digital 16 17 digital INNOVATIONSMANAGEMENT Geistesblitze in fester Struktur Augmented Reality in Oberfranken © Anke Jacob © Matthias Hoch © Lichtgut/Max Kovalenko Wenn Verlage Produktideen, Geschäftsfelder oder Prozesse entwickeln, überlassen das die wenigsten dem Zufall Zukunftsmacher (v. l. o. n. r. u.): Tobias Köhler (SWMH), Marco Olavarria (Kirchner + Robrecht), Michael Krechting (NOZ), Martin Wilbers (MGO) L Man hat das Gefühl, jetzt sprießen sie aus dem Boden. Mal heißen sie „Innovationsmanager“ oder „Chief Innovation Officer“, mal „Leiter der strategischen Innovationen“. So wie ExPiratenpartei-Funktionär Christopher Lauer, mit dessen Verpflichtung Axel Springer kürzlich einen Coup landete. „Ich sollte zuerst Business Development Manager heißen“, sagt Tobias Köhler, 42, von der Südwestdeutschen Medienholding. „So stand das zunächst in der Stellenausschreibung.“ Am Ende wurde er zu seiner Erleichterung „Leiter Strategie & Innovation“ – weniger großspurig und daher mit größeren Chancen, bei den Kollegen Prozesse anzustoßen. 16 kressreport 10.15 vom 29. Mai 2015 Auf sie ist er angewiesen. 7.000 Mitarbeiter können mindestens 7.000 potenzielle Ideen bedeuten. Seit April ist Köhler, bislang Online-Ressortchef der „Stuttgarter Zeitung“, für den Strategieund Innovationsbereich beim SWMHKonzern verantwortlich. Im Duett mit Isabell Schuch soll er die gesamte Mediengruppe von Thüringen über den Schwarzwald bis nach München zur „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“) dabei unterstützen, innovative Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Eine spannende Aufgabe, bei der er sich, trotz digitaler Expertise, als „Rookie“ – also wie ein Anfänger – fühlt. Gleich am Anfang ist er jedenfalls schon mal gescheitert: „Ich wollte meinen Kindern meinen neuen Job erklären. Weil mir das offensichtlich nicht so richtig gelang, haben die einfach gefragt: ,Papa, bist du jetzt Erfinder?‘“ Im Prinzip trifft es das: Auf der ganzen Welt sind Medienhäuser damit beschäftigt, ihr Innovationspotenzial, das früher eher beiläufig oder als „Unternehmensentwicklung“ im Hintergrund wirkte, in feste Strukturen zu bringen und über eigens installierte Beauftragte und deren Teams nutz- und messbar zu machen. Medienmanager, die einen solchen Weg beschreiten, üben ihre vielleicht vornehmste Aufgabe aus: Sie kümmern sich um die Zukunft des Unternehmens. Sie identifizieren Bereiche, in denen Technologien, Strukturen und tägliche Praxis besser kombiniert, optimiert oder sogar neu erfunden werden können, um die Unternehmensziele zu erreichen. Oder sie beauftragen andere damit. Wettbewerb, wegbrechende Erlöse und neue Technologien machen die selbst verordnete Kreativität in vielen Verlagen zur Chance. Innovationsmanagement ersetze zunehmend „das Prinzip Zufall durch strategiegeleitete und systematisch steuerbare Prozesse“, schreibt Marco Olavarria, 47, von der Beratungsfirma Kirchner + Robrecht in seinem Executive Paper zum Thema „Innovationsmanagement und Innovationsstrategie für Verlage“. Vorbild sind Branchen, in denen der vorausschauende Blick auf neue Geschäftsmodelle und Prozesslösungen schon länger selbstverständlich ist, etwa im Maschinenbau mit seinem hohen Innovationsdruck und kurzen Lebenszyklen von Produkten. „Bei den TopInnovatoren Deutschlands beschäftigen sich Management