Referat Stand der Forschung von Prof. Dr. Philipp Latzin

Stand der Forschung
Jahresversammlung
CFCH 2015
Philipp Latzin
Forschung bei CF
• In 2014: 1981 Publikationen
• Nur eine Auswahl kann vorgestellt werden
• Diese Auswahl ist sehr subjektiv
• Versuch, einen Bezug zur klinischen Relevanz
herzustellen
Fortschritte in der Behandlung
Mittleres Überleben bei CF
Heterogenität
20
30
40
50
60
Neueste Daten aus Kanada
Kanadisches CF-Register: 5787 Patienten
Stephensen, ERJ 2015
Neueste Daten aus Kanada
Faktoren, die zu einem schlechteren Verlauf
beitragen:
•
•
•
•
Weibliches Geschlecht
Anzahl Exazerbationen pro Jahr
Untergewicht
Verschiedene selten Keime
Stephensen, ERJ 2015
Übersicht
Forschung allgemein
• Pathophysiologie
• Diagnostik
• Therapie
Schweiz-spezifisch
• Neugeborenen-Screening
• Ausblick / kritische Gedanken
Übersicht
Forschung allgemein
• Pathophysiologie
• Diagnostik
• Therapie
Schweiz-spezifisch
• Neugeborenen-Screening
• Ausblick / kritische Gedanken
=> Pathophysiologie der Lungenerkrankung
Davis, NEJM 2013
Davis, NEJM 2013
Pathophysiologie – frühe CF
Infektion (= Bakterien)
oder Inflammation (=Entzündung):
Was kommt zuerst?
Neuer Aspekt: Zilienfunktion
Pathophysiologie – frühe CF – Zilien
Pathophysiologie – Zilien bei CF
Neue Studie: Birkett, AJRCCM 2014
Auch ohne Infektion oder Inflammation besteht
eine Transportstörung des Mukus bei CF
Diese ist abhängig von der Dicke der MukusSchicht und durch die Zilien verursacht
Siehe pdf
Zilien bei CF – klinische Relevanz
Was heisst das?
Clearance ist auch wichtig ohne Bakterien und
ohne Entzündung.
Ab Zeitpunkt Diagnose scheint Physiotherapie
und Inhalation mit NaCl sinnvoll.
Pathophysiologie – frühe CF
Was ist wichtiger für den klinischen Verlauf:
Infektion oder Inflammation?
Daten aus Australien, ARREST-CF Studie:
Neugeborenen-Screening, dann Follow-Up mit
CT, BAL, Lungenfunktion jeweils im Alter von
3 Monate, 1 Jahr, 2 Jahre, 3 Jahre und 6 Jahre
Inflammation oder Infektion
Sly et al., NEJM 2013
Inflammation versus Infektion
Sly et al., NEJM 2013
Inflammation versus Infektion
Sly et al., NEJM 2013
Inflammation bei CF – klinische Relevanz
Was heisst das?
Nicht nur die Bakterien in der Lunge sind
entscheidend, sondern auch wie die Abwehr des
einzelnen Patienten darauf reagiert.
Ob eine frühzeitige (medikamentöse) Veränderung
der Abwehr im Verlauf hilft, ist derzeit noch unklar.
Pathophysiologie – Mikrobiom
Mikrobiom:
Gesamtheit der bakteriellen Flora im Körper
Lunge ist nicht steril, sondern immer mit Millionen
verschiedenen Bakterien besiedelt.
Man kann heutzutage auch die Gesamtheit der
verschiedenen Bakterien in der Lunge bestimmen.
Warum relevant für CF?
Pathophysiologie – Mikrobiom
Rogers et al. Thorax 2014
Mikrobiom
Erb-Downward et al. PLoS One 2011
knapp 3-jähriges Mädchen
Brown et al. AnnalsATS 2014
knapp 3-jähriges Mädchen
Brown et al. AnnalsATS 2014
Lunge im Vergleich zum Rachenabstrich
Brown et al. AnnalsATS 2014
Mikrobiom – aktuelle Sicht
Marsland et al. Nat Rev Imm 2014
Mikrobiom bei CF – klinische Relevanz
Was heisst das?
Nicht nur einzelne Bakterien in der Lunge sind
wichtig für das „Milieu“, sondern die Gesamtheit
der Bakterien.
Evtl. kann eine (medikamentöse) Veränderung der
Gesamtheit der Bakterien dieses „Milieu“ positiv
beeinflussen – z.B. Probiotika oder gezielter
Einsatz von Bakterien.
Erste Studien dazu laufen bereits.
