Wirtschaft 36 7. Februar 2016 | sonntagszeitung.ch Bis zu 75 Prozent weniger – Abgänge drohen Es liegt viel Schrott in den Büchern der Credit Suisse Zürich Die Grossbank Credit Die Grossbank hält rund 16 Milliarden an minderwertigen Krediten und Anleihen CS kürzt Boni bei jungen Mitarbeitern Suisse hat bei einigen Mitarbei tern die Boni stark gekürzt.«Die Credit Suisse streicht bei den Schweizer Mitarbeitern die Boni um bis zu 75 Prozent. Dies aber vor allem im unteren Manage ment», sagt ein auf Finanzinstitu te spezialisierter Headhunter. Bei den Zürcher Bankern kommt die unfreiwillige Kürzung schlecht an. Die höchsten Einschnit te müssen laut dem Personalver mittler vor allem Mitarbeiter auf der Stufe Vice President und Assi stant Vice President in Kauf neh men. Auf höherer Ebene wie Ma naging Director bleiben die Boni derweil unangetastet oder wurden deutlich weniger gekürzt. Ein auf die Entschädigung von Kadermitarbeitern spezialisierter Berater bestätigt die Einschnitte. Es treffe dabei auch junge Mitar beiter, die einen Grossteil ihrer Zie le erreicht hätten. Das Vorgehen sei sehr fragwürdig. «Viele, vor allem gute jüngere Mitarbeiter, haben bei der Credit Suisse inner lich bereits gekündigt, weil sie frustriert sind.» Sobald die Boni ausbezahlt werden, dürften sich laut dem Headhunter viele dieser Angestellten einen neuen Arbeit geber suchen. Die Vergütungsdiskussionen als «Schlachtfeld» Die Credit Suisse will ohnehin Stel len abbauen. Angesichts der mise rablen Geschäftszahlen soll das noch schneller passieren als ur sprünglich vorgesehen. Im laufen den Jahr sollen 4000 Vollzeitstel len wegfallen, davon 1600 in der Schweiz. Das will das Unterneh men vor allem über die natürliche Fluktuation schaffen. Allerdings bezweifeln Experten, dass dabei auch die Richtigen freiwillig ihr Pult räumen. Die Summe der Boni für das Geschäftsjahr 2015 kürzt die Cre dit Suisse laut eigenen Angaben um 11 Prozent. In gewissen Ge schäftsbereichen des Investment bankings, die schlecht abgeschnit ten haben, schrumpft der Bonus topf um 36 Prozent. Einzelne Mit arbeiter müssen aber höhere Kür zungen hinnehmen oder die Boni fallen ganz weg. Auch Konzernchef Tidjane Thiam bekommt weniger, aller dings verzichtet er freiwillig. Er hatte sich im Januar darüber geäussert, wie schwierig Boni kürzungen im Investmentbanking durchzusetzen sind. «Die Vergü tungsdiskussionen sind ein Schlachtfeld», sagte er zur Nach richtenagentur Bloomberg. Erich Bürgler Fortsetzung Rohner will die Krise aussitzen Dadurch fehlt ihm letztlich aber auch ein Profil», sagt jemand, der ihn gut kennt. Analytisch schnell, intelligent: Der studierte Jurist, der als 32-Jähriger bereits Partner der Zürcher Wirtschaftskanzlei Lenz & Staehelin war, kann Menschen mit seinem Tempo beeindrucken, doch wirklich beliebt ist Rohner in der Bank nicht. Dass der Quereinsteiger das Geschäft à fond versteht, wird be zweifelt. Er habe ein riesiges Ego, Aber auch dort gibt es Probleme. «Das Investmentbanking der Credit Suisse, das die Bank weiterhin betreiben will, hat im vierten Quartal hohe Verluste verursacht. Das zeigt, wie schwer die Risiken zu handhaben sind», sagt ZKBAnalyst Brun. Heinz Zimmermann, Professor für Finanzmarkttheorie an der Universität Basel, ist ebenfalls skeptisch. «Wenn die nächste Krise kommt, wollen auch bei den vermeintlich liquiden Anleihen alle die Papiere verkaufen.» Die Folge wäre ein Kurseinbruch, weil Käufer fehlen. Zudem sieht Zimmermann für die Cre dit Suisse, aber auch für andere Gross banken, erhebliche Zinsrisiken.