SOLIDARMED Simbabwe

Unterwegs mit Dr. Hoffnung Das Silveira-­‐Spital in Simbabwe: medizinische Grundversorgung für 172‘000 Menschen Text & Fotos: Mitja Rietbrock In Simbabwe kann eine Wund-­‐Infektion oder eine Schwangerschaftskomplikation sehr schnell den Tod bedeuten. Die meisten der mittellosen Menschen haben keinen oder kaum Zugang zu Ärzten. SolidarMed unterstützt das Silveira-­‐Spital im Süden des Landes, um den Ärmsten eine medizinische Grundversorgung zu gewährleisten. Hier rettet der 27-­‐jährige Dr. Sarudsodzo Leben und arbeitet daran, dass sein grosser Traum in Erfüllung geht. Manchmal stösst Munyaradzi Wesley Sarutsodzo an seine Grenzen. Dann fragt sich der junge Arzt im Silveira Hospital, ob er sich nicht doch zu viel Verantwortung aufgeladen hat. Die Warteschlange vor seinem Behandlungsraum reisst nicht ab. Dutzende Patienten harren hier aus. Hunderte Kilometer haben einige von ihnen zurückgelegt, in abgelaufenen Flipflops, ihr Hab und Gut in Plastiktaschen oder kleinen Reisetaschen in der Hand oder auf dem Kopf tragend. Sie alle haben die Hoffnung, im Silveira Hospital eine ärztliche Behandlung zu bekommen, die sonst in Zimbabwe kaum zu finden ist. In solchen Momenten erinnert sich Dr. Sarutsodzo an sein Credo. „Die Menschen hier haben ein hartes Leben, ich möchte dazu beitragen, dass es ihnen ein wenig besser geht.“ Arzt und Zuhörer für die Ärmsten: Dr. Sarutsodzo Vor zwei Jahren hat der 27-­‐Jährige seine Ausbildung zum Allgemeinmediziner abgeschlossen. Nach zwei Jahren Tätigkeit in der Hauptstadt Harare hat es ihn ins Silveira Missionsspital im Süden des Landes gezogen. Es wird von SolidarMed unterstützt und stellt eine hochwertige medizinische Grundversorgung von fast 200‘000 Menschen sicher. SolidarMed rundet das schmale Gehalt des jungen Arztes ab. Ein Anreiz, aber nicht der Hauptgrund für Dr. Sarutsodzo, nach Silveira zu kommen. „In der Hauptstadt wird jeder Patient sofort an Spezialisten weiterverwiesen“, erklärt er, das Röntgenbild einer jungen Frau examinierend, „hier müssen wir zunächst mit allem alleine zurechtkommen. Das Ein wenig spezialisiert in allem: Sprechstunde im Silveira-­‐Spital macht die Arbeit vielseitig und spannend.“ Das tägliche Geschäft: Geburten, HIV und Tuberkulose Die junge Patientin hustet und verzieht das Gesicht. Seit Wochen hat sie Schmerzen im Brustbereich. Auf dem Röntgenbild zeichnet sich ein schattiger Fleck im Lungenbereich ab. Verdacht auf Tuberkulose. „Zusammen mit HIV und Geburtenhilfe ist das der Hauptteil unseres täglichen Geschäfts“, erklärt Dr. Sarutsodzo, bevor er die Patientin zu weiteren Abklärungen zu einem Kollegen schickt. Er wird bereits im OP erwartet. Bis zu 1‘200 chirurgische Eingriffe führt das Ärzteteam pro Jahr durch. Diesmal geht es um die Rettung eines jungen Mädchens. Die 17-­‐Jährige hat sich schwerste Verbrennungen an den Oberschenkeln und im Genitalbereich zugezogen. Sie hatte sich versehentlich mit kochendem Wasser übergossen. Für Menschen wie die junge Firita ist das Silveira-­‐Spital nach einem schweren Unfall die einzige Hoffnung auf medizinische Versorgung, auf Überleben. Einzige Hoffnung auf Überleben Dr. Sarutsodzo hastet durch die Spitalgänge, vorbei an den vielen Patienten, die noch auf ihn warten. Das Mädchen liegt bereits unter Narkose auf dem Operationstisch. Zusammen mit einer Kollegin muss der junge Arzt aus Simbabwe das abgestorbene Gewebe entlang der verbrannten Oberschenkel abtragen. Firita ist 17 Jahre alt, ihre Verbrennungen verheerend. Dr. Sarutsodzo schluckt. „Manchmal ist es sehr hart für mich, zu sehen, wie das Schicksal hier zuschlägt“, sagt er, während er sich ein Paar steriler Handschuhe überzieht. „Besonders, wenn ich daran denke, wie viele Menschen in meinem Land nicht die Möglichkeit haben, sich medizinisch behandeln zu lassen.“ Tausende Leben gerettet: im OP-­‐Saal des Silveira-­‐Spitals Die Angehörigen der 17-­‐jährige Firita werden die Behandlungskosten niemals aufbringen können. Sie gehören zu jenen mehr als 50 Prozent der Bewohner Zimbabwes, die unter dem Existenzminimum, das heisst von weniger als einem Dollar pro Tag, leben müssen. Dank Unterstützung durch SolidarMed kann das Silveira-­‐Spital aber auch den Ärmsten in Zimbabwe eine medizinische Versorgung bieten. Dr. Sarutsodzo arbeitet konzentriert. Hin und wieder wandert sein Blick zum Gesicht der 17-­‐Jährigen unter der Beatmungsmaske. Ihr Atem geht ruhig. Sie wird es schaffen. Der Arzt ist erleichtert. „Es berührt mich jedes Mal neu, wenn wir einigen der Ärmsten helfen können“, sagt er, als er die sterilen Handschuhe auszieht. Der Schönste Teil – 2‘000 Geburten pro Jahr Der vielleicht schönste Teil an Dr. Sarutsodzos Arbeit sind die Geburten. Täglich stattet der junge Doktor auch der Frauenstation einen Besuch ab. „Geburten, neues Leben, das ist wunderbar“, begeistert er sich, während er mit der frischgebackenen Mutter Mercy lacht. Sie hat vor wenigen Tagen im Silveira-­‐Spital entbunden – an einem der für Geburten sichersten Orte ihres Landes. Die medizinische Grundversorgung in Zimbabwe ist in desolatem Zustand, die Kinder-­‐ und Müttersterblichkeit sind hoch. Das wissen auch die jungen Mütter. „Bei Komplikationen während der Schwangerschaft haben viele Mütter niemand, der ihnen hilft“, erklärt die 23-­‐
jährige Mercy während sie Ihrer kleinen Tochter die Brust gibt, „wenn wir das Silveira-­‐Spital nicht hätten, müssten viele von uns einfach sterben, obwohl ihnen geholfen werden könnte.“ 2'000 Mal pro Jahr Ort der Freude – die Geburtenabteilung Eine Klinik als Lebenswerk Es sind Momente wie die Rettung des Verbrennungsopfers oder die Geburt eines Kindes, die Dr. Sarutsodzo Inspiration und Kraft geben, wenn er an seine Grenzen kommt. Der junge Arzt hat den Traum, „dass alle Menschen hier den gleichen Zugang zu guter medizinischer Versorgung haben.“ Er macht sich dabei aber nichts vor: „Noch sind wir davon weit entfernt“, sagt er. Dann schaut er auf das frischgeborene Baby und lächelt. „Aber Dank dieses Spitals sind wir der Erfüllung meines Traums schon einen grossen Schritt näher.“