Zuger Neujahrsblatt 1924

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Chronik des Kantons Zug iür das Jahr 1917
Dezember.
der eidg. Geschworenen geht ohne Personalveränderungen vor sich.
30. Der Menzinger Bürger M s g . J o h a n n H e g g l i n , bisheriger Militärgeistlicher an der Isonzofront wird nach
Wien zur Ablegung der Feld-Superioratsprüfung berufen.
Der Oktober nimmt mit Winterwetter in den Hochlagen Abschied.
3. In Unterägeri wird eine Volksküche eröffnet.
4. In Zug stirbt der stadtbekannte Schiffvermieter B e r n h a r d I t e n im Alter von 70 Jahren.
9. Grosses Militärkonzert der drei Spiele des AuszügerLandwehr- und Landsturmbataillons der Zuger Truppen
im Theater-Casino in Zug, dessen Ertrag zur Linderung
der Not armer Wehrmänner und ihrer Familien verwendet wird. Es resultiert ein Reinertrag von Fr. 500 —
November.
15. In der Metallwarenfabrik wird die Prüfung der neuen
5. Nach abermaligen 6 wöchigen Ferien wegen Rohstoffvon ihr hergestellten Stahlhelme für die eidg. Armee
mangel nimmt die Arbeiterschaft der Spinnereien Aegeri
vorgenommen.
ihre Beschäftigung bei reduziertem Betriebe wieder auf.
16. In Zug konstituiert sich eine Lehrervereinigung zur
Der zunehmende Mangel an Rohmaterialien zwingt
intensiven Wahrung der Standesinteressen und Förauch die Metallwarenfabrik Zug, die Arbeit einen Woderung der Kollegialität und Solidarität.
chentag ausfallen zu lassen.
17. Der kantonale zugerische Wirteverein ersucht den Re11. Die Bürgerratswahlen gehen einzig in Zug im Kampfe
gierungsrat, er möchte in Anbetracht der vielen Einvor sich, wo die „Allgemeine Bürgerliste" in den Vorschränkungen, welche dem Wirtschaftsgewerbe aufersprung kommt, sodass eine Personalveränderung im
legt wurden, die Herabsetzung der Patentgebühren in
Ratskollegium nicht entsteht. In Unterägeri werden
Erwägung ziehen.
sämtliche Ratsmitglieder, Rechnungsrevisoren, Schreiber 23. Die Korporationsgemeinde Oberägeri beschliesst die
u.Weibel aus Angehörigen des Geschlechtes Iten erkoren.
Ausrichtung einer Gratifikation von Fr. 5.— an die
15. Das VI. Morgartenschiessen am Morgarten geht unter
militärdienstpflichtigen Genossen, welche die GrenzbeAnteilnahme von 34 Sektionen zu je 10 Schützen vor
setzung mitgemacht haben.
sich. Offizieller Festredner ist Ständerat Jos. AnderDas Jahr 1917 kann mit Bezug auf die landwirtschaftmatt von Baar.
liche Produktion als ein befriedigendes taxiert werden.
19. Landsturminspektion in Zug, bei welchem Anlasse sich
Die Kirschenernte stellte sich gut ein. Die Kernobsternte
die schneidige 30 Mann starke Landsturmmusik orga- fiel besonders gut aus und die Getreideernte vollzog sich
nisiert und öffentlich produziert.
bei gutem Wetter befriedigend. Trotzdem auch der ErIm Kloster Frauental stirbt Chorfrau B e r n a r d a trag der Kartoffeln ein ergiebiger war, reichte er in unS c h u h m a c h e r ab Rebmatt, Blickenstorf, Baar.
serm Kanton zur Versorgung der Haushaltungen bei weitem nicht aus. Heuet und Emdet waren gut; trotzdem
25. Kirchenratswahlen im Kanton Zug, die in den meisten
Gemeinden mit Ausnahme von Risch in Minne verlaufen. war der Mangel an Futter notorisch und die Milcherträgnisse gingen stark zurück.
Im Kloster Frauental findet die Weihe der Äbtissin
A g a t h a B o s s a r d durch den neuen Abt von MehVon den zugerischen Industrien konnte die Mehrzahl
rerau Dr. C a s s i a n H a i d statt.
den Betrieb gegen Jahresende in vollem Umfange aufrecht
Grosser Weststurm auf dem Zugersee, dessen wild
erhalten. Die wesentlichsten Schwierigkeiten bestanden
erregte Wogen Schaden am Quai in Zug und an den
in der Beschaffung der Rohmaterialien. Anders lag es
Rötelnetzen in Walchwil anrichten.
bei dem Kleingewerbe. Besonders das Bauhandwerk lag
Darauf setzt am folgenden Tage, den
zufolge Ausbleiben von Aufträgen darnieder. Die teuren
26. winterliches Schneetreiben ein.
Rohmaterialien und hohen Arbeitslöhne hemmten die Bau30 Der Bundesrat hat T h o m a s N u s s b a u m e r von Un- lust und Messen es dem Handwerker schwer werden, diese
terägeri (ab „Rütli", Zug) zum Assistenten erster Klasse Preissteigerungen den auszustellenden Rechnungen anzuan der Schweizerischen milchwirtschaftlichen und bak- passen.
teriologischen Anstalt auf dem Liebefeld ernannt.
ZUGER
NEUJAHRS
BLATT
Herausgegeben von der Gemeinnü&igen
Gefellfchaft de» Kanton» Zug für da» Jahr
1924
Mitteilungen der Redaktion
fenenJahres aufnehmen muss. Unserm fleissigen
1 Den verehrten Mitarbeitern herzlichen Dank
Chronisten für seine mühevolle, fleissige Arbeit
einerseits für ihre uneigennützige, treue Mitarbesondern Dank.
beit, anderseits für die rechtzeitige Zusendung
3.
Möge
das Neujahrsblatt sich immer mehr in
ihrer Arbeiten. Wir bitten um fernere Mithilfe
allen Familien einbürgern, in welchen man für
und um Gewinnung neuer Mitarbeiter.
Heimatkunde und Heimatgeschichte Sinn hat.
2. Es ist wünschenswert, dass uns für das nächste
4
Schliesslich
machen wir darauf aufmerksam,
Heft Beiträge kleinern Umfanges zugehen oder
dass frühere Jahrgänge des Blattes zu billigen
solche, welche leicht geteilt werden können,
Preisen durch den Aktuar der Redaktionskomdamit wir für die Chronik mehr Raum gewinnen.
mission, Hrn. Albert Landis, Vorstadt 19 beEs sollte bald erreicht werden, dass man jezogen werden können.
weils nur noch die Chronik des eben abgelau-
Inhaltsverzeichnis.
*i~
Das Musikleben von Zug. Von Ed. Sporn, Zug
Seite 3
Gedichte von Isabelle Kaiser . . . • • • • • • 6l
Schulmänner und Pädagogen aus dem Kanton Zug.
Von H. AI. Keiser, Rektor, Zug
• • • •"
Goldenes Buch. Ehrentafel der Vergabungen im Kan-
—
ton Zug vom 1. Oktober 1921 bis 30. September
1922. Von AI Wickart
• •
Chronik des Kantons Zug für den Zeitraum vom 1. Januar 1917 bis 31. Dezember 1917. Von Andreas
Iten-Weiss
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ftelbftverla« der Gemeinnütoitfen Gefellftliaft
Verkauf: Papeterie Alb. Landi», Vorftadt, Zutf
ZUGER
NEUJAHRSBLATT
1924
Herausgegeben
von der
Gemeinnützigen Gesellschaft des Kantons Zug
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Landammann Franz Josef Michael Letter von"Zug
Oberst Im üeneralstab
Oeb. den 15. Dezember 1800, gest. den 28. April 1880
Oelgemiflde von Fr. Moos, 1882
im Bürgerspltal in Zug
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ZUG
Buchdruckerei J. Kalt zum Posthof
1923
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Franz Joseph Michael Letter
Oberst und Landammann in Zug (1800—1880)
und sein Geschlecht.
Von Dr. Wilhelm Jos. Meyer.
Die sympathische Erscheinung des Landam- in äusserst liebenswürdiger Weise den handmanns Frz. Jos. Michael Letter veranlasste mich, schriftlichen Nachlass Letters zur Verfügung stellte.
das Andenken an diesen wackeren Mitbürger durch Dieser war von seinem Onkel, Landammann
einen Vortrag in Zug wachzuhalten. Wenn dieser AI. Schwerzmann (1826-1898), dem Freunde Letters,
hier in erweiterter Form im Drucke erscheint, so in seinen Besitz übergegangen. Herr Bürgerschreiber
geschieht es auf den Wunsch des verdienten Mon- J. M. Weber-Strebel war so freundlich, mich seine
signore Rektor H. A. Keiser. Er machte mich auch genealogischen Notizen über das Geschlecht Letter
aufmerksam auf das Quellenmaterial bei Herrn benützen zu lassen. Ihnen allen spreche ich meinen
a. Gerichtspräsident Alois Schwerzmann, der mir aufrichtigsten Dank aus.
asch, wie der Schatten beim Sonnenuntergang, entflieht uns die Vergangenheit. Den denkenden Menschen
reizt es, den Spuren von Geschehnissen
und Gestalten, die das Gute anstrebten und viel
dafür erreichten, nachzugehen und festzuhalten,
zum Nutzen und Frommen der Gegenwart und Zukunft. Das gilt nicht nur für die Darstellung
grosser weltbewegender Ereignisse und ihrer Zusammenhänge, sondern auch für die Erwähnung des
Erlebten und Erstrebten des Einzelnen, besonders
wenn dieser die goldene Lebensschnur seiner
Vorfahren übernimmt und als letzter würdiger
Vertreter einer grossen Familientradition vor uns
steht. Landammann Letter war der letzte eines
Stammes, der weit zurückreicht. Es mag gerechtfertigt-sein, hier nähere Angaben über sein Geschlecht voranzustellen und durch einige Namen
zu charakterisieren.
begegnen wir diesem Namen schon 1331 in Aegeri,
wo das Geschlecht heute noch blüht. Laut dem
Urbar im Stiftsarchiv Einsiedeln bebaute ein Ruedi
Letto in diesem Jahre das „Leidergut" und den
„Kolomutzenacker" in Rieden bei Feusisberg2).
Ein Peter Letter kam in der Schlacht bei Bellenz
1422 ums Leben und ein Ulrich Letter, von Aegeri,
wird im Jahre 1484, für 20 n und eine Armbrust,
Bürger in Zug3). Es gab auch schon sehr früh
Letter in Baar; ob nun diese von dem Geschlechte
in Aegeri abstammen und nach Baar auswanderten,
oder umgekekrt von Baar nach Aegeri zogen, lässt
sich nicht mehr feststellen. Jedenfalls stammt der
Zweig in Zug aus Baar. Nikiaus (Kläwi, Klaus)
von Baar wird 1459 ins Bürgerrecht von Zug aufgenommen und nach de'm Stammbaum von Pfarrhelfer Ant. Wickart (auf der Bürgerkanzlei in Zug)
auch dessen Sohn Heinrich im Jahre 1482. Nikiaus,
der sich auch „am Letten" nannte, wird 1472
des Rates, der erste Landvogt im Thurgau,
Das Geschlecht der Letter in Zug.
1479—83 Ammann und einigemal Gesandter auf
Der Stammbaum der Letter in Zug1), dessen Tagsatzungen. Er half 1478 im Namen der Stadt
zum Bau der St. OswaldsWappen ein kleines 1 auf Goldgrund zeigt, geht Zug den Grundstein
4
kirche
legen
),
seine
Gattin
Katharina geb. Euster
zurück bis ins 15. Jahrhundert. Zum ersten Mal
Franz Joseph Michael Letter und sein Geschlecht
Franz Joseph Michael Letter und sein Geschlecht
vergabte dazu 20 Gl. Die eidg. Abschiede er- St. Michael in Zug, machte viele Stiftungen und
wähnen in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde Pfarrer in Meierskappel (1738-57)8). Er
auch einen Rudolf „am Letten"6). Der bereits war jedoch keineswegs der einzige Priester des
erwähnte Heinrich wurde Stadtschreiber (1483), Geschlechtes. Schon seit dem 16. Jahrhundert
des Rates (1489) und St. Oswalds-Pfleger (1493-96); finden wir ununterbrochen Angehörige der Familie,
er wohnte in der Altstadt-Untergasse neben der die sich dem geistlichen Stande widmeten. Nikiaus,
Taube. Eine erfolgreiche Laufbahn hatte sein Nach- der Sohn Balthasars (f 1591), war Pfarrer in
komme Johann; er war Obervogt zu Risch (1528-30), Lichtenstein. Von seinem Bruder, dem oben erZwingherr zu Rüti, des Rates (1542-57), Seckel- wähnten Joh. Balthasar (-]• 1596), traten zwei Kinder
meister (1544-45), Ammann in den Jahren 1549-54 ins Kloster: Katharina wurde Cistercienserin in
und 1571-72. Seine Wirksamkeit erstreckte sich Frauenthal und 1625 zur Äbtissin gewählt; Franz
über die Grenzen seiner engern Heimat; im Jahre war Conventuale und später Sekretär des Abtes
1564 half er als Gesandter bei der Errichtung des in Muri (f am 12. III. 1647)10), wo auch sein Vetter
Friedensvertrages zwischen dem Herzog von Sa- Joh. Kaspar die Gelübde ablegte, während ein
voyen und der Stadt Bern. Die Sprachenkennt- dritter Vetter Joh. Jakob (•;- 22. IX. 1674) als Pfarrer
nisse befähigten ihn zu dieser Mission; denn er und Dekan in Wohlen tätig war. Sein Bruder,
war Hauptmann in französischen Diensten und der bereits genannte Kaspar Letter (1608-63) über1579 auch in päpstlichen. Wenige Monate vor trug einen gar frommen Sinn auf seine 8 Kinder;
seinem Tode (am 4. IV. 1583) starb im gleichen eine Tochter Maria Magdalena wurde als Schwester
Jahre (am 31. I.) seine Gattin Ida geb. Müller, die Lucia Klosterfrau in Maria Opferung in Zug und
im Christina-Altar in der St. Oswaldskirche be- Oberin daselbst (f 5. V. 1703); 4 Söhne waren
graben wurde. Es wäre zu ermüdend, alle die Kapuziner, ein fünfter Bruder mit gleichem Namen
Aemter und Würden aufzuzählen, welche die Nach- wie sein Vater Kaspar und auch Maler von Beruf
kommen innehatten und in welchen sie für ihre (1637-1703) hatte von 14 Kindern sechs mit geistHeimat wirkten. Traditionell wurde in der Familie lichem Beruf, davon wiederum vier im Kapuzinerder militärische Geist. Sowohl des letzt genannten kloster, Joseph Anton (f 22. IV. 1719) war WeltSohn: Kaspar, der 1586 und 1590 auch das Amt geistlicher, eine Tochter Maria Gertrud Schwester im
des Statthalters bekleidete (f 1591), wie seine Kloster Maria Opferung in Zug (-|- 21 .II. 1698). So viele
beiden Enkel Joh. Balthasar (f 13. X. 1596) und edle Menschen, die sich in den Dienst der Kirche
Joh. Kaspar (f 21. VIII. 1640) waren Hauptleute in und des Staates stellten, konnten nur aus einem
französischen Diensten, letzterer im Regiment Geschlechte hervorgehen, das durch ideale GePfyffer. Ein dritter Bruder Joh. Jakob pflanzte das stalten von Frauen fortgepflanzt wurde. Sie entGeschlecht fort. Wie alle andern, war auch er stammen fast durchwegs aus alten Zugerfamilien
des Rates von 1640 bis zu seinem Tode am und verdienten alle sicherlich eine Erwähnung.
20. September 1652. Er besass den Hof Hennen- Die Gattin von Frz. Jos. Michael (1748-1825), des
bühl und half 1602 die Lukas-Bruderschaft, die ältesten Sohnes des oben genannten Placidus Jos.
Kunstgesellschaft von Zug, gründen. Ein reger Anton, war A. Maria Keiser, die Schwester des
Sinn für die Kunst wurde dem Geschlecht zu eigen ; Grossrichters Karl Frz. Keiser zum Frauenstein,
fast alle Nachkommen gehören dieser Bruderschaft des Grossvaters von Ständerat Keiser. Es sind
an. Zwei seiner Söhne: Kaspar (1608-1663)°) und die Eltern unseres Frz. Jos. Michael Letters.
Franz (1622-1693)7), 1674 Schultheiss des Grossen
Im braven Elternhause erhielt er den besten
Rates, waren Maler. Dessen Sohn Karl Anton
Ansporn zum Aufwärts und Vorwärts für das
(1708-34 des Rates, 1731-32 Statthalter) trat 1696
Wohl der Mitmenschen. Sein gleichnamiger Vater
als Apotheker in die Lukas-Bruderschaft.
trat in jungen Jahren als Kadett in französische
Ebensoviel wie für den Staat und die Kunst Dienste, wurde nach seiner Rückkehr in die Heimat
leisteten die Letter für Kirche und Religion Die Landmajor der Zuger Miliz und befehligte sie bei
beiden sich folgenden Stammhalter, der Chirurg der Grenzwache in Basel im Jahre 1792. NachJoseph Wolfgang (1697-1735) und Placidus Jos. dem er schon seit 1779 in den Rat gewählt worden
Anton (1724-78), Hauptmann und Ratsherr, ver- war, präsidierte er auch die Verhör-Kommission,
sahen das Amt des Kirchmeyers. Statthalters Karl war Mitglied des Schulrates, 1787-93 Landvogt
Anton ältester Sohn Oswald Anton (1694-1757) von Hünenberg, 1793-95 in Sargans und wurde
wirkte 12 Jahre lang (1726-38) als Pfarrhelfer bei 1809-11 an die oberste Stelle zum Ammann von
Stadt und Amt Zug gewählt. Er wohnte in der
Neugasse im Hause neben dem Grosshaus, das
jetzt einen Bestandteil desselben bildet. Ein Schlaganfall bereitete seinem verdienstvollen Leben ein
rasches Ende am 5. April 1825. Ueber die Tätigkeit dieses Ehrenmannes sagt der Nekrolog: „Jeder
seiner Handlungen in und ausser dem amtlichen
Kreise lag ein hoher Grad von Vaterlandsliebe zu
Grunde, die jeden Ruf desselben zu den manigfaltigsten Verrichtungen froh und willig beachtete.
In allen erwarb er sich durch würdevolle Offenheit,
Biedersinn und ein reines Rechts- und Pflichtgefühl die Liebe, das Zutrauen und die Hochachtung seiner Mitbürger, die ihm auch unwandelbar gewidmet blieb, als er (1820) von amtlichen
Geschäften zurücktrat."!1) An seinem Grabe trauerten
mit seiner Gattin (f 2. XII. 1827), eine Tochter
M. Kath. Barbera (f 10. IV. 1868) und drei Söhne:
Markus Anton Fidel (1785-1847), Karl Frz. Vikt.
(1787-1860) und unser Frz. Jos. Michael (1800-80).
Dieser war der jüngste. Wie er, ergriffen auch
seine beiden älteren Brüder die militärische Laufbahn und leisteten darin so tüchtiges, dass nähere
Angaben üder sie hier wohl angebracht sind.
verehrte; den übrigen Offizieren und Soldaten war
zur Gratifikation ein Monat Sold zugeprochen.11)
Solche Erfolge mussten den jungen Offizier ermutigen, für die Ausbildung des Wehrwesens
tätig zu sein; jene unruhigen Zeiten Napoleons
erheischten dringend eine Weiterentwicklung der
Wehrmacht. Markus Letter war ein eifriger Förderer; die Familientradition mochte es ihm nahelegen, die persönliche Kriegstüchtigkeit in fremden
Kriegsdiensten auszubilden. Bald genug bot sich
ihm Gelegenheit hiezu. Gegen Ende des Jahres
1814 schloss der König der Niederlande eine neue
Militärkapitulation mit den meisten Kantonen ab.
Es wurden 4 Schweizer-Regimenter angeworben,
die bis 1829 bestanden: das 29. unter von Jenner,
Bern; das 30. unter J. C. Ziegler, Zürich; das 31.
unter Sprecher, Graubünden und das 32. unter
Ludwig auf der Mauer, Schwyz. Für dieses letztere
liess sich Letter als Hauptmann anwerben. Sein
Chef, General Auf der Mauer, welchen Werbungsgeschäfte noch längere Zeit in Schwyz zurückhielten, gab der militärischen Tüchtigkeit und Tatkraft des wackern Zugeroffiziers die beste Anerkennung dadurch, dass er ihm das Kommando
und die Organisation des in der Festung Mastricht
Markus Anton Fidel Letter
(geb.24.II. 1785). Er zeigte von Jugend auf eine ausge- sich bildenden Regimentes übertrug. Diese Festung
sprochene Neigung für den Soldatenstand. Schon als hatte keine geringe Bedeutung, wie wir aus den
Knabe Hess er sich als Kadett bei der Fahnendeckung Aufzeichnungen des Zürcher Regimentskommandes von seinem Vater befehligten Bataillon ein- danten Ziegler ersehen. Dieser war am 4. März
teilen. Mit 24 Jahren kommandierte er als Haupt- 1815 bei seinem 30. Regiment in Gorcun angemann die Zuger-Kompagnie während der Grenz- langt und hatte mit ihm am 18. März den Treueid
besetzung von 1809, über die Rektor H. AI. Keiser geleistet, am gleichen Tage, an welchem der Fürst
im Zuger Neujahrsblatt von 1916 ausführlich und von Oranien als Wilhelm I. zum König der Niedergut berichtet (S. 26-32) und vom schönen Erfolg lande ausgerufen wurde. Die Berichte Zieglers
des jungen Hauptmanns nach 6-monatlicher Dienst- geben uns auch Aufschluss über die Dienstzeit
zeit sagt (S. 31): Unsere Kompagnie Letter mar- Letters im Jahre 181513):
schierte am 23. Oktober 1809 wieder ganz gesund
„Mittlerweile bereiteten sich grosse Ereignisse
und wohlbehalten in unsere Mauern zurück, ver- in Europa vor. Napoleon Bonaparte hatte am
sehen mit Zeugnissen aller Art, die dem militä- 26. Februar 1815 die Insel Elba verlassen und
rischen Stande zur Ehre gereichen können. Der war am 1. März zu Frejus bei Cannes gelandet,
Hauptmann Letter legte seine erhaltenen Zeugnisse, um seinen Marsch nach Paris anzutreten. Nimmerwelche er für sich und seine Mannschaft vom mehr hätten wir es uns am Tage unseres FahnenObergeneral sowohl als den Brigadechefen oder schwures und unserer feierlichen, dem neuen Könige
Obersten, wie auch noch von besonderen Ge- dargebrachten Huldigung in Gorcum träumen lassen,
meinden, zu seiner und ihrer Zufriedenheit erhalten dass zwei Tage später, den 20. März, Napoleon
hatte, dem hohen Kantonskriegsrate vor, welcher wieder als Kaiser der Franzosen anerkannt, und,
seine gänzliche Zufriedenheit dem Hauptmann, ohne irgend welchem Widerstände zu begegnen,
übrigen Offizieren und Soldaten bezeugte, dem seinen Einzug in Paris halten würde!"
Hauptmann zum Andenken und zur Dankbarkeit
„Die erste Folge dieses überraschenden Ereigeinen silbernen Säbel (jetzt im Besitze des Herrn nisses war für uns die Ordre, die Besatzung der
alt Gerichtspräsidenten A. Schwerzmann in Zug) zur Deckung der Niederlande wichtigen Festung
mit einem Begleitschreiben seines Wohlverhaltens Mastricht in aller Eile zu verstärken. Mit samt-
; • • ; • • !
8
Franz Joseph Michael Letter und sein Geschlecht
licher disponiblen Mannschaft meines Regiments das sich jetzt im Besitze von Herrn a. Gerichtsmarschierte ich daher am 30. März von Gorcum präsident AI. Schwerzmann befindet. Nach seiner
ab und rückte am 4. April in Mastricht ein. Wir Rückkehr am Neujahr 1830 fand er mehrere Jahre
trafen hier die ebenfalls mobil gemachten Abtei- lang Beschäftigung in der eidgenössischen Kriegslungen der drei übrigen Schweizerregimenter. In kanzlei an der Seite seines Bruders Karl Frz.
der Nacht vom 17. auf den 18. Juni 1815 mussten Vikt., bis er 1837 nach Zug kam und sich hier
die Tore von Mastricht geöffnet werden, um zer- im gleichen Jahre mit A. Maria Helene Roos auf
sprengten preussischen Flüchtlingen, Verwundeten der Burg vermählte, wo auch er seither seinen
und Fuhrwerken Einlass und Durchzug zu ge- Wohnsitz nahm. Die Landsgemeinde von 1839
währen. Nachdem Napoleon am 15. Juni die wählte ihn einmütig zum Landeshauptmann und
Grenze des Königreiches der Niederlande über- 1840 zum Ratsherr. In dieser Stellung an der
schritten hatte, besiegte er bekanntlich am Tage i Spitze der Zuger Miliz fand er sich ganz in seinem
darauf die Preussen in der Schlacht von Ligny. Element. Mit rastlosem Eifer arbeitete er an der
Der Andrang der Flüchtlinge liess uns auf ein Ausgestaltung und Vervollkommnung unseres
entscheidendes Resultat der Schlacht schliessen, Wehrwesens. Von ihm aus ging auch die Idee
und wir erwarteten nichts anderes, als den Flücht- zur Gründung einer kantonalen Offiziersgeselllingen in Kurzem die Sieger folgen zu sehen. Um schaft, die 1843 verwirklicht wurde, ihr widmete
von diesen nicht überrascht zu werden, stellte ich er seine letzten Lebensjahre.
im Kriegsrate, der sich sogleich versammelt hatte,
Er verstand stets mit grosser Beharrlichkeit
den Antrag, auf der bedrohten Seite alle Zugänge und Festigkeit ideale Ziele, die ihm als gut vorzur Festung auf angemessene Entfernung hin durch schwebten, zu verfolgen und auszuführen. Ein
Pikete bewachen zu lassen. Mit Zustimmung des gutmütiger Kern bei mitunter etwas barschem
Rates erteilte ich unverzüglich einem meiner Ba- Auftreten, ein ungeheucheltes Wohlwollen gegentaillone den Auftrag zur Uebernahme dieses Dienstes. über Mitmenschen, ein offener Biedersinn waren
Wider unser Erwarten blieb indessen die Nacht die Grundzüge seines Charakters. Als braver
über alles ruhig; wir erfuhren am Tage darauf, Katholik begleitete ihn ein festes tiefes Gottverdass Napoleon nach seinem Siege über die Preussen trauen durchs ganze Leben bis in seinem Tode
sich gegen die Engländer gewendet habe, und er- am 28. August 1847"). Dieses Jahr brachte auch
klärten uns daraus das Ausbleiben des Feindes für das Leben seines Bruders Karl Frz. Vikt. eine
vor unserer Festung. An demselben Tage, den Wendung.
