Flexibilität und Anpassungs- fähigkeit – eine Forderung für alle

Nr. 3 · Juni 2015
20. Jahrgang
Wasseraufbereitung in Nepal
Foto: Kärcher
Trinkwasser gehört zu den wichtigsten Lebensmitteln, die nach Katastrophen schnell bereitgestellt werden
müssen. Das Technische Hilfswerk
(THW) hat bereits kurz nach dem
ersten Beben mobile Wasseraufbereitungsanlagen von Kärcher Futuretec
im Einsatz und trägt damit zur Sicherung der Trinkwasserversorgung der
Bevölkerung bei.
In Katmandu liefern zwei Wasseraufbereitungsanlagen WTC 5000 UF
bis zu 10.000 l Trinkwasser pro Stunde. Das Wasser entspricht den WHOStandards und kann direkt vor Ort
ausgegeben oder mit Tankwagen an
die Bevölkerung verteilt werden. Die
hochmobilen Anlagen können unter
geringem Energieaufwand betrieben
und für den Transport in Einzelmodule zerlegt werden.
Kärcher Futuretech unterstützt die
Arbeit des THW u.a. durch kostenlose
Bereitstellung von Zubehör für die
Trinkwasseraufbereitung wie Tanks,
Schläuche, Verteilstationen und Chemikalien für Wasseranalysen.
Inhalt
• Flexibilität und Anpassungsfähigkeit –
eine Forderung für alle Einsätze
Generalleutnant Hans-Werner Fritz,
Befehlshaber EinsFüKdoBw
• Meine Meinung
Unsere Verantwortung für die
Rüstungswirtschaft
• Aus dem Heer
•Ausbildungszentrum MUNSTER im
HEER2011
• Aus der Industrie
• Sehen – Senden – Simulieren
•Integrierte Mechatronik: Mehrwert
für wehrtechnische Systeme
• Aus dem parlamentarischen Bereich
• Es ist nicht alles schlecht bei der
Bundeswehr
• Veranstaltungen 2015
InfoBrief
Publikationsorgan des Förderkreises
Deutsches Heer e.V. (FKH)
HEE R
Flexibilität und Anpassungsfähigkeit – eine Forderung für
alle Einsätze
Generalleutnant Hans-Werner Fritz, Befehlshaber
Einsatzführungskommando der Bundeswehr
Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Schwielowsee bei Potsdam ist
in gewisser Hinsicht ein Spiegelbild der Krisen und Konflikte dieser Welt – als nationales Führungskommando naturgemäß
aus einer spezifisch deutschen militärischen Perspektive. Die sicherheitspolitische
Verantwortung Deutschlands in der Welt
nimmt unstrittig zu, wobei Streitkräfte vor
dem Hintergrund der zahlreichen Formen
gegenwärtiger und zukünftiger Konfliktaustragung nur ein Instrument zu deren
Bewältigung darstellen. Die Bundeswehr
ist als vernetzter Akteur – national und
multinational – gut aufgestellt und anerkannt. Dennoch: besser geht immer!
Moderne Streitkräfte werden sich in
Zukunft neben Wirksamkeit im Einsatz
und Erzeugung einer glaubwürdigen
Abschreckung an Parametern wie effizienter Vernetzung, Lern- und Anpassungsfähigkeit sowie konsequenter multinationaler Integration messen lassen müssen.
Nebenbei bemerkt, tragen diese Merkmale zweifelsohne auch zur Attraktivität
der Bundeswehr in der Zukunft in nicht
unerheblichem Maße bei.
Gegenwärtig spiegeln sich einige der weltweiten Krisen und Konflikte in 15 Auslandseinsätzen deutscher Streitkräfte wider –
alle geführt auf der nationalen operativen
Ebene aus einer Hand durch das Einsatzführungskommando der Bundeswehr. 15
Einsätze, die in ihrer politischen und militärischen Zielsetzung, ihrem Kräfte- und
Mittelansatz, ihrem Kontext innerhalb der
NATO, der EU, der UN oder seit neuestem
auch in einer „coalition of the willing“
und nicht zuletzt ihrem Bekanntheitsgrad
große Unterschiede zueinander aufweisen. Jeden einzelnen von ihnen hinreichend zu beschreiben, führt an dieser
Stelle zu weit.
Neben der konkreten Einsatzplanung und
-führung im jeweiligen Missionsgebiet an
Land, zu Wasser
oder in der Luft
kommt es besonders darauf an,
erkennbare und
übergreifende
Trends und Entwicklungslinien
zu beschreiben,
die mit relativ
hoher
Wahrscheinlichkeit
zukünftig von Relevanz sein werden. Es
geht dabei keineswegs um den oft zitierten Blick in die Kristallkugel oder das
Heraufbeschwören vermeintlicher neuer
Einsatzgebiete, sondern um ausgewählte
Ableitungen und Folgerungen aus dem
gegenwärtig Beobachtbaren.
Die Diversifikation und Fragmentierung
der Einsatzlandschaft wird weiter zunehmen. Neben den kleineren Missionen
unter dem Dach der Vereinten Nationen
– die bekannten „Blauhelme“ – werden
zukünftig die Beteiligung an Ausbildungs-,
Beratungs- und Unterstützungsmissionen
und gleichzeitig die Bereitstellung von
Kräften für Einsätze der NATO im vollen
Intensitätsspektrum (Speerspitze) bei Planung und Führung auf nationaler wie
multinationaler Ebene mehrheitlich den
Takt angeben. Neben den „conflicts of
choice“ steht – von höchster Aktualität
und Relevanz – wieder der Bündnisfall
als „conflict of necessity“. Bei letzterem
haben wir keine Wahlfreiheit!
Deutschlands Rolle als Rahmen- und Führungsnation wird weiter zunehmen: Wir
zeichnen dabei verantwortlich für die
Zusammenführung und Synchronisation
FKH im Internet
www.fkhev.de
Quelle aller Bilder: EinsFüKdoBw
InfoBrief Heer · Ausgabe 3 · Juni 2015
Die aktuellen Einsätze der Bundeswehr (Stand: Mitte Mai 2015)
der unterschiedlichen multinationalen
Beiträge. Stehen diese aus unterschiedlichen Gründen nicht (mehr) zur Verfügung, steht Deutschland schnell vor der
Frage, die entstandenen Defizite entsprechend zu kompensieren. Die Erwartungshaltung unserer Alliierten und Partner ist
dabei berechtigt hoch. Früh festgelegte und eng gesteckte Mandatsgrenzen
können dabei mitunter zu Kompromisslösungen führen, die den eigenen operativen Handlungsspielraum empfindlich
einschränken und militärische Planungsgrundsätze manchmal auf eine schwierige
Probe stellen.
Der bewährte Rahmen der mandatierten Auslandseinsätze der Bundeswehr
– EU, NATO, Vereinte Nationen – wird
erweitert durch spezifische, häufig ad-hoc
aufgestellte und klar auf einen Zweck
und ein Ziel ausgerichtete Koalitionen.
Unser Engagement im Norden des Irak
dient hier als Fallbeispiel. In einem Krisen- und Konfliktfall wird der Begriff der
Koalition hier verstanden als temporäres
militärisches Zusammenstehen mehrerer
Partner. Weit gefasste Multinationalität
in diesem Zusammenhang stellt höchste
Anforderungen an Planung, Koordination und Führung, als auch an technische und prozedurale Interoperabilität.
Schablonenhafte Lösungen dafür gibt es
nicht. Pragmatismus, eine wohldosierte
Bereitschaft, unkonventionelle Wege zu
gehen und gegenseitiges Vertrauen unter
allen beteiligten Partner sind der Schlüssel
zum Erfolg.
Die größeren sogenannten PeacekeepingOperations nach Chapter VII der Vereinten Nationen zeigen eine zunehmende
Robustheit und nehmen stellenweise den
Charakter der „Friedenserzwingung“ an.
Seit 2013 beteiligt sich die Bundeswehr an der UN-Mission
MINURSO in der Westsahara
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Diese Entwicklung wird in der Öffentlichkeit häufig nicht zur Kenntnis genommen oder unterschätzt. Die Bundeswehr
beteiligt sich, wenn auch nur mit kleinen
Kontingenten, zum Beispiel an den Missionen UNAMID (Gesamtstärke 21.000)
im Sudan und MINUSMA (Gesamtstärke 11.500) in Mali. In beiden Ländern
sind, zum Teil als Folge von heftigen und
lange andauernden Gefechtshandlungen,
bis heute über 260 Missionsangehörige
gefallen. Deutschlands erklärter Wille ist,
sich stärker als bisher im Rahmen von
UN-Einsätzen zu beteiligen. Wir sollten
daher einen nüchternen Blick auf diese
Missionen werfen: deutsche „Blauhelme“
können sich dabei auf der weiten Skala
zwischen dem Einsatz als Militärbeobachter und der Beteiligung an langandauernden Stabilisierungsoperationen und/oder
Kampfeinsätzen bewegen.
Eine nähere Betrachtung der globalen
„Krisenlandkarte“ legt nahe, dass die
Wahrscheinlichkeit militärischer Evakuierungsoperationen im Rahmen der Nationalen Krisenvorsorge in einem „nicht
immer freundlichen Umfeld“ weiter
zunehmen wird. Dem Einsatzführungskommando kommt im Sinne eines Alleinstellungsmerkmals dabei eine Schlüsselfunktion zu: die zahlreichen Fäden aller
streitkräftegemeinsamen militärischen
Planungen laufen in Potsdam zusammen,
Koordination und Abstimmung nach
Innen und Außen finden hier statt. Die
Verfahren und Prozesse sind grundsätzlich etabliert und bewährt, der konkrete
„scharfe“ Einzelfall erfordert jedoch jedes
Mal planerische Präzision unter hohem
Zeitdruck und ein eingespieltes Team.
