DIE HOOLIGA DIE HOOLIGA Ein Schauspiel in drei Akten und drei Einheiten von Thomas Greuel 1 DIE HOOLIGA Personen • Haudegen: Ende 40, aber trotz eines Bauchansatzes immer noch durchtrainiert und impulsiv. Sein rechtes Bein ist steif, aber sehr agil, und er hat etwas Animalisches an sich. • Buchhalter: Ein hagerer älterer Mann, der sich ein wenig linkisch bewegt. • Wolf (alias: WiB-Wolf): Ein Gewinnertyp: stark, attrak tiv, eloquent mit Hang zur Arroganz, Mitte 20 • Cem (alias WiB-Kanake): Türke, muskulös und un tersetzt, auffällig modisch gekleidet, Ende 20 • Die Blonde: Wasserstoffblond, Solarium gebräunt, auf fällig geschminkt. Sie ist souverän in ihrem Auftreten. Durch ihr extrovertiertes Äußere wirkt sie älter, ist aber Mitte 20 • Volontärin (Stefanie Schoeller): Ein Mädchen, Anfang 20, Pferdeschwanz, hat gerade die Schule absolviert und • Zwei Ratsmitglieder • Zwei Taiko-Trommler • Stimme eines Casters (eine Art Radio-Kommentator) Die Namen der Kämpfer auf Seiten der beiden Clans lauten: WiB: Wolf, Kanake, Knochenbrecher, Lungenriss, Leberwurst, Greed KkC: Leveler, Panta, Bambi, Zwergenwerfer, Stalker Ort Die Zentrale des Hooligan Clans WiB (ehemals Wölfe im Blut rausch) 2 DIE HOOLIGA Bühne Das gesamte Stück spielt in einem Bühnenbild. In der Mitte der Bühne steht ein großer runder oder ovaler Tisch, an dem Sitzungen abgehalten werden. Gleichzeitig dient er als Arena (ähnlich eines Sumo-Ringes), auf der Kämpfe abgehalten werden. An den beiden Seiten der Bühne stehen große ja panische Taiko-Trommeln. Im Hintergrund hängt ein großes Logo des WiB an der Wand. Akteinteilung Akt I,i Die Entscheidung.................................................................. 4 Akt I,ii Die Volontärin ............................................................... 19 Akt I,iii Einzug der Gladiatoren.....................................................27 Akt I,iv Skirmish...............................................................................34 Akt II,i Der Rat der Krieger ...........................................................45 Akt II,ii Debriefing.......................................................................... 54 Akt II, iii Neue Hoffnungen............................................................58 Akt II,iv Konfessionen..................................................................... 63 Akt II, v Allianzen............................................................................ 67 Akt II, vi Einnordung.......................................................................70 Akt II, vii Die Parabel von Sindbad und dem alten Mann.........73 Akt III,i Neue Hoffnungen..............................................................80 Akt III,ii Weibliche Intuition...........................................................82 Akt III, iii Der zweite Versuch........................................................88 Akt III, iv Die Büchse der Pandora................................................ 95 Akt III, v Klarstellung ................................................................... 102 Akt III, vi Scherbenhaufen und Rückzahlung............................104 3 DIE HOOLIGA Akt I,i Die Entscheidung Der Haudegen sitzt an einem großen Konferenztisch. Auf dem Tisch liegen Aktenordner und verstreut Papiere. Der Mann studiert die Ak ten. Manchmal tippt er etwas in eine Rechenmaschine. Es wird deut lich, dass er diese Arbeit nicht mag. Er stöhnt, ist impulsiv, wirft ir gendwelche Utensilien vom Tisch, ist genervt, steht dann aber auf, hebt sie auf und arbeitet weiter. Hinter dem Tisch steht ein Radio. Er schaut auf die Uhr und schaltet es ein. Aus dem Off ertönt der Caster im Stil eines Sportreporters. Der Haudegen setzt sich und führt seine Arbeit fort. Stimme des Casters: (aus dem Radio. Er spricht emotional, humor voll, persifliert zum Teil die Sprache von Sportkommentato ren, übt andererseits aber die gleiche Funktion aus. Die Sprache lehnt sich an die Berichterstattung über Computer spiele an wie Counterstrike oder Warcraft und stellt eine neue, innovative Form der Sport-Berichterstattung dar.) ... ein großes Sportereignis statt. Ja, ihr habt richtig ge hört, ein Sportereignis. Keine Massenschlägerei, kein asoziales aufeinander Einprügeln, sondern ein Sportereignis. Bald sind wir keine Gewaltverbrecher mehr, bald sind wir nicht mehr illegal, bald laufen wir nicht mehr vor den Bullen davon, bald sind wir eine anerkannte Sportart. Schluss mit den Schikanen der Pozilei, Schluss mit dem Schmuddelimage. Wir stehen kurz vor der Gründung. Der Gründung der Liga! Ges tern hat der Sportbund berichtet, dass er den Antrag der Hooligan-Clans wohlwollend prüfend wird. Woh lige Quellen wollen wissen, dass wir heute schon die Entscheidung erwarten können. Und wenn es so aus geht, wie wir alle hoffen, dann zücken wir die Ta schentücher, dann gibt es kein Halten mehr, dann 4 DIE HOOLIGA kullern die Tränen unsere Bäckchen hinab vor Rüh rung, denn dann halten wir Wettkämpfe ab und nicht mehr das, was die grünen Männchen als illegale Stra ßenkämpfe betrachten. Und, geneigte Zuhörer, es wird auch langsam Zeit! Wir haben mehr Fans, sind besser organisiert, haben größere Erträge, mehr Spon soren, präzisere Regeln, weniger Verletzungen, attrak tivere weibliche Fans und mehr Sex als viele wampigpampig anerkannte Sportarten. Es wird Zeit, dass wir das gleiche Recht erhalten wie Hallenhalma oder Ku humwerfen. Wer an den Volksempfängern lauscht, wird heute Zeuge eines historischen Moments monu mentalen Ausmaßes, also bleibt dran! Doch bevor wir die Sportwelt revolutionieren, findet heute noch ein ganz wichtiges Match statt. Heute geht noch einmal die Post ab, heute rockt der Bär, defloriert sich das Seepferdchen, heute geht die Sau zur Brautschau. Nach so vielen Entscheidungen, steht nun eine ganz wichtige an. Welches ist das letzte Team, das in die Liga aufgenommen wird? Wir wollen nur die Creme de la Creme, und heute wird die Sahne geschlagen, und nicht nur die! Im heutigen Clan War geht es um viel. Es geht um alles. Es geht um den letzten freien Platz in der Liga, der härtesten Liga, der ehrlichsten Liga, der Hooliga. Jawohl! Die Gewinner werden in die Liga aufgenommen, können auf Ruhm, Ehre und Reichtum hoffen und werden Stars. Die Verlierer krie chen zurück in die Gosse ihrer Ghettos, in den Dreck, in die Hoffnungslosigkeit und die Armut. Es geht also um alles. Antreten werden Kalks krasse Chaoten aus Köln Kalk gegen WiB aus Oberhausen. Es wird Seven on Seven gekämpft. Ich schaue aufs Spielfeld, und was sehe ich da? Die Teams stehen bereit. Jeweils sieben hehre Recken, moderne Ritter, edle Großstadt-Samu rai. Ihre Farben, die roten und blauen Tücher hängen locker an der Hose, sind um den Hals gebunden oder um den Knöchel geknotet. Ich sehe die Medics am 5 DIE HOOLIGA Spielfeldrand und auch den Admin. Die beiden TeamFlaggen wehen in der Morgenbrise der jeweiligen Base. Die Luft ist frisch und rein. Der Tau glitzert auf dem Rasen. Noch ist alles virginuös-makellos. Bald wird das Blut des unterlegenen Teams den Rasen fär ben, die Schmerzensschreie der Geschlagenen werden die Stille vertreiben und der Gestank der vollen Hosen wird über den Hügel wehen! Ich schätze, dass sich 400 Fans in dieser Morgenstunde eingefunden haben. Zwei Kamerateams übertragen direkt ins Netz hier vom ... hier vom ... (kleine Pause) hahaha! So einfach machen wir es euch nicht! Gruß hier vom Radio Fun kenschlag FM auch an die SoKo Hooligan, die fieberhaft versucht, unsere Location zu ermitteln. Tja, grüne Freunde, mit etwas Pech ändert sich die Lage bald ge waltig! Bald sind wir keine Objekte mehr, an denen ihr eure Schlagstöcke geschmeidig prügeln könnt, bald werdet ihr unsere Parkplatzwächter und mit gesenkten Köpfen den Weg weisen und im strö menden Regen auf die Sportwagen und Pimp-Mobile unserer Giga-Terra Stars aufpassen! Ja, verehrte Zuhö rer an den Volksempfängern, wir stehen am Fuße großer Zeiten! Auftritt der Buchhalter. Er trägt einige Unterlagen und zwei mit dem Clan-Logo bedruckte T-Shirts unter dem Arm. Obwohl die beiden im Folgenden eine Meinungsverschiedenheit haben, läuft das Gespräch freundschaftlich ab. Stimme des Casters: (fortgeführt) Die beiden Teams stehen sich gegenüber. Sie sind bereit. Sie sind konzentriert. Sie sind heiß. Und während der Admin das Begrüßungs zeremoniell ausführen lässt, stelle ich euch das Lineup. Wir beginnen mit den krassen Chaoten. Es werden je weils fünf Grunts und zwei Heros gegeneinander an treten. Buchhalter: (zeigt aufs Radio) Wie sieht’s aus? Haudegen: Sie sind noch beim Setup. (schaltet das Radio aus) 6 DIE HOOLIGA Buchhalter: Schaffen die es? Haudegen: Keine Zweifel, nicht die geringsten! Ich habe die Jungs eben noch verabschiedet. Die sind voll kon zentriert. Die werden die Chaoten wegfegen. Die wissen, worum’s geht. Glaub mir. Wir sind drin. Die Jungs werden uns nicht enttäuschen! (kurze Pause) Was hast du da? (zeigt auf die Unterlagen und Shirts des Buchhalters) Buchhalter: Die Muster für die Textilien sind gekommen. Sieh selbst. (gibt dem Haudegen die beiden Shirts) Haudegen: (prüft das Material ausgiebig) Das hier ist besser. Bei dem anderen geht der Aufdruck ab, das kann man ja mit dem Nagel abkratzen. Das ist Schund. Buchhalter: Sehe ich auch so, aber das erste ist 20% teurer. Mit dem zweiten würden wir mehr Gewinn machen. Und weil es minderwertige Qualität hat, verkaufen wir öf ter neue. Haudegen: Gewinn, Gewinn! Man merkt, dass du nie gekämpft hast. Du denkst nur an den Profit, was anderes kennst du nicht in deiner Buchhalter-Seele. Du hast es nicht im Blut, du hast nicht das Feuer! Wir können unseren Fans doch keinen billigen Müll verkaufen. Was glaubst du, was wir sind? Buchhalter: Wir sind jetzt ein mittelständiges Unternehmen und kein kleiner Feierabendverein mehr. Was glaubst du, was wir sind? 20% mehr Gewinn sage ich. Und das gilt nur für die Shirts. Bei den Sweatern sind es sogar 25 und bei den Bomberjacken 30. (gibt dem Haudegen aus seinen Unterlagen zwei Briefe) Lies selbst. (kleine Pause, in der der Haudegen die beiden Schriftstücke über fliegt) Vielleicht habe ich nicht dein Feuer, aber ich weiß, wie man Firmen führt. Haudegen: Jetzt spiel dich mal nicht so auf! Buchhalter: Du tust, was du kannst, ich, was ich kann. Deine Generosität ist richtig für die Caritas, aber wir sind 7 DIE HOOLIGA jetzt mehr. Du willst immer ausgeben, ausgeben, aus geben, aber wie das Geld reinkommt, das kümmert dich nicht. Haudegen: Kommt jetzt diese Predigt schon wieder? Spar es dir! Buchhalter: Wenn du beginnst zu sparen, spare ich mir meine Moralpredigten. Denk mal an die Renovierung des Jugendzentrums, denk an all deine Visionen. Das muss bezahlt werden. Mit welchem Geld? Das wollen wir alles mit dem Profit aus dem Merchandising fi nanzieren. Ich erinnere dich dran, wenn du wieder mal ungeduldig wirst und nicht genügend Geld da ist. Haudegen: Was machst du dir Sorgen ums Geld? Wenn wir in die Liga kommen, brauchen wir uns überhaupt keine Gedanken mehr zu machen. Buchhalter: Wenn wir in die Liga kommen, fangen unsere Sorgen erst richtig an. Dann müssen wir professioneller wirtschaften als jetzt. Du machst dir falsche Vorstellungen über das, was auf uns zukommt. Haudegen: Für die Finanzen haben wir dich ja. Du rechnest das schon alles, da habe ich keine Zweifel. Dafür bin ich die Seele und der Geist, und die sagen, dass unsere Fans vorgehen. Wir nehmen das qualitativ bessere Angebot. Punkt. Aus. Die Sache ist beschlossen. Keine Diskussionen mehr. Du willst sparen, ich habe die Angebote der Drucker verglichen. Da nehmen wir das billigere, und dann gleicht sich das wieder aus. Buchhalter: Nein, das tut es nicht. Die Drucksachen kosten nur einen Bruchteil dessen, was wir durch die Shirts einnehmen. Haudegen: Sei nicht so kleinlich. Komm, über diese Sache lohnt es sich nicht zu streiten. Mag ja sein, dass deine Proz entzahlen wichtig sind, aber das ist nicht alles. Die Fans gehen einfach vor. Die halten uns am Leben, 8 DIE HOOLIGA denen schulden wir mehr. Lass gut sein, ich habe beschlossen. Buchhalter: Also gut! Haudegen: Braver Junge. Siehst du, so regeln sich die Dinge. Buchhalter: Schon gut. Haudegen: Ach, übrigens kommt diese Volontärin gleich. Buchhalter: Wer? Haudegen: Ich habe dir doch von der erzählt. Die Praktikantin, die Reporterin, was weiß ich, wie man die nennt! Journalistin oder so. Die ist halt noch in der Ausbil dung. Was weiß ich! Wir brauchen jetzt Publicity. Die Leute müssen uns kennen lernen, müssen erfahren, wer wir sind, und wir müssen endlich an unserem Image arbeiten. Das haben wir zu lange vernach lässigt. Wir müssen mehr darauf achten, wie wir uns darstellen. Ab jetzt sind wir keine Kriminellen mehr, keine Rowdys, keine Schläger. Das muss jetzt alles ein Ende haben. Buchhalter: Aber irgendeinen Schmierfinken hier rein lassen? Haudegen: Ich kenne aus den alten Tagen noch einen Typen. Der ist jetzt Chefredakteur, und seine Tochter wird auch Journalistin. Die sind auf unserer Seite. Da müssen wir uns keine Sorgen machen. Buchhalter: (skeptisch) Aha. Haudegen: Wie hört sich das schon wieder an? Buchhalter: Wir haben uns bisher von der Presse ferngehalten und mit gutem Grund. Die haben uns genug ge schadet. Wenn die sich mal mit uns beschäftigt haben, dann haben die uns in Grund und Boden geschrieben und die Bullen auf den Hals gehetzt. Und von einem auf den anderen Tag sind das plötzlich deine Freunde? Haudegen: Alles ändert sich im Moment. 9 DIE HOOLIGA Buchhalter: Es ist zu voreilig, die jetzt plötzlich hier reinzuho len. Wir sollten warten, bis alles unter Dach und Fach ist. Hier ist im Moment zu viel los. Was, wenn wir den Clan War gleich verlieren? Du weißt nicht, wie die Ent scheidung ausfallen wird. Haudegen: Ich bin da verdammt zuversichtlich, und du solltest es auch sein! Buchhalter: Hier ist alles im Aufruhr, da kann so jemand nur Schaden anrichten! Haudegen: Ich vertraue denen, die wissen, worum es geht. Die machen keinen Scheiß. Du musst denen nur vertrauen. Buchhalter: Wir sollten warten, bis sich die Wogen geglättet haben, und alles unter Dach und Fach ist. Haudegen: Dazu ist keine Zeit. Es muss alles schnell gehen. Jetzt ist Goldgräberzeit. Wir sind legal, da brauchen wir die Medien. Wir müssen uns jetzt aufstellen. Die Lage ändert sich, und wir müssen darauf reagieren, sonst werden wir überrollt. Glaub mir, ich würde denen auch gerne aus dem Weg gehen, die haben mir weiß Gott genug geschadet, das kannst du dir nicht vorstellen, aber jetzt brauchen wir sie. Buchhalter: Ich habe dabei kein gutes Gefühl. Haudegen: Du hast deine Zahlen, lass mich mal die Entschei dungen treffen. Buchhalter: Was genau soll die denn schreiben? Haudegen: Na über uns, über die Liga, über den Kodex, was Hools überhaupt sind. Vor allem aber über unser ganzes Engagement. Wir sind keine Asis, wir setzen uns ein. Da haben wir ja nun echt viel zu bieten, die Jugendarbeit und das Zentrum und alles. Das muss bekannt werden. So in Richtung: Klarstellung und die wahre Geschichte hinter den Lügen. Wir müssen uns jetzt ausdehnen und eine neue Basis suchen. Buchhalter: Und wer ist dieses Kindchen? 10 DIE HOOLIGA Haudegen: Das Kindchen ist leichter zu kontrollieren. Un terschätz das nicht. Ihr Vater ist auf unserer Seite und wird ein Auge auf sie haben. Ich traue diesen Journalisten ja auch nicht. Das sind Geier und Hyänen, da gebe ich dir ja recht. Umso wichtiger ist es, dass wir den Finger drauf haben können. Glaub mir, das ist eine einmalige Gelegenheit für großartige Publicity. Buchhalter: Ich habe ein schlechtes Gefühl dabei. Haudegen: Und ich das Sagen. Vertrau mir! Buchhalter: (resigniert) OK, du hast das Sagen. Haudegen: (schlägt ihm auf die Schulter) OK, das möchte ich hö ren! OK, das hört sich gut an! Das wird sensationell! (kurze Pause) Scheiße! Der Kampf! Der Haudegen schaltet das Radio ein. Während des folgenden Cas tings fiebern die beiden mit. Der Haudegen ist dabei viel emotionaler, feuert die Kämpfenden an und kommentiert das Geschehen durch Zwischenrufe. Der Buchhalter ist zurückhaltender, zeigt aber auch Emotionen. Die beiden Schauspieler sollten das statische Geschehen dadurch aufbrechen, dass sie das Geschehen durch eine besonders aus greifende Körpersprache kommentieren. Vor allem der Haudegen sollte mit dem gesamten Körpereinsatz auf der Bühne präsent sein. Hier muss das Animalische des Haudegens deutlich werden, der sich an alte Zeiten erinnert fühlt. Stimme des Casters: (aufgeregt und sehr hastig) ... brenzlige Si tuation, ganz brenzlige Situation für WiB! Es sah so gut aus, doch jetzt werden sie nach hinten gedrängt. Aus 7 zu 7 sind 6 zu 5 geworden, drei sind schon raus. WiB ist mächtig unter Druck. Der WiB-Knochenbrecher muss gerade kräftig einstecken. Chaoten-Bambi setzt ihm gewaltig zu mit Fausthieben und Tritten. Woah! Drop-Kick vom Zwergenwerfer gegen WiB-Lungenriss, und der geht down, der geht down, da isser down! Jetzt muss er auch noch Faustschläge einstecken. Immer in den Magen und ins Gesicht. Es sieht übel aus. Er ver sucht die Schläge abzuwehren, aber es gelingt nicht. 11 DIE HOOLIGA Eine Menge kommen durch, oh oh oh, das ist bitter, das ist ganz bitter! Das ist Zitrone! Immer wieder fängt er sich Hiebe ein. Mit der dicken Fresse kann der morgen in der Geisterbahn anheuern! Und ... oh nein! Oh nein! Habt ihrs gehört! Da kam die Faust durch und direkt auf die Nase vom Lungenriss! Und was fliegt da? Was fliegt da? Da fliegt was auf mich zu. Es ist ... es ist ... die Nasenscheidewand! Der riecht nichts mehr. Wieder ein unnützes Körperteil weniger für WiB-Lungenriss. Kleiner Scherz am Rande. Aber da kommt der Pfiff des Admins, da ist der Frag, Lungen riss ist raus! 5 zu 5 Haudegen: Verdammte Scheiße! Stimme des Casters: (fortgeführt) Der Medic kommt aufs Spiel feld, Lungenriss ist immer noch benommen, aber da steht er wieder auf, da ist der gereckte Daumen. Nichts passiert! Er kann alleine vom Spielfeld hum peln. Ja, die Jungs sind hart im Nehmen. Das Spiel ist wieder angepfiffen. WiB wird weiter zurückgedrängt in die eigene Base. Jetzt gehen zwei auf den Knochen brecher, er wehrt sich gegen Bambi, und da kommt von hinten der First Hero, der krasse Chaoten-Leveler, der Tritt in den Rücken, der Pfiff, der Frag, der Knochen brecher ist raus. WiB in der Unterzahl. Alle Vorteile da hin. Kalks krasse Chaoten rulen, ownen, reignen! Da werden die ersten Sektflaschen bereit gestellt. Haudegen: Nein! Buchhalter: Nicht noch einer! Haudegen: Reißt euch jetzt zusammen! Stimme des Casters: (fortgeführt) Jetzt sieht es übel aus. War das schon die Vorentscheidung? Die beiden Heros auf Seiten von WiB können bislang keine Akzente setzen, werden von den Chaoten gut abgeschirmt. Das ma chen die sehr gut, und die Chaoten gehen auf den Schwächsten: Sehr gute Taktik. Dafür sind die Chao ten bekannt. In Sachen Strategy macht denen keiner 12 DIE HOOLIGA was vor. Im Moment geht es auf WiB-Leberwurst. Der wird jetzt getagt, in die Zange genommen. Von links, von rechts und von vorne. Er hat keine Chance, da kommt der Tritt in die Kniekehle, er geht down. Drei krasse Chaoten stürzen sich wie die Geier auf ihn. Doch bevor sie ihm die Gedärme rausreißen können, wirft er das Tuch und gibt auf. Da fliegt das rote Tuch der Schande durch die Luft, in den Dreck, ins Aus. Tja, so rettet er seine Haut. Es ist peinlich, es ist schwächlich, es ist traurig, aber es ist nicht zu ändern. Haudegen: Die verdammte Schwuchtel! Kämpf doch, kämpf! Was für ein Würstchen! Da gibt der einfach auf! Das kann doch nicht sein! Du sollst bis zum Untergang kämpfen! Buchhalter: Beruhig dich! Haudegen: Da kann man doch nicht ruhig bleiben! Da gibt der einfach auf! Die wissen doch, worum es geht! Stimme des Casters: (fortgeführt) 3 zu 5. Jetzt wird es schwer für WiB. Doch da kommt der Ausbruch. Chaoten-Stalker passt eine Sekunde nicht auf, freut sich zu früh, und schon hat WiB-Kanake ihn am Schlafittchen, hebt ihn aus, Schulterwurf und dann mit dem gesamten Kör pergewicht auf den Brustkorb. Oh! Oh! Oh! Wenn da mal nicht ein paar Rippen auf der Strecke geblieben sind! Der Stalker glaubt, die Engel singen zu hören, aber es ist nur der Pfiff des Admins, der Mitleid mit dem Stalker hat und ihn von seinen Qualen erlöst. Der Medic schleift ihn vom Feld und man hört die Rippen klappern. Der wird heute Abend zum Mexikaner ge hen und da nach den Spare Ribs fragen! Spare Ribs, ihr versteht, was ich meine! Nach Spare Ribs fragt er! Ja, da kalauert der Kalauer! Haudegen: Jawohl, der Cem hat es drauf. Unsere Heros ziehen das noch! Stimme des Casters: (fortgeführt) 3 zu 4. Endphase. Die krassen Chaoten weiter im Angriff, Geplänkel zwischen dem 13 DIE HOOLIGA Leveler und WiB-Greed, jetzt kommt noch der Zwergen werfer hinzu, jetzt ein Team-Move, Greed muss Zwergenwerfers Knie in den Magen einstecken, ist einen Moment benommen, und da kommt die Faust. Direkt an den Kehlkopf. Noch ein paar Kombos an den Kopf. Da gibt es nichts mehr zu tun, da bleibt die Luft weg, da klappt er zusammen, da kann man nur noch röcheln und pfeifen. Der Admin pfeift, der Greed röchelt. Frag. Greed ist raus. 2 zu 4. Der Medic hilft ihm vom Feld. Haudegen: Verdammt noch mal, die lassen sich wie die Schafe abschlachten! Nur noch die Heros stehen. Ihr seid Wöl fe verdammt! Kämpft jetzt! Buchhalter: Jetzt ist es vorbei, das war’s. Haudegen: Die können das noch drehen. Die beiden holen das noch! Buchhalter: Ich weiß nicht. Stimme des Casters: (fortgeführt) Jetzt wird es ganz schwer für WiB. Nur noch die beiden Heros stehen. Was können WiB-Kanake und WiB-Wolf noch reißen? 