Finanzierung der beruflichen Grundbildung für Erwachsene

Finanzierung der beruflichen
Grundbildung für Erwachsene
Kurzfassung zum Schlussbericht
B,S,S. Volkswirtschaftliche Beratung
in Kooperation mit
Prof. Dr. Markus Maurer von der Pädagogischen Hochschule Zürich
Basel, den 25. April 2015
B , S , S . V O L K S W I R T S C H A F T L I C H E B E R A T U N G AG
STEINENBERG 5, CH-4051 BASEL
TEL: +41-61-262 05 55, FAX: +41-61-262 05 57
E-M AI L: CONT [email protected], HOME: WWW.BSS-BASEL.CH
Finanzierung der beruflichen Grundbildung für Erwachsene
Kurzfassung zum Schlussbericht
zuhanden des Schweizerischen Baumeisterverbands (SBV)
Verantwortlich seitens Auftraggeber: Gérard Bottazzoli
Projektleitung seitens Auftragnehmer: Miriam Frey (B,S,S.)
Projektbearbeitung: Miriam Frey (B,S,S.), Nathalie Prack (B,S,S.), Prof. Dr. Markus Maurer (PHZH), Helena Neuhaus (Nachfassaktion französischsprachige Berufsbildungsämter)
B,S,S. Volkswirtschaftliche Beratung AG, Steinenberg 5, CH-4051 Basel
Tel: 061-262 05 55, Fax: 061-262 05 57, E-Mail: [email protected]
Finanzierung der beruflichen Grundbildung für Erwachsene
B ,S, S.
Ausgangslage und Ziel der Studie
Erwachsene Personen, die noch keinen Berufsabschluss erworben haben oder einen Abschluss in einem anderen Beruf als dem erlernten anstreben, haben die
Möglichkeit, ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis oder ein eidgenössisches
Berufsattest im Erwachsenenalter zu erlangen. Dabei stehen vier Wege offen:
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Reguläre berufliche Grundbildung (mit Lehrvertrag)
Verkürzte berufliche Grundbildung (mit Lehrvertrag)
Zulassung zur Abschlussprüfung (ohne Lehrvertrag)
Validierung von Bildungsleistungen (ohne Lehrvertrag)
Im Rahmen eines Projekts des Schweizerischen Baumeisterverbands (SBV) soll
die Finanzierung von Bildungsangeboten für Erwachsene differenziert nach den
vier Bildungswegen aufgezeigt werden. Der vorliegende Bericht stellt die Ergebnisse dazu dar.
Methodik
In methodischer Hinsicht das Kernstück der Studie bildet eine schriftliche Befragung aller kantonalen Berufsbildungsämter der Schweiz sowie des Fürstentums
Liechtenstein. Die erhobenen Informationen wurden mit Recherchen und telefonischen Abklärungen zu weiteren Finanzierungsquellen ergänzt. Der Hauptfokus
liegt auf den Berufen des Bauhauptgewerbes. Mit wenigen Ausnahmen sind die
erhobenen Informationen jedoch auch für andere Berufsfelder nutzbar.
Ergebnisse
Bei der Finanzierung der beruflichen Grundbildung für Erwachsene ist zwischen
direkten und indirekten Kosten der Ausbildung zu unterscheiden. Direkte Kosten
sind effektiv anfallende Kosten für die Ausbildung wie etwa Kursgebühren.
Neben den direkten Kosten treten indirekte Kosten auf und zwar in Form verminderter Einkommen während der Ausbildung. Denn bei einer beruflichen Grundbildung mit Lehrvertrag ist der Lehrlingslohn tiefer als bei einer Erwerbstätigkeit.
Auch bei beruflichen Grundbildungen ohne Lehrvertrag muss der Beschäftigungsgrad (und damit das Einkommen) möglicherweise reduziert werden. Ob und um
wie viel dies nötig ist, hängt davon ab, welcher Aufwand für den Erwerb der Kompetenzen notwendig ist. Für die Höhe der indirekten Kosten ist zudem entscheidend, welche zeitliche Flexibilität die Anbieter von Vorbereitungskursen aufweisen, d.h. inwieweit eine parallele Berufs- und Ausbildungstätigkeit überhaupt möglich ist.
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Finanzierung der beruflichen Grundbildung für Erwachsene
B ,S, S.
Zur Deckung der Kosten gibt es verschiedene Finanzierungsquellen:
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Kantonale Berufsbildungsämter
Kantonale Ausbildungsbeiträge: Stipendien und Darlehen
Kantonale und branchenspezifische Berufsbildungsfonds:
- Kantonale Berufsbildungsfonds: Aktuell kennen acht Kantone einen
kantonalen Fonds. Dieser gilt jeweils für alle Berufe im Kanton.