Als Befehlshaber kann ich mich dabei auf
meine Frauen und Männer verlassen.
Das grenzüberschreitende Vorgehen des
Islamischen Staates (IS) und seiner Verbündeten lässt sich mit herkömmlichen Mus-
Im Nordirak bilden deutsche Soldaten Peschmerga für deren Kampf
gegen den „IS“ aus
InfoBrief Heer · Ausgabe 3 · Juni 2015
Meine Meinung
Unsere Verantwortung für
die Rüstungswirtschaft
Rainer Arnold, MdB (SPD),
Mitglied im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages und
Verteidigungspolitscher Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion
Die Probleme der deutschen Rüstungswirtschaft sind struktureller Art; sie
fallen in eine Zeit, in der viele große
militärische Vorhaben in der Schlussphase der Abwicklung stehen und in
der zudem die Budgets in allen Partnerländern knapp bemessen sind.
„Deutschland hat ein elementares Interesse an einer leistungs- und wettbewerbsfähigen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie“. Dies steht als Auftrag
im Koalitionsvertrag. Auch die Sozialdemokraten im Deutschen Bundestag
bekennen sich zu dieser Verpflichtung,
genauso wie die stringente Einhaltung
der Rüstungsexportrichtlinien.
Nachdem niemand in der deutschen
Politik beliebig Rüstungsgüter in alle
Welt exportieren will, ist klar, dass
die strukturellen Herausforderungen
in der Rüstungsindustrie nicht durch
Exporte zu lösen sind. Die Kritik vieler
Unternehmen an zu langen Entscheidungsprozessen ist allerdings häufig
berechtigt und sollte Gehör finden.
Insgesamt bedarf es aber eines an den
sicherheitspolitischen Interessen und an
der Verantwortung Deutschlands abgeleiteten Gesamtkonzepts.
Zunächst hat das Verteidigungsministerium die Pflicht, die für den Einsatz
unserer Streitkräfte unabdingbaren
Schlüsseltechnologien zu definieren –
und zwar mit Blick auf das militärische
Fähigkeitsprofil der Bundeswehr sowie
auf herausragende Fähigkeiten der
nationalen wehrtechnischen Industrie.
Damit ist klar, dass gepanzerte Fahrzeuge, U-Boote und infanteristische
Waffen zu den Kernfähigkeiten gehören. Schließlich hat die Bundeswehr
in diesen Bereichen ein ausgeprägtes
Fähigkeitsprofil.
Deutsches Know-how, deutsche Ingenieursfähigkeiten werden nicht nur
über den Verkauf bereits bestehender,
sondern vor allem über die Entwicklung
neuer Produkte gesichert. Nach drei
Jahren ohne eine einzige Entscheidung
in diesem Bereich müssen jetzt zügig
neue Projekte beschlossen werden.
Dabei muss man auch politische Erwägungen wie besondere nationale Interessen mit einbeziehen. Hieraus lässt
sich beispielsweise eine Entscheidung
für das Projekt MEADS herleiten. Gleichzeitig gilt es erste Entwicklungsschritte für die Militärtechnik der nächsten
Generation, wie Kampffahrzeuge mit
Laser- oder Mikrowellentechnologien,
einzuleiten.
Militärische Großvorhaben werden in
Zukunft nur noch europäisch finanzierbar sein. Um Synergien tatsächlich zu
nutzen, muss auf nationale Varianten
verzichtet werden. Deutschland muss
Motor für europäische Kooperationsvorhaben werden. Dazu brauchen wir
einen, im Verteidigungsministerium
angesiedelten Beauftragten, der solche
Projekte koordiniert und voranbringt.
Rüstungsbetriebe dagegen, die nur
über schmale Produktpalette verfügen und von wenigen Auftraggebern
abhängen, sind in Zukunft nicht überlebensfähig. Reine Rüstungsschmieden
sollten deshalb bei der Entwicklung
ziviler Produkte durch die Vergabe von
Forschungsmitteln unterstützt werden.
Nationale Zusammenschlüsse, wie möglicherweise von Rheinmetall und KMW,
müssen deshalb politisch eingefordert
werden. Erst danach sind europäischen
Zusammenschlüsse sinnvoll. Zusätzlich
sollten reine Rüstungsschmieden bei
der Entwicklung ziviler Produkte durch
die Vergabe von Forschungsmitteln
unterstützt werden.
In diesem Sinne hätte eine Fusion von
der deutschen KMW mit dem französischen Konzern Nexter Auswirkungen
auch auf andere deutsche Unternehmen, die wir Sozialdemokraten mit
Besorgnis sehen. Es besteht damit die
Gefahr, dass hoch spezialisiertes Wissen
ins Ausland abwandert. Zudem besteht
das Risiko, dass der starke politische
Einfluss in Frankreich auf Rüstungsunternehmen dazu führt, dass langfristig
deutsche Belange unter den Tisch fallen.
Sigmar Gabriels Vorschlag, die Rüstungsexporte zukünftig in Gänze im
Auswärtigen Amt anzusiedeln, ist
schlüssig. Es darf bei Exportentscheidungen nicht um wirtschaftspolitische
Erwägungen, sondern ausschließlich
um sicherheitspolitische Interessen
unseres Landes gehen.
Neben den definierten Verantwortungsbereichen der einzelnen Ressorts
brauchen wir eine übergreifende, fest
installierte Runde der Staatssekretäre
zur Koordinierung der deutschen Rüstungspolitik.
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InfoBrief Heer · Ausgabe 3 · Juni 2015
längeren Zeitraum engagiert sein können. Die erst
vor wenigen Monaten
abgeschlossene Humanitäre Hilfe zur Bekämpfung der Ebola-Epidemie
in Sierra Leone und die
jüngst angelaufene Seenothilfe der Marine im
Mittelmeer zeigen, wie
breit dabei das Einsatzspektrum sein kann.
Die bis hier genannten
Erste Schiffbrüchige gehen bei der Seenotrettung im
Mittelmeer an Bord der Fregatte „Hessen“
Beobachtungen erfordern
in der Summe zwangsläutern des transnationalen Terrorismus nicht fig einen hohen Grad an Verfügbarkeit,
mehr hinreichend erklären. Grausame Durchhaltefähigkeit sowie Spezialisierung
Gewaltanwendung gegen Einzelne oder des eingesetzten Personals und MateGruppen bis hin zur Kriegführung ohne rials. Es kommt dabei auf jeden Einzeljede Hemmung und Konvention, eine nen an: DEN Spezialisten und DIE Ausrüsselbsternannte Staatlichkeit, die beste- tung maßgeschneidert und „marschbehende Grenzen für irrelevant erachtet, reit“ zur Verfügung zu haben, erfordert
weltweite Rekrutierung von Jihadisten detailgenaue Planung „mit Fernlicht“.
und ein allumfassendes Feindbild erfor- Eine klare strategische Ausrichtung hilft
dern eine auf Langfristigkeit angelegte dabei allen Beteiligten.
Antwort nicht nur der westlichen Staaten- Letztlich erfordern per se begrenzte
Mittel politische und damit regelmägemeinschaft, nicht nur des Militärs.
Im regionalen Kontext des Nahen und ßig auch regionale Priorisierungen. Der
Mittleren Ostens und (Nord-)Afrikas – erkennbare Schwerpunkt der EU-OpeFlüchtlingsbewegungen und Schleuserkri- rationen ist (Nord-)Afrika, inklusive des
minalität mit eingeschlossen – ist davon Mittelmeeres. Der konzeptionelle Wille
auszugehen, dass deutsche Streitkräfte der NATO ist es, die neu zu schaffende
mittel- und unmittelbar eher über einen „Speerspitze“ (Very High Readiness Joint
Task Force, kurz: VJTF) grundsätzlich auf
eine 360°-Option auszurichten; dabei sollen Artikel-5-Operationen den Schwerpunkt darstellen. Die Erfahrung zeigt,
dass im Zweifelsfall die normative Kraft
des Faktischen auf die Konzeption keine
Rücksicht nimmt. Diesbezüglich sind Diskussionen im Bündnis (28 Nationen mit
gegebenenfalls 28 nationalen Interessen)
also nicht auszuschließen. Die schon so
oft bewiesene Anpassungs- und Antizipationsfähigkeit der NATO macht dabei
ihre Stärke aus.
Die hier dargestellten Beobachtungen
und Schlussfolgerungen werden sich
unmittelbar auf die Arbeit des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr
auswirken. Trotz aller Trends und Entwicklungslinien bleibt oftmals nur der
berühmte Clausewitz´sche „Nebel des
Ungewissen“ die letzte Konstante. Ungeachtet aller Widrigkeiten und Schwierigkeiten genau in diese Ungewissheit
hinein zu planen und zu agieren, ist und
bleibt Kern des Selbstverständnisses dieses
Kommandos. Die Bandbreite möglicher
Einsätze spiegelt sich in seiner Flexibilität
und Anpassungsfähigkeit wider. Die Soldatinnen und Soldaten des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr sind
sich ihrer Verantwortung sehr bewusst. In
Potsdam wie im Einsatz gilt:
Es kommt auf jeden an!
Aus dem Heer
Ausbildungszentrum MUNSTER im HEER2011
Brigadegeneral Norbert Wagner, Kommandeur Ausbildungszentrum MUNSTER
In 2011 bestand
das Ausbildungszentrum MUNSTER im Wesentlichen aus einem
Stab, dem in Teilen die eigenverantwortlichen
Ausbildungszentren der Panzertruppen, Heeresaufklärungtruppe
und der Heeresflugabwehrtruppe unmittelbar unterstellt waren. Darüber hinaus waren das Schießübungszentrum Panzertruppen, der Ausbildungsstützpunkt SIRA für simulatorgestützte
Ausbildung der Gefechtsstände, der
Technologiestützpunkt Tarnen und Täuschen sowie das Offizieranwärterbatail-
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lon 1 integraler Bestandteil dieser Ausbildungseinrichtung.
