4. Die „Rute-Stellen“ und die „Züchtigung“ Die Rute in den Sprüchen

4. Die „Rute-Stellen“ und die „Züchtigung“
Die Rute in den Sprüchen
Die Stellen, welche die Rute im Zusammenhang mit
Kindererziehung erwähnen, finden sich im Alten Testament
(AT) ausschliesslich in den Sprüchen, und zwar deren fünf.
5x „Rute –
ausschliesslich in den
Sprüchen
Spr 13,24 «Wer seine Rute schont, der haßt seinen Sohn; wer
ihn aber liebhat, der züchtigt ihn beizeiten.»
Spr. 22,15 «Torheit steckt dem Knaben im Herzen; aber die Rute der Zucht treibt sie ihm aus.»
Spr 23,13+14 «Laß nicht ab, den Knaben zu züchtigen; denn
wenn du ihn mit der Rute schlägst, so wird er sein Leben behalten; du schlägst ihn mit der Rute, aber du errettest ihn vom
Tode.»
Spr 29,15 «Rute und Tadel gibt Weisheit; aber ein Knabe, sich
selbst überlassen, macht seiner Mutter Schande.»
2.Sam. 7,14 redet nicht direkt von der Kindererziehung, bezieht sich aber darauf im Sinne eines Vergleiches (die Rede ist
von einem verheissenen Nachkommen von König David):
«Ich will sein Vater sein, und er soll mein Sohn sein. Wenn er
sündigt, will ich ihn mit Menschenruten und mit menschlichen
Schlägen strafen.»
In den Sprüchen ist noch eine gegensätzliche Aussage anzufügen:
«Scheltwort dringt tiefer bei dem Verständigen als hundert
Schläge bei dem Toren.» (17,10)
Hier wird zwar nicht vom „Sohn“ gesprochen, sondern
vom „Toren“, aber es ist eine allgemeine Aussage, die den
Sohn nicht ausschliesst.
Hebräerbrief
einzige Stelle im NT:
Im Heb. 12,4-11 wird das von den Sprüchen gezeichnete
Hebräer 12 Bild von „Züchtigung“, „Strafe“ und „Rute“ aufgegriffen.
Hier ist das Thema allerdings nicht die Kindererziehung, sondern es geht um Gottes erzieherischem Handeln an den
Gläubigen. Das Handeln der „leiblichen Väter“ wird dabei als
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problematisch hingestellt, indem sie „nach ihrem Gutdünken“
(δοκέω: nach ihrem Erachten, zu ihrem Vorteil) entscheiden
– im Gegensatz zu diesen erzieht der Herr „zum Nutzen“
von uns (V. 9+10).
Thema ist nicht
„Kindererziehung“,
sondern Gottes erzieherisches Handeln an den
Gläubigen
«Ihr habt im Kampf gegen die Sünde noch nicht bis aufs Blut
widerstanden und habt die Ermahnung vergessen, die zu euch
als zu Söhnen spricht: „Mein Sohn, schätze nicht gering des
Herrn Züchtigung, und ermatte nicht, wenn du von ihm gestraft wirst! Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er; er
schlägt aber jeden Sohn, den er aufnimmt." Was ihr erduldet, ist
zur Züchtigung: Gott behandelt euch als Söhne. Denn ist der
ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt? Wenn ihr aber ohne
Züchtigung seid, deren alle teilhaftig geworden sind, so seid ihr
Bastarde und nicht Söhne. Zudem hatten wir auch unsere leiblichen Väter als Züchtiger und scheuten sie. Sollen wir uns nicht
vielmehr dem Vater der Geister unterordnen und leben? Denn
sie züchtigten uns zwar für wenige Tage nach ihrem
Gutdünken, er aber zum Nutzen, damit wir seiner Heiligkeit
teilhaftig werden. Alle Züchtigung scheint uns zwar für die Gegenwart nicht Freude, sondern Traurigkeit zu sein; nachher aber
gibt sie denen, die durch sie geübt sind, die friedvolle Frucht
der Gerechtigkeit.»
Auch wenn die Heb.-Stelle Bezug auf alttestamentliche
Aussagen nimmt, machen diese Verse keine direkten Aussagen über Kindererziehung. Wenn man diese Stelle als „Erziehungsanleitung“ deklarieren will, tut man ihr Gewalt an.
Die Wortbedeutung der „Rute“
Im Hebräischen wird für Rute das Wort „shebet“ verwendet und bedeutet „Rute“, „Stab“, „Stecken“.
