Kommentar zum Koalitionsvertrag Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode 2015 – 2019 Bremen, 23. Juli 2015 Arbeitnehmerkammer Bremen Die Arbeitnehmerkammer begrüßt die Intensität, mit der sich die Koalition dem Thema Arbeit und Gute Arbeit widmet. Insbesondere die mehrfache Selbstverpflichtung auf vollqualifizierende Berufsabschlüsse und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, die es durch Arbeitsmarktpolitik, Qualifizierungspolitik, Wirtschaftspolitik zu erreichen gelte, unterstützen wir mit ganzer Kraft. Angesichts neuer und notwendiger Qualifizierungs- und Bildungsprozesse durch die – nicht nur – technischen Herausforderungen der fortschreitenden Digitalisierung der Arbeitswelt, ist eine übergreifende und gemeinsame Strategie der Politikbereiche Arbeit, Wirtschaft, Bildung und Wissenschaft notwendig. Die Arbeitnehmerkammer teilt darüber hinaus die Auffassung, dass gute Bildung und gute Arbeit die besten Mittel zur Verbesserung gesellschaftlicher Teilhabe und Armutsüberwindung sind. Zu einzelnen Themen des Koalitionsvertrages nehmen wir im Interesse unserer Mitglieder wie folgt Stellung: Jobcenter Die Arbeitnehmerkammer begrüßt, dass die Jobcenter unter erhöhtem kommunalem Einfluss zu leistungsfähigen Dienstleistern ausgebaut werden sollen, die einen wertschätzenden Umgang mit Bürgerinnen und Bürgern pflegen, vorhandene Qualifikationen verlässlich feststellen und individuell passende Förderentscheidungen treffen. Darüber hinaus halten wir es jedoch für wichtig, einer nachhaltigen Arbeitsmarktperspektive Vorrang vor der schnellen Vermittlung zu geben. In diesem Sinne unterstützen wir es sehr, dass die Förderinstrumente stärker als bisher auf das Nachholen einer vollqualifizierenden Berufsausbildung ausgerichtet werden sollen. Dabei sollte der Weg über systematische Qualifizierungstreppen nicht den Alleinerziehenden vorbehalten bleiben, sondern bei Bedarf allen Arbeitslosen zugänglich sein. Für ebenso wichtig halten wir die Stärkung der bewerberorientierten Arbeitsvermittlung, die zudem strikt an das Kriterium einer nachhaltigen Perspektive geknüpft werden sollte. Die Reduzierung der Vermittlung in Leiharbeit ist dafür ein guter Schritt, er müsste jedoch konkretisiert werden und wird allein nicht ausreichen. Mit der anstehenden Modernisierung des Vergaberechts durch den Bund sollten die Jobcenter zudem in Zukunft die neuen Möglichkeiten nutzen, bei Aktivierungsmaßnahmen der inhaltlichen Qualität und Eignung von Bildungsanbietern eine höhere Priorität einzuräumen als dem Preis. Langzeitarbeitslosigkeit Die Arbeitnehmerkammer begrüßt, dass sich die neue Landesregierung beim Bund für den „Passiv-Aktiv-Transfer“, eine grundlegende Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente im Sinne der Verbindung von marktnah ausgestalteter öffentlich geförderter Beschäftigung mit Qualifizierung und ein auskömmliches Eingliederungsbudget der Jobcenter einsetzen will. Dies sind wichtige Voraussetzungen für einen sozialen Ersatzarbeitsmarkt, der Langzeitarbeitslosen verlässlich Teilhabe- und Integrationsperspektiven bietet. Wir wünschen uns jedoch, dass die bereits bestehenden Möglichkeiten für den Aufbau eines durchlässigen Sektors mit sozialversicherungspflichtiger öffentlich geförderter Beschäftigung offensiv genutzt werden. Dafür ist das Einwerben von Bundesmitteln allein nicht ausreichend. Mittelfristig brauchen Bremen und Bremerhaven eine mehrdimensionale sozialintegrative Strategie gegen lange andauernde Arbeitslosigkeit, an deren Entwicklung wir uns u.a. im Rahmen der von uns angekündigten Werkstattgespräche zu diesem Thema gerne beteiligen. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang ausdrücklich die von der Landesregierung intendierten Einstellungsprogramme für Langzeitarbeitslose im öffentlichen Dienst (z.B. Reinigungskräfte, Hausmeister). 1 Arbeitnehmerkammer Bremen Ausbildung Die Arbeitnehmerkammer begrüßt den Willen der Koalition, das duale Ausbildungssystem zu stärken. In diesem Sinne finden die Betonung der Verantwortung der privaten und auch der öffentlichen Arbeitgeber für ein ausreichendes Ausbildungsangebot, die Zusicherung der guten Qualität der Berufsschulen in Bremen und Bremerhaven und schließlich das Vorhaben, mit den anderen Ländern gemeinsam mehr schulische Ausbildungsgänge zu dualer Ausbildung weiterzuentwickeln, unsere volle Unterstützung. Ebenso positiv finden wir die Zusage, dass die Landesmittel für die Ausbildungsgarantie verstetigt werden, um allen Jugendlichen Wege in Ausbildung zu ermöglichen. Wir plädieren zusätzlich für ein transparentes Controllingsystem, damit durch die Ausbildungsgarantie keine betrieblichen Ausbildungsplätze verdrängt werden und das Angebot sich an den Bedarfen orientiert. Beim Umbau des Übergangssystems muss berücksichtigt werden, dass auch weiterhin Bildungsgänge gebraucht werden, die Jugendlichen vor der Ausbildung eine allgemeinbildende Besser- und Höherqualifizierung ermöglichen. Sie gehören nicht zu den Warteschleifen, müssen aber qualitativ besser und erfolgreicher werden. Wirtschaft Der Koalitionsvertrag benennt im ersten Absatz des Kapitels zur Wirtschaftspolitik den bremischen Nachholbedarf an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Wir begrüßen ausdrücklich, dass Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik durch diese Formulierung in sehr engem Zusammenhang gedacht werden. Dieser Zusammenhang muss in der Förder- und Clusterpolitik der Landesregierung noch deutlicher als bisher in der Praxis verankert werden. Die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen aber auch fiskalischen Folgen des hohen Anteils prekärer Beschäftigung auf dem Bremer Arbeitsmarkt sind ein Schwerpunktthema der Arbeitnehmerkammer – gerne stehen wir hier weiterhin als Gesprächspartner zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir, dass die neue Landesregierung öffentliche Mittel dort einsetzen will, wo Tarifverträge abgeschlossen wurden und Leiharbeit begrenzt werden soll. Durch die erhebliche Ausweitung der GRW Mittel (Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“) ist der Hebel für die Verknüpfung der Wirtschaftsförderung mit Guter Arbeit deutlich größer geworden. Die angekündigte Stärkung und Weiterentwicklung des touristischen Angebots in Bremen und Bremerhaven sehen wir als ein hervorragendes Beispiel für die nötige und mögliche Verknüpfung der Themen Arbeit und Wirtschaft und begrüßen vor diesem Hintergrund die angekündigten Branchendialoge zum Gastgewerbe und Einzelhandel. Im Rahmen dieser Gespräche muss das Land zugleich mit der Stärkung des Wirtschaftszweiges auch auf fairer und guter Arbeit beharren. Vor allem im Einzelhandel müssen bei geplanten Ansiedlungsprojekten auch die Folgen für die Beschäftigten