der reiter ist ausschlaggebend!

SPECIAL | SATTEL
A
ufs richtige Pferd setzen – auch wenn diese Redewendung ursprünglich aus dem Rennsport kommt, weiß
doch jeder Reiter, wie wichtig das ist. Sich richtig aufs
Pferd zu setzen, spielt in der Praxis allerdings eine mindestens
ebenso große Rolle für den reiterlichen Erfolg. Wer im falschen
Sattel sitzt, schadet langfristig nicht nur seinem Pferd, sondern
auch seinem eigenen Bewegungsapparat. Worauf es beim Sattelkauf ankommt, welche die häufigsten Fehler sind, und woran auch der Amateur erkennt, dass etwas nicht stimmt, weiß
Sattlermeister Frank Wohlhorn aus Alveskirchen im Münsterland. Ein Gespräch.
Frank Wohlhorn: Das ist nicht so einfach zu beantworten. Vor
allem ist das von Region zu Region unterschiedlich: In Gebieten, in denen es viele gute Sattler gibt, sind schlecht sitzende
Sättel weniger ein Problem als in eher dünn besiedelten Regionen. Ich tippe mal auf rund 30 Prozent, bei denen grundlegend
etwas nicht stimmt.
MP: Das sind fast ein Drittel aller Reiter! Eine große
Zahl. Was genau stimmt denn bei denen nicht?
D ER SATTEL
„DER REITER IST
AUSSCHLAGGEBEND!“
Frank Wohlhorn: Die Faktoren, die einen Sattel für eine bestimmte
Reiter-Pferd-Kombination ungeeignet werden lassen, sind vielfältig –
darum ist es ja so schwierig, einen guten, passenden Sattel zu finden.
Ob nun die Größe der Sitzfläche, die Länge des Sattelblatts oder die
Lage des Sattels auf dem Pferderücken, all diese Dinge sind gleichermaßen wichtig. Eine gute Beratung beim Sattelkauf ist daher unumgänglich. Wer daran spart, der spart am falschen Ende. Natürlich kann
man sich heute auch schon im Internet ein bisschen Wissen aneignen.
Aber die Anatomie des Pferdes ist so komplex, dass das in der Praxis
bei Weitem nicht ausreicht. Um einen exakt passenden Sattel zu finden,
braucht es jahrelange Erfahrung und fundiertes Wissen eines guten
Sattlers.
SATTLERMEISTER FRANK WOHLHORN
ÜBER PASSFORM, PAUSCHEN UND PRESTIGE
MP: Woran erkennt der Laie einen guten Sattler?
Frank Wohlhorn: Das ist tatsächlich gar nicht so einfach. Es gibt viele
Fachhändler, die zwar Sättel verkaufen, das Handwerk des Sattlers aber
nicht gelernt haben. Trotzdem fahren sie raus und passen Sättel an. Im
Einzelfall mag das auch gut gehen, grundsätzlich sollte man aber darauf achten, sich nur von einem ausgebildeten Sattler beraten zu lassen.
Denn leider ist es in der Realität doch wie in vielen anderen Bereichen
auch: Diejenigen, die die größten Reden schwingen, sind fachlich am
Ende oft die schlechtesten.
Foto: toffi-images.de
MP: Welches Problem begegnet Ihnen häufiger – dass der Sattel dem Pferd nicht passt oder dass er für den Reiter völlig
ungeeignet ist?
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I MECKLENBURGER PFERDE – 09 I 15
Frank Wohlhorn: Beides. Viele Reiter denken beim Sattelkauf nur an
ihre Pferde. Dabei ist der Reiter für den guten Sitz eines Sattels extrem
ausschlaggebend. Und dabei geht es wahrlich nicht nur um seine Statur. Vor einiger Zeit haben wir in Warendorf einen hochinteressanten
Test gemacht: Wir haben ein Pferd gesattelt und dabei eine Messmatte
unter den Sattel gelegt. Dann haben wir drei verschiedene Reiter auf
dem Pferd reiten lassen – einen Lehrling im ersten Lehrjahr, einen
Lehrling im dritten Lehrjahr und einen Pferdewirtschaftsmeister. Wir
hatten komplett unterschiedliche Druckergebnisse! Beim Lehrling aus
dem ersten Lehrjahr dachte man: Der Sattel geht gar nicht! Optisch
sah zwar alles soweit ganz gut aus, aber anhand der Matte konnten wir
Foto: Passier
MECKLENBURGER PFERDE: Herr Wohlhorn, was schätzen Sie: Wie viele Reiter reiten mit verkehrten Sätteln?
