Grußwort der Ministerin für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, Sylvia Löhrmann Teilnahme an der Unterzeichnung zur Selbstverpflichtung „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ des Technischen Berufskollegs Solingen 24. April 2015 – Es gilt das gesprochene Wort. – Min. Löhrmann: „Nur wenn wir uns kennenlernen, verlieren wir Ängste und fühlen uns miteinander verbunden.“ 2 Anrede, jedes Signal, das sich gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Fremdenhass wendet insbesondere wenn es aus Solingen kommt - freut mich sehr und stimmt mich froh. Daher bin ich gerne der Einladung zur Feier Ihrer Auszeichnung „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ gefolgt. Leider erleben wir wöchentlich Versuche, ein Klima der Angst vor Hilfe suchenden Flüchtlingen und Asylsuchenden in der Bevölkerung zu schüren. Menschen, die sich für andere einsetzen, werden öffentlich massiv bedroht – egal, ob in Tröglitz oder in Dortmund. Aber auch im Alltag erleben wir um uns herum Zeichen der Missachtung und des mangelnden Respekts voreinander. Mädchen werden im Schulbus angesprochen, wann sie denn endlich ihr Kopftuch abnehmen und „normal“ herumlaufen wollen. 3 Jugendliche mit Migrationshintergrund werden abends grundlos nicht in Clubs eingelassen, junge Menschen benutzen Begriffe wie „du Jude“ oder „du Türke“ mit beleidigender Absicht, da sie diese Wörter als vermeintliche Schimpfwörter ansehen. Anrede, Rassismus ist in unserer Gesellschaft leider allgegenwärtig - und da Schulen ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft sind, wird er auch in diese hinein getragen. Es ist unsere Aufgabe als gesamte Gesellschaft, jeder rassistischen Anfeindung vehement entgegen zu treten und die Chance eines diskriminierungsfreien Miteinanders zu nutzen. Lassen Sie mich an dieser Stelle unseren Bundespräsidenten Joachim Gauck zitieren: „Vielfalt braucht Begegnung“. Und Bundespräsident Gauck hat Recht! Nur wenn wir uns begegnen, können wir uns kennenlernen. Nur wenn wir uns kennenlernen, verlieren wir Ängste und fühlen uns miteinander verbunden. Und mit dieser Verbundenheit nimmt Gewalt, auch rechtsgerichtete Gewalt, ab. 4 Dazu brauchen wir auch eine Wende in unseren Köpfen und Herzen. Wir müssen miteinander reden, kommunizieren. Wir brauchen eine Kultur des Respekts und des Miteinanders, wir brauchen eine Kultur der Erinnerung und – um mit Goethe zu sprechen – wir müssen eine Kultur der Anerkennung entwickeln. Dulden heißt beleidigen Anrede, die Basis jeder freiheitlichen Demokratie ist es, dass niemand ausgeschlossen wird und allen Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Herkunft, ihrer Religion, unabhängig von ihrer Herkunftssprache und ihren kulturellen Prägungen Entfaltungsräume, Teilhabe und Mitgestaltung ermöglicht wird. Nur so sichern wir gemeinsam unsere Zukunft. Aus diesem Verständnis heraus hat sich auch das Schülerinnen und Schüler-Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ entwickelt. Das Projekt gibt es jetzt seit 20 Jahren. Es bietet Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, das Klima an ihrer Schule aktiv mitzugestalten, indem sie sich bewusst gegen jede Form von Diskriminierung, Mobbing und Gewalt wenden. 5 Voraussetzung für den Erwerb des Titels „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ist, dass mindestens 70 Prozent aller Menschen, die in einer Schule lernen und lehren, sich mit ihrer Unterschrift verpflichten, sich künftig gegen jede Form von Diskriminierung an ihrer Schule aktiv einzusetzen. Und das der Anspruch nicht nur möglichst täglich gelebt, sondern auch einmal jährlich bewusst im Rahmen eines Projekttages oder einer Aktionswoche gestaltet wird. Anrede, diese Verpflichtung unterschreiben Sie heute offiziell, kommen ihr aber seit bereits zwei Jahren nach. 6 Nach der Teilnahme an einem Projekttag gegen Rassismus am 6. November 2013 ergriffen vierzehn Schülerinnen und Schüler der Unterstufen der gestaltungstechnischen und der informationstechnischen Assistenten als auch des Technischen Gymnasiums die Initiative und bildeten eine AG zum Thema „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ mit dem Ziel, Projektschule zu werden. Sie beschäftigten sich mit verschiedenen Erscheinungsformen von Rassismus, wie zum Beispiel mit ganz alltäglichen Stammtischparolen, die hinführen zu Rechtspopulismus und Fremdenfeindlichkeit – Menschenfeindlichkeit. Eine neue Gruppe, die von drei Lehrern begleitet wird, nahm im letzten Sommer am Präventionsprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen teil und fuhr gemeinsam dazu nach Düsseldorf. Sie gestalteten einen Programmpunkt für den Solinger Anti-Rassismus-Tag am 20. März diesen Jahres und dürfen heute die Auszeichnung „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ entgegennehmen. 7 Anrede, es ist Ihnen außerdem gelungen, eine besondere Patin für Ihre Selbstverpflichtung zu finden. Frau Mevlüde Genç, deren Namen mit großer persönlicher Leiderfahrung, aber auch mit einem engagierten Eintreten gegen alle Formen von Rassismus verbunden ist, wird Ihre Mitstreiterin im Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Unvergessen bleibt ihr Appell nach dem verheerenden Brandanschlag hier in Solingen: „Lasst uns Freunde sein“. Und Frau Genç hat vor gut zwei Wochen eine besondere Auszeichnung erfahren: Sie hat von der Ministerpräsidentin den Landesverdienstorden Nordrhein-Westfalens erhalten. Leider kann sie aufgrund dringender Familienangelegenheit in der Türkei heute nicht persönlich dabei sein. Ich freue mich aber, dass ihre Enkelin Özlem Genç ihr Grußwort verlesen wird. 8 Anrede, auch freue ich mich, dass die Kölner Band „M.I.X. – Music International against Xenophobia“ die heutige Feierstunde mitgestaltet. Durch ihre gemeinsame Musik werden Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Ländern und Kulturen unterstützt und setzen Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit. Anrede, mit dem heutigen Festakt werden Sie als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ausgezeichnet. In einer eindrucksvollen Weise haben Sie in den vergangenen zwei Jahren unter Beweis gestellt, wie wichtig es ist, auf den Anderen einzugehen und die Vielfalt in einer Schule zu nutzen. Dafür danke ich Ihnen und wünsche Ihnen und Euch für die weitere Umsetzung der selbst gewählten Verpflichtung als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ weiterhin gutes Gelingen. Sie sind die 461. Schule ohne Rassismus in NRW – eine große Familie. Das ist gut für Ihr Schulleben – das ist auch gut für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft!
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