Witschi, Werner, Pendel mit Zick- Zack

Witschi, Werner, Pendel mit ZickZack-Band, 1969, Stahl, verkupfert,
Höhe 56 cm, Stiftung für
Eisenplastik. Sammlung Dr. Hans
Koenig, Zollikon
Bearbeitungstiefe
Name
Witschi, Werner
Lebensdaten
* 10.6.1906 Urtenen, † 24.12.1999 Bolligen
Bürgerort
Bäriswil (BE)
Staatszugehörigkeit CH
Vitazeile
Plastiker, Maler und Grafiker. Moirés
Tätigkeitsbereiche
Objektkunst, Malerei, Kinetische Kunst, Plastik, Grafik, Eisenplastik
Lexikonartikel
1925 Maturität. Ausbildung zum Sekundarlehrer an der Universität Bern,
1928 Lehrerpatent. 1928–29 Académie de peinture von André Lhote in
Paris, gelegentlicher Besuch der Académie Julian bei Roger Bissière
(1886–1964) und Amédée Ozenfant (1886–1966) sowie Grafikkurs bei
Stanley William Hayter (1901–1988). Weiterbildung in figürlichem
Zeichnen an der Gewerbeschule Bern. 1929–1930 Lehrer am Institut
Briener in Flims-Waldhaus, 1930–1963 Sekundarlehrer in Bolligen,
1963–1971 Teilpensum als Zeichenlehrer am Seminar der Neuen
Mädchenschule Bern. Seit 1930 in Bolligen ansässig. Studienaufenthalte
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1930 in Florenz, 1931 in Paris und Florenz, 1932 in Perugia, 1950 und
1951 in Paris. Um 1940 Besuch der Malschule von Max von Mühlenen in
Bern. In den 1940er-Jahren künstlerische Beratung durch von Mühlenen
und später durch Fred Stauffer. 1987 Errichtung der Stiftung Werner
Witschi, die 2005 aufgelöst wurde. 1987 Auszeichnung mit dem Grand
Prix de la Recherche am Filmfestival im Centre national d’art et de
culture Georges Pompidou in Paris für den Film Moiré – Bewegung –
Licht. 1993 Eröffnung der Sammlung Werner Witschi in Bolligen.
Das gemalte Werk in Öl der Jahre 1924–1953 stellt die heimatliche
Landschaft, Stillleben, Szenen aus dem Neuen Testament und die
Alltagsnot leidender Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg dar. Die
pastosen, erdigen Farben werden mit starken, dunklen Linien umrissen
und seit der zweiten Hälfte der 1940er-Jahre von konstruktiven oder
dynamischen Konturen begleitet. Reiseeindrücke sind in erster Linie in
Aquarell, Gouache und Kreide in abstrahierter Gegenständlichkeit
festgehalten. Von 1952 an ersetzen die in Öl auf Papier gewalzten Blätter
die Gemälde: Vorerst entstehen Schiefer-Monotypien und mit Hilfe
unterlegter Strukturen erzeugte Papierreliefs; ab 1956 folgen zum Teil
unter Einbezug von Papierschablonen geschaffene Farbdrucke mit
biomorphen Rundformen, die 1961 durch ein geometrisches
Formenvokabular ersetzt werden. In den sich 1975 anschliessenden
Blättern druckt der Künstler überwiegend rot und blau bemalte
Schablonen aus perforiertem Stahl schräg übereinander.
Parallel zu den Papierreliefs stösst Witschi 1950–52 in den unter dem
Einfluss von Jean Dubuffet (1901–1985) entstehenden, menschliche
Körper und Köpfe darstellenden Holz- und Metallreliefs aus gebogenen
Drähten, Schnüren oder aufgesetzten flachen Holzteilen in die
Dreidimensionalität vor. Aus den Schalen- und Drahtarbeiten entwickelt
er 1952–53 die ersten Raumplastiken in Gestalt abstrahierter
menschlicher Figuren und Köpfe. Ab 1953 folgen ungegenständliche
Konstruktionen aus geschwärztem Eisen: 1953–59 Stabkonstruktionen
mit integrierten Blechen, zum Teil unter Einbezug von Pendeln und
Metallspiegeln, die Teile des Objektes reflektieren und zusätzliche
räumliche Dimensionen eröffnen; gleichzeitig arbeitet Witschi 1954–
1964 an Raumschichtungen in Form gestaffelter, zum Teil
abgewinkelter, schrittweise an Grösse gewinnender Lamellen. 1960–66
setzt er sich mit verschiedenen Verbindungsarten zwischen den Blechen
auseinander: Es entstehen punktgeschweisste Plastiken und Werke mit
Kante auf Fläche gesetzten oder abgewinkelten, in Torsion
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aufeinandergetürmten Blechen. 1964 bezieht er farbiges Glas in die
Plastiken ein.
