Lesen Sie hier die komplette Rede von Dr. Reinhard Löffler MdL

15. LANDTAG VON BADEN-WÜRTTEMBERG
150. Sitzung Donnerstag, 18. Februar 2016, 09:30 Uhr
TOP 5
Bericht und Beschlussempfehlung des Untersuchungsausschusses
„Aufklärung einer politischen Einflussnahme der CDU-geführten
Landesregierung Mappus auf den Polizeieinsatz
vom 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten
und auf die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses 2010/2011
Rede von
Dr. Reinhard Löffler MdL
Es gilt das gesprochene Wort.
Dr. Reinhard Löffler MdL, CDU: Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe
Kolleginnen und Kollegen!
Der schwarze Donnerstag war ein bitterer Tag für unser Land. Ich bedaure, dass Menschen
– Demonstranten und Polizisten – im Schlossgarten verletzt wurden. Das soll und darf sich
bei uns nie mehr wiederholen. Alle, die verletzt wurden, haben mein Mitgefühl.
Die Verantwortung für den schwarzen Donnerstag allein der alten Landesregierung in die
Schuhe zu schieben, ist weder sachgerecht noch ist es richtig. Wir haben über Jahre hinweg
keinen belastbaren Beweis gefunden, obwohl wir bei unserer Suche die Schranken des
Gewaltenteilungsprinzips infrage gestellt und selbst den Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung ausgeforscht haben. Verfassungsrechtlich unzulässig, sagt der VGH
Mannheim, zulässig, sagt eine von den Grünen ausgesuchte und bestellte Gutachterin.
Der erste Abschlussbericht zur Aufarbeitung des Polizeieinsatzes im Schlossgarten
umfasste 650 Seiten, beidseitig bedruckt. Grün-Rot stellte damals fest: Mappus trägt die
politische Verantwortung, er habe dem Land als Ministerpräsident großen Schaden zugefügt und seinen Amtseid gebrochen.
Vergebung ist in der Demokratie elementar. Es macht gerade ihre Stärke aus.
Wunderbare Worte des Ministerpräsidenten bei der Verleihung des Theodor-HeussPreises. Für wen immer es da Vergebung gab, für Stefan Mappus nicht.
Die Mehrheitsenquete der Regierungsfraktionen gefiel sich darin, den alten
Untersuchungsausschuss erneut aufzurollen. Grüne und SPD behaupteten, dem alten
Ausschuss seien Akten vorenthalten worden. Eine neue E-Mail von Frau Gönner sei
aufgetaucht. Ein Mythos. Schon nach wenigen Wochen zerbröselte die Begründung des
Einsetzungsantrags. Schmallippig räumte der Regierungsbeauftragte ein, Unterlagen
wurden nicht zurückgehalten. Mehr aussagen durfte er nicht.
Einen Antrag auf die Verlesung der angeblich so brisanten Mail von Frau Gönner lehnte
Grün-Rot ab. Warum darf die Öffentlichkeit ihren vollständigen Inhalt nicht erfahren?
Selbst der mittelalterliche Hexenhammer war rechtsstaatlich transparenter.
Diese Mail habe die damalige Regierung kompromittiert, säuselte der
Ausschussvorsitzende Filius den Medien zu.
Dabei gab Frau Gönner nur das Datum der Baumfällaktion weiter, das tags zuvor von einer
Arbeitsgruppe festgelegt wurde, bei dem nicht sie selbst, aber Kollege Drexler von der SPD
anwesend war.
Das blendet Grün-Rot aus, weil es nicht in ihre Beweisführung passt. Kollege Drexler hat
auch ausgesagt, die Regierungserklärung von Mappus habe für die Baumfällaktion und den
Termin keine Rolle gespielt – kein Wort davon im Abschlussbericht des
Untersuchungsausschusses von Grün-Rot. Ist Kollege Drexler etwa unglaubwürdig?
Das Motiv für den Untersuchungsausschuss lieferte der Vorsitzende, „Fahnder Filius“, wie
er sich nennt. Es ging den Grünen – ich zitiere –
„... um das System Mappus“, ... Um das Netzwerk und die Verflechtung handelnder Personen.
Es ging auch darum, die Bilder von Wasserwerfern, die auf Menschen zielten – angeblich
ferngelenkt von der Staatskanzlei –, bis zur Wahl im März 2016 nicht aus dem kollektiven
Gedächtnis zu löschen.
Seit der Weimarer Republik ist der Untersuchungsausschuss ein Instrument der
Regierungskontrolle. Die Grünen im Bund fordern, eine Mehrheitsenquete dürfe gegen die
Opposition nur ausnahmsweise und nur bei gesteigertem öffentlichen Interesse zulässig
sein, um Schauprozesse zu verhindern. Maskerade oder Heuchelei? Im Land rollen die
Grünen einen Sachverhalt mit brüchigen Thesen neu auf, der bereits in ihrem Sinn
aufgeklärt war. Die alte Landesregierung, das System Mappus, sollte an den Pranger
gestellt werden, um mittelbar der Opposition zu schaden und – wie die FAZ schreibt – um
sie zu drangsalieren. Für den politischen Kampf, Kolleginnen und Kollegen, ist das Plenum
da und nicht der Untersuchungsausschuss.