«Die Grossbanken bleiben ein Pulverfass. Wenn die Zinsen abrupt steigen, droht es zu explodieren.» Dies, weil mit hö heren Zinsen die Bonität der Kredite sinkt und damit die Risiken auf dem Portfolio der Banken steigen. Unternehmen im Ölsektor kämpfen schon im Niedrigzinsumfeld ums Über leben, weil der Ölpreis auf Tiefststän den verharrt. Besonders in den USA, wo Unternehmen in der kostenintensi ven Förderung von Schieferöl und -gas aktiv sind und auf einen höheren Öl preis angewiesen sind. Je länger die Bais se dauert, desto eher droht solchen Fir men der Schnauf auszugehen. Die Cre dit Suisse hat bei Unternehmen aller Bonitätsstufen aus dem Energiesektor rund 11 Milliarden Dollar ausstehend, den Grossteil davon in den USA. Bei der UBS sind es 6 Milliarden Franken. Erich Bürgler Zürich Das Misstrauen der Anleger gegenüber der Credit Suisse ist nach dem miserablen Jahresabschluss gross. Ein Grund dafür ist das schwankungs anfällige Investmentbanking, an dem Konzernchef Tidjane Thiam unbe dingt festhalten will. Die Skepsis ist be gründet: In ihren Büchern hat die CS Anleihen und Kredite mit Ramsch status im Wert von rund 16 Milliarden Dollar. Allein im krisengeschüttelten Energiesektor, in dem die tiefen Erdöl preise viele Unternehmen in den Ruin treiben, sind es über 4 Milliarden. Im Fachjargon heissen solche Pro dukte High Yield, also hochverzinslich. Weniger beschönigend werden sie auch als Ramsch oder Schrott bezeichnet. Das gilt für Papiere die unter dem Bo nitätsrating BBB liegen. Die hohen Zin sen gibt es nur, weil es um die Zahlungs fähigkeit solcher Unternehmen, die ent sprechende Anleihen herausgeben oder Kredite beanspruchen, schlecht steht. Die Credit Suisse führt hohe Bestände, weil sie mit solchen Papieren handelt oder bei der Ausgabe von Anleihen die Wertschriften auf ihr eigenes Risiko in ihre Bücher nimmt. Doch die riskanten Papiere sind im derzeit schwachen Börsenumfeld be sonders stark unter Druck gekommen, zum Leidwesen der Credit Suisse. «Die Bestände an hochverzinslichen Anlei hen in Milliardenhöhe bedeuten im ge genwärtigen Umfeld für die Credit Suis se ein hohes Risiko weiterer Ertragsver luste», sagt Andreas Brun, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank. Einige Ex perten sprechen beim Anleihenmarkt bereits von einer tickenden Bombe. Die Anleger würden es offenbar be grüssen, wenn die Credit Suisse ihr In vestmentbanking verkaufen würde. Auf entsprechende Gerüchte schnellten die Aktien diese Woche in die Höhe. Nach dem der angebliche Kaufinteressent, die US-Bank Wells Fargo, ihr Interesse de mentierte, fiel der Aktienkurs wieder. Experte rät, die Hände von den Aktien der Grossbanken zu lassen «Die Grossbanken bleiben ein Pulverfass» Im vergangenen Jahr hat die Credit Suis se 600 Millionen Franken Verluste auf Zinspapieren erlitten. Laut Analyst Huw van Steenis von der Bank Morgan Stan ley bleibt die Lage für die Bank schwie rig. «Die Verluste zeigen, dass das Risi komanagement herausfordernd bleibt. Wir sehen keine schnelle Besserung.» Konzernchef Tidjane Thiam hat das Investmentbanking zwar zurückgefah ren. Am Geschäft mit Ramschanleihen hält er aber fest. Wichtig dabei sei, dass entsprechende Papiere eine hohe Liqui dität im Handel aufweisen. Dies ermög liche es, die Risiken zu kontrollieren. sei stets auf seine Wirkung be dacht, sagen verschiedene Quellen. Zur Arbeit erscheint Rohner (Jah reslohn 2014: 3,6 Millionen Fran ken) extra im bescheidenen Audi. Doch das Understatement