und Marketing intensiv mit Innovationen; sie arbeiten (...) systematisch, bereichs- und unterneh- mensübergreifend“, heißt es bei Olavarria. Ergebnis: Oft entfielen rund 30 % des Umsatzes auf Produkte, die nicht älter als drei Jahre sind. Nun können Verlage ihr wichtigstes Produkt – journalistische Inhalte – nicht komplett neu erfinden. Daher gelten für sie besondere Regeln, und sie müssen noch mehr als andere Branchen bekannte und neue Elemente kombinieren, um ein zukunftsfähiges Angebot zu schaffen. Innovation bedeutet laut Olavarria ohnehin mehr als die Entwicklung neuer Produkte; sie schlage sich in Arbeitsabläufen, Synergien von Systemen, neuen Geschäftsmodellen und Technologien nieder. Und schließlich organisatorisch in einer wandelbaren Struktur und Kultur der Innovation in den teils traditionsschweren Häusern. „Es gibt viele gute Ideen“, sagt Tobias Köhler. „Aber die müssen aufs Gleis gebracht und oft über Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinweg organisiert werden. Und dann innerhalb kurzer, akzeptabler Zeit auf den Markt kommen.“ Das zu steuern und zu koordinieren ist seine Aufgabe; Ideenlieferanten qualifiziertes Feedback zu geben. In wie vielen Unternehmen ist es vorgekommen, dass sich Mitarbeiter mit einem Impuls aus der Deckung wagen und danach – „Mach doch mal!“ – ein Zusatzprojekt mitschleppen, aus dem nie etwas wird. „Innovation bindet Kräfte“ „10 x 10“-Gastroführer für Stuttgart Gerade in den Medien mit ihrem Tagesgeschäft und der Ruhelosigkeit durch fortlaufende Online-Produktion haben die meisten Mitarbeiter andere Sorgen, als sich ums Change-Management zu kümmern. „Innovation bindet Kräfte“, weiß Köhler. „Viele Unternehmen tun sich schwer, die entsprechenden Freiräume zu schaffen.“ Zurzeit führen er Schnelle, schnörkellose News im Schwabenland und die Kollegin in der gesamten Mediengruppe Gespräche: „Wir stellen uns vor und wollen herausfinden, welche Anforderungen und Bedürfnisse es für unsere Arbeit gibt. Am Ende wollen wir niemand sein, der etwas diktiert, sondern werden eher als Dienstleister wahrgenommen, die Strukturen schaffen und Wertschätzung vermitteln.“ Eines der ersten konkreten Ergebnisse des neuen Innovations-Teams, noch in der Zeit davor initiiert, ist der gemeinsame Gastroführer „10 x 10“ von „Stuttgarter Nachrichten“ und „Stuttgarter Zeitung“, ein Beispiel dafür, dass noch immer nicht jede Innovation digital sein muss. Oder die Apple-Watch-Version der Nachrichten-App „s-vibe“. Die meisten Innovationen in Verlagen entstehen heute logischerweise im Digitalgeschäft. „Es ist kurzlebiger als Print, das eher dazu neigt, alles perfekt vorzubereiten“, sagt Experte Olavarria. Doch auch dort haben große Verlagshäuser seit der Jahrtausendwende viel ausprobiert, was sich heute besichtigen lässt: Die „SZ“ hat eine neue Wochenend-Ausgabe, „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“ haben eine Wirtschafts- und eine Kinderzeitung. Andere Verlage investierten in fremde Geschäftsfelder, etwa Postzusteller oder andere Unternehmen, was sich nicht selten als Fehlgriff erwies. „Das Management von Innovationen stellt gänzlich andere Anforderungen als das Management des laufenden Geschäfts und erfordert dementsprechend einen spezifischen Werkzeugkasten“, so Olavarria. Alltagsentscheidungen in Unternehmen basierten zu 95 % auf Wissen und zu 5 % aus unbekannten Faktoren. Beim Betreten neuer Pfade kann man sich hingegen oft nur auf 5 % Wissen verlassen – der Rest, 95 %, sind Annahmen. „Mein Büro ist vollgeklebt mit großen, weißen Plakaten und bunten Post-its“, sagt Tobias Köhler. „Wenn ich mir die Skizzen und Diagramme so anschaue, ist das Arbeit für mindestens zwei Jahre.