Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement EJPD Bundesamt für Justiz BJ Direktionsbereich Öffentliches Recht Fachbereich Rechtsetzungsprojekte und -methodik Referenz/Aktenzeichen: COO.2180.109.7.157832 / 382/2015/00003 Unser Zeichen: bj-nah Datum: 11. Dezember 2015 Ausschreibung für eine Studie zu Machbarkeit und Kosten einer einheitlichen Telefonnummer für die Opferhilfe __________________________________________________________________________ 1 Übersicht Alle Kantone haben eine oder mehrere Beratungsstellen für Opfer von Straftaten nach dem Opferhilfegesetz (OHG)1 eingerichtet. Diese sind über unterschiedliche lokale Telefonnummern erreichbar. Einzelne (später von den Kantonen zu bezeichnende) Beratungsstellen sollen künftig auch über eine gesamtschweizerische, möglichst einfache Telefonnummer erreichbar sein. Ziel der einheitlichen Telefonnummer ist es, den Opfern von Straftaten einen niederschwelligen Zugang zu den bestehenden Opferberatungsstellen zur Verfügung zu stellen und auf gesamtschweizerischer Ebene die Rolle, Erreichbarkeit und Sichtbarkeit der Opferhilfeberatungsstellen zu stärken. Dieser neue einheitliche Zugang zu den Opferberatungsstellen soll ausbaufähig sein und mit einer Onlineberatung ergänzt sowie idealerweise auf ein Angebot rund um die Uhr erweitert werden können. Zu untersuchen ist, mit welchen technischen und organisatorischen Vorkehren und mit welchen Kosten ein solches modulares Angebot von den Kantonen in Zusammenarbeit mit dem Bund realisiert werden könnte. 2 Hintergrund Nach Kenntnisnahme des Berichts in Erfüllung des Postulats Fehr 09.3878 „Mehr Anzeigen, mehr Abschreckung“ 2 hat der Bundesrat am 27. Februar 2013 das EJPD beauftragt, in Zusammenarbeit mit den Kantonen zu prüfen, wie den Opfern von Straftaten der Zugang zur 1 Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten vom 23. März 2007 (Opferhilfegesetz, OHG, SR 312.5). Liste der Beratungsstellen unter: http://sodk.ch/fachbereiche/familien-undgesellschaft/opferhilfe/wwwopferhilfe-schweizch/opferhilfe-beratungsstellen/ 2 https://www.bj.admin.ch/bj/de/home/gesellschaft/opferhilfe/publikationen.html Referenz/Aktenzeichen: COO.2180.109.7.157832 / 382/2015/00003 Opferhilfe erleichtert werden könnte, insbesondere durch die Schaffung einer nationalen Telefonnummer.3 Die Studie soll dazu Entscheidungsgrundlagen liefern. In den Jahren 2012/2013 hat die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) untersucht, wie eine „Nationale Helpline Häusliche Gewalt“ geschaffen werden könnte. Das Projekt wurde jedoch nicht weiter verfolgt, u.a. wegen der hohen Kosten für dessen Umsetzung und wegen des Umstands, dass es die bestehenden Einrichtungen zu wenig miteinbezogen hat.4 Das Projekt war auf Opfer (und Tatpersonen) von häuslicher Gewalt beschränkt. Gespräche des EJPD mit Vertretungen der Kantone haben nun die Bereitschaft gezeigt, gemeinsam über eine neue einheitliche Telefonnummer für die Opferhilfe nachzudenken. Sie soll allen Opfern von Straftaten im Sinne des OHG offen stehen. Da sich das Angebot nicht nur an Frauen richten soll, würde es insofern über Artikel 24 des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention)5 hinausgehen. Auch entsprechend gefährdete Personen, insbesondere im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt, sollen sich an die Nummer wenden können. Die neue einheitliche Telefonnummer soll einen niederschwelligen Zugang zu den Leistungen der Opferberatungsstellen (insbesondere Information, (Erst-)Beratung) und Vermittlung von Lösungsansätzen) eröffnen. Sie soll auf den bei den Opferberatungsstellen vorhandenen Kompetenzen aufbauen. Vorhandene Synergien sollen soweit als möglich genutzt werden. Ins Auge gefasst wird ein modulares Vorgehen: - Die einheitliche Gratis-Telefonnummer soll direkten Zugang zum vorhandenen Angebot verschaffen (Basismodul einheitliche Telefonnummer). - Ausserdem soll eine Erweiterung dieses Angebots um eine Online-Beratung geprüft werden (Modul Online-Beratung). - Schliesslich soll eine Erweiterung der Betriebszeiten untersucht werden, so dass die einheitliche Gratis-Telefonnummer idealerweise rund um die Uhr zur Verfügung steht (Modul 24h-Erreichbarkeit). Als Nächstes ist ein detailliertes Konzept zur Machbarkeit und zu den Kosten der drei Module zu erarbeiten. Diese Aufgabe soll einem externen Büro übertragen werden. 