Aufbau des Ausbildungszentrums
Bereits unmittelbar nach der Entscheidung zur Neuordnung der Streitkräfte
und zur Einnahme der Struktur HEER2011
begann das Ausbildungszentrum mit ersten Maßnahmen. Hier ist besonders die
Auflösung des erst kurze Zeit vorher
von Rendsburg nach Munster verlegten
Ausbildungszentrums Heeresflugabwehr
zu nennen. Dies war gleichbedeutend
mit dem Verlust der Fähigkeit des Heeres zur selbständigen Flugabwehr; diese
Aufgabe wird nun durch die Luftwaffe
wahrgenommen.
Nach diesem wenig erfreulichen Schritt
zur Auflösung einer Truppengattung
folgten erfreuliche Maßnahmen. So
wurde zum Beispiel die dritte Kompa-
nie des Offizieranwärterbataillon 1 neu
aufgestellt. Damit erhalten jährlich ca.
600 Offizieranwärter des Heeres und der
SKB ihre erste, prägende Ausbildung zum
Heeresoffizier in Munster. In Folge wurde
die Ausbildung der Unteroffizier- und der
Feldwebelanwärter der Ausbildung der
Offizieranwärter angepasst. Dazu stellte
das Ausbildungszentrum MUNSTER das
neue Feldwebel- und Unteroffizieranwärterbataillon 2 im ca. 50 km entfernten
Celle auf. Seit Anfang 2014 bildet dieser
Verband mit seinen beiden Kompanien
ein Drittel des Unteroffizier- und Feldwebelnachwuchses des Heeres und der SKB
aus. Es ist geplant, die derzeit noch an
den Standorten Celle-Wietzenbruch und
Bückeburg beheimateten Ausbildungskompanien in Celle zusammenzuführen.
Ein Kernelement zur Einnahme der
Struktur Heer2011 am Ausbildungszen-
Quelle aller Bilder: Ausbildungszentrum Munster
InfoBrief Heer · Ausgabe 3 · Juni 2015
Dislozierung
AusbZ MUNSTER
trum MUNSTER ist das Zusammenfassen wichtiger Fähigkeiten in den unterstellten Ausbildungszentren. So wurde
u.a. die Truppenweiterentwicklung und
damit der konzeptionelle Arbeitsmuskel der Generale der Truppengattungen
aufgelöst und diese Fähigkeit in Köln
beim Amt für Heeresentwicklung für
alle Truppengattungen des Heeres konzentriert. Darüber hinaus verloren die
Truppenschulen die Bereiche Lehrgänge
(bisher verantwortlich für die Einheitlichkeit der Ausbildung) und Lehre (bisher verantwortlich für die methodisch,
didaktisch zweckmäßige inhaltliche
Ausplanung der Truppengattungsausbildung). Diese Aufgaben werden heute
zentral im Stab des Ausbildungszentrums MUNSTER durch die neu aufgestellte Gruppe Lehre und Ausbildung
wahrgenommen.
Anfang 2015 wurde dem Kommandeur
Ausbildungszentrum MUNSTER das Ausbildungszentrum Streitkräftegemeinsame taktische Feuerunterstützung/indirektes Feuer unterstellt, das derzeit zum
Ausbildungsbereich STF/IndF nach dem
Vorbild der Ausbildungsbereiche Panzertruppen und Heeresaufklärungstruppe umgliedert. Dem Ausbildungsbereich
STF/IndF ist darüber hinaus das Feldwebel- und Unteroffizieranwärterbataillon
1 in Sondershausen zugeordnet.
Die Umgliederung wird bis Ende Juni
2015 abgeschlossen sein. Jetzt, nachdem die einzelnen Teile zusammen passen, beginnen sie auch ineinander zu
greifen. Selbstverständlich gibt es noch
zahlreiche kleine und große Herausforderungen mit Kreativität zu bewältigen.
Aber schon jetzt trägt der Kommandeur
des Ausbildungszentrums MUNSTER die
Ausbildungsverantwortung für die lehrgangsbezogene Führerausbildung von
drei Truppengattungen des Heeres, die
Erstausbildung der Hälfte der Offizieranwärter und zwei Drittel der Feldwebelund Unteroffizieranwärter des Heeres
sowie die – teilweise einsatzbezogenen
– Ausbildung im Schießübungszentrum
Panzertruppen und dem SIRA-Stützpunkt. Damit ist das Ausbildungszentrum MUNSTER ein Schwergewicht in
der Ausbildung des Heeres. Diese Einrichtung ist nunmehr die größte Ausbildungseinrichtung des Heeres am größten Heeresstandort in Deutschland und
nach Wilhelmhafen dem zweitgrößten
der Bundeswehr. Der Standort Munster
bietet zukünftig Dienstposten für ca.
5.000 Soldaten und 1.500 zivile Mitarbeiter. Hinzu kommen zahlreiche Lehrgangsteilnehmer und Gäste. Alleine im
Ausbildungszentrum sind es pro Jahr
mehr als 11.500 Gäste aus dem In- und
Ausland; darunter viele hochrangige
Besucher aus Militär, Politik und dem
öffentlichen Leben. Das Ausbildungszentrum MUNSTER wird damit mehr und
mehr zum „Schaufenster des Deutschen
Heeres“.
Auch die Truppe, die die herausragenden
Ausbildungs- und Übungsmöglichkeiten
im Raum Munster-Bergen nutzen möchte, ist ein gern gesehener Gast. Insgesamt
ist die Bundeswehr damit ein wichtiger
Faktor in allen Bereichen des Lebens in
und um Munster. Sie ist hier ein gern
gesehener Partner, dem man mit Respekt begegnet. Die tiefe Verwurzelung
der Soldaten am Standort und in der
Region blickt auf eine lange, bewährte
Tradition als Garnisonsstadt zurück. Die
Bürger pflegen ein herzliches Verhältnis
zu „ihren“ Soldaten. Dieses Vertrauensverhältnis und die enge Beziehung zwischen der Bevölkerung und dem Militär
wird durch die Statue der Lili-Marleen
am Ortseingang für jeden sichtbar und
durch die Bezeichnung als „Lili-Marleen
Stadt“ öffentlich bekundet. Und so ist
es auch kein Wunder, dass das „Joint
Venture“ des Deutschen Panzermuseums (die Exponate gehören dem Ausbildungszentrum und die Hallen sowie
das Personal der Stadt Munster) eine
Erfolgsgeschichte ist, das jährlich von
über 110.000 Besuchern aufgesucht wird.
Damit zählt es zu den 3 Prozent der bestbesuchten Museen Deutschlands.
Fähigkeit zum Kampf
Das Ausbildungszentrum MUNSTER
ist die Ausbildungseinrichtung für die
Ausbildung der aktuellen und zukünftigen Führer der Heeresaufklärungs-,
Artillerie und der Panzertruppen. Nach
Jahren der Konzentration der Ausbildung auf die Besonderheiten der Einsatzerfordernisse, liegt der Fokus seit
geraumer Zeit wieder verstärkt auf dem
Erhalt der Fertig- und Fähigkeiten im
Kerngeschäft der einzelnen Truppengattungen. Das gilt besonders für die
Panzer- und Artillerietruppe, die in den
Einsätzen zumeist in ihrer zweiten Rolle
Kampfpanzer Leopard 2A7 im scharfen Schuss
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InfoBrief Heer · Ausgabe 3 · Juni 2015
SPz Puma mit Infanterist der Zukunft – Erweitertes System (IdZ-ES)
Es wurde entschieden, dass die Umschulung der bisher auf dem Schützenpanzer
Marder ausgebildeten Panzergrenadiere in Munster stattfinden soll. Absicht ist
es, nach einer Ersteinweisung durch die
Herstellerfirma, zunächst die Ausbilder
des AusbBer PzTr sowie der 2./Panzergrenadierlehrbataillon 92 auszubilden
und als Ausbilder zu qualifizieren, dabei
Ausbildungsabläufe zu erproben und
neue Ausbildungsmittel zu entwickeln.
Diese ausbildungsvorbereitende Phase
werden wir bis Ende dieses Jahres abgeschlossen haben. Erst danach werden
die auf dem SPz Marder ausgebildeten Besatzungen auf den Puma durch
Fachpersonal des Ausbildungsbereichs
Panzertruppen umgeschult werden,
während die Mannschaften zeitgleich
durch das PzGrenLehrBtl 92 ausgebildet werden. Dies beinhaltet neben der
Einweisung am Gerät auch die Ausbildung als Ausbilder, um anschließend
selber die eigenen Soldaten in Übung
zu halten bzw. weiter ausbilden zu können. Danach werden die zwischenzeitlich angelieferten Puma an die Truppe
übergeben werden, um dann in einer
abschließenden Übung die Funktionsund Ausbildungsfähigkeit als Kompanie
unter Beweis zu stellen.
im Rahmen der lehrgangsgebundenen
Führerausbildung gilt es deshalb, den
Führernachwuchs intensiv in den Kernaufgaben der Truppengattung auszubilden, so dass er das erlernte unmittelbar
in der Praxis der Truppenausbildung
anwenden und somit als Multiplikator
in der Truppe wirken kann.
Gute Ausbildung erfordert gut ausgebildete Ausbilder, die auf dem letzten
Stand der Entwicklung sind. Daraus
resultieren kontinuierliche Aus- und
Weiterbildung des Ausbildungspersonals und auch eine zweckmäßige Anpassung der Übungslagen, so dass auch das
„klassische Gefecht“ abgebildet werden
kann. Dazu sind alle für die Ausbildung
verantwortlichen Vorgesetzten gefordert, die ihnen unterstellten Soldaten
in die Pflicht zu nehmen, sich persönlich
weiter zu qualifizieren und letztendlich
prägend auf sie einzuwirken.
