Erfahrungsbericht Land: Spanien Stadt: Santiago de Compostela Universität: Universidad de Santiago de Compostela Fakultät: Filologie (Filología) Dauer des Aufenthaltes: Januar bis Juni 14 (Sommersemester 14) Ich möchte meinen Erfahrungsbericht über mein Erasmus-‐Auslandsemester in Santiago de Compostela in drei Teile gliedern. Im Ersten werde ich mich mit einer der wichtigsten Fragen auseinandersetzen: meine Erfahrungen an der Gastuniversität. In einem zweiten werde ich mich auf meine Erfahrungen außerhalb des Studiums und damit auf das Leben und den Alltag in Santiago beziehen. Um diesen Bericht zu schließen wende ich mich am Ende an euch Leser, an diejenigen, die das Auslandssemester in der Pilgerstadt noch vor sich haben, um Empfehlungen und Tipps auszusprechen. 1. Erfahrungen in der Gastuniversität Santiago de Compostela liegt in Galizien, im Nordwesten Spaniens. Wer sich in der spanischen Geschichte und Kultur ein wenig auskennt, weiß, dass es in Spanien nicht nur eine offizielle Sprache gibt, sondern mehrere. In ganz Spanien wird castellano gesprochen. Dazu gilt in einzelnen “Regionen“ noch eine weitere Sprache als Offizielle. In besagter Region nennt man jene gallego. Diese Tatsache bringt den Vorteil oder auch Nachteil mit sich, dass die Veranstaltungen in der Universität auf castellano oder gallego gehalten werden. Welche Sprache jeder Dozent bevorzugt, liegt in dessen Ermessen. Für Erasmusstudenten, die des galizischen nicht mächtig sind, bedeutet das, sich Kurse suchen zu müssen, in denen castellano gesprochen wird. Meine Erfahrung ist, dass die meisten Dozenten sich auf Erasmusstudenten einstellen. Nur wenige Einzelne beharren trotz Auslandsstudenten auf dem Galizischen. Ich möchte die Existenz des galizischen als Chance oder Vorteil für bezeichnen, da so neue Sprachkenntnisse in einer weiteren Sprache erworben werden können. Es ist beispielsweise sehr interessant zu sehen, wie die geographische Lage der Region, dieselbe auch diesem Punkt prägt. Denn das Galizische ist eine Mischung aus dem Portugiesischen und Spanischen. Zusammenfassend würde ich nicht von einer sprachlichen Hürde sprechen, die das 1 Galizische oft eine zu sein scheint, sondern von einer Bereicherung, die dem Erasmusstudent kaum Nachteile bringt. Ich selbst bin Lehramtsstudentin und studiere Spanisch. Demzufolge habe ich in Santiago an der facultad de filología studiert. Die Sprache des Gastlandes zu studieren, muss jedoch nicht nur Vorteile mit sich bringen. Gerade im sprachwissenschaftlichen Bereich, studieren Muttersprachler ihre Sprache auf anderem Niveau und mit anderen Schwerpunkten, als wir Nicht-‐Muttersprachler. Darüberhinaus ist es schwierig Kurse zu finden, die denen der Studienordnung im Fach Spanisch entsprechen. Ich machte jedoch die Erfahrung, dass der bisher außer Acht gelassene Bereiche der Linguistik oder das Studieren des Spanischen im selben Land durchaus sehr bereichernd sein können. Dabei möchte ich behaupten, dass der entscheidende Aspekt der Dozent ist. Im Allgemeinen würde ich zu der Behauptung gelangen, dass spanische Universitäten nicht dem Niveau deutscher Universitäten entsprechen, es aber durchaus sehr sehr gute Dozenten gibt, welchen es gelingt ihre Veranstaltung auf überaus hohem Niveau zu halten. Als Fazit sind für mich die in der Universität erworbenen Fähigkeiten nebensächlich geworden im Laufe des Semesters, da sich schnell herausstellte, dass der Fokus vor allem darauf lag neue Kulturen kennenzulernen, die spanische Kultur zu leben und sie teilweise als die eigene anzunehmen und darüberhinaus die Sprachfertigkeit zu verbessern. 2. Erfahrungen mit dem Gastland Deshalb will ich den zweiten Teil des Berichts auch dem Zusammentreffen der deutschen mit der spanischen Kultur widmen. Ich möchte zunächst anmerken, dass ich wohl eine sehr typische Deutsche bin, die abends um sieben gerne ein belegtes Brot zu Abend isst und morgens um sieben aufsteht um den Tag in seiner vollen Länge auszuschöpfen. Für diesen Typ Mensch ist das Eintreten in das spanische Leben ein kleiner Kulturschock. Denn der spanische Lebensrhythmus widerspricht dem deutschen völlig. Ich werde ein kurzes Beispiel geben: Ich lebte in einer WG mit einer spanischen Medizinstudentin und einer italienischen Erasmusstudentin. In einer dreier Mädels-‐WG und einem Badezimmer scheinen auf den ersten Blick Probleme vorprogrammiert zu sein. Bei zweiter