3 3.1 Ideale Ausgestaltung des Angebots „einheitliche Telefonnummer“ und der Zusatzmodule Zielgruppen der einheitlichen Telefonnummer: Opfer von Straftaten i.S. des OHG; Personen, die – insbesondere im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt – gefährdet sind, Opfer zu werden (gefährdete Personen); Angehörige von Opfern und von gefährdeten Personen; Personen aus deren sozialem Umfeld; 3 Medienmitteilung des EJPD vom 27.02.2013 http://www.ejpd.admin.ch/ejpd/de/home/aktuell/news/2013/2013-02-270.html 4 Vgl. Beilagen 5 Die Schweiz hat das Übereinkommen am 13. September 2013 unterzeichnet. Am 7. Oktober 2015 ist das Vernehmlassungsverfahren über die Genehmigung eröffnet worden; vgl. Medienmitteilung vom 7.10.2015: https://www.news.admin.ch/message/index.html?lang=de&msg-id=58998 2/7 Referenz/Aktenzeichen: COO.2180.109.7.157832 / 382/2015/00003 3.2 Personen, die beruflich oder ehrenamtlich Opfer von Straftaten beraten. Angebot der einheitlichen Telefonnummer: Telefonische Informationen über die Angebote gemäss OHG und weitere relevante Angebote; Telefonische (Erst-)Beratung; Vermittlung von Lösungsansätzen; Vermittlung von Kontakten zu Beratungs- und Fachstellen (freie Wahl der Opferberatungsstellen, Art. 15 OHG); Angebot in Deutsch, Französisch oder Italienisch gemäss der Sprache der anrufenden Person; Eventuell Angebot in weiteren Sprachen (z.B. unter Beizug des nationalen Telefondolmetschdienstes 0842 442 442). 3.3 Qualitative Aspekte: Information, (Erst-)Beratung sowie Vermittlung von Lösungsansätzen und Kontakten durch eine einzige Person; Kontakt ausschliesslich mit Personen mit fachlich angemessener Ausbildung und entsprechender Berufserfahrung; dabei sollen wenn möglich Synergien in der Zusammenarbeit mit den bestehenden Opferberatungsstellen genutzt werden; auf Wunsch Wahrung der Anonymität. 3.4 Technische Aspekte der einheitlichen Telefonnummer: eine einheitliche, einfach zu merkende Telefonnummer für die ganze Schweiz; direkte Verbindung mit einer Fachperson; Weiterleitung des Anrufs gemäss Sprache der Anrufsregion; eventuell drei Nummern für jede Sprachregion; Anruf für die anrufende Person in jedem Fall unentgeltlich; Anruf in der Telefonrechnung der anrufenden Person nicht sichtbar; eventuell Integration des Angebots in geeignete Notfall-Apps. 3.5 Modul Online-Beratung: Erweiterung des telefonischen Angebots durch OnlineAngebot Das Angebot soll in materieller Hinsicht jenem der einheitlichen Telefonnummer entsprechen (Information, (Erst-)Beratung und Vermittlung von Lösungsansätzen und Kontakten, Sprachen, inhaltliche Bearbeitung durch Fachpersonen). In technischer Hinsicht ist dafür zu sorgen, dass der Besuch der Einstiegswebseite und der Kontakt auf Wunsch anonym und ohne Hinterlassen irgendwelcher Spuren erfolgen können (bspw. durch Aufschalten von Anweisungen zum erforderlichen Vorgehen). 3.6 Modul 24h-Erreichbarkeit: Erweiterte Betriebszeiten des telefonischen Angebots (idealerweise rund um die Uhr) Das Angebot soll in materieller Hinsicht jenem der einheitlichen Telefonnummer entsprechen (Information, (Erst-)Beratung, Vermittlung von Lösungsansätzen und Kontakten, Sprachen, inhaltliche Bearbeitung durch Fachpersonen). Damit die Anforderungen von Artikel 24 der Istanbul-Konvention künftig vollumfänglich umgesetzt sind, muss die Telefonberatung kostenlos, landesweit, vertraulich und anonym sein und täglich rund um die Uhr den Opfern aller Formen von Gewalt gemäss Konvention offenstehen. 