Neben diesen Kernaufgaben spielt aber
auch neues, hochmodernes Gerät eine
wichtige Rolle in der Ausbildung. Neue
Technologien ermöglichen neue Fähigkeiten, die wiederum neue Möglichkeiten des Handels eröffnen. Dazu braucht
es aber gut ausgebildetes Personal, das
diese neuen Fähigkeiten beherrscht. Ein
Zusammenfassung
Das Ausbildungszentrum MUNSTER ist
nach der Umgliederung personell und
materiell so gut ausgestellt, das die
Ausbildung der angehenden Offiziere
und Unteroffiziere sowie der militärischen Führer, Ausbilder und Erzieher
der Panzertruppen, der Heeresaufklärungstruppe und der Artillerietruppe
sichergestellt werden kann. Die Qualität
der Ausbildung ist grundsätzlich durch
eine Intensivierung der Führeraus- und
-weiterbildung weiter zu erhöhen und
durch eine detaillierte Ausbildung der
Ausbilder im Vorfeld der eigentlichen
Ausbildung sicherzustellen. Fest verankert in der Deutschen Führungskultur ist
die an der Praxis und den Erfordernissen
orientierte Ausbildung systematisch und
zielgerichtet anzulegen und unter Nutzung moderner Ausbildungsmethoden
sowie neuer Waffensysteme durchzuführen.
Selbstverständlich gilt es immer wieder neue Herausforderungen im Sinne
unseres Ausbildungsauftrages zu einem
guten Ende zu bringen. Die Zeichen stehen insgesamt gut für eine hochwertige
und zielführende Ausbildung des Führungsnachwuchses.
wie „Infanteristen“ eingesetzt wurden.
Die Geschehnisse an der Ostgrenze
der NATO und im Irak veranschaulichen überdeutlich, dass die Fähigkeit
zur Landesverteidigung auch in Europa
unverändert notwendig ist. Aus dieser
Erkenntnis wurden erste Konsequenzen
gezogen. In der praktischen Umsetzung
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Beispiel dafür ist der kampfwertgesteigerte Kampfpanzer Leopard 2A7, der
mit seinen technischen Innovationen das
Fähigkeitsspektrum deutlich erweitert.
Zusätzlich ist dieser Kampfpanzer befähigt, uneingeschränkt im Daten- und
Informationsverbund des Führungsinformationssystems des Heeres zu agieren.
Durch diese Details ist dieses Fahrzeug
besser als bisher befähigt, seine Stärken
speziell im engen Zusammenwirken mit
den Panzergrenadieren auch im urbanen Umfeld zur Wirkung zu bringen.
Zwanzig dieser Fahrzeuge wurden bisher beschafft, von denen vier dauerhaft
in Munster stationiert wurden, um damit
den Führernachwuchs der Panzertruppe
ausbilden zu können.
Bei den Panzergrenadieren ist es der
neue Schützenpanzer Puma, der nicht
nur technologisch neue Maßstäbe setzt.
Dazu verfügen die Panzergrenadiere
auch über die persönliche Ausstattung
Infanterist der Zukunft. Neben neuen
Waffen erhält die Panzergrenadiertruppe damit leistungsstarke Optiken
auch für den Kampf bei Nacht sowie
die Möglichkeit aktuelle Lageinformationen digital abzugreifen bzw. eigene
Erkenntnisse in den Datenverbund einzuspeisen. Damit sind die Panzergrenadiere in der Lage, auf Augenhöhe mit
Kameraden der Panzertruppe gemeinsam das Rückgrat des Heeres zu bilden
und im Gefecht die Entscheidung auf
dem Boden herbeizuführen.
Mitte Juni wird der Schützenpanzer
Puma an das Deutsche Heer übergeben.
InfoBrief Heer · Ausgabe 3 · Juni 2015
Aus der Industrie
Sehen – Senden – Simulieren
Torsten Lenko, Director Marketing & Sales, Thales Deutschland
sches Einsatzfeld für das Simulatortraining, aber bei Weitem nicht das einzige. Beispiele für militärische Anwendungen sind Stabsübungen, die Ausbildung
an Handfeuerwaffen und kompletten
Gefechtsfahrzeugen. Fachleute messen
effektiven Simulationen zur Ausbildung
und Entscheidungsunterstützung im
militärischen Bereich eine ähnlich hohe
Bedeutung zu, wie der Qualität von
Bewaffnung und Ausrüstung selbst.
Übung macht den Meister
Mit dem Antoinette-Simulator haben
heutige Systeme nur noch den Grundsatz
gemein, die Bediener von Fahrzeugen,
Waffen oder Geräten gefahrlos und kostengünstig an ihre Aufgaben heranzuführen. Als Weltmarktführer im Bereich
ziviler und militärischer Simulationssysteme und Trainingsdienstleistungen konzipiert und entwickelt Thales Deutschland
im Geschäftsfeld „Training & Simulation“
hochkomplexe Simulationsanwendungen. Die Systeme reichen vom vollständigen Missionstraining für Flugzeugbesatzungen einschließlich Betankung in
der Luft bis hin zum individuellen und
gemeinschaftlichen Trainings für Landstreitkräfte und Marine.
Die moderne Simulator-Familie „Sagittarius Evolution“ deckt alle Bereiche der
Schießausbildung ab – von der GrundlaQuelle aller Bilder: Thales
Im Gefecht und in anderen unübersichtlichen Situationen müssen weitreichende Entscheidungen oft in kürzester
Zeit getroffen werden. Hier unterstützt
Thales Deutschland die Bundeswehr seit
ihrer Gründung mit innovativen und
integrierten Lösungen. Wir bieten mit
unserem umfangreichen internationalen
Portfolio die größtmögliche Bandbreite
von einsatzerprobten Produkten und Systemen für alle Teilstreitkräfte an. Unsere
Hand- und Tornisterfunkgeräte sowie
Radar- und Luftabwehrsysteme schätzen Generationen von Soldatinnen und
Soldaten. Heute reichen unsere Lösungen von Simulatoren über kombinierte
Radar- und Optroniksysteme bis hin zu
komplexen Führungsinformations- und
Aufklärungssystemen sowie Mitteln zum
elektronischen Kampf. Wir unterstützen
die Bundeswehr und ihre Verbündeten
mit unseren Produkten und Systemen
auch in den anspruchsvollsten Einsatzgebieten gegen eine Vielzahl von Bedrohungen – dauerhaft, wirksam und rund
um die Uhr.
Der Einsatz von Simulatoren zu Ausbildungszwecken ist nicht neu. Schon vor
einem Jahrhundert schulte der französische Flugzeugbauer Antoinette angehende Piloten in einem simplen Holzmodell,
das noch von Hand bewegt wurde. Bis
heute ist die Pilotenschulung ein klassi-
Schießausbildung am Simulator
genausbildung über lagebezogene Nahbereichsszenarien einschließlich Beachtung der Einsatzregeln bis hin zum streitkräftegemeinsamen Feuerkampf ganzer
Einheiten im hochintensiven Gefecht. Mit
seiner komponentenbasierten Architektur lässt sich Sagittarius Evolution flexibel
an die Bedürfnisse des Nutzers anpassen.
Dank der Vernetzbarkeit der einzelnen
Module und der kompletten Systeme
lassen sich weiterhin kombinierte ganzheitliche Szenarien trainieren – und das
selbst vernetzt an mehreren Standorten.
Unter den weltweiten Nutzern von Thales-Simulationen befindet sich auch die
Bundeswehr. Sie nutzt Sagittarius unter
dem Akronym AGSHP – Ausbildungsgerät Schießausbildung Handwaffen und
Panzerabwehrhandwaffen.
Auf dem „Koblenzer Tag“, der großen
Technologieschau von Thales Deutschland, hat das Unternehmen im April
dieses Jahres das „mobile System“ von
Sagittarius Evolution präsentiert. Es bietet die Möglichkeit zur Schieß- und Missionsausbildung von bis zu zwei Auszubildenden gleichzeitig. Das mobile System
ist in gehärteten Rollcontainern verbaut
und verfügt über eine kabellose Ausbilderstation auf einem Tablet-PC. Bedingt
durch die Bauweise kann das System
bei Betrieb von kabellosen Simulationseingabegeräten innerhalb von 15 Minuten durch zwei Personen aufgebaut und
in Einsatzbereitschaft versetzt werden.
Darüber hinaus sind – mit Ausnahme
eines Raumes, der sich abdunkeln lässt
– keinerlei infrastrukturelle Anforderungen zu berücksichtigen. Lediglich ein
Platzangebot von 5 m x 3 m bei einer
Raumhöhe von mindestens 2,50 m muss
zur Verfügung stehen. Mit dem „mobilen System“ beweist Thales Deutschland
seine Kompetenz bei der Entwicklung
und Fertigung von modularen und flexi-
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InfoBrief Heer · Ausgabe 3 · Juni 2015
Den Durchblick behalten
Neben einer zuverlässigen Kommunikation mit leicht zu handhabenden Produkten zählt auch die gute
Sicht der Soldatinnen und Soldaten
bei Nacht und bei widrigen Bedingungen zu den wichtigen Aspekten
innerhalb nationaler und internaMobile Taktische
Kommunikation
tionaler „Soldier Modernisation“Programmen. NachtsichttechnoDoch was nützt die beste Ausbildung, wenn im Einsatz die Verlogie heißt das Zauberwort! Die
Anforderung an die Produkte:
ständigung untereinander wegen
geringes Gewicht, Zuverlässigkeit,
technischer Mängel bei der AusEinsatz neuer Technologien sowie
rüstung nicht oder nur unzureiModularität. Thales gehört auch in
chend funktioniert. Auch hier ist
diesem Segment zu den europäiThales Deutschland geschätzter
und erfahrener Partner der Streitschen Top-Playern. Die Produkte aus
der Bildverstärker-Familie „Lucie“
kräfte und in der Lage, zukunftsgehören seit langem zum bewährweisende Lösungen für die Weiterentwicklung bereits eingeführter
ten Inventar der Bundeswehr. So
Systeme anzubieten wie auch neue,
verfügt zum Beispiel die Lucie II
auf modernsten Technologien und
D, die zur Ausstattung des IdZ-ES
Entwicklungen basierende Systeme
gehört, über ein integriertes und
zu liefern. In den letzten 30 Jahren
auf OLED-Technologie basierendes
wurden über 80.000 Funkgeräte an
Daten- und Videodisplay. Durch die
die Bundeswehr übergeben. Durch Ein Anteil der elektronischen Ausstattung des IdZ-ES
Modularität und das große Sehfeld
zahlreiche Weiterentwicklung hat
von 51 Grad wird ein sehr flexibler
sich Thales zum Technologietreiber
Einsatz in Hinblick auf Mobilität,
und Trendsetter entwickelt und ist
Beobachtung/Entdeckung und Wirin Europa die Nummer 1 in der Verkung ermöglicht. Darüber hinaus
entsteht durch die einfache Adapteidigungselektronik. Die Bandbreite der Entwicklungen reicht vom
tion eines IR-Moduls an die Brille ein
Software Defined Radio (SDR) über
völlig neues Gerät, die Lucie II DIR.
