daS mice-magazin | www.tw-media.com c tagungswirtschaft Supplement | November 2015 Green Meetings Ev. Kirchentag 2015 Zertifiziert nachhaltige Großveranstaltung Papierloses Tagen Osnabrücks Konzept besteht Praxistest Hand in Hand Nachhaltigkeit kennt keine Grenzen Vieles wird möglich, wenn der grüne gedanke nicht nur ein ökologischer oder ökonomischer faktor ist, sondern zu den grundwerten eines unternehmens zählt. CSR Reduzieren vor Kompensieren Catering Fast die Hälfte landet in der Tonne Green Globe Auf dem grünen Prüfstand editorial c green meetings | 2015 Dr. AnjA WAgner Chefredaktion [email protected] What's it all about? “What has more sustainability potential: an event or no event?" If sustainability were restricted merely to the ecological aspects of conventions, that might be a tricky question to answer. But that's really not the way it is. Of course it is part of the game today to reduce C02 emissions to the lowest possible level, if alone to be in compliance with Corporate Social Responsibility policies (see from p. 14). There's no doubting that eye-to-eye meetings are still efficient and beneficial to both sides, and on top of that they may contribute considerably to sustainability! How so? To waste and pollute as little as possible is one side, and to make possibly higher investments into environmentally compatible products with profits to be gained in the long run is the other one. But it's the social element that generates the most extensive sustainable benefit. If an event is not only easy on the consumption of natural resources but socially disadvantaged groups benefit as well, it will all have a sense extending over and beyond mere meeting purposes. Something in the sort of a positive side effect which would otherwise not have been achieved. Current example: urgently required refugee aid. One or the other event site has actually been required to allocate refugee accommodation capacities and subsequently to cancel regular features covering everything from fairs over conventions to congresses. In all other cases, events actually being staged can also contribute their share to helping those in need by making available jobs, by accepting sponsorships or by collecting donations (see from p. 6). Other options are to donate surplus furniture (see from p. 30) or to sell for charity pieces of art on display in event venues (see from p. 28) or or or ... Wozu das Ganze? „Was ist nachhaltiger: eine Veranstaltung oder keine Veranstaltung?“ So könnte man provokativ fragen, wenn sich Nachhaltigkeit rein auf den ökologischen Aspekt von Tagungen beschränken würde. Aber so ist es ja nicht. Natürlich gehört es heute dazu, den CO2-Ausstoß so gering wie möglich zu halten. Das verlangt schon die Corporate Social Responsibility der Unternehmen (siehe ab S. 14). Dass persönliche Zusammentreffen aber nach wie vor nützlich und wichtig sind, ist im Allgemeinen unumstritten. Was aber vielleicht nicht jedem bewusst ist: Sie können auch noch zur Nachhaltigkeit beitragen! Wie das? Möglichst wenig zu verschwenden und zu verschmutzen ist die eine Seite, mit vielleicht anfangs höheren Investitionen in umweltfreundliche Produkte langfristig Gewinne zu erwirtschaften die andere. Was aber den größten nachhaltigen Nutzen bringen kann, ist die soziale Komponente. Wenn mit einer Veranstaltung nicht nur Ressourcen geschont werden, sondern auch sozial Schwache davon profitieren, hat das Ganze doch einen über die reine Zusammenkunft hinausgehenden Sinn. Ein positiver Nebeneffekt gewissermaßen, der sonst nicht erreicht worden wäre. Aktuelles Beispiel: die in diesen Monaten so akut nötige Flüchtlingshilfe. Zwar musste schon die eine oder andere Veranstaltungsstätte kurzfristig Kapazitäten abtreten und so mitunter ihre regulären Kunden abweisen. Messen, Tagungen und Kongresse müssen in diesen Fällen ausfallen. In all den anderen Fällen aber, wenn Veranstaltungen stattfinden, können diese dennoch ihren Beitrag leisten, Bedürftigen zu helfen. So können Arbeitsplätze angeboten, Patenschaften übernommen oder Spenden gesammelt werden (Siehe ab S. 6). Oder nicht mehr benötigte Möbel werden verschenkt (Siehe S. 30) oder in Veranstaltungsräumen ausgestellte Kunstwerke für einen guten Zweck verkauft (Siehe ab S. 28) oder oder oder ... Den Ideen zur Nachhaltigkeit sind keine Grenzen gesetzt. Green Meetings sind für alle da! There's no limit to ideas for sustainability. Green Meetings are here for all of us! FOTO: ThOMAS FEDRA November | 2015 3 c agenda green meetings | 2015 03 imprEssum 06 ÖkologiE, ÖkonomiE und sozialEs 14 16 19 20 22 Aus Osnabrück kommt das jüngste deutsche Mitglied in der Green-GlobeFamilie. Künftig soll das Zertifikat noch besser auf deutsche Bedürfnisse eingehen. Wozu das Ganze? 05 10 Umfassende Nachhaltigkeit: Die Tore des Landgut A. Borsig öffnen sich bereitwillig für soziale hilfsaktionen. Editorial Nachhaltigkeit kennt keine Grenzen EvangElischEr kirchEntag Deutschlands ökologischste Großveranstaltung corporatE social rEsponsibility Reduzieren vor Kompensieren grEEn globE Auf dem grünen Prüfstand rhEin-main hallEn WiEsbadEn DGNB-Vorzertifikat in Gold für Wiesbaden vEranstaltung zur WirtschaftsEthik Welle der Solidarität für „Werte 2.0“ handlungsbEdarf bEim catEring Fast die Hälfte landet in der Tonne Bernd Fritzges (rechts) stemmt die Werte 2.0 trotz Intergerma-Insolvenz: 5.372 € konnten 2015 an die Kinderhilfe gespendet werden. "United Against Waste": Das AbfallAnalyse-Tool hilft Profiküchen, mehr Effizienz zu erreichen. FOTOS (VON OBEN LI. NACh RE. UNTEN): LANDGUT A. BORSIG / PETER STUMPF, DBU, ESTREL BERLIN / SChLOSS MONTABAUR / BERND FRITZGES, UNITED AGAINST WASTE; TITEL: FOTOLIA.COM / ELIZADAy 4 2015 | November hohe ökologische und soziale Anforderungen: Der Abend der Begegnung am Stuttgarter Schlossplatz mit fast 100.000 Teilnehmern. 24 26 28 30 Digitale Programme sparen Ressourcen und sind zudem immer aktuell. proJEkt pappyros" " Papierlos tagen in der Praxis Tagungsland Deutschland: Das GCB setzt sich für mehr Barrierefreiheit und Inklusion ein. barriErEfrEiEs tagEn Verstärkte Kommunikation und Standards bieten Chancen „art crEatEs WatEr“ Think Tanks in Kunstzimmern News Kreatives Tagungsumfeld: Das Scandic Emporio hamburg verkauft Kunst für einen guten Zweck. tagungswirtschaft DAS mICe-mAGAZIN Green Meetings SUPPLemeNT gESChÄFtSFührUng/ managEmEnt Board: anZEigEn/advErtiSing SalES: Angela Wisken (Sprecherin), Peter Esser, Markus Gotta, Peter Kley, Holger Knapp, Sönke Reimers Clementine Assenheimer, Tel. +49 69 7595-1903, Theresa Hilbert, Tel. +49 69 7595-1885 Margitta Jahreis, Tel. +49 69 7595-2852, BErEiChSgESChÄFtSFührEr/ diviSional managing dirECtorS: anZEigEndiSpoSition/ ad rESErvation: Peter Esser, Markus Gotta Jonas Maßing, Tel. +49 69 7595-2961 aUFSiChtSrat/SUpErviSorY Board: vErtriEB/CirCUlation: Klaus Kottmeier, Andreas Lorch, Catrin Lorch, Peter Ruß Jörg Jähne, Tel. +49 69 7595-1995 vErlagSlEitEr/ pUBliShing dirECtor: Jürgen Thies, Hamburg Mark A. Cano, Tel. +49 69 7595-1281 hEraUSgEBErin/pUBliShEr: Gabriele Schulze, Tel. +49 30 23137364 Deutscher Fachverlag GmbH Mainzer Landstraße 251 60326 Frankfurt am Main Postfach 200128 60605 Frankfurt am Main, Germany Telefon +49 69 7595-1638 Telefax +49 69 7595-1900 E-Mail: [email protected] www.tw-media.com ChEFrEdaKtion/Editorial Board: graFiSChES KonZEpt/laYoUt ConCEpt: gEStaltUng/laYoUt: Elke Pflugradt, +49 69 7595-2477 prodUKtion/prodUCtion: Hans Dreier, Ltg, +49 69 7595-2463 Dr. Anja Wagner (JA) (verantwortlich/ responsible), Tel. +49 69 7595-1912 logiStiK/logiSitCS: rEdaKtEUr/Editor: üBErSEtZUngEn/tranSlationS: Ilja Sauer, Ltg, Tel. +49 69 7595-2201 Frank Wewoda (WEW), Tel. +49 69 7595-1904 Christopher Ross, Gelnhausen anZEigEnlEitUng / SalES dirECtor: Phoenix Print GmbH, Alfred-Nobel-Straße 33, 97080 Würzburg Volker Schledt, Tel. +49 69 7595-1883 drUCK/printing: FOTOS (VON LI. OBEN NACh RE. UNTEN): DEKT JARDINE, PhILIPP SChMIDT, FOTOLIA.COM / MINERVA STUDIO, SCANDIC November | 2015 5 c green meetings Ökologie, Ökonomie und SozialeS Nachhaltigkeit kennt keine Grenzen Angefangen hatte es mit der vision, ein ökologisches Hotel zu eröffnen. Inzwischen hat das Landgut A. borsig gezeigt, dass sich mit Nachhaltigkeit auch Kosten reduzieren lassen. verantwortliches Denken und Handeln kommt aber letztendlich vor allem den menschen zugute. Michael Stober, Geschäftsführer des Landgut A. Borsig in Nauen, weiß, wovon er spricht: 17,5 Mio. € hat er in das ehemalige Mustergut der Lokomotiv- und Eisenbahndynastie der Borsigs investiert. Nun ist es das „nachhaltigste Privathotel Deutschlands“ und zählt zu den Top 15 der deutschen Tagungshotels (VDR). Außerdem ist es das erste biozertifizierte hotel Berlins und Brandenburgs und seit 2013 CO2-frei. Anfang 2015 wurde ihm außerdem mit dem Meeting Experts Green Award als nachhaltigste Tagungs-, Event- und hotellocation durch GCB und EVVC eine weitere Auszeichnung verliehen. Seit September ist das Unternehmen auch Mitglied im B.A.U.M. (Bundesdeutscher Arbeitskreis für Umweltbewusstes Ma- nagement e.V.) und dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis (DNK) beigetreten und hat dort seinen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Die Mühe hat sich gelohnt. Nach der Wende hatte das renovierungsbedürftige Anwesen zunächst zehn Jahre leer gestanden, heute arbeiten um die 50 Mitarbeiter dort. Zu verdanken haben sie das dem Mut des neuen Eigentümers, der eine Vision hatte, als er das Gut besichtigte. Inzwischen ist ein besonderer Ort daraus geworden, mit einer spürbaren Geschichte in seinen Mauern, aber auch konsequentem Respekt vor den Ressourcen der Erde. Stober hat viel investiert, um seine Vision umzusetzen. „Man ist nie nachhaltig genug“, sagt er. „Das ist ein Bewusstseinsprozess.“ Es fängt im FOTO: LANDGUT A. BORSIG / FRANK NüRNBERGER 6 2015 | November green meetings c „jede Lösung, die nachhaltig ist, ist wirtschaftlich.