Das etwas andere Hotel

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Berliner Wirtschaft 09/15
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in Hotel ist wie ein großer Haushalt“, sagt Britta Bettendorf.
Dass sie diesen gut im Griff
hat, merkt man im „The Dude“
an allen Ecken und Enden. Die studierte Psychologin ist Geschäftsführerin des
Hotels an der Köpenicker Straße in Mitte. Es besticht mit einer geschmackvollen
Inneneinrichtung und vielen Details.
Mehr als 800 Hotels und Pensionen
gibt es gegenwärtig in Berlin. Damit hat
„The Brooklyn“ ist das Restaurant im Hotel „The Dude“ (Foto. u.), der Innenhof des
i31 (Foto l.) und ein Blick in das Facil, das
Sterne-Restaurant im „The Mandala“
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sich deren Zahl seit der Wende mehr als
verdoppelt. Die meisten der 135.000 Hotelbetten gehören zum Kontingent großer, weltweit agierender Ketten. Doch
einige Häuser in der Hauptstadt werden von privaten Hoteliers geführt. So
wie eben auch das „The Dude“. Um sich
von den „Großen“ abzuheben, setzt man
hier auf Besonderheiten. Jeder der Mitarbeiter, so betont Britta Bettendorf, ist ein
Quereinsteiger, so wie sie selbst ja auch.
Fotos: hoffotografen, the mandala, hotel Otto, i31
Berlins inhabergeführte Beherbergungsstätten müssen
dem Gast etwas Besonderes bieten, um sich zu behaupten
Da ist Francesco, der vier Tage in der Woche am Empfang steht. Er ist ein italienischer Krimiautor, und die Gäste lieben
ihn, verrät die Chefin. „Wir wollten Leute mit Charakter, und wir haben mit den
Quereinsteigern tolle Erfahrungen gemacht“, so Bettendorf.
Zu dem Hotel seien sie und Eigentümer Alexander Schmidt-Vogel wie die
Jungfrau zum Kinde gekommen. Auf der
Suche nach einer Immobilie waren sie
auf das vor 25 Jahren gegründete Hotel Luisenhof gestoßen. Nach dem Kauf
2010 wurden auf die ursprüngliche Bausubstanz aus dem Jahr 1822 noch zwei
Etagen aufgesetzt.
„Wir haben dann einen Fünf-Jahres-Plan entwickelt, nach dem die Belegung nach dieser Frist über dem Berliner Durchschnitt liegen sollte. Wir liegen sehr gut im Plan“, berichtet die rechte
Hand von Schmidt-Vogel, der als Mediacom-Manager tätig war, bevor er mit
Bettendorf das Vier-Sterne-Hotel mit
27 Zimmern eröffnete. Ihm sei es wichtig gewesen, keine schnellen Belegungszuwächse zu haben, sondern einen soliden Gästestrom aufzubauen, erklärt Britta Bettendorf.
Ganz neue Wege hat auch Rita Müller
betreten, als sie 2006 an der Knesebeckstraße das Hotel Otto eröffnete. Sie hatte
Textilbetriebswirtschaft studiert und betrieb ein Bekleidungsgeschäft mit ihrem
eigenen Label. Das alles hat sie hinter
sich gelassen. Mit ihren gut 20 Mitarbeitern führt sie heute ihr Haus mit 46 Zimmern und macht im Jahr einen Umsatz
von 1,5 Mio. Euro.
Um sich von anderen abzuheben
und auch, um der eher tristen Fassade des Gebäudes eine freundliche Ausstrahlung zu verleihen, hat sie den Berliner Bildhauer Hans Kempel mit deren Gestaltung beauftragt. Etwas für ein
Haus im Herzen der Hauptstadt Untypisches ist dabei entstanden. Tanzende,
springende, rennende Hasen haben die
Fassade erobert und wecken das Interesse der Berliner und der Touristen.