Bordverständigungsanlagen für die
Durch diese Sensorfusion ergibt sich
Fahrzeugkommunikation, elektroeine Bildüberlagerung mit Restlichtund Wärmebild. Dadurch entstehen
nische Ausstattung des Infanteriszusätzliche Funktionen, wie „nur
ten der Zukunft (IdZ) oder verlegNachtsicht“ oder „nur Bilddarstelbare Netze.
Aktuell steht das Gesamtsystem
lung“, zum Beispiel von Lageplä„NEXIUM Theater“ im Fokus, das
nen, Karten und Kartenausschniteine medienbruchfreie, hochten, oder Mischbildbetrieb, d. h.
Nachtsicht inklusive der Einblenverfügbare und sichere Kommunikation vom Einzelschützen bis
dung von taktischen und Statusinzum Hauptquartier im taktischen
formationen im oberen und unteUmfeld gewährleistet. NEXIUM
ren Bildbereich.
zeichnet sich durch einen einheitWas für den Infanteristen Lucie ist,
ist für den militärischen Kraftfahlichen, modularen Ansatz aus und
garantiert so die schnelle Anpasrer Bonie-M (Binocular Night Vision
Equipment-Modular) mit ihrer stesung an die verschiedenen Anforderungen im Einsatzland mit dem
reoskopischen Optronik, die mit
Ziel, die Informationsüberlegenrestlichtverstärkenden Röhren der
neuesten Generation ausgestattet
heit für die Einsatzkräfte in verist. Die beiden getrennten Sichtschiedenen Situationen, wie z. B. Lucie II ist Anteil der Ausstattung des IdZ-ES
im intensiven Kampf wie auch bei
kanäle der Brille ermöglichen ein
friedenssichernden Einsätzen, sicherzu- mit anderen Technologien wie LTE/PMR. räumliches Sehen und sind daher hervorstellen. Unter Nutzung verschiedener Darüber hinaus bietet Thales Deutsch- ragend für das Fahren bei Nacht unter
Dienste wie BFT, Sprache, Messaging, land als Hersteller die vollumfängliche militärischen Bedingungen geeignet.
Chat oder Videos werden die verschie- logistische Betreuung an und stellt Darüber hinaus ist Thales Deutschland
denen Kommunikationstechnologien zu damit kurze Reaktionszeiten sowie eine auch mit seinen handgehaltenen Geräten
einem homogenen, medienbruchfreien weltweite Versorgung der gelieferten Partner der Bundeswehr – getreu dem
Informationsnetz vereint. Das System und im Einsatz befindlichen Systeme Motto: „Immer wenn es darauf ankommt,
hat Thales die richtige Lösung!“
integriert HF-, VHF- und UHF-Funknetze sicher.
blen Systemarchitekturen. Die Produktfamilie „Sagittarius Evolution“
unterstützt sowohl die Basisschießausbildung als auch taktisches Training, z. B. „Judgemental Training“
von Fortgeschrittenen.
8
InfoBrief Heer · Ausgabe 3 · Juni 2015
Integrierte Mechatronik: Mehrwert für
wehrtechnische Systeme
Fabienne Laville Isabey, MBA, Marketing & Kommunikation, WITTENSTEIN motion control GmbH
WITTENSTEIN gruppe. Diese erzielte im
Geschäftsjahr 2014/15 mit insgesamt
rund 1.900 Mitarbeitern einem Umsatz
von 275* Mio EUR (*voraussichtlicher
Wert). Die einzelnen Tochtergesellschaften sind in den Geschäftsfeldern
Servogetriebe, Servoantriebssysteme,
Medizintechnik, Miniatur-Servoeinheiten, innovative Verzahnungstechnologie, rotative und lineare Aktuatorsysteme, Nanotechnologie sowie Elektronik- und Softwarekomponenten tätig.
Als einer der wenigen Hersteller ist
WITTENSTEIN motion control in der
Lage, alle Komponenten für mechatronische Servoantriebe für den Einsatz
in der Wehrtechnik komplett inhouse
zu entwickeln, zu konstruieren und als
Baugruppe zu testen sowie die kompletten Systeme zu fertigen. Eine weitere Besonderheit ist, dass WITTENSTEIN
motion control auf die fertigungstechnische Infrastruktur seines Industriege-
Quelle: WITTENSTEIN
Präzision in der Nutzung und Durchhaltefähigkeit in Truppenübungen wie
auch im Einsatz sind wesentliche Performance-Anforderungen wehrtechnischer Systeme und Großgeräte. Umgesetzt werden sie in vielen Programmen
mit Hilfe mechatronischer Antriebstechnik von WITTENSTEIN motion control – u.a. im Schützenpanzer Puma,
im Aufklärungsfahrzeug Fennek, im
Bodenüberwachungsradar BÜR sowie
in der Beobachtungs- und Aufklärungsausstattung BAA II der Airbus DS
Optronics GmbH.
WITTENSTEIN besitzt die Kompetenz
für die Entwicklung und Herstellung
aller Komponenten – Servomotoren,
Getriebe, Regel- und Leistungselektronik, Sensorik und Software – sowie
aller mechatronischen Systeme im eigenen Haus. Mit der Erfahrung aus dem
Industriegeschäft mit seinen großen
Stückzahlen ist WITTENSTEIN motion
Engineering-,Fertigungs- und Qualitätskompetenz zeichnet die Mitarbeiter aus
control in der Lage, seine wehrtechnischen Systemlösungen aus einem Baukasten heraus in kurzer Zeit und in
zuverlässigen, effizienten und kalkulationssicheren Prozessen zu generieren.
Die relevanten MIL-Standards werden
in vollem Umfang erfüllt.
Hochintegrierte Mechatronik für
die Wehrtechnik
Die WITTENSTEIN motion control GmbH
in Igersheim, Baden-Württemberg, ist
eines von insgesamt acht Unternehmen
innerhalb der weltweit agierenden
schäftes zurückgreifen kann. Servomotoren, Getriebe, Regel- und Leistungselektronik, Sensorik und multifunktionale Software bilden einen Baukasten,
der die benötigten Unterbaugruppen
kurzfristig an moderne Fertigungs- und
Montageprozesse übergeben kann,
die ein Höchstmaß an Produktqualität und Kalkulationssicherheit gewährleisten. Dies sind wesentliche Gründe dafür, dass das Unternehmen seit
Jahren weltweit einen hervorragenden Ruf als anerkannter Partner für
wehrtechnische Systeme genießt. Mili-
tärische Landsysteme erreichen
dank Antriebslösungen von WITTENSTEIN motion
control kürzeste
Reaktionszeiten
und bieten höchste Richtpräzision.
Für Navalsysteme
stehen Antriebssysteme zur Verfügung, deren Materialmix sich durch Langzeitkorrosionsbeständigkeit der Oberflächen auch
in salzhaltiger Atmosphäre auszeichnet, die extrem schockfest sind und
auch bei kurzzeitiger Überlastung voll
verfügbar bleiben. Auch für den Airborne-Einsatz ist Antriebstechnologie
von WITTENSTEIN motion control u. a.
aufgrund ihres Wirkungsgrades, ihrer
hohen Leistungsdichte sowie ihres großen Einsatztemperaturbereiches bestens geeignet.
Innovatives Entwicklungs- und
Produktionsumfeld
Solche wehrtechnischen Lösungen entstehen mit Hilfe neuer Formen der
Zusammenarbeit im modernen Entwicklungs- und Produktionsumfeld der
Innovationsfabrik von WITTENSTEIN.
Interaktion, Kommunikation, Kreativität und Teamperformance sind wesentliche Merkmale der Zusammenarbeit
– intern wie auch extern mit namhaften Auftraggebern aus der Verteidigungsindustrie. Zusätzlich gewährleisten Fertigungskonzepte nach dem
neuesten Stand der Technik eine nachhaltig hohe Produktivität und Flexibilität. Davon profitieren Projektpartner
beispielsweise durch die schnelle Lieferung erster Prototypen, beim Anlauf
einer Kleinserie sowie beim Übergang
in die Großserienproduktion.