“ Man habe in Stuttgart zunächst einen Arbeitsauftrag entwickelt und die passenden Strukturen geschaffen. „Jetzt geht es darum, Prioritäten zu setzen. Für mich ist es auch wichtig, Menschen und Ideen im Konzern zu vernetzen.“ Impuls durch die Volontärin So banal es klingt, der Kern einer Innovationskultur ist: miteinander reden. „Die meisten haben die wirklich guten Ideen nicht in Meetings“, sagt Olavarria. „Bringt man Menschen zusammen, die sonst keine Berührungspunkte haben, kann das den entscheidenden Impuls geben.“ Bei der Mediengruppe Oberfranken (MGO) kam dieser durch die Volontärin Lena Alt, deren Bachelorarbeit die Grundlage für einen WhatsAppNewsdienst lieferte, den nach nur zwei Monaten 5.000 User abonniert hatten. Kollegen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ließen sich in Bamberg das Konzept erläutern, das eine bestehende Technologie in einen neuen Kontext setzt. Doch anders als die BBC, der Schweizer „Blick“ oder der ORF, die zuvor mit einem ähnlichen Ansatz experimentierten, haben die Oberfranken Erfolg – sofern man Erfolg in Aufmerksamkeit und Bindung der Zielgruppe misst: „Monetarisieren konnten wir das bislang nicht“, sagt Martin Wilbers, 33, Leiter Unternehmenskommunikaton und Marketing Services bei der MGO, zu der außer Zeitungen wie dem „Fränkischen Tag“ Fachverlage, Druckereien sowie im Digitalgeschäft Community-Portale und Jobbörsen oder die App „inFrankenPix“ gehören, eine Art lokales Instagram. kressreport 10.15 vom 29. Mai 2015 17 digital „Wir arbeiten seit vielen Jahren jeden Tag an Innovationen und versuchen diese inzwischen noch viel stärker vom Kunden aus zu denken“, sagt Wilbers. Mitarbeiter können Vorschläge ins Intranet stellen bzw. mit ihren Vorgesetzten besprechen. Außerdem betreibt die MGO eine eigene Marktforschung. „Wenn ein Teil unserer Kunden das Bedürfnis für ein neues Printprodukt hätte, würden wir auch das machen.“ Derzeit versucht die MGO sich mittels neuer Technik als Arbeitgeber bekannter zu machen, um nicht mehr so sehr hinter ihren Einzelmarken zu verschwinden: Auf Plakaten in den größeren Städten des Verbreitungsgebiets können User per Augmented Reality kurze Clips abrufen. „Damit wollen wir zeigen, dass wir Neues ausprobieren und uns mit modernen Technologien beschäftigen“, sagt Wilbers. digital Vor allem regionale Häuser, die in ihrer DNA vielfach noch immer klassische Zeitungsverlage sind, haben einiges nachzuholen, wenn es um ein modernes, innovatives Image geht. Der Medienberater Christian Jakubetz, 50, arbeitet gerade selbst an einem Innovationsprojekt: Für den Bayerischen Rundfunk begleitet er die Entwicklung der News-App „BR24“, „eines der spannendsten Dinge, die ich seit langem gemacht habe“, wie er auf seinem Blog schreibt. Im Interview mit dem Journalistennetzwerk „torial“ hat er deutsche Verlage als nicht besonders innovativ bezeichnet. Ändert sich das, jetzt wo überall „Innovation Labs“ entstehen? Den großen Nachholbedarf hätten nicht Springer oder SWMH, so Jakubetz. Auch nicht manches beispielhafte Regionalblatt, wo ein Chefredakteur und Innovator in Personalunion agiere. „Mir fehlt in großer Fläche die Konstanz. Die Innovationsqualität wird nicht an Leuchtturmprojekten gemessen, sondern an der Nachhaltigkeit, den vielen, kleinen Schritten, die ein Unternehmen und sein Angebot Tag für Tag erneuern und voranbringen.