VGH München: Landesamt, BeamtVG, Human

VGH München, Beschluss v. 30.11.2015 – 3 ZB 13.2116, 3 ZB 13.2117
Titel:
VGH München: Landesamt, BeamtVG, Human, Ruhensbetrag,
Verwendungseinkommen, BayVwVfG, Landesanwaltschaft, monatliche Einkünfte,
Ruhestandsbeamte, Rechtsquelle, Beklagte, Zulassungsantrag, ohne mündliche
Verhandlung, Nichtigkeitsfeststellungsklage, Tatsachenfeststellung,
Zulassungsgrund, Hauptantrag
Normenketten:
VwGO § 124 II Nrn. 1 u. 2
BeamtVG § 53 VIII
§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO
§ 53 BeamtVG
Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG
§ 53 Abs. 8 BeamtVG
Schlagworte:
Ruhestandsbeamter, Ruhensbescheid, Rückforderung, Versorgungsbezüge, Generalsekretär, Europäischer
Forschungsrat, International Human Frontier Science Program Organization, Universitätsprofessor,
Ruhensberechnung
Tenor
I.
Die Verfahren 3 ZB 13.2116 und 3 ZB 13.2117 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 20. Juni 2013 (Az. 3 ZB 13.2117)
wird zugelassen, soweit die Rückforderung die Bezüge als Generalsekretär der International Human
Frontier Science Program Organization betrifft.
Im Übrigen werden die Anträge auf Zulassung der Berufung abgelehnt.
III.
Der Kläger trägt die Kosten der Antragsverfahren, soweit die Anträge auf Zulassung der Berufung abgelehnt
worden sind.
IV.
Der Streitwert des Verfahrens 3 ZB 13.2116 wird - insoweit unter Abänderung des in dieser Sache
erlassenen Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts im Urteil vom 20. Juni 2013 - auf 19.854,12 Euro
festgesetzt.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird vorläufig auf 26.944,08 Euro festgesetzt.
Der Streitwert des Verfahrens 3 ZB 13.2117 wird, soweit der Zulassungsantrag abgelehnt worden ist, auf
76.081,78 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
1
Der 1941 geborene Kläger stand als Universitätsprofessor im Dienst des Beklagten und wurde mit Ablauf
des 30. September 2006 in den Ruhestand versetzt. Der Kläger übte in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis
zum 30. Juni 2009 das Amt des Generalsekretärs beim Europäischen Forschungsrat aus, ab dem 1. Juli
2009 übernahm er das Amt des Generalsekretärs der International Human Frontier Science Program
Organization (bis 30. Juni 2012).
2
1. Im Verfahren 3 ZB 13.2116 ist die Ruhensberechnung für das Jahr 2007 streitig.
3
Das Landesamt für Finanzen (Landesamt) setzte mit Bescheid vom 29. Oktober 2008 die dem Kläger
monatlich zustehenden Versorgungsbezüge ab 1. Januar 2007 auf 2.717,54 € fest. In der
Festsetzungsberechnung wurde ein Ruhensbetrag gemäß § 53 BeamtVG in Höhe von 3.588,61 €
angerechnet, wobei das Landesamt davon ausgegangen ist, dass der Kläger aus seiner Tätigkeit beim
Europäischen Forschungsrat im maßgeblichen Zeitraum monatliche Einkünfte in Höhe von 5.945,05 erzielt.
Der Widerspruch vom 27. November 2008 gegen diesen Bescheid war insoweit erfolgreich, als das
Landesamt im Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember 2010 von einem anzurechnenden
Verwendungseinkommen in Höhe von 5.828,39 € ausgegangen ist, was zu einem Ruhensbetrag in Höhe
von 3.471,95 € führte (Versorgungsbezüge in Höhe von 2.834,20 €).
4
Mit Bescheid vom 22. Juli 2011 erfolgte für das Jahr 2007 eine Änderungsberechnung wegen
Berücksichtigung höherer Werbungskosten (Ruhensbetrag ab 1.1.2007: 2002,56 Euro; ab 1.4.2007:
1.937,56 Euro; ab 1.5.2007: 2002,56 Euro; ab 1.10.2007: 1.896,08 Euro; ab 1.12.2007: 0,00 Euro). Der
Bescheid enthält folgende Feststellung: „Mit diesem Bescheid ist der Bescheid des Landesamts für
Finanzen vom 29.10.2008, der dagegen eingelegte Widerspruch vom 27.11.2008 sowie der
Widerspruchsbescheid vom 6.12.2010 als hinfällig zu betrachten.“
5
Der gegen den Bescheid vom 22. Juli 2011 eingelegte Widerspruch vom 8. August 2011 wurde mit
Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2011 zurückgewiesen.
6
2. Im Verfahren 3 ZB 13.2117 geht es um die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge.
7
Das Landesamt forderte mit Bescheid vom 22. Dezember 2010 Bezüge in Höhe von 120.435,98 € zurück,
die im Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Oktober 2009 überzahlt worden sind. Dieser Bescheid wurde in
Hinblick auf die auch im Ruhensverfahren berücksichtigten veränderten Werbungskosten für das Jahr 2007
mit Bescheid vom 22. September 2011 dahingehend geändert, dass (nur noch) eine Überzahlung in Höhe
von 103.025,86 € zurückgefordert wurde. Der hiergegen gerichtete Widerspruch vom 6. Oktober 2011
wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2011 zurückgewiesen.