2 zu 4, das ist schon hart. Die Chaoten werden sich nun auf den Schwächeren konzentrieren, auf Cem. Und da kom men sie auch schon. Vier zu zwei, allein beim Anblick würde ich schon laufen gehen. Der Wolf und der Kana ke gegen den Zwergenwerfer, den Panta, den Leberwurst und den Leveler. Kalks krasse Chaoten in der überzäh ligen Oberhand. Die Fans. Die Chaoten-Crew jubelt schon. Sie erwarten ein Massaker. Aber was macht der Wolf? Das ist mutig. Er lächelt und winkt sie heran mit einer lockeren Handbewegung! Meine Fresse, wie cool kann man sein? Das ist die härteste Sau! Respekt! Vielleicht kriegt er die Fresse voll, und wenn ich ein Chaot wäre, ich würde ihn für diese Geste in die Mangel nehmen, dass ihn seine eigene Mutter nicht mehr erkennt, aber Mut hat er, das muss man ihm lassen. Der Mut der Verzweiflung, der Mut des bevor 14 DIE HOOLIGA stehenden Hirnschadens? Aber jetzt der Angriff der Chaoten. Doch was machen die beiden WiBler? Sie stürzen sich gemeinsam auf den stärksten. Sie gehen auf den Leveler. Was jetzt? Handsupport von Kanake und dann ein Monster-Kung-Fu-Tritt von Wolf, und der Leveler hat damit nicht gerechnet, kann nicht mehr ausweichen, wird zu Boden geworfen, und bevor er weiß, was geschieht, springt ihm der Kanake mit beiden Füßen in den Magen. Wolf deckt die drei üb rigen Gegner ab, die nur da stehen, auf den Bus warten und sabbern vor Staunen. Der Kanake versetzt derweil den Gnadenstoß. Scheiße, Scheiße, Scheiße! Leute, ich kann das nicht beschreiben, was hier gerade los ist. Seht euch das Replay im Netz an auf Double doubledoubleyou Dot Hoolcast Dot DE, so was habe ich noch nie gesehen! Das sind die aberwitzigen Moves, die nur der Wolf hinbekommt. So wurde der Leveler lange nicht gedemütigt. Humiliation. Humiliation Maximus. Motherfucking Humiliation Maximus. Haudegen: Da siehst du es! Stimme des Casters: (fortgeführt) Das Spiel ist unterbrochen, der Leveler kommt von allein nicht auf die Beine, die beiden Teams gehen zurück in ihre Base, der Medic kommt, kümmert sich, hilft ihm auf die Beine. Beide Teams in ihrer Base. Die Chaoten beraten sich, Der First Hero ist ihnen gerade fliegen gegangen, aber sie sind immer noch in der Überzahl. Die beiden WiB-He ros stehen nur da und warten. Die brauchen nichts zu bereden, die verstehen sich blind. Ist der Leveler verletzt? Nein, er steht langsam auf, da kommt der Daumen, alles ok! Er musste wohl nur mal gestreichelt werden. Der Admin pfeift wieder an. Weiter geht’s. Und was! Es ist unglaublich. Es ist unglaublich! Un glaublich ist es! WiB stürmt voran. In Unterzahl greifen sie an! Unglaublich, unglaublich. Das wird ein Baserape. Bodycheck vom Kanaken auf den Second Hero der Chaoten, auf den Panta. Der Kanake macht keine 15 DIE HOOLIGA Gefangenen, der geht einfach rein wie ein Ameisenbär auf Amphetamin, wie ein Kaninchen auf Koks. Das ist Style, steiler Style, skilliger, steiler Style! Haudegen: Jawohl! Stimme des Casters: (fortgeführt) Der Wolf derweil gegen die zwei Grunts. Er muss ein paar Tritte einstecken, doch die machen ihm scheinbar nichts. Die steckt er weg. Der ist auf einem Adrenalinflash, der ist im Blut rausch. Er wehrt einige ab und geht jetzt selbst zum Angriff über. Und jetzt sieht man seine ganze Über legenheit. Wolf wehrt ab mit Händen und Füßen. Taekwondo, KungFu, Judo, Sushi, Harakiri, Origami. Was auch immer die Schlitzaugen erfunden haben, er be herrscht es! Und der Kanake. Der schlägt einfach rein. Bei dem kann man keine Technik erkennen, der kloppt einfach, aber er kloppt gut und den Panta un angespitzt in den Boden. Der fühlt sich wie ein plattes Schnitzel. Der Admin pfeift zum Frag. Ab in die Pfanne! Weiter! Der Wolf wirbelt so schnell, dass die verbliebenen Grunts der Chaoten nicht mehr wissen, wo sie sind. Und da kommt der Tritt an den Hinter kopf und Leberwurst knickt ein. Und mit einem wilden Schrei stürzt sich der Kanake auf ihn, kümmert sich um den Rest, und bevor der Kanake die Schädeldecke spal ten kann, hat der Admin auch schon Mitleid und pfeift ab. Jetzt ist nur noch der Knochenbrecher übrig, und man sieht ihm an, dass der zum letzten Mittel greift, zur Geruchsattacke. Der hat die Hosen so voll, dass ich die Scheiße bis hierhin riechen kann. Er macht das einzig Richtige, er kniet sich auf den Boden, zieht sein Tuch und wirft es in den Staub. Surrender. Da ist das GG. Da ist das Good Game und der Sieg für WiB. Die Heros liegen sich in den Armen, die gefragten Grunts liegen sich in den Armen. Glückwunsch von den ge schlagenen Chaoten, Glückwunsch von mir. WiB ist in der Liga, und die Menge tobt! 16 DIE HOOLIGA Haudegen: Jawohl! Ich wusste es! Die enttäuschen uns nicht! (fällt dem Buchhalter um den Hals, die beiden umarmen sich) Stimme des Casters: (fortgeführt) Ein eindrucksvoller Sieg. Dass die das noch mal gedreht haben, wer hätte es gedacht? Aber hier zeigt sich die Dominanz der beiden Heros von WiB. Die verstehen sich blind und bügeln alle Schwächen des rechtlichen Squads aus. WiB ist in der Liga, und wir freuen uns auf spannende Clan Wars. (kurze Pause) Einen Moment. Ich bekomme gerade mit geteilt, dass die Pozilei uns endlich geortet hat und nun ihre Einsatzwagen schickt. Tja, leider zu spät. Hier ist alles gelaufen. Ich verabschiede mich. Heute wird der Sportbund tagen und über die Aufnahme ... Haudegen: (schaltet das Radio aus) Ich hab’s doch gesagt. Alles unter Dach und Fach! Wir sind in der Liga! Wir sind in der Hooliga! Wie lange habe ich darauf hin gearbeitet? Dafür haben die Bullen mich gejagt, dafür war ich vor Gericht, ich war sogar im Knast, hab mich zum Krüppel schlagen lassen und mir die Gesundheit versaut. Aber jetzt ist es geschafft! (kurze Pause) Komm! Jetzt geht’s an die Arbeit. Wir haben viel zu tun. Du musst die Sitzung vorbereiten. Buchhalter: Was liegt an? Haudegen: Der Rat muss die Verträge absegnen. Wir müssen die Finanzen regeln und vor allem den Beitritt zur Liga beschließen. Buchhalter: Ich trommele den Rat zusammen. Haudegen: Ich stelle die Tagesordnung zusammen. Buchhalter: Meinst du, dass es irgendwelche Probleme geben wird? Haudegen: Wieso? Buchhalter: Mit Wolf. Haudegen: Ach Unsinn! Du machst dir zu viel Sorgen! Wir zie hen alle am gleichen Strang! 17 DIE HOOLIGA Der Haudegen wendet sich wieder seinen Akten und Papieren zu. Der Buchhalter ab. 18 DIE HOOLIGA Akt I,ii Die Volontärin Der Haudegen arbeitet am Konferenztisch. Auftritt der Buchhalter und die Volontärin. Sie trägt eine große Handtasche, hat ein Note book unter dem Arm und ist sehr nervös. Buchhalter: Sieh mal, wen ich hier habe! Das ist Frau ... äh Volontärin: Stefanie ... ich meine Frau Schoeller. Haudegen: Frau Schoeller! Freut mich, Sie kennen zu lernen, wir haben Sie schon erwartet! Volontärin: (nervös) Ja, hallo! Freut mich auch. Ich soll einen Bericht über Sie machen, (kurze Pause) sagt mein Vater. Haudegen: Sie sollen einen Bericht machen? Volontärin: Oh, das war wohl ein schlechter Start. Ich bin et was nervös. Ich freue mich, einen Bericht schreiben zu dürfen. Ist das so besser? Haudegen: Sie müssen sich keine Sorgen machen. Sie können ganz entspannt sein. Volontärin: Also gut, ich versuche es. Haudegen: Na also! Sie sind hier unter Freunden. Volontärin: Gut. Haudegen: Bleiben Sie ganz ruhig! Kein Grund zur Sorge. Volontärin: Gut. Haudegen: Was haben Sie sich denn vorgestellt? Wie wollen Sie uns darstellen? Volontärin: Naja, diesen Clan, die Schlägereien, die Hin tergründe, die Ursachen und so. Haudegen: (atmet tief ein) Ah, ich sehe schon, da ist viel zu tun! Wir sind um einiges mehr als Schläger, und wie Sie 19 DIE HOOLIGA das Wort Clan aussprechen, hört es sich eher nach Ver brecherbande an. All das entspricht nicht der Realität, und ich denke, ich kann Sie davon überzeugen. Volontärin: Wir werden ja sehen. Buchhalter: Wenn ihr mich nicht mehr braucht, entschuldigen ich mich. Ich habe noch was zu tun. Haudegen: (zum Buchhalter) alles klar, es bleibt wie besprochen, du kannst gehen! (der Buchhalter ab, der Haudegen zur Volontärin) Sie kommen genau zum richtigen Zeit punkt. Gerade haben wir erfahren, dass wir der neu zu gründenden Liga beitreten werden zusammen mit sieben anderen Clans. Das ist ein großer Erfolg für uns, ein sehr großer Erfolg und das Ergebnis langer, langer und schwerer Arbeit. Volontärin: Das freut mich für Sie. Haudegen: Danke. Volontärin: Dann wird das ja bestimmt eine tolle Geschichte. Also, ich habe mir ein paar Fragen aufgeschrieben, einen Moment. Sie kramt ungeschickt in ihrer Handtasche, dabei fallen einige Gegen stände heraus. Sie bückt sich schnell, um diese aufzuheben. Haudegen: Lassen Sie mich Ihnen helfen. Volontärin: Ach, es geht schon. Der Haudegen bückt sich auch, aber sie hat schon wieder alles zu sammen gesammelt. Schließlich findet sie einen kleinen Notizblock. Sie stellt ihre Tasche neben dem Tisch ab, kramt darin herum und lässt sie dort stehen. Der Haudegen: Setzen Sie sich! Volontärin: Danke! Ich bin etwas aufgeregt. (sie setzt sich, der Haudegen bleibt stehen und geht umher, er ist rastlos) Also, sind Sie bereit? Haudegen: Schießen Sie los! Volontärin: (liest vor) Wann wurde der Clan WiB gegründet? 20 DIE HOOLIGA Haudegen: Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Wie wäre es, wenn ich Ihnen einfach alles zeige und erkläre. Und wenn Sie dann noch Fragen haben, stehe ich Ihnen gern zur Verfügung. Das ist dann alles nicht so steif. Was sagen Sie dazu? Volontärin: Hört sich gut an. Wissen Sie, ich mache das noch nicht so lange. Haudegen: (lächelt) Das sehe ich. Keine Sorge, wir kriegen das schon hin. Am Ende steht für Sie ganz sicher ein groß artiger Artikel. Volontärin: Meinen Sie? Puh, das wäre cool. Haudegen: Kein Zweifel. Wir haben alle mal klein angefangen. Volontärin: Ich habe echt nicht viel Ahnung von all dem, aber ich finde das alles irgendwie super interessant. Haudegen: Dann fangen wir an! Sind Sie bereit? Volontärin: Jawohl, ich bin bereit! Auf geht’s! Sie greift den Block fester und schreibt ungelenk mit, während der Haudegen spricht. Der Haudegen: Ja, wo fangen wir denn an? Also gut: Dies ist ein wichtiger Tag für uns. Wir stehen vor unserem größten Erfolg, der Gründung einer anerkannten Liga der Hooligans! Das wird heute wohl entschlossen, wir sitzen auf heißen Kohlen, denn der Sportbund muss uns anerkennen. Wenn das passiert, dann sind wir legal, dann ändert sich für uns alles. Volontärin: Da komme ich ja gerade richtig, wie es aussieht. Haudegen: Das können Sie laut sagen. Wir brauchen jetzt jede Hilfe, aber wir werden das schaffen. (kurze Pause) Na gut. Angefangen hat alles vor 20 Jahren. Da war ich ein richtiger Hooligan, wie man es aus den Klischees kennt. Ich war eine harte Sau. Wir gingen zu Fußball spielen, soffen und prügelten uns mit den Fans anderer Vereine. Wir pöbelten rum und dann schlugen wir aufeinander ein wie die Tiere. (sieht die 21 DIE HOOLIGA Volontärin erwartungsvoll an, es dauert etwas, bis sie verstanden hat, dass eine Antwort erwartet wird) Volontärin: Aha, und wie war das so? Haudegen: Es war großartig! Das Adrenalin schoss uns aus den Ohren, wir hatten ein Zusammengehörigkeitsgefühl ohne Ende, wir kamen uns unschlagbar vor. Aber es war eben auch gefährlich. Manchmal kam es zu ganz fiesen Verletzungen. Immer wieder hatte irgendwer Waffen dabei. Schon damals verständigten die Fangruppen sich über ein paar Regeln. Ich erinnere mich noch, wie wir zum ersten Mal beisammen saßen. Meine Fresse! Fünf Anführer, die sich alle hassten in einer Frittenbude versammelt. Da knisterte die Luft! Volontärin: Das kann ich mir vorstellen. Haudegen: Aber so ging es eben nicht weiter. Wir wollten uns miteinander Prügeln, aber wir waren keine Verbre cher. Deshalb einigten wir uns auf ein paar Regeln. Keine Waffen, nur gleichstarke Gruppen gegenein ander und auf jemanden, der am Boden liegt oder der flieht, soll nicht noch eingeschlagen werden. Volontärin: (lakonisch) Na, das sind ja tolle Regeln. Haudegen: (versteht die Ironie nicht) Naja, es hat eine Zeit gedau ert, bis sich alle dran hielten, aber mit der Zeit ging es, irgendwann waren wir soweit, dass wir Streitfälle vor einer Art Tribunal verhandelten, dann haben wir ir gendwann sogar Admins ausgebildet. Volontärin: Admins? Haudegen: Verzeihung, ich bin so in der Materie. Admins sind Schiedsrichter, die jeden Clan War beaufsichtigten. Mit den Gegnern war das so eine Sache. Volontärin: Wie war das so? Haudegen: Man lernte sich kennen, respektieren. Wir wurden keine Freunde, aber wir sprachen miteinander. Wir organisierten uns, tauschten uns aus, und wir wurden zusammen gehalten durch einen gemeinsamen Feind: 22 DIE HOOLIGA Die Polizei, die uns gnadenlos verfolgte, obwohl wir untereinander blieben und Unbeteiligte nicht anfass ten. Das ist ganz wichtig! Wir organisierten Hools haben nie auf unbeteiligte Fußballfans oder Passanten eingeschlagen. Das müssen Sie unbedingt aufnehmen! Haben Sie das? Kommen Sie mit? Volontärin: (überspielt ihre Überforderung) Es wird schon gehen, ich habe ein gutes Gedächtnis. Haudegen: Ich bin sicher, dass du das schon schaffst! (verbessert sich sofort) Verzeihung, dass Sie das schaffen! Volontärin: Schon in Ordnung. Haudegen: Nein, nein. (kurze Pause) Nun, das waren die alten Tage, (kurze Pause) und da war sicherlich nicht alles in Ordnung. Aber das ist alles lange her. Heute halten wir uns an einen strengen Kodex, halten Wettkämpfe ab und sind genauso zivilisiert wie andere Sportarten. (nun mit großem Enthusiasmus) Aber wir tun mehr. Viel mehr. Wir engagieren uns. Wir tun was in unseren Vierteln. Alle Clans machen das mehr oder weniger, aber wir sind besonders stolz auf unsere Arbeit vor allem mit der Jugend. Das muss besonders erwähnt werden, das ist ganz wichtig! Volontärin: Mach ich! Haudegen: Wir kümmern uns um unsere Comunity. (nimmt einen Ordner vom Tisch, schlägt ihn auf und zeigt ihr ganz enthusiastisch) Wir unterstützen die Jugend hier im Viertel. Mit Freizeitangeboten, Sport, wir haben eine Hip-Hop-Crew und Graffiti-Kurse, wir bieten Nachhilfe und Deutschkurse für die vielen Ausländer, die in der Schule nicht mehr hinterher kommen. Wir bieten Be werbungstrainings an, arbeiten mit Streetworkern und Sozialarbeitern zusammen. Wir haben gute Kontakte, sodass wir Ausbildungsplätze vermitteln können, und wir vertreten Werte! Alkohol und Drogen sind absolut verboten, wir haben strenge Verhaltensregeln. Verstö ße können zum sofortigen Ausschluss aus dem Clan 23 DIE HOOLIGA führen. Wir wollen Werte und Respekt vermitteln. Ich wäre sehr glücklich, wenn Sie das angemessen berück sichtigen könnten. Volontärin: Ja, ich glaube, das klappt schon irgendwie. Ist das dieser Sektenkram? Haudegen: (ein Funken Aggression flammt auf) Was sagst du ... sagen Sie da? Volontärin: Ich habe im Internet gelesen, dass Sie so was sek tenähnliches sind, so mit diesem Kodex und Strafen und dass Sie keinen aussteigen lassen. Haudegen: (versucht sich zu kontrollieren) Das ist alles Unsinn, der in manchen Medien immer noch ungestraft ver breitet wird. Das ist alles nicht wahr. Das war früher mal so. Ich habe ja gesagt, dass früher nicht alles in Ordnung war, aber das ist lange her. Heute kann jeder ungestraft den Clan verlassen. Volontärin: Aha, na gut, wenn Sie es sagen. Haudegen: Ja, so sage ich es, und es wäre gut, wenn Sie das auch schreiben könnten. Volontärin: (entschuldigend) Ja, schon gut. Ich muss meiner journalistischen Pflicht ja nachkommen und zu mindest mal fragen. Haudegen: Das verstehe ich. Ich muss hier so viel richtig stellen, gegen so viele Lügen der Medien anrennen, dass ich manchmal etwas heftig reagiere. Volontärin: Kann ich mir denken. Haudegen: Ich hoffe, Sie verzeihen das. Volontärin: Schon gut, kein Problem. Haudegen: Wissen Sie, wir kümmern uns um die Schwächsten, und in diesem Viertel gibt es davon sehr viele. Hier herrscht eine Arbeitslosenquote von über dreißig Pro zent. Die Politik hat uns längst abgeschrieben, aber wir lassen uns nicht unterkriegen. Mittlerweile sind wir weit mehr als einfältige Hooligans, die sich gegen 24 DIE HOOLIGA seitig die Schädel einschlagen. Entgegen der öffentli chen Meinung sind wir keine Staatsfeinde oder Ver brecher. Das muss ganz deutlich werden. Volontärin: Verstanden. Haudegen: Gut. Wir sorgen und kümmern uns. Wir sind eben anders, als diese Fußballvereine, diese Aktiengesell schaften! Volontärin: Was haben Sie gegen Fußballvereine? Haudegen: Ach! Denen geht es nur doch nur noch um den Pro fit. Die haben jeden Kontakt zu ihren Fans längst verloren. Volontärin: Ich dachte, Sie sind alle Fußballfans? Haudegen: Wir haben mit denen nichts mehr am Hut. Das sind Wirtschaftsunternehmen und Aktiengesellschaften! Volontärin: Also, ich bin auch Fußballfan. Die machen Geld, na und? Haudegen: (ereifert sich) Das ist es doch! Die machen nichts als Geld! Was macht die denn noch aus? Womit kann man sich da identifizieren? Mit nichts! Die kaufen und verkaufen Spieler und Trainer hierhin und dahin. Der Superstar dieses Jahres spielt im nächsten Jahr beim Erzfeind. Als Fan unterstützt man doch nichts als eine Marketingidee, als eine Imagekampagne. In Berliner Vereinen spielt kein Berliner, in Münchener Vereinen kein Münchener. Volontärin: Aber das ist doch normal heutzutage. Sie haben aber altmodische Vorstellungen, wenn ich das sagen darf. Haudegen: Wenn das altmodisch ist, dann bin ich das gerne! Bei uns läuft es jedenfalls nicht so! Wir kommen alle aus diesem Viertel. Das hier ist unser Turf. Wir sind hier geboren und groß geworden. Hier kennt jeder je den! Deshalb sorgen wir uns umeinander. Das ist der Unterschied. Hier geht man nicht zu einem anderen 25 DIE HOOLIGA Clan. Wir sind Hooligans, und wir kommen aus diesem Viertel! Das bedeutet uns was! Das muss rein! Volontärin: Und wie lange dauert das noch so, wenn ihr mit eurer Liga durch kommt? (der Haudegen setzt an, etwas zu erwidern, aber die Volontärin lenkt ein) Aber lassen wir das. Gut, gut, ich schreibe das. Aber wie läuft das nun ab mit diesen Schlägereien? Haudegen: Das sind keine Schlägereien. Wir haben strenge Regeln, wie gesagt! Wir sehen uns eher wie ein Gruppen-Kampfsport. Volontärin: (schreibt) Gruppen-Kampfsport. Hört sich nett an. Haudegen: Taktik spielt eine große Rolle, und ich behaupte so gar Philosophie. Das ist wie Krieg im Kleinen. Sie ge winnen keinen Krieg ohne Strategie. So ist es auch bei uns. Macchiavellis und Sun Tsus Kunst des Krieges ge hören bei uns zur Standardlektüre. Es gibt Taktik-Gui des im Internet. Wir sind wirkliches Rasenschach. Es geht darum, den anderen auszutricksen, in Hin terhalte zu locken, zu täuschen. Wir sind Strategen, und WiB ist dafür besonders bekannt. Volontärin: Woher kommt eigentlich der Name WiB? Haudegen: Nun, früher hießen wir Wölfe im Blutrausch, aber als wir Sponsoren suchten, baten die uns den Namen zu ändern. Es sind also nur die Initialen geblieben. (kurze Pause) Ich will Sie nicht schwindlig reden. Ich führe sie einfach was rum, was halten Sie davon? Dann bekom men Sie einen besseren Eindruck! Wenn Sie sehen, was wir alles so machen, wird das alles viel plastischer und lebendiger. Volontärin: Au ja, das fände ich gut. Das sind ja doch viele In formationen. Haudegen: Nicht wahr? Kommen Sie, vielleicht laufen gerade auch irgendwelche Kurse, da können Sie sich selbst von unserem Engagement überzeugen. 