Ein gut sitzender Sattel mit leichter
Schabracke: der Schlüssel zum Erfolg!
extreme Spitzendruckpunkte im vorderen Bereich ausmachen, einfach
weil der Reiter nicht ausbalanciert auf dem Pferd saß. Beim Reiter aus
dem dritten Lehrjahr wurde es schon deutlich besser. Und beim Pferdewirtschaftsmeister war dann alles perfekt, der Sattel lag wie eine Eins.
Daran sieht man, dass das reiterliche Können für den Sitz eines Sattels
mindestens ebenso wichtig ist wie seine Größe und sein Gewicht oder
das Exterieur des Pferdes. Der Reiter ist ausschlaggebend. Wenn der
Sattler den Reiter verkehrt hinsetzt, dann kann selbst der beste Sattel
fürs Pferd zur Tortur werden. Doch auch die Sattler kommen oft an
ihre Grenzen: Bei einem Reiter etwa, der stark im Bügel steht, wird
man bei jedem Sattel einen Druckpunkt unterhalb der Sturzfeder ausmachen können – das kann der beste Sattler nicht verhindern. Dann ist
der Reitlehrer gefragt.
MP: Wenn Sie Sättel anpassen, schauen Sie dann auch danach,
wie der Reiter reitet?
Frank Wohlhorn: Ja klar, ich gucke immer, wie sich der Sattel in der
Bewegung verhält. Das ist auch ganz wichtig. Wenn ein Sattler darauf
keinen Wert legt, dann ist er meist auch kein guter. Außer man kennt
Reiter und Pferd, dann ist das natürlich etwas anderes.
MP: Die Figur spielt aber trotzdem eine Rolle, oder? Worauf
müssen denn zum Beispiel besonders kleine oder besonders
große Menschen beim Sattelkauf achten?
Frank Wohlhorn: Ja, natürlich. Ein Marcus Ehning wird sich kaum im
gleichen Sattel wohlfühlen wie ein Ludger Beerbaum. Wichtig ist auf
jeden Fall die Sitzfläche – es sollte immer noch eine knappe Hand breit
Platz sein, wenn man im Sattel sitzt. Mehr nicht, sonst rutscht man
09 I 15 – MECKLENBURGER PFERDE I
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SPECIAL | SATTEL
STATTEL | SPECIAL
Foto: Barefoot
Größe der Sitz­
fläche, die Länge des
Sattelblatts oder die
Lage des Sattels aus
dem Pferderücken - all
diese Dinge für einen
gut passenden Sattel
wichtig.
zu viel im Sattel herum. Gerade bei Springsätteln ist auch die richtige Winkelung des Beines wichtig: Sowohl das Sattelblatt als auch die
hintere Pausche müssen so beschaffen sein, dass das Bein auch über
dem Sprung gut liegt und nicht nach vorne über das Sattelblatt rutscht.
Dafür ist der richtige Vorschnitt ausschlaggebend. Für Prestige sind
wir in der Spitzenreiterbetreuung aktiv, und um beim Beispiel Ludger
Beerbaum zu bleiben: Wegen seiner sehr langen Oberschenkel benötigt er einen acht Zentimeter längeren Sattelvorschnitt als bei einem
Standard-Sattel der Fall. Große Reiter brauchen für einen korrekten
Sitz aber nicht nur ein etwas längeres Sattelblatt – durch ihre langen
Oberschenkel sitzen sie auch weiter hinten im Sattel und benötigen
dementsprechend auch eine größere Sitzfläche.
MP: Die Spitzenreiter lassen sich ihre Sättel aber ja auch alle
eigens anfertigen.