8
3. Mit (zusammenfassendem) Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2012 wurden der
Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2011 (betrifft die Ruhensberechnung für das Jahr 2007) und der
Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2011 (betrifft die Rückforderung) aufgehoben und erneut über
die Widersprüche vom 8. August 2011 und 6. Oktober 2011 entscheiden. Die Widersprüche wurden
zurückgewiesen. Der Widerspruchbescheid enthält die Feststellung: „Der Bescheid vom 22. September
2011 stellt sich … bezüglich des vollen Rückforderungsbetrags als neue Sachentscheidung dar und ersetzt
insoweit den Bescheid vom 22. Dezember 2010“.
9
Die gegen diese Bescheide erhobenen Klagen wies das Verwaltungsgericht mit Urteilen vom 20. Juni 2013
ab.
10
Dagegen richten sich die Anträge auf Zulassung der Berufung.
II.
11
Die Zulassungsanträge haben nur insoweit Erfolg, als die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als
Generalsekretär der International Human Frontier Science Program Organization als
Verwendungseinkommen Berücksichtigung gefunden haben.
12
A. Verfahren 3 ZB 13.2116 (Ruhensbescheid für das Jahr 2007)
13
Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des
Urteils) und des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten)
gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen auf der
Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die
Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine
einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird
(BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546 - juris) und die Zweifel an der Richtigkeit
einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 DVBl. 2004, 838 - juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
15
a. Die Bescheidslage ist die Folgende: Der Bescheid vom 29. Oktober 2008 und der Widerspruchsbescheid
vom 6. Dezember 2010 wurden mit Bescheid vom 22. Juli 2011 aufgehoben und haben damit ihre
Wirksamkeit verloren (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG). Unwirksam geworden ist auch der Widerspruchsbescheid
vom 22. Dezember 2011, der mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2012 aufgehoben worden ist. Die
streitige Ruhensberechnung bemisst sich damit allein nach dem Bescheid vom 22. Juli 2011 in der Fassung
des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2012.
16
b. Der Kläger hat mit seinem Hauptantrag die Feststellung begehrt, dass der Bescheid des Landesamts für
Finanzen vom 29. Oktober 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Dezember 2011, des
Bescheids über die Ruhensberechnung vom 22. Juli 2011, des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember
2011 und des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2012 nichtig ist.
17
(1) Die vom Kläger behauptete Notwendigkeit für eine Nichtigkeitsfeststellungsklage überzeugen nicht. Der
Kläger verweist auf die Verquickung der Ruhens- und Rückforderungsbescheide durch den
(abschließenden bzw. zusammenfassenden) Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2012. Diese
Konstruktion verlange aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes die beantragte
Nichtigkeitsfeststellungsklage, so dass ein allgemeines Feststellungsinteresse bestehe. Er verweist darauf,
dass im Falle der Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2012 bei erfolgreicher
Anfechtungsklage der Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2011 wieder auflebe. Durch Ablauf der
Klagefrist wäre dieser aber mittlerweile bestandskräftig und unanfechtbar geworden.
18
Damit kann er keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils darlegen, weil er zu
Unrecht davon ausgeht, der Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2011 könnte wieder aufleben. Mit
dem Widerspruch vom 27. Januar 2012 hat das Landesamt den Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember
2011 aufgehoben und seine Regelung durch eine neue ersetzt. Damit hat der Widerspruchsbescheid vom
22. Dezember 2011 seine Wirksamkeit (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) verloren. Es gibt keinen allgemeinen
Rechtsgrundsatz, wonach bei Aufhebung eines Änderungsbescheids (hier des Widerspruchsbescheids vom
27. Januar 2012) die Wirksamkeit des ursprünglichen Verwaltungsakts wiederauflebt bzw. dessen Regelung
wieder in Geltung tritt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. B.v. 9.9.2008 - 3 B
37/08 - NVwZ 2009, 530 - juris Rn. 3; U.v. 21.6.2006 - BVerwGE 129, 66 - juris Rn. 18). bestimmt sich die
Frage des Wiederauflebens vielmehr nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht. Nur dies führt zu
sachgerechten Ergebnissen, weil der häufig im jeweiligen Fachrecht verortete Grund der Erledigung und die
Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets berücksichtigt werden können. (vgl. BVerwG, U.v. 19.4.2011 1 C 2/10 - BVerwGE 139, 337 - juris Rn. 17). Nach diesen Maßstäben steht einem Wiederaufleben des
Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2011 entgegen, dass ausschließlicher Grund für die Aufhebung
des Widerspruchsbescheids und damit dessen Erledigung war, den Fall im vornehmlichen Interesse des
Klägers „auf ganz neue Beine zu stellen“ (vgl. Aktenvermerk vom 26. Januar 2012, Bl. 510 der vierten
Teilakte). Die Verwaltungsbehörde wollte einen sauberen Abschluss der Verwaltungsverfahren und an den
bisherigen Bescheiden nicht mehr festhalten. Das verbietet ein Wiederaufleben des Widerspruchsbescheids
vom 22. Dezember 2011 unter dem Gesichtspunkt des missbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB).
19
(2) Der Kläger trägt weiter vor, der Ausgangsbescheid vom 29. Oktober 2008, der nun wohl in Form des
Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2012 vorliege, sei in der Gesamtschau völlig unbestimmt und
unverständlich und damit nichtig (Art. 37 Abs. 1 i. V. m.. Art 43 Abs. 3 BayVwVfG). Damit kann er keine
ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils darlegen. Der Regelungsgehalt der Bescheide kann worauf bereits das Verwaltungsgerichts hingewiesen hat - ohne weiteres nachvollzogen werden, zumal der
abschließende Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2012 den Sachverhalt umfassend aufbereitet, die
Bescheidslage dargestellt und eine ausführliche Würdigung der Sach-und Rechtslage vorgenommen hat.
