8 | BERUFSSTOLZ und Bodenhaftung: ENERGIE WASSER BERN «Wir halten die Stadt Bern am Laufen» Energie Wasser Bern | Weshalb arbeiten rund 640 Männer und Frauen voller Elan in luftigen Höhen, tief unter der Erde oder am Bildschirm im Büro wie Heinzelmännchen im Hintergrund? Weil sie stolz darauf sind, die Stadt Bern am Laufen zu halten. KAI HALDIMANN E inen Beitrag leisten, damit alles läuft wie geschmiert. Ohne Aufhebens, unaufgeregt, mit gueter Büez. «Wir bei Energie Wasser Bern erbringen unsere Dienstleistung so, dass im bernischen Alltag alles klappt wie am Schnürchen. Auch wenn wir im Hintergrund wirken, sind wir uns bewusst: ‚Wir halten die Stadt am Laufen‘», erklärt Daniel Wehrle. Ausgeprägter Berufsstolz begegnet dem Leiter Personalmanagement an allen Ecken und Enden: Versorger zu sein mit lebensnotwendigen Gütern wie Strom, Wasser, Wärme, auf den man sich absolut verlassen kann. Als Rohrleitungs-Schweisser sich eine Ehre daraus machen, dass die Schweissnaht beim Drucktest hält. Oder als Netzelektriker in der Trafostation sicherstellen, dass das anspruchsvolle Handwerk unter Spannung unfallfrei abläuft. Immer schwingt er mit: der Stolz auf den eigenen Beitrag. Integrative Kultur Die Lebensader Berns zu sein motiviert noch aus einem ganz anderen Grund. Wehrle spricht den Berner Lokalstolz an: «Unsere Leute arbeiten gern in und für Bern. Gleichsam ein ‚Wir sind Bern‘ auf dem Revers zu tragen, das macht uns stolz.» Entsprechend hat das jüngste Produkt, der Anschluss ans Berner Glasfasernetz in fünf Geschwindigkeiten, berndeutsche Namen: «Auswählen kann man zwischen gschwing, hurtig, tifig, bouzgredi und vougas.» Daniel Wehrle beschreibt aber auch kulturelle Werte, die das Personal von Energie Wasser Bern prägen: «Bei uns herrscht ein starkes Wir-Gefühl. Man fühlt sich auch deshalb wohl bei der Arbeit, weil man weiss, dass man dazugehört und seinen Teil zum grossen Ganzen beiträgt.» Zur integrativen Unternehmenskultur trägt auch bei, dass die Firma klein genug ist, so dass jeder jeden kennt und niemand in einer anonymen Masse verschwinden kann. Dass die Leute gern bei Energie Wasser Bern arbeiten, zeigte auch die letzte Mitarbeiterumfrage. 81% (!) der Mitarbeitenden füllten den Fragebogen aus. Das Commitment, die Einsatzbereitschaft für den Betrieb, erreichte dabei den hohen Wert 80 (von maximal 100). Vielfalt an Berufen Das Wir-Gefühl ist umso erstaunlicher, als Energie Wasser Bern sich als Unternehmen mit einem sehr breiten Spektrum an Berufen und Tätigkeiten präsentiert: «Vom Rohrleitungsbauer im Graben zum Stromhändler am Bildschirm: Es ist extrem spannend, was da unter einem Dach zusammenkommt», schwärmt Wehrle: Telecom-Netzbauer, Heizwerkführer, Wirtschaftsinformatiker, Sanitärinstallateur, Energieberater, Platzwart, Produktentwickler, Zählermonteur, Maler, Redaktorin, Fachspezialist Energieversorgung, Waagmeister, Sachbearbeiterin Inkasso. «Rund die Hälfte der 640 Mitarbeitenden arbeiten in Handwerker-Arbeitskleidung, der Rest in Büro-Jobs. Müsste man die Belegschaft mit drei Worten umschreiben, wären diese: vielfältig, gemeinsam, stark.» Energie Wasser Bern • E nergie Wasser Bern stellt die Versorgung der Stadt Bern und 30 umliegender Gemeinden mit Strom, Erdgas, Biogas, Fernwärme und Wasser sicher, verwertet in der Kehrichtverbrennung Abfall zu Energie, bietet Dienstleistungen für die Mobilität mit Elektro- oder Erdgasfahrzeugen an und baut das Glasfasernetz in der Stadt Bern. • Das Unternehmen erzielt einen Betriebsertrag von 431 Millionen Fr. (2014), davon 60% mit dem Verkauf von Elektrizität und 27% von Wärme. Der