Lernen mit «Haut und Haaren»

DOSSIER
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Outdoor-Training
Lernen mit
«Haut und Haaren»
Verschiedene Erkenntnisse bestätigen, dass der Lernerfolg
beim Menschen durch Auslösen und Erleben von Emotionen
und ganzheitliches Denken stark gesteigert werden kann.
Diese Komponenten nutzt das «Outdoor-Training» – es kommt
für verschiedene Lernaufgaben erfolgreich zum Einsatz.
Von Gerhard Amacher
Sprachlich wird leider häufig kein Unterschied gemacht zwischen «Incentives» und
effektiven «Outdoor-Trainings», es wird einfach alles in den gleichen Topf geworfen.
Deshalb zu Beginn eine Begriffsklärung:
Incentives (Belohnungselemente). Hier geht
es darum, zusammen etwas zu erleben, Spass
zu haben. Die Lernkomponente tritt sehr stark
in den Hintergrund. Derartige gemeinsame
Erlebnisse stärken sicherlich kurzfristig das
Gemeinschaftsgefühl und wirken motivierend. Als Teil eines Personalentwicklungsoder Veränderungsprozesses ist gegen derartige Anlässe als Belohnung nichts einzuwenden.
Erlebnisorientiertes Lernen. Hier wird ein
Thema erlebnisorientiert umgesetzt. Der
Lerneffekt wird durch das Erlebnis (Emotionen) stark gesteigert, das Lernumfeld kann,
muss aber nicht die Natur sein. Das Erreichen
der Lernziele steht im Vordergrund, dem eigentlichen Prozess wird meistens untergeordnete Stellung beigemessen.
Erlebnispädagogik (Arbeit mit Jugendlichen)
– Outdoor-Training (Management-Ausbildung).
Hier steht, neben dem Lernziel, der Prozess
sehr stark im Zentrum. Ein Thema wird methodisch-didaktisch in eine Übungsanlage
umgesetzt, häufig mit dem Ziel, gewisse Prozesse auszulösen, die dann aber auch jederzeit
kontrolliert werden müssen. Das handlungsorientierte Lernen steht im Vordergrund.
Intensives Lernen
Bereits Heinrich Pestalozzi erkannte, dass der
Mensch am besten lernt, wenn alle drei Ebe-
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Checkliste: So evaluiere ich richtig
Bei der Suche und Auswahl des geeigneten Anbieters ist auf folgende Kriterien besonders zu
achten:
Wird im Vorgespräch von seiten des Trainers eine saubere Bedarfsanalyse erhoben?
Verfügt der Trainer über Indoor- und Outdoor-Kompetenz?
Wird für mich als Kunden ein individuelles Design ausgearbeitet, oder verkauft man mir das
Standard-Produkt?
Ist der Anbieter «Safety in Adventures»-zertifiziert? Werden Fragen zu Alter, Fitness usw. der
Teilnehmenden gestellt?
Wie sieht es mit der Qualifikation der eingesetzten Trainer aus?
Sind Referenzen vorhanden?
Werden persönliche Zielvereinbarungen; Handlungspläne ausgearbeitet?
Wie werden die Aktivitäten ausgewertet? Wie wird der Transfer sichergestellt?
nen – Kopf, Herz und Hand – angesprochen
werden. In konventionellen Indoor-Trainings
wird hauptsächlich das rationelle, das kopflastige Lernen angewendet.
Draussen in der Natur hingegen – im Outdoor-Training – arbeitet die Gruppe auch mit
Herz und Hand.
Mittels einer auf die individuellen Wünsche abgestimmten Übungsfolge werden die
Teilnehmenden mit bestimmten Problemstellungen konfrontiert und aufgefordert, geeignete Strategien zur Lösung zu erarbeiten
und auszutesten.
Nach moderner Schreibweise arbeiten der
Trainer und seine Gruppe demzufolge durch
eine Kombination von kognitiven, affektiven
und psychomotorischen Elementen an den
vom Auftraggeber gesetzten Lernzielen. Und
sie nutzen, im Sinn Jean-Jacques Rousseaus,
die Natur als wohl schönsten Seminarraum,
sei es im Wald, auf einer Alp oder in einer
Höhle.
Outdoor-Training: drei Grundmodelle
1 Die Berge sprechen für sich
Angelehnt an Hahn «Die Berge sind stille
Meister». Der Coach ist Outdoor-Experte und
übernimmt keinerlei Betreuungsfunktion.
Den Teilnehmenden bleibt es überlassen, wie
sie ihre Erfahrungen verarbeiten. Aufgrund
der allgemein langen Dauer von vier Wochen
ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass die
Teilnehmenden ein Schlüsselerlebnis haben
werden.
www.organisator.ch Nr. 7-8/04
Intensives Outdoor-Erlebnis:
Die Höhlenwelt wirkt durch ihre
absolute Andersartigkeit als
Beschleuniger von Prozessen.
2 Lernen durch Reflexion
Durch eine gemeinsame, gesteuerte Reflexion wird das Erlebnis ins Bewusstsein gehoben. Es soll Einsicht in das eigene Handeln
gewonnen werden. Der Transfer in den Berufsalltag ist sehr wichtig. Der Betreuer muss
vermehrt Kompetenz im pädagogischpsychologischen Bereich aufweisen.