Frank Wohlhorn: Das stimmt, aber das heißt ja nicht, dass andere Reiter nicht auch die Möglichkeit dazu hätten. Das funktioniert bei allen
guten Herstellern in der Regel problemlos. Außerdem ist das Angebot
von verschiedenen Sätteln heute so groß, dass man für jede ReiterPferd-Kombination den richtigen Sattel finden kann.
perfekt auf alle Pferde passt. Dafür sind Wiederrist, Oberlinie und
Rumpfquerschnitt zu individuell ausgeprägt. Wie gesagt, sind mein
Team und ich für Prestige in der Spitzenreiterbetreuung aktiv. Ich
kümmere mich eher um die Dressurreiter, mein Partner ist für die
Springreiter verantwortlich. Bei den Springreitern ist es in der Regel so,
dass sie zwei Sättel mit unterschiedlichen Sattelkammern haben, eine
engere und eine eher weite. Helen Langehanenberg als Dressurreiterin zum Beispiel hat sogar drei verschiedene Größen. Wir treffen uns
regelmäßig und schauen, welcher Sattel auf welchem Pferd gut liegt.
Gerade bei den Profireitern ist dieses Thema aber ohnehin relativ unproblematisch, weil sie kleine Fehlerchen durch gutes Reiten und die
richtige Balance ganz einfach ausgleichen. Man glaubt es kaum, aber
für Amateure ist es deutlich wichtiger, einen perfekt sitzenden Sattel
zu haben.
MP: Also ist der ganze Hype, den viele Hobbyreiter oder gelegentliche Turnierreiter um ihren Sattel machen, durchaus
berechtigt?
Frank Wohlhorn: Ich sag’s mal so: Wenn ich mit älteren Menschen
spreche, beispielsweise Eltern von Kunden, dann höre ich oft: „Früher
ging das doch auch alles! Da haben wir unseren Stübben Siegfried auf
MP: Was sind die häufigsten Fehler, die Ihnen oder Ihren Kol- alle Pferde gepackt – und irgendwie lief das immer. Und heute macht
legen beim Sattelkauf begegnen?
man so ein Gewese um das Thema.“ Und das stimmt ja sogar: In meiner
Frank Wohlhorn: Wenn ich meine Kunden beim Sattelkauf berate, Anfangszeit, als ich noch bei Stübben war, gab es diesen ganzen Hype
dann sollten dabei eigentlich keine Fehler passieren (lacht). Die Feh- tatsächlich noch nicht.
ler entstehen eher an anderer Stelle: Ich erlebe häufig, dass die Leute
sich ein Pferd kaufen und auch einen Sattel eigens für dieses Pferd an- MP: Woran liegt denn das?
passen lassen. Dafür geben sie manchmal viel Geld aus. Ein paar Jahre Frank Wohlhorn: Ganz einfach: Das Reiten wird schlechter. Wer hat
später wird das Pferd verkauft, es kommt ein neues, und man scheut denn heute die meisten Sattelprobleme? Das sind die hobbymäßigen
die erneute Investition in einen Sattel. Das ist manchmal auch nicht Dressurreiter. Weil sie nicht mehr ordentlich im Gleichgewicht sitzen.
weiter schlimm, da sich viele Sättel problemlos an einen anderen Pfer- Tiefe Sitzfläche, dicke Pausche – die Reiter fühlen sich vielleicht besderücken anpassen lassen. Schwierig wird es aber, wenn der Sattel die ser eingerahmt, aber schwingen in der Hüfte nicht mehr mit und verGrenzen seiner Verstellbarkeit erreicht. Dann wird so lange daran he- hindern das indirekt so auch bei ihren Pferden. Wenn der Reiter sich
rumgebaut, bis er passt. Halbwegs zumindest. Da das aber nicht reicht, festmacht, macht es das Pferd schließlich auch. Früher lernte man das
Reiten in Vielseitigkeitssätteln – da musste man ganz automatisch auskommt es in diesen Fällen auf lange Sicht zu Problemen.
balanciert sitzen, egal ob man damit in einen Springparcours oder ins
MP: Das würde bedeuten, dass wirklich jedes Pferd einen ei- Dressurviereck geritten ist. Heute kauft so einen Sattel kein Mensch
genen Sattel benötigt. In Profiställen ist das aber doch gar mehr!
nicht realistisch – Verkaufspferde kommen und gehen. Wie
lösen die Profis das?