Kompetenz für Defence-Lösungen
Hochintegrierte rotative und lineare
Aktuatorsysteme mit maximaler Leistungsdichte, Dynamik, Präzision und
Robustheit bilden das Rückgrat des
Defence-Portfolios von WITTENSTEIN
motion control. Zu den wichtigsten
Anwendungen zählen das Richten und
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InfoBrief Heer · Ausgabe 3 · Juni 2015
Elektromechanische Antriebe von WITTENSTEIN motion control steuern hochkomplexe
Vorgänge im SPz Puma
Stabilisieren von Waffen aller Kaliber sowie von Antennenanlagen und
Sensorplattformen, das Zuführen und
automatische Beladen von Munition,
die Ruder- bzw. Finnensteuerung zur
Lenkung von Flugkörpern und Torpedos sowie das horizontale und vertikale Ausrichten und Positionieren mobiler und stationärer Radarsysteme.
Einsatzbeispiele in
wehrtechnischen Systemen
Zum Schützenpanzer Puma steuert
das Unternehmen hochzuverlässige
elektromechanische Antriebe für die
Munitionszuführung, die Waffenbedienung, die Waffenrichtanlage sowie
die Sprengkörperwurfanlage bei. Sie
ermöglichen die automatisierte Munitionsversorgung und Bedienung der
Hauptwaffe sowie des seitenparallelen Maschinengewehrs, sorgen für das
Drehen und die Azimuth- und Elevationszurrung von Turm und Hauptwaffe sowie die Ausrichtung und die
Magazinrotation des Spreng- und
Täuschkörperwerfers.
Beim Bodenüberwachungsradar BÜR
handelt es sich um ein Radarsystem,
das an einem Mast auf dem Patrouillen- und Spähfahrzeug Dingo
montiert ist und Personen- sowie
Fahrzeugbewegungen in einem
Umkreis von bis zu 40 km detektieren soll. Zum Aufstellen und
Ausrichten der Radarplattform kommen Linearantriebssysteme
und ein rotatives
Mastantriebssystem
10
mit integrierten Steuerungen und
CAN-Bus-Interface zum Einsatz. Ebenfalls zum Lieferumfang von WITTENSTEIN motion control gehört das zweiachsige Radar-Pedestal. Für die stationäre Variante des BÜR, das SPEXER/
TRGS, das als Grenzüberwachungssystem und Sicherheitsradar eingesetzt
wird, wurde ein autonomes 3-AchsenRadarpedestal entwickelt. Hochintegrierte rotative und lineare Servosysteme sorgen auch hier für die Ausrichtung in horizontalen und vertikalen
Bewegungsachsen.
Ein aktuelles Projekt ist die Konzeptrealisierung einer Schwenk-NeigePlattform für die Beobachtungs- und
Aufklärungsausstattung BAA II für
Landfahrzeuge. Hier zeichnet WITTENSTEIN motion control für das Richten,
Positionieren und variantenabhängig
auch für das Stabilisieren der Plattform
verantwortlich. Der gesamte SchwenkNeige-Kopf ist als komplette Einheit mit
integrierter Antriebstechnik aufgebaut
und kann in zwei Varianten – unstabilisiert und stabilisiert – ausgeführt
werden. Der Leistungsumfang von
WITTENSTEIN motion control umfasst
das Gehäuse, die Antriebstechnik, ggf.
die Stabilisierung mit Auswertung
der Kreiselinstrumente. Die Azimuthund die Elevationsachse bewegen sich
unabhängig voneinander, nutzen aber
nicht nur ein identisches Motor-Getriebe-Elektronik-Konzept, sondern auch
eine gemeinsame Steuerungsplatine.
Da die Azimuthachse den SchwenkNeige-Kopf in Bezug zum Fahrzeug
unbegrenzt dreht, wird die Versorgung
mit elektrischer Leistung sowie die Signalübertragung über einen Schleifring
realisiert. Die mechanischen Schnittstellen des Schwenk-Neige-Kopfes sind
die Abtriebsflansche für den Aufbau
auf dem Fahrzeug und zur Montage
des optronischen Systems. Alle notwendigen Signale für das optronische
System werden durch den Schwenkneigekopf hindurchgeführt.
WITTENSTEIN setzt auf Pioniere
WITTENSTEIN steht auch für ein breites
Angebot technischer und kaufmännischer Ausbildungsberufe und Studiengänge. „Pioniere zu uns“ lautet die
Aufforderung an junge Menschen, sich
um Ausbildungs- und Studienplätze
zu bewerben. Darüber hinaus bietet
das Unternehmen mit der „WITTENSTEIN talent arena“ auf ca. 2.500 m²
Werkstätten- und Schulungsräume für
die Aus- und Weiterbildung sowie die
Nachwuchsförderung. Offensichtlich
kommt das Angebot gut an: Mit fast
200 jungen Menschen in der Ausbildung bzw. im Studium erreichte WITTENSTEIN per 31.03.2014 eine Ausbildungsquote von rund 13 Prozent.
Partner bei künftigen Plattformen
und Programmen
WITTENSTEIN motion control bietet
seinen Partnern in der wehrtechnischen Industrie ein hohes Maß an Engineering-, Fertigungs- und Qualitätskompetenz. Das umfangreiche Knowhow und Wissen der Mitarbeiter um
die wehrtechnischen Anforderungen
sowie deren qualifiziertes Engineering
von Mechanik, Elektronik und Systemtechnik gewährleisten auch in Zukunft
die Umsetzung von mechatronischen
Antriebslösungen für die unterschiedlichsten Plattformen und
Programme.
Kompakte mechatronische
Systeme der Firma WITTENSTEIN
motion control für die Wehrtechnik
InfoBrief Heer · Ausgabe 3 · Juni 2015
Aus dem parlamentarischen bereich
Es ist nicht alles schlecht bei der Bundeswehr
Bernd Siebert, MdB (CDU), Mitglied im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages
und Vizepräsident im Förderkreis Deutsches Heer e.V.
nistration hätte das Chaos regiert. So
einfach ist es jedoch nicht. In der Vergangenheit waren mitnichten Dilettanten am
Werk. Das gezeichnete Bild, die gesamte Bundeswehr und die wehrtechnische
Industrie wären marode oder unfähig, ist
falsch.
Auch andere Entwicklungen lassen die
Sorgenfalten nicht kleiner werden. Die
derzeit zu beobachtende Tendenz, für
jede Fragestellung externe Berater zu
beauftragen, kann von den eigenen Mitarbeitern durchaus als Zeichen des Misstrauens gedeutet werden. Dass in einer
solchen Atmosphäre Loyalität und Kameradschaft leiden, ist nachvollziehbar.
Urteile mit Absolutheitsanspruch sind
generell schädlich. Wer medienwirksam
den Daumen über ein Produkt senkt,
verbaut sich unnötig Spielraum für rationale Lösungen. Sind die Dinge doch differenzierter, heißt es „Augen zu und
durch“ oder zurückrudern. Insofern
erinnert der Nackenschlag für das G36
Foto: DomoK
Wer als unvoreingenommener Mensch
die Berichterstattung über die Bundeswehr seit eineinhalb Jahren zur Kenntnis
nimmt, muss zu dem Schluss gelangen, es
sei eine einzige Katastrophe: der Dienst
unattraktiv, die Kasernen marode und
die Ausrüstung ein Zumutung. Das Tüpfelchen auf dem i sind die Diskussionen
um das Standardgewehr des Soldaten,
das G36. Hier ist mit harten Begrifflichkeiten wie „nicht einsatztauglich“ oder
„keine Zukunft in der Bundeswehr“ eine
Lage entstanden, die es schwer macht,
an vernünftigen Lösungen zu arbeiten.
Mehr noch, bei vielen Soldaten rufen
diese Feststellungen Kopfschütteln und
Unverständnis hervor. Auch ausländische Stimmen fragen sich irritiert, was in
Deutschland vor sich geht, weshalb wir
einen der letzten verbliebenen eigenen
Handwaffenhersteller scheinbar in den
Ruin treiben wollen. Ein Erklärungsversuch hierfür ist: Medien pauschalisieren
gerne, Probleme werden ausführlich the-
G36: das Standardgewehr der Bundeswehr
matisiert, was funktioniert wird ignoriert.
Derzeit ist diese Tendenz bei der Berichterstattung besonders ausgeprägt. Aber es
ist mehr als das.
Es ist selten gut, wenn ein Pendel zu weit
in eine Richtung ausschlägt. War es in der
Vergangenheit tatsächlich oft so, dass
Probleme im Rüstungsbereich beschönigt
und kleingeredet wurden, wird jetzt jeder
Fehler zum Fiasko hochstilisiert. Weder
das eine noch das andere Extrem ist verantwortungsvoll. Daher ist es heute wichtiger denn je zu betonen: nicht alles
ist schlecht bei der Bundeswehr! Das zu
sagen gebietet schon die Fürsorge gegenüber unseren Soldaten. Denn wer kann
mit kühlem Kopf in den Auslandseinsatz
gehen, wenn er lesen muss, seine Ausrüstung sei schrottreif? Man kann den Eindruck gewinnen, vor der jetzigen Admi-
fatal an die Aussage „Wir haben die
Reißleine gezogen“ beim Projekt EuroHawk im Jahre 2013. Damals war es das
vorläufige Ende des Vorhabens und der
Beginn eines Untersuchungsausschusses.
Die schädliche, langfristige Auswirkung
ist allerdings, dass man bis heute zögert,
im Bereich unbemanntes Fliegen dringend benötigte Entscheidungen zu treffen. Die kleinlaute Wiederbelebung des
EuroHawk zeigt, welchen Schaden vermeintliche Befreiungsschläge anrichten
können. Damals wurde unnötig Zeit und
Geld verspielt, Unsicherheit geschürt und
ein ganzes Technologiefeld in Misskredit
gebracht. Etwas Ähnliches darf nicht wieder passieren.
Auch beim G36 gibt es Fragen, die alles
andere als trivial sind und die dringend
geklärt werden müssen. So ist das Gewehr
mehr als ein alleinstehender Ausrüstungsgegenstand.
Für die heute notwendige, moderne
Rolle der Infanterie
ist es das vernetzte Herzstück des
Projektes Infanterist der Zukunft.