26 DIE HOOLIGA Akt I,iii Einzug der Gladiatoren Der Haudegen und die Volontärin wollen ab. Von der anderen Seite kommen Wolf, Cem und die Blonde herein. Vor allem Cem ist sehr ausgelassen, Wolf ist etwas kühler, die Blonde hält sich im Hin tergrund. Cem: Hooliga! Wir kommen! Wir haben sie in den Staub getre ten! Wolf: Vernichtet! Cem: Verbrand! Wolf: Wir haben geownt! Haudegen: Ich hab’s im Radio gehört. Es war großartig! Sie umarmen sich überschwänglich. Cem: Du hättest dabei sein müssen! Wolf war ein verdammter Kung-Fu-Killer-Master! (schlägt wild in die Luft) Wolf: Das war noch nichts! Haudegen: Das will ich hoffen! Wir müssen noch arg zulegen! Aber was rede ich? Jetzt wird gefeiert! Ich bin so stolz auf euch, Jungs! Ihr Macht mir und dem Clan alle Eh re. Cem: Es ist uns eine Ehre! (schlägt sich mit der Faust aufs Herz) Haudegen: Wie geht’s den anderen? Da haben einige ja kräftig einstecken müssen. Cem: Ach, nichts Schlimmes, ein paar blaue Flecken! Selbst Schuld, würde ich sagen. Wolf: Sag mal, alter Mann, wer ist das? (nickt zur Volontärin) Haudegen: Das ist Frau ... Volontärin: Schoeller. 27 DIE HOOLIGA Wolf: Hallo, Frau Schoeller. Hallo, ich bin Frank, aber man nennt mich den Wolf. Volontärin: Hi! Ich heiße Stefanie. Wolf: Freut mich, dich kennen zu lernen. Volontärin: Mich auch. Haudegen: (zu Wolf) Finger weg. Turtelt hier nicht rum. Frau Schoeller wird eine Reportage über uns schreiben. Wolf: (flirtet mit ihr) Komme ich da auch drin vor? Volontärin: Man sagt wohl, dass du hier der Superstar bist. Wolf: Man sagt viel, aber es stimmt. Volontärin: Dann würde ich sagen, dass wir über ein Interview reden müssten. Wolf: Ich bin verdammt gebildet, wenn ich will! Volontärin: Vielleicht ist das gar nicht, was ich will. Wolf: Ich kann auch anders. Volontärin: Ach? Haudegen: Schluss jetzt ihr beiden! (zu Wolf) Das hier ist was Professionelles! Such dir ein anderes Flittchen! Die Volontärin sieht ihn erstaunt an, der Haudegen versteht nicht so fort und spricht zu Wolf. Haudegen: Nur zur Erinnerung: Wir haben heute noch eine Sitzung. (jetzt merkt er es und zur Volontärin) Oh Verzei hung. So habe ich das nicht gemeint. Volontärin: Kein Problem. Haudegen: Ich meinte nur, dass er keinen Unsinn mit Ihnen anzetteln soll! Wir brauchen Sie doch noch! Er lächelt verschmitzt, aber der Charme kommt nicht an, und so lä chelt die Volontärin nur höflich zurück. Die Volontärin: Kein Problem. Wolf: Alles klar, alter Mann! (zur Volontärin) Und wir sehen uns hoffentlich noch! Volontärin: Schauen wir mal! 28 DIE HOOLIGA Haudegen: (zur Volontärin) Kommen Sie! Der Haudegen und die Volontärin ab. Cem: (greift die Blonde bei den Hüfen und hebt sie hoch) Hooliga! (küsst sie leidenschaftlich und hat gleichzeitig die Faust ge reckt) Wolf: (sieht der Volontärin nach) Netter Arsch! Cem: Finger weg, du hast doch gehört! Wolf: Dann hole ich mir eben deine! Cem: Versuch’s und ich brech’ dich in zwei Teile! Mittendurch! Wolf: Keine Sorge, ich steh nicht auf gut durch, ich will sie frisch und knackig haben! Die Blonde: Pass bloß auf! Cem: Boah, Liga! Ist das geil? Wir haben’s geschafft! Jetzt geht’s ab! Was glaubst du, wie viel wir verdienen werden? Ich brauche Autogrammkarten! Die Blonde: Finger weg von den Schlampen! Cem: Ey, keine Sorge! Die Blonde: Du wirst ein Star. Hättest dich heute sehen sollen. Das war Spitzenklasse. Wir werden reich! Cem: Wolf, was denkst du? Wolf: Keine Ahnung. Cem: Ey, du musst das doch wissen, du Bankkaufmann! Wolf: Was weiß ich! Cem: Es wird reichen! (zur Blonden) Baby, wir können uns end lich `ne richtige Wohnung leisten, du kriegst mein Auto, und ich einen fetten Schlitten. Wolf: Aber bitte, ich flehe dich an! Ein bisschen was mit Stil, keinen Türkenbomber. Keinen BMW. Cem: Was hast du gegen BMW? Die Blonde: Ich will ein Kabrio! Auftritt der Buchhalter. Buchhalter: Hallo Jungs! Glückwunsch! 29 DIE HOOLIGA Cem: Danke, Mann! Wir haben das Haus gerockt! Buchhalter: Der Chef hat eine Sitzung des Rats einberufen. Heute um 11. Hier ist die Tagesordnung, und hier sind noch ein paar Infos zu den wichtigsten Punkten. (gibt Wolf und Cem jeweils einen gehefteten Stapel mit Do kumenten) Seht es euch noch an. Es geht um geschäftli che Sachen und hauptsächlich um die Entscheidung für den Beitritt zur Liga. Cem: Super! Buchhalter: Ihr entschuldigt mich, ich habe noch einiges zu tun. Wir sehen uns ja gleich. Noch mal Glückwunsch! Der Buchhalter ab. Cem blättert ratlos in den Papieren, Wolf über fliegt sie gelangweilt. Cem: Was ist das? Nur Zahlen und so Briefe und Be amtendeutsch! Das versteht doch keiner. Was ist das? Wolf: (leicht genervt) Es geht ums Geld. Verträge, die wir abni cken müssen. Cem: Und sind die gut für uns? (gibt sein Handout an die Blonde, die es sich genauer ansieht) Wolf: Ist doch egal, du weißt doch, wie diese Sitzungen verlaufen. Was soll’s also? Cem: Wir müssen doch wissen, was wir da zustimmen. Die Blonde: Das meiste sind wohl Aufträge. Cem: Und, sind die gut? Die Blonde: Keine Ahnung. (blättert weiter) Warte! Hier ist was Interessantes. Punkt 5 bestimmt euren Anteil an den Nettogewinnen. Cem: Und, wie viel kriegen wir? Die Blonde: 20 Prozent. Cem: 20 Prozent? Für jeden? Das ist ok, oder nicht? Die Blonde: Für alle. Cem: Wie? Für alle Sieben? Die müssen wir uns teilen? Wie viel ist das für jeden? 30 DIE HOOLIGA Die Blonde: Kannste nicht sagen, das wird noch mal aufgeteilt. Als 2nd Hero kriegst du mehr als die Grunts, aber Wolf als 1st Hero kriegt mehr als du. Cem: Das ist doch Beschiss. Da soll eine Summe stehen! Ich will wissen, wie viel das wird! Und wer bekommt die rest lichen 80 Prozent? Wolf: Die gehen an den Clan. Checkst du das nicht? Da kann keine Summe stehen, das kommt alles auf die Höhe der Einnahmen an! Prozent eben! Cem: Woher soll ich das wissen? Wer ist hier der Bank-Mann? Wolf: Und wer hat sich zu viele Schläge auf den Hinterkopf eingefangen? Cem: (zur Blonden) Was sagst du? Die Blonde: Ihr haltet eure Knochen hin und macht die Drecks arbeit. Da finde ich, sind 20 Prozent zu wenig. Cem: Das sage ich auch! Wolf, komm Mann, was sagst du? Wolf: (entnervt) Sie hat Recht. Cem: Na also! Wieviel wollen wir? Das Doppelte, das Dreifa che? Die Blonde: 30 Prozent. Realistisch bleiben! Ihr sagt 40 und trefft euch bei 30. Das fände ich fair. Cem: Du bist gut. Du bist genial! Ist sie nicht genial? Was sagst du, Wolf? Wolf: (trocken) Absolut genial. Die Blonde: Hast du schlecht geschlafen? Warum bist du so mies drauf? Ihr seid jetzt in der Liga, und es geht ums Verteilen der Beute! Da kannst du dich auch mal was einsetzen, schließlich profitierst du am meisten! Als Leitwolf musst du dich um dein Rudel kümmern. Wolf: Lass mich mit dem Leitwolf in Ruhe. Hier macht jeder sein Ding. Geilt euch doch nicht so wegen der Kohle auf! Die Blonde: Du hast gut reden, du bist der einzige hier mit einem gut bezahlten Job. Du hast es nicht nötig. Aber 31 DIE HOOLIGA wir wollen nicht über den Tisch gezogen werden. Willst du das? Wolf: (einlenkend) Nein, du hast ja Recht. Die Blonde: Ich versteh dich nicht. Ständig jammerst du rum, dass die Alten hier das Sagen haben und euch wie die Blutegel aussaugen, und jetzt, wo es wirklich um was geht, da schwuchtelst du rum. Wolf: Ist ja gut. Wir werden uns das nicht gefallen lassen. Das wird geändert. Wir halten unsere Knochen nicht um sonst hin und schon gar nicht für die paar Prozente! Die Blonde: Na also. Geht doch, Mr. Superstar. Cem: Aber wie? Wolf: Ich mach das schon. Halt dich einfach an mich. Wir kriegen das hin! Cem: Ja, wir kriegen das hin! Heute kriegen wir alles hin! (schreit) Hooliga wir kommen! (die anderen beiden ver drehen die Augen leicht genervt) Wolf: Hast du Lust auf ein kleines Scharmützel? Cem: Was ist das? Hör mit dieser Klugscheißerei auf! Sprich deutsch! Wolf: Ein Skirmish, mein schulabbrechender Freund! Cem: Ah ok! Immer. Aber wie, jetzt sofort? Wolf: Ja klar jetzt. Ich bin eben nicht mal ins Schwitzen gekom men, muss mein Gemüt kühlen. Hilf du mir dabei! Komm Dicker, du brauchst Übung, wenn du über leben willst in deiner Liga. Cem: Nenn mich nicht Dicker, ich mach dich fertig! Mich beein druckst du nicht mit deinem Shaolin-Voodoo-Scheiß! Ich zerquetsch dich! Wolf: Das werden wir ja sehen, mein fetter, osmanischer Freund. Bringen wir doch ein wenig Würze rein. (er holt einen Baseballschläger und ein Nunchakku hinter der Bühne hervor) Wie wär’s? Cem: Was soll das? 32 DIE HOOLIGA Wolf: Bleib locker! Cem: Du weißt doch, dass das streng verboten ist! Wolf: Na und? Cem: Dafür können wir rausgeworfen werden. Wolf: Warst du heute morgen dabei? Cem: Klar Mann! Wolf. Wir beide haben die Chaoten alleine auseinander genom men. Ohne uns ist der Clan nichts. Wir können nicht rausgeworfen werden. Cem: Trotzdem ist das verboten. Wenn wir erwischt werden! Wolf: Komm schon. Du verweichlichst doch total mit diesem ganzen Rumgehampel. Lass uns kämpfen wie Männer. Cem: Was willst du? Wolf: Training! Cem: Ach Scheiße! Wolf: Komm schon, du kriegst auch den Baseballschläger, da mit du wenigstens den Hauch einer Chance hast. Cem: (nach kurzem Zögern nimmt er den Schläger und schwingt ihn durch die Luft) Aber winsel nicht um Gnade. Du hast es so gewollt. Wolf: Das ist mein Mann! Cem: Und ich mach dich zu meiner Bitch! Wolf: Red du, red du, red du, so lange du noch kannst! 33 DIE HOOLIGA Akt I,iv Skirmish Cem, Wolf, die Blonde. Cem schwingt den Baseballschläger, und die beiden steigen auf den Konferenztisch. Sie lockern ihre Muskeln, der Wolf schwingt das Nunchakku kunstvoll. Zwei Taiko-Trommler kommen von beiden Seiten auf die Bühne und schlagen einen lang samen Takt. Die Kämpfer stellen sich einander gegenüber in den Ring. Sie vollziehen ein Ritual ähnlich dem eines Sumo-Ring kampfes. Cem nimmt dies ernster als Wolf, der es uninspiriert ab spult. Der aufkommende Streit zwischen den beiden wird sehr spiele risch ausgetragen und ist nicht ernst zu nehmen. Cem: (feierlich) Ich bin bereit und bitte um die Gunst des Gottes Mars. Wolf: Können wir jetzt, oder musst du noch nach Mekka beten? Cem: Hey komm, mach das richtig. Wolf: Und jetzt noch dreimal mit den Ohren wackeln! Cem: Das gehört sich so! Wolf: Und jetzt mit noch den Schließmuskeln gen Norden klat schen. Cem: Das ist Tradition, Mann! Wolf: Tradition! Die hilft dir auch nicht. Am Ende sammelst du mit gebrochenen Fingern deine Zähne auf. Cem: Laber nicht! Wolf: Die einzige Tradition ist, dass ich gewinne, und du heu lend davon schleichst. Cem: Du träumst doch! Wolf: Sind wir jetzt fertig mit dem Gebete? Cem: Stell dich nicht so an! Wolf: Können wir anfangen? 34 DIE HOOLIGA Cem: Respektier das! Respektier das! Die beiden stehen sich gegenüber, verbeugen sich ein letztes Mal. Dann beginnt der Kampf. Die Trommler geben den Takt vor, zu dem die Kämpfer sich bewegen und die Waffen schwingen. Der Takt schlägt zunächst nur langsam wie zur Übung, mit der Zeit nimmt das Tempo aber zu und die Aktionen folgen immer schneller aufein ander und die Schläge werden immer schwieriger zu parieren. Der Kampf ist insgesamt ausgeglichen, aber man bekommt den Eindruck, dass Wolf mit weniger Mühe kämpft. Cem muss sich anstrengen, das Tempo zu halten. Dieser Kampf dauert etwas, dann Auftritt die Volontärin. Der Kampf wird unterbrochen. Die TaikoTrommler stehen die Szene über stumm und reglos neben den Trommeln. Volontärin: Störe ich? Wolf: Keineswegs! Volontärin: Schön. Wolf: Wo ist der Alte, der wollte doch die Lobtour mit dir durchziehen. Volontärin: Ist was dazwischen gekommen, der ist wohl im Stress. Musste sich um was anderes kümmern. Er meinte, ich solle mich umsehen, ihr hättet nichts zu verbergen. Wolf: Da hast du ja Glück gehabt, dass du ihm entkommen konntest. Volontärin: Du hältst nichts von ihm. Wolf: Er redet zu viel. Volontärin: Findest du? Wolf: Du brauchst nicht übermäßig höflich zu sein, wir sind es auch nicht. Kannst ganz normal reden. Volontärin: Er redet ein bisschen zu viel, aber sonst scheint er ganz in Ordnung. Wolf: Der ist ein Schwätzer. Cem: Der ist in Ordnung. Er setzt sich halt ein. Volontärin: (zu Wolf, der aber nichts antwortet) Glaube ich auch. 35 DIE HOOLIGA Cem: Das alles hier ist sein Ding. Volontärin: Ich finde auch, dass er sich sehr einsetzt. Wolf: (wechselt das Thema. Zur Volontärin) Also, was machst du hier? Volontärin: Naja, ich soll eine Reportage über euch machen. Mein Vater meinte, das wäre eine einmalige Chance, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Cem: Was für ne Tür? Volontärin: Journalismus. Mir einen Ruf zu machen. Hab ge rade erst Abi gemacht und studiere jetzt. Ich soll halt in seine Fußstapfen treten. Wolf: (scherzhaft) Eine kleine Reporterin. Wie süß! Volontärin: (kokett) Ich mache dich vielleicht zum Star. Wolf: Danke, aber bin ich längst. Noch nie von mir gehört? Volontärin: Tut mir leid. Wolf: Dann kannst du nicht viel Ahnung haben. Volontärin: Oder du bist doch keine so große Nummer, wie du glaubst. Wolf: Nenn mir einen Namen aus der Szene. Volontärin: Gewonnen. Wolf: Na, jetzt kennst du mich. Die Blonde: Der Clan lässt eine vollkommen unerfahrene Ab iturientin so eine wichtige Publicity-Sache machen? Schwer zu glauben. Wolf: Die sind bestimmt zu geizig. Volontärin: Das haben mein Vater und der Haudegen ausge kungelt. Der war auch mal einer von euch. Ich bin mir sicher, dass der das ganze Teil am Ende schreiben wird, aber offiziell will er damit nichts mehr zu tun haben. Die denken sich, dass so ein unerfahrenes Kü ken wie ich keine unbequemen Fragen stellt. Wolf: Einfacher zu manipulieren. Volontärin: Genau, aber lassen wir das. Was macht ihr hier? 36 DIE HOOLIGA Wolf: Wir spielen nur ein bisschen. Volontärin: Ihr spielt nur? Wolf: Wir trainieren. Volontärin: Hört sich interessant an. Wolf: Willst du zusehen? Volontärin: Super gerne. Darf ich ein paar Fotos machen? Wolf: Sicher, mach eins vom Kanaken, der hat es nötiger. Cem: Ey, pass auf! Wolf: Am besten vorher, denn mit dem zugeschwollenen Gesicht, das er gleich hat, kann man ihn nicht mehr vorzeigen. Sie holt eine kleine Digitalkamera hervor und knipst ein paar Bilder von den beiden in Macho-Posen. Volontärin: Ihr kämpft mit Waffen? Der Haudegen sagt, dass ihr keine Waffen benutzt. Aber im Training dürft ihr das? Wolf: Waren wir uns nicht einig, dass der Alte zu viel redet? Volontärin: Also dürft ihr das? Cem: Nee, das ist alles total ille. Volontärin: Und warum macht ihr das dann? Wolf: Senioren neigen dazu, zuviel zu reden. Man muss die nicht immer ernst nehmen. Volontärin: (nach einer kleinen Pause) Ich versteh diesen ganzen Kram hier nicht. Wolf: Was für ein Kram? Volontärin: Das alles. Ich kann das nicht verstehen, was daran so toll ist, sich gegenseitig zu verprügeln. Habt ihr nichts Besseres zu tun? Wolf: Was zum Beispiel? Reitstunden nehmen? Polo spielen? Volontärin: Hattet ihr eine schlechte Kindheit? Seid ihr von eu ren Eltern geschlagen worden? Mutter Alkoholiker? 37 DIE HOOLIGA Wie kommt man dazu, sich gegenseitig zu ver prügeln? Cem: Was laberst du? Wolf: Es geht um den Kampf. Volontärin: Den Kampf? Die Blonde: Da kommen schon die unbequemen Fragen. Volontärin: Ist das schon unbequem? Das geht aber schnell bei euch! Wolf: (zum ersten Mal mit einem Anflug von Eifer – aber nicht übertrieben) Mann gegen Mann. Es geht darum, sich zu messen. Herauszufinden, ob du der bessere bist. Wenn du mit deinem Clan auf einen anderen triffst, wenn du sie abcheckst. Dein Herz rast, du weißt nicht, was passieren wird, du bist heiß. Teilst du heute aus oder steckst du ein? Du suchst dir einen raus, visierst den an, forderst den quasi heraus. Aber vielleicht sucht sich auch einer dich raus. Irgendein Klotz vielleicht, der zwei Köpfe größer ist. Schaffst du den? Schafft er dich? Im schlimmsten Fall bricht er dir die Knochen und das war’s. Cem: Es ist total geil, wenn sich alle bereit machen, wenn der ganze Clan sich anfeuert und das Ritual gemacht wird. Wenn es dann losgeht, dann seid ihr Brüder. Das Squad, das ist deine Familie. Du musst dich auf die verlassen können. Die halten dir den Rücken frei, passen auf dich auf und du musst auf deine Brüder aufpassen. Nur dann könnt ihr siegen. Wolf: Aber wenn es losgeht, dann bist du allein. Niemand hilft dir. Du bist der einsamste Mensch der Welt. Die Schmerzen spürst nur du allein und nur du allein schlägst zu. Du fixierst den, den du dir ausgesucht hast, und der Typ da ist dein größter Feind. Du willst den einfach nur platt machen, und er will dich platt machen. Mehr gibt es nicht. Du oder er. In dem Moment merkst du, dass du lebst und fragst dich, wie 38 DIE HOOLIGA lange noch. Wenn deins auf dem Spiel steht und du auf ein anderes eintrittst. Das ist besser als Sex, und das ist keine Floskel, das ist wirklich so. Cem: Und jeder gibt sein Bestes. Man ist nur so stark wie der Schwächste, und das will keiner sein. Wenn alle zu sammen loslaufen, du deine Brüder neben dir spürst! Und dann knallen die beiden Squads aufeinander. (schreit und boxt mit der Faust in die Luft) Boom! Wolf: Es ist wunderbar einfach. Entweder du oder er. Es gibt in dem Moment nichts anderes. Du passt einen Augen blick nicht auf, und alles ist vorbei. Wenn seine Faust durchkommt, dann kann schon Feierabend sein, und dann rettet dich nichts mehr. Deine Leute sind weit entfernt, wenn du dich mit einem anlegst. Das Team ist gut und schön, aber am Ende teilst du aus, und du steckst du ein. Du kannst keinen anderen verantwort lich machen. Du versagst, du bist der Schuldige. Du gewinnst, du bist der Sieger. Du bist dein Boss im Ring. Du hast was zu sagen und zu entscheiden und du lebst mit den Konsequenzen. Cem: Und am Ende, da feiert ihr gemeinsam oder tröstet euch gemeinsam. Du hast immer deine Brüder um dich. Volontärin: Hört sich ja alles nett an, aber ich kann’s trotzdem nicht nachvollziehen. Warum die Waffen, wenn das alles so ein toller Kampf Mann gegen Mann ist? Cem: Waffen sind scheiße. Die machen alles kaputt. Das ist nicht original oder Hool. Die sind einfach scheiße. Wolf: Die erhöhen den Einsatz. Du passt einen Bruchteil nicht auf, und schon steckt dir das Messer zwischen den Rippen. Du bist nicht schnell genug, und schon spaltet dir der Baseballschläger den Schädel. Mit Waffen ist das alles kein Spiel mehr, das ist ernst. Da gibt es kein Netz mehr, das ist der Extremsport ohne Kompro misse. 