“ Michael Stober, Landgut A. borsig Bewusst konsumieren: Auch die Gäste können ihren Teil zur Müllvermeidung beitragen. Man ist nie nachhaltig genug": " Im Kleinen angefangen, ziehen sich die Maßnahmen bei konsequentem Denken in alle Bereiche. vermeintlich Kleinen an: So laufen die Toilettenspülungen inzwischen mit Regenwasser – und sparen dadurch 50 % der Frischwassergebühren ein. Die in den Zimmern zum Einsatz kommenden Kokos-/ Baumwoll-/Kautschuk-/Seegras-Matratzen kosten allerdings das Achtfache im Vergleich zu herkömmlichen Matratzen. Doch das ist es dem Geschäftsführer der Umwelt und dem Wohl des Gastes zuliebe wert. Die hackschnitzelheizanlage schlug zwar zunächst mit zusätzlichen 180.000 € gegenüber einer handelsüblichen heizzentrale zu Buche. Dafür amortisiere sie sich bereits nach drei Jahren durch halbierte heizkosten, so Stober. Dazu habe es noch Fördermittel gegeben, so dass die Investition sogar noch schneller wieder ausgeglichen sei. So „verdient“ das Landgut A. Borsig richtiges Geld mit nachhaltiger Ausrichtung. „Vieles kostet aber gar kein oder kaum Geld, nur Grips“, erklärt Stober. Seine These: „Jede Lösung, die nachhaltig ist, ist wirtschaftlich.“ So empfiehlt er auf Kleinverpackungen zugunsten von Großgebinden zu verzichten, Müll zu trennen spare Entsorgungskosten. Man könne sogar die Gäste darauf aufmerksam machen, dass in Deutschland heute 18 Mio. Tonnen im Müll landen, und sie deshalb bitten, nur so viel auf den Teller zu laden, wie sie auch essen. Papierlose Veranstaltungen sparen Ressourcen sowie eine Analyse der eigenen Abfallmengen und in der Folge eine entsprechende Umstellung zur Müllvermeidung. Dass defekte Leucht- FOTOS: LANDGUT A. BORSIG / hENNING hATTENDORF (OBEN), PETER STUMPF (UNTEN LINKS) November | 2015 7 c green meetings „Das Thema nachhaltigkeit wurde inzwischen vom Team aufgenommen.“ Michael Stober, Landgut A. borsig Nachhaltigkeit als Grundwert: Entscheidend ist, dass das Personal das Thema lebt. Die Natur vor Augen: Green Meetings" gibt es hier auch im wörtlichen Sinn. " BLICK ÜBer Den TeLLerrAnD „Mehr als jeder zweite Deutsche würde laut einer Umfrage Flüchtlingen helfen. 58 % würden Geld spenden, zeigt eine repräsentative Befragung im Auftrag des evangelischen Magazins ‚chrismon‘. Ebenso viele würden einmal mit einem Flüchtling einkaufen und bezahlen, damit er das Nötigste hat. 57 % gaben an, Asylsuchende zum Essen einladen zu wollen. 54 % können sich einen Besuch im Flüchtlingsheim vorstellen. Bei einem Behördengang würden 53 % einen Flüchtling als Unterstützung begleiten. Eine vorübergehende Aufnahme in die eigene Wohnung käme hingegen nur für 13 % infrage. 15 % würden nichts davon tun“, meldete N24 im Oktober. Auch die MICE-Branche kann einiges tun, um zu helfen. Ein Blick über den Tellerrand und eine gute Idee können schon vieles bewirken im Sinne nachhaltigen Tagens. mittel selbstverständlich konsequent gegen LEDLeuchten ausgetauscht werden, trage ebenfalls zu einer positiven Bilanz bei. Ein besonders wichtiger Punkt sei jedoch das Personal. Nur wenn dieses das Thema lebe, funktioniere das alles. Im Landgut A. Borsig wird deshalb regelmäßig ein „Mitarbeiter des Monats“ ausgezeichnet, Arbeitskräfte aus der Region werden bevorzugt eingestellt und durch einen Quiz werden sie spielerisch an das Thema Nachhaltigkeit herangeführt. Insgesamt gilt es für die Mitarbeiter, alle aktuellen gesellschaftlichen Probleme mitzudenken: Mobilität (innerbetriebliches Mobilitätspaket mit zwei Elektrofahrzeugen und drei Shuttle-Autos für die Strecke vom nächsten Bahnhof bis zum Landgut A. Borsig), Weiterbildung (jeder Mitarbeiter hat z. B. ein Bildungskonto von fünf Arbeitstagen bei vollem Lohnausgleich und das Unternehmen beteiligt sich an den Kosten der Weiterbildungsmaßnahme oder übernimmt sie voll) und Bildung (für die Kinder der Mitarbeiter in Zusammenarbeit mit dem Leonardo da Vinci Campus in Nauen, einer Club of Rome Schule, Schule gegen Gewalt, Schule gegen Rassismus), betriebliche Altersvorsorge oder Unterkünfte für ortsfremde Mitarbeiter. „Das Thema Nachhaltigkeit wurde inzwischen vom Team aufgenommen, so dass die aktuellen Initiativen zum papierlosen hotel oder der papierlosen Veranstaltung nicht von der Führungsebene, sondern von einzelnen Teams entwickelt wurden“, freut sich der Direktor. Und so kommt es, dass Nachhaltigkeit nicht nur ein bestimmender ökologischer und ökonomischer Faktor geworden ist, sondern FOTOS: LANDGUT A. BORSIG / DAREK GONTARSKI 8 2015 | November green meetings zu den Grundwerten des hauses zählt, was sich ebenso in seinen sozialen Aktivitäten niederschlägt. Aufgrund der aktuellen politischen Situation gibt es verschiedene Aktionen zugunsten von Flüchtlingen und gegen rechte Gewalt und Gesinnung. So steht beispielsweise „Kochen über den Tellerrand“ als besonderer Posten auf der Speisekarte, wobei pro verkaufter Mahlzeit ein fester Betrag an eine Flüchtlingsorganisation gespendet wird. Eine Unterschriftenaktion gegen rechte Gewalt wurde vom hotel initiiert, ebenso eine Veranstaltung gegen rechts durchgeführt, deren Erlös an eine diakonische Flüchtlingsbetreuung ging. Darüber hinaus steht Adventsplätzchenbacken mit Flüchtlingskindern auf dem Programm und jeweils vier Arbeits- und zwei Ausbildungsplätze werden für Flüchtlinge bereitgestellt. Zwei Patenschaften für Flüchtlingsfamilien laufen bereits. Diese Entwicklung im Landgut A. Borsig macht somit auch deutlich: Nachhaltigkeit kennt keine Grenzen. ja FOTO: LANDGUT A. BORSIG / PETER STUMPF Sustainability knows no boundaries It all started with the vision of opening an ecologically-oriented hotel; today the Landgut A. Borsig is a perfect example for how sustainability is also a means to cut costs. however, responsible thinking and acting is ultimately above all to the benefit of mankind. Michael Stober, managing director of Landgut A. Borsig in Nauen, is convinced that the effort has been worth all the trouble. "There's no limit to sustainability!" c c green meetings HoHeS einSparpotenzial Deutschlands ökologischste Großveranstaltung Der Deutsche evangelische Kirchentag erfüllt seit langem schon hohe ökologische und soziale Anforderungen, seit 2007 dokumentiert durch eine emAS-Zertifizierung. Inzwischen gilt der Anspruch, „Deutschlands ökologischste Großveranstaltung“ zu sein. Der Eröffnungsgottesdienst vor dem Stuttgarter Schloss versammelte allein 95 000 Menschen. Besonders unter die Haut ging vielen beim Kirchentag vom 3. bis 7. Juni 2015 in Stuttgart – neben dem Gottesdienst auf dem Schlossplatz zum Auftakt – etwa auch der gemeinsame Auftritt des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier und des früheren UN-Generalsekretärs Kofi Annan in der hanns-Martin-Schleyer-halle. „Lieber Kofi Annan, wir Deutsche haben nicht vergessen: Die Gründung der Vereinten Nationen 1945 und die universelle Charta der Menschenrechte waren eine Antwort der Weltgemeinschaft auf die beispiellosen Verbrechen und Schrecken, die von diesem Land ausgegangen waren“, sagte Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede. Damals, nach dem Krieg, habe es in der neuen Ordnung der Weltgemeinschaft zunächst keinen Platz für Deutschland gegeben. „Nie wieder sollte Unheil von diesem Land ausgehen“, so Steinmeier. In der voll besetzten halle forderte Annan seinerseits die Zuhörer auf, den Glauben in die große Politik nicht zu verlieren, aber auch selbst aktiv zu werden, um für Gerechtigkeit in der Welt einzutreten. Am Ende gab es für beide Redner Standing Ovations. „Ein Ereignis wie der Kirchentag gehört ins Zentrum einer Stadt“, zeigte sich Andreas Kroll, Geschäftsführer der städtischen Veranstaltungsgesellschaft „in. Stuttgart“, überzeugt. „Wir sind glücklich darüber, dass wir es dem Kirchentag ermöglichen können, sein Programm im Stadtgebiet zu verwirklichen.“ So gastierte die Großveranstaltung statt auf dem vor den Toren der Stadt gelegenen Messegelände unter anderem im Stuttgarter Neckarpark samt hannsMartin-Schleyer-halle und Porsche-Arena, vor allem FOTO: DEKT/ALASDAIR JARDINE 10 2015 | November green meetings aber auf dem Festgelände Cannstatter Wasen. Dieser war für den „Markt der Möglichkeiten“ reserviert. Dort präsentierten Initiativen, Vereine und Institutionen im Umfeld der Evangelischen Kirche ihre Projekte und Aktivitäten. Entsprechend viele temporäre Bauten wurden dort benötigt. Eine Zeltstadt entstand, bestehend aus insgesamt 30.000m² Planenfläche. Dort fand sich auch ein „grünes Zelt, bestehend aus alten Zeltplanen, die sonst auf dem Müll gelandet wären. „Die Patchwork-Optik war ein absoluter Eyecatcher“, berichtet Christof hertel von der Stabsstelle Umwelt des Evangelischen Kirchentags. Daneben bespielte das Großereignis 230 weitere Orte und Locations in der Landeshauptstadt, darunter das Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle, den Schlossund Marktplatz, das konfessionelle Bildungszentrum hospitalhof sowie die zentral gelegene Stiftskirche und die Leonhardskirche. Der Deutsche Evangelische Kirchentag (DEKT) verfolgt konkret das Ziel, bis zum Jahr 2019 in allen „selbst verantworteten Bereichen“ wie der Geschäftsstelle oder der Verpflegung von helfern den Einkauf „vollständig auf ökologische und fair produzierte und gehandelte Produkte“ umzu- KIrCHenTAg 2015 - DATen & FAKTen Der 34. Deutsche Evangelische Kirchentag in Stuttgart vom 3. bis 7. Juni 2015 mit 2.500 Einzelveranstaltungen produzierte 109,3 t Abfall. Die Recyclingquote lag bei 51,9 %. 96.833 Dauerteilnehmer zählten die Veranstalter an den fünf Tagen. Der Papierverbrauch sank von 143,8 t (2013) auf 96,8 t. Für die Anreise nach Stuttgart nutzten 30,7 % die Bahn, 33,9 % Reisebusse, 31,2 % Pkw, 4,0% das Flugzeug. Jeder Pkw, der zur Anreise genutzt wurde, war durchschnittlich mit 3,43 Personen besetzt. 18,26 Mio. € soll die Gesamtveranstaltung gekostet haben. Die Stadt Stuttgart selbst deckte 2,5 Mio. € direkt, dazu kamen Sachleistungen und Gebührenbefreiungen im Wert von 700.000 €. Weitere 5 Mio.