18. Juni 1815, fiel bei Waterloo der Entscheid,
Oberst Karl Franz Vikt. Leiter
der Napoleons Herrschaft auf immer ein Ende (geb. am 3. Januar 1787 1B). Auch in ihm begegnet
machte. Für Mastricht war nun nichts mehr zu uns ein Mann, der sich in seinem Tun und Schaffen
besorgen; wir blieben dort ruhig noch sechs seinen Ahnen würdig zur Seite stellt. In seinen
Wochen in Garnison. Am 3. August mar- jungen Jahren verschaffte er sich durch Fleiss,
schierte ich mit dem Feldbataillon meines der Energie und Streben ein nicht gewöhnliches Mass
Reservearmee zugeteilten Regiments von Mastricht von Bildung, widmete sich vorerst dem Handelsnach Brüssel ab".
stände; später übte er in seiner Heimatstadt mit
Für Letter begann ein regelmässiges Garnison- grossem Erfolg den Advokatenberuf aus. Eine
leben, das er zu seiner Weiterbildung benützte. überwiegende Neigung führte auch ihn zum MiliIm Jahre 1822 erhielt er das Brevet als Major tärwesen. Mit seinem älteren Bruder Markus zog
und das Kommando über das erste Bataillon in er 1813 als Kommandant einer Abteilung Trainseinem Regiment, an dessen Spitze inzwischen mannschaft an die Grenze. Nachdem dieser Bruder
General Göldlin aus Luzern getreten war. Die 1814 in die niederländischen Dienste getreten war,
Kapitulationszeit der vier Schweizer-Regimenter kam er an dessen Stelle in der Leitung der Zuger
dauerte bis Ende 1828. Auf Drängen einfluss- Miliz während der Grenzbesetzung von 1815.
reicher Männer, besonders aus den südlichen und „Unsere erste Mannschaft Kompagnie wurde den
belgischen Provinzen verzichtete der König auf 19. März 1815 aufgeboten, eingeteilt und in Gareine Erneuerung und entliess unsere Regimenter. nison in Zug verlegt. Sie hatten keine Zeit sich
Wie seine Waffengefährten erhielt auch Letter eine in Waffen zu üben, obwohl selbe in Waffenübung
Pension und als Anerkennung für die fünfzehn- sehr unerfahren waren. Major Karl Franz Letter
jährige pflichtgetreue Dienstzeit ein Ehrenzeichen, erhielt den Oberbefehl darüber, Hauptmann Iten,
Franz Joseph Michael Letter und sein Geschlecht
Unterägeri, Oberlieutnant Hürli von Walchwil, gab seine Demission ein, um der Gefahr auszuerster Unterlieutnant Schön von Menzingen, zweiter weichen, gegen seinen Heimatkanton im Lager
Unterlieutnant Beutler (Butler) von Hünenberg der Gegenpartei stehen zu müssen. Die Tagwaren die Führer der Kompagnie. Diese vier satzung nahm am 6. September 1847 seine EntOffiziere waren des Militärdienstes sehr unkundig | lassung in ehrenvoller Weise entgegen, indem
und ohne militärische Kenntnisse. Dabei war sie ihm für die verdienstvolle 29-jährige TätigMajor Letter ein tätiger, geübter, in der französi- keit den verdienten Dank aussprach und ihm den
schen Sprache erfahrener Mann, der ihnen treff- Grad eines Obersten verlieh.
liche Dienste im militärischen Unterricht leisten
Er kehrte nach Zug zurück, wo in seinen Armen
konnte". Für diese Angaben und für die weitern vor wenigen Tagen (am 27. August) sein vielgeEinzelheiten über diesen Feidienst, in welchem liebter Bruder Markus verschieden war. Auf der
es bei dem Zuger Wachtposten in 7Vßsam 23 April grossen und letzten Landsgemeinde am 3. Oktober
zu einem Vorpostengefecht gegen die Franzosen 1847 wurde er unter grossem Jubel zu dessen
kam, sei auf „die Grenzwacht der Schweizer" Nachfolger als Landeshauptmann und damit zum
von Rektor H. AI. Keiser (Zuger Neujahrsblatt 1917, militärischen Führer des Kantons Zug gewählt.
Seite 50-54) hingewiesen. Major Letter war es Die angebotene Stelle eines Chefs des Generaljedenfalls zum guten Teil zu verdanken, dass die stabes der Truppen der Sonderbunds-Kantone
Zuger Kompagnie so ehrenvolle Zeugnisse erhielt. lehnte er ab. Während der folgenden Katastrophe
„Bei einer Revue am 7. Mai bei Yverdon rühmte verstand er in musterhafter Weise die Ordnung
der Divisionär Girard unser Betragen und Haltung bei den im Kanton Zug befindlichen Truppen
vor Angesicht der sämtlichen Truppen mit den aufrecht zu halten. Beim politischen Umschwung
Worten: „„Er wollte lieber ein Bataillon verlieren im Januar 1850 trat er als Grossrat in die oberste
als die Kompagnie der braven Zuger"". Das freute Landesbehörde; nahm jedoch 1852 keine Neuwahl
die Zuger sehr". Vom Mai bis August 1815 war mehr an, da Alter und zunehmende Kränklichkeit
Letter Aidemajor im Bataillon unter Oberstlieute- es ihm verunmöglichte, seinem Heimatlande Dienste
nant Andermatt von Baar. Den 11. August kehrten zu tun. Still und geräuschlos tat er fortan Armen
unsere Truppen wieder in ihre Heimat zurück. und Kranken Gutes bis zu seinem Tode am
Von dieser Dienstzeit liess Letter bei seinen Vor- 8. Februar 1860. Er war ein Ehrenmann im
gesetzten die besten Erinnerungen zurück und schönsten Sinne des Wortes, redlich und gewissenebnete sich dadurch den Boden zu seinem neuen haft in seinen amtlichen und Privatbeziehungen,
ehrenvollen Wirkungskreis.
offen und gerade, das, was er einmal als gut
Im Jahre 1818 wählte ihn die Tagsatzung zum und recht erkannt, überzeugungstreu und mit Enteidgenössischen Kriegssekretär mit Hauptmanns- schiedenheit festhaltend, ein warmer 1Freund seines
rang im Generalstabe. In dieser Stellung war er Heimat- und des Schweizerlandes."" ) An seinem
abwechselnd an den drei Vororten Zürich, Bern und Grabe stand der letzte Bruder, unser Franz Jos.
Luzern mit Eifer, Sachkenntnis und Uneigen- Michael Letter.
nützigkeit während einer langen Reihe von Jahren
für die Entwicklung des schweizerischen Heerwesens tätig und stieg bis zum Grade eines
Oberstlieutenants. Er hatte sich 1819 mit Anna
Maria Butler vermählt, die ihm zu seinem grössten
Schmerze im Jahre 1844 wieder durch den Tod
entrissen wurde. Die politische Veränderung der
Schweiz in den dreissiger Jahren, die Zunahme
des Liberalismus Hessen ihn nicht unberührt.
Seine persönliche konservative Ueberzeugung
konnte sich mit der Anschauung seiner Umgebung
nicht befreunden und so reifte in ihm der Entschluss, von seiner Stellung zurückzutreten. Als
im Jahre 1847 die Krisis herannahte und der Bruch
der sich feindlich gegenüberstehenden Parteien
unvermeidlich war, opferte er seine Stelle und
Oberst Franz Jos. Michael Letter
(1800-1880)"
a) Fremde Kriegsdienste in den Niederlanden
bis 1838.
Das Vorbild seines gleichnamigen Vaters und
der altern Brüder ermutigte Michael zu hohen
Zielen, die er stets hochhielt und die seine Leitsterne blieben. Von neun Geschwistern war er
das jüngste (geb. am 15. Dezember 1800). Seine
Jugend fällt in die kriegerischen Zeiten Napoleons,
in denen sein Vater und seine Brüder unter die
Waffen gerufen wurden. Es ist deshalb nicht zu
verwundern, wenn auch Michael nach dem Besuch
der Schulen in Zug und nach weiterer Ausbildung
durch Privatunterricht sich der militärischen Lauf-
10
Franz Joseph Michael Letter und sein Geschlecht
bahn zuwandte und schon in jungen Jahren als Lieute- erfolgte dann am 9. Dezember 1819. Michael
nant bei der Zuger Miliz eintrat. Im Alter von war begleitet von seinem Bruder Markus und
19Jahren kam er schon in niederländische Dienste. Pfarrer Klemens Damian Weber von Menzingen,
Damals, im Jahre 1819, war sein Bruder Markus der im gleichen Regiment Auf der Maur Feldvon den Niederlanden nach Hause auf Urlaub geistlicher war. In einer Mietkutsche kamen sie
gekommen, um zugleich neue Werbungen zu be- am 25. Dezember 1819 wohlbehalten in Gorkum,
sorgen. Herr a. Gerichtspräsident Schwerzmann dem Bestimmungsorte an, wo Michael Letter die
in Zug besitzt ein kleines Manuskript, in welchem Stelle als 2. Lieutenant beim Schweizer-Regiment
die Werbungen und die dabei bezahlten Werbe- Nr. 32 (Auf der Maur) inne hatte und auch nach der
gelder, Kopien von einigen Briefen mit Angaben neuenOrganisation im Laufe des Jahres 1820 bei der
über den Stand der Werbungen und der Text der V.Kompagnie des 1. Bataillons verblieb. Als das
Regiment 1821 in Oberst von
„Capitulation d. Regiment Suisse
Göldlin einen neuen KommanKatholiqued'Auf derMaurNr.32
danten erhielt, wurde Letter
au Service de Sa Majeste le Roj
Regiments-Adjutant und am
des Pays-Bas" enthalten sind.
9. November dem RegimentsVon den 56 genau mit Signalechef persönlich zugeteilt. Er
ment und Herkunft angegebenen
erfreute sich des Wohlwollen
Rekruten sind 17 aus dem Kanseines Kommandanten und beton Zug. Die Abreise schien
wahrte ihm stets ein treues
sich zu verzögern. Am 20. Aug.
Andenken und grossen Dank.
1819 schrieb Markus an HauptUeber das Tun und Treiben
mann Uttinger in Gouda (nach
im Garnisonsleben, über das
der Kopie in der genannten
Denken, seinen biederen ChaHandschrift): „Mit meinem letzrakter unterrichten uns am besten
ten Briefe zeigte ich dir die Abseine Briefe, von denen zwei
reise sämtlicher hier auf Weraus jener Zeit an seinen Freund
bung gewesenen Unteroffiziere
Jos. Suter in Zug erhalten sind
an und meldete dir zugleich,
und hier folgen mögen.17)
dass mein Bruder und ich ebenfalls mit nächstem abreisen
werden; allein seither haben
Gorcum, den 4tcn Mey, 1821.
sich sehr traurige und unanJugendblldnls
Mein theurster Freund!
Franz Josef Michael Letter
genehme Hindernisse in den
Einen Brief von einem treuen
Weg gestellt, mein BruderMichael nehmlich ist neuer- aufrichtigen Freund beynahe fünf Monate unbeantdings von dem früher einmal gehabten Nerven- wortet zu lassen, ist eine Sache, die denjenigen, der
fieber angegriffen worden und wir wissen dato esgethan hat, notwendig in einegrosse Verlegenheit
nicht, wie es ihm gehen wird; indessen zweifelt setzen muss, wie er den Brief anfangen soll,
der Doctor keineswegs an dessen Herstellung, wenn er endlich einmahl antworten will; besonaber glaubt selbst auch, dass es ziemlich lang ders wenn dieser Mensch, obgleich ein wenig
gehen werde; ich selbst aber kann nicht abreisen nachlässig im Brief schreiben, doch eine ehrliche
wegen unvorhergesehenen höchst dringenden Fa- Haut ist, und es nicht über's Herz bringen kann,
miliengeschäften die notwendig von mir und meinen sich mit einer Lüge, d. i. mit einem: „ich hatte
Brüdern berichtigt werden müssen und mich ihrer keine Zeit" durchzuhelfen suchen . . . . (es folgen
Wichtigkeit halber, selbst wenn ich schon wieder Worte der Freundschaft, dann:) Was sich allenbeim Regiment gewesen wäre, gezwungen hätten, falls hier in Gorcum Neues zuträgt, wundert dich
wieder heimzureisen. Da nun auf diese Art unsere vermuthlich auch nicht viel. — Wie es scheint,
Abreise sehr verzögert wird, besonders weil mein werden wir noch eine Zeitlang hier bleiben. Auch
Bruder Major [Karl Franz] schwerlich vor Ende
hat es den Anschein, als ob der provisorische
Oktober oder November hierher kommen kann,
Zustand unseres Regiments so langsam aufhören
so will ich Dich gebeten haben, beim Herr Genewolle, indem vor etwa drey Wochen Hr. Oberst
ral die nötigen Schritte zu tun, damit für uns
Göldlin von Tiefenau Nr. 32 führt. Er ist vor ein
kein Nachteil entspringen möge . . . " Die Abreise
paar Tagen nach Brüssel verreist, wo sich gegen-
Franz Joseph Michael Letter und sein Geschlecht
wärtig der Hof befindet; ob er nun von da das
nähere unserer Organisation mit sich bringt, steht
zu erwarten, vielleicht. — Ich lebe in Gorcum
so ungefähr immer auf die nemliche Weise. Die
Verrichtungen meines Dienstes füllen mir meine
Zeit so ziemlich aus, und was überschiesst, bringe
ich mit einem Spaziergang, mit einem Besuch da
oder dort, mit Musik oder lesen zu. Zu lärmenden Vergnügungen bin ich selten aufgelegt, und
nehme wenig theil daran. Ich hatte schon lange
im Sinne einmahl einen kleinen Ausflug nach
Rotterdam und dem Haag zu machen, allein meine
Kasse sagt immer Nein dazu, und ohne deren
gänzliche Zustimmung begreifst du leicht, lässt
sich so etwas nicht unternehmen. Auch ist in
der That hier alles (die langen weissen Tabakpfeifen ausgenohmen, es kostet eine zwei Deut,
wenn man sie en Detail kauft), unvernünftig teuer.
Und ein miserabler 2ter Lieutenant hat die liebe
Not, wenn er sich mit seinen 700 Gl. daraus
schlagen will, und muss nicht jeden Gülden, aber
jeden Stuiver, (deren in diesem Land 20 auf einen
Gl. gehen) berechnen. So dass sich meine Kasse
immer in einem verzweifelt mürrischen Humor
befindet, und glaube schwerlich, dass ich je ihre
Einwilligung zu oben erwähntem Ausflug werde
erhalten können.
(Den 6. Mey.)
Für Deine wegen der vakanten Lieutenantsstelle in Frankreich gethanen Nachfragen, empfange
meinen herzlichen Dank; ich erkenne Deine treue
Freundschaft darin, und leid tut es mir, dass ich
vermutlich nie in Fall kommen werde, Dir von
der meinigen tätige Beweise geben zu können.
Unser Regiment hat nun wieder einen Namen,
Hr. Oberst Göldlin wird sich vermutlich alle mögliche Mühe geben, um demselben soviel möglich
wieder aufzuhelfen. Wozu ich aber noch immer
keine grosse Hoffnung habe; indess begreifst du
doch leicht, dass ich, so lang nun noch hier einige
Aussicht ist, keine Schritte zur Erlangung obenerwähnter Stelle machen wollte, auch würde diess
immer mit viel Unkosten begleitet sein, welche
ich nicht zu bestreiten wüsste. — Theurster Suter,
Du hättest nicht nötig mir die unvergesslichen
unserer Freundschaft geteilten Stunden, ins Gedächtnis zu rufen, selbe waren nicht aus meinem
Herzen entschwunden, werden es auch nie. Audi
die künstlichste, prächtigste Promenade wird nie
im Stande seyn, die süsse Erinnerung an den alltäglichen stillen Spaziergang nach St. Carli Arm
in Arm mit meinem treuen Freunde auszulöschen.
11
Wohin ich auch kommen mag, stets werde ich
das Andenken an meine Vaterstadt und meiner
dortigen Freund mit mir tragen. Keineswegs
Vergessenheit dieser mir stets heiligen Gegenstände war es, die einstens den, ich gesteh es
Dir (selbst jetzt noch nicht ganz erloschenen) Gedanken in mir erregte, in einem andern Welttheile
nicht mein Glück zu suchen (denn diess werde ich
dann in diesem Falle doch nirgends mehr finden),
aber unbekannt mein Leben zu beschliessen, sondern nur Notwendigkeit ist und war es. Ich habe
keine Aussicht auf die Zukunft, und finstere
Ahnungen sagen mir, dass noch viel Kummer,
grosser Kummer meiner warte; dass ich nicht
ohne Ursache solch Ahnungen hege, brauch ich
Dir nicht zu sagen. — Doch reden wir von was
anderem, auch würde es mancher wenig delikat
finden, wenn ich ihn nur immer mit finstern
Briefen regelierte. Doch von Dir denke ich so
was nicht fürchten zu müssen, indess kann man
auch den Geduldigsten ungedultig machen. — Ich
habe Dir schon oben gesagt, dass ich meine Zeit
so immer, wie ich Dir bereits einmal schrieb,
zubringe. In der französichen Sprache bin ich
noch immer ein Stümper, doch haue ich mich
überall noch so passable damit durch. Mit der
holländischen Sprache geht es fast ebenso. Ich
verstehe die holländische Sprache gut, wenn ich
sie lese oder reden höre, wenn ich sie aber selbst
rede, so kann ich den doch spüren, dass es so
nicht ganz ist, wie es seyn sollte. Auch ist es
mir nun unmöglich mich ernsthaft auf etwas zu
verlegen. Ich habe zwar den ganzen Tag manche
halbe Stunde keine Dienstgeschäfte, aber doch sind
wenig Tage, an denen ich eine oder zwei Stunden
nacheinander für mich habe. Und wenn ich den
endlich Abends zu Hause komme, dann bin ich
wahrhaftig nicht im geringsten mehr zum studieren
aufgelegt. Ich bin hier in einem Particularhause
bekannt, wo man eine sehr schöne Sammlung
deutscher Bücher hat, unter der sich auch Schillers
sämtliche Werke befinden. Ich profitiere öfters
von der gütigen Erlaubniss, die man mir gab, so
oft ich wolle, Bücher zum lesen, zu verlangen;
ich lese wirklich Schillers Don Carlos, den wir
zusammen auch gelesen haben, und welches Stück
immer, ob ich gleich zum drittenmahl es lese,
doch nicht nur weniger, sondern selbst besser
mir gefällt als jemahls. Ich lese nun mitunter
auch bisweilen ein holländisches Buch. Doch die
meisten holländischen Bücher, die man in den
hiesigenBibliothekenhat,sind gewöhnlichdeutsche,
12
Franz Joseph Michael Letter und sein Geschlecht
auch französische oder englische Uebersetzungen.
Ich darf Dich fast nicht bitten, mir ja recht bald
wieder zu schreiben, weil ich es Dir gegenüber
so lange nicht getan habe. Aber du begreifst
doch leicht, dass du mir zu allen Zeiten hundert
Sachen aus Zug schreiben kannst, die auch mich
interessieren, während ich Dir von Gorcum eine
einzige. Dies ist auch die Ursache warum ich
genötigt bin meinen Brief, den ich eigentlich viel
grösser und länger zu machen dachte, zu schliessen,
weil es mir an Stoff dazu mangelt; Nimm darum
mit dem Wenigen für diesmal vorlieb. — Ich habe
mit dem letzten Neuen Jahr auch ein Briefchen
von G. Blunschi gehabt, worin er mir das Neue
Jahr anwiinscht. Grüsse mir ihn herzlichst und
sage ihm, dass ich ihm nächstens schreiben wolle.
Sein Bruder befindet sich sehr wohl.
Tausende der herzlichsten Grüsse an Deine
ganze treue Familie. Grüsse mir auch alle meine
Bekannten, die sich meiner noch etwa erinnern.
Und Du lebe recht wohl und bleibt stets mein
Freund wie ich der Deinige
M. Letter.
Den 12. Mey.
Es scheint tatsächlich, dass Letter wenig Zeit
zum Briefschreiben hatte. Nach dein Anfangsund Schlussdatum brauchte er acht Tage. Von
den wohl wenigen Briefen enthält auch der folgende beachtenswerte Angaben:
„Gorcum, den 16. März 1824.
Mein theurer Freund!
Nur um Dich von dem unglücklichen Gedanken,
dass ich Dich vergessen habe, und nicht stets mit
der neinlichen treuen Freundesliebe Deiner gedenke, abzuleiten, schreibe ich Dir diese paar
Zeilen, die, wenn nicht der Umstand, von einer
aufrichtigen Freundeshand geschrieben zu seyn,
einigen Werth ihnen gäbe, des Briefporto's unwerth wären, indem ich Dir nicht viel merkwürdiges zu schreiben habe. Meine Lebensweise ist
stets die alte und so eintönig als immer möglich,
und wird, so es seyn ka-nn, es noch mehr werden,
indem ich leider bald einen werthen Freund auf
immer veiiiehren werde, wenigstens alle Doctor's
verzweifeln an seiner Genesung, und stimmen
sämtlich überein, dass er die Auszehrung habe.
Es ist ein junger Herr hier aus der Stadt, mit
dem ich seit mehr als drey Jahren in enger Freundschaft lebe, und in dessen Haus ich stets als Hausgenosse angesehen wurde, er heisst van den Heuvel.
Du kannst Dir vorstellen, wie schmerzlich es für
mich ist einen werten Freund so dahin schwinden
zu sehen. Er ist besonders seit acht oder zehn
Tagen sehr zerfallen, und ich sehe nichts als ein
baldiges Ende vor. Herzlichst bedaure ich seine
schätzbare Mutter, die zu verständig und zu erfahren ist, um nicht die Gefahr, in der Ihr Sohn
schwebt, in ganzer Fülle einzusehen, ungeachtet
man es ihr noch stets wenigstens verbergen wollte,
und doch mit unbegreiflicher Standhaftigkeit vor
ihrem Sohne, der bis dahin nicht die mindeste
Ahndung davon hat, den Schmerz, der Tag und
Nacht sie foltert, zu verbergen sucht. Alle Zeit,
die mir meine Dienstverrichtungen übrig lassen,
bringe ich bei meinem kranken Freunde zu. Im
Monat Dezember war ich zwei Tage in s'Gravenhage, wo ich früher noch nicht gewesen [bin].
Die Stadt gefiel mir sehr wohl, schade, dass mir
meine Geschäfte nicht erlaubten, diese zwey Tage
einzig zur Besichtigung derer Merkwürdigkeiten
anzuwenden, wozu verschiedene Bekannte mir
gerne jede Gelegenheit verschaft hätten, allein ich
konnte nur in fliegender Eile die öffentlichen
Plätze, und den Park, der äusserst schön ist und
noch täglich verschönert wird, — den Sitzungssaal
der General-Staaten, und einige andere Säle zu
verschiedenen Zwecken bestimmt, z. B. Versammlung der Minister, des Tribunals etc. — besehen.
Es war mir leid, wären wir einige Viertelstunde
früher gewesen, hätte ich die General-Staaten
versammelt gesehen, was ich sehr gewünscht
hätte; ungeachtet der Kürze des Tages eilte ich
doch nach Scheveningen, ein Dorf am grossen
Meer, eine halbe Stunde von Haag, um wenigstens einige Minuten den Anblick des unermesslichen Weltmeeres zu gemessen. Den ersten Abend
wohnte ich einem sehr schönen Concert bey, den
zweiten hatte ich noch Geschäfte bis gegen neun
Uhr, dann ging ich noch in's französische Theater,
was mir nicht extra gefiel und für eine Residenz
sehr mittelmässig vorkam . . . [Beschreibung der
Rückreise nach Gorcum |.
Hier haben wir den Winter durch Spiel- und
Bal-Casino's und alle vierzehn Tag Theater; ob
ich gleich, da man nicht anders kann, auch suscribierte, so habe ich doch noch nie den ersternwohl aber den beyden letztern mehremal beygewohnt.
Mein Bruder [Marx] grüsst Dich und die Deinigen vielmahl. Sey doch so gut und sage meinen
Eltern mit Meldung meines Wohlseins und tausend
Grüssen, dass ich in kurzer Zeit an C. Franz
schreiben und dann an sie einen Brief beylegen
werde. — Marx lässt sie auch vielmahl grüssen;
Franz Joseph Michael Letter und sein Geschlecht
dann noch eine Gefälligkeit, nemlich ferner meinen
Eltern sagen, sie möchten sich bey Hr. Jakob
Ant. Stadiin erkundigen, ob er von Hr. Lieutenant
Christen, der in Unterwaiden auf Werbung ist, eine
Louis d'or für Rechnung eines Soldaten Rölly
empfangen habe; ich habe selbe bereits vor
einigen Monaten an Lt. Christen mitgegeben und
seither nichts mehr davon gehört. — Nichts für
ungut.
Was sagst Du von Hedigers und Aklin's
Heyrath? Sage an Moos, dass der Astronom nun
seinen Teleskop an den Nagel hängen könne. —
Wie sieht's mit Dir aus, mein lieber Suter, wirst
Du nicht auch bald dem Beyspiel der obigen
folgen, Glaube mir, stelle es nicht zu lange aus, —
aber sey vorsichtig, — denn an der Seite eines
geliebten Weibchens das Leben zu gemessen,
muss meines Dünkens das grösste Glück seyn, —
mir ist so etwas nicht bestimmt, — Du aber
kannst es mit Zuversicht hoffen, und bist Du
einst so weit, um diesen Schritt zu thun, glaube
dann, theurster Freund, dass niemand mit aufrichtigem, treuerm Herzen als ich Dir ein ununterbrochenes zufriedenes und glückliches Leben
wünscht. — Bleibe stets mein Freund. — Lebe
wohl! Der Deinige
M. Letter, 2. Lt."
Er sehnte sich nach seinen lieben Angehörigen
und seinen Freunden und hoffte 1824 nach Zug
kommen zu können; jedoch vergebens. Er sah
seinen hochbetagten, teuern Vater, der am 5. April
1825 starb, nicht mehr. Um wenigstens noch seine
besorgte Mutter am Leben zu treffen, suchte er
einen Urlaub zu bekommen, der ihm auch vom
18. November 1825 bis 28 Juli 1826 gewährt wurde.
Seine Mutter sah er zum letzten Mal, sie starb
im nächsten Jahre 1827. Die Rückreise erfolgte
in Gesellschaft von neun andern Schweizer Offizieren, die auch in Holland dienten. Am 3. August
1887 wurde Letter zum Adjudant-Major beim
1. Bataillon befördert und damit ein weiteres
Avancement in Aussicht gestellt. Wie bereits erwähnt wurde, kam mit dem Ende des Jahres 1828
der unerwartete Beschluss des Königs, die Schweizer
Regimenter aufzulösen. Michael Letter hatte die
Wahl, entweder mit seinem altern Bruder Markus
in die Heimat zurückzukehren oder bei den holländischen Nationaltruppen Verwendung zu suchen.