Von einer Unbestimmtheit aufgrund des Bescheidsgefüges kann vor diesem Hintergrund nicht mehr
ausgegangen werden. Der Bescheid vom 29. Oktober 2008 ist mit Aufhebung durch den Bescheid vom 22.
Juli 2011 unwirksam geworden (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) und ist nicht Gegenstand des
Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 22. Juli 2011 als neue - ersetzende - Regelung, das
seinen Abschluss letztlich mit dem Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2012 erfahren hat.
20
c. Der Kläger hat mit seinem Antrag unter II. hilfsweise beantragt, den Bescheid des Landesamts vom 22.
Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2011 und des
Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2012 insoweit aufzuheben, als bei der Festsetzung der
Versorgungsbezüge das bei der Tätigkeit des Klägers beim Europäischen Forschungsrat und bei der
International Human Frontier Science Program Organization erzielte Einkommen als
Verwendungseinkommen berücksichtigt worden ist.
21
Das Verwaltungsgericht hat die Klage insoweit jedenfalls zutreffend als unbegründet erachtet.
22
(1) Das Verwaltungsgericht hat die Frage, ob der Beklagte das Einkommen aus der Tätigkeit bei der
International Human Frontier Science Program Organization zu Recht als Verwendungseinkommen
berücksichtigt hat, zutreffend ausgeblendet, weil der Bescheid vom 22. Juli 2011 in der Fassung des
maßgeblichen Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2012 nur die Änderungsberechnung wegen
Berücksichtigung höherer Werbungskosten für das Jahr 2007 betrifft und der Kläger in diesem Zeitraum
nicht bei der International Human Frontier Science Program Organization beschäftigt war. Im
Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2012 spielt das Einkommen aus der Tätigkeit bei der International
Human Frontier Science Program Organization lediglich im Rahmen der Überzahlung der
Versorgungsbezüge (hier hinsichtlich der Monate Juli bis Oktober 2009) und der streitigen Rückforderung
eine Rolle (Verfahren 3 ZB 13.2117).
23
Der Kläger trägt vor, Gegenstand seiner Klage sei die Ruhensberechnung nach § 53 BeamtVG in der
Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2012 sowie die von ihm konsumierten bzw. ersetzten
Bescheide vom 22. Dezember 2011, 22. Juli 2911 und 6. Dezember 2010 und nur insoweit als bei der
Festsetzung der Versorgungsbezüge das bei der Tätigkeit des Klägers beim Europäischen Forschungsrat
und bei der Tätigkeit des Klägers bei der International Human Frontier Science Program Organization
erzielten Einkommens als Verwendungseinkommen berücksichtigt worden sei. Damit kann er bereits
deshalb keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils darlegen, weil er mit dem Klageantrag zu II.
den Bescheid vom 22. Juli 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids angefochten hat, der sich
allein auf das anzurechnende Verwendungseinkommen für das Jahr 2007 bezieht. Hier ist und konnte die
Tätigkeit bei der International Human Frontier Science Program Organization nicht berücksichtigt werden.
24
(2) Das Verwaltungsgericht ist unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.
April 2011 (2 C 39/09 - BVerwGE 139, 357 - juris) zutreffend davon ausgegangen, dass die Tätigkeit des
Klägers als Generalsekretär beim Europäischen Forschungsrat eine Verwendung im öffentlichen Dienst
einer überstaatlichen Einrichtung im Sinne des § 53 Abs. 8 BeamtVG ist.
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Verwendungseinkommen ist nach § 53 Abs. 8 BeamtVG jedes Erwerbseinkommen aus einer Verwendung
im öffentlichen Dienst. Dazu zählt auch jede Beschäftigung im Dienst einer zwischenstaatlichen oder
überstaatlichen Einrichtung, an der eine öffentlich-rechtliche Körperschaft durch Zahlung von Beiträgen oder
Zuschüssen oder in anderer Weise beteiligt ist. Die staatlichen internationalen Einrichtungen werden in § 53
Abs. 8 Satz 3 BeamtVG als zwischenstaatliche oder überstaatliche Einrichtungen bezeichnet (vgl.
Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: Januar
2015, Hauptband II, § 53 BeamtVG Rn. 259).
26
(a) Der Kläger verweist auf die rechtliche Gestaltung des Europäischen Forschungsrats als unabhängige
und autonome Stelle, Art. 5 des Beschlusses der Kommission vom 2. Februar 2007 zur Einrichtung des
Europäischen Forschungsrats (2007/134/EG).
27
Der Europäische Forschungsrat ist eine überstaatliche Einrichtung, was sich bereits daran unschwer
erkennen lässt, dass er durch einen förmlichen Beschluss der Kommission (zunächst) zeitlich beschränkt
bis zum 31. Dezember 2013 eingerichtet worden ist [vgl. Art. 1 des Beschlusses der Kommission vom 2.
Februar 2007 zur Einrichtung des Europäischen Forschungsrats (2007/134/EG)], der Kommission
gegenüber rechenschaftspflichtig ist und der Kommission regelmäßig Bericht erstattet [vgl. Art. 5 Absätze 4
und 7 des Beschlusses der Kommission vom 2. Februar 2007 zur Einrichtung des Europäischen
Forschungsrats (2007/134/EG)]. Die vom Kläger aufgeworfene Frage der Unabhängigkeit und Autonomie
der Einrichtung ist für die Bewertung „staatliche Einrichtung“ ohne Belang, zumal die Unabhängigkeit und
Autonomie durch die Rechenschafts- und Berichtspflicht gegenüber der Kommission eingeschränkt ist.