€ steuerte das Land BadenWürttemberg bei. c stellen. Die Einsparungspotenziale sind bei einer Veranstaltung dieser Größenordnung erheblich: 2015 wurden 96.833 Dauerteilnehmer gezählt, zum Schlussgottesdienst strömten allein etwa 95.000 Besucher auf das Fest- und Freigelände Cannstatter Wasen im Stuttgarter Neckarpark. Soweit möglich, wurden beim Kirchentag durchweg Fahrräder für Transport und Logistik genutzt. Darunter waren auch 40 Lastenräder, die das Thema „emissionsfreie Logistik“ mit Leben füllten. Etwa 2.000 kostenlose Leihräder standen für die Teilnehmer bereit. Unter 1.800 Toiletten auf dem Festgelände waren dieses Jahr erstmals 45 Komposttoiletten im Einsatz, die zudem kunstvoll bemalt und gestaltet waren. Es handelte sich dabei um einen Feldversuch, dessen Ergebnisse im November präsentiert werden. „Das erste Feedback dazu war sehr gut“, sagt Christof hertel. Die im Vorfeld durchaus geäußerten Bedenken hätten sich als unbegründet erwiesen. Die Aktion fügt sich in eine Gesamtstrategie ein, in der immer wieder Dinge in erst einmal überschaubarem Ausmaß ausprobiert werden, bevor sie auf die gesamte Veranstaltung angewendet werden. So setzen sich die Veranstalter mit dem Thema auseinander, wie unsere Gesellschaft allgemein mit Klärschlamm umgeht. „Der wird in Deutschland heute in der Regel verbrannt, die Ressourcen, die darin liegen, ver- Für Blinde und Sehbehinderte waren Tandem-räder mit Fahrer im einsatz. Frank-Walter Steinmeier und Kofi Annan Für emissionsfreie Mobilität wurden unter anderem auch Rikschas eingesetzt, die Rollstühle transportieren konnten. FOTOS: DEKT/KOLJA MATZKE (LI.), DEKT/KAThRIN ERBE November | 2015 11 c green meetings eMAS-ZerTIFIKAT FÜr KIrCHenTAg Der Kirchentag ist seit 2007 nach dem Eco-Management and Audit Scheme (EMAS) zertifiziert. Darin werden unterschiedlichste Kennzahlen festgehalten. So wurde der jährliche Wasserverbrauch je Dauerteilnehmendem 2011 zum Beispiel mit 81,0 l pro Kopf angegeben. In seiner Umwelterklärung hat der Deutsche Evangelische Kirchentag (DEKT) niedergeschrieben, den „erfolgreich eingeschlagenen Weg eines regionalen, ökologischen, sozialen und fairen Einkaufs und einer entsprechend ausgerichteten Verpflegung“ fortzusetzen. Diesen Anspruch macht der DEKT auch gegenüber Kirchengemeinden vor Ort, öffentlichen Veranstaltungsstätten und Konzessionsträgern geltend. Zur Vorbereitung dienen u.a. Tagungen im Vorfeld der Veranstaltung. Im April 2014 veranstalteten der DEKT und die Ev. Akademie Bad Boll etwa eine zweitägige Tagung zur nachhaltigen und klimaeffizienten Verpflegung auf Großveranstaltungen. Unter dem Motto „Der Kirchentag isst grün und fair“ wurde 2015 auch zum insgesamt 11. Mal das „Gläserne Restaurant“ eröffnet. Auf seiner Karte stehen nur Speisen aus saisonalen, regionalen, ökologisch angebauten und fair gehandelten Lebensmitteln. Ferner bemüht sich der DEKT „über eine schmackhafte Zubereitung die herrschende Esskultur zu verändern“, um Fleischverzehr deutlich einzuschränken. Zum Projekt Komposttoiletten informierten Stellwände in der Klugscheißer-Ecke". " schwendet“, so Christof hertel. Stattdessen kommt Kunstdünger zum Einsatz. Allerdings sind gar nicht genug Komposttoiletten auf dem Markt verfügbar, um den gesamten Kirchentag mit ihnen auszurüsten, gibt Christof hertel gleichfalls zu bedenken. Die nach jeder Benutzung mit Sägespänen aufgefüllten Plumpsklos sind vor allem sinnvoll, wenn kein Anschluss an die Kanalisation möglich ist, anders als auf dem Festgelände Cannstatter Wasen. Ebenso intensiv widmen sich die Veranstalter Themen wie Ökostrom oder klimaeffizienter Verpflegung. „Sorgsam mit den uns anvertrauten Ressourcen der Erde umzugehen, ist entsprechend der Schöpfungsverantwortung die Grundaufgabe der Kirche und wesentlicher Teil der Unternehmenskultur des Kirchentages“, heißt es in einer Selbstdarstellung. Dass diesmal die Nutzung von „echtem Ökostrom“ gelang, ist einer frühzeitigen Absprache mit dem örtlichen Netzbetreiber zu verdanken. In hamburg 2013 war man noch der (falschen) Auskunft aufgesessen, nur der örtliche Versorger könnte Strom für den Kirchentag liefern. Doch nach Rücksprache mit dem Netzbetreiber war es in Stuttgart eben auch möglich, einen Anbieter nach eigener Wahl zu beauftragen. „Es gibt überregional ja nur vier große Unternehmen, die nicht mit konventionellen Kraftwerken in Verbindung stehen“, so Christof hertel von der Stabsstelle Umwelt und nennt Greenpeace Energy, Naturstrom, EWS Schönau und Lichtblick, bei denen garantiert kein „dreckiger“ Strom verkauft werde. „Wir haben mit Naturstrom zusammengearbeitet“, so hertel. Auch einige besondere Maßnahmen zu Inklusion und die Ausweitung des Konzepts der barrierefreien Teilnahme auf emissionsfreie Transportmittel erlebten ihre Premiere in Stuttgart. So gab es neben einem Fahrradverleih auch Tandems mit Begleitperson, die durch Blinde und Sehbehinderte in Anspruch genommen wurden. Für emissionsfreie Mobilität wurden unter anderem auch Rikschas eingesetzt, die Rollstühle transportieren konnten. heinrich Bedford-Strohm, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, hob zum FOTOS: DEKT/NADINE MALZhORN (LINKS) DEKT/KAThRIN ERBE (RE. MITTE), DEKT/OLJA MATZKE (OBEN/S.13) 12 2015 | November green meetings 45 Komposttoiletten wurden als Pilotprojekt aufgestellt, kunstvoll bemalt. Most environmentally compatible major event Abschluss des Kirchentages in Stuttgart, „wenige Stunden vor dem G7-Gipfel in Elmau“, die Aufgabe der Christen hervor, sich einzumischen. Auch dafür sei der Kirchentag eine ermutigende Glaubenserfahrung. Ihn beeindruckte, wie intensiv sich besonders auch junge Menschen einbrachten. „Christinnen und Christen bleiben eine entscheidende zivilgesellschaftliche Größe in unserem Land“, so Bedford-Strohms Fazit. WEW The 34th Protestant National Church Congregation (Deutscher Evangelischer Kirchentag) staged in Stuttgart from June 3 through 7 of this year claims to be the most environmentally compatible major event in Germany. The organizers throughout the past 30 years have been providing for barrierfree access. Moreover, they are intensively engaged in such projects as non-emission logistics or climate-efficient catering. "To be careful with consumption of natural resources is part of ecclesiastical responsibility and thus an essential element of our church's corporate culture", is the clear statement of senior members of the clergy. Christof hertel, responsible for the church community's environmental policies, explains the strategies to develop appropriate measures. c c green meetings corporate Social reSponSibility Reduzieren vor Kompensieren Die große bedeutung von Green meetings in bezug auf den Klimawandel ist inzwischen erkannt. Die Hotellerie wie auch meeting-Portale arbeiten daran, den Weg dorthin für Travel manager stetig zu erleichtern. haltenen Zwei-Grad-Grenze zur Vermeidung der fortschreitenden Klimaerwärmung scheint gefährdeter denn je. In den ersten acht Monaten dieses Jahres wurden die heißesten Durchschnittstemperaturen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen registriert, wodurch die Folgen des Klimawandels auf einen Schlag in beinahe greifbare Nähe rücken. Mit der wachsenden Dringlichkeit des Themas ist auch eine zunehmende übernahme von Verantwortung in der Wirtschaft zu beobachten.Wo sich vor Jahren nur einige wenige Öko-Firmen und Biobauern ökologische Aspekte auf die Fahnen geschrieben hatten, gibt es heute keinen Konzern mehr, der nicht nach einem möglichst grünen Image strebt. Das Thema hat auch in der MICE-Branche Einzug gehalten und es ist häufig von „Green Meetings“ die Rede. Doch was ist darunter zu verstehen? Gibt es für diesen Begriff auch eine Definition, oder handelt es sich nur um einen breit auslegbaren Marketingbegriff? Im Grunde genommen sind „Green Meetings“ nicht mehr als eine „denglische“ Bezeichnung für umweltfreundliche Firmenveranstaltungen. Zwar ist es wünschenswert, auch soziale Kriterien in die Planung mit einzubeziehen, wirft man jedoch einen Blick auf die gängigen Planungskriterien, zeigt sich schnell, dass der Schwerpunkt noch stark auf ökoKompensation ist ein Weg, logischen Merkmalen liegt. Doch bevor auf die geentstandene Emissionen nauen Aspekte, die für ein erfolgreiches Green Meeauszugleichen. Doch sollten ting zu beachten sind, eingegangen wird, muss zudiese stärker vermieden nächst die Frage der Notwendigkeit geklärt werden. werden. Vielen Travel Managern stellt sich im hinblick auf Green Meetings nämlich die Frage, ob es sich hierbei um eine Modeerscheinung handelt, die eher als „nice to have“ statt als tatsächliche Notwendigkeit anzusehen ist. Schließlich hat man ja schon den firmeninternen CO2-Fußabdruck beDie Nutzer des MICE Portals wählen in diesem Jahr zum ersten Mal ihren CSRrechnen lassen und kompensiert beGewinner in folgenden Kategorien: reits fleißig. Ist damit nicht die eigene Q Nachhaltige Mitarbeiterbeziehung Verantwortung hinlänglich des ZweiQ Regionale und fair gehandelte Produkte Grad-Ziels erfüllt? Die Notwendigkeit Q Soziale & gesellschaftliche Verantwortung wird klarer, wenn man sich erst einQ Nachhaltiger Umgang mit Ressourcen & Kommunikation mal die durchschnittliche höhe der verursachten Emissionen vor Augen Der Gewinner der fünften Kategorie „Bester Umwelt-Fußabdruck“ wird anhand des niedrigsten CO2-Wertes ermittelt. führt (Siehe Abbildung). Dieser Gedankengang ist durchAlle Sieger der jeweiligen Kategorien werden im Rahmen des mbt Meetingplace am 1. Dezember 2015 in München ausgezeichnet (Siehe www.mbt-market.de) und aus nachvollziehbar, übersieht albleiben für ein Jahr im MICE Portal als Gewinner gekennzeichnet. Seit 2014 haben lerdings die Tatsache, dass DeutschDienstleister im MICE Portal außerdem die Möglichkeit, ihre CSR-Aktivitäten im land mittlerweile nicht mehr zu den Datenbankeintrag darzustellen. klassischen Industrienationen zu Es ist noch nicht allzu lange her, da waren niedrige Preise, schnelle Gewinne und die „Geiz ist geil“-Mentalität noch an der Tagesordnung von Unternehmen. Das tatsächliche Zustandekommen der möglichst kleinen Preise schien dabei weder die Konsumenten noch die Produzenten zu scheren. Das hat sich zwar geändert. heute ist Nachhaltigkeit oder auch CSR in aller Munde und viele Firmen geben sich größte Mühe, ein möglichst grünes Image aufzubauen. Qualität und nachhaltiger Umgang mit Personal und