Gewinn beläuft sich auf 32,7 Millionen Fr. Zu den Kunden zählen etwa 70‘000 Haushalte, 8000 kleine und mittlere Unternehmen sowie 100 Grosskunden. Mit Trinkwasser versorgt EWB rund 200‘000 Menschen. Energie Wasser Bern gehört damit zu den fünf grössten städtischen Energieversorgungsunternehmen der Schweiz. • Grösste Anlage im eigenen Produktionspark ist die 2013 in Betrieb ge nommene Energiezentrale Forsthaus, die als erste derartige Anlage in der Schweiz eine Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) mit einem Holzheizkraftwerk (HHKW) und einem Gas- und Dampf-Kombikraftwerk (GuD) verbin- det, also Kehricht, Holz und Erdgas zu Strom, Dampf und Fernwärme verwandelt. • Das Unternehmen beschäftigt rund 640 Mitarbeitende, davon 15 Lernende. Der Frauenanteil beträgt 18%, jener der Teilzeitmitarbeitenden ebenfalls 18%. • Energie Wasser Bern ist 2002 als selbständiges, öffentlich-rechtliches Unternehmen gebildet worden; es gehört vollständig der Stadt Bern. Die Eigentümerin erhält eine Gewinnausschüttung von 22,5 Millionen Fr. (2014). «Bieten auch topmoderne, zukunftsgerichtete Jobs» Herr Wehrle, welche Jobs bietet Energie Wasser Bern an? DW: Wir bieten einerseits Stellen für motivierte Berufsleute mit handwerklicher Ausbildung, wie Netzelektriker, Sanitärinstallateure oder Mechaniker an. Andererseits brauchen wir aber auch Leute, die innovative Produkte, Techniken oder Prozesse gestalten und vermarkten. So legen wir ja bis 2020 eine Glasfaserleitung in jedes Gebäude in Bern und vermarktet Internet-Abos. Im Bereich Mobilität sind wir seit vielen Jahren ein Schweizer Vorreiter, der den Umstieg auf Biogas- und Elektrofahrzeuge ermöglicht, wir bauen Elektroauto-Ladestationen, ermöglichen grünes Carsharing. Auch unser Business Development und die DienstleistungsInnovationen, ganz zu schweigen von der Digitalisierung, führen dazu, dass wir immer wieder neue, topmoderne, zukunftsgerichtete Berufsbilder definieren und Stellen hierfür besetzen.. Bilden Sie auch Lernende aus? DW: Wir haben 15 Lernende, vor allem Netzelektriker und Logistiker. Als eine Besonderheit bieten wir auch Erwachsenen-Lehren an: Derzeit absolvie- Daniel Wehrle, Leiter Personalmanagement . ren fünf erwachsene Mitarbeitende die Ausbildung als Netzelektriker, die sie mit einem Lehrabschluss beenden. Schon früher haben ein paar erwachsene Mitarbeiter so den Lehrabschluss nachgeholt. Wir sehen das als gute Möglichkeit, auch Quereinsteiger, allenfalls ohne in der Schweiz anerkannte Ausbildung, für unsere qualifizierten Berufe zu gewinnen. Energie Wasser Bern ist Arbeitgeber für verschiedenste Berufsleute. Wie schaffen Sie da einen Zusammenhalt? DW: Unter dem Namen «Job-Visiting» haben wir hierzu ein Projekt angeschoben: Ein Mitarbeiter besucht einen Tag lang einen Kollegen an dessen Arbeitsplatz, schaut ihm über die Schulter, arbeitet mit. So lernt zum Beispiel der Product Manager Dienstleistungen, was der Netzhandwerker auf Montage macht. Bei diesem Projekt machen alle mit, von der Putzfrau bis zum CEO. Konkret: Der Mitarbeiter zieht einen Zettel, auf dem der Name der zu besuchenden Person steht, er nimmt dann mit dieser Kontakt auf und besucht sie. Dabei werden die Zettel so verteilt, dass immer ein Mitarbeiter mit einem handwerklichen Beruf ein Pendant mit einem Büroberuf trifft. Welche Anstellungsbedingungen sprechen für Ihre Firma als Arbeitgeber? DW: Jahresarbeitszeit bei einer 40-Stunden-Woche, Teilzeitstellen sowie Home-Office bieten den Mitarbeitenden viel Flexibilität. Wir unterstützen Aus- und Weiterbildungen und bieten frischgebackenen Vätern zwei