„Hol den Bagger rein!“ Wie Turtur aus der Augsburger Puppenkiste wuchs dieser Satz zum
Scheinriesen und beschäftigte den Ausschuss monatelang. Mappus habe so den Abriss des
Nordflügels befohlen. Der Polizeipräsident Stumpf wollte dies vom ehemaligen
Landespolizeipräsidenten und heutigem SPD-Ministerialdirektor am
Integrationsministerium Hammann gehört haben. Doch der sagte: „Es gab keine
Anweisung von Mappus, der Satz ist nie gefallen.“ Hörensagen ist glaubhafter als die
Aussagen der eigenen Leute.
„Hol den Bagger rein!“ Ein Satz, um Legenden zu stricken. Warum und wofür
kannibalisieren die Genossen ihren eigenen Ministerialdirektor und den Kollegen Drexler?
Aus dem Nichts tauchten Magnetbänder auf, die bei Einsetzung des Ausschusses
angeblich nicht bekannt waren. Darauf war der Mail-Verkehr von 600 Mitarbeitern des
Umweltministeriums gespeichert, weil das Ministerium nach der Wahl 2011 neu geordnet
werden sollte.
Die Mails hätten von Minister Untersteller bald nach Amtsantritt gelöscht werden müssen.
Das nicht zu tun war rechtswidrig, sagen der VGH Mannheim und das Amtsgericht
Stuttgart – nicht so Minister Untersteller. Die Magnetbänder seien in Vergessenheit
geraten, verteidigt er sich. Glücklich ist, wer vergisst.
Das Libretto der grünen Fledermaus. Die Durchsicht der Mails ist eine strafrechtliche
Handlung, schrieben ihm seine Mitarbeiter und empfahlen, den Datenschutzbeauftragten
zu unterrichten, und die Löschung. Minister Untersteller blockte ab. Er sei mündlich
belehrt, aus verfassungsrechtlichen Gründen die Mails nicht zu löschen. Er wusste aber
nicht, von wem und wann. Mehr erfahren durften wir nicht – auch nicht, wer das Licht im
Dunkel der Vergessenheit angezündet hat und wann.
Herr Untersteller, Sie hatten alle Gelegenheit, aufzuklären. Sie haben Ihre Akten zwei
Monate lang behalten und dann am Vorabend vor Ihrer Zeugenvernehmung noch
unvollständig vorgelegt. Zeugen für den Vorgang durften wir nicht hören. Warum nicht?
Das Nichtlöschen der Mails war rechtswidrig. Sie wussten davon.
Das Unrecht der Vorratsdatenspeicherung hat sich nicht ausgezahlt. Ein Richter sichtete
Tausende von E-Mails. Für eine politische Einflussnahme der alten Landesregierung auf
den Polizeieinsatz im Schlosspark fand sich kein belastbarer Beleg. Das Verwaltungsgericht Stuttgart erkannte keine politische Einflussnahme, hielt den Polizeieinsatz im
Schlosspark für rechtswidrig, weil die Polizei es unterlassen habe, die Versammlung
aufzulösen.
Noch bevor das Urteil öffentlich war, sprach der Ministerpräsident von einem gerechten
Urteil und verzichtete auf Rechtsmittel. Er lud die Kläger medienwirksam in die Villa
Reitzenstein ein. Verletzte Polizisten hat er nicht geladen, obwohl die Landesregierung bis
zuletzt vor Gericht die Ansicht vertrat, der Polizeieinsatz sei rechtswidrig. Auch unsere
Polizei verdient Gerechtigkeit. Gerechtigkeit ist unteilbar.
Wer unserer Polizei nicht den Rücken stärkt und ihr keinen Respekt entgegenbringt,
schwächt den Rechtsstaat und darf sich nicht wundern, wenn Menschen das Vertrauen in
unsere Polizei verlieren.
Ein Mime zelebrierte ein Gelöbnis am Bahnhof; eine fromme Pastorin feierte
Feldgottesdienste; eine Trutzburg von Parkschützern, deren Straftaten nicht verfolgt
wurden – Stolperfallen für Polizeipferde, Anspucken von Polizisten und die militante
Drohung, bei Abriss Aufstand –, diese explosive Mischung hat den schwarzen Donnerstag
mit ermöglicht – nicht nur die Fehler beim Polizeieinsatz. Auch das gehört zur Wahrheit.
Und es gehört zur Wahrheit, dass die Grünen jakobinerhaft Einfluss auf die
Staatsanwaltschaft genommen haben,
Einfluss auf laufende Verfahren, Einfluss auf Ermittlungen, auf Zuständigkeiten und
Besetzungen genommen haben und dass das Staatsministerium auf Wunsch des
Ministerpräsidenten die Namen von Anzeigeerstattern anforderte.