Versuche, die WortWenn man recherchiert, wie christliche Autoren mit dem
bedeutung von „Rute“ Begriff „Rute“ umgehen, bekommt man den Eindruck von
abzuschwächen „Beliebigkeit“ – es werden unterschiedliche Bedeutungs-Nuancen hervorgehoben wie z.B.:
«Rute steht nicht unbedingt für körperliche Züchtigung, sondern allgemein als Synonym für Erziehung und Zurechtweisung.»8
8 W. Wegert: http://www.archegemeinde.de/predigt-archiv/predigtinfo-450.htm
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«Die Rute ist demnach nicht wörtlich als Stock zum Schlagen
zu deuten. In Hebräischen heißt das entsprechende Wort
„shabet“. Es hat zehn verschiedene Bedeutungen; fünf davon
sind wörtlich und fünf im übertragenen Sinn zu verstehen. Nur
einer der zehn Begriffen meint einen „Stock zum Schlagen“,
wohingegen fünf Begriffe Autorität ausdrücken.»9
Die NIV-Studienbibel (New International Version) sagt in einer
Fußnote zu Sprüche 13,24: «Zurechtweisung erwächst aus der
Liebe. Rute ist möglicherweise ein Bildwort, ein Symbol für jegliche Art von Zurechtweisung.»
«Für die Hebräer war schévet ein Stock oder Stab, wie ihn ein
Hirte verwandte. In diesem Zusammenhang wird mit dem
Ausdruck "Rute der Autorität" der Gedanke einer liebevollen
Führung nahegelegt, nicht einer gefühllosen Roheit.»10
Da wir in einer Zeit leben, in der die körperliche Strafe
zum Tabu wird, ist die Versuchung gross, an der Wortbedeutung herumzumanipulieren.
Wir können es drehen und wenden wie wir wollen – das
„Rute“ meint in der
Bibel „Rute“ – Resultat einer exegetisch sauberen Arbeit ist: In den Sprünicht mehr und chen ist mit der „Rute“ eine Rute gemeint. Es ist die Rede
nicht weniger von Körperstrafe mittels dieser Rute, wie es in den meisten
damaligen Völkern üblich war. Und die Strafe mittels Rute
verursachte Schmerzen, es war kein „Streichelinstrument“.
Was die „Rute-Stellen“ nicht aussagen
auf welchen Körperteil?
für welches Alter?
Knaben und Mädchen?
Häufigkeit?
für welche Art von
Vergehen?
Wie diese Rute konkret angewendet wurde, dazu gibt es
keine Hinweise. War es auf das Gesäss, auf den Kopf, auf den
Rücken? War es auf den „blanken Hintern“ oder auf den
„Hosenboden“…? Von der Bibel her ist ebenfalls nichts über
das jeweilige Alter der Kinder ausgesagt (Säugling, Kleinkind,
Teenager…?). Man kann davon ausgehen, dass ein Familienvater auch über die im Familienverband lebenden erwachsenen
Kinder die Bestimmungsgewalt hatte. Ebenso ist nicht ersichtlich, ob und in wie weit Mädchen dabei anders behandelt
wurden als Knaben. Auch unklar ist die Häufigkeit (bei Bedarf
täglich mehrmals, einmal pro Monat...?) und bei welcher Art
„Vergehen“, z.B. bei der leisesten Bekundung von Unwillen
9 F. u. C Fabiano: http://www.dunamis.de/erziehung_ist_disziplin_notwendig.htm
10 Aus einem Frage-Antwortportal
(http://de.answers.yahoo.com/question/index?qid=20081013023616AAOIkBp)
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oder erst bei ganz schwerwiegendem und folgenreichem
Ungehorsam.
Die Begriffe „züchtigen“ und „strafen“
In den Sprüchen wird für „züchtigen“ das Wort „musar“
verwendet, und in Heb 12 und Eph 6,4 „paideia“, von dem
sich das deutsche Wort Pädagogik ableitet.
Bei beiden Begriffen ist der Bedeutungsanteil „Strafen“ zu
vernachlässigen. Im Vordergrund steht die Bedeutung erzie„züchtigen“ bedeutet hen, unterweisen, bilden, ausbilden. Es umfasst also alles, was
„Erziehen, Unterweisen“ zur Erziehung gehört.11
Das deutsche Wort „züchtigen“ und „Zucht“ ist vom
Wortklang her praktisch gleichbedeutend wie „mit Schlägen
zwingen oder strafen“.12 Als das Züchtigungsrecht für Männer gegenüber ihren Ehefrauen aufgehoben oder als den
Lehrpersonen das Züchtigungsrecht entzogen wurde, bedeutete das konkret das Ende der Prügelstrafe.