Im Wettbewerb mit der starken Konkurrenz auf dem Berliner Hotelleriemarkt gehen die Inhaber mit ihren Häusern unterschiedliche Wege. Mit dem
Fünf-Sterne-Hotel „The Mandala“ direkt
am Potsdamer Platz haben Christian An-
Britta Bettendorf
Christian AndreseN
Rita Müller
Zeev Rosenberg
führt die Geschäfte im „The
Dude“. Die ausgebildete Psychologin legte bei der Gestaltung des Boutique-Hotels an
der Köpenicker Straße sehr viel
Wert auf schöne Details
leitet gemeinsam mit dem
zweiten Geschäftsführer Lutz
Hesse das Hotel „The Mandala“
am Potsdamer Platz. Dabei ist
er für die Finanzen zuständig
und Hesse für das Marketing
ist Besitzerin des Hotels Otto
an der Knesebeckstraße. Eröffnet hat sie das Haus 2006.
Ursprünglich war sie in der
Bekleidungsbranche und hatte
ihr eigenes Textillabel
ist ein echtes Kind der Hotellerie. Gelernt hat der Direktor
des i31 an der Invalidenstraße
im Breitenbacher Hof in Düsseldorf. Schon sein Urgroßvater
war Besitzer zweier Hotels
dresen und Lutz Hesse ein klares Signal
gesetzt. Mit großen individuell geschnittenen Zimmern, einem Spa-Bereich und
einem Sterne-Restaurant bieten sie im
neuen Zentrum Berlins puren Luxus.
Den großen Vorteil der inhabergeführten Hotels formuliert Andresen so:
„Sie können sehr viel schneller reagieren.
Entscheidungen werden hier getroffen.“
Dass die beiden Geschäftsführer gern ihre eigenen Wege gehen, wird auch deutlich, wenn Andresen berichtet, dass sie
auf die Arbeit von Innenarchitekten verzichten. Sie gestalten und arrangieren
selbst. Dabei orientieren sie sich immer
an ihrem Anspruch auf beste Qualität.
„Man braucht eine klare Ausrichtung,
sonst geht man in der Masse unter“, so
Andresen. „Ein Hotel lebt von Veränderungen. Es ist aber wichtig, sie so vorsichtig vorzunehmen, dass es keinen Bruch
im Konzept gibt.“ 158 Zimmer hat das
„The Mandala“, im Schnitt sind sie 55
Quadratmeter groß und verfügen über 27
verschiedene Grundrisse. 155 Mitarbeiter – darunter 29 Azubis – kümmern sich
am Potsdamer Platz und im Schwesterhotel „Mandala Suites“ an der Friedrichstraße um das Wohl der Gäste.
Von den kurzen Wegen von der Idee
bis zur Entscheidung profitiert man auch
im Boutiquehotel i31 an der Invalidenstraße. „Bei uns ist alles sehr individuell.
Wir haben keine Standards“, berichtet
Hoteldirektor Zeev Rosenberg. Man bemühe sich darum, das zu machen, was
dem Gast gefällt. Gemeinsam mit seinen
28 Mitarbeitern will Rosenberg nicht auf
Masse, sondern auf Klasse setzen.
Bei der Versorgung der Gäste in dem
Haus mit seinen 117 Zimmern ist man im
Gegensatz zu den großen Ketten beim
Einkauf nicht gebunden. Und auch sonst
lasse der Eigentümer seinem geschäftsführenden Personal in vielen Dingen
freie Hand. Nur beim Geschirr ist man
im i31 ganz klar festgelegt. Das stammt
komplett aus der Königlichen Porzellan
Manufaktur. Deren Inhaber, Jörg Woltmann, ist der Eigentümer des 2013 eröffneten Hotels. ← uta Richter
„Francesco ist ein italienischer Krimiautor, und die Gäste lieben
ihn. Wir wollten Leute mit Charakter und haben mit den Quereinsteigern gute Erfahrungen gemacht.“ Britta Bettendorf
Fotos: i31, the mandala, teh dude
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