28
(b) Der Kläger trägt vor, die Finanzierung des Europäischen Forschungsrats und damit auch die
Alimentierung des Klägers erfolge aus Eigenmitteln der Europäischen Union. Die Ausgaben der
Europäischen Union finanzieren sich über einen Mix von Ausgaben, den sog. EU-Eigenmitteln, die aber in
wesentlichen Teilen durch die Mitgliedsländer finanziert werden. Die Bundesrepublik Deutschland leistet
laufend erhebliche Beiträge aus ihrem Staatshaushalt an die Europäische Union mit der Folge, dass die
Leistungen, die diese Einrichtungen ihren Bediensteten erbringen, zu einem wesentlichen Teil mittelbar aus
deutschen öffentlichen Mitteln fließen (BVerwG, U.v. 12.3.1980 - 6 C 15.78 - Buchholz 232.5 § 56 BeamtVG
Nr. 2 - juris). Damit beteiligt sich die Bundesrepublik Deutschland im Sinne des § 53 Abs. 8 Satz 3
BeamtVG an der Europäischen Union und damit auch am Europäischen Forschungsrat (vgl. auch
Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: Januar
2015, Hauptband II, § 53 BeamtVG Rn. 257)
29
(c) Der Vortrag des Klägers, die Exekutivagenturen der Union seien anders zu behandeln als die Organe
der Europäischen Union, verkennt, dass zwischen dem Europäischen Forschungsrat und der
Exekutivagentur des Europäischen Forschungsrats zu unterscheiden ist. Aus dem Erwägungsgrund zum
Beschluss der Kommission vom 2. Februar 2007 (2007/134/EG) ergibt sich, dass eine spezifische
Durchführungsstelle in Form einer Exekutivagentur eingerichtet werden soll, was mit Beschluss der
Kommission vom 14. Dezember 2007 zur Einsetzung der „Exekutivagentur des Europäischen
Forschungsrats“ für die Verwaltung des spezifischen Gemeinschaftsprogramms „Ideen“ auf dem Gebiet der
Pionierforschung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 58/2003 des Rates (2008/37/EG) erfolgt ist. Der Kläger
war jedoch beim Europäischen Forschungsrat und nicht bei der Exekutivagentur des Europäischen
Forschungsrats tätig.
30
(d) Der Kläger schließt aus der tatsächlichen Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen ihm und
dem Europäischen Forschungsrat bzw. der Europäischen Union, eine Verwendung im öffentlichen Dienst
habe nicht stattgefunden. Er habe in seiner Eigenschaft als Generalsekretär die Arbeit des
wissenschaftlichen Rates auf Basis einer Vereinbarung privatrechtlicher Natur mit der Europäischen
Kommission unterstützt. Er habe zu keinem Zeitpunkt die vorgesehenen Rechte und Pflichten eines
Generalsekretärs wahrgenommen. Er habe diesen Titel nur formal getragen. Seine Rechte und Pflichten
seien allein durch den privatrechtlichen Vertrag begründet worden. Auch damit legt der Kläger keine
ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils dar. Das für eine "Verwendung im öffentlichen Dienst"
notwendige Abhängigkeitsverhältnis liegt auch dann vor, wenn zwischen den Betroffenen ein vertragliches
Arbeitsverhältnis bzw. ein privatrechtlicher Dienstvertrag besteht (vgl. OVG Münster, U.v. 5.11.2008 - 21 A
3542/06 - juris Rn. 40).
31
Der Kläger verneint ein Abhängigkeitsverhältnis, weil die Tätigkeit des Klägers wissenschaftlichen
Maßstäben folge, welche insbesondere auf der persönlichen Reputation und Integrität sowie
Unabhängigkeit des Klägers von politischen und anderen Interessen basierte. Der Kläger habe in seiner
Eigenschaft als Generalsekretär die Arbeit dieses Gremiums auf einer kollegialen und gleichberechtigten,
nicht weisungsgebundenen Basis unterstützt. Mangels Einwirkungsmöglichkeiten der Europäischen
Kommission oder anderer europäischer Institutionen auf den Europäischen Forschungsrat und damit auch
auf die Durchführung der Tätigkeit des Klägers müsse die Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit betrachtet
werden. Ein besonderes Amtsverhältnis habe nicht bestanden, weil eine projektbezogene Tätigkeit
vorgelegen habe, nämlich der Aufbau und die Leitung des Europäischen Forschungsrats in der Anfangszeit.
Die selbstständige Tätigkeit des Klägers bei einer unabhängigen, keiner europäischen Institution
zugeordneten Stelle sei keine Verwendung im öffentlichen Dienst.
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Unter Verwendung wird herkömmlich jede Art von Beschäftigung im öffentlichen Dienst verstanden, die in
einem Abhängigkeitsverhältnis zu einer der in § 53 Abs. 8 BeamtVG genannten Einrichtungen ausgeübt
wird (vgl. grundlegend: BVerwG, U.v. 22.7.1965 - II C 22.64 - BVerwGE 22, 1 - juris). Die Forderung nach
einem Abhängigkeitsverhältnis dient allein der Abgrenzung der Beschäftigung im öffentlichen Dienst von
einer selbstständigen Tätigkeit für eine öffentliche Einrichtung, etwa als privater Unternehmer (vgl. BVerwG,
U.v. 20.6.1985 - 2 C 101.81 - ZBR 1985, 341 - juris 18). Es liegt vor, wenn der Versorgungsberechtigte dem
Dienstherrn zu einer bestimmten Tätigkeit verpflichtet und mindestens hinsichtlich der Art und Weise seiner
Beschäftigung den Weisungen des Dienstherrn unterworfen ist, etwa als Beamter, Tarifbeschäftigter oder in
einem anderen privatrechtlichen Dienstverhältnis (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2011 - 2 C 39/09 - BVerwGE 139,
357 - juris Rn. 15). So liegt der Fall hier. Der vom Kläger vorgelegte Arbeitsvertrag bestimmt in dessen Art.