- Branchenspezifische Berufsbildungsfonds: Im Bauhauptgewerbe gibt
es den allgemein verbindlich erklärten Fonds auf nationaler Ebene
(BBF Bau) sowie die freiwilligen, paritätisch organisierten Fonds (z.B.
Parifonds Bau). Nur letztere richten subjektorientierte Beiträge aus.
Private Stiftungen
Sozialhilfe
Arbeitslosenversicherung
Invalidenversicherung
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Finanzierung der direkten Kosten
Kantonale Berufsbildungsämter: Die direkten Kosten einer beruflichen Grundbildung mit Lehrvertrag werden – unabhängig vom Alter der lernenden Person –
durch die kantonalen Berufsbildungsämter (und die Lehrbetriebe) übernommen.
Bei der Zulassung zur Abschlussprüfung werden die Teilnehmenden ebenfalls
unterstützt, dennoch fallen gewisse Kosten an (z.B. für Vorbereitungskurse ausserhalb der Berufsfachschule oder für überbetriebliche Kurse). Bei der Validierung
von Bildungsleistungen folgen die meisten Kantone den Empfehlungen der SBBK
und übernehmen die Kosten vollständig.
Berufsbildungsfonds: Im Rahmen der beruflichen Grundbildung mit Lehrvertrag
unterstützen die Berufsbildungsfonds i.d.R. Aufwendungen, die für die Lehrbetriebe anfallen (Restkosten für die überbetrieblichen Kurse, Prüfungsgebühren). Bei
Personen ohne Lehrvertrag beteiligen sich sowohl kantonale Berufsbildungsfonds
als auch paritätische Fonds des Bauhauptgewerbes an den Kosten der Ausbildung
(z.B. Vergütung von Kursgeldern der Vorbereitungskurse).
Finanzierung der indirekten Kosten
Kantonale Ausbildungsbeiträge (Stipendien): Erwachsene, die eine berufliche
Grundbildung absolvieren, sind grundsätzlich in allen Kantonen stipendienberechtigt. Dennoch gibt es Hürden: Oftmals werden berufliche Grundbildungen ohne
Lehrvertrag nicht oder nur in Ausnahmefällen unterstützt. Zudem können die Stipendien auch bei einer maximalen Ausschöpfung die Erwerbseinbusse u.U. nicht
vollständig kompensieren. Schliesslich gibt es in vielen Kantonen Altersgrenzen.
Stiftungen (Stipendien): Verschiedene private Stiftungen gewähren Stipendien
resp. Beiträge an die Ausbildungskosten. Die Schwierigkeit liegt darin, dass die
Kandidat/innen selbst recherchieren müssen, bei welchen Stiftungen die Voraussetzungen erfüllt werden. Zudem werden – je nach Stiftung – teilweise nur relativ
kleine Beiträge ausgerichtet.
Berufsbildungsfonds: Die Branchenfonds leisten neben Beiträgen an die Ausbildungskosten (s.o.) auch Lohnausfallentschädigungen an die Betriebe und tragen
somit ebenfalls zur Finanzierung der indirekten Kosten bei.
Sozialhilfe: Je nach Situation sind die Teilnehmenden durch das reduzierte Einkommen neu sozialhilfeberechtigt. Die Sozialhilfe stockt das Einkommen bis zu
einer bestimmten Grenze auf, wobei diese relativ tief liegt und daher nicht in allen
Fällen den Lohnausfall zu kompensieren vermag. Zwei Kantone kennen des Weiteren spezifische Programme für Sozialhilfebezüger/innen ohne Berufsabschluss.
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Zu beachten ist dabei allerdings, dass bereits vor Ausbildungsbeginn ein Sozialhilfeanspruch vorliegen muss.
Arbeitslosen- und Invalidenversicherung: Schliesslich kennen auch die Arbeitslosen- und die Invalidenversicherung eine finanzielle Unterstützung, welche jedoch
nur unter bestimmten Voraussetzungen gewährt wird.
Fazit
Die direkten Kosten der Ausbildung werden grösstenteils durch die kantonalen
Berufsbildungsämter, Lehrbetriebe und Berufsbildungsfonds übernommen. Die
indirekten Kosten – der Erwerbsausfall während der Ausbildung – sind für die
Teilnehmenden demgegenüber oftmals problematischer. Zwar gibt es auch hier
Finanzierungsquellen, diese sind in ihrer Ausgestaltung aber nicht immer auf die
Zielgruppe zugeschnitten und vermögen die Einkommenseinbusse teilweise nur
unvollständig zu kompensieren.1
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In der Studie nicht berücksichtigt wird eine allfällige Einkommenserhöhung nach Abschluss der
Ausbildung.
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