„züchtigen“ – eine Mit dieser festgelegten Assoziation des Begriffs mit „Prügel“
irreführende Überset- darf „Zucht“ bzw. „Züchtigung“ niemals verwendet werden,
zung der biblischen um die Wortbedeutung des Griechischen wiederzugeben.
Bedeutung
Weitere Stellen, in denen paideia, bzw. paideuo verwendet
wird:
Apg 7,22: «Und Mose wurde in aller Weisheit der Ägypter gelehrt
und war mächtig in Worten und Werken.»
Apg 22,3: «Ich bin ein jüdischer Mann, geboren in Tarsus in Zilizien, aufgewachsen aber in dieser Stadt und mit aller Sorgfalt unterwiesen im väterlichen Gesetz».
Auch hier wäre der Begriff „gezüchtigt“ klar fehl am Platz.
Ebenso dürfen die hebräischen Begriffe, die in den Sprüchen
für erziehen bzw. Erziehung gebraucht werden (‫ מוּסָר‬musar)
nicht mit „Züchtigung“ bzw. „züchtigen“ wiedergegeben
werden:
«Diese Begriffe sind jedoch im heutigen Deutsch ungebräuchlich; zudem haben sie einen einseitigen Schwerpunkt: Nach einer
Definition von I. Kant ist Zucht „die mit Absicht und Energie ge11 Liddell-Scott, S. 1286f. („trainig and teaching, education“)
12 Gemäss http://wortschatz.uni-leipzig.de/ sind die Synonyme für züchtigen: bestrafen,
durchhauen, prügeln, schlagen, zuhauen
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übte Einwirkung auf das Verhalten und die Ausbildung des Charakters, besonders der Jugend. Sie gibt dabei den negativen Faktor
ab im Unterschiede von der Unterweisung und Belehrung, die
einen positiven Beitrag leisten.“ Damit betont der Begriff „Zucht“
einerseits undifferenziert den strafenden Aspekt der Erziehung
und lässt andererseits die inhaltlichen Aspekte verschwimmen, so
dass er wenig geeignet erscheint für die vielfältigen Facetten, die
hinter den hebräischen Begrifen stehen». 13
Nur „schlagen“ (mastigoo, Heb 12,6) meint noch das konkrete Schlagen, ist aber, wie schon erwähnt, auf Gottes Handeln an den Gläubigen bezogen und dort metaphorisch zu
verstehen.
„Strafe“ als eigener Begriff kommt im NT im Zusammenhang
mit Kindererziehung nirgends vor.
Holger Delkurt, Erziehung nach dem Alten Testament, S. 231 f., in Jahrbuch für Biblische
Theologie (JBTh), Bd.17
13
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Aus dem pädagogischen Alltag
In Gesprächen bin ich mehrmals grosser Skepsis begegnet.
Ohne (Körper-)Strafen könne man doch nicht auskommen –
das sitzt noch tief in vielen Köpfen. Kein Wunder, ist man
doch fast seit Menschengedenken davon ausgegangen, dass
es anders nicht möglich ist.
Kindertagesstätten betreuen Kinder im Alter ab 6 Monaten
bis ca. 5 Jahren. In solchen Institutionen kennt man keine „Eintrittsprüfung“ oder einen „Eignungstest“ für die Kinder. Mit
andern Worten: man ist bei den Kindern mit einer Vielfalt an
erzieherischen Vorgeschichten konfrontiert. Da kann es schon
mal vorkommen, dass ein Kind am Morgen bei der Übergabe
den Vater oder die Mutter mit den Füssen tritt, sie anspuckt
oder mit Schimpfwörtern eindeckt, ohne dass die Betroffenen Eltern intervenieren – vielleicht aus Überforderung oder
Unkenntnis.
In einer solchen Institution ist die Körperstrafe selbstin institutionellen verständlich tabu – eine „ausgerutschte Hand“ kann sehr
Kinderbetreuungsstätten wohl zu einer fristlosen Kündigung führen. Auch andere Forist Körperstrafe Tabu men der „Strafe“ sind nicht die Methode der Wahl.
Was sind denn die Möglichkeiten der Erzieherinnen?