3, dass die Aufgaben des Klägers in Art. 7 des Beschluss der Kommission vom 2. Februar 2007 zur
Einrichtung des Europäischen Forschungsrats (2007/134/EG) festgelegt sind (Generalsekretär des
Europäischen Forschungsrats) und die Dienste auf Ersuchen des wissenschaftlichen Rates als der hierzu
von der Kommission bestimmten Institution erbracht wird. Dafür, dass der Kläger eine projektbezogene
Tätigkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeübt hätte, fehlt es an einem
substantiierten Sachvortrag. Unabhängig davon wurde bereits ausgeführt, dass der Europäische
Forschungsrat selbst eine überstaatliche Einrichtung ist, so dass hinsichtlich der Frage eines
Abhängigkeitsverhältnisses auf das Verhältnis zwischen dem Europäischen Forschungsrat und dem Kläger
ankommt. Zu dieser Problematik hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass der Kläger als
Generalsekretär in die Organisation des Europäischen Forschungsrats eingebunden war und auf den Art. 7
des Beschluss der Kommission vom 2. Februar 2007 zur Einrichtung des Europäischen Forschungsrats
(2007/134/EG) verwiesen. Danach unterstützt der Generalsekretär den wissenschaftlichen Rat, indem er
dessen wirksame Kommunikation mit der Kommission und mit der spezifischen Durchführungsstelle (=
Exekutivagentur des Europäischen Forschungsrats) sicherstellt. Nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des zitierten
Beschlusses legt der wissenschaftliche Rat die Aufgaben des Generalsekretärs fest. Der Kläger befand sich
mithin in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Europäischen Forschungsrat.
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e. Der Kläger wendet sich schließlich gegen die Abweisung der Klage auch hinsichtlich des Klageantrags zu
III, den Bescheid des Landesamt vom 29. Oktober 2008 in jeweiliger Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 6. Dezember 2010 und des Bescheids über die Ruhensberechnung vom 22. Juli 2011 und des
Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2012 aufzuheben.
34
Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Anfechtungsklage hinsichtlich des Bescheids vom
29. Oktober 2008 und des Widerspruchsbescheids vom 6. Dezember 2010 bereits unzulässig ist, weil sich
die Bescheide erledigt haben (s.o.). Bezüglich des Bescheids vom 22. Juli 2011 und des
Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2012 sei sie zulässig, aber unbegründet. Die Ruhensberechnung
sei in Hinblick auf die Anrechnung des Verwendungseinkommens aus der Tätigkeit als Generalsekretär des
Europäischen Forschungsrats rechtmäßig. Andere Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit der Berechnung
habe der Kläger nicht vorgetragen; solche seien auch nicht ersichtlich.
35
Der Kläger führt hierzu aus, dass des Verwaltungsgericht übersehen habe, dass effektiver Rechtsschutz
gegen den Bescheid nicht möglich sei, da eine Aufhebung des Bescheids vom 22. Juli 2011 gerade dazu
führen würde, dass der Bescheid vom 29. Oktober 2008 bestandskräftig wieder aufleben würde. Daraus
ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Das
Verwaltungsgericht hat auch insoweit die Klage im Ergebnis zutreffend abgewiesen. Der Klageantrag ist
nicht zielführend. Im Ergebnis begehrt der Kläger die Aufhebung des Bescheids vom 29. Oktober 2008 und
des Widerspruchsbescheids vom 6. Dezember 2010. Gegen die Bescheide kann der Kläger jedoch nicht
mehr im Wege der Anfechtungsklage vorgehen, weil diese durch den Bescheid vom 22. Juli 2011 „hinfällig“
wurden und sich mithin erledigt haben (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 42 Rn. 14).
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2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten der
Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
37
a. Der Kläger meint, dass es eines erheblichen Lektüre- und auch Verständnisaufwands bedürfe, um zum
einem die Regelungsgehalte des Bescheide feststellen und letztlich auch anhand des Bescheidszwecks
ergründen zu können, ob die Bescheidstechnik zu einer nachvollziehbaren Verbescheidung geführt hat.
Allein durch die Zahl der Bescheide sei schon von einem komplexen Sachverhalt auszugehen. Der Kläger
unterstellt der Rechtssache insoweit besondere tatsächliche Schwierigkeiten. Solche vermag der Senat
indes nicht zu erkennen. Die Bescheidslage mag auf den ersten Blick unübersichtlich erscheinen, ist es
letztlich aber nicht. Der Bescheid vom 29. Oktober 2008 und der Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember
2010 haben sich erledigt und haben für den Rechtsstreit ersichtlich keine Bedeutung. Hinsichtlich der
Ruhensberechnung reduziert sich die Bescheidslage auf den Bescheid vom 22. Juli 2011 und den
Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2012. Besondere tatsächliche Schwierigkeiten bestehen vor diesem
Hintergrund nicht, selbst wenn man auch die Historie zu dem im Verfahren 3 ZB 13.2117
streitgegenständlichen Rückforderungsbescheid in den Blick nehmen wollte.
38
b. Aus den unter II.A.1.c.(2) dargestellten Gründen ergibt sich zugleich, dass die Rechtssache hinsichtlich
der Tätigkeit des Klägers als Generalsekretär des Europäischen Forschungsrats im öffentlichen Dienst einer
überstaatlichen Einrichtung nicht die geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne
des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist. Hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers als Generalsekretär beim
International Human Frontier Science Program Organization können sich schon deshalb keine besonderen
tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten ergeben, weil diese Tätigkeit nicht Streitgegenstand ist.