Im Vertrauen auf die guten Empfehlungen seiner
Vorgesetzten entschloss er sich für das letztere
und wurde berücksichtigt. Im September 1829
kam er nach Natnur, seinen neuen Bestimmungsort.
13
Im Königreich der vereinigten Niederlande
(das heutige Holland und Belgien) gährte es seit
Jahren. Den nationalen und religiösen Gegensatz
zwischen den reformierten Holländern und den
katholischen Belgiern brachte die französische JuliRevolution von 1830 zum Ausbruche. Eine revolutionäre Erhebung gegen das Haus Oranien und
die holländische Herrschaft überhaupt verbreitete
sich rasch in ganz Belgien; nicht umsonst hatte
dieses auf die Entlassung der fremden Bayonette
(derSchweizer) gedrungen. Nun gelang es ihm, sich
von Holland loszureissen und ein eigenes Königreich zu errichten. Bei der Erhebung der Belgier
konnte Letter mit knapper Not und auf Umwegen
nach Holland gelangen, um sich dort den Truppen
anzuschliessen. Er wurde zum 1. Lieutenant befördert und im Feldzug gegen Belgien auf den
Vorposten in Staatsflandern öfters als Parlamentär
verwendet. Das folgende Jahr 1831 brachte ihm
die Ernennung zum Ritter des Wilhelm-Ordens
IV. Klasse und 1832 als weitere, ehrenvolle Auszeichnung das metallene Kreuz (beide befinden
sich im Besitze des Herrn a. Gerichtspräsident
A. Schwerzmann). In einem Briefe an seinen Bruder
K. Franz schreibt er von Oostburg am 1. Dez.
1835 u. a.: „Die politischen Sachen liegen noch
immer im Nebel, der wahrscheinlich nur durch
Sturm und Ungewitter wird können zerstreut werden.
An unsererSeite scheint man gegenwärtig vonBelgien
nicht viel zu fürchten, da dieTruppen imNordbrabant
sich einigermassen und in die Vestungen ziehen;
wir aber, die am linken Scheide-Ufer stehen,
scheinen die nemliche Position halten zu müssen,
wenigstens hören wir noch von keinen Veränderungen".
„Das Fieber hat mich, wie gewöhnlich, wieder
tüchtig besucht; seit etwa 14 Tagen bin ich ziemlich wohl. Der Herr Major Legier (Marx kannte
ihn, er stund früher beym 31. Reg.), welcher auch
in Staatsflandern lag, ist vor ungefähr zwey Monaten gestorben, und wenig Tage nach ihm starb
auch sein Adjutant. Ich hatte mit beiden in freundschaftlichen Verhältnissen gestanden, sodass mir
der Verlust beider viel Mühe machte. — Mit Leidwesen vernahm ich das Absterben unseres Oncle's
und Vetters Carl Franz Keiser. Sage der Schwester,
dass ich des Keisers alle vielmahl von mir grüsse
und ihnen meine aufrichtige Theilnahme bezeuge,
auch an Hrn. Landschreiber Keiser wegen dem
Verlust seiner Gattinn."
In einem späteren Briefe vom 20. Januar 1837
vernehmen wir bereits von Letters Vorhaben, sich
14
Franz Joseph Michael Letter und sein Geschlecht
nach Ostindien versetzen zu lassen, einen Plan,
den er 1839 ausführte und für ihn eine wesentliche Aenderung bedeutete; er schreibt darüber
u. a. an seinen Bruder C. Franz:
„Wenn Du etwas näheres weisst wegen der
bewussten Werbung oder Capitulation für Ostindien schreibe mir's dann. Es wurden wirklich
wieder zwey Erste Leutenants für Indien aus der
Infanterie verlangt; doch allein um zur indischen
Armee in Rang und Anciennetät überzugehen,
diess würde ich nicht annehmen und gienge nie
anders als mit einer Grads-Erhöhung; auch ist
dabey festgesetzt, dass diese 1. Leutenants nicht
über 35 Jahre alt seyn dürfen. Ein ander mahl
mehr, ich muss jetzt sorgen, dass diese Briefe
wegkommen. — Seyd alle recht herzlich gegrüsst.
Sey immer überzeugt, dass ich stets mit dankbarem Herzen erkenne, dass Du mit treuer Liebe
an mir hängst und nichts, dann mein Glück wünschest. Doch wie wenige Menschen finden es!
In jedem Falle hätte es mir ja in vielem bey
weitem so gut nicht gehen können, als wirklich
geschah. Kann ich auch nichts für die Zukunft
sammeln, kann ich doch immer noch ruhig von
einem Tag und Monat zum andern leben, ruhig,
wo auch noch das Schicksal mich mag herumführen, jedem in's Auge' sehen, weil ich immer
rechtschaffen war und willens bin, es stets zu
bleiben, und das ist doch auch was werth. —
Lebt nun wohl!"
Im Januar 1838 wurde er zum Hauptmann bei
den indischen Truppen befördert. Bevor er Europa
verliess, kam er ein zweites Mal auf Urlaub nach
Zug, in seine Vaterstadt.
(Fortsetzung im Neujahrsblatt 1925).
Schulmänner und Pädagogen
aus dem Kanton Zug
Drei
bedeutende
Schulmänner
aus dem
Kanton Zug
Eine schulgeschichtliche Studie
pon H. AI. Keiser, Rektor, Zug
;
(P o r t s e t z u n g u n d S c h 1 u s s *)
P. lldephons HUrlimann
von Walchwll
geb. den 22. Febr. 1820
gest. den 24. März 1894
Heinrich Baumgartner
von Cham
geb. den 24. Mal 1846
gest. den 13. Okt. 1904
Professor Rudolf Welss
von Zug
geb. den 8. Februar 1869
gest. den Kl. März 1918
ie Entwicklung des andern in Menzingen
gegründeten Instituts hat Prof. Rudolf
Weiss im Neujahrsblatt 1921 einlässlich
dargestellt. Daher hier nur in Kürze
einige Notizen über die Gründer.
Hegglin Jos. Alois, geb. den 22 Mai 1811 in
Menzingen, studierte in Engelberg, war Hauslehrer
in Mailand, studierte in München Theologie, wurde
Priester, war 1847-52 Kaplan in Oberägeri, dann
bis 1858 Prof. und Präfekt am Gymnasium in Altdorf, gründete dann ein Institut in Menzingen, das
er aber schon 1861 seinem Verwandten Dr. med.
J B. Staub übergab. Nach kurzem Wirken in Disentis
und in Küssnacht wurde er Stiftskaplan und Musiklehrer in Beromünster.wo er am 15. Sept. 1874 starb.
J. B. Staub von Menzingen, geb. in Baar 1833,
besuchte die Schule in Menzingen, wohin sein Vater
später übergesiedelt war, studierte in Engelberg,
Fischingen, Zug und Einsiedeln, widmete sich in
Zürich, Würzburg und Prag medizinischen Studien,
bestand 1854 die Staatsprüfung, praktizierte bis
zum Tode seines Vaters (1859) in Baar, dann in
Menzingen, übernahm nach dem Tode seiner Gattin
das Hegglinsche Institut, welches er a. 1862 nach
Zug, in den Frauenstein verlegte. Später mietete er
noch den Seehof. 1869 gründete er das Institut
Neufrauenstein, welches er vorzüglich ausstattete.
Nach mehrjähriger Blüte sank es infolge widriger
Umstände, und nach bittern Erfahrungen musste
Dr. Staub im Februar 1879 als gebrochener Mann
seine Gründung verlassen. Er überlebte diesen
Schlag nicht lange. Als er sein Ende nahen fühlte,
rief er mit den schönen Worten: „Ein verirrtes
Schäflein sucht seinen Hirten" den greisen Stadtpfarrer Sidler. Gebrochenen Herzens starb der ideal
*) Bedeutend gekürzt.
veranlagte Mann am 7. Nov. 1879. Die ferneren
Schicksale seiner Gründung siehe in der zitierten
Arbeit von Prof. Rud. Weiss sei.
..
Grössern Erfolg hatten zwei Institute, welche
sich aus unscheinbaren, einfachen Anfängen entwickelten, nämlich das Kloster Maria Opferung in
Zug und das Institut Hl. Kreuz bei Chain.
Das Stift Maria Opferung in Zug entwickelte
sich aus einer schon 1380 bestehenden Vereinigung
religiös gesinnter Jungfrauen, die sich mit Gebet,
Handarbeit (Weberei, Verfertigung v. Wachskerzen)
und Krankenpflege beschäftigten. 1570 schlössen
sie sich dem 3. Orden des hl. Franziskus an. Da
ihre Zahl wuchs, beschlossen sie a. 1606 ein Kloster
zu bauen. Der damalige Stadtbaumeister Jost
Knopflin leitete den Bau unter so günstigen Umständen, dass die Schwestern schon im November
1608 das neue Heim beziehen konnten. 1611 kam
die von vielen Schwestern gewünschte Organisation
zum festern Verbände, der heutigen Klostergemeinde
zu Stande. Da sich viele Töchter zum Eintritt meldeten, musste der Bau a. 1630 vergrössert werden.
Von nun an widmeten sich einige Schwestern auch
dem Unterricht der weibl Jugend. 1657 antwortete
der Konvent auf ein diesbezügliches Gesuch des
Rates, sie wollen ihr Bestes tun, aber nicht verbunden sein. So entstand eine Privatschule, welche
nach und nach nicht nur von Stadtkindern, sondern
von Töchtern auswärtiger Familien besucht wurde.
Diese fremden Töchter hiessen „Kosttöchter", weil
sie Kost und Wohnung im Kloster hatten. Jede
Schülerin aus der Stadtgemeinde hatte „jede Fronfasten 20 Schillinge" Schulgeld zu bezahlen Die
Gemeinde besoldete die Schwestern nicht, sondern
spendete dem Kloster jährlich einen Beitrag von
7 Gulden und lOSchillingen. Nach der Umgestaltung
der Schweiz a. 1798 war in mehreren Kantonen der
18
Schulmänner und Pädagogen aus dem Kanton Zug
Bestand der Klöster schwer bedroht. Die Novizenaufnahme wurde verboten. Das Verbot der Novizenaufnahme und die Inventarisation in vielen Klöstern
Hessen das Schlimmste befürchten. In diesen schwierigen Zeiten entschloss sich die Frau Mutter
M. Theresia Uttinger (geb. 1758, gest. 1. Sept. 1824)
„ein Schulinstitut" einzurichten. Der junge tatkräftige Professor und spätere Präfekt F. X. Brandenberg wirkte eifrig mit. Er entwarf einen passenden
Lehrplan und erteilte den Lehrerinnen selbst Unterricht (1802). Das gefiel. Bald wurde auch die
Töchterschule ausser dem Kloster reorganisiert. Der
Erfolg war glänzend. Die Frequenz stieg, 1804 sicherte der Rat demKlosterdas fernere Fortbestehen.
Das schon 1707 errichtete Schulhaus wurde a.
1804/05 mit bedeutenden Kosten umgebaut. Nach
Gestattung der Wiederaufnahme von Novizen (1805)
gewann das Kloster bald eine Reihe tüchtiger Lehrkräfte und erfreute sich bald sehr ehrenvoller
Anerkennung von Seite der Behörden und auswärtiger Schulmänner. Der berühmte Prof. Sailer, der
spätere Bischof von Regensburg äusserte sich sehr
anerkennend. Und Freiherr von Wessenberg, Generalvikar von Konstanz war nach seinem Besuch,
am 25. Juni 1808 so zufrieden, dass er dem Konvent empfahl, je zwei Schwestern aus den St. Gallischen Klöstern St. Georgen und Wil aufzunehmen,
damit die Unterrichtsmethode von Maria Opferung
auch dort Eingangfinde. Auch in öffentlichen Blättern
und in einer Schrift des protestantischen Pfarrers
und Dekans Fäsi in Riffertschwil wurde der Schule
volle Anerkennung gezollt.
All diese baulichen und organisatorischen Verbesserungen verursachten bedeutende Kosten,welche
in opferwilliger Weise vom Kloster übernommen
wurden. Zudem verzichtete das Stift auf die jährlichen Schul- und Fronfastengelder. Zum Dank
verordnete der Stadtrat am 9. Nov. 1805 eine jährliche Spende von 6 Klaftern Tannenholz.
In der Folge beschäftigten sich sowohl die kantonalen als die städtischen Behörden immer mehr
mit der Ausgestaltung des Schulwesens. Der Schulbesuch wurde obligatorisch und der Lehrplan gewann durch die Aufnahme von sog. Realfächern
z. B. Geschichte, Geographie, Buchhaltung und französische Sprache und später noch Naturkunde und
Zeichnen eine bedeutende Erweiterung. Das erforderte aber auch eine Erweiterung der Schule. Diese
gliederte sich nach und nach in vier Klassen mit
je zwei Abteilungen. Später erfolgte eine Teilung
in sechs Primär- und zwei Sekundarklasscn.
Um den Töchtern, welche die Sekundärschule
nicht besuchen konnten, Gelegenheit zu bieten, das
in der Primarschule Gelernte zu vertiefen und zu
erweitern und sie für das praktische Leben möglichst
heranzubilden, wurde im Jahre 1858 die sogenannte
Sonntagsschule errichtet. Diese umfasst drei Jahreskurse, der Unterricht erstreckte sich besonders auf
Religions- und Sprachlehre, Rechnen,Schreiben und
Haushaltungskunde. Das Schulgesetz von 1898 bestimmte, dass die Schüler und Schülerinnen, welche
die Sekundärschule nicht besuchen, einen ganzjährigen siebten Primarkurs zu besuchen haben.
Dadurch war die Sonntagsschule überflüssig geworden.
Schon a. 1804 war die sogenannte Arbeitsschule
errichtet worden, in welcher den Schülerinnen unentgeltlicher Unterricht im Stricken, Nähen und derlei
weibl. Handarbeiten erteilt wird. Diese Schule erfreute sich einer besondern Lehrerin, welcher eine
Gehilfin beigegeben war.
Die Zunahme der Bevölkerung und der gute
Ruf der Schule verursachten gegen Ende der
Fünfziger und im Anfang der Sechziger Jahre des
vorigen Jahrhunderts eine solche Erhöhung der
Frequenz, dass die vorhandenen Räumlichkeiten
nicht mehr genügten. Da entschloss sich das Kloster
wiederum zu einem grossen Opfer, nämlich zum
Bau eines neuen Schulhauses aus eigenen Mitteln.
Die umsichtige Frau Mutter M. Salesia Meyer beauftragte den praktischen und energischen Baumeister Leopold Garnin mit der Ausführung. Das
herrlich gelegene, stattliche Gebäude konnte zur
Freude des Konvents und der ganzen Bevölkerung
schon im Herbst 1863 bezogen werden.
In der Zeit von 1874—1885 gewann die Schule
noch weitern Ausbau durch die Einführung des
Zeichenunterrichtes und durch Erweiterung der
Arbeitsschule, die nun von zwei ständigen Lehrerinnen geleitet wird.
Von 1889 an erhielten die Institutstöchter nicht
mehr in der öffentlichen Schule Unterricht, sondern
im Kloster selbst, von eigens für sie bestellten
Lehrerinnen.
Später erfolgte der innere Ausbau des Instituts,
indem den dortigen Schulen (Vorkurse für fremdsprachliche Töchter, Realschule) ein LehrerinnenSeminar und ein Handelskurs angegliedert wurde.
Um den Anforderungen zu genügen, welche
die Neuzeit in hygienischer und pädagogischer
Hinsicht an Erziehungsinstitute stellt, beschloss
der Konvent im Jahre 1889 unter Leitung der Frau
Mutter M. Augustine Gemsen einstimmig den Bau
Schulmänner und Pädagogen aus dem Kanton Zug
eines neuen Instituts. Der hochwürdigste Diözesanbischof Leonard Haas, viele Schulmänner
und die Stadtbevölkerung begrüssten freudig diesen
Entschluss und ermunterten den Konvent, den Plan
rasch auszuführen. Mit der ihm eigenen Energie
machte sich der bewährte Garnin ans Werk. Im
Herbst stand der Bau schon unter Dach und am
Ende Juli 1890 „konnten sich mit dem Bauführer die
verschiedenen Handwerker rühmen, in schönstem, •
einträchtigen Zusammenwirken ein Haus erstellt
und eingerichtet zu haben, das nicht nur die DankAnerkennung der zunächst Interessierten, sondern
auch das einmütige Lob aller jener erntete, die
es bisher gesehen und einer nähern Prüfung unterzogen haben."
Damit waren die Opfer, welche das Stift im
Interesse des Schulwesens gebracht hat, noch nicht
beendet.
Man erzählt, Baumeister Garnin habe anno
1864 nach der Vollendung des neuen Schulhauses
gesagt: „Dieses Haus genügt für die Schule auf
hundert Jahre". Er ahnte nicht, dass die Bevölkerung der Stadt in dem Masse zunehme, wie
das von 1870—1890 der Fall war. Gegen Ende
des 19. Jahrhunderts genügten die Räume des
Schulhauses für die stetig wachsende Zahl der
Schülerinnen nicht mehr. Daher beschäftigte sich
die Frau Mutter M. Margaritha Real, welche viele
Jahre hindurch als Lehrerin gewirkt hatte, ernstlich mit dem Gedanken einer Vergrösserung. In
höchst opferwilliger Weise ging der Konvent auf
diesen Gedanken ein. So kam anno 1899 unter
Leitung von L. Garnin ein Anbau zu stände,
welcher fast so gross ist, wie das bisherige Schulhaus.
Damals hoffte man, es werde mit Bauten für
die Töchterschule auf längere Zeit sein Bewenden
haben. Allein das gewaltige Aufblühen mehrerer
industriellen Geschäfte, veranlasste binnen kurzer
Zeit eine so rasche Zunahme der Bevölkerung,
dass wieder ein Bau nötig wurde.
Wiederum entschloss sich das Stift zu einem
grossen Opfer und anerbot sich, das Schulhaus
nochmals zu vergrössern. Allein da auch die
Knabenschule an Platzmangel litt und da viele
Bewohner der Neustadt ein Schulhaus in ihrer
Nähe wünschten, fand das Angebot in der
Einwohnergemeinde nicht die nötige Stimmenmehrheit.
Am 26. April 1908 bewilligte die Einwohnergemeinde einen Kredit von 350,000 Fr. für ein
neues Schulhaus. Dieses wurde im Neustadt-
19
quartier von der Firma Keiser und Bracher den
neuesten Anforderungen gemäss erstellt. Knaben
und Mädchen der im Neustadtquartier wohnenden
Eltern besuchen nun dort die Schule. An dem
Kochkurs jedoch nehmen auch Mädchen aus dem
innern Schulkreis teil.
Als sich einige Zeit vor dem Kriege ein starker
Zuwachs von Italienerkindern zeigte, wurden die
Italienermädchen wieder der Schule bei Maria
Opferung zugeschoben, was die Aufgabe der dortigen
Lehrerinnen nicht wenig erschwerte.
Nebst all den vielen Opfern für das Schulwesen verdanken wir dem allzeit hilfsbereiten
Stift in neuester Zeit noch ein wichtiges pädagogisch -charitatives Werk. Die Fürsorge für
Schwachsinnige fand allmählich auch in unserm
Kanton Eingang und erweckte den Wunsch nach
Errichtung einer Abteilung für schwachsinnige
Kinder. Diesem Wunsche kam das Stift höchst bereitwillig entgegen, besoldete eine für den schwierigen Unterricht speziell ausgebildete Lehrerin und
stellte ein grosses Schulzimmer zur Verfügung.
So trat anno 1918 die Schule für Schwachsinnige
ins Leben. Durch dieses Werk hat sich das
Kloster neuerdings grosse Verdienste erworben.
Die öffentliche Schule bei Maria Opferung besteht gegenwärtig aus folgenden Gruppen: 1. Klasse
für Schwachsinnige (drei Abteilungen), 2. Primarschule (sieben Klassen), 3. Sekundärschule (drei
Klassen). An der Schule wirken, die Arbeitslehrerinnen inbegriffen, 13 Schwestern und eine
Lehrerin weltlichen Standes. Der Religionsunterricht wird von vier Mitgliedern der Pfarrgeistlichkeit erteilt.
Die Pensionats-Schule umschliesst: 1. einen
Vorbereitungskurs für fremdsprachliche Töchter,
2. eine dreikursige Realschule, 3. einen Handelskurs (zwei Abteilungen), 4. ein Lehrerinnen-Seminar
von vier Jahreskursen), 5. einen Sprachkurs und
Arbeitslehrerinnenkurs. An diesen Schulen wirken
17 Schwestern. Der Religionsunterricht wird von
einem Pater aus dem hiesigen Kapuzinerkloster
erteilt.
Unter den aus Zug stammenden verstorbenen
Lehrerinnen ragten besonders hervor: Sr. M. Johanna Moos, geb. den 21. Februar 1835, gest. den
8. Mai 1899, Frau Mutter von 1891 — 1897. M.
Edmunde Keiser, die langjährige Präfektin des
Instituts und Organistin, geb. 1825, gest. 19. Januar
1883 und M. Salesia Bossard, geb. den 20 Januar
1851, gest. den 31. Mai 1920.
20
Schulmänner und Pädagogen aus dem Kanton Zug
Mit Recht sagt der Geschichtsschreiber des
Stifts: „Die Gemeinde darf sich glücklich schätzen,
die eine solche geistliche Genossenschaft besitzt,
welche durch Wohltätigkeit und Gemeinnützigkeit
besonders gegen die liebe Jugend und die Armen
aller Art sich auszeichnet". P. A. Wikart.
Vgl. Fäsi Joh. Kaspar, Nachricht von der Töchterschule im Frauenkloster bei Zug. Zürich, Gessner,
1811. Wikart Paul Ant., Pfarrhelfer, das Frauenkloster Maria Opferung in Zug. Im Geschichtsfreund, XV. Bd., S. 208—256.
Pater Lucius Lang, 0. Cap. Aus dem Schulleben bei Maria Opferung in Zug, in „Katholischen
Schweizerblätter", 1891. Auch Separat, Luzern,
Räber, 1891, 10 S. in 8°.
An der Gründung und Entwicklung des Institutes Heiligkreuz bei Lindencham*) hat der ideale
Sinn und die Schulfreundlichkeit des Zuger Volkes
in hervorragender Weise mitgeholfen. Zwar hat
dasselbe seine Wurzeln im Kt. Luzern, wo in den
vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts die „Genossenschaft der Lehr- und Waisenschwestern von
Baldegg" gegründet wurde. In der kirchen- und
klosterfeindlichen Zeit des Sonderbundskrieges
wurde dieselbe aber durch Regierungsdekret vom
S.April 1853 förmlich aufgehoben u. die Schwestern
zum Wegzug gezwungen.
Ein Trüppchen dieser Ausgewiesenen kam im
gleichen Jahre 1853 nach Cham, wo sie im Hause
des Herrn Kantonsrichter Balthasar Butler, in
Kemmatten, gastliche Aufnahme fanden. Von diesem Heim ging die erste segensreiche Tätigkeit
der Schwestern aus, indem ihnen bald die Besorgung der Armenanstalt Cham und später die
Leitung der Mädchenschule in Cham, der Gesamtschule in Frauenthal und der Unterschule in Steinhausen übertragen wurde.
Durch die edle Bemühung von Geistlichen und
Laien, unter denen sich der bekannte Schulmann
Prof. Suter, von Solothurn (damals Kaplan in
St. Wolfgang) und die Herren Dr. Baumgartner,
Arzt und Ratsherr Baumgartner, Obermüller, von
Cham, löblich hervortaten, wurde für die armen
Schwestern das neben der „Kapelle zum elenden
Kreuz" in Lindencham stehende Häuschen käuflich
erworben. Zudem wurde die Erstellung eines
kleinen Neubaues (das jetzige Dienstbotenhaus)
ins Werk gesetzt. Im Jahre 1859 konnten die
Schwestern nach Lindencham übersiedeln, wo schon
*) Die Darstellung der Gründung und Entwicklung des
Instituts Hl. Kreuz verdanken wir dem H. H. Jos. Zuber,
Prof., in Hl. Kreuz.
im folgenden Jahre, am 14. Februar 1860, die
erste Professionsfeier stattfand. Das kleine Heim
wurde auch bald als Haushaltungsschule eingerichtet, in welcher 10—12 Zöglinge Aufnahme
finden konnten. Aber die Schwestern mussten
mit des Lebens Not kämpfen, sodass der Fortbestand der Gründung ernstlich gefährdet wurde.
Die göttliche Vorsehung erweckte aber zur
rechten Zeit den rechten Nothelfer in der Person
des hochw. Herrn Kommissars Melchior Schlumpf,
damals Pfarrer in Steinhausen. Der gelehrte und
erfahrene Priester spielte während der ganzen
Entwicklungszeit des neuen Institutes eine bedeutsame Rolle als kluger Finanzmann, weiser Ratgeber, frommer Seelenführer und gewandter Vermittler bei der kirchlichen und weltlichen Behörde.
Auf den 20. Juni 1859 berief er eine Reihe von
Vertrauensmännern aus dem geistlichen und weltlichen Stande ins Klösterlein zum elenden Kreuz,
wo sich eine Hilfsgesellschaft bildete, an deren
Spitze neben dem H. H. Kommissar Schlumpf die
Herren Regierungsrat Bossard, von Zug, als Kassier
und Hypothekarschreiber (später Landammann) Dossenbach, von Baar, als Aktuar standen. Damit
war der Neugründung eine gewisse Garantie für
die Fortentwicklung gegeben. Dazu kam im
gleichen Jahr 1859 die kirchliche Gutheissung,
indem der hochwürdigste Bischof von Basel, Karl
Arnold, die neuen Statuten approbierte und den
Schwestern den offiziellen Titel gab „Lehr- und
Waisenschwestern zum Hl. Kreuz". So wurde das
bescheidene Klösterlein beim elenden Kreuz zum
Schwesterninstitut Hl. Kreuz. Durch eine spätere
bischöfliche Verordnung vom 24. August 1862
wurde bestimmt, „dass die bis anhin vereinten
Schwesterinstiüite von Baldegg und Lindencham
in Zukunft von einander getrennt und unabhängig
sein sollen, sodass jedes seine eigene Ökonomie,
eigene Statuten und eigene Obern haben könne".
Damit wurde Heiligkreuz selbständig und wählte
als erste Frau Mutter die ehrw. Schwester Mr.
Martha Häfliger, von Rothenburg, Kt. Luzern.