39 DIE HOOLIGA Ohne Ankündigung schwingt er das Nunchakko und zielt auf den Kopf Cems. Der kann nur noch mit Mühe ausweichen. Die Volontä rin knipst. Volontärin: Das wird ein gutes Bild! Cem: Bist du bescheuert, ey? Wolf: Bleib locker, immer aufpassen! Cem: Ey, du bist ein totaler Asi. Wolf: Jetzt sei nicht eingeschnappt, du Mimose! (zur Volontärin) Wenn du einem die Fresse polierst, wenn du spürst, wie seine Nase unter deiner Faust bricht. Das Krachen vergisst du nie. Volontärin: Ich verstehe nicht, was daran so toll sein soll. Ihr prügelt euch wie irgendwelche asozialen Penner. Habt ihr nichts anderes? Ist das alles? Euch gegenseitig die Fresse einzuschlagen? Wolf: Du kannst das auch nicht verstehen. Ich arbeite in einer Bank. Die Leute sagen, dass das ein sicherer Job sei, dass ich ein Schweineglück hätte, nicht nur überhaupt einen zu haben, sondern sogar einen so guten. Letzte Woche kam der Filialleiter und sagte, er hätte Anwei sung von oben. Fünf Leute müssten gehen. Das ist ein mickriges kleines Hemdchen, ein Speichellecker. Und dann zeigte er mit dem Finger und sagte: Sie, Sie, Sie, Sie und Sie! So schnell geht das. Vielleicht bin ich der nächste, wer weiß? Seitdem traut sich keiner mehr, dem ins Gesicht zu schauen. Alle halten die Blicke gesenkt, gehen ihm aus dem Weg wie in einem Rudel Paviane, wo niemand dem Leitpavian in die Augen schaut, um ihn nicht herauszufordern, aus Angst tod gebissen zu werden. Ich könnte dem Hemdchen seine kleinen Ärmchen ausreißen, und das meine ich nicht metaphorisch. Aber ich mach’s nicht. Der steht auch nur ein kleines bisschen über mir in der Hackordnung. Und wenn die oben auf die Idee kommen, dass es zu viele Filialleiter gibt, dann fliegt er nächste Woche. So 40 DIE HOOLIGA sieht es aus! Wir sind Lämmer, die auf die Schlacht bank warten! Kannst du dir vorstellen, wie das ist? Volontärin: Kann ich ganz gut. Wolf: Kannst du nicht. Wenn ich im Ring stehe, dann gilt es Mann gegen Mann. Dann wird’s mittelalterlich. Dann gibt es keine Konzernzentrale mehr und keine Anwei sungen von oben. Dann rettet dich nichts mehr. Dann kannst du dich nur noch auf dich verlassen, dann starrst du den anderen nieder, wenn du den Mumm dazu hast, und wenn du ihn dann aus den Schuhen haust, dann hast du nicht nur einen auf dicke Hose ge macht, dann hast du dir und ihm etwas bewiesen. Darum mache ich das. Darum schlage ich anderen die Fresse ein und breche ihnen die Knochen, wenn es sein muss. Darum bin ich Hooligan! Volontärin: (an Cem) Und was ist mit dir? Cem: Ey, ich wünschte, ich hätte einen Job! Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Ich mach das zum Überleben, verstehst du, was ich meine? Wolf: (hat noch etwas vergessen und mischt sich erneut ein) Und das hier, dieser ganze Firlefanz, diese Trommeln und das ganze Geschiss hier! Das ist nichts als ein Witz. (abschätzig) Ritual! Pah, das ist Kindergeburtstag. Wir sind keine verdammten Sumo-Ringer. Wir haben keine Jahrtausende alte Tradition! Cem: Jetzt fang nicht damit wieder an! (Pause) Komm, wir woll ten kämpfen. Wolf: Richtig, genug gelabert! (zur Volontärin) Jetzt zeig ich dir, was für ein Gefühl das ist! Er steigt wieder auf den Tisch, Cem folgt ihm. Die beiden führen wieder das Ritual durch, aber schneller, die Taiko-Trommler geben wieder den Takt vor. Volontärin: (zur Blonden) Was machen die da? Die Blonde: Das ist ein Ritual, das sie vor jedem Kampf durch führen. Auch bei den Clan Wars gibt es das. 41 DIE HOOLIGA Wolf: Ich weiß, was du denkst. Ich finde es auch albern! Cem: Ey, halt die Fresse, das ist richtig so. Wolf: Scheiße! Cem: Wir müssen die Götter ehren! Wolf: Welche Götter ehren wir denn? Nenn mir einen! Du kennst doch nur Kebab! Cem: Pass auf, was du sagst! Wolf: Den Gott des Döners. Cem: Dafür mache ich dich platt! Wolf: (zur Volontärin) Eine kleine Wette? Wenn ich gewinne, gebe ich dir ein Interview, ganz privat, mit Homestory und allem! Wenn er verliert, nehme ich dich mit in mein Home und interviewe dich unter vier Augen. Dann machen wir unsere eigene kleine Story. Volontärin: Das hättest du wohl gerne! Wolf: Gib’s doch zu! Du stehst drauf. Volontärin: Das träumst du aber! Wolf: Ach komm, du willst doch so einen richtigen harten Ty pen. Ihr Villen-Tussis wollt doch die richtig harten Säuen, die euch so richtig hart rannehmen! Volontärin: Du hast zu viele Schläge an den Kopf abbekom men! Wie kommst du eigentlich auf Villen-Tussi? Da steckst du aber ganz tief im Klischee! Wolf: (gespielt gekränkt) Oh, Baby! Cem: Hör mit dem Gelaber, sonst liegst du gleich im Staub! Der Kampf beginnt wie zuvor mit den Waffen. Die Trommler geben wieder den Takt an. Das Tempo nimmt schnell zu. Wolf provoziert Cem, der sich dadurch aus der Ruhe bringen lässt. Die Volontärin knipst. Wolf gestikuliert zu den Trommlern, dass sie schneller schlagen sollen. Wolf: Was ist mit den Göttern, mein osmanischer Freund! Cem: Pass auf, was du sagst! Wolf: Gleich kommt Morpheus, der Gott der Träume über dich! 42 DIE HOOLIGA Cem: Halt die Fresse! Wolf: Na komm, einen Gott wirst du doch wohl kennen! Du frisst den immer. Ein Schokoriegel. Cem: Hör auf, ich warne dich! Ich bin nicht blöd! Wolf: Sagt doch keiner! Ich geb dir ’nen Tipp. Es ist nicht Snickers! Das Tempo der Trommeln wird schneller. Cem kann nicht mehr alle Schläge abwehren und muss einiges einstecken. Cem, das wird jetzt deutlich, ist klar unterlegen. Wolf: Nein, Bounty ist es auch nicht. Cem: Hör auf, Mann! Wolf bringt Cem zu Fall, schlägt ihm den Baseballschläger aus der Hand. Die Trommeln verstummen. Er thront über ihm mit schwingendem Nunchakko, droht zuzuschlagen und brüllt: Wolf: Der römische Gott des Krieges heißt ... Auftritt Buchhalter Buchhalter: (brüllt) Was zum Teufel ist hier los? Seid ihr wahnsinnig? (springt auf den Tisch und entreißt Wolf die Waffe) Wenn der Haudegen das sieht, dann ist hier die Hölle los! Und das auch noch vor den Augen von der da! (zeigt auf die Volontärin) Wolf: Reg dich mal nicht so auf, du Aktenordner! Cem: Genau, ist ja nichts passiert! Buchhalter: Wisst ihr eigentlich, in welch kritischer Phase wir sind? (mit Blick auf die Volontärin) Noch ist nichts ent schieden! Da können wir uns so einen Kinderkram nicht leisten! Cem: Ist ja nichts passiert! Wir haben nur gespielt. Buchhalter: Das ist kein Spiel. Hier geht es um verdammt viel. Nehmt das endlich zur Kenntnis und benehmt euch wie Erwachsene! Wolf: Halt mal den Ball flach! Du kleine Rechenmaschine hast uns überhaupt nichts zu sagen. Hast keine Ahnung, 43 DIE HOOLIGA weißt nichts, kannst nur deine Bleistifte anspitzen! Du bist ein kleines Würstchen! (geht auf den Buchhalter zu und droht) Von dir lasse ... Cem hält ihn zurück. Cem: Komm, bleib mal locker, ganz ruhig! Wolf: OK, OK. Ich mag es nicht, wenn so einer so mit mir redet! Buchhalter: Verdammt, ihr müsst euch zusammen reißen. Ihr habt noch nicht verstanden, dass mit Rechten auch Pflichten kommen, dass ihr jetzt Verantwortung habt! Die Dinge ändern sich zu euren Gunsten, aber ihr müsst euch auch ändern! Wenn ihr Stars werden wollt, dann verhaltet euch so! Wenn ihr groß werden wollt, dann hört mit den Kindereien auf! Cem: Ist ja schon gut, wir haben verstanden. Buchhalter: (in erster Linie zu Cem, denn Wolf hat sich abgewandt) Reißt euch zusammen. Gleich findet der Rat der Krieger statt. Ihr solltet euch darauf vorbereiten. Cem: Wir wollten nur was Dampf ablassen. Volontärin: Haben Sie was dagegen, wenn ich schon mal ein wenig rumtippe, ich glaube, ich habe schon eine Idee. Buchhalter: (skeptisch) Sicher. Wenn Sie meinen. Setzen Sie sich doch in den Aufenthaltsraum. (zeigt nach rechts) Volontärin: Vielen Dank! Wolf: (in Richtung Buchhalter) Wir sollten uns mal diese Tages ordnung näher ansehen. Nicht, dass ihr uns da über den Tisch zieht! Buchhalter: Niemand zieht euch über den Tisch. Wolf: Ich will mich davon lieber selbst überzeugen! (zu Cem und der Blondine) Kommt, Leute! Cem und Wolf packen ihre Sachen zusammen, gehen dann mit der Blonden links ab. Die Volontärin rechts ab. Sie hat ihr Notebook mit genommen, aber ihre Tasche bleibt nehmen dem Tisch stehen. Der Buchhalter setzt sich an den Tisch und breitet Akten aus. Vorhang. 44 DIE HOOLIGA Akt II,i Der Rat der Krieger Der Haudegen sitzt am Kopf des Konferenztisches und blättert in einigen Papieren. Der Buchhalter sitzt neben ihm und die zwei Tai ko-Trommler Spalier stehen neben den Trommeln. Buchhalter: Ich habe hier noch die Umsatzzahlen und die Spiel pläne. Haudegen: (sieht sie sich an) Sehr schön. Buchhalter: In sechs Wochen soll es wohl losgehen. Haudegen: Hat der Verband sich schon gemeldet? Buchhalter: Die rotieren da wohl alle im Moment. Haudegen: Was ist mit den Fernsehrechten? Buchhalter: Dazu haben sie nicht viel gesagt. Die Privaten sind grundsätzlich interessiert, aber auch vorsichtig. Die wollen abwarten, wie das alles aufgenommen wird. Haudegen: Die werden schon umschwenken, wenn sie sehen, wie groß der Andrang ist. Buchhalter: Ein paar Jugendsender haben wohl leise angefragt, aber auch die wollen erst abwarten. Haudegen: Die Zeit ist auf unserer Seite. Vielleicht ist es sogar besser, wenn Verträge erst später zum Abschluss kommen. Bis dahin steigen die Preise. Buchhalter: Es ist nur wichtig, dass jetzt nichts schief geht. Haudegen: Was meinst du? Buchhalter: Jetzt darf keiner aus der Reihe tanzen. Haudegen: Wieso? Wer tanzt aus der Reihe? Buchhalter: Ich habe kein gutes Gefühl. Haudegen: Fängt das schon wieder an? 45 DIE HOOLIGA Buchhalter: Sie macht die Jungs verrückt. Haudegen: Sieh es doch mal umgekehrt. Die machen sie ver rückt. Gut für uns! Eine handzahme, verknallte Reporterin ist noch einfacher rumzukriegen. Aber du hast Recht, wir sollten sie von den Kämpfern fern hal ten. Buchhalter: Meinst du, dass es Probleme geben wird, die Ver träge durchzubringen? Haudegen: Was für Probleme soll es geben? Buchhalter: Bist du sicher, dass du die Jungs auf deiner Seite hast? Haudegen: Die wollen die Liga genauso wie wir. Buchhalter: Der Kanake vielleicht, was ist mit dem Wolf? Haudegen: Der auch. Ich kenne den. Der ist wie ich damals. Der ist stolz und lässt sich nichts sagen, aber der will das alles genauso wie ich. Buchhalter: Was ist mit der Gewinnverteilung? Haudegen: Was soll damit sein? Die bekommen einen ziemli chen Batzen. Das geht alles zulasten des Clans. Da waren wir verdammt großzügig. Buchhalter: Hast du mit ihnen gesprochen und ihnen das er klärt? Haudegen: Was soll ich da groß reden? Das sind faire Be dingungen, das sehen die ein. Buchhalter: Ich weiß nicht. Haudegen: Nein, nein, da gibt’s nichts zu reden. Buchhalter: (zweifelnd) Na gut. Haudegen: Du hast keine Ahnung, wie es unter Kämpfern läuft. Wir sind hier aufrichtig. Die sind alle der Sache verpflichtet. Die wissen, dass der Clan wichtiger ist. Buchhalter: Deine Zuversicht möchte ich haben. Haudegen: Du hast keine Ahnung, du bist eben keiner von uns. 46 DIE HOOLIGA Buchhalter: Ich kenne mich aber mit Geld aus, und das wollen alle. Das ist stärker als dein Clan. Haudegen: Freund, ich schätze dich für dein Geschick im Ge schäftlichen, aber du hast keinen Schimmer von den Menschen. (schaut auf die Uhr) Oh, es ist Zeit. Wir soll ten anfangen! Er gibt den Trommlern ein Zeichen, die laut und rhythmisch zum Be ginn der Sitzung trommeln. Zwei Statisten kommen von einer Seite der Bühne und setzen sich neben die beiden an den Konferenztisch. Wolf und Cem kommen aus der anderen Richtung und setzen sich gegenüber. Die Trommeln verstummen. Haudegen: Im Namen Mars des Kriegsgottes eröffne ich den Rat der Krieger. Die Trommler schlagen einen dumpfen Trommelwirbel auf die schwe ren Trommeln, die um den Tisch Sitzenden schlagen rituell mit der Faust auf den Tisch. Während der einleitenden Worte zeigt Wolf durch sein Verhalten seine Langeweile. Haudegen: (feierlich) Heute haben wir uns in einem sensa tionellen Kampf durchgesetzt und den wohl verdienten und hart erarbeiteten Platz in der Liga gesichert. Dafür danke ich im Namen des Clans den stolzen Kämpfern unseres siegreichen Squads. Wir haben damit den größten Erfolg in unserer Geschichte errungen und stehen am Fuße neuer Gipfel und Tri umphe. Es war ein steiniger Weg von den wilden, un gezügelten Faustkämpfen auf den Parkplätzen von Fußballstadien, der Angst vor schweren Verletzungen, vor Geld- und Gefängnisstrafen hin zu kontrollierten, organisierten Clan Wars mit verlässlichen Regeln, Traditionen und neuen Aufgabenfeldern. Wir haben einen beschwerlichen Weg hinter uns, und nun stehen wir vor der ersten von hoffentlich zahlreichen Ernten. Lasst uns der vielen Kameraden gedenken, die sich im Namen der Bewegung geopfert haben, die von Justiz und Verletzungen zermalmt wurden, sich jedoch im 47 DIE HOOLIGA Kampf nie gebeugt haben. Ihnen gilt unser Dank und unsere Hochachtung. Die Trommler schlagen auf ihre Trommeln und dazu die Ratsteil nehmer mit der Faust auf den Tisch. Der Haudegen: Ich habe die Sitzung kurzfristig einberufen, und kurz möchte ich sie auch halten. Allen habe ich die Tagesordnung zukommen lassen, sodass wohl wenig Informationsbedarf besteht. Wir werden zu nächst über Diverses zu befinden haben, bevor schließlich der Beitritt zur Liga auf der Agenda steht, der laut Satzung einstimmig zuzustimmen ist. Gibt es bis hierhin Fragen oder Unstimmigkeiten? (kurze Pause) Ich rufe damit den ersten Tagesordnungspunkt auf. Die Verteilung von Sponsorenaufträgen. Es ist be antragt, dass die Produktion und der Vertrieb unserer Werbeartikel von der Firma PMG durchgeführt wird. Gibt es zu diesem Antrag Wortmeldungen? (alle blät tern in ihren Papieren, aber niemand regt sich) So stelle ich diesen Antrag zur Abstimmung. Wer stimmt diesem zu? (der Haudegen, der Buchhalter und die beiden Ratsmitglieder heben die Hand) Wer stimmt dagegen? (Wolf und Cem heben die Hand. Alle übrigen Ratsmitglie der sehen die beiden irritiert an, sagen aber nichts) So ist der Antrag bei zwei Gegenstimmen angenommen. Buchhalter: (zu Wolf) Was hast du dagegen? Wolf: Woher soll ich wissen, um was es da geht? Gibt es andere Angebote? Gibt es Alternativen? Was ist das für eine Firma? Haudegen: Das hat alles seine Richtigkeit. Wolf: Wie soll ich das beurteilen? Haudegen: Weil der Buchhalter und ich das alles überprüft haben. Wolf: Und wie soll ich das beurteilen? Haudegen: Weil du uns vertraust. Wolf: Tue ich das? 48 DIE HOOLIGA Haudegen: Du hast dich doch noch nie um die Geschäfte ge kümmert. Wolf: Bisher ging es auch um nichts. Haudegen: Als ich dich bat, dich in der Verwaltung zu enga gieren, da hast du mir gesagt, du willst kämpfen und mit dem Scheiß nichts zu tun haben. Wolf: Tja, dann ändert sich das jetzt. Haudegen: Damit jetzt in der Sitzung zu kommen, ist ein wenig spät. Wolf: Wann hätte es dir denn besser gepasst? Haudegen: Du hättest immer kommen können, aber hier jetzt so einen Aufstand zu machen, das ist deplaziert! Damit schweigt Wolf. Der Haudegen wartet auf eine Antwort, aber die kommt nicht. Das Ritual um die Abstimmung wiederholt sich. Der Wolf gebärdet sich dabei zunehmend unflätiger, sagt aber nichts. Der Haudegen versucht, die Ruhe zu bewahren und ignoriert ihn. Beim vierten Tagesordnungspunkt stimmt Wolf gar nicht mehr mit ab, sondern quittiert die Ergebnisse nur noch mit einem Nase rümpfen. Er wendet sich von dem Tisch ab und spielt mit einem Blei stift. Seine linke Hand spreizt er auf dem Tisch, mit dem Bleistift sticht er wie bei einer Mutprobe immer schneller zwischen die einzel nen Finger. Der Haudegen: Ich rufe den zweiten Tagesordnungspunkt auf zur Neuordnung der Satzung. Gibt es zu diesem An trag Wortmeldungen? (kurze Pause) So stelle ich diesen Antrag zur Abstimmung. Wer stimmt diesem zu? (der Haudegen, der Buchhalter und die beiden Ratsmitglieder heben die Hand) Wer stimmt dagegen? (Wolf und Cem heben die Hand). So ist der Antrag bei zwei Gegen stimmen angenommen. Ich rufe den dritten Tagesord nungspunkt auf. Es wurde ein Antrag zur Öffentlich keitsarbeit und zum Umgang mit der Presse gestellt. Gibt es hierzu Wortmeldungen? (kurze Pause) So stelle ich auch diesen Antrag zur Abstimmung. Wer stimmt diesem zu? (der Haudegen, der Buchhalter und die beiden Ratsmitglieder heben die Hand) Wer stimmt dagegen? 49 DIE HOOLIGA (Wolf und Cem heben die Hand) So ist der Antrag bei zwei Gegenstimmen angenommen. Ich rufe den vierten Tagesordnungspunkt auf zur Neuregelung der Geschäftsverteilung im Bereich des sozialen Engage ments und der damit zusammenhängenden Organisa tionen. Gibt es zu diesem Antrag Wortmeldungen? (kurze Pause) So stelle ich diesen Antrag zur Abstim mung. Wer stimmt diesem zu? (der Haudegen, der Buchhalter und die beiden Ratsmitglieder heben die Hand) Wer stimmt dagegen? (Wolf rührt sich nicht, Cem hebt die Hand, der Haudegen wartet irritiert) Gibt es Ent haltungen? (Pause, doch er hält sich zurück) So ist der Antrag angenommen. Cem: Ey, das ist doch alles Scheiße hier! Haudegen: Ich rufe den fünften Tagesordnungspunkt Neuver teilung der Einnahmen. Gibt es zu diesem Antrag Wortmeldungen? Cem schubst Wolf. Cem: Das ist unserer, dazu musst du was sagen: Cem schaut Wolf an, der rührt sich nicht. Cem: Jetzt tu doch endlich was. Das kann doch alles nicht sein! Wolf: Alter Mann, du hast den Laden hier voll unter Kontrolle, das beweist du uns eindrucksvoll! Aber wir sind nicht einverstanden mit der Verteilung der Gelder. Wir wollen einen größeren Anteil! Haudegen: Wir haben eine Sitzungsordnung und der gemäß wird darüber abgestimmt. Wolf: Du ziehst uns hier ab. Haudegen: Was? 20 Prozent aller Einnahmen ist ein mehr als fairer Deal. Wolf: Das finden wir nicht. Cem: Genau! Wolf: Wir halten immerhin unsere Knochen für euch hin. Ohne uns läuft hier gar nichts. Wir sind die Wölfe von Wölfe 50 DIE HOOLIGA im Blutsrausch. Ohne uns seid ihr allenfalls im Blut rausch, aber damit rauscht hier nichts, schon gar nicht in euren Geldsäcken. Deshalb wollen wir einen ange messenen Anteil. Buchhalter: 20 Prozent sind ein angemessener Anteil. Das ist üblich auch in den anderen Clans. Das ist der Stan dard. Immerhin gibt es eine riesige Verwaltung und schließlich das gesamte soziale Engagement. Das kos tet alles. Wolf: Was üblich ist, interessiert mich nicht. Und eure Verwaltung geht mir am Arsch vorbei. Wir sind ein Clan und keine Aktiengesellschaft. Buchhalter: Das ist nicht ganz richtig. Wir sind schon jetzt ein mittelständiges Unternehmen, und das braucht ein Management. Du magst kämpfen, aber ich kümmere mich darum, dass das Geld reinkommt. Ohne uns würdet ihr 100 Prozent von nichts bekommen. Da sind 20 Prozent von einer Menge eine ganze Menge. Wir sind alle aufeinander angewiesen. Haudegen: Schluss mit dieser Diskussion! Hier wird nicht gefeilscht! 