berücksichtigt werden. Clusterpolitik Die vielfältigen Maßnahmen zur Sicherung der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit begrüßen wir. Allerdings werden sie im wesentlichen auf die bestehenden Cluster bezogen, die stark auf industrielle Branchen ausgerichtet sind. Eine Öffnung in Richtung der erfolgreichen Dienstleistungsbranchen und entsprechende Erweiterung der Clusterpolitik fehlt aus unserer Sicht. Die Dienstleistungslandschaft im Land Bremen hat eine sehr dynamische Entwicklung hinter sich. 80 Prozent der Beschäftigten im Lande Bremen sind hier tätig. Neben der wichtigen Pflege unserer industriellen Kerne sind damit die Bereiche Logisitik, Gesundheit und Soziales, unternehmensnahe Dienstleistungen als Wachstumsbranchen in den Blick zu nehmen. Die Arbeitnehmerkammer hat einen „Masterplan Dienstleistungen“ für das Bundesland Bremen vorgeschlagen. Dies halten wir nach wie vor für sinnvoll. Darin ist z.B. eine eigenständige und direkte Förderung ausgewählter Dienstleistungsbranchen 2 Arbeitnehmerkammer Bremen vorzusehen, da viele dieser Branchen keine Zulieferer oder Kooperationspartner der aktuellen Cluster darstellen. Digitalisierung Der Koalitionsvertrag erkennt die weitreichende Bedeutung der Digitalisierung an und verweist auf die notwendige arbeitnehmerfreundliche Gestaltung der sich wandelnden Arbeitswelt. Die Bedeutung von Gründern, Start-Ups und der MakerCommunity wird im Hinblick auf die sich wandelnde Wirtschaftswelt zu Recht betont. Initiativen wie das Bremer FabLab oder eine Offene Fabrik sind wichtige Bausteine, insgesamt gilt es der „Szene“ die notwendige Unterstützung und Infrastruktur zu bieten. Analog dem von der Bundesarbeitsministerin veröffentlichten Grünbuch spricht die Arbeitnehmerkammer lieber von Arbeit 4.0 als von Industrie 4.0, da viele Veränderungen sich nicht auf die technischen Neuigkeiten bzw. industrielle Nutzung verengen lassen. Lebenslanges Lernen für Beruf und Alltag Die Regierungskoalition formuliert Ziele für die berufliche und betriebliche Weiterbildung ganz unterschiedlicher Arbeitnehmergruppen, dazu gehören an Aufstiegsfortbildungen und berufsbegleitendem Studium interessierte Beschäftigte ebenso wie arbeitsmarktbenachteiligte Beschäftigte. Wir begrüßen dies und bieten konzeptionelle Unterstützung für eine im Koalitionsvertrag angedeutete Mehrebenenstrategie an, die sowohl die Weiterbildungsträger und Hochschulen, als Anbieter eines erweiterten und differenzierteren Angebots, als auch die Betriebe, als Unterstützer von Betriebspartnerschaften, Lernzeitkonten und Weiterbildungsfonds, einbeziehen soll. Darüber hinaus müssen neue und bessere individuelle Förderstrategien für Beschäftigte entwickelt werden, wie Formen der Bildungsteilzeit für Beschäftigte mit unflexiblen Arbeitszeiten bis hin zu Stipendien für Studien- und Bildungsinteressierte der unteren Einkommensgruppen. Positiv sehen wir auch die Absicht der Koalition, die Beratung und Nachqualifizierung für Zugewanderte und Flüchtlinge mit Auslandsqualifikationen sowie für Beschäftigte ohne Berufsabschluss weiter auszugestalten. In diesem Rahmen wäre ein Landesprogramm für die Nachqualifizierung von Hilfskräften in der Pflege, das von der Koalition als prüfungswürdig eingeschätzt wird, besonders sinnvoll. Erfreulich ist, dass die Regierungskoalition der nach dem Bremischen Weiterbildungsgesetz anerkannten Weiterbildung