Ein wichtiges Datum in der Geschichte von
Heiügkreuz ist der 28. Oktober 1863, an welchem
Tag der H. H. Jodokus Köpfli, gebürtig aus Hohenrain, Kt. Luzern, seit 1857 Kaplan und Schulmeister
in Risch, als Spiritual und Direktor ins Schwesterinstitut einzog. Gleichen Tags traten auch seine
beiden Schülerinnen, Elisabeth Stocker und Marie
Schwerzmann, als Kandidatinnen ins stille Klösterlein. Diese drei Persönlichkeiten spielten in der
Entwicklungsgeschichte von Heiligkreuz eine be-
Schulmänner und Pädagogen aus dem Kanton Zug
deutsame Rolle. Wir müssen uns hier mit kurzen
Andeutungen begnügen. Schon im Jahre 1863
wurde der Neubau eines grössern Schwesterninstituts in Angriff genommen, um dessen Finanzierung sich zwei kirchen- und schulfreundliche
Männer, nämlich die Herren Georg Fähndrich, von
Holzhäusern und Joseph Hausheer, von Ochsenlohn,
sehr verdient machten. Im Herbst des folgenden
Jahres konnte der neue Institutsbau schon bezogen
werden. Kloster und Haushaltungsschule blieben
vorderhand unter dem gleichen Dach. Doch wurde
die Schule nicht als Stiefkind behandelt. Um
deren Entwicklung machte sich neben H. H. Dir.
Köpfli eine Zugerin hochverdient. Es war Schw.
Mr. Aloisia Keiser, von Oberwil b Zug. Nachdem
sie als Lehrerin in Cham und Frauenthal gewirkt,
wurde sie 1866 als Frau Mutter gewählt. Unter
ihrer Amtsleitung entstand im Jahre 1867 die neue
Institutskirche an Stelle der alten Kapelle zum
elenden Kreuz. Von 1872 an war Schw. Aloisia
als Lehrerin und Präfektin an der Institutsschule
tätig, wo sie mit grossem Erfolg arbeitete.
21
Präfektin und Erzieherin am Ausbau der Schule
arbeitete, an der, unter hochherziger Mithilfe des
H. H. Seminardirektor Heinrich Baumgartner, von
Zug, die Realklassen ausgebaut und ein Lehrerinnenseminar eingerichtet wurden. Nach aussen erweiterte Heiligkreuz sein Wirkungsfeld durch Eröffnung einer Haushaltungsschule in Dussnang,
Kt. Thurgau (1887) und durch Uebernahme des
Kinderasyls Walterswil, b. Baar (1901), Zu einem
gewissen Abschluss gelangte die Institutsschule
Heiligkreuz unter der Frau Mutter Schw. Regina
Jürg (1905 -1920), die das Bestehende nach den
Forderungen der Gegenwart auszubauen und zu
vollenden suchte.
DasTöchterinstitutumfaßtgegenwärtig: 1. Einen
Vorkurs für fremdsprachliche Zöglinge. 2. EinedreiklassigeRealschule 3. Einen zweiklassigen Handelskurs 4. Eine Haushaltungschule. 5. Vier(bezw. fünf)
Seminarkurse zur Ausbildung von Primär- bezw.
Sekundarlehrerinnen. 6. Einen zweiklassigen Kurs
für Arbeitslehrerinnen. 7. Einen zweiklassigen Kurs
für Haushaltungslehrerinnen.
Nach aussen erweiterte sich die Wirksamkeit
Als Nachfolgerin in der Oberleitung des Institutes hatte sie wieder ein Kind des Zugerländchen, des Schwesterinstitutes besonders auf charitativem
nämlich Schw. Mr Cäcüia Schwerzmann, von Risch, Gebiet. Die Schwestern von Heiligkreuz besorgen
die von 1872—1878 das Amt einer Frau Mutter nämlich gegenwärtig: Das Krankenasyl Cham, das
bekleidete. Die Lösung ihrer Amtsführung war Pensionat St. Michael in Zug, das Sanatorium AdelAusbau und Verinnerlichung. Sie tat sehr viel heit und die Kinderpflegeanstalt Heimeli in Unterzur Ausstattung des Gotteshauses, zur Beförderung ägeri, die Sanatorien Heiligkreuz, Sanitas, Albula
der ewigen Anbetung und als ausgezeichnete und Quisisana in Davos, das Mädchenheim St Anna
Musikerin leistete sie Vorzügliches zur Hebung in Locarno und das Pensionat St. Karl in Pruntrut.
von Gesang und Musik in Kirche und Schule.
Als Frau Mutter amtiert seit 1920 Schwester
Die vorgenannte Schw. Mr. Aloisia trat eine neue Mr. Pia Mattmann, die mit conservativem Sinn den
Amtsperiode als Frau Mutter an, nämlich in den alten, guten Geist zu kräftigen und zu vertiefen
Jahren 1872—1889. Heiligkreuz erweiterte sich sich bestrebt. Die Schwesterngenossenschaft Heiligdurch Erwerbung einer ausgedehnten Ökonomie. kreuz zählt augenblicklich rund 200 Mitglieder.—
Zur Entwicklung der Schule wurde 1882 ein neues Gott erhalte diese geistige Pflanzung, zu deren
Institutsgebäude aufgeführt, das sich eng an das Wachstum und Gedeihen so viele Männer und Frauen
Schwesternhaus anschloss. Die sehr gut besuchte des Kantons Zug ihr Bestes beigetragen haben.
Haushaltungsschule wurde durch Realklassen erEin Kloster, das zwar nicht im Kt Zug liegt,
weitert.
jedoch seit Jahrhunderten vielfach mit Zug in BeIm Jahre 1884 eröffnete Heiligkreuz seine erste rührung war — das Stift Einsiedeln — zählte unter
Zweiganstalt in Wiesholz, bei Ramsen. Das dortige seinen Mitgliedern auch tüchtige Schulmänner aus
Institut war zunächst für deutsche Zöglinge be- unserm Kanton. Als einer der ersten begegnet uns
rechnet und erfreute sich bald guter Frequenz. P. Markus Landtwing von Zug, geb. 14. Juli 1759.
Weitere Ausdehnung gewann das Mutterhaus unter Sofort nach seiner Primiz wurde er Prof. der Rhetorik,
Leitung von Schw Johanna Stocker, die zwar von 1786 Prof. der Philosophie, 1789 Prof. der Dogmatik,
Abtwil stammte, aber in der Gemeinde Risch auf- 1790 Präceptor (Rector) des Gymnasiums, 1794
gewachsen und mit dem Zugerländchen innig ver- Fraterinstruktor. Nach dem Einfall der Franzosen
wachsen war. Als Frau Mutter wirkte sie höchst 1798 war er zeitweilig im Kloster in der Au, dann
segensreich von 1889—1905, während ihre Jugend- in einem Benediktinerkloster in Schwaben, dann
freundin Sr.Cäcilia Schwerzmann als wahrhaft ideale Kaplan an der Loretto-Kapelle in Zug, 1801 — 1803
22
Schulmänner und Pädagogen aus dem Kanton Zug
wieder im Kloster, 1805 bis zu seinem Tode, den
13. März 1813 Pfarrer v. Feusisberg. Er war auch
ein tüchtiger Komponist. Das Verzeichnis seiner
Kompositionen bei P. Rud. Henggeler: Die Zuger
Konventualen im fürstlichen Benediktinerstift Einsiedeln, Zug, bei Gebr. Kalt, 1918.
Ein bedeutender Schulmann war P. Heinrich
Schmid, geb. den 17. Febr. 1801, gest. den 28. Dez.
1874. Er studierte von 1814—1818 in Zug, dann
in Einsiedeln, wurde 1824 Priester und Prof. der
Mathematik sowie Katechet in Etzel-Egg, 1823 Gehilfe des Stiftsarchivars, 1825 Archivar, 1839 Stiftsstatthalter. Am 25. April 1846 zum Abt gewählt
entfaltete er eine ausserordentliche mit Klugheit und
Energie gepaarte Tätigkeit und wurde in jenen
schwierigen Zeiten der Retter des Stifts. Hier nur
sein Wirken als Schulmann. Schon als Stalthalter
überwachte und leitete er den Bau des neuen (jetzt
alten) Schulhauses. Er hob, von tüchtigen Patres
unterstützt, die Stiftsschule, sorgte für die nötigen
Bauten, für Heranbildung ausgezeichneter Lehrkräfte
und für Anschaffung vorzüglicher Lehrmittel. Er ist
der Gründer der heutigen rühmlich bekannten Stiftsschule.
Seine Schriften b. Keiser, Zug. Schriftsteller, 1875
S. 52/53. Die Literatur über ihn bei Dr. W. Meyer
Zuger Biogr., S. 94/95.
Schon zum Teil vor, zum Teil noch unter Abt
Heinrich wirkten als tüchtige Professoren P.Joachim
Bachmann von Menzingen, geb. den 27. Okt. 1810,
gest. den 16. Mai 1896 und P. Franz Uhr von Menzingen, geb. den 30.Juli 1816, gest. den 6. Febr. 1863.
Dessen Schriften: Vergleiche Keiser, Zug. Schriftsteller, 1875, S. 62 und 1879, S. 47.
Ein ganz vorzüglicher Pädagoge war P. Ildephons
Hürlimann, geb. den 22. Febr. 1820 in Walchwil,
studierte er in Einsiedeln, wurde daselbst Ordensmitglied und am 8. Juli 1842 Priester. Schon vorher war er in der Schule tätig. Nach der Priesterweihe wirkte er bis 1853 als Professor am Gymnasium. Da er sich als ausgezeichneter Erzieher
bewährt hatte, wurde er am 9 Oktober 1853 Präfekt
des Internats. Der gute Ruf, welchen dieses Institut
geniesst, ist wesentlich auf seine Initiative zurückzuführen. Er war ein Erzieher von Gottes Gnaden.
Von ihm stammen die im allgemeinen jetzt noch
geltenden Statuten der Anstalt. Infolge wiederholter
Erkrankungen wurde er am 3. Oktober 1863 für
einige Zeit der Präfektur enthoben; jedoch am
17. August 1867 zum Stiftsdekane ernannt. Als solcher wirkte er bis zu seinem Tode den 24. März
1894 in geradezu vorbildlicher Weise. Nebst eifrigen
theologischen Studien, pflegte er mit Erfolg mathematische Studien und astronomische Beobachtungen.
Schriften: 1. Epitome historiae de sacrae. Einsiedeln 1854. 2. Schulgrammatik der lateinischen
Sprache. Einsiedeln 1854. (Eine gemeinschaftlich mit
P. Fintan Furrer besorgte neue Ausgabe der von
P. Robert Koch anno 1780 verfassten sogenannten
„Einsiedler Grammatik"). 3. Ein Nekrolog über
P. Kaspar Willi, Weihbischof von Chur, in der
Schweiz. Kirchenzeitung.
VergleicheBeilage zum „Vaterland" vom 29.März
1894. Nekrolog von Dr. P. Albert Kuhn, abgedruckt
in P. Rudolf Henggelers „Zuger Conventualen". Zuger Nachrichten 1894, Nr. 25. Schweiz. KirchenZeitung 1894, S. 115/16. Album Einsiedlense 1876,
S. 9., Keiser, Zug. Schriftsteller, 1875, S. 40.
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wirkten am
Gymnasium in Zug zwei Lehrer mit dem gleichen
Familien-Namen, nämlich Bonifaz und Abis Staub.
Bonifaz Staub, geb. den 23 März 1816 in Neuheim, studierte in Innsbruck und in Freiburg(Schw.),
wurde 1841 Priester, war von 1842—1856 Kaplan
bei St. Karl und Prof. der Syntax, 1856 — 1868
Kaplan bei St. Konrad und Prof. der Rhetorik,
1856—1872 Präfekt amtlicher Staatsschulen, seit
1872 Präfekt der Mädchenschulen. Er war Mitbegründer und Mitglied des historischen Vereins der
V Orte, von 1866—1872 Stadtbibliothekar. Am
27. Dezember 1877 wurde er durch einen Schlaganfall arbeitsunfähig und starb am 15. Juni 1887.
Er trug besonders durch seine Sprachenkenntnis
und durch seine historischen Arbeiten zum guten
Ruf des Gymnasiums bei. Auch durch seine witzigen sog. „Prämienspiesse", und durch seine humoristischen Toaste bei gesellschaftlichen Anlässen
erfreute er sich grosser Beliebtheit. Vergleiche Dr.
Meyers Zuger Biogr. und Dr. Meyer im Zuger Neujahrsblatt 1914, S 8--12 (im Separatabdruck, Seite
51—60), Keiser, Zuger Schriftsteller, 1875, S. 58/59
und 1879, S. 8.
Alois Staub von Menzingen, geb den 27. Juni
1822, studierte in Luzern, München und Freiburg
im Br., wurde anno 1846 Priester und Lehrer der
dritten Primarschule in Zug, vom 27. Mai 1848
Lehrer des Deutschen am Gymnasium und „Sechser"
(Pfarrhelfer) auf der St.Jakobspfründe, den 22. Febr.
1851 Kaplan der St. Konradspfründe und Prof. der
Rhetorik. Am 16. Dezember 1855 zum Pfarrer von
Unterägeri gewählt, blieb er auf diesem Posten bis
zu seinem Tode, den 20. Januar 1910. Anno 1860
wurde er Mitglied und 1863 Vizepräsident des Er-
Schulmänner und Pädagogen aus dem Kanton Zug
ziehungsrates, 1860 Mitglied und seit 1874Präsident
der Lehrerprüfungskommission, 1861 Mitglied und
1870 Präsident der Aufsichtskommission der Kantonsschule, später Dekan, bischöflicher Kommissar
und Domherr. Er bearbeitete das Eberhardsche
Lesebuch für die Schulen des Kt. Zug, verfasste
zum dritten Teil einen „Anhang" enthaltend eine
Anleitung zum Abfassen von Briefen und GeschäftsAufsätzen. Er verfasste den größten Teil des 1870
erschienenen Lehrplans für die Primarschulen des
Kantons Zug, ferner die Biographien des Präfekten
F. X. Dim. Brandenberg und des Regens, Dr. C. C.
Keiser, die in Hunzikers Geschichte der Schweiz.
Volksschule erschienen. Bis in sein hohes Alter
zeigte er reges Interesse für das Schulwesen. Vergleiche Keiser, Zuger Schriftsteller, 1879, Seite 15,
Dr. Meyer, Zuger Biogr., S. 110.
Ein strammer Schulmann war Xaver Utünger.
Geb. in Zug den 11. Dezember 1845, studierte
in Zug, Einsiedeln, Innsbruck, Solothurn, wurde
1869 Priester und Professor der Grammatik am
Gymnasium in Zug. 1870 Professor der Syntax.
1871 Professor der Rhetorik und Stadtbibliothekar,
1875 Präfekt der städt. Knaben- und 1877 auch
Präfekt der städt. Mädchenschulen. Anno 1881
legte er all diese Stellen nieder und übernahm
die Pfarrei Zuzgen (Aargau), 1882 die Pfarrei
St. Urban (Luzern), wurde aber 1884 Professor der
Theologie in Luzern, 1889 Pfarrer in Zug, Erziehungsrat. Letztere Stelle behielt er bis zu seinem Tode
bei. Als Stadtpfarrer wurde er der Gründer der
neuen Pfarrkirche und leitete die betreffenden
Kommissions-Sitzungen 1898 bis 1903, resp. bis
zur Vollendung des Baues mit aller Energie. Seit
1902 kränklich, suchte er umsonst Genesung im
Süden. Er resignierte 1903 als Pfarrer, zog sich
auf die Keiserpfründe zurück und starb nach
schwerem Leiden am 22. Dezember 1904. Er
besass einen ungewöhnlich scharfen Verstand,
war daher ein sehr gewandter Dialektiker und
verfügte über einen reichen Schatz philosophischer
und theologischer Kenntnisse. Sein gutes Gedächtnis befähigte ihn zur Erlernung von Sprachen, er
war ein gründlicher Kenner der alten Sprachen
und des Hebräischen und sprach ausser seiner
Muttersprache geläufig französisch, italienisch und
englisch. Von seinem Studieneifer zeugt der Umstand, dass er während des französisch-deutschen
Krieges 1870—1871 keine Zeitung las, sondern
die „Summa theol." des hl. Thomas Aq. studierte.
Als Lehrer war er sehr tüchtig und gründlich,
aber seines Ernstes wegen vielleicht mehr geachtet
23
und gefürchtet als geliebt. Bei Prüfungen ging
er mit eingebildeten „Alleswissern" strenge ins
Gericht. Selbst ungemein fleissig, behandelte er
Fleissige mit Anerkennung.
Schriften: Katalog der Stadtbibliothek Zug
1877, Zug, bei Blunschi. Der Kampf auf dem
Gubel 1531. Histor. Skizze. Schulprogramm, Zug.
1877, bei Blunschi.
Die Pfarrei Zug und ihre Stifter und Wohltäter.
Gedenkblatt zur Erinnerung an die am 5. Oktober
1902 abgehaltene Einweihung der neuen Pfarrkirche St. Michael. Zug, bei Blunschi, 136 Seiten
in Folio.
Nur ein Jahr jünger als Uttinger war ein anderer
zugerischer Schulmann, der wenige Wochen vor
ihm starb, nämlich Baumgartner Heinrich, geb. in
Cham den 24. Mai 1846, studierte in Zug, Einsiedeln, Mailand, Tübingen und Solothurn 1870,
Priester und Kaplan in Steinhausen, war 1871
bis 1874 Professor am Gymnasium in Zug, dann
Oekonom und Professor am Knabenpensionat bei
St. Michael, dessen Mitbegründer er war, 1880
Direktor des fr. kath. Lehrerseminars, in welcher
Stellung er bis zu seinem Tode verblieb. 1887
Mitglied und seil 1892VizepräsidentdesErziehungsrates, 1887—93 kantonaler Schulinspektor. Ein
sehr tüchtiger, anregender Lehrer, seeleneifriger Erzieher und ungemein fruchtbarer pädagogischer
Schriftsteller. Seine pädagogischen Lehrbücher
erwarben ihm im In- und Ausland hohes Ansehen,
(das Lehrbuch der Pädagogik wurde ins Polnische
und ins Englische übersetzt), er verfasste den Entwurf des Schulgesetzes, den Lehrplan für die
Primär- und die Sekundärschulen, sowie die Schulbücher für die Primarschulen des Kantons Zug.
Das Verzeichnis seiner andern Schriften, Keiser,
Geschichte des Knaben-Pensionats bei St. Michael
in Zug, 1922. Diese reiche schriftstellerische und
pädagogische Tätigkeit wurde ihm nur möglich
durch gute Einteilung und Ausnützung der Zeit
und durch grosse Energie. Von Jugend auf ziemlich
schwächlich, erlitt er am hl. Weihnachtsfeste 1903
während er celebrierte, einen schlagartigen Anfall,
der seine Kräfte brach. Wohl konnte er nach
einigen Monaten wieder etwas arbeiten, aber seine
fahle Gesichtsfarbe und eine oft bemerkbare Gedächtnisschwäche zeigten deutlich, dass es mit
seinem Leben zu Ende gehe. In den ersten Oktobertagen 1904 begann das Wintersemester des Seminars. Mit dem letzten Aufgebot seiner Kräfte,
wollte er noch seine Tätigkeit beginnen, fühlte
aber selbst die Unmöglichkeit, nahm ergreifenden
24
Schulmänner und Pädagogen aus dem Kanton Zug
Abschied von seinen Schülern und erlag in der tonsschule in Frauenfeld, wo er bis zu seinem Tode
Morgenfrühe des 13. Oktober ruhig und gotter- (den 27. Jan. 1918) wirkte. Ein eifriger, anregender
geben seinem Leiden. Die grosse Teilnahme bei Lehrer, tüchtiger Gelehrter, hervorragender Metereoder Beerdigungsfeier und die ehrenden Nachrufe log und Physiker. Längere Zeit war er Sekundarin der Presse bewiesen, welch hohe Achtung er schulinspektor und staatlicher Experte für Blitzab
in pädagogischen Kreisen des in- und Auslandes leiter- und Beleuchtungsanlagen, langjähriger Präsident der thurgauischen naturforschenden Gesellgenoss.
Schriften: 1. Die Jesuiten und die Bundesrevision, schaft und Mitglied der eidg. Erdbebenkommission.
Zug, Elsener, 1870 (erlebte zwei Auflagen). 2. VerNicht weniger als 44 Vorträge hat er in der
hältnis der relativen Kunst zum Protestantismus. naturforschenden Gesellschaft gehalten und 16
(In den „Monatsrosen", XVI. Jahrgang.) 3. Ein- Untersuchungen in ihren „Mitteilungen" und vier
fluss der Jugendschriften auf Erziehung und Bildung wissenschaftliche Arbeiten in den Programmen
der Jugend. (In den „Monatsrosen", XVII. Jahr- der thurgauischen Kantonsschule veröffentlicht.
gang.) 4. Reise-Erinnerungen aus Italien. (Im Wohl am wichtigsten sind zwei seiner Arbeiten,
Feuilleton der N. Zug. Zeitung, 1877, Nr. 55 ff., nämlich: 1. „Ueber Gewitter- und Blitzschläge in
auch separat, Zug, Elsener, 1879. 5. Die kon- der Schweiz" und 2 „Die Trombe vom Schönenfessionslose Schule. (Im Erziehungsfreund, 1882.) baumgarten". Die erstere ist in dem grossen
6. Verirrungen im Unterricht in der deutschen Werk „Das Klima der Schweiz", von Maurer und
Gramatik. (Im „Erziehungsfreund", 1885.) 7. Viele Bill willer erschienen, und der Verfasser hatte die
Abhandlungen in den von ihm redigierten „Semi- Genugtuung, dass seine Hageltabellen von den
narblättern" und in den später von ihm redigierten Versicherungs-Gesellschaften als Basis für ihre
„Pädagogischen Blättern". 8. Psychologie oder Prämienberechnung verwendet wurden. In der
Seelenlehre. (1. Auflage, Zug, Blunschi, die fol- 2. Arbeit stellte er unter Zuhilfenahme der Wellengenden vier Auflagen bei Herder, Freiburg i. B.) lehre, eine neue Theorie über die Entstehung der
9. Pädagogik oder Erziehungslehre. (Freiburg i. Windhosen auf. Um die Lehrerschaft der thurg.
B., Herder, 5. Auflage, 1909.) 10. Unterrichtslehre, Kantonssdiule erwarb er sich grosse Verdienste
dazu als Anhang: Abriss der Denklehre. (S.Auf- als Mitglied und später als langjähriger Präsident
lage, bearbeitet von Vinz. Fischer, Freiburg i. B., der Kommission für Gründung der Alters-, WitwenHerder, 1910.) 11. Geschichte der Pädagogik. und Waisenkasse. Seiner Anregung verdankt die
(2. Auflage, bearbeitet von Vinz. Fischer, Freiburg thurg. Kantonsschule, die allen modernen Ani. B., Herder, 1913.) 12. Comeneus. 13 Pestalozzi. forderungen entsprechende Ausgestaltung der phy(Ein Konferenzvortrag, Zug, bei Blunschi.) 14. Ein sikalischen Räume. Vergleiche Programm der
Blick auf die Schule und die Schulbestrebungen thurg Kantonsschule, Schuljahr 1917/18. Hess
im Kt. Zug am Ende des letzten und zu Anfang war nie als Lehrer in seinem Heimatskanton tätig.
unseres Jahrhunderts. Im Zuger Neujahrsblatt,
Ein bedeutend jüngerer Mitbürger und tüchtiger
1896, S. 3—37.
Schulmann dagegen, der uns durch frühen Tod
Nach seinem Tode widmete ihm die Presse entrissen wurde, hat ausschliesslich in seiner Vatergrosse Anerkennung. Vergl. das reiche Literatur- stadt gewirkt, nämlich Prof. Rud. Weiss.
verzeichnis bei Dr. Meyer, Zuger Biographien und
Der Jahresbericht der Kantonsschule in Zug
Nekrologe, S. 11 und 12. Seine pädagogischen (Schuljahr 1920/21) enthält auf Seite 33 - 42 einen
Lehrbücher haben sowohl in der schweizerischen von Herrn Prof. J. Rieser verfassten, pietätvollen
als in der ausländischen Presse sehr günstige Nekrolog zur Erinnerung an den dahingeschiedenen
Besprechungen gefunden.
Kollegen. Indem wir auf diese fleissige Arbeit
Wie Baumgartner als pädagogischer Schrift- und auf die Nekrologe in der Zuger Ta^espresse
steller so erwarb sich ein anderer zugerischer verweisen, geben wir hier nur einige kurze bioSchulmann hohe Anerkennung auf naturwissen- graphische Notizen.
Rudolf Weiss wurde am 8. Februar 1869 in
schaftlichem Gebiete, nämlich Prof. Dr. Cl. Hess,
geb. den 4. September 1850 in Zug, studierte daselbst Zug geboren. Sein Vater Spitalverwalter Burkart
und am Polytechnikum in Zürich, wurde Verweser Weiss war ein tüchtiger Drechsler, der als Geam Lehrerseminar in Rorschach und nach einem selle im Jahre 1848 in Paris die Februarrevolution
halben Jahr Lehrer am Technikum in Mittweida miterlebt und in den Tuilierien den zertrümmerten
(Sachsen) und nach drei Jahren Prof. an der Kan- Königstron Louis Philipps gesehen hatte. Im
Schulmänner und Pädagogen aus dem Kanton Zug
Gegensatz zum energischen und gesprächigen
Vater war die Mutter, Barbara Brandenberg, eine
stille, gemütvolle und fromme Frau, welche den
Knaben sorgfältig erzog. Von den Eltern erbte
Weiss ernste Lebensauffassung und grossen Fleiss,
vom Vater praktischen Sinn und Liebe zum Vaterland, von der Mutter Gemütstiefe und religiösen
Sinn. Nachdem Weiss die städtische Primarund die Sekundärschule, sowie das Obergymnasium
mit gutem Erfolg besucht und eine vortreffliche
Maturitätsprüfung abgelegt hatte, widmete er sich
an den Universitäten Basel, Genf und Zürich dem
Studium der romanischen Sprachen und germanistischer Fächer. Um den Seinen beizustehen, nahm
er im Herbst 1889 eine Lehrstelle im Pensionat
bei St. Michael in Zug an. Am französisch-italienischen Vorkurs erteilte er Unterricht im Deutschen
und im Französischen, an der Realschule und an
einer Seminarklasse gab er Französisch und erteilte zeitweilig an einer Klasse Geschichtsunterricht. Er arbeitete mit gutem Erfolg und wusste
auch im Vorkurs, in der schwierigsten Klasse der
Anstalt, die Disziplin taktvoll aufrecht zu halten.
Anno 1893 wurde der an der Kantonsschule in
Zug wirkende Prof. W. Wick, als Lehrer an die
Handelsschule in Luzern berufen und Weiss wurde
dessen Nachfolger in Zug. Bis im März 1909
erteilte er Unterricht in Geographie, Französisch
und in den Handelsfächern. Als im Jahre 1909 die
dreikursige Handelsschule ins Leben trat, wurde
Weiss als Handelslehrer gewählt. Er war Lehrer
von Beruf, arbeitete sich rastlos vorwärts und
wusste auch die Schüler zu edlem Wetteifer anzusporren. Zur Weiterbildung machte er anno
1897 und 1899 Studienreisen nach Italien, die er
im Feuilleton des Zuger Volksblattes reizend beschrieb.
