1 Bahnhof 2 Timmerhuis 1 2 3 Markthal 3 4 4 Cube Houses 5 Kunsthal 6 De Rotterdam Nach der Bombardierung Rotterdams durch die deutsche Luftwaffe 1940 war die Innenstadt fast vollständig zerstört. > 5 Rathaus Rotterdam 6 Heute ist das Timmerhuis ein letzter Baustein des jahrzehntelangen Wiederaufbaus. Fotos oben: OMA Gestapelte Kisten in rigidem Raster: Das Timmerhuis im Zentrum der Hafenstadt fügt sich als Mixed-Use-Komplex in die experimentelle Stadtlandschaft Text Sebastian Spix Fotos Ossip van Duivenbode Lars und Katrine finden das kürzlich fertiggestellte Timmerhuis von OMA im Zentrum Rotterdams „schrecklich“. Bei einem Heineken in Blufs Bar, gegenüber vom Neubau, echauffieren sie sich: „Die Architekten behaupteten, sie würden eine Wolke bauen. Haben sie aber nicht.“ Zum Abschied ruft mir Lars nach: „Ich mag keine Rechtecke!“ Schnell ist man am Vortag der offiziellen Eröffnung mitten in der Diskussion um das neue Rathaus der im zweiten Weltkrieg fast völlig zerstörten niederländischen Hafenstadt. Die vorangegangenen Berichterstattungen waren gespickt mit polarisierender Kritik: Da wurde einerseits von einem „Wirklichkeit gewordenen Tetris-Spiel“ (derstandard.at) und von einem „Pixelregen“ (lemonde.fr) gesprochen, andererseits von einem „spektakulären Fehler“ (theguardian.com). Um die Kakophonie und den Ärger der Nachbarn zu verstehen, hilft ein Blick zurück auf den siegreichen Wettbewerbsentwurf von 2009. Die Stadt Rotterdam schrieb damals den Wettbewerb für einen Mixed-Use-Bau aus, der mehr als nur ein Rathausgebäude sein sollte. Eine außergewöhnliche Typologie, die Büros, Gewerbe, Wohnen und eine zentrale, öffentliche Halle vereinen sollte. Der Altbau war zu klein geworden. Außerdem war die Stadt bestrebt, die auf 14 Standorte verteilte Stadtverwaltung auf vier zu konzentrieren. Das neue Timmerhuis sollte direkt an den Altbau andocken, um 1800 kommunale Mitarbeiter der Lizenz-, Kultur- und Sportabteilung sowie zentraler Dienste und Callcenter zu beherbergen. Zehn Minuten vom Timmerhuis entfernt befinden sich die Markthal von MVRDV und die Cube Houses von Piet Bloom. Das als Wolke konzipiert Rathaus schließt direkt an das alte Stadstimmerhuis an. Visualisierung: OMA 14 THEMA Bauwelt 8.2016 Bauwelt 8.2016 60 Meter hoch gestapelt OMA konzipierte in der Heimatstadt von Rem Kool haas ein modulares Gebäude, das, von der Straße zurückgesetzt, in zwei unregelmäßige Türme aufgeschichtet sein sollte. Als wären un- THEMA 15 12 9 Die Halle wird von den beiden Längsseiten betreten. An den umlaufenden, gebogenen Glaspaneelen lässt sich das ursprüngliche Konzept nachvollziehen. Foto: Sebastian van Damme; Grundrisse Maßstab 1:500 12 9 11 11 11 12 9 11 9 11 11 9 12 12 9 10 9 3. Obergeschoss 0 5. Obergeschoss 6. Obergeschoss 10 6 9 9 7 2 1 1 13 8 9 9 3 4 9 9 5 zählige Container vom Hafen an den L-förmigen Bestand geschwemmt worden, stapelten sich im Modell die sogenannten Pixel zu einem beinahe 60 Meter hohen „Frachter“ in den Himmel. Durch die unregelmäßige Schichtung der Quader zeichnete sich in den damaligen Renderings noch ein luftiges Stahlkonstrukt mit einer beinah stützenlosen, zentralen Agora (dem „City Shop“) ab. Die Visualisierung zeigte das Gebäude tatsächlich als eine plastische Wolke, die über dem Erdgeschoss zu schweben schien und sich mit seiner modularen Bauweise subtil an das bestehende Stadstimmerhuis aus dem Jahr 1953 anschloss. 