Lieferanten werden endlich thematisiert. Im hinblick auf die Geschichte vieler Konzerne und häufige Fälle von aufgedecktem Greenwashing hat das Themenfeld CSR jedoch mit einem faden Beigeschmack zu kämpfen. Man denke nur an den aktuellen Skandal um die vermeintlich emissionsarmen Fahrzeuge von Volkswagen. Am 30. November findet in Paris die 21. UN-Klimakonferenz statt und die Einhaltung der 2010 festge- Der CSr AWArD 2015 ABBILDUNG: MICE PORTAL 14 2015 | November Sophie von Brühl (links), CSR-Beauftragte der MICE Portal GmbH, und Simone Stanglmair, Marketing Manager. zählen ist, deren hoher CO2-Ausstoß durch Produktion verursacht wird. Schon der VDR-Standard „CO2-Berechnung Geschäftsreise, Teil 1 – Methoden“ (Verband Deutsches Reisemanagement e. V.) aus dem November 2011 weist darauf hin, dass der Großteil der durch die Unternehmen verursachten Emissionen heute häufig nicht mehr auf deren Kerngeschäft, sondern auf ihre Reisetätigkeiten zurückzuführen ist. Vor diesem hintergrund ist ein internes CO2-Audit zwar lobenswert, verfehlt jedoch das Ziel der Verantwortungsübernahme bezüglich des ZweiGrad-Ziels. Wenn deutsche Unternehmen ernsthaft ihren Anteil zum Klimaschutz leisten möchten, führt folglich auch an Green Meetings kein Weg vorbei. Da die Idee von Green Meetings auf das hauptziel der Reduzierung von CO2-Emissionen zurückzuführen ist, lautet das Planungsdogma „Reduzieren vor Kompensieren“. Ob es nun bei der An- und Abreise oder bei der Auswahl der Veranstaltungsstätte sowie des Caterers ist, überall sollte darauf geachtet werden, so wenige Emissionen wie nur möglich zu verursachen. Wichtige hilfsmittel hierfür gibt es mittlerweile zuhauf. Die hotellerie hat die Zeichen der Zeit ebenfalls erkannt und hotels mit Umweltzertifikaten sowie einem belegbar niedrigen CO2-Fußabdruck wandeln sich von einer Seltenheit zum gängigen Standard. Dies macht sich auch auf tagungsplaner.de, der Datenbank für das MICE Portal, bemerkbar, in der hotels ihren Fußabdruck hinterlegen können, um für die dort planbaren Green Meetings in Frage zu kommen. Die Veranstaltungsplaner, die noch einen Schritt weiter gehen möchten, haben im MICE Portal die Möglichkeit, die entstandenen CO2-Emissionen bei der Buchung direkt zu kompensieren. SophiE von Brühl / SimonE Stanglmair Reduction before compensation It isn't all too long ago that cut-rate prices, fast profits and "buy cheap" mentality were prime directives and objectives in many companies. Today, corporate focus is much more on sustainability and CSR, and many businesses are keen on cutting themselves a Green profile – and emphasizing it as image factor as well. however, in view of widespread Greenwashing, the CSR issue is struggling with credibility problems. The hotel industry and meeting portals are consistently striving to level a Green Way for travel managers. FOTOS: MICE PORTAL c green meetings Das Zentrum für Umweltkommunikation in Osnabrück wird bald das jüngste deutsche Mitglied in der Green-Globe-Familie. Künftig soll das Zertifikat noch besser auf deutsche Bedürfnisse eingehen. internationale zertifizierung Green Globe: Auf dem grünen Prüfstand Green Globe ist das von den deutschsprachigen verbänden GCb und evvC unterstützte und beworbene Nachhaltigkeitszertifikat. Aktuell setzt die branche auf seine Weiterentwicklung, um deutschen bedürfnissen besser rechnung zu tragen. „Alle deutschen Hallen erfüllen 80% oder mehr der green-globeKriterien.“ Markus Große Ophoff, DbU In Deutschland gibt es einige Green-GlobeMitglieder „der ersten Stunde“ wie die Filderhalle Leinfelden-Echterdingen oder die Musik- und Kongresshalle Lübeck, die ihre Rezertifizierung 2015 bereits zum dritten Mal abgeschlossen hat. Jährliche Einsparungen von bis zu 200.000 € nach der Einführung von Green Globe 2009 waren für Lübeck wichtige Argumente Green Globe fortzuführen. Anders als diese zertifizierten Pioniere in Deutschland hat sich Markus Große Ophoff erst 2015 für die Zertifizierung seines Veranstaltungszentrums in Osnabrück nach dem internationalen Standard entschieden. „Wir würden es gerne an manchen Stellen anspruchsvoller haben“, schildert er seine ersten Erfahrungen mit dem Kriterienkatalog. Markus Große Ophoff ist fachlicher Leiter und Prokurist des dortigen Zentrums für Umweltkommunikation unter dem Dach der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). „Wir kämpfen noch ein bisschen mit den Tücken des Objekts“, räumt Große Ophoff ein. Die 44 Kernkriterien, die sich in 380 Einzelanforderungen aufteilen, werden derzeit in Excel-Listen abgefragt. Dass sein Zentrum in Osnabrück sich zertifizieren lässt und dabei auf Green Globe setzt, wäre auf den ersten Blick nicht weiter verwunderlich, immerhin ist Große Ophoff auch Mitglied des Vorstands im Europäischen Verband der Veranstaltungs-Centren (EVVC). Der EVVC kooperiert seit 2010 eng mit Green Globe und legt seinen Mitgliedern das Siegel seit damals ans herz. Große Ophoff hatte 2009 noch einen „Kyoto-Plan für die deutsche Veranstaltungswirtschaft“ gefordert in einer von viel Idealismus getragenen Rede bei der „Greenmeetings Germany“-Konferenz in Bonn. Seit damals sind von Große Ophoff aber auch ziemlich kritische Aussagen zu Green Globe überliefert. Dazu zählt der Einwand, dass auch jede alte halle das Siegel erhalten könne. An dieser Meinung hat sich grundsätzlich nichts geändert, doch Große Ophoff sieht es inzwischen pragmatisch: „Green Globe bildet als internationale Zertifizierung am ehesten das ab, was wir an Prüfkriterien bei Veranstaltungszentren gebrauchen können.“ Das System in verantwortlicher Position beim EVVC zu reformieren, scheint Große Ophoffs aktuelle Priorität zu sein. Es geht etwa um die Anpassung des Fragenkataloges auf die deutschen Verhältnisse bei Putz- und Reinigungsmitteln oder eine bessere Strukturierung des Fragebogens, beides „bereits angeschoben“ laut Große Ophoff. Die Prüforganisation, die Green Globe Certification in Los Angeles, wirkt auf ihn jedoch „wie ein langsamer Tanker". Doch schließlich müssten alle Kunden weltweit bei Änderungen miteinbezogen werden. FOTOS: DBU 16 2015 | November green meetings interview „Nur auf globaler Ebene umsetzbar“ tw: Unterstützen Sie Forderungen, den Green Globe in Abstufungen zu vergeben, etwa Gold, Silber und Bronze? joachim König, EvvC-präsident: Bei einer Umsetzung von Veränderungswünschen zu Green Globe ist die wichtigste Voraussetzung, über die man sich klar werden muss, dass solche Veränderungen nur auf globaler Ebene umsetzbar sind. Die Sicht der Dinge auf globaler Ebene unterscheidet sich aber ganz oft von den Punkten, die in Deutschland eine Rolle spielen. Deshalb sind auch die in der Regel relativ hohen Prozentsätze, die von deutschen Teilnehmern an Green Globe erreicht werden, festzustellen. Wenn man Veränderungen in der von Ihnen vorgeschlagenen Form vornehmen würde, könnte es dazu führen, dass natürlich andernorts auf der Welt solche Einteilungen als kontraproduktiv bewertet werden und Green Globe insgesamt Probleme bekäme. hierzu geeignete Kompromisse zu finden, kann allerdings sehr wohl eine Grundlage sein, auf der man ggf. eine eigenständige Struktur innerhalb von Green Globe Deutschland zu diskutieren versucht. FOTO: EVVC Die Anerkennung von Green Globe unter internationalen Veranstaltern, insbesondere aus dem englischsprachigen Bereich, gilt als sehr hoch. Stimmen Sie mit dieser Aussage überein? Dies ist sicherlich richtig, da ein internationaler Standard, der aus dem angloamerikanischen Bereich kommt, selbstverständlich innerhalb seiner geschaffenen Strukturen im jeweiligen englischsprachigen Raum schon ein anerkannter Standard ist. Dies gilt auch für den Bereich hotellerie und Tourismus, aus dem der Standard insgesamt entstanden ist. Für die nationale Anerkennung bzw. die Präsentation des Standards ist die herausforderung, Green Globe hier noch weiter zu verankern, andererseits aber auch, wenn entsprechende nationale Standards ergänzende Möglichkeiten bieten, den Versuch zu unternehmen, mit existierenden Strukturen, wie „fairpflichtet“, eine Kombination zu schaffen, die Anerkennung und Nutzung von Bemühungen innerhalb der Nachhaltigkeit und damit verbundene Zertifizierungen gleichermaßen so positiv dastehen lässt, dass sich der Aufwand und die Zeit, die investiert wird, für alle Beteiligten, noch besser als bisher, rechnet. intErviEW: FranK WEWoda Joachim König c c green meetings Das DBU-Zentrum für Umweltkommunikation in Osnabrück verfügt über 3000 m² Eventfläche. „In der regel haben privatwirtschaftliche Initiativen Vorteile.“ Matthias Kühne, mCI Deutschland Seit 1993 wurde das Siegel rund um den Globus über 2.000 Mal in 96 Ländern vergeben, informiert Guido Bauer, der CEO von Green Globe. Die internationale Bekanntheit von Green Globe ist ein Trumpf, der auch in Deutschland immer wieder hervorgehoben wird. Green Globe sei laut Bauer eine ISO-konforme Zertifikation, die von einem akkreditierten und unabhängigen Auditor abgenommen wird. Dies insbesondere sieht Bauer als Alleinstellungsmerkmal. Green Globe sei zudem eine unabhängige Firma, die keinerlei staatliche Unterstützung erhält. Bezogen auf eine bevorstehende Weiterentwicklung des Zertifikats kündigt Guido Bauer an: „Am 1. Januar 2016 wird der neue Zertifizierungsstandard für Veranstaltungshäuser bekanntgegeben. Neben Standards für hotels, Attraktionen und Kreuzfahrtschiffe gibt es dann einen eigenen Standard, der komplett auf Veranstaltungshäuser ausgerichtet ist.“ Im Einzelnen bedeutet dies laut Bauer zum Beispiel eine „Einbeziehung von Lieferanten wie Cateringfirmen“ und „detailliertere Indikatoren zu Ressourcen-Monitoring und Benchmarking“. Angesprochen auf Green Globe, kommentiert Matthias Kühne, Beauftragter für CSR bei MCI Deutschland: „In der Regel haben privatwirtschaftliche Initiativen Vorteile gegenüber regionalen Initiativen, denen häufig die finanzielle Kraft fehlt, wenn sie keine Mitgliedsbeiträge erheben oder über sonstige Mittel verfügen", so der deutsche Beauftragte im Berliner MCI-Büro, Teil der internationalen Agenturgruppe MCI. Für Kühne sind externe Prüfer das entscheidende Qualitätsmerkmal beim Bewerten von Siegeln und Zertifikaten. Die für externe Prüfungen notwendigen Strukturen aufzubauen und zu unterhalten, sei naturgemäß mit Kosten verbunden, die die Teilnehmer am System tragen, erklärt Kühne. Der Nachhaltigkeitskodex für die deutsche Veranstaltungsbranche „fairpflichtet“ ist als reine Selbstverpflichtung ohne externe Prüfung derzeit dagegen kostenlos, auch MCI Deutschland ist dort Mitglied. Zur Dokumentation der Nachhaltigkeitsmaßnahmen müssen die teilnehmenden Unternehmen aber regelmäßig einen öffentlich einsehbaren Fortschrittsbericht erstellen. 