Im Dienste des Vaterlandes erwarb er sich
den Grad eines Hauptmanns der Infanterie.
Dem städtischen Gemeinwesen diente er als
Präsident der Rechnungsprüfungs- und als Mitglied
der Bibliothek-Kommission, sowie als Aktuar und
Bibliothekar der Theater-Kommission und als
eifriger Förderer des Neubaus. An der Entwicklung
des Verkehrswesens nahm er regen Anteil und
suchte dieses als Redaktor des Fremdenblattes
möglichst zu fördern.
Seiner im August 1902 mit Josefine Keiser
geschlossenen Ehe entsprossen drei Söhne und
25
ein Töchterchen, denen er ein treubesorgter Vater
war.
Seit Ende 1916 kränklich, unterzog er sich im
Oktober 1917 in Zürich einer Operation. Diese
brachte nur vorübergehende Heilung. Dank der
sorgsamen Pflege von Seiten seiner Gattin und
Dank der ihm eigenen Energie arbeitete er trotz
schwerem Leiden pflichteifrig. Montag den 7. März
hielt er noch vormittags bis 11 Uhr Schule, dann
musste er aussetzen, und am 19. März halb 11 Uhr
trat der unerbitterliche Tod an ihn heran.
Er war ein pflichteifriger Lehrer, ein lieber
treuer Kollege, ein grundsätzlicher Politiker, ein
ganzer Zuger und echter Patriot, ein Freund der
Kunst und Wissenschaft, ein idealer Mann (Rieser).
Werke: Beeinflussung der deutschen Sprache
durch die italienische. Jahresbericht der Kantonsschule Zug, 1909. Beiträge zur Verkehrsgeschichte
des Kantons Zug. Schulprogramm 1911. Führer
durch den Kanton Zug und Umgebung. Die
zugerischen Heilstätten im Aegerital, Zuger Neujahrsblatt, 1920. Das neue Heim der zugerischen
Kantonsschule, Zuger Neujahrsblatt, 1921 Im
Zuger Volksblatt erschienen ausser der bereits
erwähnten Reisebeschreibungen, mehrere Gedichte,
im Zuger Fremdenblatt viele duftige Artikel über
die Schönheit des Zugerlandes.
Vergleiche die bereits erwähnte Arbeit des
Herrn Prof. J. Rieser und die Nekrologe in der
Zuger Tagespresse.
*
*
*
Noch mancher tüchtiger Lehrer und manche
pflichteifrige Lehrerin hat in unserem Kantongewirkt,
deren Namen der eine oder andere Leser vermissen
wird. Seinem Plane gemäss beschränkte sich der
Verfasser dieser Arbeit darauf, nur von denen biographische Notizen über die Lehrer und Lehrerinnen
zu bieten, welche aus dem Kanton Zug stammen
und sich literarisch betätigt oder Institute gegründet
haben. Diese Studie dürfte den Beweis geliefert
haben, dass der Kanton Zug in pädagogischer
Beziehung ehrenvoll dasteht. Die gegenwärtige
Lehrerschaft, mit welcher der Verfasser seit mehr
als einem halben Jahrhundert freundschaftlichst
verbunden ist, möge durch das Beispiel hingeschiedener tüchtiger Standesgenossen begeistert
werden zu rastloser Arbeit, zur Ehre Gottes und
zum Wohle der Jugend und damit zum Heil
unseres inniggeliebten Vaterlandes.
Gedichte von Isabelle Kaiser
JUGENDPARADIES.
(Erinnerungsskizze
aus der Zeitschrift
„Jugendzeit").
Mein Zug!
Wurde nicht jeder von uns in seinem Leben aus einem Paradies mit feurigen Schwerter
getrieben?
Du warst mein Jugendparadies, versunkenes Eiland, daraus die seligsten Erinnerungen,
wie Vinetaglocken, mir aus der Tiefe der Vergangenheit überallhin nachklingen!
Nie wäre ich sonst freiwillig aus deinen Pforten geschritten, Du meines Vaters Stadt,
deren Banner, weiss wie der Schnee deiner Firnen, und blau wie die Flut deines Sees,
über die gothischen Türme deiner Schutzwälle weht!
Aber wenn das Schicksal wieder die Pferde wechselt, da wirken die Ereignisse zwingender als Heimatliebe und Treue!
Wie könnte ich jemals dem kleinsten Gau der Urkantonen, am lieblichsten aller Seen,
entfremdet werden? Meinem Zug, verdanke ich das Spriessen und Blühen der himmlischen Blume, deren Same Gott in meine Seele hinwehen Hess! Die grösste Offenbarung erwuchs mir aus der Schönheit der zugerischen Natur: in ihren Buchten, Wäldern und Gärten erblühte mir das Wunder der Poesie!
Dort dehnte sich am grünen Gestade, mit Tannenforst und Matten, das grosselterliche
Landgut, das wir „Bethlehem" tauften, weil ein Stern uns dort aufging, und das gesegnete Stückchen Erde uns wirklich zum „Heiligen Lande" wurde, im goldenen Schein
der Jugendsonne!
O! Tage voll reicher Gnade, wo ich im Gehäuse einer alten Klosteruhr, die zum Bücherkasten verwandelt worden war, heimlich, eine illustrierte, zerrissene, mäusezernagte
Ausgabe von Tassos „Befreites Jerusalem" fand und verschlang!
Da war es mir, als hätte mich ein Engel an der Hand genommen, um mich in Armidens
verzauberte Haine zu führen, wo alle Quellen der Poesie verschwenderisch sprudelten!
Aber unser Garten war es, der mir in diesen Zeiten des Erwachens, täglich seine blühenden Wunder erschloss, und Wind und Wellen wurden mir Lehrmeister, wie ich solche
nie bessere besessen!
Ich war eine andächtige Schülerin, wenn in stürmenden Tagen die biegsamen Aeste
der Tannen und Lärchen sich hoben und senkten, wie steigend-fallende und fallendsteigende Verse. Da lernte ich die Gesetze der rhythmischen Lehre.
Wie die Lüfte sich regen im Blütenbaum mit der bebenden Eintönigkeit der Zäsuren!
Stundenlang lauschte ich am Strand, meinem Zugersee beim Spiel der Wellen die Tonabwägung ab, wenn die Schaumkämme, sich nie überstürzend, sondern paarweise, mit
dem anspringenden, hinausdrängenden Gang der Jamben, stets von neuem anstürmend,
das blaue Feld durchbrausten.
Die langen Wogen sanken, wie im Trochäus, in freier Abwechslung ruhig ab, mit elegischer, rhythmischer Malerei! Sie wetteiferten in frohen Uebungen, wie schwebende
Spondeen!
Die ersten Züge der Wandervögel, die kündeten, dass es schon irgendwo blühe, das
uranfängliche Grünen der Berge, das Schwanken der schwerbehangenen Aeste, das
hymnenartige Brausen der gewaltigen Wogenbrust, das Wandeln der Nacht durch den
nachtigallendurchschmetterten Hain, der Morgentau im Kelch der Lilien . . jeder Akkord
aus dem allmächtigen Choral spornte mich zum Wetteifer und wurde zum unvergleichlichen Lehrmeister.
Da trachtete ich heimlich danach, den Wogen den Wohlklang, den Tannen den wiegenden Rhythmus, den Blumen den geheimnisvollen Duft, der Amsel den süssen Klang
im Frühwind, und den Sternen das ewige Blinken abzulauschen, um sie in den ersten
Liedern, wo alles sich wahllos drängte, in Harmonie umzusetzen!
So erschloss sich mir der Pfad zur Kunst. Mein Herz schwieg noch, im Traum der
Kindheit befangen. Mein ganzes Wesen war nur lauschendes Erwarten: Schlummerlied
und Psalm zugleich, denn Liebe und Tod hatten meine träumende Seele noch nicht
aus ihrem Dornröschenschlaf wachgeküsst.
Alles in der Natur wurde mir zum Sinnbild eines poetischen Vorganges.
Kaum war aber der Tod im glückumfriedeten Hain von „Bethlehem" eingedrungen,
und die erste Liebe durch die sommerlichen Pfade des Gartens geschritten, so wurde
mir alles zum Erlebnis.. In Trauer und Liebe atmete ich die Poesie in vollen Zügen
ein: jedes bange Gefühl dichtete ich um, jede Träne kristallisierte ich zum LiedeAlles was da bebte, duftete, liebte und litt sollte in seliger Verzückung in meinen
Liedern jubeln und klagen und schluchzen, wie tönende Gewässer, die kein Ufer hemmt.
So entstand in kurzen Monden mein Erstlingsbuch!
Die Stunde aber, da mich der erste Schritt in die Oeffentlichkeit hinausführte und ich
meine Gedanken mit Druckerschwärze auf dem Papier gebannt sah bleibt mir unvergessen. Ich weiss nicht, ob ich jemals später beim Anblick der Nike vom Samothrake
auf den Treppen des „Louvre", angesichts Rembrandts „Homer" im Rijnksmuseum zu
Amsterdam, auf Tiberius Spuren in Capri, auf den Pfaden eines Heiligen Augustin in
Karthago, oder auf Venedigs Lagunen, eine tiefere Regung empfand, als damals in der
Kindlichkeit des achtzehnjährigen Herzens!
Wie könnte ich dich je vergessen, du mein Jugendparadies „Bethlehem", am fürstlichsten aller Erdenseen, im gothischen, trauten Städtchen Zug!
O wundersames, benedeites Haus im Jasminhain, wo die Fluten am Strand mit den
Wasserrosen kosten, die Schwäne nachts am Fuss meines Ruhebänkchens ihr Haupt
unter den weissen Schwingen bargen!
Der heimliche Garten, wo ich die Scholle pflügte, und meine „Stiefmütterchen" jeden
Lenz, unter meiner sorglichen Pflege sammetnere und sattere Farben aufwiesen!
Die blauen Fluten der Wogenbrust, die sich wie Jamben und Trochäen hoben und
senkten und mir in untadeliger Schöne alle metrischen Geheimnisse offenbarten!
Das uranfängliche der Berge, die sich allmorgendlich den staunenden, kinderhellen
Augen in reiner Pracht entschleierten!
Die Blumen, die mir im zarten Kelch der Winde die taubenetzte Schönheit des Morgens
anboten!
Die Sterne, die mir allnächtlich mit göttlichem Blick zuwinkten und Kunde brachten
von höheren Welten!
Die kleinen Armeleutekinder, die barfuss zu mir pilgerten, um sich auf der Wiese an
Spiel und Labung zu ergötzen!
Meine Schwester, die Lieblichen, deren Lieder und Violinklänge die Wanderer auf der
Strasse zum lauschenden Stillstehen zwangen und die Nachtigallen im Erlengebüsch
zum Wettgesang anspornten!
Mein Bruder, mit der heimlichen Musik, die er mit sich umhertrug, und die ihm wie
ein weicher Fluss über das ganze Wesen rann . . um im Totenland allzufrüh auszuklagen!
Die Bäume, die himmelan strebten, deren Wipfel voll singender Vögel waren, und deren
Aeste voll leuchtender Früchte hingen, die sie uns verschwenderisch zu Füssen warfen!
Wie musste das Leben selbst zum Trauermarsch werden und die Schicksalsschläge sich
fürchterlich mehren, bis es einem Erzengel mit dem Feuerschwert gelang, die zwei
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28
Gedichte von Isabelle Kaiser
letzten Vereinsamten der schönen Familie, meine Mutter und ich, aus diesem Eiland
des Glückes zu vertreiben!
Erst als unser „Bethlehem" wie ein versunkenes „Vineta" die Glocken seliger toter
Tage von den zugerischen Gestaden her, für uns schwang, da erbaute ich meiner
Mutter, am Strand wo ihre Wiege stand, am Vierwaldstättersee die stille „Einsiedelei"..
Da wurde sie in eine Winternacht „die sieben granitnen Stufen hinausgetragen" . . .
Nun bleibt die Erinnerung das letzte Paradies, daraus kein Cherub mich mehr verjagen kann!
APHORISMEN.
— In der Freude blühen wir, aber wir wachsen im Leide.
— Die Liebe soll ruie das Meer sein und tiefer werden, je weiter
man auf ihren Fluten segelt!
— Die Musik ist der Sonntag unserer Lebensrpoche.
— Sprich niemals: „Alles ist zu Ende mit mir!" in solchen Stunden
hebt oft das tiefste Leben an.
— Die Menschen können ihr ganzes Mass nur in der Prüfung
ausgeben: erst wenn der Wind weht, entfalten die Fahnen
ihre ganze Pracht.
— Ein Fels ist ein Hindernis auf dem Pfade des Schwachen,
und perhilft den Tapferen, sich höher zu schwingen!
— Die Freude ist eine Garbe, die nur zu zweien gebunden
werden kann.
— Die Narbe einer Wunde wird uns oft zum besten Schild.
— Es gibt kein besseres Licht als das Leid um das Leben in
seinen tiefsten Tiefen zu beleuchten.
— Auch der Todesnacht winkt ein Morgenrot!
Von J. M. Weber=Strebel, Zug
DIE STILLE, PFORTE.
Still öffnet sich eine Pforte
Auf unseres Lebens Fahrt.
Wo weder Liebe noch Worte
Den Eingang uns erspart!
Wohl dem, den gläubige Stärke
Zum Tor geleiten kann ..
Ihm folgen seine Werke
Zum heil'gen Hain hinan!
Sie steht am letzten Hügel,
Hoch, in Verschwiegenheit,
Und öffnet ihre Flügel
Weit auf die Ewigkeit.
0 still verschwiegene Pforte
Wir streben dir alle zu.
Du führst am stillsten Orte,
Heimwärts in tiefster Ruh.
Wer fern von aller Beschwerde
Dort wandelt mit Zuversicht,
Zog aus dem Bereich der Erde,
Doch aus dem Leben nicht!
1923
Ermitage pon Beckenried
Die Zunft der
Schneider, Tuehseherer und Gewerbsleute
in Zug
seit der Gründung bis zur Fran^osen^eit
ISADE.LLE. KAISER.
ine der schönsten Schöpfungen für die
Bürgerschaft und teilweise für den
Adel im Altertum bis in die neuere
Zeit, war die Schaffung und Gründung
der Zünfte. Unter Zunft (Innung) versteht man
ein von der zuständigen Obrigkeit bestätigter und
geschützter Verband von Personen zum Betriebe
oder Ausübung eines gewissen Gewerbes oder
Handwerkes, nach bestimmten Satzungen oder
Verordnungen unter einer selbstgewählten Kommission, mit der Befugnis, alle andern Personen,
seien sie Bürger, Bei- oder Hintersassen vom
bürgerlichen Gewerbe auszuschliessen.
Die Zünfte bildeten im Mittelalter einen der
wichtigsten Faktoren zum Emporblühen und Wachstum der Städte. Durch die Zünfte gelangten die
Leute zu Bildung, Kunst und Wohlstand. Die
Zünfte hielten aber auch ihre Satzungen aufrecht,
duldeten andere Handwerker und Hausierer etc.,
namentlich aus den Vogteien, welche sich in ihr
Handwerk mischen wollten, in keiner Weise, wesshalb manigfache Klagen an die schutzsuchende
Behörde gelangten. Einen Einfluss oder teilweise
Schlag auf die Zünfte übte die französische Revolution aus. Die Vogteien wurden aufgelöst und
die Aussengemeinden gelangten zu einer selbständigen Freiheit. Neben dem Gewerbe verfolgten die Zünfte, was nicht zu unterschätzen ist,
auch einen christlichen Sinn. Jede erhielt den
Charakter einer religiösen Körperschaft. Auch
hatte jede Zunft ihren besondern Schutzpatron.
Jeweilen vor einem Hauptbot fand eine kirchliche
Feier mit Gedächtnis für die Ib. Abgestorbenen
statt. Hierauf wurde dann die Jahresversammlung
oder Hauptbot mit grosser Würde und Anstand
gehalten. Keiner durfte dem anderen Mitmeister
„ins Maul fallen". Dann erfolgten Schmausereien;
sie waren reichhaltig, öfters wurden drei Mahlzeiten (das sog. Möhli) an einem Tag genossen.
Die Zunft der Schneider, Tuchscherer und Gewerbsleute ist die älteste der noch gegenwärtig
in Zug existierenden Zünfte oder Bruderschaften.
Die erste Urkunde oder der Brief, datiert vom
Jahre 1408. Die Satzungen wurden errichtet,
Mittwoch nach St. Michaelstag. Dieselben zeigten
was die Schneider und Tuchscherer für Gerechtigkeit haben.
In einer Urkunde, stammend aus dem Jahre
1466, wird erwähnt, dass das Jahrzeit am Donnerstag in der Osterwoche stattfinden soll und zwar
am Abend mit einer gesungenen Vigil, an welchem
sich die fünf Priester beteiligen sollen und am
folgenden Tag zwei gesungene Messen, die eine
von unserer lieben Frau und die andere von den
Seelen. Die andern drei Priester sollen auch auf
das Jahrzeit Messe halten. Die Urkunde enthält
noch eine Anzahl Namen mit Kerzenstiftungen.
Eine Pergamenturkunde, welche mit der Aufschrift:
„In dem Namen Gottes Amen", anno 1484 erschienen, enthält folgende Worte:
„Universarium die da sindt in der Bruderschaft
vnser lieben frauen Kertzen, Schneidern, Handwerk vnd ir mit Brüdern geordnet ist, das man
Jährlich vf den Nächsten Dienstag nach den Osterfeyrtagen soll man ir all Jahrzeit begann am dem
abend mit einen gesungenen Vigil, da Unser
30
Die Zunft der Schneider, Tuchscherer und Qewerbsleute in Zug
Priester alle bey sollent sin vnd morendess zwu
gesungne Mess, die eine von den Seelen, die
andern von vnsre liebe trauen und die andern
Priester sollent auch Mess hau, und Ir Jahrzeit
helfen began, darum soll man Inen für tun, was
billig ist".
Anschliessend folgen die Namen, welche das
Jahrzeit begehrt haben und in der Bruderschaft
gewesen sind. Vorerst Hans Schicker, Nikiaus
Schneider, Hans Freimann, Johann Schifli, Konrad
Hiinenberg, Bötschi Kündig und Sohn Hans, Elisabeth Imgold etc. Ein Konrad Schmid hat 4 Pfund
an die Kerzen, Hans Zobrist und seine Ehefrau
geb. Meier und Hans Brenner und seine Ehefrau
Verena 5 Pfund für ihr Seelenheil und das Jahrzeit
und Kerzen gespendet. Ulrich Schmeltzer und Elisa
Ihmhof, seine Ehewirtin 4 Gulden an Jahrzeit und
Kerzen, Anna Hünenbergerin, des Kolins Mutter
und ihre Tochter Katharina, Druckers Wirtin und
ihre Söhne 8 Pfund. Ferner haben gespendet:
Anton Wall 10 Pfund an die Kerzen, Elisabeth
Wickart 2 Pfund, Rudi Keiser und seine Ehefrau
Verena, Anna Butschin, Hans Müllers Ehefrau,
Stefan Huber, sowie eine grössere Anzahl von
Wohltätern verschiedene Beträge.
Am 4. November 1657 hat die Ib. Gesellschaft
den Pfleger Paul Sidler zu einem Bruderschaftsvogt oder Kerzenmeister ernannt und ist in diesem
Jahr die Bruderschaft oder Zunft wiederum erneuert worden.
Aus dem Jahre 1657 dato ein Rats-Recess,
wonach auf Klage der vor Rat erschienenen Handwerks-, Gewerbs- und Handelsleuten den fremden
Krämern, Handelsleuten und Hausierern, die nicht
in unserm Kirchgang wohnhaft sind, verboten
worden ist, ausserhalb der Messe und Jahrmärkten
feil zu halten, auf Stöhren zu gehen und zu arbeiten.
Ferner verbietet eine Pergament-Urkunde vom
Jahre 1635, erlassen von Ammann und Rat und
eine ganze Bürgerschaft den Bei- und Hintersessen
in einer grössern Auseinandersetzung den Verkauf
verschiedener Waren.
Im Jahre 1659 hat vorgenannter Kerzenmeister
Paul Sidler im Beisein von Ammann Georg Sidler,
Meister Oswald Brandenberg, Wollenweber, Vogt
Thom. Moos und Hans Kaspar Voster dem Kirchmeyer Peter Weber und seinem Sohn Kaspar den
Bruderschafts-Altar zu Ehren der hl. Dreifaltigkeit,
zu St. Michael verdinget, die Schreinerarbeit zu
machen, nämlich um 65 Gl.
1664 den 30. Oktober, bezahlt Seckelmeister
Dam. Müller für ein Altartuch mit Blumen 5 Gl.
15 Seh. Kerzenmeister Paul Sidler und seine
Ehefrau Anna Maria geb. Uttinger schenkte an
den Bruderschaftsaltar zwei Fastentücher und Leut.
Melch. Elsener an den Altar 24 Gl., Pfleger Osw.
Brandenberg an die Bilder 4 Gl. 1667 verehrt
Dr. Peter Spillmann und seine Ehefrau 2 Gulden
10 Schilling, Meister Noe Brandenberg 20 Pfennig
und Jgf. Magdalena Kleimann 13 Seh.
1687 schenkte Hans Melch. Haberer der Bruderschaft 2 Gl. Der Opfersinn der Zunftgenossen
erwachte ebenfalls wieder im Jahre 1692. Hans
Jakob Speck gab 10 Gl. Dann testierte Kerzenmeister Jos. Menteler für sich und seine Hausfrau
Barbara geb. Moos 100 Gl. Kapital, Meister Mich.
Severin Weber verabfolgte ebenfalls der Bruderschaft 100 Gl., ferner Dom. Albertini und alt
Kerzenmeister Oswald Weiss je 50 Gl.
Zum Schütze des Gewerbes der Zunft ist unt.
6. Februar 1683 ein Schirmbrief von Stadtschreiber
Landschreiber Landtwing gefertigt worden und
ein fernerer von Stadtschreiber Heinrich Zurlauben
im Jahre 1719.
Dann beklagte sich anno 1757 die ehrende
Meisterschaft der Schneiderzunft vor Rat, dass
einige Weiber, als Bonaventura Moosen sei.
Tochter, Frau Klara Speck und Franz Wickart sei.
Ehefrau, junger „Menschen" das Schneiderhandwerk lernen und auf Stöhren gehen, auch Michael
Brandenberg zur Arbeit gebrauchen, welche zuwider ihrer alten Artickeln und Erkanntnissen und
auch ihrer Arbeit und Nahrung höchst nachteilig
sei. Nach vorgenommener Citation, Verhör und
Entschuldigung wurde vom Rat erkannt, dass einer
Meisterschaft ihre Artickeln confirmiert sein sollen
Beklagter Clara Speck sowie der Moosin solle
jedoch bewilligt sein, Bürgerstöchtern für ihren '
Haushalt flicken und „büetzen" zu lehren, jedoch
dass sie nicht auf Stöhren gehen. Die Lehrtöchter
sollen aber der Meisterschaft zu keiner Zeit Schaden
zufügen.
Die Zunft der Schneider, Tuchscherer und Gewerbsleute in Zug
Degen und Mantel und unbedecktem Haupt beiwohnen und keiner dem andern in die Rede fallen,
es solle auch die Türe beschlossen sein und der
jüngste Meister davor stehen.
Neue Statuten oder Verordnungen wurden ferner
im Jahre 1818 gutgeheissen. Die Zunft hatte nach
denselben zu wählen: den Obmann oder Kerzenmeister, Fähndrich oder Pannerherr, Zimftschreiber
und Jungmeister oder Weibel. Der oben erwähnte
§ 4 blieb unverändert als § 3.
1853 fand sich die Zunft wieder veranlasst,
die Verordnungen zu revidieren. Bei der sog.
Franzosenzeit 1798 waren die Schneider in der
grössten Angst, ihre Habseligkeiten könnten eines
schönen Tages von den Franzosen weggenommen
oder gestohlen werden. Es ist daher unt. 18. Sept.
1798 einmütig gut gefunden und beschlossen
worden, alle Capitalien, bis auf die gestifteten
unter einannder zu „verzehren", welches geschehen
ist. Den Stadt-Meistern ist aufgetragen worden,
die Stiftung, solange es möglich ist, aufrecht zu
erhalten und zwar mit allen Rechten. Diese
Schlussnahme ist gefasst worden auf der Herberge
zum Widder vor offener Lade der ganzen versammelten Bruderschaft.
Die Zunft wurde jedoch nicht aufgelöst sondern verblieb fortbestehend bis auf den heutigen
Tag. Hierüber schreibt Zunftschreiber Franz Anton
Wickart folgendes:
„Da nun wegen der eingetroffenen Revolutionszeit die Verteilung und Auflösung des Bruderschaftsfond es stattfinden soll, auch dazumal den
Vogteien Anforderung und Guthaben befriedigt
und ausbezahlt worden, haben die meisten hiesigen
Mitglieder der Bruderschaft auch die Meinung,
alles unter sich zu verteilen und so die Zunft zu
vernichten. Dieses wäre nun geschehen, wenn
folgende ehrende Mitglieder, namentlich Meister
Martin Keiser, Kaspar Brandenberg, Franz Speck,
Josef Bossard, Franz Fridlin, Leonz Elsener, Franz
Spillmann, Kaspar Weber und Thade Brandenberg sich nicht entgegen gesetzt und auf das Recht
gestützt hätten".
Eine Klage über Bonaventura Moos sei. Tochter,
die jedenfalls eine geweckte Person gewesen sein
muss, ist schon im Jahre 1746 an den Rat ergangen,
weil solche sich erfrechte, in das Handwerk der
Schneider einzugreifen und Lehrtöchter anzunehmen.
Auf dieses energische Entgegentreten ist nun
die Existenz der Zunft im neuen Jahrhundert erhalten geblieben, was den vorgenannten Mitgliedern
zu verdanken ist. Obiges ist an der Versammlung
von 1818 in Erinnerung gebracht worden.
Am 22. Oktober 1710 wurden wieder neue
Statuten entworfen. Nach $ 4 solle man bei dem
Bot (Versammlung), solange die Lad offen ist, mit
Näheres über die Schneiderzunft ist in meiner
Sammlung, welche in drei Bänden (Grossformat)
31
die sämtliche Statuten, Urkunden, Mitgliederverzeichnisse, Auszüge aus Ratsprotokollen, Kopien
der Vor-und Hauptbote, Einladungen, verschiedene
Drucksachen etc. von 1408 bis auf den heutigen
Tag enthalten. Interessant sind die frühern grossartigen Schmausereien, von denen man heut zu
Tag keinen Begriff hat.
ZurZeit existieren noch die Schreiner-, Drechslerund Küferzunft, gegründet 1585, die Bäcker- und
Müllerzunft, gegründet 1686.