in Zukunft verlässlichere finanzielle Rahmenbedingungen geben und mit Fachleuten und anerkannten Weiterbildungsträgern einen Erwachsenenbildungsplan erarbeiten wird, der insbesondere die Weiterbildung im öffentlichen Interesse stärken soll. Wir halten es ebenfalls für sinnvoll, sowohl das Angebot als auch die Förderstruktur der anerkannten Weiterbildung zielgruppengerechter zu gestalten. Die Arbeitnehmerkammer begrüßt, dass die Regierungskoalition im Sinne von Bürgerbeteiligung und Demokratiefähigkeit der Landeszentrale für politische Bildung im Verbund mit anderen zivilgesellschaftlichen und bildungspolitischen Akteuren die Aufgabe zuweist, Strategien und Empfehlungen für die politische Bildung zu erarbeiten. Wissenschaft Besonders positiv hervorzuheben sind die Initiativen der Koalition auf Bundes- und auf Landesebene, die Beschäftigungsverhältnisse und Arbeitsbedingungen des wissenschaftlichen Personals an Hochschulen verbessern sollen. In enger Kooperation mit den Gewerkschaften wird sich die Arbeitnehmerkammer im Dialog mit Hochschulen und 3 Arbeitnehmerkammer Bremen Landesregierung für mehr unbefristete Beschäftigung und für bessere Arbeitsbedingungen an Hochschulen einsetzen. Zu begrüßen ist weiterhin, dass die Koalition die Hochschulen dabei unterstützen wird, sich noch mehr an einer heterogenen Studierendenschaft auszurichten. Auch wir halten gezielte Beratung nicht-traditioneller Studierender und ein verbessertes Angebot an berufsbegleitender Weiterbildung und berufsbegleitendem Studium für notwendig. Die neu zu entwickelnden Angebote müssen jedoch auch für Beschäftigte der mittleren und unteren Einkommensgruppen finanzierbar bleiben und können nicht ohne Ansehen der Zielgruppe selbstkostendeckend konzipiert werden. Kinder und Bildung Die Arbeitnehmerkammer begrüßt, dass durch weitere 2.100 neue Krippen- bzw. Kitaplätze die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter verbessert wird. Dass für 50 Prozent der Kinder in allen Stadtteilen Krippenplätze geschaffen werden, ist außerdem ein zentraler Schritt zur Förderung von Anfang an und zur Vorbeugung gegen (Bildungs-) Armut. Dazu gehört auch das geplante (Neubau-) Programm mit standardisierten Ausbaumodulen speziell in Stadtteilen mit vielen armen Familien, der erweiterte Rechtsanspruch auf jetzt 30 Stunden Betreuung für alle Kinder ab einem Jahr sowie die geplante Fachkraft für (alltagsintegrierte) Sprachförderung in benachteiligten Quartieren. Aus Sicht der Arbeitnehmerkammer ist die genannte Fortführung der bisherigen Entwicklung der Kitas zu Kinder- und Familienzentren allerdings bei weitem nicht ausreichend. Die im Koalitionsvertrag benannten Aufgaben der Elternarbeit, des Kinderschutzes, der Frühförderung und der Sprachförderung können gerade in den Stadtteilen mit einem hohen Anteil armer Bevölkerung nicht weiterhin „nebenbei“ geleistet werden. Erforderlich ist ein integriertes Konzept, ein „Personal-Mix“ und die entsprechenden, zusätzlichen Ressourcen – analog der Praxis in anderen Großstädten. Soziale Stadtentwicklung und Quartiere Die Arbeitnehmerkammer begrüßt, dass die Regierungskoalition weitere Wohngebiete durch „passgenaue“ Aktivitäten weiterentwickeln will, in denen viele arme Bewohner/innen leben. Das betrifft vor allem die geplanten Entwicklungskonzepte für Blumenthal und das Gebiet vorderes Woltmershausen / Hohentorshafen. Dazu gehört