Mehr Elektrodenreihen, bessere Schmerzlinderung bei

Pressemitteilung zu den 15. Österreichischen Schmerzwochen der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG)
Mehr Elektrodenreihen, bessere Schmerzlinderung bei Rückenschmerzen:
Innovative Rückenmarkstimulation gegen Failed Back Surgery Syndrome
Wien/Innsbruck, 3. Februar 2016 – „Gegen das so genannte Failed Back Surgery Syndrome (FBSS)
samt seinen unangenehmen neuropathischen Ausprägungen könnte sich eine weiterentwickelte Form
der Neurostimulation als wirksame Therapie etablieren, bei der nicht mehr linear, sondern mehrreihig
angeordnete Elektrodenkonfigurationen zur Rückenmarkstimulation implantiert werden. Das und eine
verbesserte Programmierung der implantierten Pulsgeneratoren könnten für eine erhebliche
Verbesserung in der Behandlung sorgen“, sagt Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Eisner, Neurochirurg an der
Universitätsklinik Innsbruck und Vorstandsmitglied der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG),
anlässlich der 15. ÖSG-Schmerzwochen. Das Failed Back Surgery Syndrome bedeutet massive
Schmerzen am unteren Rücken, die nach einer Bandscheiben- oder Wirbelsäulenoperation zunehmen
statt nachzulassen und noch dazu in die Leistenregion oder in die Beine ausstrahlen.
Bei FBSS oft hartnäckige Rückenschmerzen trotz Neurostimulation
Die elektrische Rückenmarkstimulation aktiviert schmerzhemmende Neuronen im Hinterhorn.
Dadurch wird ein Kribbeln (Parästhesie) hervorgerufen, das die Schmerzempfindung überlagert.
Zahlreiche Studien haben bereits nachgewiesen, dass die epidurale Rückenmarkstimulation gegen
viele Beschwerden im Zusammenhang mit dem komplexen Failed Back Surgery Syndrome wirkt.
Doch ausgerechnet die Rückenschmerzen erwiesen sich als hartnäckig und ließen sich auch durch
Neurostimulation nicht in den Griff bekommen. Die Betroffenen empfanden ihre Schmerzen nach wie
vor als Handikap bei alltäglichen Verrichtungen und litten unter schlechter Lebensqualität.
Deutliche Schmerzlinderung durch mehrreihige Rückenmarkstimulation
Mit der nächsten Generation der Rückenmarkstimulation könnte dies anders werden: Die
großangelegte französische ESTIMET-Studie (Roulaud et al), die im November 2015 beim
Weltneurologenkongress in Chile diskutiert wurde, stellt aktuell die klinische Wirksamkeit und den
gesundheitsökonomischen Nutzen der weiterentwickelten Therapie im Vergleich zur herkömmlichen
Neurostimulation auf den Prüfstand. Die wissenschaftliche Fachöffentlichkeit setzt sehr hohe
Erwartungen in die Ergebnisse, denn schon 2014 konnte eine französisch-kanadische Studie (Rigoard
et al) mit einer kleineren Untersuchung bei 76 Patientinnen und Patienten den Nachweis erbringen,
dass Rückenmarkstimulation mit mehrreihigen Pol-Konfigurationen sich dazu eignet, chronische
Rückenschmerzen infolge des FBSS zu behandeln: Die mehrreihige Anordnung der Elektroden erwies
sich bei allen untersuchten anatomischen Regionen statistisch effektiver als die einreihige. Bei der
Mehrzahl der Patientinnen und Patienten wurde durch zumindest eine der getesteten Konfigurationen
Parästhesie in den unteren Extremitäten ausgelöst. Nach sechs Monaten empfanden drei Viertel (75,4
Prozent) der Patienten, die mit einer mehrreihigen Stimulation behandelt worden waren, zumindest
eine 30-prozentige Reduktion ihrer Rückenschmerzen, bei mehr als 42 Prozent konnte der Schmerz
sogar um die Hälfte oder mehr minimiert werden.
40 Millionen mögliche Kombinationen
Um die innovative Form der Rückenmarkstimulation erfolgreich anwenden zu können, sind laut Prof.
Eisner ein Reihe von Faktoren entscheidend: Zum einen müssten die geeigneten Patientinnen und
Patienten nach strengen Kriterien ausgewählt werden, um jene herauszufiltern, die von der Methode
profitieren. Es brauche die Technologie der neuesten Generation und eine algorithmischen
Programmierung, um ein elektrisches Feld für die optimale Stimulation zu bilden. Nicht zuletzt seien
auch sehr erfahrene Expertinnen und Experten vonnöten, um die wirksamste Einstellung für die
Anwendung je nach Patient zu finden, und ohne diesen zu sehr zu strapazieren. Denn bei einer
dreireihigen Anordnung mit jeweils 16 elektronischen Kontakten gibt es in Summe 40 Millionen
mögliche Kombinationen.
Ausbau von spezialisierten Schmerzzentren wünschenswert
„Entwicklungen wie diese legen einmal mehr den Ausbau von spezialisierten Schmerzzentren nahe“,
so Prof. Eisner. „Ohne Investitionen in Forschung, Technik und Ausbildung lassen sich
vielversprechende innovativen Methode wie etwa zur Behandlung von FBSS nicht in die Praxis
bringen, auch wenn dies dringend nötig wäre: Immerhin leidet bis zu einem Drittel der Patientinnen
und Patienten nach einem Wirbelsäuleneingriff an chronischen postoperativen Schmerzen.“
Quellen: XXII World Congress of Neurology, Santiago – Chile 2015, Abstract 105: Roulaud, M. et al: Multicolumn Spinal
Cord Stimulation in Failed Back Surgery Syndrome: Design of a national, multicentre, randomized, controlled Health
Economics Trial (ESTIMET Study); Rigoard, P., et al (2015), An Algorithmic Programming Approach for Back Pain
Symptoms in Failed Back Surgery Syndrome Using Spinal Cord Stimulation with a Multicolumn Surgically Implanted
Epidural Lead: A Multicenter International Prospective Study. Pain Practice, 15:195–207.
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