Nach der Franzosenzeit wurden im Jahre 1818
die Statuten neuerdings einer Prüfung unterworfen
und revidiert. Schliesslich erwähne noch das Jahr
1820 infolge Verlegung der Herberge.
1820. Unterm 6. Jänner wurde von der Meisterschaft mit Mehrheit beschlossen, die Herberge zum Widder zu verlassen und in das
Gasthaus zum Löwen zu übersiedeln, insofern der Gastgeber mit den gestellten Conditionen sich einverstanden erklärt.
Hiebei ist noch eine herkömmliche Uebung zu
beachten:
1. Beim Ansagen des Hauptbotes hat der Jungmeister etwas zu Abend zu gemessen, als etwa
y2 Mass Most, ein Würstli mit Brod und soll
vom Zoll befreit sein.
2. Nach dem Bratentisch oder vorher wird des
Obmanns Frau '/-. Mass Zürichwein, einiges
vom Braten- und Nachtisch, z. B. 1 Güggeli,
etwelche Huppen oder Turtli gratis zugeschickt.
3. Am Sonntag nach gehaltener Mahlzeit kommt
die Schneider-Kommission zu zahlen und erhält
gratis ein Vespertrunk, 1 Mass ordinäre Wein,
Brod und Hammen.
Der obige Antrag wurde vom Löwenwirt freundlichst entgegen genommen, in der Weise, dass
wenn keine jährliche Mahlzeit gehalten werde, dem
Stubenvater 1 Kronenthaler aus der Zunftkasse bezahlt werden muss.
Am folgenden 16. Oktober ist dann Stubenvater Alois Uttinger gegen Erlegung einer Taxe
von 10 Gulden als Mitbruder in die Zunft aufgenommen worden. Auf den genannten Tag wurde
sodann eine Mahlzeit mit 3 Tischen pro Kopf ä
28 Batzen oder 1 Gl. 29. Seh. erkannt. Der Bratentisch soll zwischen 5 bis 6 Uhr aufgetragen, der
Nachtisch — weil zwischen diesem und dem
Bratentisch aufgestanden und ausgeruht werden
kann — etwas später als gewöhnlich serviert werden.
32
Die Zunft der Schneider, Tuchscherer und Gewerbsleute in Zug
Jedes Mitglied erhält an die Mahlzeit 1 Gl.
20 Seh. aus der Zunftkasse, In der Gasthofküche
des neu eingetretenen Mitgliedes wurde nun eine
rege Tätigkeit entwickelt, um die rührigen Schneiderböckel zur Zufriedenheit bedienen zu können. Es
wurden traktiert:
2 Suppen (Nüdeli-und Fleischsuppe), 2 Pasteten
mit Fleischknöpfli, 1 Huhn in Reis, 2 Platten
Schweinefleisch, 2 Platten Gemüse, 2 Platten Rindfleisch und 2 halbe Kalbsköpf, total 13 Platten.
Am sog. Sosentisch: 1 Platte Zungen, 1 Platte
verdämpfte Güggel, 2 Platten Hasenpfeffer, 2 Platten
Forellen und Trischen, 2 Platten Spinat, 2 Platten
eingebeiztes Fleisch, 2 Platten Hirn, 1 Platte Voressen etc., total 14 Platten.
Nachtisch um 9 Uhr: 1 Platte Hammen, 1 Platte
Zungen, 1 Mandeltorte, 1 Platte Huppen, 1 Platte
Brezel, 2 Platten Mandelkernen, 3 Platten Hirzenhörnli, 2 Platten Türtli, 2 Platten Pasteten, 2 Platten
Brödli, 2 Platten Trauben, 3 Platten Birnen, 2 Platten
Zwetschgen, 2 Platten Kastanien und 2 Platten
Pfirsich.
GOLDENES BUCH
Ehrentafel
der
Vergabungen im Kanton Zug
pom 1. Oktober 1922 bis 30. September 1923.
Das eoldne Buch soll seinen Pias errlneen.
Wenn erulg sind verstummet Leid und Groll.
Emporgehalten rclrds auf Adlerschrolneen.
Als elnz'ges Buch, das Gott einst lesen soll.
Isabelle Kaiser.
Zug.
Uebertrag Fr. 20,162.50
Baar.
Einwohner-Gemeinde:
Von Jos. Keiser, Hafner sei., Zug,
Einwohnerwaisenfond
. Fr.
Bürger-Gemeinde:
500.--
Bürger-Gemeinde:
Von Abbe G. Bossard, Zug, Waisenanstalt
Fr.
Von Frau Codelaghi sei., Hennebühl,
Bürgerspital
„
Von Jos. Keiser, Hafner sei., Zug,
Bürgerspital
„
Von Rektor Ribeaud sei., Luzern,
Bürgerspital
„
Von Th. Keiser-Stocklin sei., Zug,
Bürgerspital
„
Von Metallwarenfabrik Zug, Freibett
Bürgerspital
„
10,000.—
1,000.—
1,200.—
Von Wwe. Maria Gschwind-Schön sei.
Bürgerfond
Fr. 1,500.—
Asylfond
„
500 —
Cham.
Kirch-Gemeinde:
Von Fräulein Marie Grob sei., AltEnikon
Fr.
500,
512.50
1,000.—
5,000.—
Unterägeri.
Hünenberg.
Bürger-Gemeinde:
Von Kantonsrat Balthasar Wyss sei.,
Meisterswil
Fr. 2,000.—
Von Kost Georg sei., Matten . . „ 1,000.—
Bürger-Gemeinde:
Von Wwe. Caminada-Galli, Unterägeri, für Armenzwecke
. . .Fr.
500.—
Kirch-Gemeinde:
Von Wwe. Anna Emmenegger-Schmid Fr. 450.—
Uebertrag Fr. 20,162.50
Walchwil.
Kirch-Gemeinde:
Von a. Kirchenrat Frz. Heinr. Rust,
Regeten
Fr. 1,000.—
Uebertrag Fr. 26,662.50
Goldenes Buch
34
Uebertrag Fr.
350.—
Von A. R.-R. sei., Zug . . . . . Fr.
Von Ungenannt aus Zug . . . . „
«.-...
«
- TotalTr
200.—
5.—
555.—
Uebertrag Fr. 26,662.50
Steinhausen.
-H
Kirch-Qemeinde:
.•?•••;••
Von Farn. Jos. Müller sei., Hinterberg Fr. 300^—
Total Fr. 26,962^50
Prot. Kirchgemeinde des Kantons Zug.
Asyl Cham.
Von Frau Bolliger-Baumann sei.,
(Restbetrag)
Von Frau Bolliger-Baumann sei. .
Von Fräulein Maria Grob sei., Cham
Von der Nestle &Anglo-Swiss, Cham
Diverse Beiträge
Total
derh.RegierungdesKantonsZug
Diversen als Weihnachtsgaben
Ungenannt aus Cham . . .
der Frauenliga des Kantons Zug
der Bank in Zug
A. R.-R. sei., Zug
W. C. Escher, Zürich . . . .
Prof. Ribeaud sei., Luzern . .
Nestle & Anglo-Swiss, Cham .
Ungenannt aus Zug, 2 Beiträge
Landis & Gyr A.-G., Freibett
Totaf
Fr.
„
„
„
„
„
„
„
„
„
„
Fr.
2,000.—
280.—
3,600.—
4,000.—
100.—
300.—
1,000.—
512.50
1,000.80.—
3,000.—
15,872.50
Tuberkulosenfürsorge im Kanton Zug.
Fr.
„
„
„
„
Fr.
4,785.15
4,000.—
1,000.500.—
4,583 30
14,868.45
Von der Allg. Konsumgenossenschaft
Zug
Fr.
Von der Bank in Zug
„
Uebertrag Fr.
Von A. R.-R., Zug
Von der Frauenliga des Kantons Zug
Von der h. Regierung des Kantons Zug
Von 5 zugerischen Gemeinden . .
Total
Fr.
300.„ 1,000.—
„
500.—
„
325.—
Fr. 2,125—
Gemeinnützige Gesellschaft
des Kantons Zug.
Zugerische Kinderheilstätte,
Unterägeri.
50.—
300.—
350.—
für den Zeitraum vom
i. Januar 1919 bis 31. Dezember 1920.
Sanatorium Adelheid, Unterägeri.
Von
Von
Von
Von
Von
Von
Frauenliga des Kantons Zug.
Von
Von Landis & Gyr A.-G
Fr.
5 0 0 . - Von
Von der Korporation Zug . . . . „
100.— Von
Von der Spinnerei an der Lorze . „
200.— Von
Von der Metallwarenfabrik A.-G , Zug „
200 — Von
Von der Bank in Zug
„
200.—
Total Fr. 1,200.—
Von A. R.-R. sei. in Zug, Protest.
. . Fr. 10,000.—
Mädchenoberschule
Total Fr7l 0,000.—
Chronik des Kantons Zug
Von der h. Regierung des Kantons Zug
Von der Bank in Zug
Von Landis & Gyr A.-G., Zug . .
Total
Fr.
300.
„
400.
„
500.
Fr. 1,200 —
1919.
Januar.
1. Anlässlich des Jahreswechsels macht die Spinnerei an
der Lorze in Baar ihrer Arbeiterschaft hochherzige
grosse Vergabungen als schönster Beweis edler Gesinnung und werktätiger Fürsorge.
4./5. Gewaltiger Föhnsturm zu Berg und Tal der namentlich in der Berggegend ein beträchtlicher Schaden anrichtet. Haus- und Scheunendächer werden arg demoliert.
In Unterägeri wird die Wagenremise der E. S. Z. umgeworfen. Gegen 3000 Obstbäume werden entwurzelt.
Der in den zugerischen Wäldern, von denen besonders
die Korporationswaldungen von Zug, Ober- und Unterägeri hart getroffen sind, verursachte Sturmschaden
beträgt annähernd 37,000 Festnieter.
6. Gelöbnisablegung des neuen zugerischen Kantonsrates
in der St. Oswaldskirche. In der nachfolgenden Sitzung
werden gewählt: als Landammann Dr. A. Herrmann, als
Statthalter J. Knüsel. Die Staatswirtschafts-, Justiz- und
die Redaktionskommission werden neu bestellt, Landschreiber Keiser, Gerichtsschreiber Wettach und Grundbuchverwalter Hürlimann bestätigt. Der Salzpreis wird
auf 30 Cts. per Kilo festgesetzt. Neubürger Jak. Milz
in Cham wird als Kantonsbürger angenommen und den
zugerischen Krankenkassen an ihre ausserordentlichen
Unterstützungen für Grippefälle ein vorläufiger Beitrag
von Fr. 12,000.— bewilligt.
10. In Zug konstituiert sich der Arbeiter-Männerchor.
11. In Menzingen stirbt im 67. Altersjahre Jakob Schön,
BUrgerschreiber, Dorfpräsident, Wirt zur „Krone", ein
gewissenhafter Beamter und um die Oeffentlichkeit
vielverdienter Mann.
12. In Oberägeri beschliesst eine stark besuchte Versammlung die Gründung eines Einwohnervereins.
In Baar stirbt im 32. Altersjahre an der Grippe
Silvan Hotz-Feusi, Landwirt in Notikon, ein tüchtiger
Mann seines Berufes und strammer Guide.
16. Kantonsratssitzung. Die kantonalen Beamten werden
bestätigt und div. Kommissionen ergänzt. Weiterberatung des Strassengesetzes.
19. In Baar wird der Schulverwalter Wilhelm Kistler zum
BUrgerschreiber und Einzüger und Josef Dossenbach
zu Kirchenweibel gewählt.
20. In Zug wird der Einwohnerverein gegründet mit Dir.
Stutz als Präsident und O. Zeier als Aktuar. 235 Mann
erklären sich zum Beitritt.
Februar.
2. In Zug wählt man zum Betreibungsbeamten Jos Brandenberg, Buchdrucker, zum Weibel Karl Acklin, Schriftsetzer.
An der Korporationsgemeindeversammlung in Unterägeri wird vom Forstverwalter der Sturmschaden vom
5. Januar auf 13,000 m» geschätzt. Den grössten, den
die zugerischen Korporationen betroffen.
7. In Arth segnet das Zeitliche Frau Kath. Föry-Acklin,
zum „Schützenhaus", eine freundliche Wirtin, arbeitsame Frau, treue Gattin und gute Mutter. Sie hat ihre
Vaterstadt Zug nie vergessen.
10.62 Jahre alt stirbt in Baar Emil Meyer, Uhrmacher,
ein rühriger Geschäftsinann, der für das fortschrittliche
Leben in der Gemeinde alles Interesse zeigte und für
gemeinnützige Bestrebungen eine offene Hand hatte.
12. Der in geistiger Frische arbeitende und unermüdliche
Historiker, Publizist und Landammann Anton Weber
in Zug feiert seinen 80. Geburtstag.
14. In Oberwil-Zug verlässt das Irdische Johann Josef
Keiser, Metzger, eine originelle, typische Gestalt des
idillischen Weilers.
16. In Zug wird zum Bürgerweibel ohne Gegenvorschlag
Karl Acklin, Schriftsetzer, gewählt.
23. In Cham wird ein Einwohnerverein gegründet.
In Zug konstituiert sich die Gemeinnützige Baugenossenschaft.
24. In Neuheim stirbt im Alter von 85 Jahren Clemens
Schön, a. Bürgervizepräsident und Kirchmeier, ab Unterhof, ein um sein heimatliches Gemeindewesen viel
verdienter Mann.
27. Auf Zugerberg stirbt im 27. Altersjahr Dr. phil. Johann
Bucher, von Lunkhofen, Lehrer der Naturwissenschaften
am schweizer. Landeserziehungsheini, ein tüchtiger
Lehrer und Erzieher.
März.
l:ln Zug-Trubikon feiert alt Kantonsrat Nikolaus Keiser
seinen 90. Geburtstag.
3. In Unterägeri stirbt, 81 Jahre alt, a. Kantonsrat Joh.
Jos. Hugener, Landwirt im Hobacher, ein fleissiger
Bauersmann von altem Schrot und Korn. Sein jüngster
Sohn ist als P. Leonhard, Konventual des Klosters Einsiedeln und Präfekt der dortigen Stiftsschule.
6. Kantonsratssitzung. Eine Motion betr. Schaffung eines
kantonalen Arbeitsamtes wird erheblich erklärt und die
Beratung des Budgets pro 1920 begonnen.
10. In Unterägeri wird die Kinderheilstätte „Heimeli" eröffnet. Die von Frau A. Page-Schwetzmann geschenkte
Anstalt beziehen sechs jugendliche Insassen.
12. Zwei Flugzeuge der Fliegerschule in Dübendorf unter
Leitung von Oberlt. Bider, nehmen auf der Schurtannenwaid eine Landung vor.
18. In Baar wird den Ihrigen nach kurzem Krankenlager
Frau Alphonsina Meyenberg-Meienberg, Papierfabrik,
Chronik des Kantons Zug für das Jahr 1919
36
entrissen, eine allgemein beliebte, überaus wohltätige
Frau.
In Zug erliegt einer Lungenentzündung Sr. M.Veronica
Küng, Ordensschwester im Kloster Maria Opferung,
im Alter von erst 44 Jahren, eine tüchtige und überaus
beliebte Lehrkraft an der städtischen Mädchenschule.
21. Konferenz im Kantonsratssaal in Zug zur Beratung von
Massnahmen gegen die Arbeitslosigkeit und Schaffung
von Arbeitsgelegenheit; die Tagung ist von Vertretern
der gemeindlichen Behörden, der Industrie, und des
Handwerkes zahlreich besucht.
23. Versammlung des kantonalen Gewerbevereins in Zug
zur einheitlichen Regelung des Ladenschlusses.
28. In Zug wird der Verein ehemaliger zugerischer Landwirtschaftsschüler gegründet.
30. Die Einwohnergemeindeversammlung in Zug gewährt
an die städtischen Angestellten Teuerungszulagen, genehmigt den Voranschlag pro 1919 und das Demissionsgesuch des Gesangs- und Musikdirektors Bonifaz Kühne,
dessen grosse Verdienste gebührend verdankt werden.
31. In Allen winden stirbt, 68 Jahre alt, plötzlich Alois
Durrer-Burch, der Hauptförderer der Erstellung des
neuen Friedhofes der Pfarrfiliale Allenwinden.
April.
1. Im 86. Altersjahre entschläft in Zug Otto Syz, von Knonau,
früher Hotelier zum Hotel „Hirschen", dessen Freundesund Bekanntenkreis durch alle Gaue unseres Landes zog.
Einem Schlage erliegt in Zug der frühere Bergallmendverwalter und bekannte Wirt zur Schönegg
Karl Josef Speck im Alter von 52 Jahren.
Der 1. April narrt den Frühling! Er zieht im
weissen Schneemantel durch Berg und Tal.
6. In Steinhausen stirbt, 70 Jahre alt, Wwe. Katharine
Iten-lten, früher während vielen Jahren (1869-1878
und 1894—1911) pflichteifrige und bewährte Lehrerin
an der Knabenunterschule in Unterägeri.
8. Wiederaufgebot des Bataillon 48. Es rückt 857 Mann
stark in Zug ein, um nach Kloten mittelst Bahntransport
disloziert zu werden.
Der fortgesetzte Regen richtet vielerorts Schaden
an. Erdschlipfe werden gemeldet aus Unterägeri (Berg)
und Kohlrain-Menzingen.
11. Starker Schneefall auf den Berghöhen von Menzingen
und im Aegerital.
19. Im Moos, Cham, brennt die zu Fr. 4,000— versicherte
Scheune des Rem. Peter vollständig nieder.
20. Die Pfarrgemeinde Cham feiert das Osterfest in seiner
Pfarrkirche in der Freude über die in allen Teilen
wohlgelungene Renovation des grossen, schmucken
Gotteshauses.
28. Streik der christlich-sozialen Arbeiterschaft in der
Spinnerei Unterägeri, der nach zwei Tagen beigelegt
wird ohne den erwarteten Erfolg.
In Zug begeht Bürgerschreiber M. Weber-Strebel
sein 30-jähriges Amtsjubiläum, dem man bei diesem
Anlass das Lob eines pflichtgetreuen und arbeitsamen
Beamten nicht vorenthält.
Chronik des Kantons Zug für das Jahr 1919
Mai.
•.
3. a. Kantonsrat J. Vollenweider in Zug begeht seine
goldene, eine seiner Töchter die silberne und eine Grosstochter die grüne Hochzeitsfeier. Ein seltenes Zusammentreffen.
4. Das Zugervolk nimmt in der eidgenössischen Abstimmung den Schiffahrtsartikel mit 2,546 Ja gegen 535 Nein
und die zweite Kriegssteuervorlage mit 2040 gegen
928 Stimmen an.
In Unterägeri wird als Friedensrichter an Stelle
des demissionierenden Regierungsrates O. Henggeler,
Oberleutnant Josef Merz gewählt.
5. Im Konvikt St. Michael in Zug stirbt 74 Jahre alt Franz
Josef Elsener, vo"n Menzingen, Sprachlehrer von 1885
bis 1887 und 1914 bis zu seinem Tode an dortigem
Institut. Tüchtige und pflichteifrige Lehrkraft.
11. Die reformierte Kirchgemeinde des Kantons Zug beschliesst den Ankauf der Liegenschaft der Kirschwassergesellschaft Zug anderChamerstrasse um 125,000
Franken mit der Zweckbestimmung als Pfarrhaus.
14/21. Firmungsreise des Diözesanbischofes Rev."">s Dr.
Jacobus Stammler in den Pfarrgemeinden des Kantons Zug.
15 Rückkunft des Bataillons 48 in Zug. Inspektion und
Defilee vor dem Divisionär Sonderegger, der nachher
der h. Regierung einen Besuch abstattet und anlässlich desselben der Zuger Truppe für ihre gute Haltung
und guten Geist während des Ordnungsdienstes bei
Zürich seine Anerkennung ausspricht.
21. P. Macarius Muggli, O. C. im Kapuzinerkloster Zug
begeht sein goldenes Priesterjubiläum. Schon am
27. verkündet des Klnsterglöckleins Klingen den Heimgang
des greisen Jubilars.
24. Der Stadtrat Zug wählt zum Musikdirektor Richard
Wissmann, von Uznach, Gesang- und Musiklehrer
in Genf.
25. Die Kirchgemeinde-Versammlung in Zug wählt zum
neuen Chordirektor R. Wissmann in Genf und beauftragt den Rat, für den Bau eines neuen Pfarrhofes
Pläne und Kostenberechnungen erstellen zu lassen.
Jahresrechiuing pro 1918 und Voranschlag pro 1919
werden genehmigt.
27. Im Alter von 81 Jahren stirbt in Zug Helene Keiser,
ab Frauenstein, das letzte Glied der Familie Keiser
zum Frauenstein, Seniorin der Stadtgemeinde.
Der Kantonsrat nimmt verschiedene Motionen entgegen, wählt die vier Bankräte und zwei Rechnungsrevisoren der Kantonalbank, bewilligt einen Kredit von
20,000 Fr. für Instandstellung der Bahnhofstrasse in
Zug und regelt die Teuerungszulagen für die kantonalen Beamten und Angestellten.
31. Die Schlossbesitzung in Buonas-Risch ist von Baron
von Kleist an ein bernisches Konsortium um 1,250,000
Fr. verkauft worden.
•
Juni.
;.
•
1. Die Einwohnergemeindeversammlung in Zug beschliesst
u. a. nach Antrag des Stadtrates die Subventionierung
der privatlichen und genossenschaftlichen Bautätigkeit
und die Erstellung gemeindlicher Bauten, ferner die
Anschaffung eines Sprengautomobils.
5. Auf dem Platze Zug streiken wegen Lohndifferenzen
die Zimmerleute, unbekümmert darum, ob es den Arbeitgebern möglich ist, trotz Darniederlage des Baugewerbes Zulagen bewilligen zu können.
12. In Menzingen stirbt im Alter von 58 Jahren a. Bürgerrat J. Josef Röllin, Landwirt in der Euw, ein tüchtiger,
fortschrittlicher Mann, der allen öffentlichen Fragen
sein Interesse entgegenbrachte. Er war besonders
Freund der landwirtschaftlichen Organisation.
.
22. An der internationalen Ruderregatte in Zürich konkurriert der Seeklub Zug im Vierer-Yolede-mer-Rennen
und geht mit seinem „Chriesi" als erster von acht
startenden Klubs durchs Ziel. Der Preis ist eine
Wappenscheibe.
23. Das Schloss Buonas-Risch wird vom Zürcher AbeggStocker in Zürich käuflich erworben.
29. An der 21. internationalen Ruderregatte des Vierwaldstättersees in Luzern erringt der Seeklub Zug den
zweiten Preis.
. ;
• •
Juli.
2 In Zug tagt der Verband Schweiz. Obsthandelsfirmen.
6. Die Kirchgemeinde Unterägeri wählt als Pfarrhelfer
den Neupriester Hermann Schüepp von Zufikon bei
Bremgarten.
8. Schwere Gewitter, teilweise mit Hagelschlag, richten
in Aegeri und Risch vielfach Schaden an. Wesentlicher
ist in Risch der Wasserschaden. In manchen Heimwesen hat der Sturm zahlreiche Bäume entwurzelt.
10. Der Kantonsrat behandelt u. a. die Teuerungszulagen
an die kantonalen Beamten und Angestellten und setzt
die Beratung betreffend Regelung des Motorwagenverkehrs fort.
12. In Zug konstituiert sich die Bau- und Wohngenossenschaft zugerischer Arbeiter und Angestellter, welche
als Hauptzweck den Bau von Einfamilienhäusern mit
Gartenland vorsieht.
18. Gottfried Keller-Zentenarfeier in Zug.
24 Die höhern Berge prangen im Neuschnee. Auch in
den Niederungen beträgt die Temperatur nur 10° C.
Der Kantonsrat beschäftigt sich mit der Förderung der
Hochbautätigkeit.
28. Ehrw. Schwester Berthe Pretre seit 9'ß Jahren als
Krankenschwester im Bürgerspital Zug wirkend, wird
als Frau Mutter in ein Spital in Creusot (Frankreich)
berufen. Man sieht die ausgezeichnete Pflegerin von
hier nur ungern fortziehen, wo sie sich ein gutes Andenken gesichert hat.
August.
l.Am Morgarten wird mit patriotischer Feier die Enthüllung der Gedenktafel für die im Dienste des Vaterlandes während des Aktivdienstes 1914—1919 gestorbenen Wehrmänner verbunden.
Das Morgartenschiessen am gleichen Tage zählt
über 600 Schützen. Die Festrede hält Direktor Stutz
aus Zug.
3. Am Dent de Mordes stürzt Hermann Weber, Kaufmann
in La Sarrez zu tode. Bürger von Neuheim, geboren
1880 in Baar, war ein intelligenter Mann von gold-
37
lauterem Charakter, der leider allzufrüh den Tod in
seinen geliebten Bergen finden musste. Er ist in
Collonges zur ewigen Ruhe bestattet worden.
7. In Hinterburg-Neuheim stirbt, 72 Jahre alt, Kaspar
Müller zur Hinterburgmühle, ein tüchtiger und bekannter Geschäftsmann.
11. In Oberägeri stirbt, 92 Jahre alt, die Seniorin der Gemeinde, Frau Wwe. JosephaNussbaumer-Schuler, Mutter
des vor Jahresfrist gestorbenen Oberlehrers Joh. Nussbaumer in Unterägeri.
17. In Zug beschliesst die Einwohnergemeindeversammlung
die Erweiterung der Friedhofanlage, die Neuerstellung
des Schiesstandes im Koller, genehmigt den Vertrag
mit dem Kanton betr. die Kantonsschule und Erwerb
der Liegenschaft „Athene" zu kantonalen Schulzwecken
und bewilligt die Kredite für die Unterstützung der
Wohnungsbauten.
21. Auf seinem idyllischen Landgute „Rosenberg" in Zug
wird vom Tode ereilt a. Oberrichter Josef Theiler, eine
führende Persönlichkeit auf landwirtschaftlichem Gebiete, dank seiner vielseitigen praktischen und theoretischen Kenntnissen; auch der Oeffentlichkeit hat er
in manchen amtlichen Stellungen verdienstlich gedient.
23/25. tagt in Zug der Schweiz. Buchbindermeisterverein.
26. In Hünenberg stirbt im Alter von 70 Jahren Josef
Luthiger, kantonaler Blitzableiterinspektor und tüchtiger
Schmiedemeister von reichlichen Fachkenntnissen und
unermüdlicher Arbeitskraft.
31. Die Brotkarte nimmt ihren Abschied.
Das Zuger Volk nimmt mit 783 Ja gegen 211 Nein
die Vorlage betr. Förderung der Hochbautätigkeit an,
wodurch die Grundlage geschaffen ist, auf welcher eine
vermehrte Bautätigkeit einsetzen kann, besonders nach
der Seite des genossenschaftlichen Wohnungsbaues hin.
