Schon wieder mit heißer Nadel gestrickt! Der Entwurf

Schon wieder mit heißer Nadel gestrickt!
Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
und anderer Gesetze
Der am Montagabend von Frau Nahles vorgelegte Gesetzesentwurf geht weit über die
Vereinbarung im Koalitionsvertrag hinaus. So gibt es weder Ausnahmen für Zeiträume
nach dem TzBfG oder dem BEEG noch gibt es eine Tariföffnungsklausel für die
Zeitarbeitsbranche. Ebenfalls die tarifpartnerschaftlich erreichten equal pay Lösungen
über Branchenzuschläge werden nicht hinreichend beachtet. Die Regelung zur
Abgrenzung von Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung geht komplett an der
Realität und den Bedürfnissen der deutschen Wirtschaft vorbei, widerspricht in großen
Teilen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) und schafft damit
unnötig erhebliche Rechtsunsicherheit!
Die Beschränkung der Tariföffnungsklausel auf tarifgebundene Unternehmen stellt
darüber hinaus einen schwerwiegenden Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit
gemäß Art. 9 GG dar!
1. „Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer können künftig bis zu einer
Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten bei einem Entleiher eingesetzt werden.
In einem Tarifvertrag der Einsatzbranche oder aufgrund eines solchen Tarifvertrags
in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung können abweichende Regelungen
vereinbart werden. In tarifgebundenen Unternehmen sind damit längere
Einsatzzeiten von über 18 Monaten möglich.“
 Die Beschränkung der Überlassungsdauer auf 18 Monate überrascht aufgrund der
Vereinbarung im Koalitionsvertrag wenig. Äußerst bedenklich ist jedoch, dass
diese im Arbeitsrecht systemwidrige Zeitgrenze nicht für andere Gesetze wie das
TzBfG (2 Jahre) oder das BEEG (3 Jahre) geöffnet wird. Untragbar ist jedoch, dass
die (Tarif –) Eigenständigkeit der Branche Zeitarbeit negiert wird. So ist eine
Tariföffnungsklausel nur für einen Tarifvertrag der Einsatzbranche vorgesehen.
Und dies auch nur dann, wenn das Einsatzunternehmen tarifgebunden ist. Dies ist
ein Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit gemäß Art. 9 GG.
2. „Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer werden nach neun Monaten
hinsichtlich des Arbeitsentgelts mit den Stammarbeitnehmerinnen und –
arbeitnehmern beim Entleiher gleichgestellt (Equal Pay). Soweit für das
Arbeitsverhältnis ein (Branchen-) Zuschlagstarifvertrag gilt, der eine stufenweise
Heranführung des Arbeitsentgelts an Equal Pay vorsieht, besteht der Anspruch auf
Equal Pay erst nach einer Einsatzdauer von zwölf Monaten.“
 Auch die Einführung von equal pay nach 9 Monaten war abzusehen. Neu ist die
Zeitgrenze von 12 Monaten im Falle der Geltung von Branchenzuschlägen. Hiermit
soll wohl versucht werden, den Eingriff in bestehende tarifvertragliche Strukturen
etwas abzumildern. Insgesamt ist rechtlich gegen eine equal pay Regelung nichts
einzuwenden. Die Verknüpfung mit einer Überlassungshöchstdauer widerspricht
aber klar der Zeitarbeits-Richtlinie, da es nicht zugunsten des Zeitarbeitnehmers
ist, wenn ein Gesetz ihm verbietet, die equal pay Bezahlung länger als 9 Monate zu
erhalten.
3. „Einführung
eines
neuen
§
611a
Vertragstypische
Pflichten
beim
Arbeitsvertrag
(1) Handelt es sich bei den aufgrund eines Vertrages zugesagten Leistungen um
Arbeitsleistungen, liegt ein Arbeitsvertrag vor. Arbeitsleistungen erbringt, wer
Dienste erbringt und dabei in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist
und Weisungen unterliegt. Wenn der Vertrag und seine tatsächliche Durchführung
einander widersprechen, ist für die rechtliche Einordnung des Vertrages die
tatsächliche
Durchführung
maßgebend.
(2) Für die Feststellung, ob jemand in eine fremde Arbeitsorganisation
eingegliedert ist und Weisungen unterliegt, ist eine wertende Gesamtbetrachtung
vorzunehmen. Für diese Gesamtbetrachtung ist insbesondere maßgeblich, ob
jemand
a. nicht frei darin ist, seine Arbeitszeit oder die geschuldete Leistung zu gestalten
oder
seinen
Arbeitsort
zu
bestimmen,
b. die geschuldete Leistung überwiegend in Räumen eines anderen erbringt,
c. zur Erbringung der geschuldeten Leistung regelmäßig Mittel eines anderen
nutzt,
d. die geschuldete Leistung in Zusammenarbeit mit Personen erbringt, die von
einem
anderen
eingesetzt
oder
beauftragt
sind,
e. ausschließlich oder überwiegend für einen anderen tätig ist,
f. keine eigene betriebliche Organisation unterhält, um die geschuldete Leistung
zu
erbringen,
g. Leistungen erbringt, die nicht auf die Herstellung oder Erreichung eines
bestimmten Arbeitsergebnisses oder eines bestimmten Arbeitserfolges gerichtet
sind,
h. für das Ergebnis seiner Tätigkeit keine Gewähr leistet.
 Der im Gesetzentwurf enthaltener Kriterienkatalog unterstellt das Vorliegen von
Arbeitsverhältnissen, bei denen bisher ganz typische Dienst- oder Werkverträge
durch selbständige Unternehmen angenommen werden. Darüber hinaus
widersprechen vor allem die Punkte b. und c. der Rechtsprechung des BAG, das in
vielen Urteilen eine klare Abgrenzung zwischen Werkvertrag und
Arbeitnehmerüberlassung vorgenommen hat. Die Durchbrechung dieser
ausgeklügelten Rechtsprechung durch die gesetzliche Einführung von 8
stereotypen Kriterien ist praxisfremd und wird erhebliche Rechtsunsicherheit mit
sich bringen.