kleiner als bei der Trommelbremse ist. Da die Reibkraft keinen Einfluss auf die Zuspannkraft hat, ist der Fadingeffekt deutlich geringer. R S Bild 13: Festsattelbremse Im Versuch wird eine Festsattelbremse (Bild 13) verwendet. Der Sattel mit den Bremskolben ist feststehend. Auf jeder Seite presst ein Kolben die Beläge gegen die Scheibe. Damit die Bremsbeläge nach erfolgter Bremsung nicht an der Scheibe schleifen, muss auch hier ein Lüftweg sichergestellt werden. Die Berechnung des Lüftvolumens erfolgt wie bei der Trommelbremse. Durch die Form der Dichtmanschetten (Bild 14), die am Kolben haftend um ca. 0,15 mm nach außen gestülpt werden können ohne auf ihm zu gleiten, wird eine Rückzugkraft erzeugt. Die Manschette zieht bei entlasteter Bremse den Kolben zurück. Seite 11/14 Praktikum Fahrzeugbremse V2.1 Damit die Beläge nicht mit der Scheibe mitgenommen werden können, sind diese in radialen Schächten geführt. Wegen der zu erwartenden Wärmedehnung und dem Belagabrieb muss in jedem Schacht ein großes Spiel vorhanden sein. Die Kreuzfeder drückt die Beläge mittels der schrägen Anlagefläche einerseits in den Schacht hinein, um ein Klappern zu verhindern und andererseits nach außen von der Scheibe weg. Dies Zurückdrücken der Kreuzfeder ist sehr schwach und kann daher in der Berechnung vernachlässigt werden. Bild 14: Dichtmanschette 4.2 Versuchsdurchführung und Auswertung Der Ablauf der Versuche wird vom Abkühlverhalten der Bremsanlagen bestimmt. Zunächst wird die Scheibenbremse untersucht. Anschließend wird die Trommelbremse getestet. Alle Versuche laufen bei einer Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h ab. Die einzustellen Drehzahl des Gleichstrommotors ergibt sich zu: n = v *iGetr. * iDiff / (2 rdyn) = 1 / 0,016668 [km/h/min] 50 [km/h] = 2999,8 1/min Bei allen Messungen wird der eingestellte Leitungsdruck, die Stützkraft am Hebelarm und die Temperatur über der Zeit erfasst. Während der Messung wird der C*-Wert direkt berechnet und mit auf dem Bildschirm angezeigt. Zu Beginn der Messungen werden bei Betriebsdrehzahl ohne Betätigung der Bremsen die Stützkraftwerte zu Null gesetzt, um Schleppmomente der Lager aus den Messergebnissen zu eliminieren. 1. Thermisches Verhalten bis 150 °C Beide Bremsanlagen werden zunächst von Umgebungstemperatur auf 150 °C warm gebremst. Der Leitungsdruck wird bei der Scheibenbremse auf 25 bar und bei der Trommelbremse auf 50 bar eingestellt. Scheibenbremse mit 25 bar auf 150 °C Trommelbremse mit 50 bar auf 150 °C 2. Kennwert der Bremsen bei konstanter Temperatur Bei konstanter Temperatur von 150 °C wird der Leitungsdruck in 5bar-Stufen auf 25 bar (Scheibenbremse) bzw. 50 bar (Trommelbremse) gesteigert. Scheibenbremse in 5bar-Stufen auf 25 bar Trommelbremse in 5bar-Stufen auf 50 bar 3. Thermisches Verhalten bis zur Maximaltemperatur Wie bereits im ersten Teil wird nun bei der Scheibenbremse bis zur Belagtemperatur von 450 °C und bei der Trommelbremse bis 350 °C gebremst. Scheibenbremse mit 25 bar auf 450 °C Trommelbremse mit 50 bar auf 350 °C Zwischen den drei Messreihen einer Bremsenbauart wird die Datenerfassung unterbrochen und abschließend als ein File gespeichert. Bei der anschließenden Auswertung auf dem PC werden die C*-Werte über der Temperatur genauer betrachtet und die C*-Werte der Stufenmessreihe für die Betrachtung des Gesamtfahrzeuges gemittelt. Abschließend werden die Versuchsergebnisse nach EXCEL exportiert, um sie Ihnen zur Verfügung zu stellen (USB-Stick). Seite 12/14 Praktikum Fahrzeugbremse V2.1 4.3 Auswirkung der Ergebnisse im Fahrzeug Die gemittelten C*-Werte werden als typisch für das Verhalten im Fahrzeug festgelegt. Die Auswirkungen werden am Ende des Versuchs mittels eines kleinen ExcelProgramms ermittelt. 