“ Dafür sind laut Jakubetz Investitionen nötig. „Dieser nie dagewesene Paradigmenwechsel ist nur zu bewältigen, wenn die technische Infrastruktur und das Know-how oberste Priorität haben. Wenn es sein muss, kauft man sich die Programmierer und Spezialisten eben ein.“ Er sei entgeistert, wenn ihm Verleger stolz von neuen Druckhäusern für Millionen Euro erzählen, „und über den Kauf einer Software für ein paar tausend Euro wird monatelang gestritten“. Zu oft ist noch der Irrglaube verbreitet, hat Jakubetz festgestellt, dass Digitalisierung und damit Innovation kostenneu- INNOVATIONEN IM RUNDFUNK: DEUTSCHE WELLE Schlagkräftige Entwicklungstruppe © Selam Katana Während Verlage beim Thema Innovationen aktuell noch dabei sind, Strukturen und Experimentierfelder zu schaffen, hat sich Wilfried Runde, beim AuslandsDeutsche Welle sender Deutsche Welle als Reaktion auf globale Medienkonkurrenz und Digitalisierung schon vor Jahren ein Team „Innovationsprojekte“ formiert. 15 Personen arbeiten in dem von Wilfried Runde, 54, geleiteten und überwiegend aus Fördermitteln finanzierten Bereich, der seit einigen Monaten hausintern eng mit der neuen Stabsstelle „Programmentwicklung und Innovationen“ kooperiert. Die Verzahnung von technologischem Know-how mit konkreten Inhalten und redaktionellen Workflows wird in Bonn als logischer Schritt für noch mehr Innovationsqualität gesehen. Eines der aktuellen Großprojekte ist die von der Abteilung Neue Medien, zu der auch „Innovationsprojekte“ gehört, entwickelte NewsApp der DW in 30 Sprachen , die zeit- gleich mit dem am 22. Juni startenden englischsprachigen Kanal „DW News“ gelauncht werden soll. Ein Foto- und Video-Upload-Tool in der App wird es den DW-Redaktionen ermöglichen, User-Generated-Content für die eigenen Programme noch effektiver einzusammeln. Auf Basis von Geodaten können sie künftig weltweit bei wichtigen Ereignissen ihre Nutzer per Push-Notification auffordern, Zeitzeugnisse, etwa in Form von Videos, beizutragen. „Bezogen auf die vielen Länder und Sprachen, in denen wir mit unseren Nutzern in Kontakt treten, ist das ein enormer Pool“, sagt Ellen Schuster, 41, Leiterin Programmentwicklung und Innovationen. „Das Thema Interaktion wird für uns maßgeblich sein in den nächsten Jahren beim Entwickeln neuer Formate und Features.“ Damit die Verifizierung des Materials schneller vonstattengeht, beteiligt sich das DW-Team seit rund eineinhalb Jahren am EU-Projekt „Reveal“. Gemeinsam mit zehn internationalen Partnern soll dabei Software entwickelt werden, mit der User-Quellen über Social-Media-Kanäle systematisch auf ihre Reputation und Glaubwürdigkeit hin überprüft werden können – etwa anhand dessen Einfluss auf andere User und möglicher forensischer Hinweise auf Manipulation von Fotos oder Videos. Momentan geschehen solche Verifikationsprozesse zu einem Großteil noch in Handarbeit. Für „Reveal“ bekommt das Konsortium EU-Gelder. Kooperation und Austausch sind gelebtes Prinzip