Wochen Vaterschaftsurlaub. Auch unsere Ferienregelung ist grosszügig: 5 Wochen Ferien für alle bis 50, 6 Wochen danach. Dies alles und noch einiges mehr ergibt ein attraktives Gesamtpaket, das in einem eigenen GAV festgehalten ist. Auch erwähnenswert sind das angenehme Arbeitsklima und der familiäre Umgang, der bei Energie Wasser Bern gepflegt wird. Wie steht es um das Thema Gesundheitsförderung? DW: Die Weiterentwicklung der Arbeitssicherheit und des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) sind bei uns Topziele auf der Agenda. Die Sicherheit der Mitarbeitenden hat bei uns Vorrang vor Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit. In Sachen Arbeitssicherheit ist Energie Wasser Bern nach OHSAS 18001 zertifiziert, dem bekanntesten internationalen Standard. 2015 treten wir der Sicherheitscharta der Suva bei. In Sachen BGM haben wir bereits heute ein breites Kursangebot. Dabei bieten wir auch Unkonventionelles, wie zum Beispiel Seminare zu Mentaltraining, Stressabbau oder gutem Schlafen. Ein systematisches BGM befindet sich im Aufbau – denn die Gesundheit der Mitarbeitenden liegt uns am Herzen. (Interview kh.) Stellenmix und Stellenprofile werden sich auch bei Energie Wasser Bern ändern. Mit Blick auf die herausfordernden Jahre, die bevorstehen, baut das Versorgungsunternehmen das Informatik-System und die Online-Dienstleistungen aus. «Das bereits heute schwierige Marktumfeld mit tiefen Energiepreisen wird nicht einfacher, wenn die Strommarktöffnung, die freie Wahl des Anbieters auch für Kleinkonsumenten, 2018 tatsächlich kommt», so Wehrle. «Wir haben als Querverbundunternehmen am Markt gute Karten, weil wir für alle Energiefragen innovative Gesamtlösungen anbieten können», ist er sich sicher. «Den wirklichen Unterschied macht am Ende jedoch immer der Mensch: Von der Qualität seines Angebots und seiner Dienstleistung hängt ab, ob die Kunden uns wählen.» Moderne Firma modernisiert Bereitschaft für Veränderung wird von den Mitarbeitenden in den kommenden Jahren auch deshalb gefordert, weil die Energieversorgung der Stadt Bern bis 2035 komplett umgebaut wird. Der Ausstieg aus der Kernenergie ist beschlossen, der sparsame Umgang mit Wärme und Strom, die zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien und die vermehrte lokale Stromproduktion sind angesagt. Der Strom soll dannzumal zu 80% statt wie heute zu 50% aus erneuerbaren Quellen stammen. Die Wärme, die heute zu 90% auf fossilen Energieträgern beruht, dann zu 70% ebenfalls von erneuerbarer Energie. «Wir werden bei der ambitionierten Energiewende Teil der Lösung sein, als Produzent und Versorger», so Wehrle, «doch dazu müssen wir einen intelligenten Energiemix bereitstellen. Wir sind ein modernes Unternehmen, aber wir müssen uns weiter wandeln.» Energie Wasser Bern wird künftig also vermehrt Energieberater ausbilden. Oder Contracting-Spezialisten anstellen. Oder E-Business-Fachleute, die sich mit Smart Grid und Smart Metering und Smart Market beschäftigen. Und doch weiterhin gute Handwerker suchen: Netzelektriker, Rohrmonteure, Sanitärinstallateure, Bauleute. Denn das innovative Unternehmen will auch weiterhin ein traditioneller Versorger bleiben. Daniel Wehrle, der Leiter Personalmanagement, hält fest: «Die Anforderungen an die Mitarbeitenden mögen sich ändern, doch der Name Energie Wasser Bern steht auch in Zukunft für Qualität und Versorgungssicherheit. Wir versorgen Bern. Und das zuverlässig, rund um die Uhr. Attraktiv sind wir als Arbeitgeber nicht zuletzt auch wegen dem hohen Sinngehalt.»
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