2012 hatten der EVVC und das German Convention Bureau (GCB) dieses niedrigschwellige System ins Leben gerufen, 421 Betriebe der deutschen Anbieter- und Dienstleisterbranche im MICE-Bereich haben sich seither dem Kodex angeschlossen. Zum Vergleich: Nach Green Globe zertifiziert sind nach EVVC-Angaben derzeit 25 seiner Mitglieder. Vorrangiges hindernis: Neben dem administrativen Aufwand vor allem die Kosten. Je nach Mitarbeiterzahl, für hotels sind die Anzahl der Zimmer auschlaggebend, beträgt die Jahresgebühr zwischen 650 € und 4.500 €, die obligatorischen externen Prüfungen kosten laut Green Globe zwischen 650 und 1.500 €. Eine andere Green-Globe-Einstiegshürde hängt aber eher niedrig. Wer 50 % der Kriterien erfüllt, kann sich den Green Globe – bildlich gesprochen – ebenso an die hausfassade oder übers Türschild schrauben wie derjenige, der stramme 99 % der Anforderungen erfüllt. Das hannover Congress Centrum meldet etwa eine Rate von 96 % und beansprucht für sich im Vergleich zu anderen Green-Globe-Zertifizierten „den ersten Platz der europäischen Kongress- und Veranstaltungsstätten“. „Alle deutschen hallen erfüllen 80 % oder mehr der Kriterien“, schätzt Markus Große Ophoff. Für deutsche Veranstaltungszentren wäre es so „wünschenswert, auch dokumentieren zu können, wenn die Anforderungen des Green Globe deutlich überschritten werden.“ Das ist eine herausforderung neben anderen, die auch Joachim König sieht, EVVC-Präsident (siehe auch Interview) und Geschäftsführer des hannover Congress Centrum. „fairpflichtet“ als Einstiegsmodul für Green Globe weiterzuentwickeln und beide Systeme noch viel enger als heute miteinander zu verzahnen, hält König etwa für erstrebenswert. „Uns muss für Deutschland etwas einfallen – das kann, muss aber nicht Green Globe sein“, so Joachim König gegenüber der tw. „Ich halte es für legitim, auch über andere Möglichkeiten nachzudenken.“ WEW 5 WEB: www.greenglobe.com/germany, www.fairpflichtet.de Green Globe more specific to events The certification "Green Globe" gives businesses an opportunity to evaluate and demonstrate their efficiency in terms of sustainability, based upon the three pillars Environment, Social Responsibility and Economic Efficiency. The European Association of Event Centres (EVVC) and the "Green Globe Certification" agency in Los Angeles have further developed the procedure in particular for event centers and facilities. however, several requests and wishes voiced by the German meeting industry have not yet been met. In general, a selection of some 380 indicators is applied to 44 specific certification criteria, which on one hand calls for considerable administrative effort but on the other hand is worthwhile for many participants if alone as sales booster. FOTOS: DBU (OB.), MCI 18 2015 | November green meetings c zertifizierung DGNB-Vorzertifikat in Gold für Wiesbaden Drei Jahre vor der Eröffnung der neuen RheinMain-Hallen wurde das Projekt mit dem Vorzertifikat in Gold der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) ausgezeichnet. In München, auf der 17. Internationalen Fachmesse Expo Real" " vom 5. bis 7. Oktober 2015, nahm Wiesbadens Wirtschaftsdezernent Detlev Bendel das DGNB-Zertifikat entgegen. Die DGNB-Bewertungslogik steht für eine ganzheitliche Gebäudebetrachtung, bei der rund 50 Kriterien in sechs Themenfeldern untersucht werden. Der Neubau der Rhein-Main-hallen, für den im Oktober 2015 der Grundstein gelegt wurde, erfüllt zum Beispiel alle Anforderungen der aktuellen Energieeinsparverordnung 2014. Die Konformitätsprüfung bestand der Neubau der Rhein-Main-hallen mit einem Spitzenwert von 84,4 %. Die Fertigstellung der neuen Rhein-Main-hallen ist für 2018 geplant. WEW 5 WEB: www.rmh-2018.de, www.dgnb.de DGNB Pre-Certificate in Gold for Wiesbaden Three years prior to inauguration of the new Rhein-Main-Hallen, that project was already awarded the pre-certificate in gold presented by the German Sustainable Building Council (DGNB). Wiesbaden's economic development commissioner Detlev Bendel accepted the DGNB award at the 17th international trade show "Expo Real" in Munich from October 5 to 7 of this year. With the so-called precertificate in gold, hessen's capital city of Wiesbaden according to own statements has strengthened its ranking as congress venue. Der Grundstein ist gesetzt, das Team um OB Sven Gerich und Architekt Ferdinand Heide ist in Feierlaune. DgnB-ZerTIFIKAT Das Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) dient der objektiven Beschreibung und Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden über den kompletten Gebäudelebenszyklus hinweg. In Wiesbaden wurde u.a. ein vollständig zertifiziertes Energiemanagement umgesetzt. Einzelmaßnahmen umfassen u.a.: Q Heizung mit Kraft-Wärme-Kopplung über BHKW Q Wassersparende Armaturen Q Schallschutz und Sprachqualität Q Intelligente Lichtsteuerung mit hohem Einsatz von LED-Beleuchtung Q Einsatz von Baustoffen entsprechend den Vorgaben der Zertifizierung Q Betonkernaktivierung nutzt die Speicherfähigkeit der Decken zur Klimatisierung und Nachtauskühlung Q Einsatz von Hölzern aus heimischen Wäldern mit PEFC- oder FSC-Zertifikat Q Hoher Tageslichtanteil mit energetisch optimierten Fenster- und Fassadenflächen FOTO: TRIWICON hOLDING ANZEIGE KitzKongress GmbH – www.kitzkongress.at [email protected] – Tel: +43 – 699 – 15 35 63 00 entdecken Sie kitzbÜHel alS mice-deStination. Kitzbühel hat nicht nur die Streif. Kitzbühel ist nicht nur die legendärste Sportstadt der Alpen und für seine grandiosen Bergerlebnisse, Sport- und Freizeitmöglichkeiten sowie die herausragende Gastronomie und hotellerie bekannt, sondern zudem die perfekte Wahl für Ihr KickOff Meeting, Ihre innovative Tagung oder Ihren nächsten internationalen Kongress. Das Kongresszentrum „KitzKongress“ mit seinem einzigartigen Ambiente bietet Ihnen ein höchstes Maß an Flexibilität für Ihre Kongresse und Tagungen im herzen der Gamsstadt - eine Region, wo Lifestyle auf Tradition trifft und der Berg zur Inspiration wird. Gipfeltreffen garantiert. K3 KitzKongress Keyfacts: Q 1 Plenum, „Palladium“ 543 m² zzgl. 70 m² Bühne, max. 750 pax Kino 11 weitere Seminarräume (37 – 117m²) Freie Catering- & Technikpartner-Wahl Kostenfreies Wlan Erstes Kongresshaus in Tirol, das mit dem Österreichischen Umweltzeichen als „Green Location“ ausgezeichnet ist Q Österreichisches Umweltzeichen für „Green Meetings & Green Events“ Q Q Q Q November | 2015 19 c green meetings 2010 startet die Werte 2.0 und übergibt den ersten Scheck an die Stiftung „RTL – Wir helfen Kindern“. Welche Werte leben Sie im täglichen Geschäft? Engagierter Austausch ist das Merkenzeichen der Werte 2.0. VeranStaltung zu WirtScHaftSetHik Welle der Solidarität für „Werte 2.0“ Um ein Haar wäre die Geschichte der „Werte 2.0“ mit der Insolvenz des mitveranstalters Intergerma 2015 zu ende gegangen. Doch bernd Fritzges und sein Crowdfunding-Aufruf lösten eine Welle der Solidarität aus. Die veranstaltung hat Zukunft, nächster Termin: 4. mai 2016. Als die Verantwortlichen bei Intergerma im Frühling 2015 ihren Antrag auf Insolvenz stellten, wurden augenblicklich alle Konten und Vermögenswerte als mögliche Insolvenzmasse eingefroren. Damit stand die Veranstaltung Werte 2.0 auf der Kippe, denn bei Intergerma als Mitveranstalter liefen die organisatorischen Fäden und somit auch die Finanzmittel der Veranstaltung zusammen, die nur wenige Wochen später stattfinden sollte. Die Veranstaltung für die Ta- Werte 2.0 saved This year's "Werte 2.0" had almost been canceled due to the event's co-organizer Intergerma filing for bankruptcy. But a crowd-funding initiative salvaged this meeting platform for representatives of the convention and congress industry on value-oriented management and organization. Manager Bernd Fritzges himself took great financial risks, but the effort was certainly worth it as more than 150 participants originating from the event-staging industry traveled to the hotel Schloss Montabaur on June 3 of this year. The proceeds of the event traditionally go to the charity drive "RTL – Wir helfen Kindern e.V.". This year, the donation check was made out for € 5,372.00. gungs- und Kongressbranche zum Thema werteorientierte Unternehmensführung und Wirtschaftsethik hatte 2010 ihre Premiere erlebt. Damals 2010 hat sie sich zur festen Branchengröße in Montabaur entwickelt. Nun blickte das von viel Idealismus getragene Projekt in den Abgrund. Um fortbestehen zu können, brauchte Werte 2.0 auf der Stelle einen neuen Veranstalter, um das wirtschaftliche Risiko zu tragen. Auf die Schnelle sah Fritzges keine andere Möglichkeit, als persönlich in die Bresche zu springen. Offiziell übernahm die Firma Sunday & Friends, ein Spezialist für Gastronomie-Software, bei der Fritzges Gesellschafter ist, die Rechnungsabwicklung und Buchhaltung. Fritzges wäre bei Verlusten aber persönlich eingestanden. „hätte die Rettungsaktion nicht geklappt, wäre ich wohl auf mindestens 10.000 € sitzen geblieben“, schätzt er heute. Durch die Intergerma-Insolvenz gerieten satte 20.000 €, die bereits auf der Einnahmenseite für die Werte 2.0 verbucht worden waren, in die Insolvenzmasse. Nachdem Fritzges die formale Seite geklärt hatte, fing er an, um Unterstützung und Spenden zu trommeln. „Die ersten zehn Tage hatte ich Angstschweiß auf der Stirn“, räumt Fritzges heute FOTOS: ESTREL BERLIN/hOTEL SChLOSS MONTABAUR/BERND FRITZGES 20 2015 | November green meetings c Nicht nur das Storytelling-Konzept unter dem Motto „Die besten Ideen entstehen an der Bar“ machte 2015 einzigartig. Der damalige IntergermaGeschäftsführer Markus Schmidt (Mitte) und Bernd Fritzges. lächelnd ein. Eine Kampagne bei Facebook wurde gestartet, Kollegen und Partner verfassten Aufrufe. „Plötzlich kam von hier eine 1.000 €-Spende, von dort kamen 1.500 €“ – und der stete Strom riss nicht ab. Referenten verzichteten auf honorare oder zahlten gar ihre Zimmer selbst.