3.7 Kommunikationsmassnahmen Die Bewerbung des Angebots soll mit Massnahmen erfolgen, die von den Kantonen 3/7 Referenz/Aktenzeichen: COO.2180.109.7.157832 / 382/2015/00003 umgesetzt werden können (bspw. über die Webseite mit den Beratungsstellen unter http://www.opferhilfe-schweiz.ch/). 4 Gegenstand der Untersuchung 4.1 Machbarkeit Zu untersuchen ist, welche technischen und organisatorischen Massnahmen seitens der Kantone und des Bundes nötig sind, um das Basismodul und die beiden Zusatzmodule zu realisieren. Die Untersuchung zum Basismodul einheitliche Telefonnummer soll insbesondere folgende Aspekte umfassen: - Darstellung der verschiedenen Nummernmöglichkeiten (Kurznummer, 0800erNummer, internationale Kurznummer 116006, etc.) und Bewertung der Varianten in Bezug auf die vorgegebenen Kriterien; - Darstellung der konkreten Operationalisierung der Vernetzung der Telefonnummer mit den bestehenden Opferberatungsstellen (z.B. Leitweglenkung und Standortidentifikation6); - Darstellung der für den Betrieb der Telefonnummer notwendigen Koordinationsmassnahmen (z.B. Zusammenarbeit mit technischen Partnern). Dabei kann auf die Grundlagen aus dem Projekt „Nationale Helpline Häusliche Gewalt“ aufgebaut werden. Für das Modul Online-Beratung sind konkrete Umsetzungsvarianten und -vorschläge zu erarbeiten unter Berücksichtigung bereits bestehender Online-Beratungsangebote von Opferberatungsstellen7 oder weiterer Beratungsangebote. Für das Modul 24h-Erreichbarkeit sind konkrete Umsetzungsvarianten und -vorschläge zu erarbeiten unter Berücksichtigung bereits bestehender 24h-Lösungen von Opferberatungsstellen. Für dieses Modul kommen auch über die Opferberatungsstellen hinausgehende Lösungen in Frage wie sie bereits jetzt in verschiedenen Kantonen existieren, die weitere Organisationen wie etwa die Dargebotene Hand, Call-Center oder die Polizei mit einbeziehen. Auch solche Modelle müssen jedoch eine direkte Verbindung mit qualifiziertem Personal sicherstellen. 4.2 Kostenschätzung Es sind die Kosten für den Aufbau und Betrieb der verschiedenen Module zu schätzen (inkl. nötiger Koordinationsaufwand, z.B. mit technischen Partnern auf nationaler Ebene). Bei Modul 24h-Erreichbarkeit interessieren insbesondere die zusätzliche Arbeitsbelastung und deren Kosten. 4.3 Weitere Hinweise Basis- und Zusatzmodule können unterschiedlich organisiert werden. Es sollen sowohl kantonale wie auch regionale Lösungen dargestellt werden. Es besteht die Möglichkeit, mehrere Varianten vorzustellen und eine davon vorzuschlagen. Die einzelnen Umsetzungsvarianten sind zu bewerten. 6 7 Vgl. http://www.bakom.admin.ch/org/grundlagen/00563/00564/00658/index.html?lang=de z.B. http://lantana-bern.ch/online-beratung 4/7 Referenz/Aktenzeichen: COO.2180.109.7.157832 / 382/2015/00003 Der Bericht soll eine Basis für die Kantone und den Bund für das weitere Vorgehen auf politischer und organisatorischer Ebene schaffen. 4.4 Nicht zu untersuchende Punkte Nicht zu untersuchen sind folgende Aspekte: welche Stellen diese Aufgaben übernehmen würden. Diese Entscheide sollen auf kantonaler Ebene erfolgen. der Aufwand für die Öffentlichkeitsarbeit. In diesem Punkt bietet der Schlussbericht zum Projekt „Nationale Helpline Häusliche Gewalt“ bereits einige Hinweise. 8 wie die Kosten auf Bund und Kantone aufgeteilt werden sollen. Dazu existieren verschiedene Modelle, und der Entscheid muss politisch ausgehandelt werden. 