............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................. DONNERSTAG, 21. MAI 2015 SEITE 4 ............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................. Schleswig-Holstein / Hamburg FDP will mehr Freiheit für die Hochschulen Die einen sprechen von gelungener Hochschulpolitik, die anderen von einer „Bankrott-Erklärung“: Während Wissenschaftsministerin Kristin Alheit (SPD) ihr Engagement zur Unterstützung der Hochschulen hervorhob, erntete sie aus den Reihen der OppositionsFraktionen im Landtag gestern scharfe Kritik. Die Regierung habe im Nachtragshaushalt keinerlei zusätzliche Mittel für die Hochschulen bereitgestellt, kritisierte CDU-Abgeordneter Volker Dornquast und forderte mehr finanzielle Sicherheit für die Unis. „Anstatt das Blaue vom Himmel zu versprechen, sollte die Landesregierung lieber für eine vernünftige Grundfinanzierung der Hochschulen sorgen“, sagte Piraten-Abgeordneter Uli KIEL ANZEIGE Arthrosamin Gelenkkapseln Nahrungsergänzung für gesunde Muskeln und Gelenke mit 500mg Glucosamin und 400 mg Chondroitin pro Kapsel In jeder Kapsel zusätzlich hochdosiertes Vitamin D, C und K. 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Der Entwurf sieht vor, dass das Personal vom Land in den Dienst der Hochschulen übergeht, die damit eigene Beamte bekämen. „Die Hochschulen brauchen mehr Freiräume und Eigenverantwortung“, sagte FDP-Abgeordneter Christopher Vogt. Die Regierung und die übrigen Fraktionen äußerten ihre Bedenken gegenüber dem Gesetzesentwurf. Die Hochschulen sollten nicht den Mechanismen des Marktes überlassen werden, sagte Ministerin Kristin Alheit. „Was hier als Freiheit benannt wird, ist für mich eher ein Rückzug aus der politischen Verantwortung.“ Sie halte es für problematisch, die Hochschulen zu Dienstherren zu machen, während das Land weiterhin Beihilfe- und Versorgungsleistungen für das Personal erbringen müsste. mal Piraten fordern grenzenloses Fernsehen Der rasante Zuwachs an Windkraft-Anlagen soll erst einmal gebremst und so besser gelenkt werden. DPA Neues Gesetz soll Wildwuchs bei Windkraft verhindern Bau neuer Anlagen wird für zwei Jahre verboten – und nur im Ausnahmefall vom Land erlaubt KIEL Schleswig-Holstein auf neuen Wegen zur Energiewende: Der Bau weiterer Windkraftanlagen soll danach für zwei Jahre untersagt, Ausnahmen aber zugelassen werden. Die Landesregierung hat dazu gestern einen Gesetzentwurf im Landtag eingebracht. Koalition und CDU wollen die Novelle schon am Freitag beschließen. Zwar gibt es rechtliche Bedenken, ob dieser juristisch bisher beispiellose Kurs durchzuhalten ist; Klagen gegen die Gesetzesnovelle werden daher nicht ausgeschlossen. Piraten und FDP kritisierten zudem das Eilverfah- ren; eine ausführliche Beratung findet nicht statt. Befürworter dagegen wollen mit der Neuregelung den Ausbau der Windkraft ermöglichen, zugleich einen Wildwuchs verhindern. Das Parlament reagiert mit dem Gesetz auf Urteile, mit denen das Oberverwaltungsgericht Schleswig die bis dahin zum Ausbau der Windkraft geltenden Regionalpläne gekippt hatte. Der eingeschlagene Weg sei Antwort auf eine besondere Situation und kein Versuch, das Parlament zu umdribbeln, sagte Ministerpräsident Torsten Albig (SPD). Verfassungsrecht- liche Bedenken seien intensiv geprüft worden und aus Sicht der Regierung ausräumbar. Nicht nur Redner von SPD, Grünen und SSW stützten den Kurs der Regierung. Auch die oppositionelle CDU-Fraktion will der Novelle morgen zustimmen. „Das Ergebnis kann sich sehr gut sehen lassen“, urteilte CDU-Fraktionschef Daniel Günther. An die Adresse der FDP, mit der die Union die vom OVG verworfenen Regionalpläne vor Jahren auf den Weg gebracht hatte, sagte Günther, es reiche nicht, rechtliche Bedenken vorzutragen und keine eigenen Vorschläge zu unterbreiten. „Da wünsche ich mir etwas mehr „German Mut“, sagte Günther in Anspielung auf den jüngsten Parteitagsslogan der Liberalen. FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki warf der CDU im Gegenzug vor, die Funktion als Kontrollorgan der Regierung völlig zu verfehlen. Ohne ausreichende parlamentarische Beratung könne die FDP dem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Ähnlich äußerte sich der Pirat Torge Schmidt. Eine ordentliche Ausschussberatung sei unabdingbar, sagte