1966 wendet sich Witschi der Kinetik zu, indem er die
Raumschichtungen dynamisiert. Bis 1970 schafft er Pendel in Form von
Stabreihen, an deren Enden streng geometrische oder biomorphe
Bleche befestigt sind, sowie auf Metallstäbe gesetzte Drehpendel. Seit
1966 erzeugt der Künstler mit Pendeln Moiré-Wirkungen, indem er
Lochbleche parallel hintereinanderfügt oder drehbare Gitterräume mit
einer Schnur in ein Metallgestell hängt. Die sich überlagernden
Netzstrukturen dieser negativen Moirés bewirken durch Bewegung sich
ständig verändernde Interferenzmuster von raumgrafischer Wirkung. Seit
1967 wird in den Klangpendeln der Wind zur mitwirkenden Kraft. Ab 1973
entstehen stabile Moiré-Objekte mit schrägen, gebogenen oder
gewölbten Gitterflächen, die aufgrund des kaustischen Effektes optische
Phänomene erzeugen, die mit der Bewegung des Betrachters variieren.
Der Moiré-Effekt wird 1972 durch den Einsatz von beweglichen Spiegeln
und verstärkt seit 1978 durch statische, gebogene Spiegel auf die Spitze
getrieben. Seit 1979 erreicht Witschi mit den positiven Moirés in Gestalt
von Pendeln mit blauen und roten Farbmustern auf Acrylglas zusätzliche
optische Wirkungen und unterschiedliche Farbintensität.
Werke: Kunstmuseum Bern; Bern, Gymnasium Neufeld, Windpendel mit
Rundlochblech, 1971, Stahl; Bern, Institut für Exakte Wissenschaften,
Grosses Moiré-Objekt, 1973, Stahl; Bern, Tiefenauspital, Raumwinkel
horizontal, 1962, Stahl; Bern-Bethlehem, Hochhäuser Neuhaus, Flug,
1957, Beton; Biel, Kunstsammlung der Stadt; Bolligen, Sammlung
Werner Witschi; Bolligen, Untergymnasium Eisengasse, Ringpendel,
1968, Stahl; Flüelen, Schiffstation, Schwörende Hände, 1963–64, Stahl
(entstanden für die Expo 1964 in Lausanne); Kunsthaus Grenchen;
Grenchen, Eichholz-Schulhaus, Strahlen-Windpendel, 1971, Stahl und
Aluminium; Itzehoe bei Hamburg, Kaiser-Karl-Schule, Aufdrehende
Winkel, 1963, Stahl; Kunsthalle Kiel; Kiel, Ernst-Barlach-Gymnasium,
Fächer-Windpendel, 1972–73, Stahl und Aluminium; Kiel, Institut für
Meereskunde, Fliegende Dreieck-Viereckentwicklung, 1962, Stahl, und
Moiré-Windpendel, 1973, Stahl und Aluminium; Nüchel, SchleswigHolstein, Landespolizeischule, Strahlen-Windpendel, 1971, Stahl und
Aluminium; Kunstmuseum Solothurn; Thun, Kunstsammlung der Stadt;
Kunsthaus Zürich.