Betrachtung wird jedoch klar, dass dies in einer solch internationalen Wohngemeinschaft nicht mal Gesprächsthema sein wird, denn während die Deutsche um acht Uhr morgens aufsteht, schlafen die anderen beiden noch tief und fest. Ein Tag in 2 Spanien oder Italien geht frühestens um zehn Uhr los; endet jedoch auch nicht vor Mitternacht. Bei Studenten kann es durchaus sein, dass er da erst beginnt. Ich will damit sagen, dass ein Deutscher sich zunächst an den Tagesrhythmus des Spaniers anpassen muss. Auch Hektik oder Eile kennt dieser nicht. Ich erfuhr diese Eigenschaften größtenteils positiv, denn das Leben wird dadurch um ein Vielfaches ruhiger und weniger stressig. An diesem Punkt muss auch die offene und sehr hilfsbereite Art der Spanier erwähnt werden. Vor allem am Anfang steht man oft ein wenig verloren mit dem Stadtplan in der Hand an einer Kreuzung und weiß nicht wohin. Es dauert jedoch nicht lange bis ein Einheimischer dich anspricht und dir seine Hilfe anbietet. Es wird allerdings nicht nur der Weg erklärt, sondern dir angeboten dich dorthin zu begleiten oder dich mit dem Auto mitzunehmen. Dieses Angebot würde ich als deutsche Frau niemals annehmen, dachte ich anfangs. Später wurde mir aber erklärt, dass dies kein ungewöhnliches oder besorgniserregendes Angebot ist für einen Spanier, sondern selbstverständlich für diesen. Ich lernte diese herzliche und direkte Art sehr zu schätzen. Dennoch ist es mir gerade am Anfang nicht leicht gefallen mit dieser umzugehen. Ich wollte nicht wie eine kühle Deutsche wirken und alle Klischees erfüllen, also versuchte ich diese distanzierte deutsche Art abzulegen. Doch vor allem als blonde Frau wirst du immer als “Ausländerin“ erkannt und bleibst eine Attraktion für viele Spanier/innen. Denn Santiago ist trotz hohem Pilgertourismus eine eher kleine und ländliche Stadt. Gleichzeitig ist sie aber auch sehr sicher. Die Kriminalitätsrate ist sehr gering. Ich habe Santiago als eine Stadt erlebt, die geprägt ist durch Pilger. Ihr Mittelpunkt ist die Kathedrale. Sie gibt Santiago de Compostela ein ganz besonderes Flair. Es scheint als ob die ganze Stadt eine Einheit ist, die Menschen sich kennen, Menschen aus aller Welt willkommen sind und alle gemeinsam feiern und leben. Als Studentenstadt weist sie außerdem eine hohe Anzahl junger Leute auf. Das Leben spielt sich in der Altstadt ab, in der Vielzahl von Kneipen, den wunderschönen Gassen und den Plätzen rund um die Kathedrale. Hier kommen Kinder, Studenten, Einheimische, Pilger, jung und alt zusammen um das Leben zu genießen. Die Lebensfreude und der Zusammenhalt in der kleinen Stadt haben mich sehr in ihren Bann gezogen. 3 3. Empfehlungen In einem letzten Teil will ich ein paar Informationen zur Organisation des Auslandsemesters und persönliche Tipps für ein Leben und Studium in Santiago geben. Zunächst komme ich auf das Thema “Wohnen“ zu sprechen. Es ist sehr empfehlenswert, sich von Deutschland aus ein Hostel zu buchen für wenige Tage um von dort aus Wohnungsbesichtigungen zu machen. Der Wohnungsmarkt für Studenten ist groß und für deutsche Verhältnisse ist das Wohnen in Santiago sehr günstig. Am Anfang erwähnte ich bereits die geographische Lage. Diese ist auch der Grund dafür, warum es das Sprichwort gibt, ein Galizier sei mit einem Regenschirm in der Hand auf die Welt gekommen. In Santiago regnet es sehr viel. Das hat zur Folge, dass viele Wohnungen großflächig von Schimmel befallen sind. Der ist auf Bildern oft nicht zu sehen und ist daher der Grund dafür, weshalb ich für persönliche Besichtigungen plädiere. Nicht nur das Wohnen ist günstig, sondern auch das Leben. Unter Leben verstehe ich Lebensmittel einkaufen, ausgehen, Museen, etc. In vielen öffentlichen Attraktionen, Bars und Kneipen gibt es auch Studententarife. Ich kann Santiago de Compostela als Studienort vor allem deshalb empfehlen, weil die Stadt eine kleine, aber sehr hübsche Studentenstadt ist, in der man sich schnell wohlfühlt. Außerdem ist die Region Galizien absolut sehenswert. Eine einmalige Küste und eine stark pilgergeprägte Kultur laden zum Reisen ein und zeigen eine ganz andere Seite Spaniens als die, die vielleicht viele aus dem Urlaub im Süden oder Osten kennen. Was jedoch im Gepäck auf keinen Fall fehlen darf sind die Gummistiefel und der Regenschirm für die sehr niederschlagreiche Region Gaiizien. 4
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