bei allen Zukunftsbemühungen der Deutschen Welle, die Vereinfachung journalistischer Arbeit mit strukturierter und effizienter Aufbereitung von Big Data einer der Hauptantriebe. Bei ARD-Innovationstreffen vernetzen sich die DW-Teams regelmäßig mit den anderen Anstalten der Gruppe, aber auch interdisziplinär mit Forschungsinstituten, internationalen Medienhäusern oder der European Broadcasting Union (EBU). „Unsere Motivation ist der internationale Wettbewerb“, so Schuster und Runde, „in dem wir in einem sehr großen Versuchsfeld laufend schauen müssen, was funktioniert.“ Wird einmal ein Schritt in die falsche Richtung unternommen, gilt das Prinzip „fail fast, fail forward“. Rundes Erfahrung: „Meist – und das gilt für alle Branchen – überstehen nur 2 % aller Innovationsprojekte den Weg ins operative Geschäft.“ Quelle: kress-Recherche 18 kressreport 10.15 vom 29. Mai 2015 19 INNOVATIONEN IN FACHVERLAGEN: VOGEL BUSINESS MEDIA Traditionsschwer mit Future Group Das Würzburger Fachmedienhaus Vogel Business Media (VBM) hat seine Unternehmensentwicklung seit zehn Jahren in der Stefan Eiselein, Vogel Future VBM Group organisiert. Deren Leiter Stefan Eiselein, 50, wurde mit der Entwicklung eines digitalen Geschäftsmodells beauftragt, „da wir damals schon festgestellt haben, dass wir mit unserem Kerngeschäft kein Wachstum mehr generieren werden“. Zum Kerngeschäft des mehr als 120 Jahre alten Traditionshauses zählen Fachmagazine und Bücher u. a. für die Industrie, für Medizintechnik, Kfz-Werkstätten, Logistik und IT-Business. Hinzu kamen seither v. a. digitale Community-Angebote und der Bereich Business Events, von denen Vogel heute mehr als 200 im Jahr veranstaltet, viele davon im eigenen Vogel Convention Center. „Rund 60 % unseres Gesamtumsatzes machen wir noch mit Print“, sagt Eiselein, „der Rest ist non-print-basiert – also © Vogel Business Media 18 in der Regel alles, was aus innovativem Bestreben heraus in den vergangenen zehn Jahren entstanden ist.“ Heute versteht sich VBM als „multimedialer Wissens- und Kommunikationspartner für B2B“. Die Hälfte des Gesamtgeschäfts ist werbefinanziert, die andere läuft über Abonnements, PremiumContent und Datenbanken. In Sachen Innovation hat sich VBM laut Eiselein „ein grundlegendes Konzept zurechtgelegt“ und orientiert sich am „Drei-Horizonte Modell“ von McKinsey, das ein ausbalanciertes Portfolio mit innovativen und strategisch-erhaltenden Komponenten gleichermaßen vorsieht. Zu den alten Hasen unter den Innovationen gehören bei Vogel die hausspezifischen „Business Effizienz Portale“ (BEP), etwa www.maschinenmarkt.de von der Dachmarke „MM MaschinenMarkt“. Diese Portale u. a. mit Webcasts, Whitepaper, Webinaren verwenden semantische Verknüpfungen, um für den jeweiligen Nutzer spezielle Informationen zu filtern und in Echtzeit auszugeben. Die BEP sind komplett werbefinanziert. Werbekunden können punktgenau Leads generieren, teilt der Verlag mit. Generell sei nicht nur die Vogel Future Group, sondern jeder der vier Geschäftsbereiche Print, Digital, Events und Services angehalten, innovativ zu denken und zu handeln, erklärt Eiselein: „Mal ist es eine Messezeitung, mal sind es Venture-Capital-Beteiligungen oder Zukäufe, die wir über unsere Start-up-Einheit Vogel Ventures in Berlin machen.