20 Prozent soll es sein und Feierabend! Wir haben früher für nichts gekämpft, für die Ehre! Ja, im Gegenteil, weißt du, wie viele Geldstrafen, wie viel Schmerzensgeld ich zahlen musste? Es geht hier nicht um persönliche Bereicherung. Denk mal an das Jugendzentrum! Wolf: Interessiert mich gar nicht! Dein sozialer Fimmel ist mir scheißegal, das war deine Idee. Das hat alles nichts mehr mit einem Clan zu tun. Wir schlagen uns hier die Fresse blutig. Das tun wir! Wir sind nicht die Caritas! Dieser ganze Quatsch ist doch nur dazu da, deinen Egotrip zu befriedigen! Haudegen: Wenn du dich nicht immer nur um dich kümmern würdest, dann wüsstest du, wie vielen Menschen wir hier helfen. Frag mal Cem, woher seine beiden kleinen Brüder ihre Ausbildungsplätze haben. Frag mal seine 51 DIE HOOLIGA Freundin, woher die ihre Stelle im Friseursalon hat. Die hat sie nur, weil wir uns eingesetzt haben. Das ist dir alles egal? Wolf: Das ist mir in der Tat scheißegal! Ich bin nicht hier, um den Samariter zu spielen. Ich bin hier um zu kämpfen. Ich bin auch nicht hier, um Ares, Mars oder sonst wem zu huldigen. Ich bin auch nicht hier, um irgendwelche Rituale nachzubeten. Ihr verreckt doch an euren ganzen Traditionen! Merkst du nicht, wie lächerlich das alles ist? Haudegen: Ordnung, mein Freund! Ordnung und Disziplin! Nur so gewinnt man. Das gilt für den Kampf, und das gilt fürs Leben. Wir bringen den Leuten hier Ordnung bei und Disziplin. Wir geben ihnen Halt! Traditionen und Rituale geben Halt. So führt man ein Squad zum Sieg, und so führt man die Leute hier im Viertel zum Erfolg. Wolf: Ich bin der beste Kämpfer, den ihr je hattet, und weißt du warum? Weil ich auf Ordnung scheiße. Ich bin unbe rechenbar. Du weißt nicht, was ich als nächstes zu tun werde, weil ich so viel tun kann. Ihr seid durch schaubar. Und wenn du noch ein Kämpfer wärst, würdest du das auch wissen. Aber du bist keiner mehr, du bist ein alter Mann, der nicht weiß, wann sei ne Zeit abgelaufen ist. Haudegen: Ha! Meine Zeit beginnt gerade erst! Ich bin jetzt in der Blüte meines Lebens! Wolf: Du bist ein alter Mann ohne Zukunft. Siehst du nicht, wie wir an dir kratzen? Du sonnst dich in deinem Ruf, während deine Sargträger schon über dir stehen, und du wunderst dich noch, warum es so schattig ist. Haudegen: Pass auf, wir machen das hier ganz demokratisch. (in die Runde) Wer stimmt für den Antrag, wie er in der Tagesordnung festgeschrieben ist? 52 DIE HOOLIGA Wolf: Ach, wir brauchen das gar nicht abzustimmen. Es ist doch sowieso klar, was da rauskommt. Ihr habt euch das alles schön zurecht gelegt, um uns klein zu halten. Diese Lakaien, die du da um dich geschart hast, deine Sitzungsordnung, die nur dir hilft und den Status Quo aufrecht erhält. Die Händchen könnt ihr auch ohne mich heben. Du kannst dich an deinen Rat klammern und die Tagesordnung und die Satzung, die dir alle Macht gibt. Ich muss mir das nicht ansehen! (zu Cem) Komm, das war’s. Cem: Bist du sicher? Buchhalter: Ihr könnt nicht so einfach gehen. Wir haben noch nicht über den Beitritt befunden. Wolf: Wenn diese Liga so wird, wie ihr sie euch vorstellt, dann brauchen wir sie nicht. Haudegen: Dann verpisst euch doch! Cem: (zum Wolf) Weißt du, was du da tust? Wolf: Verdammt, komm jetzt! Wolf ab. Cem zögert, geht dann aber auch ab. Vorhang. 53 DIE HOOLIGA Akt II,ii Debriefing Der Haudegen und der Buchhalter am Konferenztisch. Haudegen: (äußerst emotional) Dieser verdammte Scheißkerl! Ich fasse das nicht. Solche Undankbarkeit! Von diesem Hosenscheißer! Was hat der schon geleistet? Dass der sich das Recht rausnimmt, so einen Aufstand zu ma chen. Unfassbar! Buchhalter: Jetzt beruhige dich mal. Haudegen: Ich mich beruhigen? Dieser kleine Scheißer macht hier einen auf dicke Hose und glaubt Forderungen aufstellen zu können. Und da soll ich mich beruhigen? So kann nur ein Buchhalter reden. Buchhalter: Mit deiner Verbohrtheit kommst du auch nicht weiter. Haudegen: Ich bin nicht verbohrt! Einer wie du kann das nicht verstehen. Dir geht’s nur ums Geld und diesen Müll. Buchhalter: Ich versuche, wenigstens eine Lösung zu finden. Wenn Geld für dich nur Müll ist, dann sollte es ja kein Problem sein, sich zu einigen. Haudegen: Es geht doch gar nicht ums Geld! Das ist mir voll kommen egal. Aber denen ist nichts heilig. Die haben keinen Stil, die haben keine Regeln, die haben keine Prinzipien. Die wollen wieder zurück in die Steinzeit, die wollen all das kaputt machen, was ich aufgebaut habe. Die wollen sich einfach nur wie die Tiere die Schädel einschlagen. Buchhalter: Genau so hast du auch angefangen. 54 DIE HOOLIGA Haudegen: Wir hatten immer Stil. Wir haben uns immer an einige Grundregeln gehalten. Ich habe mit denen nichts gemeinsam. Buchhalter: Die Sturheit. Die habt ihr gemein. Du brauchst die Jungen, um in die Liga zu kommen und sie brauchst dich, dass ihr drin bleibt. Haudegen: Ach, das Problem ist doch schnell beseitigt. Die schmeißen wir raus, dann ist das erledigt. Solche Querschläger können wir nicht brauchen. Buchhalter: Du kannst sie nicht rausschmeißen. Laut Satzung sind Ratsmitglieder nicht so einfach zu entfernen. Ich erinnere dich daran, dass du das extra hast rein schreiben lassen. Haudegen: Du bist so ein kleinmütiger Paragraphenreiter! Ich will diese Störenfriede nicht in unseren Reihen haben. Wenn ich die nicht haben will, dann bleiben die auch nicht! Buchhalter: Du kannst die nicht so einfach ausschließen. Ihr müsst euch einigen. Außerdem sind die zu wertvoll. Wir verdanken unsere Erfolge einzig den beiden, das restliche Squad ist allenfalls zweitklassig. Die beiden sind zu groß. Wir sind auf sie angewiesen, und die Fans lieben sie. Haudegen: Wir kommen auch ohne die aus. Wichtig ist nur der Clan. Wir haben genug Nachwuchs. Das sind Tiere, das sind Killermaschinen, denen kann man nicht trauen, die passen nicht in diese Liga. Die stehen nicht hinter unseren Idealen. Buchhalter: Finde dich damit ab, dass wir auf die angewiesen sind wie die auf uns. Haudegen: Wie kann man nur so rückgratlos sein? Auf welcher Seite stehst du eigentlich? Es geht hier um Stolz! Aber davon hast du keine Ahnung. 55 DIE HOOLIGA Buchhalter: Und bevor ihr alle nicht aufhört, anderen irgend welche Charaktereigenschaften abzusprechen, wird das nichts! Haudegen: Ich beuge mich jedenfalls nicht. Dafür steht zu viel auf dem Spiel. Buchhalter: Ihr müsst euch einigen. Es geht kein Weg daran vorbei, und zwar heute noch. Wir müssen die Sitzung neu einberufen und einen Kompromiss finden. Haudegen: Es bricht mir das Herz, mit diesen Typen zu verhandeln. Wir sollten das in der Arena klären. Er und ich. Mann gegen Mann. Buchhalter: Du hast doch keine Chance gegen den! Haudegen: Es gibt in den ganz alten Regelbüchern die Möglich keit eines Handicap-Matches. Buchhalter: Ihr müsst irgendwann lernen, diese Differenzen mit Worten zu klären und nicht immer nur mit Blut und gebrochenen Knochen. Haudegen: (besinnt sich) Du hast Recht. Du hast Recht. Aber es ist einfach schwer mit denen zu verhandeln. Buchhalter: Dann mache ich das. Ich versuche, eine Einigung zu erzielen. Haudegen: (nach einer kurzen Pause) Ich will diese Liga, und wenn es nur so geht, dann ist das wohl in Ordnung. Aber ich sage dir, es gibt noch andere Wege. Mach dir mal keine Sorgen. Ich kenne die Satzung, und es gibt Wege. Glaub mir, ich bin nicht so weit gekommen ohne ein paar Tricks zu kennen. Buchhalter: Mach keinen Unsinn. Haudegen: Lass mich einfach den Clan führen, und du führst die Bücher. Buchhalter: Du hast Recht, ich widme mich wieder meinen Bü chern. Wenn ihr das hier alles niederreißt, muss einer die Liquidierung abwickeln. Ich habe hier auf jeden Fall zu tun. Weißt du, eigentlich könnte mir das alles 56 DIE HOOLIGA egal sein, aber einer muss hier ja vernünftig sein. Ich rede mit Cem, der hat noch am meisten Verstand. Haudegen: Verstand würde ich dem nicht gerade unterstellen. Aber meinetwegen. Buchhalter: Gut, dann gebe ich mich sofort dran. Der Buchhalter ab Haudegen: Die sollen nicht meinen, sie hätten mich in der Hand, die sind schneller weg, als sie denken! Von diesen verdammten Hosenscheißern lasse ich mir nicht alles kaputt machen! (zieht ein Handy heraus und ruft jemanden an. Nach kurzer Pause) Ich bin’s. (Pause) Du musst mir helfen. Ich brauche was. (Kurze Pause) Was kannst du mir anbieten? (Kurze Pause) Ein paar Gramm. Ein Tütchen. (Kurze Pause) Ist egal was. Hauptsache was Hartes. (Kurze Pause) Frag nicht. (Pause) Frag nicht, verdammt! (Kurze Pause) Kannst du mir das besorgen? (Kurze Pause) So schnell wie möglich. (Kurze Pause) Wunderbar. Bis dann. (beendet das Telefonat) Der Haudegen ab Vorhang. 57 DIE HOOLIGA Akt II, iii Neue Hoffnungen Der Haudegen und die Volontärin Haudegen: Ich muss mich entschuldigen, ich habe Sie vernach lässigt. Volontärin: Das macht nichts. Ich habe ein wenig geschrieben. Ich finde es hier ganz interessant. Haudegen: Wie geht es denn voran? Volontärin: Ganz gut. Ich würde Ihnen ja schon mal was vor legen, aber ich bin noch nicht soweit. Haudegen. Sagen Sie einfach bescheid. Ich bin gespannt, wie Sie uns darstellen. Volontärin: Ich habe gehört, es gab Probleme? Haudegen: Hier sprechen sich die Dinge schnell rum. Im Moment geht alles drunter und drüber. Wir hatten ge rade einen kleinen Disput in einer Sitzung. Kleine Querelen. Das passiert überall, nichts Schlimmes. Volontärin: Worum ging es? Haudegen: Vordergründig ums Geld. Aber eigentlich geht es um Einfluss. Wissen Sie, wir haben uns über die Jahre weiter entwickelt. Jetzt stehen wir vor der Legalisierung. Das ist ein ziemlich großer Schritt in einer kurzen Zeit. Das weckt Begehrlichkeiten. Volontärin: Das ist wie in dem Film: Der Pate. Haudegen: Dieser Mafia Film? Volontärin: Da geht es um einen kleinen Verbrecher, der viel riskiert, Verbrechen begeht, ein Mafiaboss wird, in der zweiten Phase in legale Geschäfte investiert und in der 58 DIE HOOLIGA letzten versucht, sich von den illegalen Sachen kom plett zu verabschieden. Das machen Sie gerade. Haudegen: Schreiben Sie das nicht. Volontärin. Warum nicht, es stimmt doch. Haudegen: Ich weiß, was Sie meinen, aber schreiben Sie es nicht. Volontärin: Na gut, aber es war eine schöne Idee. Haudegen: Keine Vergleiche mit der Mafia. So waren wir nie. Volontärin: Na gut. Haudegen: Man muss keine Angst mehr vor uns haben. Wir sind keine Staatsfeinde. Volontärin: Aber so unschuldig sind Sie auch nicht. Haudegen: Was meinen Sie? Volontärin: Sie vergessen die Opfer. Was ist mit denen? Was ist mit denen, die verletzt werden? Haudegen: Welche Opfer? Es gibt keine Opfer. Wir kämpfen nur gegen unseresgleichen. Jeder ist freiwillig da und weiß, worauf er sich einlässt. Niemand kann sich beschweren, wenn er etwas abkriegt. Das gehört einfach dazu. Früher haben sich die Hooligans auch mit irgendwelchen unbeteiligten Fußballfans angelegt, aber das ist lange vorbei. Es gibt keine Opfer, weil je der weiß, worauf er sich einlässt. Wir lassen uns das sogar unterschreiben. Volontärin: Aha. Haudegen: Sie sind immer noch skeptisch? Volontärin: Ein wenig. Haudegen: Wir unterscheiden uns vom Boxen nur durch unser Image. Das macht uns zu schaffen. Dabei gibt es eine lange Kulturgeschichte des Kampfes. Denken Sie an die Gladiatoren! Das waren Helden im Alten Rom. Was wir tun ist reiner Sport, es wird nur leider nicht so wahrgenommen. 59 DIE HOOLIGA Volontärin: Nun gut. Haudegen: Es ist schwer, gegen alte Vorurteile anzukämpfen. Volontärin: So schlimm ist es nun auch wieder nicht, ich höre Ihnen offen und aufmerksam zu! Haudegen: So habe ich das auch nicht gemeint! Volontärin: Sie kriegen eine realistische Darstellung. Haudegen: Da bin ich ganz zuversichtlich. Wo war ich stehen geblieben? Ah, ja Feinde. Ich habe viele Leute kennen gelernt. Manche sind in den Knast gegangen, einige haben sich Verletzungen geholt und mussten aus steigen, andere haben Familien gegründet und sind gegangen, ich bin geblieben. Mittlerweile haben wir einen Kodex, aber es kommen eben auch immer wieder neue Leute hinzu, und die müssen die Regeln erst lernen. Volontärin: Sie meinen Wolf und Cem? Haudegen: Ich kenne die seit sie Kinder sind. Hier im Viertel kennt jeder jeden. Ich habe verfolgt, wie sie groß ge worden sind, ich erinnere mich noch, wie sie das erste Mal in den Clan kamen. Ich habe mit ihnen trainiert, und wenn die heute Stars sind, dann sind sie das nicht zuletzt auch wegen mir. Aber sie haben das vergessen. Sie haben keinen Respekt, sie verstehen nicht, worum es hier geht. All unsere Errungenschaften gelten ihnen nichts. Ich sage Ihnen, diese Jugend ist eine größere Gefahr für uns als alle anderen Clans, als die Polizei oder die Gerichte. Sie sind so gefährlich, weil sie drohen uns von innen zu zerfressen wie die Parasiten. Sie haben keine Achtung und keine Werte. Sie wollen sich einfach nur prügeln. (kurze Pause, der Haudegen besinnt sich) Aber schreiben Sie das nicht. Es ist keine große Sache. Wir können uns sicherlich einigen. Volontärin: Wissen Sie, woran mich das alles erinnert? Wir haben in der Schule King Lear gelesen. 60 DIE HOOLIGA Haudegen: Ist das nicht über den alten König, der sein Land an seine Töchter verschenkt? Volontärin: Ja, genau das. Haudegen: Ach, so weit bin ich noch nicht. Ich bin noch gut dabei und halte die Fäden in der Hand. Volontärin: Eigentlich geht es in dem Stück darum, dass ... Auftritt der Buchhalter mit einem Briefumschlag in der Hand. Buchhalter: Ein Kurier hat das hier abgegeben. Er meinte, es sei für dich persönlich und dringend. Haudegen: Ah, ja danke! Das ging ja schnell! Der Haudegen nimmt den Umschlag. Der Buchhalter ab. Der Hau degen öffnet den Umschlag, dass die Volontärin den Inhalt nicht se hen kann und entnimmt ein Tütchen mit weißem Pulver. Haudegen: (zu sich) Jetzt habe ich dich, du kleiner Drecksack! (zur Volontärin) Wo waren wir stehen geblieben? Volontärin: Bei King Lear. Haudegen: Ich gehöre noch nicht zum alten Eisen, keine Sorge! (steckt das Tütchen in die Jackentasche) Volontärin: Schon gut. Haudegen: Was macht Ihr Vater übrigens? Volontärin: Dem geht es ganz gut. Haudegen: Wissen Sie, ich habe früher mit ihm gekämpft. Ich kann Ihnen sagen, das war ein ziemlich harter Hund, das sieht man ihm heute nicht mehr an. Volontärin: Es ist schwer vorstellbar, dass der sich mal ge prügelt haben soll. Haudegen: Das kann man sich bei vielen von uns nicht vor stellen. Wir kommen aus allen Gesellschaftsschichten. Volontärin: Tja, der ist auch älter geworden, aber hart ist er immer noch, und streng. Man muss sich schon was einfallen lassen, um gegen ihn zu bestehen. Haudegen: Er meint es sicher nur gut! 61 DIE HOOLIGA Volontärin: Aber manchmal gehen einem die Weisheiten so richtig auf den Keks. Sie versuchen immer alles zu wissen, haben immer einen weisen Spruch parat! Haudegen: Hören Sie auf die Alten, die haben viel erlebt. (kurze Pause) Es tut mir leid, aber ich habe noch etwas anderes zu erledigen. Sie entschuldigen mich. Volontärin: Natürlich. Ich werde noch was schreiben. Der Haudegen ab. Die Volontärin öffnet ihr Notebook und tippt. 62 DIE HOOLIGA Akt II,iv Konfessionen Die Volontärin am Notebook. Der Wolf kommt hereingejoggt. Wolf: Ah, die kleine Nachwuchsreporterin. Volontärin: Und der große Hooligan-Star. Im Training? Wolf: Immer. Mens sana in corpore sano. Volontärin: Nett, aber du musst nicht klug scheißen, ich hatte auch Latein. Wolf: Weißt du, als Hooligan muss man immer mit Minderwertigkeitskomplexen kämpfen. Wir gelten als hirnlose Schläger. Ich nehme an, du wirst das Klischee auch bedienen. Volontärin: Ich dachte mehr so an die Wahrheit. Wolf: Sicher tust du das. Darf ich sehen? Volontärin: Ist noch nicht fertig. Wolf: Komm schon, ich bin neugierig. Was steht über mich drin? Er versucht über ihre Schulter auf das Notebook zu schauen, sie klappt es zu, steht auf und läuft mit dem Notebook weg. Es entspinnt sich eine neckische Jagd. Die Volontärin: Wie kommst du darauf, dass überhaupt was über dich drin steht? Wolf: Weil ich hier der Macker bin! Volontärin: Du hast vielleicht eine Macke! Wolf: (gespielt gekränkt) Oh, das war jetzt aber ganz übel! Volontärin: Passt doch zu dir! Wolf: Du kannst mir ohnehin nicht entwischen. Ich habe es schon mit flinkeren Typen aufgenommen. 63 DIE HOOLIGA Volontärin: Bescheiden bist du nicht gerade. Er verfolgt sie über den Tisch. Schließlich stellt er sie, ringt sie nieder und setzt sich auf sie. Volontärin: Finger weg! Wolf: Von dir oder dem Computer? Volontärin: Von beidem! Wolf: Entscheide dich! Volontärin: Den Artikel bekommst du jedenfalls nicht! Wolf: Dann nehme ich dich! Volontärin: Das werden wir ja sehen! Wolf: Ich wusste es doch. Ihr kleinen reichen Mädchen steht auf die harten Kerle! Volontäre: Jetzt greifst du aber selbst tief in die Klischee-Kiste. Bild dir mal nicht zuviel ein. Du bist eine große Num mer. Du hast sogar Fansites im Internet. Wolf: Was will man machen? Mir liegt nichts dran, aber ich nehme es mit. Dem Ruhm kann man nicht entgehen. Volontärin: Und dennoch hast du diese wichtige Sitzung eben platzen lassen. Wolf: Noch ist nichts entschieden. Volontärin: Wär aber ziemlich blöd oder nicht? Wolf: Wenn das nichts wird? Mir geht’s nicht um Geld. (das Gespräch ist ihm zu wichtig, um es durch Spielereien oder Flirten zu entwerten, daher steht er auf und spricht nun ernsthaft) Mir ist das zu viel Trallalla. Mich stören schon die Kameras, wie sie ranzoomen. Wenn du einen zusammenschlägst oder von einem zu sammengeschlagen wirst, dann ist das ein intimer Moment zwischen euch beiden. Das geht niemanden sonst etwas an. Weder dein Triumph noch dein Schmerz. Volontärin: Da könnten trotzdem Millionen für dich drin sein, sagt man. 64 DIE HOOLIGA Wolf: Ich brauche keins. Ich sehe jeden Tag scheißreiche Leute in der Bank. Die sind nicht glücklicher als ich. Die se hen genauso abgefuckt aus wie normale Typen. Ich sag dir, was Befriedigung ist. Letztens haben wir gegen einen Clan gekämpft, in dem der Second Hero Versi cherungsmakler ist. Einer von diesen widerlichen Ty pen, die hausieren gehen und einem Verträge andre hen, die keiner braucht, die Ommas verarschen und ausnehmen. Als ich mit dem fertig war, war sein Gesicht ein blutiger Klumpen Fleisch. Dagegen hat er keine Versicherung. Der wird für Monate niemandem einen Vertrag andrehen können! Volontärin: Das ist Befriedigung für dich? Wolf: Das ist der Kick. Diesmal habe ich ihn gekriegt, das nächste Mal kriegt er mich vielleicht. Ich weiß, wie es ist, wenn drei Typen dich in die Mangel nehmen, nur noch Schmerz in dein Hirn gepumpt wird und du dich danach wochenlang nicht mehr bewegen kannst. Aber was auch passiert, du bist immer selbst verant wortlich. Es gibt keine Versicherung. Die hat der Typ nicht parat. Er hat Versicherungen gegen alles, aber nicht gegen drei wilde Schläger, die dir die Scheiße ais dem Hirn prügeln. Ich will den ehrlichen Kampf. Volontärin: Aber den will doch auch der Haudegen. Wolf: Der will Schnickschnack und uns eine tausendjährige Tradition verordnen. Ich will nur Hooligan sein. Volontärin: Hooligan ist auch der Haudegen. Wolf: Der will den Clan zu einem Esoterikverein machen, zu einem anerkannten Sport. Aber es ist nun mal kein Sport. Es ist dreckig und unfair und hinterhältig. Volontärin: Dann tritt doch aus! Niemand zwingt dich, hier zu sein. Wolf: Ich bin hier groß geworden. Ich kenne nichts anderes. Ich habe hier meine Freunde, echte Freunde, auf die ich mich verlassen kann. Ich bin nicht irgendein Schläger. 