2015_10_31 Flucht Trauma Schule

Zu viel Leid für eine kindliche Seele
Fluchttraumata bei minderjährigen Flüchtlingen
Entstehung – Verlauf – Folgen
Vortrag am 31.10.2015
anlässlich der Fachtagung „Flucht-Trauma-Schule“
am Parzival-Zentrum Karlsruhe
Bernd Ruf
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„Es ist ein Elend“
Desorientiertes Mädchen
Flucht über das Mittelmeer
Flucht durch die Wüste
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„Es ist ein Elend“
Ausgangslage
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„Es ist ein Elend“
Fragenaufwürfe
• Was bedeutet Zwangsmigration?
• Wie ist die Situation minderjähriger Flüchtlinge in
Deutschland?
• Was ist unter Fluchttrauma zu verstehen?
• Welche Folgen haben Fluchttraumata für die Schule?
• Welcher Handlungsbedarf besteht?
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„Es ist ein Elend“
Methodischer Aufbau
• Das Phänomen der Zwangsmigration: „Die Flucht aus der
Hölle“
• Minderjährige Flüchtlinge: „Das Leid der Kinder“
• Flucht und Trauma: „Eine furchtbare Reise“
• Fluchttrauma und Schule: „Panik vor dem Zaun im Kopf“
• Zum Handlungsbedarf
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Zwangsmigration: „Die Flucht aus der Hölle“
Das Phänomen der globalen Migration
Ausmaß
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Zwangsmigration: „Die Flucht aus der Hölle“
Das Phänomen der globalen Migration
Herkunftsländer
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Zwangsmigration: „Die Flucht aus der Hölle“
Das Phänomen der globalen Migration
Aufnahmestaaten
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Zwangsmigration: „Die Flucht aus der Hölle“
Flüchtlinge
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Zwangsmigration: „Die Flucht aus der Hölle“
Migrationsformen
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Binnenmigration
Transnationale Migration
Freiwillige Migration
Zwangsmigration
Flucht als Teil der Migration
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Zwangsmigration: „Die Flucht aus der Hölle“
Zivilkatastrophen
Fluchtgründe
Bürgerkrieg
Naturkatastrophen
Armut
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Zwangsmigration: „Die Flucht aus der Hölle“
Fluchtgründe
Das Push und Pull - Modell
Herkunftsland
Schubfaktoren
• Krieg
• Gewalt
• Armut
• Verfolgung
• Perspektivlosigkeit
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Aufnahmeland
Sogfaktoren
• Sicherheit
• Wohlstand
• Frieden
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Zwangsmigration: „Die Flucht aus der Hölle“
Fluchtgründe
Kinderspezifische Fluchtgründe
Kindersoldaten
Versklavung
sexuelle Ausbeutung
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Zwangsmigration: „Die Flucht aus der Hölle“
Fluchtwege
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Zwangsmigration: „Die Flucht aus der Hölle“
Calais, Frankreich
Brennpunkte
Lesbos, Griechenland
Piräus, Griechenland
Lampedusa, Italien
Traiskirchen, Österreich
Kos, Griechenland
Szeged, Ungarn
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Melitta, Spanien
Brenner, Italien
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Zwangsmigration: „Die Flucht aus der Hölle“
Fluchtphasen
Vorflucht
Flucht
Nachflucht
Herkunftsland
Transitländer
Aufnahmeland
Fluchthintergründe
Entscheidungsprozesse
Entschluss zur Flucht
Fluchtvorbereitung
Fluchtwege
Fluchtbedingungen
Aufnahmesituation
Herausforderung bei Ankunft
„Kulturschock“
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Minderjährige Flüchtlinge: „Das Leid der Kinder“
Minderjährige Flüchtlinge
Fluchtgründe
Kinder & Jugendliche
Flucht aus
Bürgerkriegsund
Krisenregionen
Flucht vor
politischer,
religiöser,
rassistischer,
ethnischer,
sexueller
Verfolgung
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Flucht aus
Ländern ohne
Krieg,
Bürgerkrieg,
Verfolgung
Minderjährige Flüchtlinge: „Das Leid der Kinder“
Minderjährige Flüchtlinge
Begleiterstatus
minderjährige
Flüchtlinge
Begleitete minderjährige
Flüchtlinge
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Unbegleitete
minderjährige Flüchtlinge
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Minderjährige Flüchtlinge: „Das Leid der Kinder“
Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge
Situation in Deutschland
Rechtliche Grundlage
•
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•
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•
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Inobhutnahme
Altersfeststellung
Vormundschaftsbestellung
Ergänzungspflegschaft
Asylantrag
Antragsstellung
Ablauf
Asylmündigkeit
Legalisierung
–
–
–
–
–
•
Soziale Situation
•
•
•
•
•
Unterbringung und Wohnsituation
Gesundheitliche Versorgung
Materielle Unterstützung
Bildungszugang
Ausbildungszugang
Aufenthaltsgestattung
Residenzpflicht
Duldung
Aufenthaltserlaubnis
Abschiebeverbot
Abschiebung
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Minderjährige Flüchtlinge: „Das Leid der Kinder“
Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge
Situation in Karlsruhe
Jugendliche Flüchtlinge am Parzival Zentrum
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Flucht und Trauma: „Eine furchtbare Reise“
Was versteht man heute unter Traumatisierung?
