BERUF & POLITIK Norddeutsches Blasentumorzentrum Interdisziplinäre Therapie auf Leitlinienbasis 180 Harnblasenkarzinome werden jährlich im Urologischen Zentrum der SANA Klinik Lübeck neu diagnostiziert. Urologen, Onkologen, Strahlentherapeuten und Pathologen haben sich an einen Tisch gesetzt und das Norddeutsche Blasentumorzentrum auf dem ersten Lübecker Urologenkongress gegründet. Das Ziel ist, den Blasentumorpatienten eine evidenzbasierte Therapie der kurzen Wege anbieten zu können. Rund 29.000 Menschen erkranken in Deutschland pro Jahr an einem Harnblasenkarzinom. Es ist die vierthäufigste Krebserkrankung der Männer, die doppelt so oft daran erkranken wie Frauen. „Für die norddeutschen Patienten bedeutet die Gründung des Zentrums, dass sie interdisziplinär und individuell behandelt werden können. Vor jeder Therapieentscheidung steht ein ausführliches Gespräch mit den Experten des Blasentumorzentrums“, beschreibt Dr. Martin Frambach, Urologe des Urologischen Zentrums Lübeck (UZL) und Chefarzt der SANA Kliniken Lübeck, das Konzept des Zentrums. Interdisziplinarität soll die Nebenwirkungen reduzieren Neben der Therapie unterhält das Zentrum auch Beziehungen zu Rehabilitationseinrichtungen und Selbsthilfegruppen. „Die Interdisziplinarität“, ergänzt UZL-Urologe und SANA-Chefarzt Dr. Christoph Durek, „soll die Nebenwirkungen der Behandlung gering halten, ohne den Therapieerfolg zu gefährden.“ „Der Blasentumor ist ein sehr inhomogener Tumor. Der Patient profitiert deshalb von dem Know-how verschiedener Fachdisziplinen. Die Richtschnur für Diagnostik und Therapie im Blasentumorzentrum Lübeck sind die medizinischen Leitlinien: Zurzeit sind es die EAU-Leitlinien, ab Herbst dann wahrscheinlich die neue DGU-Leitlinie“, erläutert Frambach. Ein wichtiges organisatorisches Element des Zentrums ist das Tumorboard. Diese wöchentliche onkologische Konferenz befasst sich mit allen Fällen, um eine interdisziplinär abgestimmte und leitlinienkonforme Behandlung zu ermöglichen. Am deutlichsten sollen Patienten mit schlecht differenzierten Hochrisikotumoren von einer Behandlung im Zentrum profitieren. In diesen Fällen stehen eine radikalchirurgische Therapie oder onkologische bzw. strahlentherapeutische Modalitäten zur Wahl. Ineffektive Doppeluntersuchungen können vermieden werden, so Frambach. Die Gründer des Norddeutschen Blasentumorzentrums in Lübeck (v.l.): Dr. Ursula SteidleKatic (Curavid), Dr. Christoph Durek, Dr. Martin Frambach und Dr. Peter Renner (alle UZL bzw. SANA Klinik). 20 Zu den Patienten des neuen Zentrums zählen sowohl solche des Urologischen Zentrums Lübeck als auch externe. Bislang zählt das UZL rund 300 Blasentumorfälle pro Jahr. Darunter fallen auch die Rezidive bzw. Tumorkontrollfälle. „Sollten viele externe Patienten hinzukommen, werden wir eine Blasentumor-Sprechstunde einrichten“, kündigt UZL-Chef Dr. Peter Renner an. Das Ziel sei im Grunde ein Qualitätsmanagement, wie es auch für die Prostatakarzinomzentren der Deutschen Krebsgesellschaft gelte. Die höhere Effektivität des Zentrums ist das größte Plus Zu den Einrichtungen des Tumorzentrums zählen das Urologische Zentrum Lübeck, die urologische Abteilung der SANA-Klinik in Lübeck Süd, die CuravidStrahlentherapie, das hämato-onkologische Zentrum sowie die Pathologie der SANA-Klinik. Für Dr. Ursula SteidleKatic, Fachärztin für Strahlentherapie bei Curavid, Praxis für Radiologie und Strahlentherapie Lübeck, zählt vor allem die größere Effektivität des Zentrums: „Die Zeitersparnis für Arzt und Patient ist der große Vorteil des Blasentumorzentrums. Kurzfristige Bestrahlungen machen normalerweise Telefonate mit den Urologen und Onkologen notwendig. Im Tumorboard sitzen wir alle an einem Tisch und besprechen den Fall und die Komorbiditäten. Der Urologe trifft danach den Patienten und übermittelt ihm die gemeinsame Empfehlung des Tumorboards. Das geht sehr zügig“, so Steidle-Katic. Bislang seien die Harnblasenkarzinome nicht in der Konferenz besprochen worden, sondern im klinischen Alltag. Das Blasentumorzentrum ist ein wichtiges Instrument, unterstreicht Frambach, um die Behandlungsqualität auf hohem Niveau sowie leitlinienbasiert zu sichern. In Zeiten begrenzter Ressourcen gehe es um die effektive und evidenzbasierte Behandlung eines urologischen Tumors. Der Patient erhalte eine evidenzbasierte interdisziplinäre Therapie und spare Wege, Zeit und Nervenkraft. fgr UroForum 7–8 2015
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