Schmidt. Peter Höver KIEL Das Echo schwankte zwischen Beifall und Skepsis. Die Piraten wollen Sendungen von ARD, ZDF oder NDR im Internet auch der deutschen Minderheit in Dänemark zugänglich machen. Ob das rechtlich möglich ist, blieb im Landtag gestern umstritten. Was den Piraten vorschwebt: Das so genannte Geoblocking an der deutsch-dänischen Grenze soll fallen. Es verhindert, dass Internet-Nutzer auf Mediatheken ausländischer TV-Sender zugreifen können. „Durch Geoblocking werden alte Grenzen in Europa künstlich zementiert“, sagte der Pirat Uli König. Die Landesregierung müsse das Thema in den Rundfunkräten und bei der dänischen Regierung anstoßen. Redner anderer Fraktionen zeigten sich zurückhaltend. „Das geht nicht einfach per Parlamentsbeschluss in Kiel“, so Axel Bernstein (CDU). Wenn öffentlich-rechtliche Sender Beiträge frei verfügbar ins Internet stellten, seien höhere Lizenzgebühren fällig, hieß es. Nötig sei eine Lösung auf europäischer Ebene. Uneingeschränkter Zuspruch für den Vorschlag der Piraten kam lediglich vom SSW. Ministerpräsident Torsten Albig sagte zu, das Gespräch mit dem NDR zu suchen. Gesprächen mit der dänischen Regierung prophezeite er geringe Erfolgsaussichten, da die Auffassung der dänischen Nachbarn zum Urheberrecht wesentlich strenger sei. Auf europäischer Ebene wird das Thema bereits diskutiert. Die EU-Kommission will bis zum ersten Halbjahr 2016 Vorschläge für eine neue Regelung erarbeiten. mal .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Untergang auf Raten Ein KZ-Kommandant beschwert sich – Wie die Briten Rudolf Höß aufspürten Deutschland vor 70 Jahren. Der Zweite Weltkrieg ist verloren, die Gesamtkapitulation unterschrieben. Doch es gibt ein Nachspiel. Am 9. Mai 1945 meldet der einzige verbliebene Reichssender in Flensburg das „Schweigen der Waffen“ an allen Fronten. Aber noch bis zum 23. Mai bleibt die letzte Reichsregierung unter Hitler-Nachfolger Dönitz im Amt. Untergang und Neuanfang, Niederlage und Befreiung, Verzweiflung und Hoffnung bestimmten die Tage. In unserer zwölfteiligen Serie besuchen wir mit Historiker Prof. Gerhard Paul Orte, an denen das Ende auf so unterschiedliche Weise deutlich wurde. Es sind oft unscheinbare Erinnerungsorte, an denen Kriegsverbrecher abzutauchen versuchten, Marineschiffe versenkt, angebliche Deserteure immer noch hingerichtet wurden oder KZ-Häftlinge auf dem Weg in die Freiheit waren. DAS DORF GOTTRUPEL liegt etwa zwölf Kilometer westlich von Flensburg. Es ist Mittagszeit. Wenige Menschen sind auf der Straße oder in den Gärten. Wir fragen nach dem ehemaligen Hof von Bauer Peter Hansen. Kopfschütteln. „Der Hof, in dem einst Rudolf Höß untergetaucht sein soll“, ergänzen wir. „Ach der. Das ist das Haus dort hinten“, antwortet der Passant. „Geschichten wie die von Höß bleiben im kollektiven Gedächtnis“, sagt Prof. Gerhard Paul. Der Kriegsverbrecher stand ganz oben auf der Fahndungsliste des militärischen Geheimdienstes der britischen Armee, den Field Security Sections (FFS), die am 13. Mai 1945 die Rudolf Höß in britischem Gewahrsam im März/April 1946 in Heide. Sein Gesicht ist später noch deutlich von den Schlägen seiner britischen Verfolger gezeichnet. YAD VASHEM/JERUSALEM Ortstermin: Prof. Gerhard Paul besucht in dieser Serie Stätten der Erinnerung an die letzten Tage des „Dritten Reiches“ – hier in Gottrupel bei Flensburg, wo KZ-Kommandant Rudolf Höß nach Kriegsende untergetaucht war. STAUDT ersten Verhaftungen in Flensburg vornahmen. Rasch schnellten die Festnahmen auf mehrere Tausend Personen, vor allem SS-Angehörige. Höß, SS-Obersturmbannführer und KZ-Kommandant von Auschwitz, war nicht darunter. „Die Briten setzten ein Fahndungsteam an, das von Hanns Alexander geleitet wurde, einem Berliner Juden, den die Eltern noch rechtzeitig vor den Nazis in Sicherheit und nach England bringen konnten. Dort meldete sich der inzwischen erwachsene Emigrant nach dem D-Day am 6. Juni 1944 freiwillig zur britischen Armee“, schildert Paul, während er den Hof in Gottrupel zu identifizieren versucht. Er wird inzwischen nicht mehr landwirtschaftlich genutzt und wurde in Wohnungen umgebaut. Da Alexander perfekt Deutsch sprach – es war schließlich seine Muttersprache –, recherchierte er sorgfältig im Umfeld von Höß und dessen Ehefrau. Im Frühherbst 1945 bekam