5 Vorgehen und Honorar 5.1 Begleitgruppe Es ist eine enge Zusammenarbeit mit einer Begleitgruppe unter dem Vorsitz des BJ erwünscht. Sie besteht aus folgenden Personen: Name Funktion Urs Edelmann Opferberatungsstelle Kanton SG/AR/AI (deutsche Schweiz) Pascale Centre LAVI Lusanne VD (lateinische Schweiz) Haldimann Veronika Neruda Fachbereichsleiterin Familien und Gesellschaft im Generalsekretariat SODK (Geschäftsführung SVK-OHG) Florian Düblin Stv. Generalsekretär KKJPD Ursula Thomet EBG, Stv. der Direktorin Saskia Schroeder BSV, Bereich Alter, Generationen, Gesellschaft (für Senioren zuständig) Beat Hofmann BAKOM, Stv. Leiter Nummerierung und Adressierung Monique Cossali Cheffe de l’Unité Projets et méthode législatifs (RSPM), Domaine de direction Droit public, OFJ Valérie Berset Collaboratrice scientifique, BJ/RSPM Hanni Nahmias wissenschaftliche Mitarbeiterin BJ/RSPM In der Offerte ist darzulegen, bei welchen Schritten die Begleitgruppe beigezogen wird und ob allenfalls Hearings mit weiteren Kreisen geplant sind. 5.2 Schlussbericht Im Bericht sind die Vor- und Nachteile der verschiedenen Lösungen aufzuzeigen. Die Empfehlungen allenfalls angehörter Personen und deren Bewertungen sind aufzuzeigen. Die Ergebnisse der Studie sind in einem Schlussbericht (in Deutsch, Französisch oder Italienisch) darzulegen. Der Bericht soll eine Zusammenfassung enthalten. Der Umfang des Schlussberichts ist in der Offerte abzuschätzen. Der Schlussbericht soll 9 Monate nach der Vertragsunterzeichnung eingereicht werden. Für eine Übersetzung in eine zweite Amtssprache sorgt das BJ. 8 Schlussbericht, S. 68 5/7 Referenz/Aktenzeichen: COO.2180.109.7.157832 / 382/2015/00003 5.3 Honorar und Vertrag Wir erwarten modulartig aufgebaute Offerten zwischen CHF 40‘000 bis CHF 60‘000 einschliesslich Mehrwertsteuer. Für den Vertragsabschluss gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Bundes für Dienstleistungsaufträge, Ausgabe März 2001, Stand Mai 2013, abrufbar unter: https://www.bkb.admin.ch/bkb/de/home/hilfsmittel/agb.html. 6 Einreichung einer Offerte Die vorliegende Ausschreibung dient als Grundlage für Offerten. Sie wird an möglicherweise interessierte Personen und Institutionen geschickt mit der Aufforderung, dem BJ eine Offerte zu der hier umschriebenen Studie einzureichen. Personen, welche ihr Interesse an der Teilnahme am Offertverfahren bekunden, werden über Antworten auf Fragen anderer potenzieller Offertsteller informiert. Es steht den Offertstellern frei, Verbesserungen, Präzisierungen oder weitere Modifikationen des Auftrages vorzuschlagen. Die Offerten sind dem BJ bis am 26. Februar 2016 einzureichen. Offerten und Korrespondenz erfolgen vorzugsweise per E-Mail an die nachfolgend genannten Kontaktpersonen: Hanni Nahmias-Ehrenzeller, Tel. 058 462 47 67, [email protected] Valérie Berset, Tel. 058 462 01 58, [email protected]. 7 Offertbeurteilung Die Beurteilung der eingetroffenen Offerten erfolgt aufgrund der folgenden Kriterien: Generelles: Vollständigkeit, Verständlichkeit und Transparenz der Offerte. Inhaltliches: Problemverständnis, klare Zielsetzung, nachvollziehbares Vorgehen, geeignetes Untersuchungsdesign, bzw. geeignete Forschungsmethoden, Sicherstellung der Qualität. Personelles: Sachkompetenz, Unabhängigkeit. Organisatorisches: Arbeitsorganisation, Verantwortlichkeiten, Zeitplan, Kostenkalkulation, Berichterstattung. 8 Übersicht Termine Eingabe der Offerten Prüfung der Offerten, Auswahl Vertragsunterzeichnung Wunschtermin Schlussbericht bis 26. Februar 2016 bis 11. März 2016 bis 25. März 2016 bis 31. Dezember 2016 Beilagen - Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) des Bundes für Dienstleistungsaufträge, Ausgabe März 2001, Stand Mai 2013 - Informationen zum Projekt der KKJPD „Nationale Helpline Häusliche Gewalt“: o Schlussbericht der Schweizerischen Kriminalprävention SKP vom 7. Januar 2013 (auch in französischer Sprache verfügbar); 6/7 Referenz/Aktenzeichen: COO.2180.109.7.157832 / 382/2015/00003 o Resultate der kantonalen Anhörung zum Projekt „Nationale Helpline Häusliche Gewalt“, SKP, 11. September 2013 7/7
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