39
B. Verfahren 3 ZB 13.2117 (Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge)
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Die Berufung war im tenorierten Umfang zuzulassen, weil die Rechtssache insoweit besondere tatsächliche
und rechtliche Schwierigkeiten aufweist (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Der Senat hält es für klärungsbedürftig,
ob die International Human Frontier Science Program Organization eine zwischenstaatliche oder
überstaatliche Einrichtung im Sinne des § 53 Abs. 8 BeamtVG ist, an der die Bundesrepublik Deutschland
durch Zahlung von Beiträgen oder Zuschüssen oder in anderer Weise beteiligt ist. Hierbei wird
insbesondere zu klären sein, ob für das Bejahen einer zwischenstaatlichen/überstaatlichen Einrichtung
ausreichend ist, wenn eine Staatengemeinschaft über Einrichtung, Schicksal und Finanzierung der
Organisation entscheidet, diese also vom „Wohl und Wehe“ dieser Staaten abhängig ist oder ob rein formal
auf die Statuten der Organisation abzustellen ist, die sich in Art. 1 Nr. 1 als „an international nongovernmental non profit association“ bezeichnet. Der Senat hält es insoweit nicht für sachgerecht auf die
Richtlinie für die Entsendung von Beschäftigten des Bundes zu den öffentlichen zwischenstaatlichen
Einrichtung, zur Verwaltung oder zur Einrichtung eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union oder zur
Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit (Entsendungsrichtlinie Bund - EntsR), GMBl
2014, 633, abzustellen, die allenfalls Indiz- jedenfalls aber keine konstitutive Wirkung hat. Eine Klärung ist
auch nicht unter Hinweis auf den Bescheid vom 24. September 2009 (Fiktive Anrechnung von einem
monatlichen Verwendungseinkommen in Höhe von 10.000 € ab dem 1. Juli 2009 bis zur Vorlage
entsprechender Einkommensnachweise) entbehrlich, da der Empfänger den Empfang des
Ruhensbescheids bestritten hat (vgl. Beck’scher Online-Kommentar VwVfG, Stand: 1. Juli 2015, § 41 Rn.
49) und der Beklagte im Zulassungsverfahren den Nachweis für einen Zugang nicht führen konnte (vgl. Rn.
Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 41 Rn. 127). Mithin kann zum
gegenwärtigen Stand nicht davon ausgegangen werden, dass der Bescheid in Bestandskraft erwachsen ist,
mit der Folge, dass der Rückforderungsanspruch begründet wäre (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2009 - 14 ZB
08.764 - juris; vgl. auch Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der
Länder, Stand: Mai 2015, § 52 BeamtVG Rn. 73). Abhängig von der Bewertung der International Human
Frontier Science Program Organization als zwischenstaatliche oder überstaatliche Einrichtung im Sinne des
§ 53 Abs. 8 BeamtVG, wird auch der Frage nachzugehen sein, ob der Kläger als Generalsekretär einer
abhängigen Beschäftigung nachgegangen ist.
41
Im Übrigen war der Antrag auf Zulassung der Berufung auch in diesem Verfahren abzulehnen:
42
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht.
43
a. Die Bescheidslage ist die Folgende: Der Bescheid vom 29. Oktober 2008 und der Widerspruchsbescheid
vom 6. Dezember 2010 wurden mit Bescheid vom 22. Juli 2011 aufgehoben und haben damit ihre
Wirksamkeit verloren (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG). Unwirksam geworden ist auch der Widerspruchsbescheid
vom 22. Dezember 2011, der mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2012 aufgehoben worden ist. Die
streitige Ruhensberechnung bemisst sich damit allein nach dem Bescheid vom 22. Juli 2011 in der Fassung
des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2012.
44
b. Das Verwaltungsgericht hat den Hauptantrag des Klägers, festzustellen, dass der Bescheid des
Landesamts vom 22. Dezember 2010 in jeweiliger Gestalt des Bescheids vom 22. September 2011 und der
Widerspruchsbescheide vom 27. Dezember 2011 und vom 27. Januar 2012 nichtig ist, zu Recht
abgewiesen und ausgeführt, dass die Bescheide ausreichend bestimmt und nachvollziehbar seien.
Insgesamt lasse sich der Regelungsgehalt der angegriffenen Entscheidung bei Berücksichtigung sämtlicher
offensichtlicher Umstände feststellen, so dass im Ergebnis von einer Unbestimmtheit oder Nichtigkeit nicht
ausgegangen werden könne.
45
(1) Der Kläger führt er aus, die Ziff. 1 des Bescheids vom 22. September 2011 sei unbestimmt und
unverständlich. In Satz 2 werde darauf verwiesen, dass der vorhergehende Bescheid geändert werde und
sich „Näheres“ aus einem weiteren, anderen Bescheid sowie aus einer Bezügemitteilung ergebe. Was das
„Nähere“ sei und was der Adressat zu befolgen habe, werde nicht deutlich. Im Gegenteil, die Ziff. 1 werde
damit widersprüchlich, denn was es an anderen Pflichten neben einer klaren Zahlungsaufforderung zu
befolgen gebe, sei nicht ersichtlich. Ein verständiger Adressat sie nicht in der Lage, die Ziff. 1 des
Bescheids zu befolgen.
