Märchen: Drei Prinzen und das Zauberwasser

Märchen:
Drei Prinzen und das Zauberwasser
Es war einmal ein großer, dunkler Wald. In dem Wald stand ein verfallenes Schloss, völlig
von Efeu überwuchert. Nicht nur das Schloss, auch die gesamte Umgebung war mit riesigen
Spinnennetzen bedeckt. Niemand, der sich in die Nähe des alten Schlosses traute, kehrte
jemals zurück. Im Land erzählten die Leute von einem geheimnisvollen Brunnen, der im
Schlosshof stand. Der Brunnen enthielt verzaubertes Wasser, welches verödetes Land wieder
fruchtbar machte und Zerstörtes wieder aufbaute.
Nun gab es in einem entfernten Winkel des Landes einen König, dessen Reich durch Kriege
und Plünderungen so zerstört war, dass seine Untertanen keine Behausungen mehr hatten. Die
Ernte auf den Feldern war vernichtet, das Volk hungerte erbärmlich, ihr König war so
verzweifelt, dass er seine drei Söhne zu sich rief und ihnen einen gefährlichen Auftrag gab:
„Schafft mir das geheimnisvolle Zauberwasser aus dem Brunnen herbei!“
Die Söhne beschlossen, auf drei verschiedenen Wegen ihr Glück zu versuchen. Der älteste
Sohn Karl ritt nach Norden, John, der zweitälteste, galoppierte nach Süden und Hans, der
jüngste Sohn, trabte nach Westen.
Karl, des Königs Lieblingssohn, rechnete sich die größten Chance aus und gab seinem Pferd
die Sporen. Unterwegs fragte er die Vorübereilenden nach dem Brunnen, aber niemand
konnte ihm eine Auskunft geben, ängstlich liefen sie von dannen. Nach vielen Tagen tat sich
plötzlich vor ihm ein Wald auf, düster und bedrohlich. Endlich fand er das verlassene Schloss.
Vor lauter Freude merkte er gar nicht, dass er beobachtet wurde, vom Hüter des Wassers,
einem widerlichen, gefährlichen Zwerg, der seine Feinde in den Kerker warf und dort elend
verhungern ließ.
Karl war glücklich, einfach nur glücklich, dass er den Brunnen... aber plötzlich sah er ihn!
Der hässliche, grün gekleidete Zwerg saß direkt hinter dem Brunnen und Karl schüttelte sich,
derart Grauen erregend sah der Gnom aus. Der Prinz wusste sofort, dass der bös
dreinblickende Kleine nichts Gutes im Schilde führte. Der krächzte ihn dann auch
unvermittelt an: „Was suchst du hier?“ Mutig versuchte der erschrockene Jüngling zu
erwidern, dass er zum Brunnen wolle, weil er das verzauberte Wasser brauche.
Da liefen die Augen des Zwergs blutrot an, seine grauen Haare standen ihm zu Berge und
ließen seinen grünen Hut zu Boden fallen. Der Zwerg pfiff laut und schrill.
Der riesige, siebenköpfige Drache BRA erschien am Himmel. Karl hatte von ihm gehört, aber
sein Anblick übertraf alle Vorstellungen. Das Feuer speiende Ungeheuer landete direkt neben
ihm, die Erde erbebte und der Königssohn hörte das spöttische Gelächter des Zwergs.
Blitzschnell zog er sein drei Ellen langes Schwert und stürzte sich heldenmutig in den fast
aussichtslosen Kampf mit dem Fabeltier.
Unterdessen hatten seine Brüder John und Hans die Kunde von einem Ritter vernommen, der
wagemutig mit einem Drachen kämpfte. Nach einer kurzen Umarmung auf einer Lichtung
machten sie sich in großer Eile
auf nach Norden und entdeckten schon bald die
blutüberströmte Leiche ihres Bruders Karl neben dem Brunnen.
John forderte den siebenköpfigen Drachen als Erster zum Kampf heraus, das Gefecht übertraf
an Grausamkeit alles bisher da Gewesene, Hans musste hilflos mit ansehen, wie seinem
Bruder sämtliche Gliedmaßen ausgerissen wurden und er mit gebrochenem Rückgrat elend zu
Grunde ging.
Der Jüngste nahm all seinen Mut zusammen und galoppierte tapfer auf den Drachen zu. Mit
einem Schwertschlag hieb er ihm einen der sieben Köpfe ab. Das Untier krümmte sich vor
Schmerzen und schon glaubte Hans, den Sieg errungen zu haben. Er nutzte die Gunst der
Stunde, eilte zum Brunnen, füllte den Becher mit dem begehrten Zauberwasser, als sich
plötzlich der Drache erneut vor ihm aufbäumte...
Fliehen war unmöglich, es half nur noch ein Sprung in den Brunnen. Hans versank.
Augenblicklich bedeckte sich der Himmel, unheilvolle Wolken verdunkelten die Sonne und
aus dem Brunnen ertönte eine gellende Stimme:„ Nun ist es vollbracht! Die Legende besagt,
wenn königliches Blut das Wasser des Brunnens verunreinigt, so wird die magische Quelle
versiegen! Auch das Schloss soll verschwinden und nur mehr in Vollmondnächten sichtbar
sein. Nur eine kann jetzt noch Hilfe bringen und alle von ihrem Leid erlösen!“
Auf dem Grund des Brunnens lag Hans mit schmerzenden Gliedern und hörte die Worte des
Orakels. Bevor er ohnmächtig wurde, beschloss er, die EINE zu finden, um alle zu erlösen.
Mühsam öffnete er seine Augen und prompt erschien der hässliche Kleine und krächzte:
„Öffne das silberne Tor und du siehst John, öffne das goldene Tor und du findest Karl, öffne
das diamantene Tor, dann geschieht ein Wunder!“
Voller Schadenfreude verschwieg der Böse die Gefahren dahinter. Hans öffnete mutig das
silberne Tor. Sofort fiel ihn ein abscheuliches Ungeheuer an, spie Gift und Galle...
Der Prinz schlug ihm kurzerhand den Kopf ab!
Hinter dem goldenen Tor nahm ihn ein grellgrüner Lindwurm in den Würgegriff. Hans
befreite sich mit letzter Kraft und teilte das Kriechtier in zwei gleiche Stücke. Aus dem einen
sprang John, aus dem anderen Karl hervor. Überglücklich öffneten die jungen Burschen das
letzte Tor und – siehe da - dort saß sie! Die EINE! Mit zarten Füßen zauberte sie ein Seil
herbei, schnippte mit ihren Schwimmhäuten und schon stand ein Krug Zauberwasser neben
den Brüdern. Während sich diese an dem Seil aus dem Brunnen zogen, erhob sich die
verwunschene Kröte alsdann in die Lüfte und goss das Wasser mitten in eine dicke
Gewitterwolke hinein. Gerade als es am schlimmsten blitzte und donnerte und der
Zauberregen heftig auf die Dächer des Königreiches prasselte, verwandelte sich die Unke in
eine zarte Prinzessin mit blonden Locken.
Als alles wieder grünte und blühte und die Welt wieder in Ordnung war, feierten Prinz Hans
und seine Mathilde ein prächtiges Hochzeitsfest und sie lebten glücklich bis an ihr
Lebensende.
Was aus dem widerlichen Gnom geworden ist, wollt ihr noch wissen? Der hat seine Strafe
bekommen, muss er doch bis in alle Ewigkeit jeden Morgen Hunderte Schüler der Pater Damian - Sekundarschule in Belgien begrüßen.