Frank Wohlhorn: Ja, prinzipiell gibt es tatsächlich keinen Sattel, der
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I MECKLENBURGER PFERDE – 09 I 15
MP: Lammfell, Kissen und Co. – kann eine gute Sattelunterlage einen schlechten Sattel ausgleichen?
Frank Wohlhorn: Schaden tut sie zumindest erstmal nicht. Sicherlich kann eine gute Sattelunterlage
auch den einen oder anderen Fehler ausgleichen.
Gelkissen beispielsweise wirken druckverteilend.
Grundsätzlich sollte ein guter Sattel immer auch
ohne dicke Unterlage funktionieren und mit einer
dünnen Schabracke gut auf dem Pferderücken liegen. Denn je dicker die Unterlage, desto weiter entfernt sich der Sattel vom Pferd und desto unstabiler
wird die Gesamtkonstruktion.
verschiedenen Punkten aus. So ist ein 17‘‘er Stübben
ein Jugendsattel, während ein 17‘‘er Passier gängige
Erwachsenengröße ist. Das ist alles nicht genormt.
MP: Sind Sättel grundsätzlich alle gleich aufgebaut?
MP: Muss es denn wirklich immer ein neuer
Sattel sein? Und dann auch noch ein teurer
Markensattel?
Frank Wohlhorn: Jeder Hersteller vertritt seine eigene Philosophie. Zum Beispiel Passier: Die setzen
zum einen auf einen Ledersattelbaum, bei dem die
Spannung durch Bambusstäbe erzeugt wird und
man richtig dicht am Pferd sitzt. Da das jedoch
sehr hochpreisig ist, gibt es mittlerweile von Passier
meist Sattelbäume aus Kunststoff. Prestige fertigt
ebenfalls Sättel mit Kunststoffbäumen. Stübben
und die ganzen britischen Hersteller arbeiten mit einem Stahlfederbaum und gespannten Gurtbändern,
die für die nötige Schwingung sorgen.
MP: Beim Sattelkauf wichtig sind auch Größenangaben wie Kammerweite oder Sitzfläche. Was sagen diese wichtigsten Kennzahlen über einen Sattel aus?
Frank Wohlhorn: Die Kammerweite wird in Zentimetern zwischen den Ortspitzen gemessen, das
sind die Verlängerungen des Sattelbaums im vorderen Bereich. Der Abstand dazwischen beschreibt
die Kammerweite. Von Hersteller zu Hersteller
schwankt sie allerdings stark: Für dasselbe Pferd
benötigt man bei Passier eine 27,5 Zentimeter breite Kammer, bei Stübben sind es 30 und bei Prestige
sogar 33 Zentimeter, so unterschiedlich gewinkelt
und verschieden lang sind die Ortspitzen. Die Sitzfläche wiederum wird in Zoll gemessen, aber von
MP: Das macht es nicht gerade leicht für den
Laien, mal eben bei ebay einen gebrauchten
Sattel zu kaufen.
Frank Wohlhorn: Nein, aber davon rate ich sowieso
ab. Ein Sattelkauf ist zu wichtig, als dass man an dieser Stelle sparen sollte.
Frank Wohlhorn: Nein, neu muss er ganz und gar
nicht immer sein. Es gibt sehr gute gebrauchte Sättel,
man muss nur den richtigen finden, der sich durch
kleine Veränderungen an das eigene Pferd anpassen
lässt. Dabei hilft einem keine Suchmaschine, aber
ein erfahrener Sattler hat meist schnell eine Idee,
wonach er suchen muss, wenn er das Pferd einmal
gesehen hat. Die Frage nach dem Markensattel
beantworte ich hingegen mit einem klaren Ja. Bei
der Pferdeausrüstung sollte man an der Qualität
niemals sparen. Es geht schließlich um die eigene
Sicherheit und die Gesundheit von Reiter und Pferd.