65 DIE HOOLIGA Ich bin Hool, und ein Hool braucht einen Clan. Ich will hier bleiben, aber ich will kein Kasperltheater. (flirtet wieder) Also, was ist jetzt mit dem Artikel? Der oder du! Volontärin: Den kriegst du nicht. Wolf: Dann nehme ich dich! Er packt sie, wirft sie über die Schulter. Sie wehrt sich nur spo radisch. Das Notebook bleibt auf dem Boden liegen. Volontärin: Lass mich runter! Wolf: Du hattest deine Chance: Jetzt bekommst du von dem brutalen, bösen Schläger das, was du verdienst. Volontärin: Lass mich runter, verdammt! Wolf: Du gehörst mir! Volontärin: (gespielt) Du brutaler, böser Schläger, lass mich los! Wolf: Du hattest deine Chance! Wolf mit Volontärin nach links ab. 66 DIE HOOLIGA Akt II, v Allianzen Von rechts Cem und der Buchhalter Buchhalter: Was war das für ein Schauspiel da in der Sitzung? Cem: Ich weiß auch nicht, ich schwöre! Buchhalter: Ihr braucht diese Liga. Macht nicht alles kaputt! Cem: Ja klar. Ich brauche die auf jeden Fall. Buchhalter: Was ist mit Wolf? Dem scheint alles egal zu sein. Cem: Der tut nur so. Der Clan ist sein Ein und Alles. Der hat sonst nichts. Der lebt für den Kampf. Dem bricht das Herz, wenn das hier nichts wird. Buchhalter: Das wirkt aber nicht so. Cem: Doch Mann, glaub mir. Der lebt für den Clan. Ey, der ist einfach ausgeflippt. Ich weiß auch nicht, was das sollte! Wir müssen was tun. Buchhalter: Weißt du, von dieser ganzen Horde bist du mir noch der Sympathischste. Du machst das wegen des Geldes. Das kann ich wenigstens nachvollziehen. Ich bin mittlerweile auch nur noch wegen des Geldes hier. Aber diese beiden Leitwölfe, das sind Psychopathen. Die haben irgendwelche krausen Ideologien. So was ist gefährlich, ich sage es dir. Die spielen sich auf, wollen Anführer sein und benehmen sich wie die Kinder. Cem: Die hassen sich. Buchhalter: Erklär’s mir. Warum könnt ihr euch nicht wie Erwachsene benehmen? Cem: Das ist Ehre, Mann. Ehre! 67 DIE HOOLIGA Buchhalter: Irgendwelche Schäden in der Kindheit? Haben eure Eltern euch misshandelt? Wie wird man so? Cem: Das verstehst du nicht, das ist Männerehre! Buchhalter: Sind eure Schwänze wirklich so klein? Cem: Was? Buchhalter: Dass ihr euch so benehmen müsst? Cem: Hey, pass auf, was du sagst! Buchhalter: Ach, bist du mit deiner Sexualität etwa auch nicht im Reinen? Cem: Ich bin nicht schwul! Du bist gleich tot, Alter! Buchhalter: Macht, was ihr wollt. Ich würde es nur gerne ver stehen. (sieht Cem an) Nichts für ungut. Cem: Ey, wie redest du? Buchhalter: (lenkt ein) Schon gut, schon gut. Also, wir beide müssen das jetzt retten. Mir ist es egal, wie viel ihr oder der Haudegen bekommt, (leise) ich mache meinen Schnitt auch so, ihr Schwachsinnigen könnt ja alle nicht rechnen (laut), aber ich vertrete seine Inter essen eben. Rede du mit Wolf. Du musst den um stimmen. Der muss einlenken. Über die Prozente einigen wir uns irgendwie, aber du musst ihn dazu bringen, zuzustimmen. Klar? Ich mach das gleiche mit dem Haudegen. Cem: Kein Thema. So sehe ich das auch. Buchhalter: Jetzt liegt es an uns. Wenn diese Sturköpfe sich nicht einigen, dann müssen halt die kühlen Rechner das reißen. Cem: OK, Ich rede mit ihm, der hört auf mich. Buchhalter: Wollen wir hoffen. Cem: Du bist in Ordnung, Mann. Für einen Bürotypen bist du in Ordnung. Du musst nur aufpassen, was du sagst! Buchhalter: Dann wäre das ja geklärt. So, ich muss zum Hau degen. 68 DIE HOOLIGA Cem: Alles klar! Buchhalter: (sieht das Notebook auf dem Boden liegen, hebt es auf und legt es auf den Tisch) Weißt du eigentlich, wo diese Reporterin ist? Die soll hier nicht so frei rumlaufen. Cem: Keine Ahnung. Die interessiert mich nicht. Buchhalter: Ist auch egal. Rede mit Wolf. Cem: Alles klar, Mann, werde ich! Der Buchhalter nach rechts ab. 69 DIE HOOLIGA Akt II, vi Einnordung Cem. Die Blonde kommt von links. Die Blonde: (aufgeregt) Was sollte diese Scheiße? Cem: Ich weiß auch nicht. Die Blonde: Du weißt auch nicht, du weißt auch nicht! Cem: Ganz ruhig, Baby. Die Blonde: Lass das! Cem: Was hast du? Die Blonde: Sag mal, checkst du überhaupt nichts? Cem: Baby! Nicht in dem Ton! Die Blonde: In einem anderen verstehst du es nicht. Cem: Was soll ich denn tun? Der dreht total am Rad! Die Blonde: Ich habe dir immer gesagt, dass der einen an der Klatsche hat! Cem: Jetz reg dich ab! Die Blonde: Bist du vollkommen wahnsinnig? Cem: Nicht in dem Ton! Die Blonde: Dieser Idiot auf seinem Ego-Trip! Cem: Was soll ich denn machen? Die Blonde: Lass ihn fallen! Cem: Der ist mein Freund! Die Blonde: Der ist kein Freund, der spielt nur auf eigene Rech nung. Cem: Was soll ich denn machen? Die Blonde: Wenn es noch mal eine Abstimmung gibt, dann wirst du für die Liga stimmen. 70 DIE HOOLIGA Cem: Das kann ich nicht machen. Ich kann ihm nicht in den Rücken fallen. Die Blonde: Doch, das kannst du! Das ist keine Ehrensache oder irgend so ein Scheiß. Hier geht es um ganz viel Schotter! Und der benimmt sich wie ein tollwütiger Köter! Cem: Aber was denn? Die Blonde: Das nächste Mal stimmst du für die Liga! Cem: Ich kann doch nicht gegen ihn stimmen! Die Blonde: Und ich sag dir noch was! Wenn es sein muss, trommel ich die anderen Jungs zusammen, die werden ihm die Scheiße aus dem Hirn prügeln, wenn er nicht spurt. Cem: Bist du verrückt geworden? Die Blonde: Du solltest besser mal ruhig nachdenken. Was ist dir wichtiger? Cem: Red nicht so! Die Blonde: Du hast es in der Hand. Denk nach. Cem: Ich werde mit ihm reden. Die Blonde: Tu das! Aber wenn er nicht auf dich hört, dann denk an uns! Denk daran, dass wir hier raus wollen. Denk an die Autos und die Wohnung und den Luxus. Denk an uns! Das ist unsere Fahrkarte! Cem: Er wird auf mich hören! Die Blonde: Wenn er nicht auf dich hört, dann denk an uns. Cem: Er wird schon auf mich hören! Wir sind Brüder. Die Blonde: Ein Scheiß seid ihr! Cem: Sag so was nicht! Die Blonde: Ich sag dir, was ich tue. Ich werde jetzt mit dem Haudegen reden. Und du wirst mit Wolf reden! Cem: OK. Die Blonde: Denk nach! Verdammt! Denk nach! Dem ist alles egal! 71 DIE HOOLIGA Cem: OK. Die Blonde: Sag nicht OK, mach es einfach! Ach, was rede ich eigentlich? Ich kümmere mich selbst drum und rede mit den Alten. Die Blonde ab. 72 DIE HOOLIGA Akt II, vii Die Parabel von Sindbad und dem alten Mann Cem setzt sich an den Tisch. Von links kommt die Volontärin und richtet ihre Kleidung. Sie geht an ihre Tasche und kramt darin herum, nimmt dann ihr Notebook und geht nach rechts ab, ohne Cem zu be achten. Ihr ist es peinlich. Auftritt von links Wolf. Er macht seine Hose zu und lächelt triumphierend mit einer Macho-Geste. Cem: (sein Unmut verfliegt sehr schnell bim Anblick des Mädchens. Er ist offensichtlich beeindruckt vom Wolf) Hey, hey! Wolf: Public Relations, Öffentlichkeitsarbeit. Cem: War sehr offen, die Pflaume! Wolf: Einer muss sich ja opfern. Cem: Du bist so ein guter Mensch! Wolf: Selbstlos bis zur Kopulation. Cem: (versucht ernst zu werden) Hör mal, wir müssen reden! Das war scheiße eben. Wolf: Was? Cem: Ich habe mit dem Buchhalter gesprochen. Wolf: Was redest du, Mann? Cem: Der will sich mit uns einigen. Das ist ein kluger Mann, mit dem kann man verhandeln. Der ist nicht gegen uns. Wolf: Lass dich doch nicht einlullen! Das ist ein Vertreter, der labert dich voll und verdreht alles. Cem: Der ist OK! Wolf: Das ist ein Lakai. Eine Wurst! Es geht um den Haudegen. Der entscheidet. Diese Aktentasche hat nichts zu sagen. Lass dich nicht verarschen. 73 DIE HOOLIGA Cem: Wir müssen uns mit denen einigen! Wolf: Bleib mal locker! Cem: Das ist meine Fahrkarte hier raus. Ich kann mir das nicht durch die Lappen gehen lassen! Wolf: Wir dürfen uns nicht über den Tisch ziehen lassen! Cem: Kann dir doch alles egal sein. Was kümmerst du dich um die Kohle? Wolf: Wir dürfen uns nicht alles gefallen lassen. Cem: Was redest du da? Wolf: Wenn wir jetzt nachgeben, dann zerren die uns immer wieder am Nasenring durch die Arena! Cem: Ich verstehe dich nicht! Ist doch alles total egal. Wolf: Nein, das ist es ganz und gar nicht! Cem: Wir müssen da rein. Alles andere ist doch egal! Wolf: Wir müssen jetzt ein Signal setzen! Cem: Das kannst du doch auch, wenn wir drin sind! Ich versteh das alles nicht! Wolf: Du kannst denen alle nicht trauen. Cem: Der Buchhalter ist in Ordnung. Ich habe mit dem geredet. Wolf: Ich kenne Typen wie den. Ich bin selber einer von denen. Die ficken dich von vorne und von hinten! Falsche Schlangen sind das! Cem: Falsche Schlange, falsche Schlange! Du musst dich mal hören! Du hast keinen Respekt! Wolf: Vor solchen Typen kann ich keinen Respekt haben! Cem: Ohne den hätten wir nichts. Davor musst du Respekt haben! Wolf: Scheiße! Das ist ein alter Penner, der vielleicht mal früher was gerissen hat, aber jetzt sitzt er da und hält sich die Wampe. Der bringt es nicht mehr, der will nur noch die Geldsäcke zählen! Cem: Ich habe Achtung vor so was, und das solltest du auch. 74 DIE HOOLIGA Wolf: Achtung, Achtung, Achtung! Du bist ein armseliger kleiner Spinner! Cem: Pass auf, Mann! Wolf: Achtung! Willst du wissen, vor wem ich Achtung habe? Cem: Sag’s! Wolf: Ich habe Achtung vor jedem, der sich in den Ring traut. Ich habe Achtung vor jedem, der mir die Fresse po liert. Ich habe Achtung vor allen, die sich von mir die Fresse polieren lassen. Aber ich habe keine Achtung vor einem alten Sack, dessen Zeit abgelaufen ist und der jetzt nur noch darauf aus ist, dass sich nichts mehr ändert. Ich habe keine Achtung vor einem, der uns un ten halten will! Der sitzt da, hat sich die Regeln so ge macht, dass sie ihm passen und kontrolliert nun alles. Cem: So ist das nicht! Wolf: Ich erzähl dir mal ne Geschichte. Kennst du Sindbad den Seefahrer? Cem: Der mit den 40 Räubern! Wolf: Das ist Ali Baba. Sindbad ist so ein kleiner Packer. Cem: Ey stimmt. Gab’s da nicht eine Sendung im Fernsehen? Wolf: Genau der. Cem: Ja, genau der. Das war super! Im Orient und so! Wolf: Heimatgefühle? Cem: Was meinst du? Wolf: Wie auch immer. Da gibt es eine Geschichte um Sindbad und den alten Mann am Brunnen. Kennst du die? Cem: Erzähl! Wolf: Also Sindbad kommt an einen Brunnen und sieht da einen alten knochigen Mann, der fast nackt ist und ziemlich fertig aussieht. Der Alte bittet Sindbad ihn ein Stück zu tragen, und weil Sindbad ein netter Mensch ist, stimmt er zu und nimmt den Alten auf die Schultern. Komm, wir machen das mal. (Wolf springt 75 DIE HOOLIGA Cem auf die Schultern, bevor der weiß, wie ihm geschieht) Also trägt der ihn. Aber irgendwann wird der Alte zu schwer, und Sindbad will ihn loswerden, aber der Alte lässt sich nicht abschütteln. Cem: Der Wichser! Wolf: Wenn es dem nicht schnell genug geht, dann würgt er Sindbad mit seinen dürren Schenkeln. (Wolf würgt Cem, bis der nach Luft ringt und röchelt) Cem: Ey, hör auf! Wolf: Genau das sagt auch Sindbad. Aber so sehr er es ver sucht, der kann den Alten nicht abschütteln. Komm versuch’s, Dicker! Cem schüttelt sich, aber Wolf lässt sich nicht abwerfen. Er versucht einiges, hat aber keinen Erfolg. Schließlich rennt er mit dem Rücken gegen die Wand und quetscht Wolf kräftig ein. Aber der lässt nicht los, würgt nur noch weiter und schlägt auf Cem ein. Cem: Hör auf, Mann! Wolf: Siehst du, genau so! (erzählt weiter) Er befiehlt Sindbad, ihm was zu essen und zu trinken zu holen, und pisst und scheißt ihn total voll. Selbst wenn der Alte Sind bad ein wenig schlafen lässt, hängt er ihm immer am Hals. Sindbad ist wie ein Gefangener, der Sklave dieses knochigen alten Arsches! Cem: Ey, im Fernsehen hat nie einer auf Sindbad geschissen. Das ist ja krank, das ist ja pervers! Wolf: Ich erzähle dir die echte Sage. Du hättest mal ein Buch lesen sollen, anstatt dir das Hirn von der Glotze toasten zu lassen. Cem: Sei vorsichtig, was du sagst, ich bin nicht blöd! Wolf: Dann komm, versuch mich loszuwerden! Cem versucht vergeblich Wolf abzuschütteln. Cem: Ich schaff’s nicht. Also, wie ist Sindbad den Alten losge worden? 76 DIE HOOLIGA Wolf: Er hat ihn betrunken gemacht mit gegorenen Früchten, und als der Alte besoffen von Sindbads Schultern gefallen ist, da hat Sindbad ihn mit einem Stein er schlagen! Cem: Ey, das – Wolf springt von den Schultern Cems, holt den Baseballschläger her vor und schlägt damit recht heftig auf Cem ein. Wolf: Ja, ich weiß, das war auch nicht im Fernsehen! Warum er zähle ich dir wohl die Geschichte? Cem: Weil der Haudegen der knochige Alte ist und wir sind Sindbad? Wolf: Ganz genau. Diese ganze Falten-Mischpoke, hängt, würgt und gängelt uns und macht uns zu ihren Skla ven! Wir sind die besten Kämpfer, die es jemals gege ben hat. Wenn jemand Respekt verdient, dann sind wir das! Aber die hängen uns auf dem Buckel und saugen uns aus wie die Parasiten! Cem: Nein, so kannst das nicht sehen. Die tun auch viel für uns. Die leiten das hier alles. Die verdienen unseren Re spekt. Wenn du wie ich wärst, würdest du das ver stehen. Wolf: Wofür verdienen die unseren Respekt, Muselmann? Cem: Die haben Erfahrung. Die kennen das Leben, die haben das verdient. Das ist einfach so! Die Jungen haben Re spekt vor den Alten! Wolf: Du lässt dir von denen auch jede Scheiße einreden! Was ist das denn für eine Leistung? Alt werden kann jeder. Wir haben heute was geleistet. Wir haben zu zweit vier Typen platt gemacht. Dafür verdienen wir Re spekt. Der Haudegen, hängt hier rum, weil er draußen nichts mehr kriegt! Aber wir sind nicht hier, dem die verdammte Rente zu finanzieren. Das kann der sich abschminken! Cem: Hey, so einfach ist das nicht! 77 DIE HOOLIGA Wolf: Doch, es ist so einfach! Mann, denk doch mal nach! Wer hält hier seine Knochen hin? Wir! Wer riskiert sein Leben? Wir! Wer macht seine Gesundheit kaputt? Wir! Und was machen die? Die sitzen da auf ihren fetten Ärschen, kungeln und klüngeln und reiben sich die Hände und verkaufen uns. Denk mal drüber nach, Sindbad! Cem: (unsicher geworden) So ist das nicht! Wolf: Was passiert denn, wenn dir im nächsten Clan War einer in den Rücken springt und du wie ne Waschmaschine auf der Sackkarre im Rollstuhl rumgeschoben werden musst? Stehen die fetten Säcke dann hinter dir? Keine Chance! Die lassen dich fallen wie heiße Ware. Es gibt genug Beispiele dafür, auch bei uns. Cem: OK, vielleicht hast du damit Recht! Wolf: Nur! Und wir reißen uns für die den Arsch auf. Cem: Ja, das tun wir. Wolf: Also, dann nimm die nicht noch in Schutz. In dieser Frage gibt es kein Lavieren! Cem: Kein was? Wolf: Du musst dich entscheiden. Es gibt kein ‚Aber’, es gibt nur ein ‚Ja’ oder ‚Nein’. Auf welcher Seite stehst du? Cem: Auf deiner, Mann! Wolf: Komm her, Alter! Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann! (sie umarmen sich) Cem: Aber tu nichts, was das hier gefährden könnte. Ich brau che die Liga, verstehst du? Ich brauche die Liga. Ich brauche das Geld und die Hoffnung. Das ist mein Weg hier raus! Wolf: Ich brauche die doch auch! Du kannst mir vertrauen! Wir kriegen das hin! Cem: Das hast du heute schon mal gesagt. Wolf: Und jetzt wird es laufen. Cem: Wir wollen gleich noch mal verhandeln. 78 DIE HOOLIGA Wolf: Vertrau mir! Cem: Klar, Mann. Wenn meine Blonde sich mit denen einigen kann, dann stimm aber zu, ok? Wolf: Kein Thema, Bruder! Umarmen sich nochmals. Beide ab. Vorhang. 79 DIE HOOLIGA Akt III,i Neue Hoffnungen Auftritt der Haudegen, der Buchhalter, Cem und die Blonde Haudegen: Also? Buchhalter: Wir versuchen eine Einigung zu erzielen. Haudegen: Ich sehe Wolf nicht. Was ist mit dem? Cem: Der hat versprochen, sich jeder guten Lösung anzu schließen. Haudegen: Wer’s glaubt! Die Blonde: Wir wollen doch alle eine Lösung. Wir wollen alle die Liga. Dieses ganze Theater ist doch unsinnig. Haudegen: Es liegt nicht an mir. Mit mir kannst du ganz ver nünftig reden. Die Blonde: Na, das ist doch ein Wort. Buchhalter: Ich schlage vor, dass wir beiden (nickt zur Blonden) uns zusammen setzen und einen Kompromiss finden. Haudegen: Ihr beide? Buchhalter: Es ist besser, wenn das zwei neutrale Leute ma chen. Haudegen: Keine gute Idee! Buchhalter: Es geht doch nicht darum, irgendwas über deinen Kopf hinweg zu entscheiden, aber die Situation ist halt vertrackt, da ist es besser, wenn das von zwei Leuten ausgehandelt wird, die da nicht so involviert sind. Ich lass mich schon nicht übervorteilen. Haudegen: (widerwillig) Also gut, ich höre mir an, was ihr da macht, aber ich halte nicht viel davon. Buchhalter: Das ist vollkommen in Ordnung. 80 DIE HOOLIGA Die Blonde: Wir einigen uns bestimmt. Haudegen: (beiseite) Eine Frau und ein Buchhalter treffen hier die Entscheidung. So weit ist es schon gekommen. Cem und der Haudegen ab. Die Blonde und der Buchhalter setzen sich an den Tisch. Vorhang. 