4.3.1 Beurteilung der Schleudergefahr Die Bremsanlage im Rekord D besteht aus 2 Scheibenbremsen an der Vorderachse und zwei Trommelbremsen an der Hinterachse. Da grundsätzlich aus Fahrstabilitätsgründen die Hinterachse nicht vor der Vorderachse blockieren darf und beide vom Hauptbremszylinder mit gleichem Leitungsdruck beaufschlagt werden, ist zu prüfen, ob diese Bedingung bei Leitungsdrücken von 5 bar, 40 bar und 100 bar eingehalten wird. Da die Bremskraft B am Schwerpunkt in der Höhe hs angreift, übt sie ein Zusatzmoment aus, das eine zusätzliche vordere Achslast G und eine gleich große Entlastung der hinteren Achse hervorruft. Der Abstand der Vorderachse l1 und der Hinterachse l2 vom Schwerpunkt ergibt sich aus den statischen Achslasten: l1 / l2 = GHA / GVA = mHA / mVA = 0,857 l = l1 + l2 = (0,857 + 1) * l2 = 2668 mm => l1 = 1231mm Die Momentenbetrachtung um den Aufstandspunkt der Hinterräder bei Bremsung liefert: B * hs + m * g * l2 - GVA * l = 0 GVA = m * g * l2 / l + B * hs / l GHA = m * g * l1 / l – B * hs / l oder G = B * hs / l Im Excelprogramm sind dazu folgende Berechnungsschritte hinterlegt: l2 = 1437mm B hs BHA BVA l2 l1 GHA GVA mg SSB = p * ASB STB = (p - pFeder) * ATB MSB/TB = C*SB/TB * SSB/TB USB/TB = MSB/TB / rdyn B = 2 * (USB + UTB) a=B/m G = B * hs / l GVA = mVA * g + G GHA = mHA * g - G erf,VA = 2 * USB / GVA erf,HA = 2 * UTB / GHA Wenn der an der Hinterachse erforderliche Reibbeiwert der Reifen höher als an der Vorderachse ist, wird die Hinterachse zuerst blockieren. Daher wird beim Rekord der Bremsdruck an der Hinterachse durch einen Bremsdruckregler reduziert. Der Bremsdruckbegrenzer weist folgende Werte auf: Seite 13/14 Praktikum Fahrzeugbremse V2.1 pHBZ = pVA pHA bar bar % 5 5 100 40 32 80 100 59 59 Diese veränderte Auslegung wird ebenfalls mit dem EXCEL-Programm überprüft. 4.3.2 Beurteilung der Bremsbarkeit verschiedener Anlagen Bei der Auslegung von Bremsanlagen wird typischerweise angenommen, dass der Fahrer eine komfortable Bremskraft von 300 N (30 kg) mit dem Fuß bei einem maximalen Pedalweg von 30 mm aufbringen kann. Zum Vergleich werden verschiedene Bremsanlagen aus den Messergebnissen zusammengestellt: Bremsanlage 1: Bremsanlage 2: Bremsanlage 3: vorn Scheiben, hinten Trommeln vorn u. hinten Trommeln vorn u. hinten Scheiben Zunächst wird vom Fahrerfuß ausgegangen. Da die Fußkraft in einer Richtung mit dem Weg liegt, kann von einer (fiktiven*) Arbeit des Fußes W ausgegangen werden: *fiktiv, weil mit zunehmendem Weg die Kraft zunimmt und nicht konstant ist wie in der Formel implizit angesetzt ist WPedal = FPedal * sPedal = 9000 Nmm In allen Radbremszylinder wird ebenfalls eine Arbeit verrichtet, die in der Summe der des Fußes entsprechen muß: WPedal = (p* ARBZ) * sLüft] = (p* ARBZ) * sLüft] Da der hydraulische Druck zunächst noch unbekannt ist, wird die Gleichung anders zusammengefasst: WPedal = p * (ARBZ * sLüft)] = p * VLüft] = pVLüft = 9000 Nmm Da die Lüftvolumen der einzelnen Bremszylinder berechnet werden können, kann aus dieser Gleichung der in allen Zylindern gleiche Leitungsdruck bestimmt werden: p = WPedal /VLüft Wie bereits bei den bisherigen Berechnungen zur Schleudergefahr ergibt sich mit dem nun bekannten Leitungsdruck die Bremsverzögerung über folgenden Weg: SSB = p * ASB STB = (p - pFeder) * ATB MSB/TB = C*SB/TB * SSB/TB USB/TB = MSB/TB / rdyn B = U Sofern diese Kräfte von den Reifen übertragbar sind, ergibt sich die maximale Verzögerung jeder Bremsanlage bei einem Gewicht des Opel Rekord D zu: a=B/m Die Ergebnisse jeder Bremsanlage werden hinsichtlich der technischen Ausrüstung von PKW’s diskutiert. 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