wirke fast peinlich kalkuliert. Im kleinen Kreis kann der Ma nager, der mit der Zürcher FilmFestival-Direktorin Nadja Schild knecht liiert ist, auch mal locker und lustig sein. Im Business aber lässt er niemanden hinter die Fassade blicken. Mehr noch: Er hat kein Sensorium für das, was um ihn vorgeht. «Er ist immer auf Sen dung, aber nie auf Empfang», sagt ein Topmanager, der ihn gut kennt. Kaum sei man in seinem Büro, rede Credit Suisse, London: Hochverzinsliche Anleihen sind tickende Bomben Absturz unter Urs Rohner 40 Franken 35 Credit Suisse 30 25 20 15 10 2011 2012 2013 2014 2015 SoZ Candrian; Quelle: SIX er drauflos, höre aber selten zu. Hätte er das als Verwaltungsrats präsident öfters getan, hätte Roh ner vielleicht einiges anders ge macht. Vorgeworfen wird ihm vor allem die Tatsache, dass er den Aufbau von internen Nachfolgern für die Konzernspitze sträflich ver nachlässigt hat. So musste man zu lange an Brady Dougan festhalten. Auch in der Vermögensverwaltung hätte Rohner stärker ausbauen müssen, weil dort eher Erträge sprudeln als im Investmentban king. Hier ist die UBS weit voraus. Zu guter Letzt, glauben Kenner, hätte sich die CS die Einigung mit den USA im Steuerverfahren bil liger erkaufen können, wenn sie Foto: Getty CS-Finanzchef David Mathers relati vierte das Risiko im Energiesektor ge genüber Analysten eher halbherzig. «Klar muss man das sehr genau beob achten, ich denke aber nicht, dass ich besonders besorgt darüber sein muss.» Dabei hat die Credit Suisse schon im Geschäftsbericht 2014 vor steigender Volatilität und einem starken Rückgang bei hochverzinslichen Anleihen wegen dem Zerfall der Energiepreise gewarnt. Die Preise sind seither nochmals deut lich gesunken. Die UBS schreibt in ih rem Risikobericht zum Geschäftsjahr 2015: «Eine anhaltende Periode tiefer Energiepreise könnte zu steigenden Kre ditausfällen führen.» Derzeit sieht es jedenfalls nicht nach einem Aufwärtstrend bei den Rohstoff preisen aus. Finanzexperte Heinz Zim mermann zieht ein klares Fazit, wenn es um Investments in Aktien von Gross banken geht. «Ich rate dazu, die Hän de von den Aktien der Grossbanken zu lassen.» Die Grossbanken seien zu we nig transparent und deren Geschäfts berichte im Detail nur noch für wenige Experten verständlich. besser kooperiert und Brady Dou gan geopfert hätte. Zum Vergleich: Julius Bär bezahlt für ihren USDeal 547 Millionen Dollar. Spätes Einlenken, taktische Ma növer, um Schuldgeständnisse hin auszuzögern – ist es die Deforma tion professionelle, die Rohner zu weilen einholt? Schon als die CS 2009 mit Kunden im Streit lag we gen wertloser Papiere der konkur siten Bank Lehman Brothers, gab der ehemalige Anwalt, der den Fall abwickelte, erst spät Fehler zu. Die Meinungen sind geteilt, ob der Verwaltungsrat in Zusammen hang mit dem Abschreiber, der nun vorgenommen wurde, früher h ätte einschreiten müssen. Rohner ver weist zu Recht auf die Revisions stelle: «Der Verwaltungsrat hat sich intensiv mit der Frage befasst und in keinem Fall notwendige Ab schreibungen verhindert. Es gibt in diesem Bereich keinen Spiel raum. Ist der Goodwill gedeckt, darf man nicht abschreiben, ist er nicht gedeckt, muss man abschrei ben.» Andere Marktkenner mei nen, dass der Verwaltungsrat frü her hätte handeln können. Für Rohner beginnt nun die Sprintphase. Sein Schicksal ist an Tidjane Thiam geknüpft. Versagt er, dürfte auch Rohners Zeit abge laufen sein. Thiam ist seine Wahl. Also doch noch etwas, auf das man ihn behaften kann.
© Copyright 2025 ExpyDoc