8 1 Eingang Galerie 8 Atrien 2 Zugang Wohnungen 9 Büros 3 Zugang Büros 4 Museum 5 9 Erdgeschoss 16 9 1. Obergeschoss THEMA 2. Obergeschoss Bauwelt 8.2016 10 Terrasse für Beamte und Bewohner 5 Shops/Läden 1 1 Wohnungen 6 Einfahrt Tiefgarage 12 Terrassen der Bewohner 7 Café 13 Halle Bauwelt 8.2016 Nach dem Wettbewerbsgewinn überarbeitete OMA den Entwurf wegen eines Fehlers bei der Berechnung der Flächen und reduzierte diese um ein paar Tausend Quadratmeter, die Stadt distanzierte sich aus „Kostengründen“ von dem großzügigen Marktplatz im Erdgeschoss. Konkurrierende Büros monierten die „unrealistische“ Kostenschätzung für den komplexen Siegerentwurf. Diesen Vorwurf entkräftete OMA. Die Nachjustierung hatte allerdings Auswirkungen auf das Konstruktionssystem – eine dreidimensionale Vierendeel-Stahl-Struktur. In Zusammenarbeit mit den Tragwerksplanern Pieters Bouwtechniek entwickelten die Architekten eine Struktur aus einfachen Stahlstreben, die lediglich um Diagonalen ergänzt werden musste. Das simple und flexibel addierbare Stahlskelett ermöglichte eine schnelle Errichtung innerhalb von sechs Monaten. Durch die Zeitersparnis konnte mehr Aufwand in die Ausarbeitung der Details gesteckt werden. Die veranschlagten Kosten in Höhe von 85 Millionen Euro wurden eingehalten. THEMA Im Inneren überrascht der 48.400 Quadratmeter große Koloss durch Großzügigkeit und Transparenz. Man betritt das Gebäude durch Glasvorhänge an der West- oder Ostseite. Die gebogenen Glaselemente der Eingänge lassen die seitlich aufsteigende Kistenstruktur nicht schwebend, aber losgelöst vom öffentlichen Entree erscheinen. Hinter diesem Vorhang findet man sich in einer großen öffentlichen Passage wieder. Die knapp zwölf Meter hohe Eingangshalle verbindet das Gebäude einerseits mit der Coolsingel-Fußgängerzone und dem zentralen Laurens-Quartier, andererseits dient sie als öffentlicher Platz und Verteiler zu den nichtöffentlichen Obergeschossen. Sie bildet das Gebäudezentrum und ist gleichzeitig ein Treffpunkt für Beamte, Flaneure und Bewohner. Tageslicht strömt durch zwei große Atrien. Diese sind durchgängig in die quadratische Struktur mit 7,2 Metern Kantenlänge „eingesteckt“. Sie ermöglichen Blickbeziehungen zwischen den Geschossen und unterstreichen das Entwurfsleitmotiv Mixed-Use. Im Erdgeschoss 17 Architekten Die 3850 Tonnen schwere Stahlkonstruktion aus Vierendeel-Trägern wurde während der Ausführung mit Diagonalen ergänzt, um mehr Momentenkräfte aufnehmen zu können OMA, Rotterdam; Reinier de Graf Projektarchitekten Alex de Jong, Katrien van Dijk Mitarbeiter Philippe Braun, Jorge Campos, Clarisa Garcia-Fresco, Elle Gerdeman, Maaike Hawinkels, Sebastian Janusz, Andrew Linn, Elida Mosquera Martinez, Débora Mateo, Sarah Moylan, Takeshi Murakuni, Ross O‘Connell, Vitor Oliveira, Ryan Peeters, Cock Peterse, Mafalda Rangel, Deborah Richmond, Peter Rieff, Carolien Schippers, Saskia Simon, Magdalena Stanescu, Tom Tang, Sakine Dicle Uzunyayla, Mark Veldman, Lucia Zamponi, Grisha Zotov Bauleitung ABT, Velp Tragwerksplanung Pieters Bouwtechniek, Amsterdam Bauunternehmer Heijmans Bauherr Stadt Rotterdam Hersteller Glas Saint-Gobain, Interpane Oberlichter Brakel Atmos Auf den Obergeschossen entfalten sich räumliche Vielfalt und Flexibilität: Anstelle abgeschlossener Büroboxen fließen Arbeitsund Verkehrszonen ineinander des Neubaus befinden sich ein Café und das Museum für Stadtgeschichte; im Altbau sind zu den Straßen gerichtete Shops