die FSS Brunsbüttel einen Hinweis, dass die Frau in der Zuckerfabrik in St. Michaelisdonn arbeitete. Bei ihrer Vernehmung erklärte sie, nichts über den Verbleib ihres Ehemanns zu wissen, doch stießen die britischen Fahnder während der Durchsuchung ihrer Habseligkeiten auf eine Postkarte ihres in Flensburg lebenden Bruders. War er der abgetauchte Ehemann? Die FFS Flensburg schlug zu, doch der Festgenommene war tatsächlich der Bruder und wurde wieder freigelassen. Hanns Alexander, der jüdische Emigrant in der britischen Armee, fahndete jedoch weiter – und war im März 1946, fast ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, am Ziel. „Wie Höß schließlich entdeckt wurde, bleibt widersprüchlich“, sagt Prof. Paul. Eine Quelle besage, dass der ehemalige Auschwitz-Kommandant „durch Zufall“ auf dem Hof in Gottrupel aufgespürt und der britischen Militärpolizei übergeben worden sei. „Eine andere Quelle kommt zu dem Ergebnis, dass Höß‘ Ehefrau unter Androhung, ihren Sohn nach Sibirien zu deportieren, in britischem Gewahrsam Decknamen und Aufenthaltsort ihres Mannes an Alexander preisgegeben hat“, schildert der Historiker. Für Paul bleibt es erstaunlich, wie weitgehend rechtsstaatlich und korrekt die Briten bei der Verhaftung der gesuchten SS-Männer vorgegangen seien. Doch ausgerechnet der Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz, in dem Hunderttausende unschuldiger Menschen – vor allem Juden – ermordet wurden, be- schwerte sich bei den Alliierten über seine Festnahme: „Am 11. März (1946), 23 Uhr wurde ich verhaftet… Da ich beim ersten Aufschrecken aus dem Schlaf auch noch annahm, es handele sich um einen der dort häufig vorkommenden Raubüberfälle, gelang die Verhaftung. Es wurde mir übel zugesetzt durch die Field-Security-Police. Ich wurde nach Heide geschleift, ausgerechnet in die Kaserne, in der ich von den Engländern acht Monate vorher entlassen worden war.“ Tatsächlich hatte Höß sich bei Kriegsende ebenfalls nach Flensburg durchgeschlagen. Dort erhielt er ein Soldbuch unter falschem Namen und wurde entsprechend als „Franz Lang, Bootsmaat der Marine“ eingekleidet. Zunächst machte er sich nach Rantum auf Sylt zur Marinenachrichtenschule auf. Diese wurde Ende Mai einschließlich des falschen Bootsmaats nach Brunsbüttel verlegt. Einen Monat später wurde Franz Lang alias Höß als Landwirt vorzeitig nach Heide zur britischen Entlassungsstelle überführt. So landete er schließlich auf dem Hof von Bauer Peter Hansen in Gottrupel, der noch in alliierter Kriegsgefangenschaft war. „Nach Angaben von Nachbarn gehörte Höß praktisch zur Familie, beschäftigte sich oft mit den Kindern und war fleißig und hilfsbereit“, erzählt Gerhard Paul. Im Dorf habe er sich sogar als Schriftführer bei Gemeinderatssitzungen nützlich gemacht.Prof.Paul:„Daswartypisch für die SS-Kriegsverbrecher. Auf der einen Seite waren sie Massenmörder, auf der anderen Seite verkörperten sie die deutschen Sekundärtugenden, waren treusorgende Familienväter, fleißig und strebsam.“ Die Bäuerin, der Höß als Verwalter ihres Hofes zugewiesen wurde, schilderte den KZ-Kommandanten so: „Er sah eigentlich nett aus. Haare schlicht zurückgekämmt, höflich, bescheiden – und er war fleißig. Immer hat er gearbeitet! Und er saß abends oft über Büchern.“ Anders als viele andere Nazi-Größen beging Höß keinen Selbstmord. Seine Giftphiole, die viele SS-Angehörige mit sich trugen, sei zwei Tage vor seiner Verhaftung zerbrochen, sagte er aus. Ansonsten enden viele Tätergeschichten mit dem Selbstmord–angefangenbeiHitler,HimmlerunddemNS-Propagandaminister Goebbels. Höß musste sich weltlichen Richtern stellen, allerdings nicht vor dem Nürnberger Kriegsverbrecher-Tribunal. Er wurde am 25. Mai 1946 von den Briten an Polen ausgeliefert und dort ein Jahr später zum Tod am Strang verurteilt. Die Hinrichtung fand im Lager Auschwitz statt, dort, wo er selbst zum Massenmörder geworden war. Sein Ledermantel und und seine Aktentasche blieben bei der Verhaftung in Gottrupel zurück. Mit der Tasche gingen Kinder später in die Schule, der Mantel hängt heute im Magazin des Flensburger Museums. Stephan Richter > Lesen Sie morgen, wie britische Bomber in derEckernförderBuchteinSchiffmitjüdischen KZ-Insassen beschießen und Anwohner zur Rettung eilen.
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