„Es ist erstaunlich, welche Lawine wir losgetreten haben.“ Nach zwei Wochen war die „hundertprozentige überzeugung“ da, das Blatt zu wenden und die Veranstaltung zu retten. Inzwischen blickt Fritzges schon in die weitere Zukunft. So wurde eine gemeinnützige Gesellschaft gegründet, die erstmals am 4. Mai 2016 die Werte 2.0 veranstalten wird – wie gehabt in Montabaur Ein lichtdurchflutetes Plenum im Hotel Schloss Montabaur eröffnet Perspektiven und Diskussionen. mit den bewährten Partnern Estrel Congress & Messe Center Berlin und Hotel Schloss Montabaur. „Für mich war klar, dass die Veranstaltung in meinen händen bleiben sollte“, so Bernd Fritzges. Dabei lebt er einige der während der Veranstaltung diskutierten „Werte“ ganz praktisch. Das ist so ansteckend, dass vielen Unterstützern aus der MICE-Branche die Veranstaltung heute mehr als teuer ist. WEW Nicole Fritzges von Sundays & Friends und ihr Ehemann Bernd, Macher der Werte 2.0. WerTe 2.0, 2015 Über 150 Teilnehmer aus der Veranstaltungsbranche kamen am 3. Juni im Hotel Schloss Montabaur zusammen. Sie hatten im Vorfeld so viele Spenden gesammelt und Unterstützung zusammengetrommelt, dass es trotz des Verlusts von 20.000 € Einnahmen aufgrund der Intergerma-Insolvenz noch gelang, genau 5.372 € Überschuss zu erwirtschaften. Dieser ging traditionell komplett als Spende an die Stiftung „RTL – Wir helfen Kindern“. 5 WEB: www.werte20.de FOTOS: ESTREL BERLIN/hOTEL SChLOSS MONTABAUR/BERND FRITZGES November | 2015 21 c green meetings HandlungSbedarf beim catering Fast die Hälfte landet in der Tonne Gemeinsam gegen Lebensmittelverschwendung: „United Against Waste“ ist mit Profiküchen in die Phase eins des „Abfall-Analyse-reports“ gestartet. mitmachen erwünscht. „Stehen die Abfalldaten erst einmal fest, erkennen die Küchenleiter bestimmte einsparpotenziale schnell.“ Torsten von Borstel, United Against Waste Im Außer-Haus-Markt in Deutschland landen jährlich 1,9 Mio. t Lebensmittel im Müll. Das ist ökologisch nicht sinnvoll und zudem auch richtig teuer: 1 l Lebensmittelabfall schlägt inklusive Energie- und Entsorgungskosten mit 2 € zu Buche. Im Umkehrschluss bedeutet dies für Profiküchen ein enormes Sparpotenzial. „Ein Krankenhaus mit 1.000 Essen am Tag kann mit den richtigen Vermeidungsstrategien 35 % der Lebensmittelabfälle reduzieren, ein Gastronomiebetrieb mit 750 Essen immerhin 30 %“, rechnet Torsten von Borstel, Geschäftsführer United Against Waste, vor. „Jährlich sind so 38.000 € beziehungsweise 34.000 € Ersparnis drin! Gerade bei Tagungen in hotels oder Locations haben wir festgestellt, dass mehr als 40 % der Lebensmittelabfälle aus der überproduktion (zu viel auf dem Buffet) in der Tonne landen. Die Kosten tragen meist die Tagungshotels. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Lebensmittelabfälle zu reduzieren – gemeinsam mit Caterern und Tagungshotels entwickeln wir dafür Lösungen.“ Der Verein, der bundesweit gegen Lebensmittelverschwendung kämpft, zeigt Profiküchen, wie sie ihre Abfälle zum Schrumpfen bringen und richtig Geld sparen können – wovon letzten Endes ja auch der Kunde, der Gast oder der Veranstalter, profitiert. Unter dem Schlagwort „Abfall-Analyse-Tool“ wurde ein kostenloses Lösungspaket geschnürt, das von den Küchenleitern aller Gastronomiebereiche abgerufen werden kann. „Ziel ist, das tatsächliche Abfallaufkommen in den einzelnen Verpflegungsbetrieben zunächst zu messen. In einem späteren Schritt ermitteln wir daraus handlungsempfehlungen, die nicht nur dem jeweiligen Betrieb Nutzen bringen, sondern auf die gesamte Branche übertragbar sind.“ „Das Jahr der Messung“ hat bereits begonnen. Am Projekt nehmen schon einige Profiküchen teil, vielversprechende Zwischenergebnisse liegen laut von Borstel vor. Je mehr Verpflegungsbetriebe im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung mitmachen desto besser: „Wir benötigen möglichst viele Daten für unseren Abfall-Analyse-Report“, appelliert Torsten von Borstel an die Küchenleiter. „Nur so können wir das Abfallproblem im Außer-haus-Markt in den Griff bekommen.“ Profiküchen, die das kostenlose Abfall-Analyse-Tool für sich nutzen wollen, ABBILDUNG: UNITED AGAINST WASTE 22 2015 | November ANZEIGE DIe InITIATIVe 2012 startete mit „United Against Waste e. V.“ eine Initiative für den Food-Service-Markt, um Köche und die Industrie darauf aufmerksam zu machen, dass der Kampf gegen die Verschwendung von Lebensmitteln machbar ist und zudem Geld spart. Die Initiatoren haben in Deutschland ein konkretes Servicepaket geschnürt. Das Informationsmaterial hilft Köchen dabei, das Thema Lebensmittelverschwendung im Küchenalltag für alle Beteiligten greifbarer zu machen. Analyse- und Kalkulationstabellen unterstützen bei der Umsetzung zum Beispiel durch Information von Mitarbeitern, zur Stärkung von Motivation und zum eigenen Screening des Betriebs zur Müllvermeidung. 5 www.united-against-waste.de müssen keinen großen Aufwand befürchten: Nach ihrer Bestellung erhalten sie durchsichtige Messbehälter, mit dem sie ihre täglichen Abfallmengen über einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen messen. Um später vergleichen zu können, haben sie den Status quo ihrer bisherigen Abfallmenge festgehalten. Die täglichen Werte tragen sie dann nur noch in die mitgelieferten Erhebungsbögen ein. Die Küchenleiter wissen im Anschluss genau, wie es um das Abfallaufkommen in ihrem Betrieb bestellt ist. Mühelos lässt sich daraus der monetäre Wert des Lebensmittelabfalls berechnen. Ergänzende Roundtable-Gespräche dienen dem praktischen Austausch und der Vertiefung der Analyse: In welchen Bereichen gibt es die meisten Lebensmittelabfälle? Wie viel Speisenmüll geht zu Lasten des Mindesthaltbarkeitsdatums, der Produktion, der überproduktion und der Tellerrückläufe? „Stehen die Abfalldaten erst einmal fest, erkennen die Küchenleiter bestimmte Einsparpotenziale schnell“, fasst Torsten von Borstel die Vorteile des Abfall-Analyse-Tools zusammen. „Sie profitieren später noch einmal von den handlungsempfehlungen, die auf Basis der Gesamtergebnisse in der Projektgruppe erarbeitet werden.“ Am Ende des Projektes steht für alle ein effizienteres Küchenmanagement, das dauerhaft Lebensmittelabfall und damit bare Münze spart. Das Abfall-Analyse-Tool kann kostenlos angefordert werden. ja Almost 50% land in garbage can In the German out-of-home market, approximately 1.9 million tons of food land in the garbage can every year. That is for one ecologically unreasonable, and for the other it's extremely costly as well. "United Against Waste" is a registered non-profit organization struggling against the waste of food throughout Germany. They show professional catering and dining operations how to reduce their waste output and thus how to save considerable amounts of money – which is ultimately also to the benefit of customers, guests or organizers. United Against Waste has wrapped a free solution package in form of a waste analysis tool; it may be downloaded by kitchen managers in all catering and restaurant categories. ABBILDUNG: UNITED AGAINST WASTE c green meetings Digitale Programme lassen sich blitzschnell ändern. projekt " pappyroS" Papierlos tagen in der Praxis Die Universität osnabrück hat ein Konzept zur komplett papierlosen Durchführung von Tagungen entwickelt. Umgesetzt und wissenschaftlich überprüft wurde es bei der Tagung "Wirtschaftsinformatik 2015" mit 800 Teilnehmern. „Ich würde nie wieder eine Tagung organisieren, bei der ich Papier produziere“, sagt David Sossna vom Fachbereich Informationsmanagement und Wirtschaftsinformatik der Universität Osnabrück überzeugt. „Die Teilnehmer schmeißen Tagungstaschen ja schon während der Veranstaltung in die Ecke“, hat der Wirtschaftsinformatiker Sossna beobachtet. Entsprechend motiviert waren er und sein junges Team, Tagungen im eigenen Fachbereich effizienter und ressourcenschonender zu gestalten, gleichzeitig aber ein Konzept zu entwickeln, das auf andere Veranstaltungen übertragbar und anwendbar ist. papierlose tagung – maßnahmen und vorteile Dokumentenmanagement und Schriftverkehr Digitales Eventmanagement Nutzung einer Cloud-Lösung / E-Mail Digitale Darstellung von planungsrelevanten Tools und Daten (Deadlines) Dropbox / Outlook / Supermailer Excel / MS Project • Keine auf Papier zu archivierenden Dokumente • Keine Briefe, die ausgedruckt werden • Kein Ausdruck von Ablaufplänen notwendig • Kein erneuter Ausdruck bei (auch nur minimalen) Änderungen • Kein Medienbruch zu Internetseite, auf die verwiesen wird • Kein Porto • Kein Redaktionsschluss • Alle immer auf dem aktuellen Stand • Leicht identifizierbare Doppelungen und immer aktuelle Versionen • Standortunabhängiger Zugriff • Höhere Flexibilität • Immer aktuelle Version auf dem Server • Aktuellster Stand kann standortund personenunabhängig abgerufen werden QUELLE: UNIVERSITÄT OSNABRüCK / © TW-GRAFIK Statt auf Papier sollten die benötigten Informationen für Organisatoren, Sponsoren wie Teilnehmer digital verfügbar werden, die Vorteile lagen auf der hand: „Richtig eingesetzt sind digitale Informationen immer smarter. Sie sind aktueller, können individualisiert werden und jeder hat von überall Zugriff darauf“, so Sossna. Mit der Idee und dem Konzept zu „Pappyros“, so der Projektname, gingen die Wissenschaftler auf die Deutsche Bundesstiftung Umwelt zu, die das Projekt als förderwürdig anerkannte. In der Praxis flächendeckend angewendet wurden die im Projekt erarbeiteten Grundlagen erstmals während der 12. Internationalen Tagung Wirtschaftsinformatik vom 4. bis 6. März 2015. Zu der Tagung kamen 800 Teilnehmer. „Wir haben das Tagungsmotto: ,Enterprise Engineering‘ – Digitale Produkte und Prozesse für das Unternehmen der Zukunft auch auf die Tagungsorganisation selbst übertragen“, erklärt Sossna. Die sonst in den Unterlagen abgedruckten Informationen vermittelten die Veranstalter per App und Webseite. Beim Eventmanagement vor Ort verzichteten die Veranstalter auf schriftliche Briefings, Ablaufpläne oder To-do-Listen für die Mitarbeiter der Tagung. Natürlich stieß Sossna bei seinem Projekt auch auf hürden und Widerstände. Im Vorfeld habe es schon einige kritische Anfragen gegeben, weil Teilnehmer beklagten, sie würden über kein mobiles Endgerät verfügen. Anderes Problem: Compliance-Richtlinien in Bezug auf IT-Security. Auf manchen Diensthandys durfte eine App schlicht nicht installiert werden. Zum Konzept gehören etwa auch mobile Ladestationen in den Kongressräumen, damit das Betrachten des digitalen Tagungsprogramms nicht an einem leeren Smartphone-Akku scheitert. Während der Tagung waren nur wenige kritische Stimmen zu hören: „Irgendjemand möchte immer nörgeln. So sind fehlende Tagungsunterlagen für FOTO: PhILIPP SChMIDT, hAMBURG 24 2015 | November green meetings c interview Statt App reicht oft mobile Webseite tw: Welche Vorteile einer papierlosen Tagung wie der von Ihnen organisierten Wirtschaftsinformatik 2015" " sind für Sie am wichtigsten? diese absolute Minderheit ein gefundenes Fressen, sich zu beschweren.