angeordnet. Flankiert wird die Halle jeweils von zwei Erschließungskernen. Durch eine interne Schleuse und mit einer Chipkarte erlangt man Zugang zu den Aufzügen und Treppenhäusern. Die Räume der Behörde erstrecken sich über die ersten vier Geschosse des Alt- und die ersten fünf des Neubaus auf 25.400 Quadratmetern. Ein gemeinschaftlicher nutzbarer Dachgarten dient im fünften Obergeschoss als Begegnungsort für Bewohner und Angestellte. Auf den Geschossen der Behörde entfaltet sich die räumliche Vielfalt und Flexibilität des Konzepts: Anstelle abgeschlossener Büroboxen wurden ineinanderfließende Arbeits- und Verkehrszonen eingerichtet. Offene Treppen verbinden die einzig von Besprechungsbereichen, Sitzgruppen, Schließfächern und Teeküchen gegliederten Geschosse. Durch großen Fensterflächen zum Atrium und zur Galerie öffnen sich die Geschosse zueinander. Um die Kommunikation unter den Mitarbeitern zu fördern und dem sich in den Niederlanden stark verbreitenden Teilzeitarbeitsmodell Rechnung zu tragen, hat niemand einen festen Arbeitsplatz. Jeder Mitarbeiter hat einen eigenen Spind, in dem seine Unterlagen lagern. Jeden Tag muss man sich einen Schreibtisch suchen. Insgesamt 1800 Mitarbeitern stehen 1200 Arbeitsplätze zur Verfügung. Hell strahlt der Eingang des Timmerhuis zwischen den beiden erhaltenen Gebäuden, der Post und dem Stadswinkel, in den Coolsingel Foto: Sebastian van Damme 18 THEMA Bauwelt 8.2016 Bauwelt 8.2016 Oben: Im Bestandsgebäude befinden sich kleinere Büros. Mitte/unten links: Jeder Mitarbeiter hat einen Spind und sucht sich in der offe- THEMA nen Bürostruktur immer einen neuen Platz. Unten rechts: Das Café in der Eingangshalle Foto Mitte und oben: Sebastian van Damme 19 Modularität als Werkzeug zur Improvisation Bettina Schürkamp im Gespräch mit OMA-Partner Reinier de Graaf Nutzungsmischungen prägen OMA-Projekte seit vielen Jahren. Entwürfe wie Byzantium (1985) oder das Hyperbuilding (1996) wurden publiziert, blieben aber unrealisiert. Mit De Rotterdam (2013) u nd dem Timmerhuis (2015) haben Sie in Rotterdam zwei Projekte mit gemischter Nutzung fertiggestellt. Welche Bedeutung hat Mixed-Use in Ihren aktuellen Projekten? Seit den achtziger Jahren experimentieren wir bei OMA mit Mixed-Use. Erst jetzt werden sie gebaut. Solange unsere Ideen unerprobt waren, blieben viele Auftraggeber skeptisch. Gerade bei kommerziellen Projekten assoziieren Projektentwickler mit neuen Konzepten hohe finanzielle Risiken. Wenn Sie dann ein Gebäude erfolgreich realisieren, ändert sich alles – es entsteht Vertrauen und eine Nachfrage. Heute fördert die Stadt Rotterdam mit ihrer Stadtentwicklungspolitik Mixed-Use, um neue Wohnangebote im Stadtzentrum zu schaffen. Bei vielen neuen öffentlichen Gebäuden werden Wohnungen hinzuaddiert, sodass Neubauten oft mit mindestens zwei Nutzungen entstehen. Darüber hinaus gewinnen Mixed-Use-Konzepte auch bei Bauherren an Attraktivität, weil sie bei der Zertifizierung von Nachhaltigkeit bevorzugt werden. Die Behörde behält sich vor, Räume bei einer eventuellen Schrumpfung zu vermieten. Auch die Wohnungen mit insgesamt 12.000 Quadratmeter Fläche sind flexibel konzipiert. Nur 6 von insgesamt 84 Wohnungsgrundrissen sind identisch. Rau mit Estrich, Stahlträgern und Aluminiumfenstern ausgestattet, setzt sich die Glasfassade auch in den Wohngeschossen fort. Alle Glasscheiben der Kisten sind mit einem Punktmuster als Sonnenschutz bedruckt. Für die