Erfahrungsbericht Praktikum PJ Kanada St. John`s 2015

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Erfahrungsbericht Auslandspraktikum & Abschluss-/Studienarbeit
Persönliche Angaben
Studiengang an der FAU:
Humanmedizin
E-Mail:
[email protected]
Gasteinrichtung:
Memorial University of Newfoundland, St. John‘s
Gastland:
Kanada
Art des Aufenthaltes (z.B.
Praktisches Jahr Medizin
Praktikum)
Aufenthaltszeitraum
Halbes Tertial Mai/Juni 2015
(WS, SS oder Jahr):
1. Vorbereitung (Planung, Organisation und Bewerbung)
2. Anreise (Flug, Bahn), Visum, Anmeldeformalitäten vor Ort
3. Unterkunft (Wohnheim, privat)
4. Praktikum/ Abschlussarbeit (Beschreibung der Tätigkeit)
5. Betreuung an der Gasteinrichtung
6. Ausstattung der Gasteinrichtung (eigener Arbeitsplatz, Kantine)
7. Alltag & Freizeit (Sehenswertes, Kulinarisches, Geld-Abheben, Handy, Jobs)
8. Finanzielles (Lebenshaltungskosten, Stipendien)
9. Interkulturelles (Was ist z.B. beim Umgang mit Kollegen im Gastland zu
beachten?)
10. Fazit (beste und schlechteste Erfahrung)
11. Wichtige Ansprechpartner und Links
1.
Ein Tertial in Kanada zu absolvieren erfordert viel Planung und bietet erheblichen
Organisationsaufwand. Der Bewerbungsprozess hat sich seit meiner Bewerbung von
Seiten der Gastuniversität erheblich geändert, daher ist der Bericht nur grob als
Leitfaden zu sehen.
Die Bewerbung an der MUN ist frühestens 9 Monate vor dem geplanten Tertialbeginn
zu tätigen und es ist hilfreich früh dran zu sein da der E-Mail Kontakt zu den Beamten
in Kanada sehr zäh sein kann und man oft Wochen auf einen Einzeiler wartet. Es
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gibt ein Online Portal der Medizinischen Fakultät zum Thema „Visiting Electives“
Welches alle Anforderungen für die Bewerbung auflistet.
Von Aufwand sind folgende:
- Bewerbungsformular
- Immunization record (Man muss einen Röntgen Thorax oder einen negativen
Tuberkulin Haut Test nachweisen)
- Anmeldungsgebühren
- Bewerbung bei der Landesärztekammer (CPSNL) für Aufenthalt
- Visum für Heilberufe
Meine Bewerbung musste ich damals noch Schriftlich mit allen relevanten Unterlagen
für die Uni per Brief einschicken. Das dauert ca. 2-3 Wochen per Post, die Antwort
kam ungefähr nach 6-8 Wochen. Nunmehr gibt es eine Onlinebewerbung die
nochmals Geld kostet aber den Postweg spart.
Den Tuberkulin Hauttest oder das Röntgen Thorax kann man üblicherweise beim
Lungenfacharzt vor Ort machen. Ein Interferon Test wird denke ich auch akzeptiert.
Nach der Zusage kann man sich bei der Landesärztekammer anmelden, dies sollte
man laut Uni so schnell wie möglich tun. Die Bewerbung wird allerdings erst 6
Wochen vor Tertialbeginn bearbeitet, daher nur nicht den Mut verlieren wenn keine
Rückmeldung kommt.
Für Heilberufe braucht man ein Einreisevisum, die Gebühren für das Visum entfallen.
Die Medizinische Vorsorgeuntersuchung kann man nur bei sehr wenigen Ärzten in
Deutschland durchführen lassen. Ich musste dafür nach München und die
Untersuchung kostete ca. 250 Euro.
Es ist sinnvoll erst nach der Erstzusage der Uni das Visum und CPSNL anzugehen.
2.
Anreise: Der Flug liegt üblicherweise zwischen 600-900 Euro und dauert mit
Umsteigen knapp einen Tag. St. John’s hat -4.5 Stunden Zeitverschiebung zu
Deutschland.
Vor Ort ist die Infrastruktur sehr eingeschränkt. Es gibt ein Busnetz was verglichen
mit Deutschen Verhältnissen nicht für den Alltag taugt. Der erste Bus fährt meist
nach Arbeitsbeginn und da es so wenige Busse gibt fahren sie oft im Zick-Zack durch
die Stadt um möglichst viele Haltestellen zu erreichen.
Züge gibt es in Neufundland gar nicht.
Für die meisten Studienbesucher rentiert sich daher ein Fahrrad. Die Universität
bietet ein „Bike-share“ an, man kann hier für 20 Dollar ein Fahrrad für ein Jahr
mieten. Auch kann man das Fahrrad dort reparieren/reparieren lassen. Das Angebot
ist unschlagbar.
3.
Unterkunft:
Die Uni stellt Gastmedizinern kein Zimmer zur Verfügung, allerdings eine Liste
privater Angebote für Studenten. Ansonsten sind die Websites Kijiji und NLclassifieds
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unentbehrlich, hier habe ich mein Zimmer gefunden. Für eine Einzelunterkunft muss
man sicher 500 $ im Monat rechnen, eher mehr. Ich habe mit meiner Freundin ein
Zimmer in einer vierer WG mit geteilter Küche für 700 $ bekommen und wir hatten
die günstigste Miete der Gaststudenten.
Da man wie gesagt entweder mit Fahrrad oder mit den Bussen zurechtkommen
muss bietet sich eine Wohnung in der Nähe der Uni an.
4. + 5. +6.