auch die gesicherte KoFinanzierung der vom Bund aufgestockten Mittel für das Programm „Soziale-Stadt“ sowie die Fortführung der Programme Wohnen in Nachbarschaften (WiN) und „LOS“.Wenn die finanziellen Mittel in den bisher geförderten Gebieten nicht reduziert werden sollen, ist allerdings allein die Absicherung der bisherigen Mittel nicht hinreichend, sondern eine Aufstockung erforderlich. Aus Sicht der Arbeitnehmerkammer haben die bisherigen Erfahrungen gezeigt, das Fortschritte bei der Vorbeugung oder Reduzierung von Armut nicht allein durch vielfältige, im Koalitionsvertrag benannte (dezentrale) Programme und Projekte der verschiedenen Senatsressorts erzielt werden können. Erforderlich ist auch eine übergreifende (verantwortliche) Steuerung für die möglichst zu Beginn dieser Legislatur eine geeignete Form gefunden werden muss. Frauen / Alleinerziehende Alleinerzi ehende Gleichstellungspolitik macht sich im Koalitionsvertrag stark wie noch nie an der Stellung der Frau im Berufs- und Erwerbsleben fest – Gute Arbeit auch für Frauen. Die Ermöglichung einer eigenständigen Existenzsicherung durch Gute Arbeit ist zentrale Forderung der 4 Arbeitnehmerkammer Bremen Arbeitnehmerkammer seit langem. Wir begrüßen den entsprechenden Fokus im Koalitionsvertrag. Die aufgezeigten Wege dorthin gegen prekäre Arbeit, Wiedereinstiegshürden, unbezahlte Pflege in der Familie, Ehegattensplitting als „Bremse für Erwerbstätigkeit, Berufsorientierung für Mädchen verbessern, frauendominierte Berufe aufwerten, Entgeltgleichheit erreichen etc. , teilen wir, vermissen allerdings die Konkretisierung. Insbesondere die Neubewertung traditioneller Frauenberufe durch eine den Anforderungen angemessene Bezahlung steht aus unserer Sicht auf der politischen Tagesordnung. Hier ist das Land Bremen selbst als Arbeitgeber gefordert. Im Sinne der Fachkräftesicherung und einer guten Versorgung darf Bremen nicht länger zulassen, dass die Haushaltsnotlage die Gestaltung von Löhnen und Arbeitsbedingungen in wichtigen Breichen wie der Erziehung, der Pflege, der Betreuung und Integration diktiert. Die Forderung nach einem Entgeltgleichheitsgesetzes auf Bundesebene mit verbindlichen Regelungen, wirksamen Sanktionen und einem Verbandsklagerecht findet unsere Unterstützung. Alleinerziehende Siebenmal finden Alleinerziehende als besondere politische Zielgruppe in der Koalitionsvereinbarung Erwähnung und Beachtung. Die Anerkennung der Leistung von Alleinerziehenden, die häufiger berufstätig sind als Mütter in Paarfamilien, aber auch die hohe Betroffenheit von Armut erfordert besonderes Augenmerk. Wir schließen uns ausdrücklich der Forderung nach mehr Teilzeitausbildungen und Teilzeitstudienplätzen, der besondere Förderung von Wiedereinstieg und Aufstieg, dem Aufbau von Qualifizierungstreppen und dem Nachholen einer abgeschlossenen Berufsausbildung an. Es fehlt allerdings das klare politische Bekenntnis zur Neuauflage eines landesfinanzierten Bremer Aktionsbündnisses/ Netzwerkes für Alleinerziehende unter Verantwortung und Koordination der Landesregierung. Wohnen Unter der Überschrift: „Lebensqualität und neue Chancen“ findet sich das Bekenntnis zum Neubau wie auch zur Anpassung des (Wohnungs-) Bestandes an veränderte Nachfragegruppen. Die klare Zielgruppenausrichtung des Wohnraumförderungsprogramms (Studentisches Wohnen, kleine Haushalte, Flüchtlinge, Familien) und dessen