Ohne diesen Ausschuss hätten wir das nie erfahren. Weder der damalige
Oberstaatsanwalt noch der Justizminister durften dazu aussagen. So schützt die grüne
Staatskanzlei ihre geheimen Machenschaften. McCarthy hätte seine Freude an den Grünen
gehabt. Gesucht wurde nach einem schwarzen Filz, gefunden haben wir einen grünen
Sumpf.
Verschleppen, verzögern, vernebeln wirft mir Grün-Rot im Abschlussbericht vor. Ich hatte
schon Sorge, dass Sie mich loben.
Hat aber nicht die Mehrheitsenquete den Vorsitzenden gestellt, das Verfahren bestimmt,
die Termine festgelegt, eine gefällige Gutachterin bestellt, Rederecht und Akteneinsicht
verweigert, Zeugen nicht angehört und Beweisanträge vom Tisch gewischt gegen den Rat
des Juristischen Dienstes? Chancengleichheit nach Gutsherrenart.
Dieser Ausschuss musste sich sogar vom VGH Mannheim sagen lassen, dass der
Beweisantrag auf Einsicht privater Mails ein Grundrechtseingriff ist und nur durch einen
Richter erfolgen darf. Völlig unbelehrbar wollen die Grünen in ihrem Beschlussantrag eine
gesetzliche Änderung für den Untersuchungsausschuss, um private Mails einzusehen. Was
hätte wohl Hannah Arendt zu solch einem grünen Schnüffelstaat gesagt?
Vertrauliche Unterlagen wurden an die Medien durchgestochen, in einem Fall sogar vom
Innenministerium. Fahnder Filius hat das tatenlos geduldet. Der grün-rote
Abschlussbericht ist die Skandalisierung des Banalen. Fünfmal findet sich der Satz: „Es
wurde ein Klima der Erwartungen geschaffen.“ So wenig Substanz verträgt das Schnaufen
nicht, würde Erwin Teufel sagen.
Ihr Abschlussbericht spiegelt die Beweisführung der Inquisition mit der entlarvenden
Semantik eines Schauprozesses. Unsere Anträge sind „unsinnig“. Eine Auseinandersetzung
unterbleibt. Uns wären tendenziös geschnittene Polizeivideos gezeigt worden. Herr
Innenminister, haben Sie uns manipulierte CDs vorgelegt? Der Vorwurf wiegt schwer. Ich
fordere Herrn Gall auf: Nehmen Sie hier und heute dazu Stellung.
Die Grünen werfen uns abgenickte Verschleierung, Vasallentum, Inszenierung,
Marionettentheater vor. Schmähvokabular des linken Straßenmobs – es schimmert halt
etwas durch.
Endgültig fällt die grüne Maske mit dem Schlusssatz, die Bewertungen von Grün-Rot im
ersten Untersuchungsausschuss seien bestätigt. Sie haben sich selbst bestätigt.
Dieses Ergebnis stand doch von vornherein fest und kostete den Steuerzahler 444 000 €.
Ein Normalverdiener müsste dafür mehr als zehn Jahre arbeiten.
Mit Ihrem pygmäenhaften Rechtsstaatsverständnis kann ich gut umgehen. Nur: Der
Vorwurf des Vertuschens, den Sie mir machen, Kollege Sckerl, den nehme ich Ihnen übel.
Wer Ihren unrühmlichen Abgang aus dem NSU-Ausschuss noch in Erinnerung hat, weiß:
Sie haben das Parlament und die Öffentlichkeit vorsätzlich belogen. Vertuschen ist Ihr
Politikstil, nicht der meine.
Antworten darauf, wie wir Geschehnisse wie am Schwarzen Donnerstag künftig vermeiden
und welche Lehren wir daraus ziehen, haben wir nicht gesucht. Das ist das enttäuschende
Fazit des Untersuchungsausschusses.
„Mit Kanonen auf Spatzen“ –
Was Sie schon immer über den Untersuchungsausschuss wissen wollten, aber nie zu fragen
gewagt haben, Kollege Sckerl, der grüne Regierungsschreiber Braun, der grüne
Bürgermeister Wölfle und andere Schreiberlinge wissen es, der schwarze Donnerstag, ein
Geschäftsmodell der grünen Wirtschaftspartei, 12 €, 179 Seiten, chlorfreies Papier, die
Alternative zu Hakle Feucht.
Vielen Dank.
Dieser Untersuchungsausschuss hat sehr lange gedauert. Ich bedanke mich bei allen
Kollegen, bei den Mitarbeitern der Verwaltung, beim Juristischen Dienst, bei meinem
Kollegen Christian Sichel, der mich sehr unterstützt hat. Es hat Spaß gemacht.
Dankeschön.