Trauma als
„Vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen
Situationsfaktoren und den individuellen
Bewältigungsmöglichkeiten, das mit Gefühlen von
Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und so
eine dauerhafte Erschütterung von Selbst- und
Weltverständnis bewirkt.“
Ridesser/Fischer (2009⁴): Lehrbuch der Psychotraumatologie, 84, München/Basel
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Psychotraumatologie
Traumaarten
1. Trauma als Wunde
2. Trauma als Schockstarre
3. Trauma als Rhythmusstörung
4. Trauma als Nahtodeserlebnis
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Psychotraumatologie
Trauma-Kategorien
1. Einfache Traumata
2a. Multitraumata
2b. Sequentielle Traumata
3. Verbale Traumata
4. Beziehungstraumata
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Psychotraumatologie
Wie aus einem belastenden Ereignis ein Trauma wird
Belastendes
Ereignis („Stress“)
Ereignisfaktoren
Schwere
Dauer
Intensität des Ereignisses
Risikofaktoren
Individualfaktoren
Geschlecht
Alter
Persönlichkeitsstruktur
Temperament
individueller Verarbeitungsstil
persönlicher Bewältigungsstil
Selbstvertrauen
Trauma
Kindheitsbelastungen
traumatische Vorerfahrungen
Intelligenzminderung
fehlende soziale Unterstützung
mangelndes Selbstbewusstsein
Drogenkonsum
Armut
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Umweltfaktoren
Vorhandensein und Reaktion
von Bezugspersonen
soziales Netzwerk
Schutzfaktoren
gesunde Kindheit
sicheres Beziehungsverhalten
überdurchschnittliche Intelligenz
soziale Förderung
Stresstoleranz
Religiosität
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Psychotraumatologie
Neurologische Grundlagen der Psychotraumatologie
1. Dreigliederung des Gehirns
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Psychotrauma &
pädagogische Intervention
Akutphase
1 – 2 Tage
Posttraumatische
Belastungsreaktion
bis 8 Wochen
Trauma-Folgestörung
z.B. PTBS
mehrere Jahre
Katastrophe
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andauernde
Persönlichkeitsveränderung
Flucht und Trauma: „Eine furchtbare Reise“
Sequentielle & kumulative Traumatisierung
Herkunftsland
Vorflucht
•Gewalt
•Krieg
•Bürgerkrieg
•Existentielle Bedrohung
•Verfolgung
•Mord
•Folter
•Vergewaltigung
•Vertreibung
•Hunger
•Armut
•Entführung
Transitländer
Flucht
•Entbehrungen
•Hunger
•Tod
•Gewalt
•Unfälle
•Bedrohung
•Verfolgung
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Aufnahmeland
Nachflucht
•Kulturschock
•Heimweh
•Schuldgefühle
•Sprachlosigkeit
•Ausgrenzungserlebnisse
•Fehlende Intimsphäre in
Unterkünften
•Begrenzung der Auto …..
•Aufarbeitung der
traumatischen Erlebnissse
•Fremdenfeindlichkeit
•Abwertungen
•Unsicherheit durch rechtliche
Struktur
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Flucht und Trauma: „Eine furchtbare Reise“
Sequentielle & kumulative Traumatisierung
Kumulative Traumata
Kumulative Traumata bestehen aus vielfachen Erfahrungen, die jede für sich
genommen nicht traumatisch wirken müssen, die aber sich gegenseitig verstärken
und zu psychischen Verletzungen führen (Khan, 1977)
Sequentielle Traumata
Sequentielle Traumata werden durch wiederholte, über einen langen Zeitraum
verteilt auftretende Ereignisse ausgelöst (Siebert, 2010)
Fluchttraumata
àSequentielle Traumata wirken kumulativ,
àJede Form der Zwangsmigration kann als kumulative Traumatisierung verstanden
werden (Grinberg & Grinberg 2010²)
àDer Belastungsfaktor wird erst in der letzten Sequenz sichtbar (Keilson, 2005)
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Flucht und Trauma: „Eine furchtbare Reise“
Identitätsentwicklung
Für die Entwicklung der Identität ist die Adoleszens besonders wichtig:
„Jugendliche, die diesen Such- und Selbstfindungsprozess positiv bewältigen, sind in
der Lage, schrittweise eine stabile Identität für ihre weiteres Leben zugrunde zu
Legen“ (Weber & Gögercin, 2014, 43)
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Flucht und Trauma: „Eine furchtbare Reise“
Identitätsentwicklung
Formen der Identität im Jugendalter
Ø Diffuse Identität
–
–
–
–
Entwicklungsdiffusion
Sorgenfreie Diffusion
Störungsdiffusion
Kulturell adaptive Diffusion
Ø Übernommene Identität
Ø Kritische Identität
Ø Erarbeitete Identität
