Vortrag Binomiale von Frau Breit

Ludwig-Maximilian-Universität München
Institut für Sprach- und Literaturwissenschaften
Seminar: PS Phraseologie
Dozentin: Dr. Wolfgang Schindler
Referentin: Magdalena Breit
Datum: 12.6.2015
Binomiale, Paarformeln, Zwillingsformeln
Gliederung
1 Definition Koordinative Binomiale (Paarformeln/Zwillingsformeln)
1.1 Drei Arten von formelhaften und-Verbindungen mit zwei Komponenten
1.2 Eigenschaften
2 Grammatische Regeln
2.1 Salienzregel (semantisch-pragmatisch)
2.2 Metrische Regel (phonologisch)
2.2.1 Binomiale = durch syntaktische Koordination gebildete Lexeme
2.2.2 Wortakzent
2.3 Silbenprominenzregeln (phonologisch) (Malkiel (1959))
2.4 Optimalitätstheorie (Prince & Smolensky (1993))
2.4.1 Zentrale Annahmen
2.4.1 Regelordnung
3 Drillingsformeln
1 Definition Koordinative Binomiale (Paarformeln/Zwillingsformeln)
1.1 Drei Arten von formelhaften und-Verbindungen mit zwei Komponenten
–
Koordinative Adjektiv/Adverb-Binomiale, z.B.: ab und zu, angst und bange, fix und fertig
–
Koordinative Substantiv-Binomiale, z.B.: Katz und Maus, Kind und Kegel, Grund und
Boden
–
Koordinative Verb-Binomiale, z.B.: kommen und gehen, schalten und walten, hegen und
pflegen
1.2 Eigenschaften
–
Tendenz zur semantischen Opazität/Idiomatizität
–
Formelhaftigkeit
–
Irreversibilität (keine Änderung der Reihenfolge möglich (z.B. *fertig und fix))
–
Kompositionalitätsprinzip: Bedeutung nur durch systematische Kombination der Teile
2 Grammatische Regeln
2.1 Salienzregel (semantisch-pragmatisch)
Salientes geht weniger Salientem linear voraus:
–
Belebtes vor Unbelebtem (z.B.: Mensch und Maschine)
–
Allgemeines vor Speziellem (z.B.: Buch und Umschlag),
–
Nahes vor Fernem (z.B.: hier und da)
–
Männliches vor Weiblichem (z.B.: Bruder und Schwester)
–
Menschliches vor Nicht-Menschlichem (z.B.: Mann und Maus)
–
Erwachsenes vor Nicht-Erwachsenem (z.B.: Mutter und Tochter)
–
wichtige Tiere vor weniger wichtigen Tiere (z.B.: Katz und Maus)
2.2 Metrische Regel (phonologisch)
2.2.1 Binomiale = durch syntaktische Koordination gebildete Lexeme
–
Bei A-Binomialen kongruiert nur der zweite Teil (z.B.: klipp(*e) und klare Sache)
–
nur der zweite Teil von N-Binomialen wird Kasus-flektiert (z.B.: in Tag(*en) und Nächten)
und nur mit dem zweiten Teil kongruieren Adjektive (z.B.: mit allem/*aller Hab und Gut)
–
Binomiale sind unzugänglich für syntaktischen Operationen im Inneren (z.B.: sage und
(*wenn du möchtest) schreibe)
→ Wort-naher Status von Binomialen
2.2.2 Wortakzent
Verwandtschaft von Binomialen und Kopulativkomposita (z.B.: Mensch-Maschine/Mensch und
Maschine), aber: Binomialakzent entspricht denen von nicht-zusammengesetzten Wörtern (z.B:
Ménsch-Maschine ↔ Mensch und Maschíne)
–
F-Akzent (Fußakzent): Metrische Füße auf der Fußebene sind begrenzt, linksköpfig
(trochäisch) und werden von rechts nach links gebildet
–
W-Akzent (Wortakzent): Metrische Füße auf der Wortebene sind unbegrenzt und rechtsköpfig (jambisch)
–
Quantitätssensitivität: Schwere Silben (z.B.: mit Diphtong oder Langvokal) ziehen die
Betonung auf der Fuß-Ebene an (z.B.: Kamél)
–
Lexikalischer Akzent: Best. Silben sind lexikalisch als Wortakzent-tragend markiert (z.B.:
fix und fértig/Propagánda)
–
Ident (Fußakzent): α, β seien zwei korrespondierende Füße → wenn α Fußakzent auf Silbe γ
hat, dann hat auch β Fußakzent auf Silbe γ (z.B.: drum und drán/Pauken und Trompéten)
–
Regelhierarchie: Quantitätssesitivität/LexikalischerAkzent/Ident > F-Akzent/W-Akzent
2.3 Silbenprominenzregeln (phonologisch) (Malkiel (1959))
–
Nukleusgröße (klein > groß z.B.: Katz und Maus/*Maus Katz)
–
Anfangsrandgröße (klein > groß z.B.: weit und breit/*breit und weit)
–
Nukleusqualität ([i] > [u] > [y] > [e] > [o] > [ε] > [a] z.B.: dick und dünn/*dünn und dick)
–
Anfangsrandqualität ([ ], [h] > [j] > [w], [r] > [l], [m] > [n] > [ ] > [v], [z], [ž] > [f], [s], [š],
[x], [ch] > [b], [d], [g] > [p], [t], [k] z.B.: Sack und Pack)
–
Regelhierarchie: Anfangsrandgröße > Nukleusgröße > Nukleusqualität >
Anfangsrandqualität (z.B.: Biegen und Brechen/*Brechen und Biegen, dick und fett/*fett
und dick)
2.4 Optimalitätstheorie (Prince & Smolensky (1993))
2.4.1 Zentrale Annahmen
1. Regeln sind universell.
2. Regeln können verletzt werden.
3. Regeln sind hierarchisch geordnet.
4. Ein optimaler Kandidat aus der Kandidatenmenge ist grammatisch, alle nicht-optimalen
Kandidaten sind ungrammatisch.
–
Kandidatenmenge (Chomsky (1995)): enthält Kandidaten mit genau dem gleichen
lexikalischen Material
–
Optimalität: Kandidat Kj ist optimal, wenn er beim Wettbewerb mit jedem anderen
Kandidaten Ki in derselben Kandidatenmenge bei der höchstgeordneten Regel gewinnt
(= nicht verletzt oder weniger oft verletzt), wo Ki und Kj im Konflikt sind
2.4.1 Regelordnung
Nicht nur innerhalb von Regelfamilien (s.o.):
Salienzregel > Wortakzent > Silbenprominenzregeln
3 Drillingsformeln
Kann man das eventuell auch auf Drillingsformeln anwenden?
(1) Götter, Gräber und Gelehrte
(2) heimlich, still und leise
(3) Jubel, Trubel, Heiterkeit
(4) Lirum, larum, Löffelstiel
(5) Pleiten, Pech und Pannen
(6) Friede, Freude, Eierkuchen
(7) Spiel, Satz und Sieg
(8) Wein, Weib, Gesang