Wer nicht ganz so viel Geld ausgeben kann oder der
will, der sollte lieber einen gebrauchten Markensattel kaufen als einen neuen geringerer Qualität.
Langfristig amortisiert sich ein Markensattel übrigens fast immer: Bei richtiger Pflege hält er schließlich durchaus 30 Jahre und mehr.
MP: Das heißt, ich kann auch das Glück haben,
dass Uropas Schätzchen auch heute noch auf
dem Pferderücken funktioniert?
Frank Wohlhorn: Das könnte durchaus sein, auch
wenn es doch eher unwahrscheinlich ist. Die Technik ist heute deutlich weiter als noch vor 50 Jahren.
Ein Sattel ist innen mit Wolle gefüllt, mittlerwei-
BAREFOOT
Besondere Ausstattung
Nicht einfach nur schön, sondern auch besonders ausgestattet mit
einem 3-Layer VPS® System ist unser Sattelmodell Notting Hill - nur
solange Vorrat reicht! Das 3-Layer VPS® System gewährleistet noch
mehr Schutz vor Druck unter der Steigbügelriemenaufhängung. Damit
eignet sich der Sattel nicht nur ideal zum Springen, sondern auch für
schwerere Reiter, tagelange Wanderritte und andere Belastungen. Der
Sattel wird aus schokoladenbraunem, weichem Softleder gefertigt - in Kombination mit mandelfarbenem, pflegeleichtem DryTex® Material. Naturfarbene,
dichte Webpelzunterseite, 6 D-Ringe. Gepolsterte Knieauflage; die darunterliegenden Pauschen sind klettbar und frei positionierbar. Der Wechselzwiesel (in Gr. Mittel) ist wie bei allen
Barefoots austauschbar. Weitere Features: flexibel in allen 3 Dimensionen (X,Y,Z), kein Druck und
damit keine Einschränkung des Muskulaturaufbaus, frei positionierbare Sicherheits-Steigbügelaufhängung, flexible V-Gurtung, pferdenahes und komfortables Sitzgefühl im Schwerpunkt des Pferdes,
Gewicht nur ca. 5 kg, Farbkombination: Schoko/Mandel, Sitzgrößen: 1, 2 und 3.
09 I 15 – MECKLENBURGER PFERDE I
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Foto: toffi-images.de
SPECIAL | SATTEL
STATTEL | SPECIAL
Auch der Kauf eines
gebrauchten Sattels kann
sinnvoll sein.
Es sollte sich aber um ein
Markenprodukt handeln.
le verwenden die Hersteller als Abtrennung zum Leder eine dünne
Schicht aus Schaumstoff oder Filz, um den Druck besser zu verteilen.
Das hatten die Sättel damals natürlich noch nicht. Dafür hatten sie ihren Schwerpunkt noch deutlich weiter hinten. Heute wollen wir mehr
aus dem Rücken raus und den Schwerpunkt tendenziell in den vorderen Bereich verlegen. Je weiter man nach vorne auf die Muskulatur
kommt, desto mehr Tragkraft hat das Pferd. Aber klar, natürlich kann
man Glück haben, und auch einen alten Sattel so aufbereiten, dass er
für das jeweilige Reiter-Pferd-Paar gut passt. Grundsätzlich haben Sättel kein Verfallsdatum.
MP: Die Spoga steht vor der Tür. Einige Veränderungen haben
Sie gerade schon angesprochen. Folgen auch Sättel einer gewissen Mode? Lassen sich Trends ausmachen?
Frank Wohlhorn: Zum Glück nicht! (lacht) Veränderungen verlaufen
hier eher langsam. Im Springen etwa geht es weg von den ganz flachen
Sätteln und denen, in denen das Reiterbein zwischen den Pauschen
komplett eingezwängt ist. Modern ist ein guter Mittelweg, und das ist
gut so. Auch bei den Dressursätteln hat sich etwas getan, die Sitzfläche
ist nicht mehr ganz so tief wie noch vor ein paar Jahren. Über die Gründe sprachen wir ja bereits. Das Exterieur der modernen Sportpferde
vor einem Pferd steht, sieht man, dass das rechte Schulterblatt ein paar
Zentimeter häufig weiter nach vorne geschoben ist als das linke. Warum das so ist, das weiß keiner, aber es ist eben so. Diese Dinge können
sich schnell potenzieren: Man steigt immer nur von links auf, gurtet
nur auf der linken Seite nach statt richtigerweise auf beiden Seiten,
fällt dann beim Reiten noch nach links, das Pferd ist vielleicht auch
noch ein bisschen hohl auf dieser Seite, und schon kippt die gesamte
Konstruktion nach links rüber ...