Erste Grundregel ist: „Beziehung kommt vor der Erziehung“. Das heisst, das Kind muss darin unterstützt werden
sich zunächst einmal einzugewöhnen. Dabei ist es entscheidend wichtig, dass das Kind sich angenommen, geliebt und
wertgeschätzt fühlt. Eine nicht immer einfache Herausforderung!
Wenn dann ein Kind ein unerwünschtes Verhalten zeigt, intervenieren die Erzieherinnen sofort – freundlich, aber bestimmt. Sie erklären dem Kind, dass es so nicht geht und zeigen ihm, was es stattdessen richtigerweise tun kann. Je nach
Situation wird das Kind dazu einfach kurz aus der Situation
herausgenommen.
Je nach Alter des Kindes werden die Regeln immer wiederholt und mit dem Kind vereinbart, welche Konsequenzen
ein Nichteinhalten mit sich bringt ( es wird z.B. aus der Situation herausgenommen / es wird für kurze Zeit in ein Kinder-
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sitz gesetzt / es soll sich beim betroffenen Kind entschuldigen,
bzw. ihm vielleicht etwas zuliebe tun o.ä.).
Wie oben beschrieben, sind es dieselben Faktoren, die
dem Kind beim Erlernen der Regeln helfen:
Beziehung kommt vor der Erziehung als Grundauftrag
Mitteilen von klaren Abmachungen mit klaren Regeln
Sofortiges Intervenieren bei Fehlverhalten und das ohne Ausnahme
Wenn das Kind das erwünschte Verhalten zeigt, wird es
ausgiebig gelobt und erhält dabei Zuwendung
Ein solcher Prozess dauert in der Regel nur wenige Tage,
bei „hartgesottenen“ Kindern kann es schon auch mal zwei
bis drei Wochen dauern. Diese Phase kann mitunter äusserst
anstrengend sein. Es ist jedoch immer wieder erstaunlich, wie
Kinder lernen verblüf- rasch Kinder umlernen können und oft bereits nach sehr
fend schnell, sich an kurzer Zeit lernen, sich an die Regeln zu halten. Es kann dann
Regeln zu halten vorkommen, dass der Schalter kippt, wenn ein solches Kind
am Abend von den Eltern abgeholt wird. Kaum sieht das Kind
seinen Vater oder seine Mutter, beginnt es wieder, diese mit
Füssen zu treten. Da in dieser Situation die Eltern wieder die
„Erziehungshoheit“ haben, dürfen ErzieherInnen dann nicht
oder höchstens nur sehr behutsam eingreifen. Aber es zeigt
sich, dass die Kinder sehr schnell lernen, wo ein Wort gilt und
wo nicht. Gut geführte Kindertagesstätten können hier bei
der Erziehung einen sehr wertvollen, ergänzenden Einfluss in
der Sozialisation von Kindern, insbesondere von Einzelkindern leisten.
ErzieherInnen haben die Möglichkeit der (Körper-)Strafe
nicht. Sie können auch nicht zaubern, aber das Einsetzen der
erwähnten Faktoren erweist sich als sehr wirksam und wird
auch in Institutionen, die mit „schwererziehbaren“ Kindern zu
tun haben, recht erfolgreich angewendet. Diese Institutionen
müssen auf gewaltfreie Methoden zurückgreifen können, da
auch ihnen die Körperstrafe verwehrt ist.
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Zur Bedeutung des „Gehorsams“
«...das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens böse
ist von Jugend auf.» (1Mo 8,21)
In der Geschichte der christlichen Erziehung hatte diese
Gehorsam galt als Aussage lange Zeit einen gewichtigen Stellenwert. Es wurde
wichtigstes davon ausgegangen, dass das „Böse“ im Kinde durch Zucht
Erziehungsziel und Schläge, wenn nicht gerade ausgetrieben, so doch kontrolliert werden könne. Durch das „Brechen des Willens“
wurde beim Kind „Gehorsam“ gegenüber den Eltern, Gott
und den (kirchlichen?!) Autoritäten als wichtigstes Erziehungsziel angestrebt.
Der Stellenwert des Gehorsams in der christlichen Erziehung
Was ist der Stellenwert des „Gehorsams“ in der christlichen Erziehung? Gemäss dem unten skizzierten Menschenbild kann der Gehorsam nicht oberstes Ziel der Erziehung
sein. Klar, der „Ungehorsam“ war der Ausgangspunkt des
Sündenfalles – vielleicht müsste man aber eher von einem
Vertrauensbruch reden.