September.
5. Auf Zugerberg, in seinem geliebten Landeserziehungsheim, stirbt unerwartet infolge Schlaganfall Professor
Johann Hug, Direktor des Instituts. Gebürtig aus
Affeltrangen, holte er sich seine erste pädagogische
Ausbildung in Zug, treffen ihn dann zur weitern Ausbildung in England, um nachher seit 1898 an der zug.
Kantonsschule 15 Jahre mit Erfolg als Sprachlehrer zu
wirken. Im Platanenhof eröffnete er ein internationales
Knabeninstitut u. gründete später das Landeserziehungsheim auf Felsenegg, um dieses nach jeder Hinsicht zu
einer idealen Bildungsstätte zu gestalten. Dem Hingeschiedenen sind auch die Interessenten des Verkehrswesens und die Freunde des Theaters dem eifrigen
Mitförderer der Bestrebungen auf diesen Gebieten zu
grossem Dank verpflichtet.
6. Einem schweren Leiden erliegt in Zug Hauptmann
Rudolph Moser-Landry, Kaufmann. Eine urchige Bernernatur, ward ihm Zug zur zweiten Heimat; an den Geschicken und Entwicklung der Stadt nahm er regen
Anteil und er stellte sich dem Vereinsleben überall
dienstbereit zur Verfügung. Besonders der Stadtmusik
nahm er sich als deren Präsident an. Mit Rudolf Moser
ist ein guter Patriot, treuer Kamerad und Freund aller
idealen Bestrebungen dahin gegangen.
38
Chronik des Kantons Zug für das Jahr 1919 und 1920
Chronik des Kantons Zug für das Jahr 1919
8. Der Kantonsrat genehmigt den Antrag auf Ankauf der
„Athene" und bewilligt den bezüglichen Kredit von
Fr. 535,000. —. Durchberaten wird der Vertrag des
Kantons mit der Stadtgemeinde Zug betr. die Kantonsschule bezüglich Beitragsleistung der Stadtgemeinde.
Die Kirchgemeindeversammlung in Zug bewilligt das
Kreditbegehren des Kirchenrates im Betrage von Franken 400,000. — für den Bau eines neuen Pfarrhauses
und genehmigt das Besoldungsreglement für Geistlichkeit und Kirchenbedienstete.
11. Waldbrand im Obersparren im Areal des kantonalen
Staatswaldes. Ungefähr eine Jucharte Jungwald wird
vernichtet. Orösserer Schaden wird durch die Feuerwehren von Menzingen und Oberägeri verhindert.
13. Der Kantonsrat beschliesst die Partial-Revision des
Steuergesetzes.
14. Die Einwohnergemeinde Risch genehmigt den Kaufvertrag betr. das Schulhaus, welches früher der KolIaturgenossenschaft Risch, dann der Kirchgemeinde gehört hatte.
In Oberägeri, Jubiläumsproduktion des kantonalen
Zäzilienvereins.
23. In Baar wird vom Schlage getroffen der in weiten
Kreisen bekannte Franz Dahinden, früherer Obsthändler
und Fuhrhalter, ein schlichter, unternehmungsfreudiger
Geschäftsmann.
In Veuissieux, bei Lyon, stirbt ehrw. Frau Mutter
und Generaloberin Alexander Weber von den kath.
Missionen U. L. F. von den Aposteln, geb 1856 in Oberwil bei Zug, eine vielverdiente, von Papst Pius X.
hochgeschätzte und geehrte Missionärin in Aegypten.
28. In Cham kantonaler christlich-sozialer Parteitag, der
gegen 600 Teilnehmer zählt.
Oktober.
1. Gerichtssubstitut Ernst Butler in Zug erfüllt sein dreissigstes Amtsjahr und findet an seinem Jubiläumstag die
verdiente Anerkennung als pflichtgetreuer, vorbildlich
amtender Sekretär.
In Zürich stirbt Simon Bollag, über 40 Jahre bekannter Geschäftsmann in Zug.
2. A. R. Custer, langjähriger Leiter des Hotel Schünfels
und Chalet Zugerberg übernimmt den Betrieb des von
Fritz Stadler käuflich erworbenen Hotels Zugerhof.
5. Konservativer Parteitag in Zug zur Behandlung der
Kantonsschulhauserwerbung und der Nationalratswahl.
Zum Sekundarlehrer in Unterägeri wird Alb. Keiser
von Zug gewählt.
6. In Zug stirbt im 56. Altersjahr Heinrich Suter-Hürlimann, Mitglied des Kirchenrates der reformierten Kirchgemeinde des Kantons Zug und angesehener Angestellter der Metallwarenfabrik Zug.
7 Abt Basilius Fellmann von Engelberg weiht die neue
Kapelle auf Deubühl in Baar, welche von der Familie
Steiner gestiftet wurde.
8. Das Institut Menzingen wird von Dr. Graf Huyn, Erzbischof von Prag, besucht.
12. Freisinniger Parteitag in Zug zur Behandlung der Nationalratswahl und eidgenössischen Tagesfragen.
Professor Iten in Zug feiert unter grosser Anteilnahme seiner Kolpingssöhne das silberne Jubiläum als
Gesellenpräses.
der Revisionsvorlage des Wirtschaftsgesetzes fortgesetzt. Der Antrag des Regierungsrates auf Beitragsleistung an das BUrgerspital Zug wird zur Begutachtung
an die Staatswirtschaftskommission gewiesen. Der Rat
geht zur Einzelberatung der Revisionsvorlage des Steuergesetzes über.
23. Der Kantonsrat entspricht dem Gesuche des kantonalen Verkehrsvereins um Aufhebung des Sonntagsfahrverbotes für Motorfahrzeuge, erhöht die Besoldung
des Gerichtsschreibers auf Fr.8000—, erledigt in erster
Lesung das Gesetz betreffend Errichtung eines kantonalen Arbeitsnachweises und tritt in die Beratung der
Partialrevision des Wirtschaftsgesetzes ein.
26. Zum zugerischen Nationalrat wird mit 2914 Stimmen
Dr. H. Stadlin-Graf, bisheriger Mandatsinhaber gewählt.
Der sozialdemokratische Kandidat (Moskauer Richtung)
H. Gallmann erhält 1260 Stimmen.
27. In Zug stirbt der Senior der Stadtgemeinde und des
Kantons, Johann Baptist Zürcher von Menzingen, ein
96-jähriger Jüngling", früherer Lehrer und nachmaliger
Kassier der Kreditansialt. Bis in die letzten Lebenstage erfreute er sich des geistigen und körperlichen
Wohlbefindens.
In Zürich stirbt Pfarrer und Kapitelssekretär Dr.
Joh. Bapt. Hildebrand von Cham, geb. 1866, Priester,
1889, Pfarrhelfer in Cham; Lehrer am Gymnasium in
Zug 1892; 1894 Ordensnovize bei den Jesuiten in Holland; nach dem Austritt aus Gesundheitsrücksichten
Vikar in Zürich 1899; 1905 Pfarrer an der Kirche zu
St. Peter und Paul. Hochverdienter, schaffensfreudiger
und verehrungswürdiger Priester. Er wurde in der
Heimatsgemeinde Cham bestattet.
29. Landung und Aufstieg eines 8-plätzigen Luftbootes auf
dem Zugersee unter Führung von Flieger-Leutnant Frick.
November.
4. Im Kloster Maria Opferung in Zug stirbt Sr. Coleta
Ritter von Cham, geb. 1847; Profess 1868; an die 30
Jahre „Lehrfrau" an der städtischen Mädchenschule,
der sie ihre ganze Kraft und besondere Begabung
widmete.
6. Der Kantonsrat setzt die erste Lesung der Wirtschaftsgesetzrevision fort.
An Stelle des demissionierenden langjährigen Direktors der Kantonalbank, Severin Koch, wird aus 33 Bewerbern Eugen Rimli, Verwalter der Filiale Romanshorn
der Thurgauischen Kantonalbank gewählt.
1.—9. Kapuziner-Volksmission in Cham.
8. In Baar stirbt der in weiten Kreisen bekannte Alois
Schumacher, früher Land- und Gastwirt, ein tüchtiger,
umsichtiger Geschäftsmann, der stets für Fortschritt auf
allen öffentlichen Gebieten eingenommen war.
23. Die Korporationsgemeindeversammlung in Unterägeri
setzt das Holztreffnis pro Genosse auf Fr. 20.— fest.
Auf Veranlassung der Ortsgruppe Zug der Vereinigung Schweiz. Republikaner referiert Redaktor J. B.
Rusch aus Mels über den Völkerbundsanschluss der
Schweiz. Die Mehrheit der Versammlung spricht sich
nach der Diskussion pro et contra für den Beitritt der
Schweiz zum Völkerbund aus.
27. Im Kantonsrat interpelliert Dr. A. Meyer den Regierungsrat über die Vorarbeiten betr Vollzug der Einführungsbestimmungen zum Kranken- und Unfallversicherungsgesetz; die Motion Köpfli auf Revision der Strafprozessordnung wird erheblich erklärt und die erste Lesung
Dezember.
*'•:>/,
3. In Menzingen segnet das Zeitliche Kaplan und Sextar
Franz Josef Elsener, geb. 1842; Priester 1868, seit
welchem Jahre er ununterbrochen in der Heimatgemeinde als Pfarrhelfer, später als Kaplan der dortigen
sog. Elsenerpfründen wirkte. Kaplan Elsener war ein
Geistlicher von gediegener Bildung, bescheidenem Auftreten, friedlicher Gesinnung und zeichnete sich in allem
durch vollkommen priesterlichen Lebenswandel aus.
Der Einwohnerverein Zug veranstaltet einen Vortrag
über den Völkerbund, als dessen Freund Dr. Max Huber
referiert.
10./11. In Zug tagt der Schweiz. Katholische Frauenbund.
12. Vortrag über den Völkerbund, als dessen Gegner Dr.
Eugen Curti-Forrer aus Zürich spricht.
Dr. G A. Keiser von Zug wird vom Regierungsrat
des Kantons Aargau zum Lehrer für Französisch und
Italienisch am Seminar Wettingen gewählt.
17. Der Regierungsrat wählt an Stelle des zurücktretenden
langjährigen und durch getreue Amtsführung vielverdienten Staatskassiers Regierungsrat Pl Steiner als
Nachfolger den bisherigen Finanzsekretär J Küster
21. Zahlreich besuchte Versammlung in Zug mit Referat
von Kantonsingenieur Müller über den Ausbau der
elektrischen Strassenbahnen im Kanton Zug durch Neuerstellung der Linien Zug-Oberwil, Zug-KollermühleCham-Sins.
In Walchwil stirbt der Senior des kantonalen Polizeikorps Alois Hürlimann, 74 Jahre alt, seit über 40
Jahren ein zuverlässiger Wächter der öffentlichen
Ordnung und in seiner Gemeinde ein Freund ihrer
Entwicklung und der Förderung der Vereine und des
öffentlichen Lebens.
28. Der kantonale Schützenverband beschliesst die Veranstaltung eines kantonalen Schützenfestes in Menzingen.
29. In Baar stirbt Frau Bertha Iten-Nöllin als letzte Sprosse
des alten Aegerigeschlechtes der Nöllin (eingebürgert
1533).
31. Im Kantonsrat wird die Interpellation Dr. Meyer betr.
Einführungsbestimmungen zum Kranken- und Unfallversicherungsgesetz beantwortet. Der Rat beschliesst,
den durch Schlachtung von Seuchenvieh betroffenen
Viehbesitzern von Neuheim und Menzingen aus dem
kantonalen Viehentschädigungsfond 75"/» des Gesamtschadens von Fr. 50,000. — zu vergüten. Die zweite
Lesung der Vorlage betr. kantonales Arbeitsamt wird
abgeschlossen.
Nach 25-jähriger Wirksamkeit als Sektionschef tritt
von diesem Amte Gemeindeschreiber Pius Nussbaumer
in Oberägeri zurück. Sein Nachfolger ist M Müller,
Korp., im Schranken, Hauptsee.
39
Abgesehen vom gewaltigen Schaden des Föhnsturmes
war das Jahr 1919 der Landwirtschaft günstig, weniger
dagegen teilweise der heimischen Industrie und besonders
ungünstig dem Gewerbe. Die ungünstige Zeitlage spiegelt
sich auch im Staatshaushalt. Die Staatsrechnung weist
im Verkehr bei Fr. 2,129,671.12 Ausgaben und Fr. 1,888,076.98
Einnahmen, einen Ausgabenüberschuss von Fr. 241,594.14
auf. Seit 1917 übersteigt derselbe über eine halbe Million.
Das eigentliche Staatsvermögen ist aufgezehrt und die in
frühern „fetten" Jahren angelegten und geäufneten offenen
und stillen Reserven sind in den letzten drei „magern"
Jahren zur Neige gegangen.
Auf dem Grundbuchamt in Zug sind pro 1919 474
Handänderungen im Gesamtbetrage von Fr. 19,151,647 14
eingetragen Grundpfandverschreibungen wurden 340 im
Betrage von Fr. 3,263,411 43 errichtet. Gülten nach neuem
Recht wurden keine errichtet.
Die Elektrischen Strassenbahnen im Kanton Zug beförderten im Jahre 1919 820,193 Passagiere und 17,432
Tonnen Güter. Die Betriebseinnahmen betragen Franken 451,066 25, die Ausgaben Fr. 302,788.95, sodass ein
Betriebsüberschuss von Fr 148 277 30 resultiert.
Die Zugerberg- und Strassenbahn verzeichnet pro 1919
an Betriebseinnahmen Fr 124681 46, an Ausgaben Franken 94,007 93, sodass sich ein Betriebsüberschuss von
Fr. 30,673 53 ergibt
Die Zuger Kantonalbank erzielt pro 1919 einen Reingewinn von Fr 262,787 — und schüttet eine Dividende
von 5 % aus.
Die Bank in Zug, in deren 79. Jahresrechnung sich
neben der Vermehrung des Geschäfts- und Kundenkreises
das Vertrauen weitester Volks- und Geschäftskreise äussert,
erzielte einen Nettogewinn von Fr. 417,264. 44, der die
Ausrichtung einer Dividende von ö'/s °/o gestattete. Die
äusserst befriedigende Entwicklung dieses Institutes innert
acht Jahrzehnten ist eine erfreuliche. Es spielt im Wirtschaftsleben unseres Kantons eine ebenso gerechte wie
nutzbringende Rolle
Der Gewinnsaldo der Wasserwerke Zug A.-G. beträgt
Fr. 222,942 05, die Dividende der Aktionäre wird auf 6 %
festgesetzt.
1920.
Januar.
4. Die Dorfgemeinde Baar beschliesst zur Verstärkung
der Wasserversorgung die Anlage eines Pumpwerkes
im Kostenvoranschlag von Fr. 75,000.—.
7. In Arth folgt seiner unlängst verstorbenen Gattin im
Toce Martin Föry-Acklin, Wirt z Bierbrauerei „Schützengarten". Bürger von Zug und vormaliger Wirt zum
„Hecht" daselbst, war er trotz dem Wegzug von der
Stadt in manigfachen familiären und freundschaftlichen
Beziehungen zu ihr geblieben und in seinem grossen
Bekanntenkreis geachtet und geliebt.
12 Ein heftiger Sturmwind fegt durch das Land, der da
und dort, namentlich im Aegerital einigen Schaden anrichtet.
40
Chronik des Kantons Zug für das Jahr 1920
Chronik des Kantons Zug für das Jahr 1920
15. In den Berglagen wird Streue eingeheimst und nach
Kartoffeln gegraben, welche Arbeiten im Oktober 1919
wegen Eintritt von verfrühtem Winterwetter nicht vorgenommen werden konnten.
22. Im Kantonsrat interpelliert Genosse Gallmann den
Regierungsrat über den Abbau in der Abgabe allgemein verbilligter Milch, diverse Motionen werden entgegen genommen, zum Regierungssekretär Ernst Wickart
von Zug gewählt und das Gesetz betr. Arbeitsnachweisatnt nach redaktioneller Bereinigung angenommen.
Für die Erstellung der 1. Etappe der Trottoirsanlage
Zug-Baar werden Fr. 70,000.— bewilligt und mit der
Beratung der Steuergesetzrevision begonnen.
29. Der Kantonsrat beschäftigt sich mit der Revision des
Steuergesetzes.
30. Im Kloster Gube! stirbt die frühere Frau Mutter und
jetzige 2. Oberin Sr. M. Mathilde Isak, 69'/: Jahre alt,
eine segensreich wirkende Vorgesetzte des Konvents.
Seit Beginn des neuen Jahres, hat in unsern Bauerngemeinden ein reger Liegenschaftshandel mit Abschlüssen
zu exorbitanten Preisen eingesetzt.
und erteilt dem Stadtrat Vollmacht, in der Angelegenheit
„Athene"-Turnhallevermietung gegen den Kanton auf
dem Prozesswege vorzugehen.
Das Bulletin des Kantonsarztes meldet 379 Grippefälle im Kanton, wovon auf die Stadtgemeinde 165
entfallen.
Der Stadtrat von Zug wählt als Sekundarlehrer am
Burgbachschulhaus Albert Keiser, von Zug, zur Zeit
in gleicher Stellung in Unterägeri, nachdem Sekundarlehrer J. Schönenberger nach 42-jähriger, pflichtgetreuer
und erfolgreicher Wirksamkeit seinen Rücktritt genommen.
26. Der Kantonsrat setzf die Beratung der Revisionsvorlage des Steuergesetzes fort und weist die neue Vorlage des Einführungsgesetzes zur Kranken- und Unfallversicherung an eine sieben-gliedrige Kommission.
28. In Oberägeri stirbt der Gemeinde-Kassier Wolfgang
Letter, im Mitteldorf, ein gewissenhafter Beamter.
Zufolge der milden Witterung ist auch in höhern
Lagen die Vegetation erwacht. Es blühen nicht nur
Primula veris sondern auch Ercia camea, Crocus vernus,
Helleborus niger, Anemone hepatica usw.
Februar.
5. In der Agatha-Woche bildete sich auf dem Aegerisee
eine ziemlich feste Eisdecke, während zu derselben
Zeit Streue gemäht und an die 100 Fuder ab den
Riedmatten eingebracht werden.
9. Der Kantonsrat nimmt die erste Lesung des Revisionsentwurfes des Steuergesetzes wieder auf, beantragt
die Schaffung eines Abwartes im neuen Kantonsschulgebäude, setzt in Wiedererwägung eines frühem Beschlusses die Entschädigung für im Kantnn firaubünden
gesömmertes und wegen Seuche geschlachtetes Vieh
auf 80 % des Schadenbetrages fest und genehmigt die
Staatsrechnung pro 1917.
10. Wegen plötzlichen, starken Auftretens der Grippe in
Zug, werden die üblichen Fastnachtsanlässe vom Stadtrat untersagt.
12. Der Regierungsrat dehnt das Verbot der Fastnachtsanlässe auch auf die Gemeinden aus. Das Bulletin
des Kantonsarztes meldet über 250 Grippefälle, wovon
122 auf die Stadtgemeinde entfallen.
12. In Zürich stirbt, 79 Jahre alt, Major Fritz Wyss-Grämiger, von Zug, der sich in frühern Jahren um die
Oeffentlichkeit in seiner Vatergemeinde verdient gemacht hat.
15. In Risch stirbt im 70. Altersjahre der bekannte Wirt
z. Gasthaus u. Pension „Waldheim" Bernard Schriber.
17. In Steinhausen (Sandplatten) stirbt 94 Jahre alt der
Senior der Gemeinde und wohl auch des ganzen
Kantons, Konrad Fähndrich, gewesener Küfer und Tambour.
19. Der Kantonsrat setzt die Revisionsarbeit am Steuergesetz fort.
22. DieEinwohnergemeindeversammlung von Zug genehmigt
das Besoldungsreglement, verwirft den stadträtlichen
Antrag auf Schaffung einer Stadtingenieurstelle, beschliesst die Erweiterung der Friedhofanlage in südöstlicher Richtung im Kosten-Voranschlag von Franken 300,000.—, genehmigt den Voranschlag pro 1920
März.
1. In Zug segnet das Zeitliche R. D. Professor Josef Iten,
Kaplan der St. Karlspfründe, Sekretär des Priesterkapitels Zug, Diözesanpräses der Katholischen Gesellenvereine des Bistum Basel, von der Grippe-Lungenentzündung dahingerafft im Alter von erst 51 Jahren.
Geb. 1869, 18. Mai in Zug; Student an der Kantonsschule Zug, Stiftsschule Einsiedeln, Theologie-Student
bei den Jesuiten in Innsbruck, auf der Universität Freiburg und am Priesterseminar Luzern; 1894 Primiziant
und Kaplan an der St. Karlspfründe in Zug, Lateinlehrer
an der städtischen Sekundärschule bis zu seinem Tode.
Verdienter Förderer des katholischen Vereinswesens,
ein milder, gütiger, überaus beliebter und makelloser
Priester, dessen stille Lebensarbeit dem Wohle der
Mitmenschen galt.
In Zug verlässt das Irdische Josef Hegglin-Kerckhoffs,
im 58. Altersjahre, bekannt als überaus tüchtiger Bankbeamter und Direktor des Bad Schönbrunn, der seine
vielseitigen Kenntnisse auch der Oeffentlichkeit in der
Heimatsgemeinde Menzingen und in Zug zur Verfügung
stellte.
2. In Zug langen 314 erholungsbedürftige Wienerkinder
an, um an ihre Pflegeorte verteilt zu werden.
3. In Cham brennt die zu Fr. 18,200.— versicherte, grosse
Scheune des Landwirtes Josef Betschart in Rumentikon
nieder.
4. Der Kantonsrat nimmt nach Entgegennahme einer Interpellation und einer Motion die Beratung des Voranschlages pro 1920 auf, welcher bei Fr. 2,025,835— Einnahmen und Fr. 2,113,994 — Ausgaben ein mutmassliches
Defizit von Fr. 88,159— voraussieht.
Zugszusammenstoss in Zug mit ziemlich beträchtlichem Materialschaden für die S. B. B.
5. In Hausen am Albis stirbt der in den benachbarten
zugerischen Kreisen wohlbekannte und geachtete Dr.
Robert Zürrer im Alter von 58 Jahren.
9. In Unterägeri wird der Zürcher Heilstätte Erliberg
deren Leiterin Frau Dr. Fanny Naef-Züblin durch den
Tod entrissen. Volle 35 Jahre hat diese als Anstaltsvorsteherin mit grüsster Umsicht und nie versiegender
Energie gewirkt. Ihre Gesundheit und Kraft erschöpfte
sich im Dienste der Kranken und Armen.
11. Der Kantonsrat führt die Beratung des Voranschlages
pro 1920 zu Ende und erledigt die zweite Lesung der
Teilrevisionsvorlage des Wirtschaftsgesetzes.
14. Der konservative und der liberale Parteitag in Zug
• nehmen Stellung zu den eidgenössischen Abstimmungs•'•• vorlagen betr. Verbot der Errichtung von Spielbanken,
betr. Ordnung des Arbeitsverhältnisses und zum Völker'•: bund.
Die Grippe ist im Erlöschen. In der Zeit vom
;
• 25. Januar bis 14. März kamen 1225 Fälle zur Anmeldung,
doch ist mit den unangemeldeten meist leichtern Erkrankungen mit einer Zahl von 3000 zu rechnen.
17. In Meisterschwil-Hünenberg stirbt 83 Jahre alt B. Wyss,
Vizepräsident des Einwohnerrates 1878—1906, 1878—
.. 1914 Mitglied des Schulrates, 1894—1910 Mitglied des
Kantonsrates; der Verstorbene war allgemein beliebt
und geachtet als tüchtiger Berufs- und Amtsmann.
18. Der Kantonsrat setzt die Revisionsarbeit am Steuergesetz fort, nachdem er den Sonntagsautomobilverkehr
eingeschränkt und der Beteiligungander Aktienerhöhung
der Nordostschweizerischen Kraftwerke zugestimmt hat.
21. Das Zugervolk verwirft mit 1629 Nein gegen 1033 Ja
das Initiativbegehren betr. die Spielbanken sowie mit
1471 gegen 884 Stimmen den bezüglichen Gegenentwurf der Bundesversammlung. Die Vorlage über Ordnung
des Arbeitsverhältnisses wird ebenfalls mit 1560 gegen
1402 Stimmen verworfen.
23. Eisenbahnunfall in Cham zufolge Zugsentgleisung. Ein
Bremser, Josef Scherer, Kondukteur-Aspirant, erleidet
einen Beckenbruch. Der Materialschaden ist ziemlich
beträchtlich.
In der Verzinkerei Zug fällt der 17-jährige Arbeiter
. August Schicker von Baar in einen Kessel siedender
Säure und erliegt den qualvollen Brandwunden nach
drei Tagen.
25. Im Kreise der Literarischen Gesellschaft Zug ist die
Dichterin Isabelle Kaiser zu Gaste, die aus eigenen
Werken der Poesie und Prosa rezidiert.
April.
4. In Zug wird das von einer Spezialkommission der zuger.
Gemeinnützigen Gesellschaft geleitete Gemeindehaus
und alkoholfreie Wirtschaft eröffnet in den Räumen
. des ehemaligen Hotel „Falken" am Postplatz.
Als Kaplan von Niederwil-Cham wird R. D. Pfarrhelfer Röllin in Neuheim gewählt.
5. Das erweiterte kantonale konservative Parteikomitee
beschliesst mit 16 gegen 5 Stimmen, es sei dem Volke
die Annahme der Völkerbundsvorlage zu empfehlen.
11. Die freisinnige Partei portiert als Regierungsratskandi• daten für den zurücktretenden Dr. H. Stadlin-üraf den
Parteipräsidenten Dr. Albert Meyer in Zug.
"':
In Unterägeri beschliesst man die Einstellung des
Dampfschiffverkehrs auf dem Aegerisee.
41
In Baar begeht man das silberne Jubiläum des Bestandes der gewerblichen Fortbildungsschule.
19. In Steinhausen wird eine Telephonzentrale dem Betrieb übergeben.
21. In Unterägeri beklagt man den Hinschied von alt Regierungsrat und Landammann Karl Josef Merz, geboren
1856. Vom armen Fabriklerknaben zum Besitzer eines
grosscn Sägewerkes sich aufschwingend, stellte er seine
Arbeitskraft auch der Oeffentlichkeit zur Verfügung.
1891 Mitglied des Kantonsrates bis 1918, 1892—1896
Mitglied des Ortsbürgerrates, 1894—1903 Mitglied und
Präsident des Einwohnerrates, desgleichen von 1909—
1913. 1894-1918 Mitglied der h. Regierung, 1910 Landammann. Gemeinde und Kanton sind seinem verdienstlichem Wirken zu grossem Dank verpflichtet.