Appartementhülsen entwickelte OMA unterschiedliche Wohntypen, die von ihren Bewohnern individuell ausbaubar waren. Durch die versetzte Stapelung ergeben sich erstaunliche große, bis zu 45 Quadratmeter messende Terrassen. Sie sind wahlweise als Einzel- oder Gemeinschaftspixel nutzbar und bilden einen über 20 den Dächern Rotterdams ungewöhnlichen Außenbereich mit Weitblick. Einziger Wermutstropfen des ansonsten bis ins Detail gelungenen Projekts ist das Fehlen von Sozialwohnungen, die zu Projektbeginn eingeplant waren. Alle Wohnungen wurden vom Partner-Bauherrn der Stadt, dem Bauunternehmen Heijmans, als Eigentumswohnungen verkauft, zu für Rotterdam moderaten Preisen: Der Fotograf Ossip van Duivenbode erwarb 3 Pixel (zwei zum Wohnen mit je 50 Quadratmetern, einen Außenbereich mit 45 Quadratmetern) für 370.000 Euro. Zwischen Reihenhaus und Büroturm In experimenteller Anlehnung an die gewölbte Markthal von MVRDV und an Piet Blooms Cube THEMA Houses sowie zwei Jahre nach Fertigstellung der vertikalen Kleinstadt De Rotterdam realisierte das Team um Reinier de Graaf eine neuartige HybridGroßstruktur. Auch wenn es nur Eigentumswohnungen gibt und man auf den „City Shop“ im Erdgeschoss verzichtete – das Timmerhuis ist kein „spektakulärer Fehler“. An einer städtebaulichen Schnittstelle scheint der neuartige Mixed-UseBau in der widersprüchlichen Entwicklung der größten europäischen Seehafenstadt, zwischen Reihenhäusern der Nachkriegszeit und Bürotürmen der siebziger und achtziger Jahre mehr als nur Arbeiten und Wohnen zu durchmischen: Im Gegensatz zum unbelebten De Rotterdam fügt sich das rigide durchrationalisierte Kistenkonglomerat des Timmerhuis lebendig in die herrlich unaufgeräumte Stadtlandschaft Rotterdams. Bauwelt 8.2016 naissance sind mit über 500.000 Quadratmetern um ein vielfaches größer als das Timmerhuis mit 45.000 Quadratmetern. Wie ein Mikrokosmos beinhalten solche Komplexe Büros, Wohnungen, Handel, Hotels und Kulturangebote. Sie funktionieren wie Mini-Städte. Die Gebäude kompensieren die Abwesenheit der eigentlichen Stadt und werden so zu einem kleinen Stück Urbanismus. Mit dem Commonwealth Institute errichten Sie zurzeit einen Komplex mit Kulturangeboten und Wohnungen in London. Wie unterscheiden sich die Bedingungen für Mixed-Use in den beiden Städten? In England haben wir gemischte Nutzungskonzepte bei vielen Gelegenheiten vorgestellt. Leider lehnten die Projektentwickler Mixed-Use-Konzepte lange als zu riskant ab. Der Erfolg der Immobilienwirtschaft beruht auf detaillierter Ortskenntnis, welche Stadtquartiere in den nächsten fünf Jahren boomen werden. Während Architekten global operieren, übernehmen Projektentwickler nur zögerlich internationale Trends. Mit der Veröffentlichung „Project Japan. Metabolism Talks …“ schlossen AMO, Rem Koolhaas und Hans Ulrich Obrist 2009 ein mehrjähriges Forschungsprojekt ab. Welche Spuren hat die japanische Architektengruppe, die durch das Manifest „Metabolismus 1960“ und die Weltausstellung in Osaka 1970 bekannt wurde, im Entwurf für das Timmerhuis hinterlassen? Auch wenn der Metabolismus für uns eine Quelle der Inspiration war, besteht dennoch ein großer Unterschied. Die Metabolisten entwickelten raumgreifende, modulare Systeme, die mit ihren Prinzipen oft das Umfeld verdrängten. Wir hingegen nutzen eine ähnliche Formensprache und die Idee der Modularität als Werkzeug für eine Improvisation, die das städtische Umfeld in die Konzeption