81 DIE HOOLIGA Akt III,ii Weibliche Intuition Die Blonde sitzt am Tisch und betrachtet einige Papiere. Die Volontä rin kommt herein. Volontärin: Hallo! Die Blonde: Was macht die Reportage? Volontärin: Geht so voran. Bin ganz zufrieden. Gibt’s was Neu es bei euren Problemchen? Die Blonde: Ich hoffe, dass sie das geregelt kriegen. Wir haben einen guten Kompromiss gefunden. Jetzt muss der Rat dem nur noch zustimmen. Volontärin: Hört sich ja spannend an. Die Blonde: (Pause) Wie ist dein erster Eindruck? Volontärin: Wovon? Die Blonde: Von all dem hier. Volontärin: Naja, ich komme so zurecht. Die Blonde: Das hier muss auf jemanden wie dich alles fremd wirken. Volontärin: Auf jemanden wie mich? Die Blonde: Du siehst nicht aus, als würdest du aus so `nem Ghetto kommen. Volontärin: Wie ihr? Die Blonde: (nach einer kurzen, aber kühlen Pause) Genau. Volontärin: Merkt man das? Aber du hast Recht. Ich kann mit all dem nicht viel anfangen. Die Blonde: Manchmal übertreiben die mit ihrem MachoScheiß. Die nehmen das hier alle ziemlich ernst. Aber so ist es eben. Ich habe mich damit abgefunden. Lass 82 DIE HOOLIGA dich nicht einschüchtern. Die meinen, sie müssten sich so benehmen, damit sie sich wie Männer fühlen. Volontärin: Ach, ich habe keine Angst. Die Blonde: Also mir war mulmig, als ich das hier kennen ge lernt habe. Ein Haufen Typen, die sich ständig prügeln und die Köpfe einschlagen. Volontärin: Du hast Recht, die wirken irgendwie gefährlich, aber das hat ja auch manchmal was. Die Blonde: Die machen ja auch noch andere Sachen, und die sind teilweise ganz in Ordnung. Volontärin: Meinst du? Das ist mir alles super suspekt. Meinen die das wirklich ernst? (kurze Pause, in der sie sich besinnt) Für mich hört sich das alles wie irgendein Sek tenkram an. Die machen ihre illegalen Sachen und ver stecken hinter so einem Pseudo-Engagement. Meinen die das wirklich ernst, oder ist das alles nur Verarsche? Die Blonde: Kann verstehen, dass das so wirkt. Aber da kommt viel bei rum. Volontärin: Wirklich? Die Blonde: Du verstehst das nicht. Wenn du hier in dem Viertel groß geworden wärst, wüsstest du, dass sich hier keiner um dich kümmert. Volontärin: Fängst du jetzt auch schon so an? Die Blonde: Das ist kein Scheiß! Volontärin: Ach! Die Blonde: Die meisten hier leben von den Almosen des Staa tes. Es gibt hier keine Jobs. Die Kids haben keine Schulabschlüsse, und wenn sie welche haben, bekom men sie keine Ausbildung. Wer hier lebt, der hat ver schissen. Es gibt hier nichts außer dem Clan. Der Clan gibt Hoffnung. Hier identifiziert man sich mit dem, weil der das einzige ist, das Erfolg hat. Die Leute hier lieben den Clan und im Gegenzug kümmert der sich 83 DIE HOOLIGA um die Leute. Ich nehme an, der Haudegen hat dir da von erzählt. Volontärin: Der Haudegen erzählt das gleiche wie du jetzt. Ihr scheint euch auf mich gut vorbereitet zu haben. Die Blonde: Dafür müssen wir uns nicht vorbereiten. Über schätz dich mal nicht, hier dreht sich nicht alles um dich. Volontärin: So habe ich das nicht gemeint. Die Blonde: Der Haudegen meint das alles sehr ernst. Volontärin: Hab ich gemerkt. Die Blonde: Mag sein, dass er dich geholt hat, um das Image des Clans zu verbessern und gute Presse zu bekom men. Aber der Grund ist eigentlich egal. Es hilft den Leuten, und das zählt. Das Viertel blüht wieder ein bisschen auf. Man hat wieder ein klein wenig Hoff nung. Der Clan hat die Dealer vertrieben und es gibt so was wie eine Nachbarschaftspolizei, die nachts durch die Straßen läuft und aufpasst. Als Frau bist du ein kleines Bisschen sicherer. Es ist nicht viel, aber man merkt, dass es besser wird. Volontärin: Das Viertel, das Viertel! Du erzählst mir, dass ein Verein von Schlägern dafür sorgt, dass in eurem Viertel die Gewalt abnimmt. Was ist das, eine Bürgermiliz? Eure Leute laufen hier Patrouille? Die Blonde: So ist es nicht! Volontärin: Ich verstehe euch nicht. Die Blonde: Das merke ich. Volontärin: Wenn ich ehrlich bin, bin ich froh darüber. Die Blonde: Für eine Journalistin ist das keine gute Einstellung. Volontärin: Mag sein, warte ab, wie der Artikel aussehen wird. Die Blonde: So wie du im Moment redest, werden wir nicht gut wegkommen. Volontärin: Das liegt nicht an mir, wie ihr wegkommt. Mach dir mal keine Sorgen um meine Einstellung zu euch. 84 DIE HOOLIGA Die Blonde: Das hier bedeutet vielen Leuten verdammt viel. Du solltest das nicht zu leicht nehmen. Du kannst hier viel zum Guten bewegen. Wenn diese Liga wirklich seriös wird, dann wird das Viertel davon unendlich profitieren. Volontärin: Wir werden sehen. Die Blonde: Das werden wird wohl. Volontärin: Aber sag mal, was ich mich frage: Wie ist das, wenn dein Freund sich den Schädel einschlagen lässt. Hast du da keine Angst? Die Blonde: Angst? Weißt du, wie es ist, stundenlang wie eine Bettlerin im Arbeitsamt zu sitzen und um Almosen zu winseln? Du kommst dir wie eine Ratte vor, wenn du da vor einem gelangweilten Beamten hockst, der dich für Abschaum hält, und du um Geld betteln musst. OK, mittlerweile habe ich einen Job, aber einen ziem lich miesen. Ich sollte dankbar sein, aber ich habe keine Lust, noch dreißig Jahre lang fettige Haare zu waschen, zu schneiden und zu fönen. Ich will hier raus! Volontärin: Was hat das damit zu tun? Die Blonde: Cem ist meine Fahrkarte nach draußen. Wenn du hier wohnst und nicht ein Genie bist wie Wolf, der in telligent genug war, einen Ausbildungsplatz zu be kommen, dann gibt es nur wenige Möglichkeiten. Die Typen machen krumme Dinger oder kämpfen, und die Frauen suchen sich einen Kämpfer oder kriegen Kinder, weil es dafür Geld gibt. So einfach ist das. Ich bin schon seit Jahren mit Cem zusammen, und ich passe auf ihn auf. Ich halte ihn von seinen Freunden fern, die ihn in ihre miesen Geschäfte ziehen und ab zocken wollen. Ich passe auf, dass er sauber bleibt, dass er keine Scheiße macht und nicht in die falschen Kreise kommt. Ich bin so was wie seine Managerin. Er ist nicht der Klügste, aber er ist ein guter Kerl. Durch ihn komme ich aus dem Dreck raus, und jetzt ist es 85 DIE HOOLIGA bald soweit. Natürlich habe ich eine Scheißangst um ihn, und nicht nur wegen der Knete. Ich liebe ihn. Ver stehst du das? Volontärin: Absolut. Die Blonde: Du hast keinen Schimmer. Er ist unser Ticket hier raus, aber das kann auch ganz schnell zuende sein. Wenn sie ihm die Knochen zertreten, dann ist es für ihn und für mich aus. Volontärin: Also ist er dein Goldesel. Die Blonde: Du hast keinen Schimmer. Volontärin: Woher willst du sicher sein, dass der dir nicht abhaut, wenn er es geschafft hat? Es gibt noch blonde re als dich. Die Blonde: Das weiß ich einfach, und red nicht so abfällig. Sei froh, dass sie sich gegenseitig die Fresse einschlagen. Wenn Leute wie ich sie nicht zurückhalten würden, kämen sie vielleicht auf die Idee, zu Leuten wie dir zu kommen und sich zu nehmen, was sie sonst nicht kriegen können. Volontärin: Dann bin ich wohl besser froh, dass Leute wie ihr sich zum Vergnügen von Leuten wie mir verprügeln, anstatt Leute wie mich auszuplündern. Die Blonde: Ich hoffe, dass dein Job dich mal etwas mehr Ach tung vor anderen lehren wird, sonst sehe ich schwarz für deine Karriere! Volontärin: Mach dir mal keine Sorgen um meine Karriere. Da habe ich alles im Griff. (kurze Pause, in der sich die Ge müter abkühlen) Aber lass mal gut sein. Sag mal, was ist denn der Wolf für einer? Die Blonde: (kurze Pause) Der ist gefährlich. Volontärin: Wieso? Die Blonde: Der nennt sich nicht ohne Grund den einsamen Wolf. Volontärin: Hat er eine Freundin? 86 DIE HOOLIGA Die Blonde: Der kümmert sich nur um sich. Der hat keine Freundin, den interessieren Frauen nicht. Volontärin: Da hatte ich einen anderen Eindruck. Die Blonde: (sieht sie an) Mach dir da keine Illusionen. Der ist ein Einzelgänger. Der kümmert sich nur um sich. Der nimmt sich, was er braucht, aber das war’s. Er hat Cem noch nie im Stich gelassen, aber ich habe immer ein mulmiges Gefühl, wenn die zusammen kämpfen. Volontärin: Na ja, wem kann man heutzutage noch trauen? Die Blonde: Wenn du hier groß geworden wärst, dann wüss test du, dass Freundschaft und Vertrauen das Wichtigste sind. Hier gibt es so viele, die ums Über leben kämpfen. Die sind bereit, dafür alles und jeden zu verraten. Da ist es wichtig, dass es Leute gibt, denen du vertrauen kannst. Vielleicht ist das in deiner Welt anders, aber hier musst du jeden Moment damit rechnen, abgezockt zu werden. Jemanden zu haben, auf den man sich verlassen kann, ist wichtiger als alles andere. Volontärin: Da habe ich ja noch ein paar geballte Lebensweis heiten gesammelt. Vielen Dank dafür! Die Blonde: Bleib mal ganz locker. Was ist mit dir los? Volontärin: Schon gut. Ich sammele heute von allen Seiten gute Ratschläge. (kurze Pause) So, ich muss noch was schreiben. Bald ist Redaktionsschluss. Die Blonde: (kühl) Viel Erfolg. Volontärin: Danke. Die Volontärin ab, die Blonde sieht ihr noch einen Augenblick hin terher, dann geht sie in die andere Richtung ab. Vorhang. 87 DIE HOOLIGA Akt III, iii Der zweite Versuch Die Taiko-Trommler kommen herein und trommeln langsam zum Beginn der Sitzung. Wolf und Cem kommen herein. Cem: (angespannt) Wie sieht’s aus? Wolf: Bleib locker! Cem: Bist du sicher? Wolf: Alles im grünen Bereich? Cem: Sicher? Wolf: Hörst du schlecht? Hast du wieder auf’m Döner gepennt? Cem: Das ist nicht witzig! Wolf: Pul dir mal das Pressfleisch aus den Ohren. Cem: Ey, das meine ich ernst! Jetzt kommt es drauf an! Wolf: Bleib ruhig, ich habe mit deiner Pflaume gesprochen. Cem: Und? Wolf: Ist alles ok. Wir machen das so, wie ihr euch das ausge dacht habt. Cem: (bleibt skeptisch) Bist du ganz sicher? Wolf: Sag mal, langsam nervt es! Cem: Ich habe immer zu dir gestanden, aber wenn du jetzt Scheiße baust! Wolf: Was dann? Cem: Mach es nicht! (kurze Pause) Mach es nicht! Wolf: Bleib locker, alles wird gut. Vertrau mir! Habe ich dich je enttäuscht? (kurze Pause, in der Cem skeptisch schweigt) Komm schon! Wir machen es, wie deine Alte sagt! Wolf zieht Cem mit sich, der sich ein wenig sträubt, dann aber ein lenkt. 88 DIE HOOLIGA Cem: Bruder! (sie umarmen sich, dann gehen sie gemeinsam an den Tisch und setzen sich) Haudegen, Buchhalter, zwei Ratsmitglieder kommen herein. Buchhalter: Was ist jetzt? Haudegen: Es bricht mir das Herz, wenn ich sehe, wie du verhandelt hast. Buchhalter: Es ging nicht anders! Haudegen: Ich weiß. Buchhalter: Also? Haudegen: (säuerlich) Ich stimme zu. Buchhalter: Na also! Das ist die richtige Entscheidung. Sie setzen sich ohne ein weiteres Wort, aber mit der Andeutung skep tischer Blicke auf die bekannten Plätze. Man spürt die Anspannung. Die Trommler beginnen zur Sitzung zu trommeln, werden aber sofort unterbrochen. Haudegen: Halt! (die Trommler stoppen) Ziehen wir das Prozede re nicht unnötig in die Länge. Wir wollen alle die Ent scheidung. Wolf: (nach einer kurzen Pause, in der er nachdenkt) Plötzlich kein Interesse mehr an deinen rituellen Voodoo-Trommeln? Cem: (aufbrausend) Scheiße Mann! Wolf: Bleib ruhig, ist schon ok! Haudegen: Wir sind erneut zusammengekommen, um über die ausstehenden Entscheidungen des Rates zu befinden, nachdem die erste Sitzung so unplanmäßig und ge schäftsordnungswidrig unterbrochen wurde. Ich rufe erneut den Punkt fünf der Tagesordnung auf, in dem es um die Verteilung der Einnahmen geht. Entgegen der Sitzungsordnung wird dieser Punkt neu beraten, obwohl hierzu bereits abgestimmt wurde. Ich über gebe hierzu dem Buchhalter das Wort, der einen neu en Vorschlag ausgearbeitet hat und diesen nun vor stellen möge. 89 DIE HOOLIGA Buchhalter: Ich danke dir. Also, die Blonde und ich haben einen Vorschlag zur Verteilung der Gewinne ausge arbeitet, dem wohl alle zustimmen können. Es ist ein sinnvoller Kompromiss, der allen gerecht wird. Dem nach werden die Einnahmen nun anders verteilt. Wir sind von einer starren Prozentzahl abgekommen und schlagen eine Mischbeteiligung vor. Ich habe das hier mal skizziert. (verteilt Papiere an die Konferenzteil nehmer, die die anderen Teilnehmer studieren) Demnach garantiert der Clan eine Mindestsumme pro Monat ähnlich eines Gehaltes, darüber hinaus operiert unser System auf der Basis einer prozentualen Gewinnbetei ligung. Das bedeutet, je erfolgreicher die Kämpfer sind, desto höher ist ihre Beteiligung. Sollte der Erfolg ausbleiben, können sie sich zumindest auf ein Grund gehalt verlassen. Wolf: (studiert das Papier) Warum sind die Einnahmen des Mer chandisings hier nicht berücksichtigt? Buchhalter: Die haben wir komplett rausgelassen, um damit die gemeinnützige Arbeit zu finanzieren. Diese Gelder sind quasi geblockt und gehen gar nicht in den Clan. Das ist notwendig, um die Finanzierung dieser Sparte gewährleisten zu können. Dafür partizipieren die Kämpfer überdurchschnittlich stark an den Ein nahmen im Bereich des Sponsorings, und hier erwarten wir enorme Einnahmen. Wir stellen uns vor, dass Sponsoren Partnerschaften oder Patenschaften übernehmen, und natürlich können alle Kämpfer sich private Sponsoren suchen, insofern die nicht mit den Interessen unserer eigenen kollidieren. Das verspricht gerade für die besten Kämpfer gewaltige Einnahme quellen. Du wirst also besonders profitieren. Das sollte dir gefallen. Wolf: Dafür bekommt ihr die Fernseheinnahmen. Ich nehme an, ihr vertretet die Administration, die hier so ein sackt. 90 DIE HOOLIGA Buchhalter: Das ist richtig, aber wir sacken nicht ein. Wolf: Wie viel durch Fernseheinnahmen reinkommt, steht hier nicht. Buchhalter: Natürlich ist das noch nicht ausgehandelt, denn die Liga existiert ja noch nicht. Wir erwarten aber keine großen Summen zu Beginn. Allenfalls kleine Sportsender werden sich am Anfang interessieren. Wir erhoffen uns aber in der Zukunft höhere Ab schlüsse. Doch das kann einige Jahre dauern. Haudegen: (nimmt den Buchhalter zur Seite) Du lässt dich doch nicht über den Tisch ziehen! Buchhalter: Keine Sorge, das ist alles durchgerechnet. Cem: Das hört sich doch gut an. Wolf: Ich weiß nicht. Das ist alles viel zu kompliziert. Die Rech nung vorher war einfacher. Diese Formeln durch schaut ja niemand. Mir ist das alles zu unsicher. Cem: Das hat die Blonde ausgehandelt. Die hat das alles durch gerechnet. Das ist schon in Ordnung so. Wolf: Na klasse! Die mag die Menge von einem Haarfärbe mittel berechnen können, aber das hier ist was anderes. Cem: Vorsicht! Buchhalter: Wenn du mal auf Seite zwei schaust, da habe ich das mal konkret, aber sehr konservativ, durchgerech net. Ich denke mit den Zahlen kann jeder leben. Cem: (blättert) Das kriegen wir? Hier, was da unten steht? Wahnsinn! Das ist ja großartig. Das kriegen wir? Scheiße! Buchhalter: Wie gesagt, das ist konservativ gerechnet. (zum Haudegen) Und wenn du mal siehst, wie viel für die gemeinnützige Arbeit bleibt, dann können damit alle Parteien leben. Von der Liga werden wir alle profi tieren. 91 DIE HOOLIGA Haudegen: Sagen wir so, ich kann damit leben. Wenn ich mir allerdings ansehe, was hier die Kämpfer absahnen, dann wird mir schon schwindelig. Aber ich beschwere mich nicht. Sollen sie ihren Anteil bekommen. Wolf: Mir ist das alles zu blauäugig. Diese Summen hier sind doch total willkürlich. Das ist alles einfach mal so angenommen und dahingeklatscht. So kann man keine Bilanz aufstellen. Das sind die Methoden von Bauernfängern. Cem: Ey, die Blonde hat das mit durchgerechnet. Wolf: Ich werde mich bei solch einer Entscheidung sicher nicht auf die buchhalterischen Skills einer Frisöse verlassen. Cem: Alter, mach keinen Scheiß hier! Ich brauche diese Liga. Wir alle brauchen die! Buchhalter: Unseren Berechnungen nach werdet ihr euch mit dem neuen System sehr viel besser stellen als mit dem anderen Vorschlag. Kurze Pause, in der alle in den Unterlagen blättern. Haudegen: (schließlich die Initiative ergreifend) Was soll das? Wenn die Liga läuft, schwimmen wir alle im Geld. Ich vertraue den Berechnungen! Ich stimme zu. (zu Wolf) Du willst hier nur quer schießen. Wolf: Alter Mann, solltest du dich da nicht raushalten? Du hast doch am wenigsten Ahnung von all dem. Selbst Cem hier peilt das besser als du! Haudegen: Spiel dich mal nicht so auf! Nur weil du ein kleiner Bankkaufmann bist, hast du keinen Grund, hier den Dicken zu machen! Cem: Ich warne dich! Stell dich nicht gegen uns! Wolf: Tut mir leid, dem kann ich nicht zustimmen. Ich rechne das alles durch und dann kann ich ein Urteil dazu abgeben, aber hier so im Vorbeigehen mit irgendwel chen Phantasiezahlen konfrontiert zu werden ... tut mir leid, keine Chance. 92 DIE HOOLIGA Cem: Ich warne dich! Haudegen: (aufbrausend, da seine Geduld erschöpft ist) Jetzt ist Schluss mit dem Gequatsche. Wir brauchen heute eine Entscheidung und nicht in Tagen oder Wochen oder wann auch immer es dem feinen Herrn beliebt! Ich durchschaue dich. Mir kannst du nichts vormachen. Wir klären das hier und jetzt. Heute fällt die Entschei dung. Wenn es nicht am Tisch geht, dann in der Are na. Ich fordere dich heraus. Wolf: Du mich? Haudegen: Ich dich! Wolf: Zu was? Alter Mann, ich zerbreche dich! Haudegen: Zu einem Handicap-Match. Wolf: Handicap-Match? Haudegen: Genau! Wolf: Jetzt wird es so richtig mittelalterlich! Aber wenn es hilft, dir das Maul zu stopfen, stimme ich zu! Buchhalter: Jetzt bleibt doch mal locker und fangt nicht schon wieder damit an. Wir können das auch in Ruhe klären. Wolf: Halt die Fresse, du Hemdchen. Klären wir das in der Are na. Haudegen: Dann sind wir uns da ja einig. Wolf: Alles oder nichts! Wer verliert, verlässt den Clan! Haudegen: Werd mal nicht übermütig. Ich wäre ein Idiot, so viel einzusetzen. Es geht nur um diese Sache hier. Wir kämpfen um die Gewinnverteilung. Wolf: Du bist so ein Narr. Es ist vollkommen egal, um was wir kämpfen. Wenn ich gewinne, hast du deine Credibility verloren, dann sind deine Tage gezählt. Dann nimmt dich keiner mehr für voll. Deine Niederlage besiegelt dein Ende! Buchhalter: Er hat Recht. Lass dich nicht darauf ein! Dein Ein satz ist doch viel größer als seiner! 93 DIE HOOLIGA Wolf: Wenn ich verliere, gehe ich. Dann siehst du mich nie mehr wieder. Wenn die Liga wirklich kommt, dann finde ich einen anderen Clan. Deine edlen Prinzipien kannst du in die Tonne kloppen, sobald es um Geld geht. Dein Viertel ist dann nichts mehr! Die Zeiten ändern sich, nur du peilst das nicht! Haudegen: Ich sorge dafür, dass du nie wieder kämpfst. Nie wieder. Pass auf deine Knochen auf, mein Sohn, pass auf deine Knochen auf! Wolf: Streng dich an! Dann kannst du deinen Club der Senioren ganz ungestört leiten. Buchhalter: Lass dich nicht drauf ein! Es geht hier nicht nur um dich und ihn. Es geht um alles! Wolf: Was bist du plötzlich so besorgt? Was hast du gegen ein wenig frischen Wind? Haudegen: Selbst wenn ich verlieren würde, hätte ich immer noch ein As im Ärmel. (steht auf, zieht hinter dem Rücken das Tütchen mit den Drogen hervor und geht zum Wolf, legt ihn den Arm um die Schulter) Wenn ich dich in den Boden stampfe, wird mein Sieg umso süßer und eindrucksvoller. Dann wird für lange Zeit keiner mehr meine Autorität anzweifeln. (steckt Wolf unbemerkt das Tütchen in die Jackentasche) Ich bin nicht auf einen Sieg im Kampf angewiesen. Um diesen Clan zu leiten braucht man einen klugen Kopf. Die Zeiten haben sich geändert. Hier geht es um Management. Wolf: Was faselst du? Alter Mann, du hast den Touch verloren. Du weißt nicht mehr, was abgeht. Deshalb dieses ganze Kasperltheater. Aber ich bin großzügig und führe dich zurück auf den Weg der Erkenntnis. Haudegen: Ach! Wolf: Ich prügele die Weisheit in dich rein! Haudegen: Genug gequatscht. Kämpfen wir es endlich aus. Ein für alle Mal. 94 DIE HOOLIGA Akt III, iv Die Büchse der Pandora Die Vorigen. Die Trommler trommeln einen langsamen Rhythmus. Die Blonde kommt hinzu. Die Blonde: Was ist hier los? Cem: Halt’s Maul! Jetzt wird’s ernst! Die Blonde: Erklär’s mir! Cem: Die kämpfen es jetzt aus! Die Blonde: Also doch wieder Kindergarten. Cem: Du verstehst das nicht! Wolf steigt auf den Tisch. Cem holt eine schwere Kette und befestigt sie am Fuß Wolfs. Dann nimmt er eine Schlinge, legt sie um Wolfs rechten Arm und bindet ihm diesen auf den Rücken, indem er das Seil um dessen Taille wickelt. Somit kann Wolf nur mit einem Arm und einem Bein angreifen und abwehren. Derweil hat der Haudegen sein Hemd ausgezogen und macht sich warm. Schließlich betritt auch er die Arena und stellt sich Wolf gegenüber. Der Buchhalter nimmt alle Unterlagen vom Tisch. Buchhalter: Seid ihr bereit? Haudegen: Ich bin bereit und bitte um die Gunst des Gottes Mars. Wolf: Das ist das letzte Mal, das hier so ein Scheiß veranstaltet wird. Das aus I,iv bereits bekannte vorbereitende Ritual des Kampfes wird wiederholt. Beide sind konzentriert. Dann beginnt der Kampf, der durch die Taiko-Trommeln kontrolliert wird. Beide sind vorsichtig, lauern und greifen zunächst nur sporadisch an. Mit der Zeit wird der Kampf lebhafter und brutaler. Dadurch dass der Wolf in seiner Bewe gung eingeschränkt ist, verläuft der Kampf ausgeglichen. Beide müssen einstecken, teilen aber auch aus. Der Kampf wird verbissen 95 DIE HOOLIGA geführt und beide Kämpfer legen eine animalische Entschlossenheit an den Tag. Im Verlauf gewinnt Wolf langsam die Oberhand. Der Hau degen gerät wegen seiner Konditionsprobleme immer mehr in die Hinterhand. Da er sich der Reichweite des angeketteten Wolfs entzie hen kann, ist er in der Lage, diesen Nachteil etwas auszugleichen. Während er wieder angreift: Auftritt der Volontärin. Die Volontärin: (betont naiv, aber vollkommen verändert, nunmehr ist sie kalt und berechnend) Hallo zusammen! Störe ich? Wolf ist irritiert, dreht sich um und bekommt einen Fausthieb ab und einen schmerzhaften Tritt in den Magen. Die Trommler stoppen. Der Kampf wird unterbrochen. Volontärin: Kloppt ihr euch schon wieder? Buchhalter: Hier findet ein Kampf statt, das sind Interna, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Volontärin: Ach, mit Interna ist das immer so eine Sache, nicht wahr? Manches ist nicht so geheim, wie man das ger ne hätte. Sie geht zu ihrer Tasche, die immer noch am Tisch lehnt und zieht ein Aufnahmegerät heraus. Haudegen: (überrascht) Was soll das? Volontärin: Sagt mal, was habt ihr denn von meiner Darbie tung gehalten? Ich dachte mir, gegenüber dem Hau degen und dem Buchhalter spiele ich die naive, etwas hilflose kleine Abiturientin, die auf die Hilfe der gestandenen Männer angewiesen ist. Gegenüber den Jungs hier habe ich so ein wenig auf Kumpel gemacht und mich nageln lassen. Ich glaube die Blonde hat so ein bisschen Lunte gerochen. Daran muss ich wohl noch arbeiten. Haudegen: (aufgebracht) Was zum Teufel soll das hier? Volontärin: Dass hier so viel dreckige Wäsche gewaschen wird, das hätte ich beim besten Willen nicht gedacht. Ihr habt es mir wirklich zu einfach gemacht. Glaubt mir, ich habe ja keine große Ahnung, aber wenn ihr wüss tet, was ich heute alles gehört habe, ihr würdet euch 96 DIE HOOLIGA gegenseitig an die Gurgel gehen. Naja, ihr seid ja schon dabei, wie ich sehe. Cem: Was erzählst du hier? Die Blonde: Das Flittchen spielt falsch. Volontärin: Ich habe einfach keine Lust zu machen, was mein Vater für mich vorgesehen hat. Vielleicht sollte ich Schauspielerin werden? Das hat mir Spaß gemacht heute, und ich glaube, ich habe auch ein wenig Talent. Was meint ihr? Haudegen: Schluss mit dem Gelaber. Was willst du? Volontärin: Also, (sie blickt zum Haudegen) ich mache euch ein Angebot, das ihr nicht ausschlagen könnt. Ich habe alles, was in diesem Raum gesagt wurde, aufgenom men und daraus einen netten Artikel fabriziert. Fotos habe ich auch. Da steht nichts als die Wahrheit drin, aber eben nicht unbedingt das, was ihr hören wollt. Ich weiß von all euren Intrigen und Lügen, von den Hinterziehungen, von den Gewaltexzessen und sogar den Drogen. Es ist ein netter Artikel geworden. Cem: Was für Drogen? Hier nimmt keiner Drogen! Volontärin: Warte doch ab! Haudegen: Du willst uns erpressen. Volontärin: Das war meine Absicht. Ich hatte mir gedacht, dass ihr mir ein kleines Taschengeld gebt, dafür bekommt ihr den Artikel. Billiger natürlich wäre es auf, die Zeitung zu warten, aber vielleicht ist euch das nicht so recht. Haudegen: Was immer das für ein Dreck ist, den du da ge schrieben hast, dein Vater wird das niemals drucken. Volontärin: Oh, ich habe den nicht meinem Vater angeboten, sondern der Abendzeitung. Die drucken das heute noch, in die Online-Ausgabe kommt es auch. Ihr müsstet euch bald entscheiden. Es ist bald Redaktions schluss. 