Übersicht
Forschung allgemein
• Pathophysiologie
• Diagnostik
• Therapie
Schweiz-spezifisch
• Früherkennung
• Ausblick / kritische Gedanken
Diagnostik – MRT (Kernspin)
Wielpütz et al. AJRCCM 2014
MRT
(Kernspin):
vor und nach
iv-Antibiotika
Wielpütz et al. AJRCCM 2014
Übersicht
Forschung allgemein
• Pathophysiologie
• Diagnostik
• Therapie
Schweiz-spezifisch
• Früherkennung
• Ausblick / kritische Gedanken
Neue Medikamente – Mutationen bei CF
Quintana-Gallego et al. Arch Bronchopneum 2014
Ivacaftor – Lungenfunktion
Ramsey et al. NEJM 2012
Ivacaftor – Schweisstest
Ramsey et al. NEJM 2012
Ivacaftor in der Schweiz
Lenherr et al. SMF 2014
Lumacaftor & Ivacaftor
Boyle et al. Lancet Resp Med 2014
Ataluren
Kerem et al. Lancet Resp Med 2014
Ataluren
Kerem et al. Lancet Resp Med 2014
Übersicht
Forschung allgemein
• Pathophysiologie
• Diagnostik
• Therapie
Schweiz-spezifisch
• Früherkennung
• Ausblick / kritische Gedanken
Warum brauchen wir Früherkennung?
Neugeborenen-Screening
• In der Schweiz seit 2011
• Klinischer Alltag:
asymptomatische neugeborene Patienten
prophylaktische – lungenerhaltende – Therapie
• Gesunde Lunge notwendig für Lungenwachstum
CT mit 2 und 3 Jahren
143 CF Patienten
Mott et al., Thorax 2012
Relevanz für das Lungenwachstum
100%
Frühe
Lungenerkrankung
75%
50%
Schwere Symptome
25%
Geburt
Alter in Jahren
Adapted from Ramsey et al., AJRCCM 2014
Wie kann man Früherkennung
durchführen?
Verschiedene Möglichkeiten der Früherkennung:
• Bakterien / Entzündung: Bronchoskopie und BAL
• Struktur: CT / MRT
• Funktion: Lungenfunktion
Lungenfunktion – FEV1
100
90
80
70
60
2004
50
1990
40
30
20
10
0
6
7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30
Age (years)
Wie kann man die Funktion sonst noch messen?
=> Verteilungsstörung
US CF Foundation
Was ist Verteilungsstörung?
gesunde Lunge
homogene Verteilung
kranke Lunge
inhomogene Verteilung
Hyperpolarized Helium-MRI
Warum Verteilungsstörung messen?
Physiologie:
0
1
2
3
Die “kleinen” Atemwege
4
• essentiell für den Gasaustausch
• ca. 90% Lungenvolumen
• ca. 10% Atemwegswiderstand
5
6
7
8
9
10
11
12
13
Periphere
Atemwege
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23+
Wie kann man Verteilungsstörung
messen?
Gasauswaschverfahren
MBW – multiple-breath-washout = viele Atemzüge
Mass für die Verteilungsstörung:
LCI (lung clearance index)
MBW – bei Kindern mit CF
London, Kinder 6 – 10 Jahre: 60 CF, 45 Kontrollen
Owens et al., Thorax, 2011
LCI vs. FEV1 in Bern
83 CF, 53 Kontrollen; 4-15 Jahre
Singer et al. Ped Pulm 2013
Als Outcome bei Studien – Bsp. Ivacaftor
LCI
FEV1
Post-hoc sample-size calculation: 5 LCI vs. 22 FEV1
Davies et al. Lancet Resp Med 2013
Bei Ivacaftor in der Schweiz
Lenherr et al. SMF 2014
Früherkennung in der Schweiz:
Kohorten-Studie, multizentrisch, nach NBS:
• Messung der Verteilungsstörung in der Lunge
• Engmaschiges Verfolgen der Kinder im ersten
Lebensjahr (u.a. wöchentliche Anrufe)
Übersicht
Forschung allgemein
• Pathophysiologie
• Diagnostik
• Therapie
Schweiz-spezifisch
• Früherkennung
• Ausblick / kritische Gedanken
Ausblick / kritische Gedanken - Kosten
Kosten für Ivacaftor
• In der Schweiz: ca. CHF 28‘000.- / Monat
• Bisher wenige Patienten betroffen
• IV zahlt bisher bei den meisten Mutationen
• Wie wird das mit Lumacaftor sein?
kritische Gedanken – Forschung
Forschung in der Schweiz I:
2014 konnten CHF 50‘000.- vergeben werden
kritische Gedanken – Forschung
Forschung in der Schweiz II:
Bei allen grossen Medikamentenstudien spielt
die Schweiz keine Rolle:
- Zu viele kleine Zentren
- Zu aufwändige Zulassung
- Zu hohe Kosten
Beispiel LCI ECFS
kritische Gedanken – Ausblick III
Mittleres Überleben in der Schweiz:
unklar?
Wieviele CF-Patienten gibt es in der Schweiz:
unklar?
Es gibt kein Register...
Es gibt keine Möglichkeit, sich zu informieren...
- für die Patienten
- für die Behandlungsteams
Zusammenfassung
Stand der Forschung
Vielversprechend:
• Neues Verständnis der Pathophysiologie
• Neue diagnostische Möglichkeiten
• Neue bahnbrechende Medikamente
• Wir in der Schweiz sind dort dabei
ABER:
• Fortlaufende Unterstützung ist nötig (finanziell)
• Mehr Transparenz (Register etc.) wünschenswert