spielt für die Entwicklung guter Sättel ebenfalls eine tragende Rolle:
Pferde sind im Laufe der Jahre zum Beispiel kürzer geworden, und
auch die Schulterblätter haben sich verändert. Darauf haben die Hersteller reagiert. Vor 50 Jahren gingen viele Pferde noch vor dem Wagen,
ihr Körper war voll auf Zugkraft ausgerichtet. Bei den modernen Dressurpferden verläuft das Schulterblatt deutlich senkrechter. Also wurde
nach und nach auch die Winkelung des Sattelblatts etwas nach hinten
gesetzt. Viele Reiter legen ihren Sattel noch so aufs Pferd, wie sie es
von früher kennen: viel zu weit nach vorne. Aber der Sattel hat hinterm
Schulterblatt zu liegen! Da die Pferde immer kürzer werden, muss man
auch darauf achten, dass der Sattel nicht zu weit nach hinten kommt.
Der 18. Brustwirbel trägt den letzten Rippenbogen, nach gegenwärtigen Erkenntnissen sollte der Sattel über diesen nicht hinausgehen.
Das Problem bei all diesen Aussagen ist jedoch, dass der Rücken eines
Pferdes in der Bewegung medizinisch noch viel zu wenig erforscht ist.
Man kann in der Bewegung weder eine Szintigrafie durchführen noch
ein Röntgenbild aufnehmen. Man geht also lediglich davon aus, dass
es hinter dem 18. Brustwirbel instabil wird. Sicher ist: Wenn ein Sattel
zu lang ist und der Reiter zu weit hinten sitzt, dann gibt es langfristig
Probleme.
Foto: privat
MP: Gibt es Faktoren, an denen auch der Laie erkennen kann,
ob sein Sattel richtig liegt?
Der Fachmann
Frank Wohlhorn ist Sattlermeister aus Leidenschaft. 1996
absolvierte er nach Lehrjahren bei Stübben in Krefeld seine
Prüfung mit Auszeichnung – im Alter von gerade einmal 23 Jahren. Damit war er der jüngste Sattlermeister überhaupt. Zuvor
hatte er schon eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann
abgeschlossen. Vielleicht liegt ihm das Handwerk im Blut: Auch
sein Großvater war Sattlermeister gewesen. Beste Bedingungen
also für die erfolgreiche Übernahme des durch seinen Vater
aufgebauten Reitsportfachgeschäfts in Alveskirchen, das heute
zu den größten in Westfalen zählt.
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I MECKLENBURGER PFERDE – 09 I 15
Frank Wohlhorn: Ein bisschen was kann man tatsächlich selbst erkennen. Ganz wichtig ist eine genügend große Kammerweite. Hat das
Pferd wunde Stellen am Widerrist, ist sie definitiv zu klein. Der Schwerpunkt zum Beispiel muss richtig sein, also ungefähr in der Mitte des
Sattels. Wenn man den Sattel auf das Pferd legt, darf er nicht kippeln
und sollte sicher in der Mittelpositur liegen. Vorne in die Kammer sollten bei einem normal gebauten Pferd auch unter Reiterbelastung zwei
Finger bequem reinpassen. Bei Blütern oder sehr schmalen Pferden
ist das schon wieder etwas anders, das muss man im Einzelfall sehen.
Die Sattelkissen an der Unterseite des Sattels müssen der Wirbelsäule
des Pferdes genügend Freiraum gewähren, mindestens sechs Zentimeter. Ist der Abstand zu gering, kommt es schnell zu Rückenproblemen.