97 DIE HOOLIGA Buchhalter: Wie viel willst du? Haudegen: Bist du wahnsinnig? Wir lassen uns von so einer kleinen Schlampe nicht erpressen. Was kann die schon wissen? Buchhalter: Weißt du, was die anrichten kann? Wir haben doch wohl genug Erfahrung mit diesen Lügen und Verdre hungen. Volontärin: Ach, ich habe eigentlich nicht viel hinzugedichtet. Ihr habt es mir einfacher gemacht, als ich gehofft hatte. Ich hätte mehr von euch erwartet. Haudegen: (schäumt vor Wut) Ich mach dich fertig! Damit kom mst du nicht durch! Buchhalter: Ganz ruhig. Wir müssen jetzt besonnen bleiben. Volontärin: Das würde ich euch auch raten. Ich könnte mir vor stellen, dass das alles nicht so gut kommt, wenn man erfährt, was hier abgeht. Soll die Entscheidung nicht in wenigen Minuten fallen, ob eure Liga nun legal wird? Haudegen: Wir verhandeln auf keinen Fall! Buchhalter: (zum Wolf) Was sagst du? Wolf: Die blufft. Dazu ist die nicht in der Lage. Wir behalten sie einfach hier, bis alles unter Dach und Fach ist. Wolf befreit sich von seiner Fesselung und spielt damit drohend. Cem: So machen wir das! Die Blonde: Das wird nicht klappen. Die ist durchtrieben. Volontärin: Wird es auch nicht. Den Artikel hat schon ein Strohmann, der wird ihn dem Ressortleiter verkaufen, wenn ich den nicht zurückpfeife. Wolf. Bluff. Volontärin: Wollt ihr es darauf ankommen lassen? Buchhalter: Das ist zu riskant. Sag schon, wie viel? Volontärin: Nun, ich habe mich erkundigt, wie viel ihr derzeit in euren Kassen habt. Sehr viel ist das nicht, aber ich würde mich damit zufrieden geben, und es ist nichts 98 DIE HOOLIGA im Vergleich mit dem, was euch prognostiziert wird. Im Gegenzug bekommt ihr von mir ganz umsonst einen Artikel, der euch im besten Licht darstellt. Ich finde, das ist ein gutes Geschäft, und davon redet ihr doch die ganze Zeit, dass das hier alles ein Geschäft sei. Dann lasst uns doch jetzt Geschäfte machen. Haudegen: Siehst du hier irgendwo Geldsäcke liegen, die wir verteilen könnten? Hier gibt’s nichts zu holen. Wir lassen uns nicht erpressen. Volontärin: Nun, wenn der Artikel so rausgeht dann ist die ganze Liga Geschichte, und es gibt überhaupt nichts mehr. So richtig klug ist das nicht, was ihr hier gerade macht. Haudegen: Das ist eine Frage der Prinzipien. Woher wissen wir denn, dass du nicht nächste Woche wieder hier auf der Matte stehst? Volontärin: Du weißt es nicht, aber wenn die Liga beschlossen ist, wen interessieren dann noch solche Sachen? Du siehst, es macht Sinn, hier einzulenken. Buchhalter: (zum Haudegen) Wir haben keine Wahl. Haudegen: Du armselige Krämerseele! So einfach gebe ich nicht auf. Die wird ihren Artikel nicht abliefern. Volontärin: Glaubt mir, ich würde lieber mit euch das Geschäft machen, denn da ist weit mehr drin, als würde ich den Artikel verhökern. Denkt doch auch an diesen ganzen sozialen Kram, den ihr hier habt. Soll das alles un tergehen wegen eurer Sturheit? Zeigt doch einmal, dass ihr nicht einfach nur Tiere seid, die sich gegensei tig zerfleischen. Wolf: Dieses kleine Miststück verarscht uns doch nur! Haudegen: Hier wird nicht verhandelt. Buchhalter: Seht es doch ein! 99 DIE HOOLIGA Haudegen: Ich habe nicht das erste Mal mit Erpressern zu tun. Die kommen immer wieder. Mit denen macht man keine Geschäfte. Der Haudegen, Cem und Wolf haben sie eingekreist und kommen be drohlich näher. Wolf: Du kleines Miststück! Volontärin: Ich warne euch! Haudegen: Du warnst uns? Wolf: Du lässt dich hier mit Kräften ein, die du nicht kon trollieren kannst! Das Lämmchen sollte nicht die Wöl fe herausfordern! Volontärin: Ihr schaufelt euer eigenes Grab. Haudegen: (zu Cem und Wolf) Los! Der Haudegen, Cem und Wolf packen die Volontärin. Volontärin: (gerät in Panik und muss erkennen, dass ihr Plan nicht aufgegangen ist) Lasst mich los! Lasst mich los, ihr Tie re! Die Blonde: Hört mit dem Scheiß auf! Volontärin: (zur Blonden) Hilf mir! Wolf: Du bist hier nicht unter Freunden! Buchhalter: Lasst das, mein Gott, denkt doch mal nach! Haudegen: Halts Maul, du hast doch überhaupt keinen Plan! Buchhalter: Mein Gott, denkt nach! Haudegen: Genug geredet! Wolf: Packt sie! Sie schubsen das Mädchen hin und her. Sie schreit um Hilfe. Schließ lich legen der Haudegen und Wolf ihr die Kette um den Hals und verschließen sie mit einem Schloss. Sie zerrt daran wie ein verängs tigtes Tier. Volontärin: (hysterisch) Das werdet ihr bereuen! Fasst mich an, und ihr habt auch noch meinen Vater auf dem Hals. Der wird euch so richtig fertig machen! Der ist zu mächtig für euch! Fasst mich nicht an! 100 DIE HOOLIGA Wolf: Jetzt ist der Papa doch wieder gut genug? Haudegen: Glaub mir, wenn hier einer was bereut, dann bist du das. Volontärin: (schreit) Nein! Nein! Buchhalter, Cem, Wolf, Blonde, Ratsmitglieder, Taiko-Trommler ab. Die Volontärin zerrt an der Kette. Der Haudegen betrachtet sie. Sie fängt an zu weinen. 101 DIE HOOLIGA Akt III, v Klarstellung Der Haudegen und die Volontärin. Volontärin: Das werden Sie bereuen! Der Haudegen setzt sich schweren Schrittes an den Tisch und denkt nach, während die Volontärin immer wieder versucht, mit ihm zu sprechen. Er reagiert nicht. Volontärin: Hey! Sprechen Sie mit mir. (Pause) Hallo? (Pause) Ich warne Sie, lassen Sie mich gehen! (Pause) Mein Vater wird Ihnen das Leben zur Hölle machen! (Pause) Hallo! (Pause) Hallo! (Pause) Sie werden das bereuen! Haudegen: (sehr ruhig antwortet er mehr zu sich als zu ihr) Vielleicht werde ich das, aber wenn ich das tue, dann werde ich Spaß haben an dem Gedanken, dass du das alles noch viel, viel mehr bereust. Volontärin: Was Sie machen, ist dumm! Einfach nur dumm! Haudegen: Das mag sein, aber in meiner Welt handelt man nicht nach solch rationalen Gesichtspunkten. Für dich mag das alles ein Geschäft sein, für mich gelten nur Prinzipien. Ich hätte dich bezahlen sollen, ich hätte mich vor dir demütigen lassen sollen, aber das kann ich nicht. Diese ganzen Schachzüge hier, dieses ganze Geschacher, das ist nichts für mich. Ich habe heute viel einstecken müssen, ich habe über die Jahre viel einste cken müssen, irgendwann ist Schluss. Du hast die Grenze überschritten, du musst jetzt dafür büßen. Ich habe mir lange genug von diesen Pickelbubis, diesen Hosenscheißern Unverschämtheiten gefallen lassen müssen. Von so einer verzogenen Villen-Göre lasse ich mir das ganz bestimmt nicht bieten. Du bist zur 102 DIE HOOLIGA falschen Zeit am falschen Ort. Geschäfte, Geschäfte. Nur darum geht es hier. Vielleicht ist dein Geschäfts modell das bessere. Du hast uns in der Hand. Aber ich werde dir heute eine Lektion erteilen. Der Theorie nach hast du Recht, aber in der Praxis sieht das ganz anders aus. Es gibt Leute, die denken in anderen Kate gorien, und an so einen bist du geraten. Vielleicht hast du die Sache begriffen und ich nicht. Vielleicht weißt du, wie es heute so läuft. Vielleicht hast du mir eine Lektion erteilt, vielleicht habe ich gelernt, dass ich die Liga nicht will, wenn sie schon so anfängt. Ich hatte et was Nobles und Edles im Sinn. Etwas Wichtiges. Du siehst darin, ihr alle seht darin, nur eine Kuh zum Melken. Dann fresse ich sie lieber. Es wird mir ein Vergnügen sein zu sehen, wie du dich irrst und wie du winselst. (Pause) Wir sind nicht alle korrupt. Ich mag brutal sein, man mag mir viel vorwerfen, aber ich bin nicht korrupt! Du meinst, dir würde die Welt ge hören, du könntest dir alles nehmen, weil du jung bist. Ich zeige dir, dass du dir die Zähne ausbeißen wirst an mir. Volontärin: Lassen Sie mich laufen! Sie sind ja verrückt! Haudegen: Du hast noch nicht verstanden, wie das Leben läuft. Volontärin: Lassen Sie mich laufen! Haudegen: Du hast es nicht verstanden. Volontärin: Sie sind wahnsinnig! Haudegen: Mit Wahnsinnigen sollte man sich nicht anlegen. Der Haudegen steht auf und geht ab. Die Volontärin: (schreit) Hilfe! Hilfe! Vorhang. 103 DIE HOOLIGA Akt III, vi Scherbenhaufen und Rückzahlung Die Volontärin mit der Kette um den Hals kauert an einem Ende des Tisches. Sie hat sich etwas beruhigt. Wolf kommt herein mit der Abendzeitung. Er schaltet das Radio ein und setzt sich stumm an das andere Ende des Tisches. Stimme des Casters (aus dem Radio): Schreckliche Nachrichten, schreckliche Nachrichten. Gerade hat der Sportbund verkündet, dass er Hools nicht als Sportart anerkennen wird. Damit sind alle Pläne, eine Liga einzuführen gestorben. Es ist bitter, sehr bitter. Es ist bitter bitter! Wie ist es dazu gekommen? Wie konnte das ge schehen? Heute morgen sah es doch noch so gut aus! Ich erinnere an den fulminanten, an den extraordi nären, an den atemberaubenden Sieg von WiB und de ren Qualifikation für die Liga. Wir kamen in den Genuss von Heldenleistungen, ja ich möchte sagen: Superheldenleistungen! Und nun ist alles vorbei. Alles zerstört. Eine Reportage in der Abendzeitung hat alles vernichtet und einen Tsunami der Zerstörung hin terlassen. Dieser widerliche Artikel stellt WiB, einen der ehrenhaftesten Clans, als eine windige, eklige, schreckliche, fiese, fuckige Verbrecherorganisation dar. Die Nachrichten überschlagen sich, die Telegraphen leitungen glühen. Die Staatsanwaltschaft soll ange kündigt haben, Ermittlungen aufzunehmen. Da sind sie aber mal ganz flott. Auch andere Clans geraten ins Schusslicht. Die Pressemitteilungen überschwemmen uns gerade. Das hat niemand erwartet. Das hat nie mand kommen sehen. Das ist wohl das Ende der Liga. Es ist grausam. Es ist schrecklich. Was ist jetzt noch zu tun? Mir fehlen die Worte. Ich verliere die Fassung. 104 DIE HOOLIGA Wir werden weiter in der eisigen Welt des Un tergrunds, in der kalten Ödnis der Illegalität unser Da sein fristen. Es wird lange dauern, bis wir uns davon erholt haben. Tja, vereinte Hools. Kündigt die Mietver träge eurer neu bezogenen Villen, stoppt die Umzugs wagen, verkauft die Picassos, kommt zurück an die brennenden Tonnen eurer Ghettos. Aus! Aus! Aus! Der Traum ist aus. Es wird keine seidenen Verbände geben und keine goldenen Stahlkappen. Oh, es ist eine Schande, eine schreckliche, scheußliche Schande! Wolf schaltet das Radio ab. Wolf: (liest aus der Zeitung) Wölfe im Blutrausch sind nichts als Wölfe im Schafspelz. Wie weit sind wir gekommen, wenn brutale Schlägereien als Sport kaschiert werden? (trocken) Sehr treffend geschrieben. Sehr treffend. (liest weiter) Drogen, Intrigen, interne Schlägereien. Darf so was legal sein? Und was ist mit dem sozialen Engagement? Alles er stunken und erlogen. WiB ist eine sektenartige Vereini gung, die die Polizei verachtet und eine eigene Miliz auf baut, die durch die Straßen streunt und Bürger einschüch tert. Asoziale, Verbrecher, Schläger, organisiertes Verbre chen. Du haust ja ganz schön auf die Kacke! Hätte ich dir nicht zugetraut, Respekt, Respekt! Volontärin: Wann lasst ihr mich gehen? Wolf: Der Haudegen ist noch nicht durch mit dir. Volontärin: Habt ihr euch wieder versöhnt? Wolf: Halt’s Maul. Volontärin: Im Angesicht der Katastrophe die Gemeinsamkei ten entdeckt? Dann hat das ja alles was Gutes. Wolf: Ich habe mit ihm nicht geredet, aber was auch immer er mit dir macht, je schlimmer es ist, desto mehr findet es meine Zustimmung. Volontärin: Versuchst du mir Angst zu machen? Wolf: Das muss ich nicht. Du hast dich mit Kräften angelegt, die du nicht kontrollieren kannst. Aber das wirst du 105 DIE HOOLIGA bald ja selbst erfahren. (kurze Pause) Erklär mir nur eins. Was haben wir dir getan? Wie kommst du dar auf, uns so heimzusuchen wie ein Schwarm Heuschre cken? Wir haben dir nichts getan. Volontärin: Du solltest froh sein. Du mochtest das alles doch ohnehin nicht. Jetzt kannst du es aufbauen, wie es dir gefällt. Du hast doch genauso gegen alles geschossen wie ich. Was ist bei dir anders? Sag’s mir. Wolf: Bist du wirklich so naiv? Aber red dich nicht raus. Was haben wir dir getan? Volontärin: Ich habe einfach die Chance gesehen und am Schopf gepackt. Als mein Vater mir den Auftrag gege ben hat, da habe ich erkannt, dass das der Weg ist hier rauszukommen. Wolf: Geld ist es also? Volontärin: Das ist dir zu trivial? Du kannst auch sagen, dass ich gegen meinen Vater revoltiere. So ähnlich wie du. Tröstet dich das? Wolf: Ich revoltiere hier nicht und der Haudegen ist nicht mein Vater. Volontärin: Du hast diese ganze Scheiße doch angefangen! Hät tet ihr euch geeinigt, hätte ich keine Story gehabt. Wolf: Das ist doch Bullshit. Volontärin: Was jetzt in Trümmern liegt, habt ihr selbst zu verantworten. Ich habe das ein wenig beschleunigt, mehr nicht. Wolf: Red dich nicht raus! Volontärin: Tu ich nicht. Früher oder später hättet ihr euch alles selbst zerfleischt. Ihr seid doch alle zerfressen von Hass und benehmt euch wie die Kinder. Ihr hattet doch gar nicht das Zeug dazu, hier was Seriöses auf zubauen. Ihr seid Schläger und Asoziale, egal wie ihr euch seht und was ihr erzählt. Ihr bekommt genau 106 DIE HOOLIGA das, was ihr verdient. Ich erspare euch lediglich viele langsame Qualen. Wolf: Dir werden wir die nicht ersparen. Auftritt Haudegen Wolf: Da kommt der Chef. Jetzt ist Payback Time. Ich muss mir das nicht ansehen. (zum Haudegen) Viel Vergnügen. Haudegen: Werde ich haben. Ach, eine Sache noch. Hast du den Buchhalter gesehen? Wolf: Nein. Haudegen: Der ist verschwunden. Wolf: Ich habe dem nie getraut. Wolf ab. Der Haudegen setzt sich an den Tisch, ohne ein Wort zu sagen. Die Volontärin wird nervös. Haudegen: Ich habe gerade einen Anruf von unserem Hauptsp onsor erhalten. Er fragt mich, ob das wahr ist, was er da gelesen hat. Volontärin: Haben Sie ja gesagt? Haudegen: Er hat alle Verträge gekündigt. Andere werden sich anschließen. Die wollen keine schlechte Publicity. Ge rade war ein Sprecher des Sportbundes im Fernsehen. Er hat dementiert, dass sie auch nur darüber nachden ken, uns als Sportart anzuerkennen. (Pause) Das war es. (Pause) Ich habe viel durchgemacht in all den Jah ren. Wir haben viele Rückschläge kassiert, aber so kurz vor dem Ziel noch niedergestreckt zu werden ... Volontärin: Was regen Sie sich auf? Ich habe Ihnen einen Vor schlag gemacht, Sie wollten es so. In dem Artikel steht nichts drin, was nicht der Wahrheit entspräche. Ich habe es vielleicht ein wenig aufgemotzt, aber es ist vollkommen sinnlos, mir die Schuld zu geben. Haudegen: Du hast alles gravierend verfälscht. Volontärin: Ich habe geschrieben, was ich gesehen habe. Sie können doch nicht ernsthaft eine Journalistin einladen 107 DIE HOOLIGA und glauben, dass die es so schreibt, wie Sie es sich vorstellen. Haudegen: Du solltest dich zurückhalten mit Belehrungen über Moral und Ethik. Volontärin: Da geben wir uns wohl beide nichts. Haudegen: Ich hätte nicht gedacht, dass du uns so arglistig hin tergehst. Volontärin: Wissen Sie, ich habe den Paten auch gesehen, und wissen Sie, wie der dritte Teil endet? Michael Cor leones Tochter wird in einer wilden Mordszene er schossen, weil er es einfach nicht schafft, rauszukom men. Er wird immer wieder von den anderen Mafiosi daran gehindert auszusteigen. Haudegen: Was hat das damit zu tun? Volontärin: Sie glauben, dass ich alles zerstört habe, aber Sie sind einfach nur ein verblendeter, alter Mann, der es nicht mehr unter Kontrolle hat. Früher oder später hättet ihr euch selbst zerfleischt mit eurer Sturheit. Haudegen: (lange Pause) Ich habe Jahrzehnte gebraucht, das alles aufzubauen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viel Arbeit und Mühe das war, und da kommst du einfach so her, hast noch nie etwas geschaffen und zer störst hier alles mit einem Handstreich. Volontärin: Was habt ihr denn aufgebaut? Ihr seid doch immer noch nichts anderes als Gauner und Schläger. (sie zerrt an der Kette) Das hier zeigt doch alles! Ihr seid immer noch Machos und Schläger, es hat sich nichts ge ändert. Haudegen: Du solltest den Mund nicht zu voll nehmen. Volontärin: Also, wann lasst ihr mich endlich gehen. Es ist vor bei. Haudegen: Du glaubst doch nicht, dass du hier so rausmar schierst! 108 DIE HOOLIGA Volontärin: Sie können mir nichts. Es ist alles längst öffentlich. Wenn Sie mir ein Haar krümmen, sind Sie dran. Ich warne Sie. Haudegen: (kurze Pause, in der er sich besinnt, dann spricht er kalt und drohend) Mein ganzes Leben habe ich dem hier ge opfert. Ich habe mich demütigen und beleidigen lassen, war im Knast, habe mir die Gesundheit ruiniert. Ich habe hart gearbeitet, um hier zu stehen. Ich habe keine Familie außer dieser. All das hast du zerstört. Wenn man jung ist, glaubt man, immer alles neu beginnen zu können. Aber meine Zeit ist rum. Ich wollte nur die paar Früchte genießen, die mir zu stehen. Das hast du mir kaputt gemacht. (Pause) Du schreibst, dass wir hier brutale, skrupellose Schläger sind. Du schreibst, dass unsere Welt eine dünne Krus te ist, die zerreißt unter dem winzigsten Druck und dann die wahre widerliche Fratze offenbart. Wenn du glaubst, was du da geschrieben hast, würde ich mir an deiner Stelle arge Sorgen machen. Jetzt wirst du die widerliche Fratze zu sehen bekommen, die sich vor dir auftut, Kindchen. Du hast uns fertig gemacht. Jetzt re vanchiere ich mich. Ich werde im Knast enden, aber du endest hier und jetzt! Er geht auf sie zu. Vorhang. 109
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