“ Vogel verfolge den Ansatz, für das eigene Geschäft relevante Firmen zu kaufen, erklärt er diese Form der Innovationsstrategie. „Früher hätten wir dabei Verlage akquiriert, heute sind es eher digitale Angebote – wobei man die Haltbarkeit von digitalen Geschäftsmodellen niemals wird voraussagen können.“ Dies gilt auch für Eigengewächse wie „kfz-betrieb.de“, wo das bereits nach kurzer Zeit funktionierende PaidContent-Modell jedoch ein Beispiel für geglückte Innovation ist. Zu guter Letzt bewegt sich VBM mit der Unit „Creative Solutions“ auch in Richtung einer Full-Service-Agentur. „Da sind wir Kommunikationspartner für unsere Werbekunden“, erklärt Eiselein, „und vermitteln für übergreifende Kommunikationskampagnen die passenden Medien und Communities unseres Hauses.“ Quelle: kress-Recherche tral zu haben seien oder sogar helfen, Geld einzusparen. Er fordert mehr Risikobereitschaft: „Es muss sich der Gedanke durchsetzen, dass wir uns in einem Lernprozess befinden, bei dem man auch scheitern kann und darf.“ Marco Olavarria räumt mit einem weiteren Irrglauben auf: Innovationsmanagement ist nur für große Unternehmen geeignet, weil es riesige Ressourcen benötigt. „Falsch“, sagt er. „Genau dann, wenn die Ressourcen fehlen, sollte man Innovationen einsetzen, um das Geschäft zu optimieren.“ Ein sensibler Radar kann dabei nicht schaden. Michael Krechting, 38, Innovationsmanager bei der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, versucht, „den Blick möglichst weit auszurichten. Also beobachte ich nicht nur andere regionale Häuser, sondern auch, was weltweit in Universitäts-Labs erarbeitet wird. Oft können wir gerade in Sachen Technologie von Organisationen, die nicht aus unserer Branche kommen, am meisten lernen.“ Dieser Lernprozess sei gleichzeitig die größte Herausforderung, sagt Krechting. Als Innovationsmanager ist er der Chefredaktion unterstellt. Er trägt Branchentrends in die Redaktion, bewertet sie, vernetzt sich mit anderen Zeitungen und sucht den Kontakt zu digitalen Vordenkern. „Zurzeit liegt mein Hauptaugenmerk auf neuen Erzählformaten, Techniken, Tools und Workflows für Mobile und überhaupt auf der Frage, was wir Digital Natives bieten können, die von uns nur schwer zu erreichen sind.“ Genau das ist laut Olavarria eine von verschiedenen Herangehensweisen, aus denen Innovationen abgeleitet werden: Etwa eine neue Zielgruppe am Rand des eigenen Spektrums erreichen zu wollen. Im B2B-Bereich werden Innovationen darüber hinaus häufig vom Verlust an Relevanz getrieben, weil kleinere Verlage oder Blogs das eigene Geschäftsmodell bedrohen. Nicht zuletzt können betriebswirtschaftliche Gründe den Ausschlag geben. Olavarria: „Bislang fangen viele Verlage das durch Preiserhöhungen auf. Aber wie lange noch?“ Er begrüßt, dass in vielen Häusern jetzt ein „Captain Future“ eingesetzt wird. Trotzdem bleibe Innovationsmanagement eine Gemeinschaftsaufgabe für alle: Redaktion, Onliner, Anzeigenverkauf, Vertrieb, Marketing und IT. „Denn auf dem Weg zum Ziel braucht man nicht nur eine, sondern viele gute Ideen.“ Allein auf den Captain zu vertrauen, werde nicht funktionieren. „Wir sind diejenigen, die die Erfinder unterstützen“, hat Tobias Köhler seinen Kindern gesagt. „Wenn diese Daniel Düsentrieb sind, sind wir das Helferlein.“ Marcus Schuster kressreport 10.15 vom 29. Mai 2015 19
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