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Flucht und Trauma: „Eine furchtbare Reise“
Identitätsentwicklung
Verlaufsformen der Identitätsentwicklung
-> progressiver Verlauf
-> regressiver Verlauf
-> stagnierender Verlauf
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Flucht und Trauma: „Eine furchtbare Reise“
Identitätsentwicklung und Zwangsmigration
Ø Verlust traditioneller Wertvorstellungen
Ø Loslösung von Herkunftsgesellschaft und Anpassung an
Aufnahmegesellschaft
Ø Verlust der Familie erschwert natürlichen Anpassungsprozess
Ø Unbearbeitete Traumata führen meist zu problematischen
Biographieverläufen
Ø Aufbau von Doppelidentitäten erhöht das Risiko für die Entwicklung
psychopathologischer Störungen
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Fluchttrauma und Schule: „Panik vor dem Zaun im Kopf“
Traumatische Belastungen der
Zwangsmigration
Fluchttraumata
Gewalterfahrung
Existentielle
Bedrohung
Verfolgung
Werteerschütterung
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Rollendiffusion
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Beziehungsfragmentierung
IV) Traumaorientierte Sonderpädagogik
Kinder am Rande der Beschulbarkeit: Störungsbilder
Traumabedingte komplexe
Lernstörungen
• Störung der Kognition
• Stressbedingte Blockaden
ganzer Gehirnareale
• Beeinträchtigung der
Abstraktionsfähigkeit
• Kaum Fähigkeit, aus Fehlern zu lernen
• Keine logische Verknüpfung von
Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft
• Störung der Aufmerksamkeit
• Störung der Wahrnehmung
• Überwältigende Frustrationsgefühle
im schulischen Kontext
• Rückzug aus Lernprozessen
Traumabedingte komplexe
Sozialstörungen
• Massive Störung der Gruppenfähigkeit/
des Sozialverhaltens
• Unterricht scheitert an massivem
Störverhalten
• Vandalismus
• Eigentumsdelikte
• Verbale und körperliche Gewalt
• Sexuelle Übergriffe
• Nicht-gruppenfähige Kinder am Rande
der Beschulbarkeit
(Ausgrenzung, Ausschluss, Beziehungsabbruch)
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Trauma-Folgestörungen
• Störungen der Aufmerksamkeit
• Angststörungen
• Störungen der Affektsteuerung
• Depressionen
• Essstörungen
• Zwangsstörungen
• Somatisierungen
• Selbstverletzendes Verhalten
• Suizidalität
• Borderline
• Dissoziative Störungen
• Suchtstörungen
• Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis
Handlungsbedarf: „Was ist zu tun?“
- Hilfe durch Notfall- und
Traumapädagogik •
Notfall- und Traumapädagogik ist Hilfe für die weitere biografische
Entwicklung des Traumaopfers
•
Notfall- und Traumapädagogik ist präventiver Schutz der Allgemeinheit vor
potentiellen zukünftigen Tätern
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Handlungsbedarf: „Was ist zu tun?“
Kriterien einer Handlungskonzeption
Hilfe in Herkunftsländern
- Kinderschutzzentren in Flüchtingscamps im Nordirak
- Kinderschutzzentrum im UNHCR-Camp in Kakuma/Kenia
- Kinderschutzzentrum auf Lesbos/Griechenland
- Aus- & Fortbildung lokaler Fachkräfte in notfallpädagogischer Konzeption und Methodik
Hilfe in Transitländern
- notfallpädagische Akutinterventionen in griechischenn Flüchtingscamps
- notfallpädagische Akutinterventionen in slowenischen Flüchtingscamps
- Aus- & Fortbildung lokaler Fachkräfte in notfallpädagogischer Konzeption und Methodik
Hilfe im Aufnahmeland Deutschland
-notfall- und traumapädagogische Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge
• Am Parzival-Zentrum Karlsruhe
• In der Landeserstaufnahmestelle (LEA) Karlsruhe
• In München
• In Hamburg
- Aus- & Fortbildung lokaler Fachkräfte in notfallpädagogischer Konzeption und Methodik
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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Psychotrauma &
pädagogische Intervention
Akutphase
1 – 2 Tage
Posttraumatische
Belastungsreaktion
bis 8 Wochen
Trauma-Folgestörung
z.B. PTBS
mehrere Jahre
Katastrophe
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Minderjährige Flüchtlinge: „Das Leid der Kinder“
Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge
Situation in Karlsruhe
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Minderjährige Flüchtlinge: „Das Leid der Kinder“
Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge
Situation in Karlsruhe
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