PJ
Der erste Tag beginnt mit einer Führung durch das Krankenhaus. Oft gibt es mehrere
deutsche PJer gleichzeitig. Das Praktikum hier ist sehr gut organisiert. Chirurgische
Studenten arbeiten ca. 6.15-17 Uhr, Innere ca. 9-16.30 Uhr. Das Arbeitstempo ist
sehr bequem und die Stimmung auf der Arbeit sehr warmherzig. Die übliche
Hierarchie aus Deutschland gibt es kaum. Blut abnehmen ist in Kanada
Schwesternarbeit und auch sonst gibt es quasi keine Laufjobs für Studenten. Meine
Aufgaben waren Patientenbetreuung und Anordnungen auf Station sowie Konsile
anderer Fachrichtungen zu begutachten.
Generell legen die Kanadier deutlich mehr Wert auf medizinischen Unterricht. Ich
hatte jeden Tag in der Mittagspause 1 Stunde interaktiven Unterricht.
Eine richtige Kantine gibt es nur auf dem Papier. Das Krankenhaus hat eine
Cafeteria mit einem Tim Hortons (wie McCafe) und ein Fastfood Restaurant. Hier gibt
es Pizza, Pommes und Frontcooking, allerdings sind die Preise für ein Mittagessen
bei 9 $. Die meisten Studenten nehmen sich etwas zu essen von Zuhause mit.
Mikrowellen stehen überall.
7.
Alltag:
Neufundlands Landschaftliche Schönheit ist atemberaubend und wenn man Wildlife
und Outdoor interessiert ist, ist die Insel ein Paradies. Es ist essentiell die Zeit hier im
Sommer zu verbringen da das Wetter besser ist und die meisten Naturspektakel auf
die warmen Sommermonate begrenzt sind.
Ein paar nennenswerte Highlights:
- Wale
- Eisberge
- Puffins
- East Coast Trail (ein Muss!)
- Gros Morne Nationalpark (ein Muss!)
Es lohnt sich an den Wochenenden immer wieder ein Auto zu mieten. Dies kostet
ca. 100 $ (70 Euro) pro Tag. Der East Coast Trail ist eine Wanderroute mit vielen
Abschnitten und ist von der Landschaft sagenhaft.
Wenn man den Studienaufenthalt mit einem Urlaub verbinden möchte ist der
Gros Morne Nationalpark das beste Ziel. Die Wandertrails dort sind unfassbar
schön.
Kulinarisch ist Kanada leider ein schwarzes Schaf. Fish & Chips ist hier
Nationalgericht, daher wird alles frittiert was in die Fritteuse passt. Man kann sich von
den Einheimischen aber ein paar Geheimtipps geben lassen. Besonders schön ist
das zu buchende Picknick am Ferryland Leuchtturm.
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In St. John’s gibt es die George Street, eine Straße wo sich Pub an Pub reit. Das Pub
Essen ist oft gut aber teuer.
Bezahlen kann man hier fast überall mit Kreditkarte, Geld umtauschen vor dem
Aufenthalt ist nicht von Nöten. Die Örtlichen Gebühren für Geld abheben sind ein
paar Dollar + die Gebühren der Bank in Deutschland.
Da das Kanadische Mobilnetz anders ist als das Deutsche funktionieren nicht alle
Deutschen Handys in Kanada. Ich habe mich letztendlich gegen ein Prepaid Handy
entschieden und bin damit gut gefahren. Fast alle Cafés und viele Läden bieten
gratis WLAN an und man kommt so recht gut zurecht. Im Krankenhaus gibt es in der
Cafeteria auch WLAN.
8.
Finanzielles
Der Aufenthalt in Kanada ist eine sehr kostspielige Angelegenheit. Die Bewerbung
mit ärztlichem Attest usw. hat mich ca. 400-500 Euro gekostet. Der Flug waren 800
Euro. Der Kanadische Dollar ist weniger wert als der Amerikanische, man darf sich
von den Preisen nicht verwirren lassen. Allerdings werden die Produktpreise in den
Läden fast immer ohne MwSt. angegeben und an der Kasse kommt dann noch was
dazu.
Lebensmittel in Kanada sind teurer als in Deutschland, insbesondere frische Waren
wie Milch, Käse und Fleisch. Man kann die Preise ungefähr mit den Skandinavischen
Ländern vergleichen.
9. Interkulturelles
Was sofort auffällt ist die Kanadische Freundlichkeit und Distanzlosigkeit. Es liegt an
der Tagesordnung in der Einkaufsschlange Small Talk mit Fremden zu führen und
jeder bietet unaufgefordert seine Hilfe an. Auch der Umgang mit Kollegen und
Patienten ist viel persönlicher.
10. Fazit
Die Zeit in Neufundland war eine der tollsten meines Lebens und ich will die
Erfahrung hier auf keinen Fall missen. Das Praktikum war außerordentlich gut und
die Freundlichkeit der Leute wirklich erfrischend.
Was mich am meisten begeistert hat ist die Kanadische Natur. Die Küstenabschnitte
sind der Wahnsinn und die Wandermöglichkeiten unfassbar.
Der Aufenthalt hier war auf jeden Fall die Kosten und Mühen wert, die jedoch nicht zu
unterschätzen sind. Ich kann es aber jedem empfehlen.
11.
Links:
PJ Seite der Uni mit allen wichtigen Infos zur Bewerbung.
http://www.med.mun.ca/UGradME/Visiting-Students/Applicants-from-Non-CanadianNon-LCME-Accredited-M.aspxhttp://www.med.mun.ca/UGradME/VisitingStudents/Applicants-from-Non-Canadian-Non-LCME-Accredited-M.aspx
http://www.kijiji.ca
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