“ Was im Umkehrschluss für eine breite Akzeptanz spricht. Der Erfolg der Maßnahmen wurde selbst wissenschaftlich untersucht. Darauf zu achten, dass die App für alle gängigen mobilen Endgeräte verfügbar ist, rät Sossna ebenso wie die Inhalte der App parallel auf einer Webseite im Responsive Design über einen Browser abrufbar zu machen. Das Konzept soll Blaupause für andere Veranstaltungen werden und damit die MICE-Branche in der Breite erreichen. WEW 5 WEB: www.wi2015.de Paperless convening put to test The University of Osnabrück in Germany has developed a concept for conducting entirely paperless conventions and events and for the first time implemented it in 2015 at the leading information-systems convention in the German-speaking region, the Internationale Tagung Wirtschaftsinformatik. The success of the pertinent measures was scientifically examined and the findings were just recently publicized. This concept titled "Pappyros" stands for the use of digital products which allow conducting an entirely paperless convention. Since July 2014, the German Environment Foundation BDU has been sponsoring this project in the field of information management and information systems at the Universität Osnabrück. david Sossna: Aus Sicht der Organisatoren ist vor allem die Flexibilität zu nennen, die eine papierlose Tagung mit sich bringt. Deadlines fallen zum Teil komplett weg. Selbst kurzfristig lassen sich über App oder die homepage notwendige Änderungen an Teilnehmer kommunizieren. Vor allem die Tatsache, dass alle immer und überall Zugriff auf die aktuellsten Daten haben, vereinfacht das Arbeiten und die Organisation enorm. Ein Sponsor lieferte die notwendigen Informationen erst einen Tag vor der Konferenz. Diese konnten trotzdem verwendet werden. Die Teilnehmer zeigten sich mit dem Informationsmanagement fast ausschließlich zufrieden. Sie konnten sich das eigene Programm schon vor Anreise in der App zusammenstellen und über die interaktive Teilnehmerliste mit anderen Besuchern in Kontakt treten. Bedeutet papierlos zu tagen zwingend den Einsatz einer Event-App? Bei kleineren und kürzeren Veranstaltungen mit maximal drei parallel organisierten Vorträgen, dürfte eine gut gestaltete Internetseite im Responsive Design oder eine mobile Webseite völlig ausreichen. Bei größeren Veranstaltungen punkten Apps vor allem durch eine bessere Darstellungsmöglichkeit. Individualisierung und Interaktivität sind ihr großes Kapital. Ein schönes Beispiel sind integrierte Karten, bei denen das Smartphone zum Navi wird. Sie haben 232 Teilnehmer von 800 zur Zufriedenheit mit Ihrer papierlosen Tagung befragt. Was waren die Ergebnisse? Die deutliche Mehrheit war mit den Informationen in der App und auf der homepage zufrieden oder sehr zufrieden. Fast 90 % der Teilnehmer gaben an, dass alle Informationen geliefert wurden, um den Tagungsbesuch optimal zu organisieren. Trotzdem gingen fast 50 % davon aus, dass ausgedruckte Materialien den Tagungsbesuch vereinfacht hätten. über 75 % stimmten mit der Aussage überein, dass die Informationen aktueller waren als bei Tagungen, bei denen Informationen ausgedruckt zur Verfügung gestellt werden, und 63 % stimmten zu, dass die Qualität der Informationen größer war. 31 % würden zukünftig eine Tagung selber papierlos planen, 54 % würden dies in Erwägung ziehen. intErviEW: FranK WEWoda FOTO (REChTS): IT.EMSLAND November | 2015 25 c green meetings barrierefreieS tagen Verstärkte Kommunikation und Standards bieten Chancen Das Angebot für barrierefreies Tagen ist in Deutschland gut verankert. verbesserungspotenzial in verschiedenen bereichen ist aber noch vorhanden. Auch eine Standardisierung gibt es bisher noch nicht. Das GCB erarbeitet zurzeit einen Inklusionskompass für die Planung und Umsetzung inklusiver und barrierefreier Veranstaltungen. Deutschland ist eine erfolgreiche Destination im internationalen Wettbewerb um Tagungen und Kongresse: Bereits seit mehr als zehn Jahren steht Deutschland laut International Congress & Convention Association (ICCA) als Ziel internationaler Verbandskongresse in Europa auf Rang eins und im globalen Vergleich nach den USA auf Platz zwei. Die große Bedeutung der Nachhaltigkeit auch für den Tagungs- und Kongressmarkt hat die vom GCB gemeinsam mit seinen Partnern veröffentlichte Studie „Tagung und Kongress der Zukunft“ gezeigt: Demnach zählt die nachhaltige Entwicklung nach der Technisierung der Arbeits- und Lebenswelten, der Globalisierung und Internationalisierung sowie der Mobilität zu den wichtigsten Megatrends für die kommenden Jahre und Jahrzehnte. Deutschland nimmt im internationalen Wettbewerb um Tagungen und Kongresse auch in Sachen Nachhaltigkeit eine führende Rolle ein. Das GCB übernimmt die Verantwortung dafür, diesen Wettbewerbsvorteil weiter zu stärken. In der internen Organisation bedeutet das beispielsweise Engagement im hinblick auf Müllvermeidung, Verringerung des Ressourcenverbrauchs und den verantwortungsvollen Einsatz von Catering-Produkten bei eigenen Veranstaltungen. Das GCB erfüllt zudem die Qualitätskriterien des freiwilligen Nachhaltigkeitskodex für die Veranstaltungsbranche „fairpflichtet“ sowie der Zertifizierungen Green Globe und EMAS („EcoManagement and Audit Scheme“). Darüber hinaus setzt das GCB im Rahmen einflussreicher Branchenveranstaltungen und mit weiteren Maßnahmen Impulse, um nachhaltiges Tagen in Deutschland als Standard zu etablieren. Ein Beispiel dafür ist die „greenmeetings und events“Konferenz, auf der sich alle zwei Jahre Fach- und Führungskräfte der Veranstaltungsbranche über neueste Trends bei der nachhaltigen Veranstaltungsplanung informieren und austauschen. Die Konferenz findet 2017 bereits zum vierten Mal statt (Siehe S. 30). Eine weitere Aktivität zur breiten Verankerung des Themas Nachhaltigkeit ist eine Reihe von Seminaren zum Nachhaltigkeitsberater in der Veranstaltungsbranche, an denen seit 2012 bereits mehrere hundert Mitarbeiter der Branche teilgenommen haben. Neben verantwortungsvollem und ressourcenschonendem handeln in den Bereichen Ökonomie und Ökologie umfasst das Konzept der nachhaltigen Entwicklung auch den sozialen Bereich und damit den Aspekt der Barrierefreiheit. Im Grundgesetz und in der UN-Behindertenrechtskonvention ist das Recht von Menschen mit Beeinträchtigungen auf gesellschaftliche Teilhabe festgeschrieben. Auch Kongresse und Tagungen sollen allen Menschen offenstehen, für die sie wichtig sind. Das Ziel der Bemühungen um Inklusion und Barrierefreiheit ist es, Interessierten mit körperlichen oder geistigen Behinderungen zu ermöglichen, sich gleichberechtigt einzubringen und ihr Lebens- und Arbeitsumfeld mitzugestalten. Dabei gilt es, die unterschiedlichen Formen von Beeinträchtigungen im Blick zu behalten, die im Wesentlichen eingeteilt werden in Beeinträchtigungen des Bewegungsapparats, des Sehvermögens, des hörsinns oder kognitiver Art. Auf dieser Grundlage sind staatliche und private Akteure gefordert, die Barrierefreiheit nicht nur von Verkehrswegen, Gebäuden und Veranstaltungen zu gewährleisten, sondern auch von technischen Gebrauchsgegenständen, Systemen der Informationsverarbeitung sowie FOTO: FOTOLIA.COM / MINERVA STUDIO 26 2015 | November akustischen und visuellen Informations- und Kommunikationsmitteln. Bezogen auf Tagungen und Kongresse bedeutet das: Von der An- und Abreise sowie der übernachtung über die Gastronomie bis hin zum Rahmenprogramm ist es wichtig, alle Bestandteile der Veranstaltung auf die Bedürfnisse der Gäste anzupassen. Beispiele dafür sind die Gestaltung einer barrierefreien Internetversion beim Teilnehmermanagement oder die Planung eines kommunikativen Get together, das zu Gunsten der Teilnehmer im Rollstuhl auf Stehtische verzichtet. Nicht zuletzt erfordert Barrierefreiheit in der Tagungs- und Kongressbranche auch sensibilisiertes und geschultes Personal vor Ort. Matthias Schultze ist seit Die deutschen Anbieter sind in Sa2010 Geschäftsführer des GCB chen Barrierefreiheit bereits gut aufGerman Convention Bureau e. V. Das GCB mit Sitz in Frankfurt am gestellt: Bei Befragungen im Rahmen Main repräsentiert und vermarkdes Meeting- & Eventbarometers 2015 tet Deutschland international gaben rund 80 % an, dass das Thema und national als Standort für Kongresse, Tagungen, Events intensiv in ihrer Unternehmensphilososowie Incentives. phie verankert sei. Dabei sind Leistungen für Rollstuhlfahrer, Allergiker und mobilitätseingeschränkte Menschen bei den Anbietern stärker präsent als bei den Veranstaltern. Optimierungsbedarf besteht jedoch beim Service für Gäste mit hör- oder Sehschwierigkeiten. Verbesserungsmöglichkeiten gibt es auch bei der Kommunikation der Barrierefreiheit: Lediglich die hälfte der Veranstaltungsstätten weist auf ihrer Website auf den entsprechenden Service