3 Das metaphorische Modell
nach Stephen Bacon
Hier werden die Übungen mittels gesteuerter
Einführungen in Lernerfahrungen umgewandelt und der Bezug zum Berufsalltag wird klar
hergestellt. Die Erfahrungsmöglichkeiten der
Teilnehmenden können durch eine entsprechende Einleitung gesteuert werden. Zeitintensiv, da der Soll-Ist-Vergleich erst möglich
ist, wenn Teilnehmende bekannt sind. Ideal,
wenn vorgängig bereits «indoor» gearbeitet
wurde oder wenn von seiten des Kunden klare Defizite kommuniziert werden.
Die Anforderungen an die Trainer sind bei
allen drei Modellen hoch:
Sie müssen über pädagogisch-psychologische Kompetenz, Outdoor-Kompetenz sowie
Führungs- und Coaching-Erfahrung verfügen.
Kein Modell in Reinform
Der Unterschied zwischen den Modellen
lässt sich am einfachsten daran aufzeigen,
wie ein Trainer nach den drei Modellen eine
Übung einführt:
Der Vertreter des Modells «Die Berge sprechen für sich» informiert die Gruppe über Regeln und Sicherheitsstandards und überlässt
sie dann sich selber.
Ein Vertreter des Modells «Lernen durch
Reflexion» verhält sich bis zum Abschluss der
Aktivität gleich, arbeitet aber anschliessend
durch eine gesteuerte gemeinsame Reflexion
Optimierungspotenzial heraus.
Im metaphorischen Modell gibt der Betreuer der Gruppe zusätzlich zu Regeln und
Sicherheitsstandards noch die metaphorische Bedeutung der Übung mit.
Aus unserer Erfahrung pendeln die meisten Trainer situativ zwischen der Orientierung an den verschiedenen Modellen. Eine
Mischung aus «Die Berge sprechen für sich»
(Bereitstellung von Lernumgebungen, inner-
www.organisator.ch Nr. 7-8/04
Oft falsch interpretiert
In der Praxis wird heutzutage häufig einfach ein Outdoor-Teil an ein konventionelles IndoorSeminar angehängt, es wird etwas Gemeinsames erlebt und damit noch «etwas der Teamgeist beschworen». Das Ganze wird dann fälschlicherweise oft «Outdoor-Training» genannt, es
kostet viel und bringt den Unternehmen meistens keine nachhaltigen Lernerfolge ...
halb derer die Teilnehmer ihre eigenen Metaphern schaffen und erleben können) und
einigen gezielt eingesetzten, metaphorisch
konstruierten Aktivitäten, die aufgrund vorgängig erhobener Informationen erstellt wurden, unterstützt durch ausführliche Reflexionen, stellt momentan den «state of the art»
dar.
Wofür geeignet?
Wir beschränken uns hier auf das eigentliche
Outdoor-Training, die Erlebniskomponente
ist so oder so immer vorhanden. Das Outdoor-Training ist geeignet:
Für Kick-off-Events zur Einführung in einen längeren Entwicklungsprozess.
Für ein kontrolliertes Verlassen der persönlichen Komfortzone.
Für die Katalysierung von Prozessen, speziell auch von Gruppenbildungsprozessen.
Für Grenzüberschreitungen, persönlich
oder in Teams.
Für die Aufhebung mentaler Grenzen (ich
hätte nie gedacht, dass dies möglich ist ...).
Für die emotionale Verankerung von Lernerfolgen.
Generell für Teambildung und -entwicklung.
schnell aus ihrer Komfortzone weggeführt,
bereits der Wechsel vom hellen Tageslicht in
das Dunkle der Höhle ist eine erste Grenzüberschreitung, die Emotionen auslöst.
In dieser neuen Welt gelten andere Regeln.
Eine Kommunikation mit modernen Hilfsmitteln ist nicht möglich. Die alltäglichen
Wertvorstellungen geraten ins Wanken: In
der Höhle hat eine Batterie, die Licht spendet, eindeutig einen höheren Wert als alle
Prestige-Objekte der Aussenwelt.
Die Möglichkeit, mit absoluter Stille und
Dunkelheit zu arbeiten, eröffnet die Möglichkeit, sich sehr intensiv mit sich selber zu beschäftigen.
Mischung empfehlenswert
Ein optimierter Mix von Indoor- und Outdoor-Elementen garantiert maximierten Lernerfolg.
Indoor- und Outdoor-Kompetenz aus einer Hand steigert den Erfolg: Die Vorbereitung und der Transfer in den Unternehmensalltag können vom gleichen Trainer-Team
begleitet werden.
Höhlentouren sind eine sehr effiziente Methode, um nachhaltige Lernerfolge zu erzielen.
Höhle als Methode
Man stelle sich einmal eine Höhle als Seminarraum vor. Allein die Vorstellung, in dieser
imposanten Atmosphäre die eigenen Kompetenzen steigern zu können, löst Emotionen
aus.
Ein Höhlenbesuch ist immer ein intensives
Erlebnis, ein spannendes Time-out von der
Aussenwelt. Der Autor hat deshalb gemeinsam mit einem Outdoor-Unternehmen ein
Seminarkonzept mit Einbindung von Höhlen-Elementen ausgearbeitet und setzt dieses
seit Jahren erfolgreich um.
Die Höhlenwelt wirkt dabei durch ihre absolute Andersartigkeit als Beschleuniger von
Prozessen. Die Teilnehmenden werden sehr
AUTOR
Gerhard Amacher ist seit über zehn Jahren im
In- und Outdoor-Bereich als Trainer aktiv, mit
Spezialität Höhle. Er ist Geschäftsführer der GOAConsulting GmbH, 3007 Bern, die auf Personalund Organisationsentwicklung spezialisiert ist.
Tel. 031 398 98 48
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