Natürlich spielt Gehorsam eine wichtige Rolle. Aber wenn
man schon bei der Schöpfung beginnt und die verbotene
Frucht zitiert, sollten die einleitenden Worte nicht übersehen
werden: «Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen,…»
29‘999 Mal Ja zu Es sind heute gegen 30'000 Baumsorten bekannt. Da steht
1 Mal Nein! ein Verhältnis von 29'999 „du darfst“ zu einem einzigen „du
sollst nicht“.
Gott schuf den Menschen nicht für den Gehorsam, sondern für die Gemeinschaft und für das Leben. Jesus sagte:
Gott schuf den Men- «Der Mensch ist nicht für den Sabbat geschaffen worden,
schen für die Gemein- sondern der Sabbat für den Menschen.» (Mk 2,27) Im selben
schaft und das Leben Zusammenhang sagt Jesus: «Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht am Opfer» (Mat 12,7).
Macht zerstört
Gott ist nicht auf „Macht“ aus – Macht zerstört Beziehung.
Beziehung «Ich nenne euch nicht mehr Knechte, sondern Freunde…»
(Joh 15). Die „Haustafel“ von Eph. 5 wird eingeleitet mit
«Ordnet euch einander unter in der Furcht Christi.» Gott
sucht eine Beziehung auf der Grundlage von Liebe. Weil Be-
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ziehung durch Macht nicht herzustellen ist, sandte Gott seinen Sohn als Baby in diese Welt und nicht als Heerführer.
Natürlich ist Gott auch ein zorniger Gott und er «sucht
die Missetat der Väter heim bis ins dritte und vierte Glied...»
(2.Mo 20,5). Wer sich mit dem Charakter Gottes auseinandergesetzt hat, weiss, dass Gottes Zorn und Eifersucht eine
100%-Angelegenheit ist, weil er auch ein heiliger Gott ist.
Aber wie ist die Verhältnismässigkeit zu seiner Liebe definiert? «Er erweist aber Barmherzigkeit an vielen tausenden,
die mich lieben und meine Gebote halten.» (2Mo 20,6) Das
Verhältnis ist viele 1‘000ende zu 3. Das Evangelium ist keine
Drohbotschaft, sondern eine Freudenbotschaft!
Paulus bemerkt:
«Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Bleibt daher fest und
lasst euch nicht von neuem das Joch der Knechtschaft auflegen!» (Gal 5,1)
Und im 1Korinterbrief formuliert er es so:
«Alles ist mir erlaubt – aber nicht alles nützt mir. Alles ist mir
erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich. (6,12)
«Alles ist erlaubt – aber nicht alles nützt. Alles ist erlaubt - aber
nicht alles baut auf.» (10,23)
Gehorsam ist wichtig,
Gehorsam hat bei kleineren Kindern in dem Sinne eine
aber wozu? grössere Bedeutung, als dass sie viele Gefahren noch nicht
erkennen können. Daher ist es entscheidend, dass sie den
Gehorsam erlernen – z.B. braucht es im Strassenverkehr 100
prozentigen Gehorsam, das Zähneputzen, die Essensgewohnheiten, Bettzeiten, Verhalten in Gefahrenzonen etc. Auch
z.B. das Rücksichtnehmen muss erlernt werden – Mama und
Papa haben ebenfalls Bedürfnisse, welche die Kinder respektieren lernen sollten. Dass dies nicht von Anfang an gelingt,
kann nicht zwingend der „bösen Natur“ des Menschen zugeordnet werden sondern es ist ein Lern- und Wachstumsprozess.
Eltern haben den Auftrag, die Kinder zu führen und zu erziehen. Dazu haben sie Autorität erhalten. Autorität kann
aber immer nur in Verantwortung gegenüber einer übergeordneten Instanz ausgeübt werden, sonst degeneriert sie
schnell einmal zu Willkür.
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Jesus hat klar gemacht, was das Ziel von Führung oder Autorität ist:
«Wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener; und wer
unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht, so wie der
Menschensohn nicht gekommen ist, dass er sich dienen lasse,
sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung
für viele.» (Mat 20,26-28)
Gehorsam zum Wohl
Somit kann der Gehorsam nicht um des Gehorsams
der Kinder Willen gefordert werden, sondern Eltern müssen dabei das
Wohl der ihnen anvertrauten Kindern als Zielsetzung haben.
Kinder haben ein feines Empfinden und spüren es, wenn Eltern in dieser Haltung ihre Führungsrolle ausüben.
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