46
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich hieraus nicht. Hinsichtlich der
Bestimmtheit des Inhalts muss der Entscheidungsinhalt eines Verwaltungsakts so gefasst sein, dass der
Adressat ohne weiteres erkennen kann, was genau von ihm gefordert wird bzw. was in der ihn betreffenden
Angelegenheit geregelt worden ist (vgl. Beck’scher Online-Kommentar VwVfG, Stand: 1.4.2015, § 37
VwVfG Rn. 19). Nach diesen Vorgaben ist die Ziff. 1 des Bescheids vom 22. September 2011 hinreichend
bestimmt. Aus dem Satz 1 lässt sich unschwer, auch für den juristischen Laien, ablesen, was von dem
Adressaten verlangt wird, nämlich die Rückzahlung einer Überzahlung in Höhe von 103.025,86 €. Die
Verweisung in Satz 2 der Ziff. 1 des Tenors dient letztlich der Transparenz der getroffenen Regelung. Damit
durfte hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen, der Anrechnung des Einkommens aus der Tätigkeit
beim Europäischen Forschungsrat, auf den Ruhensbescheid vom 22. Juli 2011 Bezug genommen werden,
ohne dass dies auf Gründen der Bestimmtheit, Art. 37 BayVwVfG, bedenklich wäre. Die Bezugnahme auf
die Bezügemitteilung vom 17. Juni 2001 nebst Ruhensberechnung nach § 53 BeamtVG (vom 14. Juli 2011)
dient ebenfalls der Konkretisierung.
47
Der Bescheid vom 22. September 2011 ist auch nicht insoweit missverständlich, als dieser die
Regelungswirkung des Bescheids vom 22. Dezember 2010, nämlich die Summe des
Rückforderungsbetrags reduziert und den Sofortvollzug aufhebt, es „im Übrigen“ aber bei dem Bescheid
vom 22. Dezember 2010 bleibt. Das Landesamt hat mit dem Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2012
letztlich auf Wunsch des Klägers ausdrücklich klargestellt, dass sich der Bescheid vom 22. September 2011
bezüglich des vollen Rückforderungsbetrags als neue Sachentscheidung darstellt und insoweit den
Bescheid vom 22. Dezember 2010 vollumfänglich ersetzt.
48
(2) Der Kläger verweist auf eine Zusage des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung
und Kunst in Absprache mit dem Staatsministerium der Finanzen, dass der Bescheid vom 22. Dezember
2010 aufgehoben und neu erlassen werde und daher seitens des Klägers keine Rechtsmittel einzulegen
seien, ohne hieraus irgendeinen einen rechtlichen Schluss zu ziehen, so dass er auch insoweit keine
ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils darlegen kann. Im Übrigen ist dieser „Zusage“ spätestens
durch den Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2012 Rechnung getragen worden.
49
(3) Mit der Ziff. 2 des Bescheids vom 22. September 2011 wird die Anordnung der sofortigen Vollziehung in
Ziff. 2 des Bescheids vom 22. Dezember 2010 aufgehoben. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember
2011 wiederum wurde die Ziff. 2 des Bescheids vom 22. September 2011 aufgehoben und ausgeführt, die
Aufhebung des Sofortvollzuges mit Bescheid vom 22. September 2011 stehe dem Gebot der öffentlichen
Kassen zur vollständigen und rechtzeitigen Erhebung der ihr zustehenden Einnahmen und damit dem
öffentlichen Interesse entgegen. Damit sei die Aufhebung wieder rückgängig zu machen. Mit
Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2012 wurde der Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2011
aufgehoben und kein weiterer Sofortvollzug mehr angeordnet. Das Zusammenspiel der Bescheide ist ohne
weiteres nachvollziehbar, so dass auch insoweit keine Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des
Bescheids vom 22. Dezember 2010 in jeweiliger Gestalt des Bescheids vom 22. September 2011 und der
Widerspruchsbescheide vom 27. Dezember 2011 und vom 27. Januar 2012 bestehen.
50
(4) Der Kläger meint, die Zusammenführung der Ruhens- und Rückforderungsbescheide mit dem
Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2012 sei für sich allein schon unverständlich, ohne dies weiter
auszuführen und kommt damit dem Darlegungsgebot des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht nach.
51
(5) Der Kläger rügt schließlich, effektiver Rechtsschutz gegen den Widerspruchsbescheid vom 27. Januar
2012 sei nicht möglich, da im Falle seiner Aufhebung der Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2011
bestandskräftig wieder aufleben würde. Einem unvoreingenommen Dritten dränge sich dies auch auf, da er
sofort zu dem Schluss kommen müsse, dass er sich nicht gleichzeitig gegen den Widerspruchsbescheid
vom 27. Januar 2012 und den dadurch aufgehobenen Bescheid vom 27. Dezember 2011 wehren könne.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich daraus nicht, insoweit wird auf die
Ausführungen unter II.A.1.b.(1) verwiesen.
52
c. Die Abweisung der Klage auch hinsichtlich des Hilfsantrags zu I., den Bescheid des Landesamts vom 22.
Dezember 2010 in jeweiliger Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 27. Januar 2011 und vom 27. Januar
2012 aufzuheben, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln.
53
Hinsichtlich der Bewertung der Tätigkeit des Klägers für den Europäischen Forschungsrat wird auf die
Ausführungen unter II.A.1.c(2) verwiesen.
54
d. Das Verwaltungsgericht hat die Klage auch hinsichtlich des Hilfsantrags II. Nr. 1, den Bescheid vom 22.
September 2011, in jeweiliger Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 27. Dezember 2011 und 27. Januar
2012 aufzuheben, zutreffend abgewiesen. Auch insoweit kann auf die Ausführungen unter II.A.1.c.(2)
verwiesen werden.