25. Als Regierungsrat wird gegenüber dem offiziellen freisinnigen Kandidaten Dr. Albert Meyer der „wilde"
Gemeindeschreiber J. Staub von Neuheim, als Mitglied
des Kantonsgerichtes an Stelle des zurückgetretenen
Othmar Andermatt, Gewerbesekretär Joh. Trachsler
gewählt.
Zufolge der lokalen Versammlungen zur Besprechung
des Völkerbundes beginnen die Wellen für und wider
denselben hochzugehen. Die Diskussion darüber wird
zum Tagesgespräch der Diplomaten am Wirtstisch und
im Blätterwald rauscht ebenfalls Für- und Gegenwind.
30. Von der Redaktion des „Zuger Volksblatt" tritt nach
17-jähriger verdienstlicher Wirksamkeit Dr. H. Stadlinüraf zurück. Die Schriftleitung des Blattes übergeht
an eine Redaktionskommission.
Mai.
4. In Zug wird das neue Kantonsschulgebäude „Athene"
mit einer kirchlichen und weltlichen Feier eingeweiht.
6. Der Kantonsrat bewilligt für die Heizanlage im neuen
Kantonsschulgebäude den Kredit von Fr. 38,000.—,
nimmt in der Schlussabstimmung die Vorlage des revidierten Wirtschaftsgesetzes an, ebenso in erster Lesung
die Revisionsvorlage der Einführungsbestimmungen zum
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs und
beratet schliesslich die Revisionsvorlage des Steuergesetzes.
9. In Zug grosse Völkerbundstagung auf dem Postplatz.
Bundesrat Motta spricht zu der 3000-köpfigen Versammlung für den Eintritt in den Völkerbund. Die
Diskussion wurde nicht benützt und eine Resolution
im Sinne des Motta'schen Mahnwortes angenommen."
13.1. Zentralschweizerischer Arbeiter-Schwingertag in Zug,
an dem 80 Schwinger konkurrieren.
Die zugerische Landeswallfahrt nach Einsiedeln zählt
rund 1600 Teilnehmer.
16. Das Zugervolk verwirft mit 3121 gegen 2839 Stimmen
den Beitritt zum Völkerbund, welches Resultat freilich
das eidgenössische Gesamtergebnis nicht beeinflusst:
!
413,300 Ja gegen 321,000 Nein.
25. In Menzingen wird ein Turnverein gegründet.
26. Ein starkes Hagelwetter geht über der Gegend von
. Risch nieder und verursacht grossen Kulturschaden.
42
Chronik des Kantons Zug für das Jahr 1920
Chronik des Kantons Zug für das Jahr 1920
Juni.
2. Rev. D. Bischof Dr. Jakobus Stammler, Burger von Baar
und Bremgarten, feiert seinen 80. Geburtstag in bestem
Wohlbefinden.
6. Dr. med. Josef Iten-Weiss kann seitens der Bürgergemeindeversammlung die Glückwünsche seiner Mitbürger
zum silbernen Jubiläum seiner Präsidentschaft entgegen
nehmen, in welcher Zeit er stets in umsichtiger und
uneigennütziger Weise die Interessen der Bürgergemeinde wahrgenommen hat.
11. In Cachnela, Bolivia, stirbt im 27. Altersjahre Armin
Schmid, Sohn von Weibel H. Schmid sei. in Baar. Sein
Drang nach Erweiterung der kaufmännischen Kenntnisse
Hess ihn der Tod in fremder Erde finden.
13. Die stark besuchte Einwohnergemeindeversammlung in
Zug spricht sich bei Behandlung der Sekundarschulorganisation mit erdrückender Mehrheit gegen die Aufhebung der Burgbach-Sekundarschule aus.
In Unterägeri stirbt, 74 Jahre alt, Jakob Iten, alt
Posthalter, welcher dem dortigen Postbureau 42 Jahre
vorgestanden und die auftretende Entwicklung der
Ortschaft durch die Arbeitsvermehrung an sich am
besten erfahren und erleben konnte.
In Menzingen scheidet aus dieser Welt a. Präsident
und Kantonsrichter Josef Zürcher, Schönbrunn, ein
tüchtiger Bauer und verdienter Beamter.
15. In Zug stirbt im 56. Altersjahre Emil Reutemann,
Spenglermeister, ein tüchtiger und bekannter Handwerker und Förderer des Gewerbewesens und des
Stadtturnvereins.
19. Alt Obergerichtspräsident und Stadtrat Eugen Schwyzer
und Gemahlin feiern ihre goldene Hochzeit
27. Kantonaler Turntag in Cham bei grosser Anteilnahme
der Turner und Turnerfreunde.
Juli.
l.Der Kantonsrat bereinigt das neue Strassengesetz, gewährt für den Waldweg Mühlestock-Sparren (Menzingen)
den Nachkredit von Fr. 12,000—, nimmt das Gesetz
betr. Aenderung der Patentveranlagung an, beginnt die
erste Lesung des neuen Besoldungsgesetzes.
4. In Steinhausen stirbt, 27 Jahre alt, Weibel Burkhard
Jans-Schlumpf, Schreinermeister, ein tüchtiger vielversprechender Bürger.
10. In Zug stirbt, öB'/a Jahre alt, Kantonsrat Josef KündigMtiller, Verleger des „Zuger Volksblatt" seit 1894,
Kantonsratsmitglied seit 1901. Von guter allgemeiner
und fachlicher Bildung, bewährte sich Kündig als überaus schätzenswerte Arbeitskraft im Dienste der Oeffentlichkeit und der freisinnigen Partei, im Fachverein und
im kantonalen und städtischen Handwerker- und Gewerbeverein. Gerechtigkeitssinn Güte, und.Freundlichkeit und Wohlwollen gegen jedermann, der mit ihm zu
verkehren hatte, vervollständigten das schöne Charakterbild des Verewigten.
14. R. D. Professor Zuber im Institut Hl. Kreuz bei Cham,
begeht in feierlicher Weise sein silbernes Priesterjubiläum.
15. Der Kantonsrat ergänzt verschiedene Kommissionen
und erledigt die erste Lesung des Besoldungsgesetzes.
16. In Zug stirbt der besonders in Sängerkreisen und in
der Stadt wohlbekannte und geachtete Joseph Rapp,
Coiffeur, im Alter von 71 Jahren.
21. R. D. Parrhelfer Alphons Andermatt begeht in aller
Stille in seiner Filialkirche zu Allenwinden das silberne
Priesterjubiläum.
Am Mönch verunglücken tötlich zwei Mitglieder der
Sektion Rossberg S. A. C: Josef Weiss-Sidler, Werkmeister, von und in Zug und Paul Merz, Hüttenchef
der Sektion Rossberg, von Aarburg, in Zug. Von einem
Unwetter überrascht, zahlten sie ihre Liebe zu den
Bergen, die sie stets vorsichtig und geübt bestiegen,
mit dem Tode.
25. Die Korporationsgemeindeversatnmlung in Unterägeri
wählt zum Kassier, an Stelle des zurückgetretenen
Reg.-Rat. O. Henggeler, den Kaufmann Josef Iten, Eisenhandlung, Seefeld.
August.
l.Am Morgarten-Schiessen beteiligen sich über 600
Schützen mit 67 konkurrierenden Gruppen. An der
Schützengemeinde hält die Festrede Major und Nationalrat Dr. Enderli von Zürich.
5. Der Kantonsrat nimmt eine Motion betr. Erstellung von
Wohnungsbauten entgegen, schliesst die erste Beratung
des Besoldungsgesetzes ab, nimmt das Gesetz betr.
Jagdgebühren an und tritt auf die Beratung der Revisionsvorlage des Gesetzes betr. das Gemeindewesen ein.
7. Dr. Wilhelm Meyer in Bern, unser zugerische Mitbürger,
wird zum Sekretär und Bibliothekar des historischen
Vereins des Kantons Bern ernannt.
12. Am Pizzo Centrale stürzt tötlich ab R. D P. Ephrem
Baumgartner, O. M. Cap., Dr. und Lektor der Theologie
am Kapuzinerkloster in Zug, heimatberechtigt in Cham,
geb. 1879, Priester seit 1903, ein tüchtiger Gelehrter
und vorbildlicher Ordensmann.
15. Zum Pfarrer von Röschenz (Berner Jura) wird R. D.
Vikar Albert Iten, von Unterägeri gewählt.
18. In Zug stirbt, 64 Jahre alt, Gottfried Iten, Lehrer, von
Unterägeri, seit 1875 an der Unterschule am Burgbach
wirkend. Sein Familienerbstück war die musikalische
Begabung. Viele Jahre war er Dirigent der Stadtmusik,
später auch des Salonorchesters. Als tüchtiger Klavierund Violinspieler hat er viel zur Hebung des musikalischen Lebens beigetragen.
22. In Cham begeht unter freudiger Anteilnahme von Volk
und Behörden R. D. Sextar J. Elsener das silberne
Jubiläum seiner Tätigkeit als Kaplan und Chordirektor
von Cham.
23. S. E. Kardinal van Rossun, Präfekt der röm. Ordenskongregation, besucht das Antoniusheim der lngenbohlerSchwestern in Unterägeri.
29. Als Präsident der Bürgergemeinde Zug an Stelle des
zurückgetretenen C. Landtwing wird gewählt Friedensrichter Franz Keiser, Schreinermeister.
30. Veteranenfeier der 1870er Grenzbesetzer, an der ca. 50
aufrechte, ergraute Vaterlandsverteidiger, kommandiert
von Wachtmeister Fritz Stadler, teilnehmen.
In Hünenberg stirbt, 53 Jahre alt, Korporationspräsident Johann Villiger, Mitglied des Einwohnerrates
! und Kommandant der Feuerwehr, in welchen Chargen
• • der Verstorbene der Gemeinde schätzenswerte Dienste
leistete.
. • • • . • • • ,
:
• . •
^September.
.
•'
.
1. Wegen Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Honau
werden die Strassen gegen den Kanton Luzern gesperrt.
Im ganzen Gebiet des Kantons Zug sind vom 8. Sept.
an alle Versammlungen, Umzüge, Märkte, Kirchweihen,
Schiessanlässe verboten.
10. In Cham stirbt im 63. Altersjahre a. Stationsvorstand
Fried. Widmer, seit 1885 Stationsvorstand in Cham bis
zum Jahre 1918; Mitglied der Schulkommission, des
Kantonsrates, Präsident des Protestantenvereins, ein
tüchtiger Bahnbeamter und allgemein geachteter und
beliebter Mitbürger.
In Hünenberg (Ehret), bricht im Stalle des Jakob
Butler die Maul- und Klauenseuche aus, am
11. bei Fritz Leuenberger in Berchtwil-Risch, bei Kaspar
Sidler, Herrenhof, Hünenberg und bei Scherer, Stadelmatt, am
12. bei Stalder, Rüti-Risch. Verseucht sind 5 Ställe mit
87 Stück Rindvieh und 24 Schweinen. Ueber die Gemeinden Risch, Hünenberg und Cham wird der Stall1
bann verfügt.
13. Die Seuche bricht in Zug-Oberwil, im Bröchli, ebenfalls aus
Exkaiser Karl von Oesterreich besucht das Institut
Hl. Kreuz in Chain.
14. In Baar stirbt unerwartet rasch Karl Josef Stocker,
Schirmfabrikant, ein im gesellschaftlichen Leben Baars
wohlbekannter und beliebter Mann, Mitbegründer der
Theatergesellschaft.
20. Die Seuche in Hünenberg und Risch gewinnt neue
Ausdehnung. Verseucht sind 19 Ställe mit 326 Stück
Rindvieh, 56 Schweinen und 1 Ziege.
Der Seeklub Zug erringt an der Internationalen
Ruderregatta in Lugano in der Kategorie Yoles-de-mer
(Senioren)den 1.Preis,indergleichen Kategorie(Junioren)
den 2. Preis.
Im Frauenkloster Au in Einsiedeln wird als Frau
Mutter Sr. M. Bernarda Luthiger von Zug gewählt.
Die Gewählte war seit 1902 Novizenmeisterin.
29. In Zug stirbt der in weiten Kreisen bekannte Pferdehändler Thadäus Fritz im Alter von 71 Jahren.
30. Im Kanton Zug sind 52 Ställe mit 882 Stück Rindvieh,
154 Schweinen und 6 Ziegen verseucht.
Oktober.
2. Die Landplage der Seuche nimmt erschrecklich überhand. Bereits sind in 61 Ställen (1 in Zug, 4 in Oberägeri, 1 in Baar, 2 in Cham, 34 in Hünenberg, 19 in
Risch) 1122 Stück Rindvieh, 194 Schweine, 6 Ziegen,
9 Schafe verseucht. Schon am
6. erhöht sich diese Zahl auf 81 verseuchte Ställe mit
1513 Stück Rindvieh, 241 Schweinen, 7 Ziegen und
15 Schafen.
13. An diesem Tage kann Sekundarlehrer Eduard Blattmer
in Zug, ein um Schule und Oeffentlichkeit vielverdienter
Pädagoge, auf eine 50-jährige erfolgreiche Lehrtätigkeit
zurückblicken. Am
43
14. findet aus diesem Anlasse eine schlichte Jubiläumsfeier statt.
17. Stand der Maul- und Klauenseuche: 139 Ställe mit
2454 Stück Rindvieh, 410 Schweinen, 13 Ziegen und
25 Schafen.
Am stärksten sind die Ennetseegemeinden betroffen. Am
24. sind bereits 189 Ställe mit 3269 Stück Rindvieh, 564
Schweinen, 19 Ziegen und 42 Schafen betroffen. —
Seit Beginn der Seuche mussten bis 20. Oktober 58 Notschlachtungen mit einem Schatzungswert von 98,200.—
vorgenommen werden.
28. Der Tod tritt als Erlöser an das Krankenbett des Eberhard Kalt, sen , Buchdrucker; Mitbegründer der 1891 errichteten Buchdruckerei Rey & Kalt, zog er sich 1915
nach erfolgreicher Tätigkeit vom Geschäfte zurück, um
die verdiente Ruhe zu pflegen, welche sein Gesundheitszustand gebot.
Der Kantonsrat behandelt die Vorlage des Gesetzes
betr. die Lehrerbesoldungen und gewährt notwendige
kleine Kredite für die landwirtschaftliche Winterschule.
31. Stand der Viehseuche: 244 Ställe mit 4054 Stück Rindvieh, 771 Schweinen, 20 Ziegen und 53 Schafen. Notschlachtungen bis 27. Oktober 79 mit einem Schatzungswert von Fr. 137,900—.
Das Zugervolk nimmt das eidg. Arbeitsgesetz für
die Eisenbahnen und Transportanstalten mit 3084 Ja
gegen 1632 Nein an.
November.
4. In Unterägeri stirbt der Senior der Gemeinde, Jakob
Iten, Unterfurren, 92 Jahre alt, ein Mann der unverdrossenen, erfolgreichen Arbeit.
7. Seuchenstand: 305 Ställe mit 4761 Stück Rindvieh,
914 Schweinen, 28 Ziegen, 05 Schafen. Notschlachtungen 137 mit einem Schatzungswert von Fr. 240,150 —
9. Im Grobenmoos, Cham, stirbt 76 Jahre alt, Peter Jos
Hegglin, a. Kirchenrat, ab Zuben, Menzingen, ein wohltätiger Mitbürger
17. In Zug stirbt im 80. Lebensjahre R. D. Josef Weiss,
Sextar, Jubilar, Pfarrhelfer, geb. 1841; Priester 1865;
Pfarrhelfer in Ruswil 1865—1867; 1868—1920 bei St.
Oswald, 1915 Jubilar, ein frommer, seeleneifriger
Priester, tief innerlicher Geistesmann, Freund der
Armen und (Verlassenen, dessen Tugenden das gewöhnliche Mass hoch überagten.
25. In Steinhausen stirbt im 55. Altersjahr Josef Hüsler,
Schulpfleger, Hinterberg, der sich um die Schule und
das musikalische Leben in der Gemeinde verdient gemacht hat.
28. In Baar stirbt im 59. Altersjahr Ferdinand Staub, Kaufmann, ein gewandter, tüchtiger Geschäftsmann, am
29. folgt ihm im Tode sein Nachbar Xaver Stierli, Schmiedmeister und Wirt zum „Falken", ein gewandter und
strebsamer Handwerker.
30. Stand der Seuche: 275 Ställe mit 3623 Stück Rindvieh,
769 Schweinen, 16 Ziegen und 92 Schafen.
Dezember.
1. In Menzingen stirbt Kantonsrat Jos. Zürcher, Schlossermeister, 69 Jahre alt, ein tüchtiger Berufsmann, der
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Chronik des Kantons Zug für das Jahr 1920
am öffentlichen, gesellschaftlichen und gemeinnützigen
Leben in der Heimatgemeiride regen Anteil nahm.
16. Die kantonale Lehrerkonferenz gestaltet sich zu einer
eindrucksvollen Jubiläumsfeier für den Konferenzpräsidenten Msg. Rektor H. Alois Keiser, der seit 50 Jahren
dieses Amtes waltet. Der Erziehungsrat des Kantons
Zug entbietet seinen Glückwunsch in Form einer schönen
Urkunde. Dem Lehrerjubilar Eduard Blattmer und
Sekundarlehrer Schönenberger, Zug, wird ein Jubiläumsgeschenk übermittelt.
18. Glücklicherweise hat das Umsichgreifen der Maulund Klauenseuche eher abgenommen. Vom 10. September bis 18. Dezember hat sie sich auf 436 Ställe
mit 6374 Stück Rindvieh, 1230 Schweinen, 30 Ziegen
und 157 Schafen ausgedehnt. Notschlachtungen erfolgten insgesamt C67 mit einer Schatzungssumme von
Fr. 470,000.— Von der Heimsuchung ist einzig die
Gemeinde Unterägeri dank einer umsichtig und straff
organisierten Seuchenpolizei verschont geblieben.
20. Der Kantonsrat ergänzt die Kommission betreffend Revision des Kantonsratsreglementes, genehmigt die Staatsrechnung pro 1918, erledigte in zweiter Lesung die
Beratung des Gesetzes betreffend die Kanzleigebühren
des Kantons und fährt mit der ersten Lesung des Gemeindegesetzes fort.
23. In Zug stirbt im 78. Lebensjahre Alois Hotz, Rechtsanwalt, ein im ganzen Kanton bekannter Inhaber eines
Kommissions- und Inkassogeschäftes und Mitglied des
Bankrates der Kantonalbank, um deren Entwicklung
er sich verdient machte.
26. Die Delegiertenversammlung der konservativen Volksund Arbeiterpartei bezieht die Stellungen für die bevorstehenden Richterwahlen. Schon am 20. gl. M. hat
sich die freisinnige Partei mit denselben befasst.
Im Verlage Strübin, Buchhandlung, Zug, erscheint
das Werk: „Die Zinngiesser der Schweiz und ihr
Werk", Band 1 von Dr. Gustav Bossard, Zug, eine
sehr gründliche, wissenschaftliche Arbeit des berufenen
Kenners der Zinngiesserkunst.
31. Zum Sekretär der freisinnigen Partei des Kantons und
Redaktor des „Zuger Volksblatt" wird Dr. G. A. Frey von
Basel-Augst gewählt.
Die Bank in Zug errichtet in Schwyz eine Bankfiliale mit J. Real, bisher Direktor der Bank in Schwyz,
als Verwalter.
Das Jahr 1920 stand unter den Nachwirkungen des
Krieges. Mehrere Institutionen desselben konnten indessen abgebaut werden: die Lebensmittelrationierung,
Arbeitslosenunterstützung, militärischeVersicherung, die berühmte und berüchtigte S.S.S. usw. Am wenigsten verspürte
man den Abbau der Lebensmittelpreise zufolge des internationalen Engros-Marktes Der „Milchkrieg" im August war
die nennenswerteste Aktion in der Preispolitik; die erzielte Erhöhung des Preises um drei Rappen bildete indessen einen geringen Ersatz für den enormen Schaden
der Maul- und Klauenseuche, welche unsere Landwirtschaft
heimgesucht hat.
Chronik des Kantons Zug für das Jahr 1920
Im Kanton Zug erkrankten im Jahre 1920 an der
Seuche in 441 Ställen 6421 Stück Rindvieh, 1257 Schweine,
29 Ziegen und 161 Schafe. In den ersten sechs Wochen
der Erkrankung sind umgestanden und zur Notschlachtung
angemeldet und abgeschätzt worden 283 Stück Vieh mit
einer Schatzungssumme von Fr. 501,650.—. Abzüglich den
Erlös aus Häuten und Fleisch (Fr. 212,220.-) resultiert ein
Schaden von Fr. 289,430—. Hiezu müssen noch die Aufwendungen (Fr. 90,000— rund) gerechnet werden, welche
die Gemeinden für die Seuchenpolizei und Desinfektionsmittel auf sich nehmen mussten. Ferner muss in Betracht
gezogen werden, dass die künftige Milchproduktion zufolge des durchseuchten Viehes sehr geschmälert wird.
Die Obsternte blieb hinsichtlich Qualität erheblich unter
den gehegten Erwartungen zurück. Der Gesamtschaden
der Seuche wird auf Fr. 3,105,330.— geschätzt.
Die zugerischen Industrien hatten mit wenig Ausnahmen einen sehr schweren Sland gegenüber den immer
grösser werdenden Ausfuhrschwierigkeiten einerseits, wie
der fortwährenden Uebersättigung des Marktes mit billigerer
aber auch minderwertigerer Valutaware, unter der namentlich unsere einheimischen Händler zu leiden hatten. Das
Baugewerbe war namentlich in der zweiten Hallte des
Jahres zu fast gänzlichem Stillstand verurteilt.
Die eidgen. Volkszählung vom 1. Dezember ergab
folgende gemeindeweisen Einwohnerzahlen:
1920
1910 Vermehrung
Zug
Oberägeri
Unterägeri
Menzingen
Baar
Cham
Hünenberg
Steinhausen
Risch
Walchwil
Neuheim
Kanton
9385
1952
2802
2864
5651
4053
1116
558
1247
1052
8038
1868
2495
2683
5213
3458
1037
468
1104
1044
_J>§?_
^
31369
28013
1347
84
307
181
438
595
79
90
143
8
§*
3356
Die Staatsrechnung des Kantons Zug pro 1920 schliesst
bei Fr. 2,526,090.76 Einnahmen und Fr. 2,531,521.76 Ausgaben mit einem Defizit von Fr. 2,431.— ab. Der Voranschlag hatte ein solches von Fr. 219,398.— vorgesehen.
Die Elektrischen Strassenbahnen im Kanton Zug beförderten im Jahre 1920 insgesamt 896,314 Personen und
14,877 Tonnen Güter. Den Betriebsausgaben von Franken 331,257.62 stehen an Einnahmen Fr. 481,664.98 entgegen, deren Ueberschuss Fr. 150,407.36 ausmacht.
Die Zuger Berg- und Strassenbahn vereinnahmte auf
der Strassenbahn bei abgefahrenen 44,044 km Fr. 32,490.—,
auf der Seilbahn bei 7032 Kabelzügen Fr. 47,203.—.
Die Bank in Zug erzielte im Geschäftsjahr 1920 einen
Reingewinn von Fr. 351,920.18, welcher die Ausschüttung
einer Dividende von 6'/a % gestattete. Seit dem 80-jährigen
Bestellen des Institutes sind aus den jährlichen Reingewinnen für gemeinnützige Zwecke Fr. 490,396.90 ausgerichtet worden und zwar für Schulzwecke Fr 237,08290,
für andere gemeinnützige Institutionen Fr. 253,314.—. Diese
goldenen Zahlen verkünden in deutlichster und schönster
Weise die gewissenhafte Erfüllung der vornehmen Zweckbestimmungen des in 80-jährigem Bestände erfreulich aufgeblühten und ausgebauten Bankinstitutes.
Die Zuger Kantonalbank bucht pro 1920 einen Reingewinn von Fr. 270,500.84, aus dem neben der übrigen
statutengemässen Verwendung eine Dividende von 5 %
zur Auszahlung gelangt
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Im Bürgerspital wurden 1920 601 Patienten, 109 Wöchnerinnen und 104 Säuglinge verpflegt. Die Gesamtausgaben des Betriebes belaufen sich auf Fr. 168,597 67, denen
an Einnahmen bezw. Gutschriften Fr. 160,644.85 entgegenstehen. Der Ausgabenüberschuss beträgt Fr. 7,952.82.
Mitteilungen der Redaktion.
1. Wir haben die angenehme Pflicht, allen verehrten Mitarbeitern für ihre schätzenswerten
Beiträge herzlich zu danken und sie zu bitten,
dem Unternehmen treu zu bleiben.
2. Es gereicht uns zu hoher Freude, dass zwei
neue Mitarbeiter uns schon für das nächstjährige
Heft Arbeiten zugeschickt haben, was wir ihnen
bestens verdanken.
3. Die Chronik über das Jahr 1918 musste diesmal, weil unvollständig, weggelassen werden
und wird vielleicht im nächsten Heft nachgeholt. Uebrigens sind die wichtigsten politischen,
militärischen und wirtschaftlichen Ereignisse
bereits in der anno 1921 erschienenen Arbeit
des Herrn a. Landammann Fr. Spillmann erwähnt, auf welche wir anmit verweisen.
Unserm langjährigen, fleissigen Chronisten,
welcher uns die Chronik über die Jahre 1919
und 1920 schon so früh lieferte, aufrichtigen Dank.
4. Wie anderwärts wird auch in unserm Kanton
da und dort unnütziger oder gar schädlicher
Lesestoff verbreitet. Es wäre besser, wenn das
Neujahrsblatt sich in allen Familien einbürgerte.
Ist es doch das Produkt heimischer Arbeitskräfte und sucht es den Sinn für Heimatgeschichte zu wecken. Die Gemeinnützige Gesellschaft unseres Kantons scheut grosse Opfer
nicht, um das Erscheinen des Blattes zu ermöglichen und die Mitarbeiter liefern ihre Beiträge in höchst uneigennütziger Weise. Das
sollte vom Publikum mehr gewürdigt werden.
5. Abonnenten des Blattes, welche ihre Sammlung
vervollständigen wollen, können frühere Jahrgänge vom Aktuar der Redaktionskommission,
Herrn Alb. Landis, Vorstadt 19, beziehen.
Inhaltsverzeichnis.
Seile
Franz Joseph Michael Letter und sein Geschlecht. Von Dr. Wilhelm Jos. Meyer .
Schulmänner und Pädagogen aus dem Kanton
Zug. Von H. AI. Keiser, Rektor . . . .
Gedichte von Isabelle Kaiser
Die Zunft der Schneider, Tuchscherer und
Gewerbsleute in Zug. Von J. M. Weber-
5
17
26
Seite
Strebel, Zug
. 29
Goldenes Buch. Ehrentafel der Vergabungen
im Kanton Zug vom 1. Oktober 1922 bis
30. September 1923. Von AI. Wickart . . 33
Chronik des Kantons Zug für den Zeitraum
vom 1. Januar 1919 bis 31. Dezember 1920.
Von Andreas Iten-Weiss
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