Weiterentwicklung ist zu begrüßen, ebenso die verstärkte Einbindung der GEWOBA bei Neubauaktivitäten. Auch die Absicht, mittels einer Gewinnentnahme aus den Überschüssen des Unternehmens Maßnahmen für die Wohnbauförderung zu finanzieren, weist in die richtige Richtung. Konsequent weitergedacht sollte in diesem Zusammenhang ein kommunales Wohnungsbauprogramm mit der GEWOBA als Projektentwickler umgesetzt werden. Über einen Rückkauf von Großwohnbeständen ehemals kommunaler Wohnungsbauunternehmen (z.B. Bremische und Beamtenbau-Gesellschaft) findet sich bedauerlicherweise kein Hinweis. Ausführungen zum Leerstand privater Wohn- und Bürogebäude lassen darauf schließen, dass man Anreize bieten will, um Wohnraum zu aktivieren der dem Markt bislang nicht zur Verfügung stand. Erfolgreiche Programme, z.B. in Rheinland-Pfalz“, führten bereits mittels geringer zweckgebundener Zuschüsse für notwendige Umbauten in den Gebäuden zum Erfolg. Wohneigentum und neue Wohnformen 5 Arbeitnehmerkammer Bremen Ein „auskömmliches“ angebotsorientiertes Bauprogramm für Ein- und Doppelhäuser ist vor dem Hintergrund des fortgesetzten negativen Wanderungsaldos der Bevölkerung mit dem Umland, auch aus unserer Sicht dringend notwendig. Allerdings wird kein Programm aufgelegt („Bremer bauen in Bremen“) um der Abwanderung ins Umlad aktiv entgegenzutreten. Dass eine Bebauung der Osterholzer Feldmark nicht ausgeschlossen wird – trotz des unterschiedlicher Auffassung der Koalitionäre – ist aus unserer Sicht positiv. Neben neuen Wohnformen (Generationsübergreifende Wohnprojekte) wird auch das genossenschaftliche Wohnen genannt. Genossenschaftliches Wohnen gilt mittlerweile - neben mieten und kaufen - als „dritte Säule“ der Wohnraumversorgung. Daher wäre es aus unserer Sicht sinnvoll, die Zahl der genossenschaftlichen Wohnungen durch Förderung von Selbsthilfemaßnahmen weiter zu erhöhen. GrunderwerbsGrunderwerbs- und Grundsteuer Die Einführung einer erhöhten Grunderwerbssteuer ist eine geeignete Idee, um Wohnungsund Bodenspekulation zu verhindern. Die Grunderwerbsteuer ist allerdings bundesgesetzlich geregelt und überlässt den Ländern, den Steuersatz festzulegen. Wie eine gezielte Anpassung entlang der Anzahl gekaufter Wohneinheiten gelingen kann, bleibt abzuwarten. Zusätzlich stellt sich die Frage, wie es sich beim Ankauf von Unternehmensanteilen statt Wohnungen verhält. Die Erhöhung der Grundsteuer lehnt die Arbeitnehmerkammer ab, solange keine geeignete Berechnungsweise und die Gefahr unsozialer Steuerlasten weiterhin besteht. Bekanntlich steht die Grundsteuer seit langem in der Kritik und der Bundesfinanzhof urteilte, dass die zugrunde liegenden Einheitswerte veraltet seien. Seit fünf Jahren sind die Länder aufgefordert, die Einheitsbewertung für Grundvermögen neu festzusetzen. Als Vereinfachungsmaßnahme wurde beispielsweise vorgeschlagen, die Steuer künftig stärker am Boden- oder Verkehrswert auszurichten – damit wäre sie sozial deutlich ausgewogener. Bisher wurde jedoch unter den Bundesländern kein politischer Konsens hierzu gefunden. Aus Sicht der Arbeitnehmerkammer bestünde ein möglicher Lösungsansatz darin, die Gesetzgebungskompetenz für die Grundsteuer und somit die Kompetenz zur Festlegung des Bewertungsverfahrens an die Länder abzugeben. Vorschläge für eine gerechtere Bewertung aus Bremen liegen vor. 6
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