Auch eine genügende Schulterfreiheit ist wichtig. Und natürlich sollte
der Sattel gerade liegen und nicht zu einer Seite herüberhängen. Jedes
Pferd hat seine gute und seine schlechte Seite, und genau das gleiche
gilt auch für den Reiter. Die meisten Rechtshänder etwa knicken in der
Hüfte leicht nach links ein, bei Linkshändern ist es genau andersherum. Und auch Pferde haben anatomische Besonderheiten: Wenn man
MP: ... und es kommt langfristig zu Problemen. Was für Folgen hat denn ein unpassender Sattel sowohl für den Reiter
als auch fürs Pferd?
Frank Wohlhorn: Beim Reiter sind es in erster Linie Verspannungen, die durch einen falschen Sitz entstehen. Pferde bekommen im
schlimmsten Fall Sattel- oder Gurtdruck. Wenn das Pferd sich beim
Satteln untypisch verhält, also giftet, beißt oder etwas in der Art, ist
das die höchste Alarmstufe und spätestens dann sollte man einen
Experten zu Rate ziehen. Vielleicht ist der Wirbelkanal zu eng, der
Schwerpunkt zu weit hinten, oder, oder, oder. Generell sollte man einen Sattel einmal im Jahr vom Fachmann kontrollieren lassen. Beim
jungen Pferd darf die Frequenz sogar halbjährlich sein, weil sich Pferde gerade am Anfang ihrer sportlichen Laufbahn noch stark verändern.
Das gleiche gilt übrigens für Stuten nach einer Geburt oder für genesende Pferde nach einer Kolik. Es ist Wahnsinn, wie sich die Pferde
nach solchen Ereignissen zum Teil massiv verändern!
MP: Was sagen Schweißbilder über die Passform eines Sattels aus?
Frank Wohlhorn: Auch das lässt sich leider nicht verallgemeinern.
Allein anhand dieser kann ein Laie nicht erkennen, ob sein Sattel gut
passt, denn sie sind von Pferd zu Pferd unterschiedlich. Früher hat
man gesagt, die Schweißverteilung muss möglichst gleichmäßig sein.
Aber da heute der Schwerpunkt weiter vorne liegt, hat sich das auch
verändert. Wenn ich eine Faustregel benennen soll: Meine Erfahrung
ist, dass Pferde sehr gut laufen, wenn sie unter der Sturzfeder einen
nierenförmigen Abdruck haben. Dann ist der Rücken schön frei, und
das ist meist gut.
MP: Welche Fragen sollten sich Reiter stellen, bevor sie sich
an Sie oder einen anderen Sattler wenden, um einen Sattel
zu kaufen?
Frank Wohlhorn: Welche Disziplin möchte ich reiten? In welcher
Preislage kann und will ich investieren? Muss es ein neuer Sattel sein,
oder kommt auch ein gebrauchter für mich in Frage? Wie gut reite ich?
Hat mein Pferd Handicaps? Gab es vielleicht schon einmal Diagnosen,
vor allem im Bereich des Rückens? Wenn der Käufer sich über diese
Dinge im Klaren ist, reicht das völlig aus. Alles andere, Größen, Maße
und Passform, ist dann eine Frage der Beratung. Das ist dann mein Job.
Der Andere:
ira-Steigbügel
nnn Der Elastikanteil der ira-Steigbügel lindert
Schmerzen in Sprunggelenk, Knie, Hüfte und Rücken
bzw. lässt diese komplett verschwinden. Eingeschlafene Füße gehören dank der breiten Auftrittsfläche
der Vergangenheit an. Kinder verlieren die ira-Steigbügel deutlich seltener, da sie durch die spitzen Pyramiden der Trittflächen weniger Kraft brauchen um
den Bügel am Fuß zu halten. Gleichzeitig verbessert
sich der Sitz der Kinder. ira-Steigbügel sind herrlich
bequem und durch die Farben modern und unkonventionell. Ihre persönliche Gravur verleiht dem iraSteigbügel Individualität.
Weitere Infos unter www.ira-steigbuegel.de.
MP: Herr Wohlhorn, ich danke Ihnen für das Gespräch!
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