Anbauteile, bis hin
zu Schutzwesten,
sind auf diese Waffe ausgerichtet. Transporthalterungen in Fahrzeugen sind für
das G36 konzipiert. Entfernt man es rigoros aus der Truppe, kommt ein großer
Änderungsbedarf an vielen Stellen auf die
Soldaten zu. Es ist also mehr als ärgerlich,
wenn solche Zusammenhänge angesichts
anderer Zielsetzungen übergangen werden.
Es hat in der gesamten Diskussion keine
Rolle gespielt, dass die Soldaten der Bundeswehr im Einsatz einen breiten Waffenmix zur Verfügung haben. Da gibt es
nicht nur das G36 mit seinem in der Tat
beschränkten Einsatzspektrum. Erhöhte
Durchschlagskraft bieten modernisierte Gewehre G3. Für Dauerfeuer steht
das Maschinengewehr zur Verfügung.
Gepanzerte und verbunkerte Ziele werden mit der Panzerfaust bekämpft. Für
den präzisen Schuss auf sehr große Entfernungen sind Scharfschützen vorgesehen.
Schließlich stehen zur Herstellung der
Feuerüberlegenheit auch die Bordwaffen
von Gefechtsfahrzeugen zur Verfügung,
von der Unterstützung durch Steilfeuer
oder Luftunterstützung ganz zu schweigen. Die Vorstellung, Soldaten wären nur
mit ihrer Handwaffe ganz auf sich allein
gestellt, mag zwar nützlich für das Erreichen bestimmter Ergebnisse sein, der Realität entspricht es jedoch fast nie.
Es ist aus heutiger Sicht in der Tat zu
hinterfragen, ob das Einsatzspektrum
des G36 sich auf wenige, gezielte Einzelschüsse beschränkt. Aber ist es wirklich
klüger anzunehmen, der Normalfall sei
es, den gesamten am Mann befindlichen
Munitionsvorrat in wenigen Minuten zu
verschießen und daran apodiktisch die
Einsatztauglichkeit der Handwaffe festzumachen? Wo war hier der militärische
Ratschlag?
Auch das Thema Ausbildung spielt in
dieser gesamten Thematik eine wichtige
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InfoBrief Heer · Ausgabe 3 · Juni 2015
Rolle. Unabdingbar für jeden Soldaten ist
das Beherrschen der eigenen Waffe. Das
bedingt eine fordernde und tiefgehende
Schießausbildung, auch unter Druck und
Stress. Ganz schnell fällt hierbei das zu
Unrecht in Verruf geratene Wort „Drill“.
Wenn allerdings EU-Arbeitszeitrichtlinie,
Teilzeitbeschäftigung und andere Errungenschaften der „Work-Life-Balance“ die
Maximen der Stunde sind, überrascht es
nicht, wenn beim Gewehrschützen das
Führen des Gefechts auf „Blei in die Heide
bringen“ reduziert wird. In den Berichten
aus den Einsätzen wurden diese Ausbildungsdefizite bereits wiederholt angesprochen.
Kann das G36 angesichts der Ereignisse
beibehalten werden? In den Grenzen seiner Möglichkeiten, für die es ursprünglich
auch beschafft wurde, ist das denkbar.
Nach 20 Jahren Nutzung steht ohnehin eine grundsätzliche Überprüfung an.
Aber auf diese Art und Weise? Für hoch-
In eigener Sache
Mit dieser Ausgabe des InfoBrief
Heer beende ich meine Tätigkeit in
der federführenden Bearbeitung dieses Informationsblattes für den FKH.
Mein Dank gilt allen Damen und
Herren aus dem parlamentarischen,
industriellen und militärischen
Bereich, die mich in kooperativer und
vertrauensvoller Zusammenarbeit bei
dieser Aufgabe unterstützten.
Ich bitte Sie, dieses Vertrauen auch
auf Herrn Dr. Peter Boßdorf zu übertragen, der ab Juli 2015 die Bearbeitung des InfoBrief Heer übernimmt.
Lothar Schulz
Impressum
Herausgeber: Förderkreis Deutsches Heer e.V.,
Büro Bonn: Adenauerallee 15, 53111 Bonn,
Tel.: (0228) 261071, Fax (0228) 261078.
Büro Berlin: Unter den Linden 21,
10117 Berlin,
Tel.: (030) 20165623
E-Mail: [email protected],
Web: www.fkhev.de
Mit der Herausgabe beauftragt:
Mittler Report Verlag GmbH, Bonn
Ein Unternehmen der Gruppe Tamm Media
Chefredakteur: Lothar Schulz
Redaktion: Dorothee Frank
Anschrift: Baunscheidtstraße 11, 53113 Bonn
Tel.: (0228) 3500873, Fax: (0228) 3500871.
E-Mail: [email protected]
Der Info-Brief Heer erscheint fünfmal im Jahr.
Abonnementpreis für Nichtmitglieder beim
Förderkreis Heer e.V. 20,– E p.a.
Bestellungen bei: Mittler Report Verlag GmbH,
Baunscheidtstraße 11, 53113 Bonn.
Copyright Mittler Report Verlag GmbH.
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Identifikationsmerkmal und trägt zum
sprichwörtlichen „Waffenstolz“ bei. Sie
entscheidet mit über Erfolg oder Misserfolg des Auftrages und im Extremfall über
Leben und Tod. Es ist demnach das bestmögliche Material notwendig. Es macht
aber auch einen Unterschied, wie man
über Dinge redet. Es mag die Aufgabe
des Journalismus sein, ein besonderes
Augenmerk auf mögliche Kritikpunkte
und Schwächen zu legen. Der Eindruck,
die politische Führung wäre in solchen
Debatten noch kritischer als der Spiegel, sollte indes vermieden werden. Ein
Arbeitgeber, der sich nicht von Medien
treiben lässt, auch das ist Attraktivität.
Auch in einem übergeordneten Zusammenhang ist der Fall G36 bemerkenswert.
In den aktuellen, ressortübergreifenden
Überlegungen um national zu erhaltende
Schlüsseltechnologien in der Wehrtechnik
ist es explizit der Bereich Handwaffen,
der zur Diskussion steht. Wer wird sich
im politischen Raum angesichts der Causa
G36 ernsthaft dafür einsetzen, diesen
Bereich als unterstützenswert zu definieren? Auch so kann man strategische Fragestellungen lösen. Wenn das allerdings
Schule macht, kann einem angst und
bange werden.
intensive Szenarien wie sie im Einsatz
durchaus vorkommen können, wäre eine
Erweiterung des vorhandenen Waffenmixes durch ein leichtes Maschinengewehr durchaus denkbar. Ist eine solche,
zugegebenermaßen medial nicht so spektakuläre Lösung, jetzt noch machbar?
Zumindest nicht ohne ein Stück weit die
bisherige Position zu räumen.
Nun zu einigen grundsätzlichen Überlegungen: Der Fall G36 zeigt unter dem
Brennglas eine Entwicklung, die jedes
Unternehmen der wehrtechnischen
Industrie genauestens für sich analysieren
sollte. Mit Heckler & Koch hat es zwar ein
sehr bekanntes, aber eher kleines Unternehmen getroffen, das in der Öffentlichkeitsarbeit schlecht aufgestellt ist und
verbissen auf einer Position beharrt, die
auf politischer Ebene keinen Erfolg verspricht. Hinzu kommt, dass in der Bevölkerung kaum jemand einem Waffenhersteller Sympathie entgegenbringt. Ein
leichtes Opfer demnach. Dennoch sollte
die gesamte Branche gewarnt sein.
Stichwort Attraktivität. Nicht nur Arbeitszeiten, Infrastruktur und Gehalt machen
eine Tätigkeit aus. Insbesondere beim
Militär kommt der Ausrüstung eine
besondere Bedeutung zu. Häufig ist sie
Veranstaltungen 2015
17. Juni*
Mitgliederversammlung 2015, Berlin
17. Juni*
Jahresempfang, Berlin
23./24. Juni*Symposium „Aspekte der Weiterentwicklung des
Heeres in allen Fähigkeitsdomänen“, Amt für Heeresentwicklung, Köln
02. Juli
87. Info-Lunch, Berlin
10. September
88. Info-Lunch, Berlin
15.-17. SeptemberDSEI Defence Systems & Equipment International,
London, UK
30. SeptemberParlamentarischer Abend; 73./74. Präsidiumssitzung, Berlin
12.-14. OktoberAUSA Annual Meeting 2015 mit Empfang FKH am
13. Okt., Washington, USA
28./29. Oktober* Symposium „Wirksamkeit im Einsatz: Effektiv,
innovativ, skalierbar“, MBDA Deutschland GmbH,
Schrobenhausen
05. November
89. Info-Lunch, Berlin
25. November
Parlamentarischer Abend, Berlin
07. Dezember*
Kurzsymposium mit anschließendem Empfang, Koblenz
17. Dezember
90. Info-Lunch, Präsidiumssitzung, Berlin
Anmerkungen: Info-Lunch-Veranstaltungen finden in der Regel am Donnerstag um 12.30 Uhr und
Parlamentarische Abende am Mittwoch um 18.00 Uhr statt
* = Einladungen an alle Mitglieder (Aktueller Stand der Veranstaltungen unter www.fkhev.de )
12. Handelsblatt Konferenz
Sicherheitspolitik und Verteidigungsindustrie
29. und 30 September, Pullman Berlin Schweizerhof
mehr unter www.handelsblatt.com/defence-conference
InfoBrief Heer · Ausgabe 3 · Juni 2015 · Sonderbeilage
Rede des Inspekteurs des Heeres
Generalleutnant Bruno Kasdorf
Beim parlamentarischen Abend des FKH am 20. Mai 2015 in Berlin
Vielen Dank für die Möglichkeit, zu Ihnen zu sprechen
und einen kurzen Überblick über die aktuelle Lage im
Deutschen Heer zu geben.
