File - Wanderreiten

Studie: Wieviel Liegefläche brauchen Pferde?
17.11.2015 / News
Um gesund und leistungsfähig zu bleiben, müssen sich Pferde hinlegen können. / Foto: Archiv
Schweizer Forscher haben untersucht, welchen Einfluss die Größe der Liegefläche und die
Beschaffenheit des Untergrunds auf das Liegeverhalten von Pferden in Gruppenhaltung
haben – und ob die gesetzlichen Mindestmaße dafür ausreichend sind.
Wie für den Menschen ist auch für Pferde ausreichender Schlaf lebenswichtig. Pferde können
zwar auch im Stehen „dösen", sich dabei entspannen und die Muskulatur lockern – doch ist
diese Phase des Ausruhens (in der Fachsprache ,Schildern' genannt) nur eine Vorstufe des
eigentlichen Tiefschlafs, in der sich die Pferde zwar körperlich, nicht aber geistig regenerieren
können. Und für diesen erholsamen Tiefschlaf mit seiner REM-Phase müssen sich Pferde
hinlegen – nur dann können sie nachhaltig regenerieren, gesund und leistungsfähig bleiben:
Die Möglichkeit zum Hinlegen ist somit für das Wohl eines Pferdes essentiell – doch Pferde
sind diesbezüglich höchst sensible und anspruchsvolle Wesen, die sich nur unter bestimmten
Voraussetzungen hinlegen. Neben der Art und Beschaffenheit des Untergrunds – Pferde
bevorzugen einen trockenen und verformbaren Untergrund – ist auch die Größe der zur
Verfügung stehenden Liegefläche ein wichtiger Einflussfaktor, ebenso die Position in der
Rangordnung der Gruppe.
Ein Schweizer Forscherteam rund um Christina Rufer vom Schweizer Nationalgestüt
Agroscope in Avenches hat im Rahmen einer Studie untersucht, ob die dafür im Schweizer
Tierschutzgesetz vorgesehenen Mindestflächen ausreichend dimensioniert sind, um „das
Tierwohl im Hinblick auf das Liegeverhalten" zu gewährleisten. Ergänzend wurde auch
untersucht, ob sich das Liegeverhalten durch den Einsatz von Gummimatten – anstelle einer
Einstreu – verändert und ob dadurch das Liegeverhalten (und damit auch das Pferdewohl) in
irgendeiner Weise beeinträchtigt wird.
Insgesamt wurden 38 Pferde in 8 Gruppen auf 5 Praxisbetrieben sowie dem Schweizer
Nationalgestüt in die Untersuchung einbezogen. Jede Gruppe wurde für jeweils 11 Tage unter
4 verschiedenen Varianten gehalten:
- T0: Keine Einstreu, 1.5 x Mindestfläche Gummimatten
- T0.5: 0.5 x Mindestfläche eingestreut, 1 x Mindestfläche Gummimatten
- T1 1: x Mindestfläche eingestreut, 0.5 x Mindestfläche Gummimatten
- T1.5: 1.5 x Mindestfläche eingestreut, keine Gummimatten
Für jedes einzelne Pferd wurden die Anzahl Liegeperioden, die Gesamtliegedauer, der Anteil
in Seitenlage, der Anteil anwesender Gruppenmitglieder beim Abliegen und der Anteil
unfreiwillig beendeter Liegeperioden aufgezeichnet. Die Datenerfassung erfolgte nach jeweils
acht Tage dauernder Eingewöhnung in den letzten 72 h jeder Variante. Des weiteren wurde in
jeder Gruppe auch die Rangordnung bestimmt.
Die Ergebnisse zeigten ein eindeutiges Bild: Die Pferde lagen umso länger und häufiger, je
grösser die eingestreute Fläche war, wobei sich diese Steigerung von Variante 1 × zu 1.5 ×
abflachte. Auf Gummimatten lagen Pferde generell nur äußerst selten, häufiger jedoch
rangniedere Pferde. Der Anteil in Seitenlage war höher, je grösser die eingestreute Fläche
war. Zudem war in Variante 1.5 × der Anteil anwesender Gruppenmitglieder höher und der
Anteil unfreiwillig beendeter Liegeperioden für die rangtiefen Tiere deutlich geringer.
Die Forscher abschließend: „Die Studie zeigt, dass Pferde bevorzugt auf Einstreu abliegen
und harte Gummimatten keine adäquate Unterlage sind. Die gesetzlich vorgeschriebene
Mindestliegefläche scheint angemessen zu sein, jedoch waren Unterschiede zwischen
einzelnen Individuen sehr gross. Der Einbezug sozialer Parameter wie dem Anteil unfreiwillig
beendeter Liegesequenzen zeigte zudem, dass eine Vergrösserung der eingestreuten
Mindestfläche insbesondere für die rangtiefe Pferde einen positiven Effekt haben kann. Aus
diesem Grund sind die Mindestmasse bezüglich der eingestreuten Liegefläche für
Gruppenhaltungen als angemessen, aber nicht optimal zu beurteilen."
Die Mindestmaße für die Liegefläche sind im „Tierschutz-Kontrollhandbuch. Technische
Weisungen über den baulichen und qualitativen Tierschutz Pferde" des Bundesamts für
Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) nachzulesen. Die Mindestliegefläche pro
Pferd in einem Mehrraumlaufstall ist abhängig vom Stockmaß des Pferdes und beträgt
zwischen 4 m2 (für Pferde mit einem Stockmaß unter 120 cm) und 8 m2 (für Pferde mit einem
Stockmaß über 175 cm).
Die Studie „Variation der eingestreuten Fläche im Liegebereich: Auswirkungen auf das
Liegeverhalten von Pferden in Gruppenhaltung" von C. Rufener, A. Patt, I. Bachmann, J.-B.
Burla und E. Hillmann wurde im Rahmen des Jubiläums ,10 Jahre Netzwerk Pferdeforschung
Schweiz' am 16. April 2015 in Avenches vorgestellt und auch in der Zeitschrift ,Agroscope
Science' Nr. 19/2015 veröffentlicht.