einbezieht. Mit der Anmutung von gestapelten Quadern entwickelten wir beim Timmerhuis ein Thema weiter, das OMA schon seit dem Wettbewerb für das Rathaus von Den Haag im Jahr 1986 verfolgt. Auch wenn dieser Entwurf nicht gebaut wurde, hat er die Evolution unserer Ideen mit einer Ästhetik des Zufalls nachhaltig geprägt. Unsere Form der geplanten Wahllosigkeit ermöglicht immer neue Anpassungen. Denn wie bei einer Miniatur-Skyline oder Miniatur-Stadt ändern Vergrößerungen und Verkleinerungen das äußere Erscheinungsbild kaum. Dennoch verfügt auch das Timmerhuis über formale Perfektion, verborgen im Inneren. Inspiriert durch die Drahtrastermodelle von Sol LeWitt, beruhen die Umrisse der zwei Atrien auf Quadern. Das Timmerhuis und das Commonwealth Institute sind von gewachsenen Stadtquartieren umgeben. Wie unterscheiden sich diese europäischen MIxed-Use-Projekte von Konzepten, die Sie von 2006 bis 2008 für den Mittleren Osten entwickelt haben? Die Gebäude Al Faisaliah II in Riad und Dubai Re- Im Vergleich zu früheren Projekten wie der Kunsthal Rotterdam besteht das Timmerhuis vorwiegend aus wiederholten Elementen. Deutet dies auf eine neue Entwicklung hin? Standardisierung, Neutralität, Veränderbarkeit – das Timmerhuis zählt zu einer Typologie, die wir „generisch“ nennen und die ich besonders ver- Bauwelt 8.2016 Reinier de Graaf studierte Architektur an der TU Delft und am Berlage Institute in Rotterdam. Seit 1996 arbeitet er bei OMA mit Rem Koolhaas zusammen. Als Partner verantwortete er Gebäude und Städtebauprojekte in Europa, Russland und dem Mittleren Osten. Seit 2002 ist de Graaf Direktor von AMO, dem Think-Tank von OMA, der den Einfluss von Medien, Politik, erneuerbarer Energien und Mode auf die Architektur in Projekten reflektiert. Foto: Bettina Schürkamp Die simpel konstruierten Wohnungen variieren zwischen 50 und 200 Quadratmetern Größe und werden individuell ausgestattet THEMA folge. Variation und Diversität prägen Gebäude aus standardisierten Elementen, die von den geometrischen Strukturen der Timmerhuis bis zu formlosen, naturähnlichen Umrissen reichen. Während wir für das De Rotterdam noch verschiedene Volumen für verschiedene Funktionen entworfen haben, besteht das Timmerhuis aus einer Struktur, die alle Funktionen im gleichen Raster aufnimmt. Vor allem die Apartments zeigen, wie die extreme Wiederholung von wenigen Industrieprodukten variable Grundrisse ohne jede typologische Wiederholung ermöglicht. Es scheint, dass in diesem Zusammenhang das Detail in den Fokus der Aufmerksamkeit rückt. Rau und ehrlich gemacht, erhalten unsere Details in den letzten Jahren einen sehr spezifischen Ausdruck. Für das Timmerhuis wählten wir industrielle Materialien, die mit ihren gerasterten Rhythmen auf die Materialität der Moderne verweisen. In meinen Vorträgen zeige ich immer wieder Fotos der Van-Nelle-Fabrik in Rotterdam und vom Farnsworth Hause in Illinois. Beide bestechen durch ihre einfachen Details und die unmittelbar sichtbaren Materialien. In den Atrien konnten wir die Stahlkonstruktion unverhüllt präsentieren; gerne hätten wir dies auch im Stadtraum getan. Noch müssen wir Konstruktionen im Außenbereich verkleiden. Doch wenn beispielsweise Beton durch eine chemische Revolution auch als isolierender Werkstoff erfunden würde, wäre das unmitelbare Zeigen von Materialien – der Ethos der Moderne – wieder möglich. 21
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