Unsere Struktur ist – auch bei veränderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen – die Richtige. Moderate
Anpassungen werden nur dort vorgenommen, wo dies
auf Grund der weiteren Multinationalisierung, nachträglich identifizierter struktureller Risiken, der Agenda
Attraktivität oder der EU-Arbeitszeitrichtlinie erforderlich ist. Und die Personallage ist nach wie vor gut! Wir
bekommen das Personal, welches wir brauchen – in
Quantität und Qualität.
Dieses Personal braucht das beste Material, was Deutschland zu bieten hat. Ein komplexes und kontrovers diskutiertes Thema – in diesem Kreis, genauso wie in der
Öffentlichkeit. Lassen Sie mich dazu folgendes sagen:
Das Deutsche Heer verfügt über moderne und unserem Anspruch als Hochtechnologienation entsprechende Ausrüstung – aber nicht in dem erforderlichen
Umfang!
Vor dem Hintergrund der sicherheitspolitischen Lage
Anfang dieses Jahrtausends – nur von Freunden umgeben – und einem begrenzten finanziellen Spielraum, war
eine Abkehr von der Vollausstattung und einer Konzentration auf moderne Ausrüstung für die Einsätze auch
militärisch noch vertretbar. Nichts desto trotz, für den
Inspekteur des Heeres galt immer, dass dies der Not und
nicht dem Wunsch geschuldet war.
Die aktuelle sicherheitspolitische Lage hingegen – Terror extremistischer Gruppen an der Peripherie Europas,
völkerrechtswidrige Annektierung der Krim und der weiterhin virulente Konflikt in der Ostukraine – stellt eine
grundsätzliche Lageänderung dar.
Denn nunmehr gilt es, das ganze Heer für das gesamte
Spektrum möglicher Einsätze zu befähigen, auch um im
Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung zu bestehen.
Und trotz zwischenzeitlich erhöhter Stückzahlobergrenzen einzelner, einsatzwichtiger Großgeräte wie dem GTK
Boxer oder dem Leopard 2, sind wir von der dafür erforderlichen Vollausstattung nach wie vor weit entfernt.
Wo stehen wir vor diesem Hintergrund aktuell?
Die deutsche Beteiligung an der derzeit in der Testphase
befindlichen sehr schnellen Eingreiftruppe der NATO hat
gezeigt: derzeit gelingt uns nur die Aufstellung von bis
zu zwei modernen Ansprüchen genügenden Gefechtsverbänden!
Neben dem erheblichen zusätzlichen finanziellen Aufwand für zusätzliches Gerät und Übungen sind wir
gezwungen, auf alle Verbände des Heeres zurückzugreifen – einschließlich der Ausbildungsorganisation – um
InfoBrief Heer · Ausgabe 3 · Juni 2015 · Sonderbeilage
die Soldaten optimal für einen möglichen Einsatz im
gesamten Spektrum aufzustellen.
Um die Reaktionsfähigkeit des Heeres den neuen Rahmenbedingungen entsprechend zu erhöhen – bei gleichzeitigem Erhalt unserer Ausbildungsfähigkeit – müssen
wir aber in der Lage sein, deutlich mehr als nur diese
Kräfte den Anforderungen entsprechend auszustatten.
Daraus ergeben sich vier wichtige Handlungsfelder:
1. Lücken füllen.
Jeder Verband muss über das gesamte, für seinen Verband vorgesehene und moderne Gerät verfügen. Dies
bedeutet zunächst, dass die bisher vorgegebenen Stückzahlobergrenzen für Großgerät nach oben korrigiert
werden müssen. Neben Kampfpanzern, Schützenpanzern,
Transportpanzern oder Artilleriewaffen gilt dies insbesondere für geschützte Transport- und Führungsfahrzeuge
aller Truppengattungen.
Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von militärischem
Gerät, welches in nur geringer Stückzahl zur Verfügung
steht bzw. einer dringenden Modernisierung bedarf.
Moderne Führungsmittel, persönliche Ausrüstung, Nachtsichtmittel und Pionierbrücken – das Heer braucht speziell
auf seinen Auftrag zugeschnittene Ausrüstung. So fehlen uns derzeit 80 Prozent unserer Bildverstärker Brillen
LUCIE, und 99 Prozent entsprechender Brillen für Kraftfahrer! Und für Gewässerübergänge stehen nur wenige
schnelle Amphibienbrücken bereit, die dann am zweiten
Gewässerübergang bereits nicht mehr verfügbar wären.
Die Beschaffung aller Systeme muss jetzt erfolgen, denn
im Fall einer Krise wird die Industrie die hierfür erforderlichen Kapazitäten nicht ad-hoc bereithalten bzw. dringend benötigte Rohstoffe nur schwer oder gar nicht zur
Verfügung stehen.
2.Munitionsbevorratung
Dies gilt insbesondere für Munition. Herstellung und
Bevorratung von Munition ist eine seit langem vernachlässigte, sehr kostspielige Daueraufgabe. Es ist aber
unabdingbare Voraussetzung, um durchhaltefähig in
jedem Einsatz – gerade bei hoher Intensität – bestehen
zu können.
3. Modernisierung
Auch potentielle Gegner bedienen sich frei auf dem
Markt verfügbarer Spitzentechnologie, um den Abstand
zu modernen Streitkräften weiter zu verringern. Das
erfordert eine laufende Modernisierung bewährter als
auch neu eingeführter Waffensysteme.
Dazu zähle ich neben der einheitlichen Ausstattung aller
Truppengattungen mit einem einheitlichen Waffensystem, moderne Führungsmittel und Gefechtsstände sowie
moderne Nachfolger für die unbemannten Aufklärungssysteme des Heeres, KZO und LUNA.
4. Ausbildungseinrichtungen und Infrastruktur
Und das Heer braucht moderne Standorte, mit modernen Unterkünften, Betreuungseinrichtungen, Pendlerwohnungen und Ausbildungseinrichtungen vor Ort – vom
Standortübungsplatz bis zur Standortschießanlage. Hier
gibt es gute Beispiele, aber nach wie vor auch viel Handlungsbedarf.
Es gibt auch keinen Grund mehr bei der Modernisierung
der Infrastruktur zu warten, die Standortentscheidungen
sind getroffen.
Finanzierung
Das schließen dieser Lücken kann nur gelingen, wenn das
Heer hinreichend finanziert ist. Ich habe 2012 einen Investitionsbedarf von jährlich ca. 2,5 Milliarden Euro alleine für
das Heer festgestellt und diesen Kurs auch in der Öffentlichkeit vertreten. Bis 2025 wären dies ca. 30 Milliarden
Euro gewesen!
Dem stehen seither lediglich bis zu 1,7 Milliarden Euro pro
Jahr tatsächlicher Investitionen gegenüber. Dies hat zur
Folge, dass bereits heute mehr als 4 Milliarden Euro für
wichtige Projekte des Heeres fehlen – ein beträchtlicher
Rückstau.
Ab dem kommenden Jahr wurde zwar ein anteiliger
Investitionsumfang für das Heer von ca. 8,6 Milliarden
Euro in der Finanzbedarfsanalyse 2016 zugebilligt. Aber
wenn Deutschland – und an seiner Spitze das Deutsche
Heer – seiner Verantwortung in der NATO in dem von
der Politik angestrebten Umfang und mit hoher Qualität
gerecht werden will, ist das nur die Spitze des Eisbergs.
Denn eine Vollausstattung bedeutet die Ausrüstung jedes
Verbandes und jedes Soldaten des Heeres mit dem Gerät,
was er auch im Einsatz benötigt!
Dies umfasst insbesondere:
Hauptwaffensysteme wie den Leopard 2A7, weitere 100
Schützenpanzer Puma und zusätzliche GTK Boxer für
Pioniere und Artillerie (Investitionsvolumen mindestens
4,4 Milliarden Euro), so dass die Struktur des gesamten
Heeres zu 100 Prozent befüllt wäre.
Querschnittliches Gerät wie Nachtsichtgeräte, persönliche
Ausstattung (Infanterist der Zukunft), Führungsmittel,
Unbemannte Aufklärungssysteme – allesamt zwingende
Voraussetzung, um als Systemverbund zu wirken (Investitionsvolumen mindestens 5,6 Milliarden Euro) – jeder
Soldat verfügt dann über sein Gerät.
Geschützte Fahrzeuge in allen Truppengattungen (Investitionsvolumen mindestens 8,4 Milliarden Euro), um die für
die Landes- und Bündnisverteidigung zu stellende Division mit drei Brigaden voll auszustatten.
Laufende Modernisierung bereits eingeführter Systeme
sowie Bevorratung von Munition – Kosten, die sich derzeit
noch nicht vollumfänglich ermitteln lassen.
Deshalb können wir feststellen: bis 2025 sind ca. 20 Milliarden Euro in das Deutsche Heer zu investieren, sollen
Anspruch und Realität ab 2025 miteinander übereinstimmen.
Ich fasse zusammen:
Wir verfügen über ein Heer, das aktuellen Herausforderungen auf sehr hohem Niveau gewachsen ist – allerdings
nur dort, wo die moderne Ausrüstung auch wirklich
vorhanden ist. Und die Lage hat sich grundlegend geändert, die Bewältigung zukünftiger Herausforderungen
erfordert ein rundum modern und voll ausgestattetes
Deutsches Heer.
Was das bedeutet, habe ich Ihnen heute aufgezeigt, ganz
bewusst hier im Förderkreis, aber auch an anderer Stelle
– einschließlich entsprechender interner Meldungen, um
die Anliegen des Heeres vorzubringen. Um hierbei den
bestmöglichen Erfolg zu erzielen, bitte ich Sie um Ihre
Unterstützung – so wie bisher.
(Es gilt das gesprochene Wort)