55
e. Der Hilfsantrag II. Nr. 2, den Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 22. Dezember 2010
zurückzunehmen, scheitert bereits am mangelnden Rechtsschutzbedürfnis, da der Bescheid nicht mehr
wirksam ist (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG). Die Klage ist mithin unzulässig, so dass Fragen der Begründetheit
keiner Erörterung bedürfen. Gleiches gilt für den hilfsweise zu Ziff. I. und II. gestellten Antrag, den Bescheid
des Landesamts vom 22. Oktober 2010 in jeweiliger Gestalt des Bescheids vom 22. September 2011 und
der Widerspruchsbescheide vom 27. Dezember 2011 und 27. Januar 2012 aufzuheben, soweit dadurch
vom Kläger eine Überzahlung in Höhe von 103.025,86 € gefordert worden ist. Auch hier wird mit dem
Klageantrag an den unwirksamen Bescheid vom 22. Oktober 2010 angeknüpft.
56
f. Hilfshilfsweise zu II. beantragte der Kläger, festzustellen, dass der Bescheid vom 22. Dezember 2010
gegenstandslos geworden ist. Diesem Klageantrag wurde bereits durch den Widerspruchsbescheid vom 27.
Januar 2012 Rechnung getragen, der ausdrücklich feststellt, dass der Bescheid vom 22. September 2011
den Bescheid vom 22. Dezember 2010 ersetzt, so dass der Klage insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Damit wurde auch letztlich der E-Mail des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und
Kunst vom 14. Januar 2011 mit dem vom Kläger verstandenen Inhalt Rechnung getragen.
57
g. Der Kläger greift schließlich - ebenfalls ohne Erfolg - die Billigkeitsentscheidung nach § 52 Abs. 2 Satz 3
BeamtVG im Bescheid vom 22. September 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27.
Januar 2012 an. Da dieser Gesichtspunkt erstmals im Schriftsatz vom 5. Mai 2015 und damit nach Ablauf
der Antragsbegründungfrist (4. November 2013) vorgebracht wurde, ist das Vorbringen nach § 124a Abs. 4
Satz 4 VwGO verspätet und damit unbeachtlich.
58
2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten der
Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Insoweit kann zunächst, weil sich der Kläger insoweit
wiederholt, auf die Ausführungen unter II.A.1. verwiesen werden Der Hinweis allein auf die Anzahl der
Bescheide vermag einen komplexen Sachverhalt nicht zu begründen. Aus den unter II.A.1. dargestellten
Gründen ergibt sich zugleich, dass die Rechtssache hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers als
Generalsekretär des Europäischen Forschungsrats eine Verwendung im öffentlichen Dienst einer
überstaatlichen Einrichtung ist und nicht die geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten im
Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist.
59
C. Kosten und Streitwert
60
Einer Kostenentscheidung bedarf es für das Zulassungsverfahren nicht, soweit die Berufung zugelassen
wird, weil die Kosten des Zulassungsverfahrens insoweit zu den Kosten des Berufungsverfahrens gehören
und gesonderte Gerichtsgebühren nach Nr. 5121 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG)
nicht entstehen. Die Kostenentscheidung für das Zulassungsverfahren, soweit die Anträge auf Zulassung
der Berufung abgelehnt werden, beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
61
Die vorläufige Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. und 52 Abs. 3
GKG. Hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers als Generalsekretär bei der International Human Science
Program Organization wurden überzahlte Versorgungsbezüge in Höhe von 26.944,08 Euro (4 x 6.736,02
Euro für die Monate Juli bis Oktober 2009) mit Bescheid vom 22. September 2011 in der Fassung des
Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2012 zurückgefordert.
62
Die Streitwertfestsetzung im Verfahren 3 ZB 13.2116 beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG. Der
Ruhensbescheid vom 22. Juli 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2012
betrifft einen Ruhensbetrag in Höhe von 19.854,12 Euro (Ruhensbetrag ab 1.1.2007: 2002,56 Euro; ab
1.4.2007: 1.937,56 Euro; ab 1.5.2007: 2002,56 Euro; ab 1.10.2007: 1.896,08 Euro; ab 1.12.2007: 0,00
Euro).
63
Die Streitwertfestsetzung im Verfahren 3 ZB 13.2117 (soweit der Antrags auf Zulassung der Berufung
abgelehnt worden ist) beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, § 47 Abs. 3 GKG. Insoweit sind überzahlte Bezüge in
Höhe von 79.853,93 Euro streitgegenständlich (103.025,96 Euro - 26.944,08 Euro = 76.081,78 Euro).
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Soweit die Anträge auf Zulassung der Berufung abgelehnt worden sind, ist dieser Beschluss unanfechtbar
(§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung der auf Zulassung der Berufung werden die Urteile des
Verwaltungsgerichts München bezüglich des Ruhensbescheids vom 22. Juli 2011 in der Fassung des
Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2012 und des Rückforderungsbescheids vom 22. September 2011
in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27. Dezember 2011 hinsichtlich der Anrechnung des
Einkommens aus der Tätigkeit des Klägers als Generalsekretär beim Europäischen Forschungsrat als
Verwendungseinkommen und der getroffenen Billigkeitsentscheidung im Rückforderungsbescheid
rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
65
Soweit die Berufung zugelassen wurde, gilt die nachfolgende Belehrung.
Belehrung
66
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung
zu begründen. Die Begründung ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift:
Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach:
Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf
gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag
enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Wegen der
Verpflichtung, sich im Berufungsverfahren vertreten zu lassen, wird auf die einschlägigen, jeweils geltenden
Vorschriften Bezug genommen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.