hin und 65 % der befragten Veranstalter bewerten den Informationsgehalt als nicht ausreichend. Die guten Angebote für Menschen mit Beeinträchtigungen besser zu kommunizieren bietet den Anbietern weitere Chancen für eine gute Positionierung im Wettbewerb. Ein zweiter Aspekt, bei dem Optimierungsbedarf besteht, ist die Standardisierung barrierefreier Tagungs- und Kongressangebote in Deutschland: Bisher bestehen dafür keine festen Regeln oder Normen. Das GCB erarbeitet deshalb zurzeit einen Inklusionskompass, der Empfehlungen, Anregungen und Impulse zur Planung sowie Umsetzung inklusiver und barrierefreier Veranstaltungen geben möchte. Auf dieser Basis ergeben sich auch zusätzliche Chancen, die Tagungs- und Kongressdestination Deutschland mit einem nachhaltigen, barrierefreien Profil erfolgreich im Markt zu positionieren. matthiaS SChUltZE Better communication and higher standards required Next to considerate and resource-conserving conduct in the domains of economy and ecology, the concept of sustainable development also encompasses the social sector and thus the aspect of freedom from barriers. The range of options available for barrier-free convening is already quite extensive in Germany, but there is still room for improvement in many fields. Binding standards have also not yet been defined. FOTO: GCB c green meetings Viva con Agua" " setzt sich dafür ein, dass alle Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser bekommen. „art createS Water“ Think Tanks in Kunstzimmern Kunstwerke schaffen ein kreatives Umfeld – mehr als es eine „gewöhnliche“ Tagungseinrichtung könnte. Und wenn das Ganze noch einem guten Zweck dient, hat Nachhaltigkeit nicht nur in den Köpfen stattgefunden. Die skandinavische Hotelgruppe Scandic ist für ihr Design, aber vor allem auch für ihre Aktivitäten in Sachen Nachhaltigkeit bekannt. Schon bei der Planung neuer häuser werden umweltfreundliche Baurichtlinien beachtet, welche die ausschließliche Nutzung energieeffizienter und nachhaltiger Materialien sowie ganzheitliche Barrierefreiheit einschließen. Mit dem Green-Meeting-Konzept der Gruppe versprechen die insgesamt drei auf dem deutschen Markt vertretenen Scandic-häuser in hamburg und Berlin professionelle Veranstaltungen mit geringem ökologischem Fußabdruck. Das Konzept beinhaltet ökozertifizierte Tagungsmaterialien, energieeffiziente Technik, beschreibbare Whiteboards anstelle von papierbasierten Flip Charts, Fair-Trade-Kaffee und hauseigen aufbereitetes Leitungswasser sowie ein regional-saisonal ausgerichtetes Catering. Das Scandic Hamburg Emporio hat darüber hinaus noch einen anderen Ansatz: Think Tanks in Kunstzimmern. Auf der Tagungsetage im siebten Stock befinden sich neben den Konferenzräumen auch hotelzimmer. Durch die asymmetrische Architektur des hauses haben diese mitunter eine Deckenhöhe von bis zu 7 m und 50 m² Wandfläche – ideal, um kreativ in Szene gesetzt zu werden. Im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts mit der gemeinnützigen Viva-con-Agua-Kunstausstellung „Millerntor Gallery“ wurden diese ungewöhnlichen Räume von Künstlern gestaltet: Julia Benz, 1010, Nelio, Straßenköter und Nils Kasiskse haben mit ihren Interpretationen des Mottos „Art Creates Water“ die Räume zu individuellen „Art Rooms“ gemacht. Mit ihnen hat die vorher temporäre Kunstausstellung eine dauerhafte und damit nachhaltige „Außenstelle“ erhalten. „Der Flur entlang der Zimmer beherbergt in Zukunft Ausstellungen weiterer Künstler“, informiert Tobias Albert, Director of Sales & Marketing, im Gespräch mit der tw. „Den Start machte bereits Flo Weber, der Drummer der Sportfreunde Stiller, mit Zeichnungen, Malereien und Installationen. Dank Kunstdrucken haben die Gäste die Möglichkeit, sich ihr eigenes Stück Kunst mit nach hause FOTO: SCANDIC 28 2015 | November green meetings c Tagen mit Kunst: inspirierend und sozial nachhaltig. „Der Flur beherbergt in Zukunft Ausstellungen weiterer Künstler.“ Tobias Albert, Scandic Hamburg emporio zu nehmen. Die Verkaufserlöse gehen jeweils zur hälfte an Viva con Agua und die Künstler.“ Viva con Agua de Sankt Pauli e. V. setzt sich dafür ein, dass alle Menschen einen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung bekommen. Die Initiative hat ihre heimat in hamburg und wurde von Benjamin Adrion, einem ehemaligen FC-St.-Pauli-Spieler, gegründet. Durch kreative Maßnahmen (Pfandbecher-Sammlungen auf Festivals, Tramprennen, Kunstausstellung, Benefiz-Fußballspiele etc.) sammelt Viva con Agua Gelder. In Kooperation mit der Welthungerhilfe wird der Bau von Trinkwasserbrunnen und sanitären Anlagen umgesetzt. Durch das „Art Room“-Projekt des Scandic Emporio hamburg kamen laut hotel bislang rund 6.000 € zusammen, die an Viva con Agua zurückgegangen sind. Die Gelder stammen aus den honoraren der Künstler, die sie zum Teil oder gänzlich an die Initiative gespendet haben, und aus den Eintrittsgeldern der „Art Room“-Vernissage Anfang des Jahres. Darüber hinaus gehen die Erlöse aus den Kunstdruck-Verkäufen zur hälfte an die Künstler und an Viva con Agua. Und das Projekt wächst weiter: Nach und nach sollen bis Ende des Jahres alle 14 Zimmer der Etage künstlerisch gestaltet sein. Darüber hinaus beheimatet inzwischen auch das Konferenzfoyer Kunstwerke und Installationen wie die WasserKlangschale „Kymat“ von Sven Meyer. So gehen Art Rooms und Konferenzbereich gestalterisch ineinander über und wirken nachhaltig auf die Teilnehmer und die Umwelt. ja Better communication and higher standards required Next to considerate and resource-conserving conduct in the domains of economy and ecology, the concept of sustainable development also encompasses the social sector and thus the aspect of freedom from barriers. The range of options available for barrier-free convening is already quite extensive in Germany, but there is still room for improvement in many fields. Binding standards have also not yet been defined. FOTOS: SCANDIC November | 2015 29 c green meetings greenmeetingS und eVentS konferenz 2017 Nachhaltiges Tagen aktiv erleben Die baden-württembergische Stadt Waiblingen ist Gastgeber der 4. Greenmeetings und Events Konferenz am 13. und 14. Februar 2017. In unmittelbarer Nähe zur historischen Innenstadt von Waiblingen inmitten des Landschaftsparks Talaue können sich die Akteure der Veranstaltungsbranche aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im Bürgerzentrum über nachhaltige Konzepte rund um Tagungen, Kongresse und Events austauschen. Mit Site Inspections und Best-Practice-Beispielen bezieht das Programm der Konferenz auch andere Institutionen der Stadt mit ein, die fußläufig erreichbar sind. Initiatoren der Konferenz sind das GCB German Convention Bureau e. V. und der EVVC Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren e. V. Tandem-räder mit Fahrer im einsatxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxcccccxxxxxxx „fairpflicHtet“ Website erneuert Die Website des Nachhaltigkeitskodex der Veranstaltungsbranche „fairpflichtet“ ist einem umfangreichen Relaunch unterzogen worden. Das neu gestaltete Suchportal gibt dem Nutzer die Möglichkeit, nach „fairpflichtet“Unterstützern in unterschiedlichen Kategorien und Branchen, aber auch nach geografischen Parametern zu suchen. Jeder Unterstützer ist nun für die Pflege seines Profils durch einen passwortgeschützten Bereich selbst verantwortlich und kann dort auch kontinuierlich Aktualisierungen vornehmen. Neben umfangreichen Informationen rund um den Branchenkodex bietet die neue Seite nun die Möglichkeit, sich online dem Kodex anzuschließen. In Zukunft wird auch die Erstellung der verpflichtenden Fortschrittsberichte online möglich sein. 5 WEB: www.fairpflichtet.de auStria center Vienna Nachhaltigkeit beginnt bei der Beschaffung Bei der Konzeption und Beschaffung neuer Stühle legte das Team im Austria Center Vienna insbesondere Wert auf Multifunktionalität und die Verwendung von nachhaltigen, hochqualitativen Materialien. Neu beschafft wurden 12 800 champagnerfarbene Stühle mit und ohne Armlehnen, die aufgrund ihres hochwertigen Erscheinungsbildes bei Banketten und Galaveranstaltungen auch anstelle der bislang obligaten Stühle mit hussen eingesetzt werden können. Auch bei den dazu passenden hochwertigen Banketttischen sollen Kunden in Zukunft auf Tischwäsche verzichten können. Bei der Schale der Stühle entschied man sich für die holzvariante, die Materialien für die Polsterung sind Erste Wahl aus zweiter Hand: Austria Center Vienna spendet Stühle. umweltfreundlich und entsprechend zertifiziert. Nachhaltigkeit ist für das Center nicht nur bei der Beschaffung, sondern auch beim Umgang mit bestehenden Ressourcen wesentlich. Daher spendet es aus dem Altbestand jene Sessel, die noch in gutem Zustand sind, an Non-Profit-Organisationen aus ganz Österreich. Insgesamt gehen mehr als 7 600 Sessel an über 40 national tätige Organisationen. 5 WEB: www.acv.at Tandem-räder mit Fahrer im einsatxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxcccccxxxxxxx mbt meetingplace 2015 Vom Green Meeting zur glaubhaften Nachhaltigkeit „Veranstaltungen mit Strategie und System nachhaltig gestalten – vom Green Meeting zur glaubhaften Nachhaltigkeit“, darüber referiert Veranstaltungsexperte Christian Oblasser am 1. Dezember auf dem mbt Meetingplace in München. In dem Fachvortrag geht es darum, dass eine nachhaltige Veranstaltung mehr als ein Green Event ist. Eine tragfähige Vision, klare Strategie und systematische Veranstaltungsplanung und -durchführung sorgen für glaubhafte und nachvollziehbare handlungen. Als Vorstandsmitglied der Berlin Preferred Agencies im Berlin Convention Office hat der Agentur-Inhaber maßgeblich an der Initiierung der Plattform „Berlin Green Meetings“ mitgewirkt. „Wir machen Green Meetings bunter“, lautet ein weiterer Programmpunkt von Claudia Schaffhausen, Bio hotels. Außerdem hält Jürgen May, Geschäftsführer von 2bdifferent, einen Workshop zum Thema „Green Meetings vs. Sustainable Event Desgin“. 5 WEB: www.mbt-market.de FOTO: IAKW-AG / LUDWIG SChEDL 30 2015 | November
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