Jochen Hesse, 1998
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Literaturauswahl
- Moires. Bewegung. Licht. Werner Witschi. Bildhauer. ein Film von
Liberius Lucas und Robert Richter. Bern: Liberius Lucas und Robert
Richter, 2007, 62 Minuten [DVD-Video, PAL]
- Werner Witschi Malerei 1924-1953. Beitrag: Hermann Plattner; [Vorwort:]
Werner Witschi. Ostermundigen, 1993
- Werner Witschi. Das grafische Schaffen. [Text:] Josef Helfenstein;
[Vorwort:] Werner Witschi. Ostermundigen, 1992
- Karl Iten: Uri. Die Kunst- und Kulturlandschaft am Weg zum Gotthard.
Altdorf: Gisler, 1991
- Eisen 89 - Perspektiven Schweizer Eisenplastik 1934-1989. Dietikon,
Stadt und Ausstellungshalle, 1989. [Hrsg.:] Verein Eisen 89, Dietikon;
[Texte:] Volker Schunck und John Matheson; Vorwort: Felix A. [Andreas]
Baumann. Zürich: Offizin, 1989
- Werner Witschi: «Moirés». In: Istvan Hargittai (Ed.): Symmetry. Unifying
Human Understanding. New York: Pergamon Press, 1986. pp. 363-378
- Werner Witschi. Malerei, Plastik, Moiré. Ausgewählte Werkgruppen
1947-1983. [Texte:] Hansheiri Dahinden. Bern: Benteli, 1984
- Werner Witschi. Werkgruppen 1944-1984. Kunstsammlung der Stadt
Thun, Thunerhof, 1982. [Text:] Marianne Büchler. Thun, 1982
- Werner Witschi. Moirés 1966-1981. Kunstmuseum Bern, 1981-82.
[Texte:] Hans Giger [et al.]. Bern, 1981
- Werner Witschi. Werkkatalog Plastiken 1950-1979. [Nachtrag 19791985]. [Nachtrag 1985-1991]. [Texte:] Jean Christian Jensen, Werner
Witschi. Grenchen: Galerie Toni Brechbühl, 1979; 1985; 1991
Nachschlagewerke
- Biografisches Lexikon der Schweizer Kunst. Dictionnaire biographique
de l'art suisse. Dizionario biografico dell'arte svizzera. Hrsg.:
Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, Zürich und Lausanne;
Leitung: Karl Jost. Zürich: Neue Zürcher Zeitung, 1998, 2 Bde.
- Künstlerverzeichnis der Schweiz. Unter Einschluss des Fürstentums
Liechtenstein. Répertoire des artistes suisses, la Principauté du
Liechtenstein incluse. Dizionario degli artisti svizzeri, incluso il Principato
di Liechtenstein. 1980-1990. Hrsg.: Schweizerisches Institut für
Kunstwissenschaft, Zürich und Lausanne; Leitung: Karl Jost. Frauenfeld:
Huber, 1991
- Lexikon der zeitgenössischen Schweizer Künstler. Dictionnaire des
artistes suisses contemporains. Catalogo degli artisti svizzeri
contemporanei. Hrsg.: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft,
Zürich und Lausanne; Leitung: Hans-Jörg Heusser. Frauenfeld: Huber,
1981
Seite 4/5, http://www.sikart.ch
- Künstlerlexikon der Schweiz. XX. Jahrhundert, Hrsg.: Verein zur
Herausgabe des schweizerischen Künstler-Lexikons; Redaktion: Eduard
Plüss. Hans Christoph von Tavel, Frauenfeld: Huber, 1958-1967, 2 Bde.
[unveränderter Neudruck 1983].
- Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts.
Unter Mitwirkung von Fachgelehrten des In- und Auslandes bearbeitet,
redigiert und herausgegeben von Hans Vollmer. 6 Bände. Leipzig:
Seemann, [1953-1962] [unveränderter Nachdruck: München: Deutscher
Taschenbuch Verlag, 1992]
Direktlink
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Normdaten
GND 119179156 | Deutsche Biographie
Letzte Änderung
23.04.2015
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Empfohlene Zitierweise
AutorIn: Titel [Datum der Publikation], Quellenangabe, <URL>, Datum
des Zugriffs. Beispiel: Oskar Bätschmann: Hodler, Ferdinand [2008,
2011], in: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz,
http://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4000055, Zugriff vom
13.9.2012.
Seite 5/5, http://www.sikart.ch